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ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN ZUSAMMENFASSUNG DER FOLGENABSCHÄTZUNG begleitend zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für die Online-Nutzung von Rechten an Musikwerken im Binnenmarkt


ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN

ZUSAMMENFASSUNG DER FOLGENABSCHÄTZUNG

begleitend zu dem

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates

über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für die Online-Nutzung von Rechten an Musikwerken im Binnenmarkt

1.           Einleitung

Die Kreativindustrie trägt erheblich zum BIP, zur Beschäftigung und zum Wachstum in der EU bei. Die Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Waren und Dienstleistungen (z. B. Bücher, Filme, Tonträger) ist nur mit Erlaubnis (Lizenz) der verschiedenen Rechteinhaber (Urheber, ausübende Künstler, Produzenten usw.) möglich. Bei der Wahrnehmung ihrer Rechte helfen den Rechteinhabern sogenannte Verwertungsgesellschaften, speziell dann, wenn die direkte Verwertung durch die Rechteinhaber praktisch unmöglich oder zu umständlich ist. Für viele gewerbliche Nutzer, gleich, ob sie sich traditioneller Formen der Verbreitung (z. B. über Rundfunk oder Kabel) oder neuer Formen (Download- oder Streaming-Dienste) bedienen, spielen die Verwertungsgesellschaften ebenfalls eine wichtige Rolle. Außerdem tragen sie dadurch, dass mit ihrer Hilfe auch kleinste und weniger populäre Repertoires Zugang zum Markt finden, maßgeblich zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen bei.

Die kollektive Wahrnehmung von Rechten betrifft den gesamten Binnenmarkt. Selbst wenn sich die von Verwertungsgesellschaften erteilten Nutzungsrechte nur auf ihr eigenes Land erstrecken, werden dabei in der Regel nicht nur die Rechte heimischer Rechteinhaber, sondern auch solcher aus anderen Mitgliedstaaten wahrgenommen. Im Zusammenhang mit der Nutzung für Online-Dienste wird von den Verwertungsgesellschaften in zunehmendem Maße verlangt, dass sie Lizenzen erteilen, die für mehrere oder alle Mitgliedstaaten gelten.

Das Maß, in dem die verschiedenen Rechteinhaber und Branchen zur Wahrnehmung ihrer Rechte auf Verwertungsgesellschaften zurückgreifen, ist individuell verschieden und hängt von den Bedürfnissen und Gepflogenheiten der einzelnen Branchen ab. Am stärksten verbreitet ist kollektive Rechtewahrnehmung unter Urhebern von Musikwerken (Komponisten und Texter).

2.           Problemstellung

Bei der Folgenabschätzung haben sich zwei Problembereiche herauskristallisiert: die Funktionsweise der Verwertungsgesellschaften im Allgemeinen (unabhängig von der Art der Rechteinhaber, die von ihnen vertreten werden, oder der von ihnen wahrgenommenen Rechte) und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für die Online-Verwertung von Musikwerken. Beide Problembereiche sind miteinander verknüpft, da die Probleme bei den Nutzungsrechten größtenteils daher rühren, dass es den Rechteinhabern an Informationen mangelt und sie die Arbeit der Verwertungsgesellschaften nicht wirklich kontrollieren können. Das Problem der Nutzungsrechte kann daher nicht gelöst werden, ohne dass auch das erste Problem angegangen wird.

2.1.        Generelle Funktionsweise der Verwertungsgesellschaften

Im Laufe der Zeit hat es die Union in dem Bestreben, die Funktionsweise des Binnenmarkts zu verbessern, zu einem ansehnlichen Besitzstand im Bereich des Urheberrechts gebracht. Dabei geht es allerdings nahezu ausschließlich um die Definition von Rechten und damit zusammenhängende Vorschriften wie Beschränkungen oder Ausnahmeregelungen. Die Rechtewahrnehmung nimmt in den Richtlinien zum Urheberrecht nur sehr wenig Raum ein; an keiner Stelle ist die Funktionsweise der Verwertungsgesellschaften geregelt. Aus den Urteilen des EuGH und den Entscheidungen und Beschlüssen der Kommission, die auf der Grundlage des Wettbewerbsrechts ergangen sind, lassen sich wichtige Grundsätze in Bezug auf die Leitung, Beaufsichtigung und Transparenz von Verwertungsgesellschaften ableiten, die aber in der Union nicht einheitlich und korrekt angewandt werden.

Die Mitgliedstaaten haben den Komplex der kollektiven Rechtewahrnehmung unterschiedlich geregelt, und in den letzten Jahren gab es vermehrte Anzeichen für eine unzureichende Kontrolle der Abläufe in einigen Verwertungsgesellschaften. Rechteinhaber aus dem In- und Ausland sind über die Aktivitäten ihrer Gesellschaften nur unzureichend informiert und können keine echte Kontrolle über sie ausüben. Dies gilt vor allem für die Einziehung, Verwaltung und Verteilung der Lizenzeinnahmen. Ebenso gibt es bei einigen Gesellschaften Hinweise auf ein mangelhaftes Finanzgebaren; die den Rechteinhabern zustehenden Tantiemen sammeln sich an, ohne dass diese einen Überblick darüber hätten, und/oder werden schlecht verwaltet. Viele der befragten Urheberverbände, Verleger, kommerziellen Nutzer und Verbraucher erklären, dass in Bezug auf die Leitung, Beaufsichtigung und Transparenz von Verwertungsgesellschaften Handlungsbedarf besteht, wohingegen die Verwertungsgesellschaften selbst eine Selbstregulierung für ausreichend halten.

Für Rechteinhaber sind schlecht funktionierende Verwertungsgesellschaften gleichbedeutend mit verpassten (Lizenzierungs-)Chancen und überhöhten Abzügen von ihren Lizenzeinnahmen. Für die Nutzer bedeuten fehlende Transparenz und Rechenschaftspflicht schlechtere Leistungen und in einigen Fällen eine Verteuerung der Lizenzen.

2.2.        Vergabe von Mehrgebietslizenzen für die Online-Verwertung von Musikwerken

Bevor Online-Anbieter ihren Musikdienst anbieten können, müssen sie sich in der Regel Mehrgebietslizenzen für das Gesamtrepertoire oder für die einzelnen Repertoires verschaffen. Zurzeit müssen sie Mehrgebietslizenzen (von Verwertungsgesellschaften und Agenten der Musikverleger) mit Gebietslizenzen (von anderen Verwertungsgesellschaften) kombinieren, was aufwändig ist und die territoriale Reichweite ihrer Online-Dienste häufig einschränkt. Auf diesen Umstand wiesen während der Konsultation unter anderem gewerbliche Nutzer, Verleger und Tonträgerhersteller hin, die Verbesserungen bei der Vergabe von Mehrgebietslizenzen für die Online-Verwertung von Musikwerken forderten.

Zwar spielen bei der territorialen Fragmentierung der Online-Musikdienste verschiedene Faktoren eine Rolle, nicht zuletzt auch wirtschaftliche Entscheidungen der Diensteanbieter, doch hat die urheberrechtliche Lizenzierungspraxis keinen unerheblichen Anteil daran. Für die gewerblichen Nutzer (vor allem für kleinere Anbieter und neue Marktteilnehmer) ist die Erlangung von Urheberrechtslizenzen für die Online-Nutzung von Musikwerken, insbesondere wenn das gesamte Repertoire abgedeckt werden soll (durch Kombination der Repertoires einzelner Verwertungsgesellschaften), kompliziert, langwierig und kostspielig.[1] Die derzeitige Vergabepraxis ist für einen sich rasant entwickelnden Markt nicht geeignet. Dabei erwarten gewerbliche Nutzer, dass sie auf ein Gesamtrepertoire mit vereinfachter Rechteklärung und Lizenzierung zugreifen können. Viele Verwertungsgesellschaften sind zur Verwaltung von Mehrgebietslizenzen für die Online-Nutzung wegen des damit verbundenen Aufwands materiell nicht in der Lage (Verwaltung eines Repertoires über die Landesgrenzen hinaus, Interaktion mit großen Anbietern länderübergreifender Dienste, Verarbeitung der in verschiedenen Ländern generierten Nutzungsdaten). Der Eintritt in den Markt ohne die erforderlichen Kapazitäten und technischen Ressourcen hat weitere Probleme zur Folge (nicht zutreffende oder doppelte Rechnungsstellung, erhebliche Verzögerung bei der Rechnungsstellung und damit auch bei der Weiterleitung der Vergütung an die Rechteinhaber). Darüber hinaus ist bei der Vergabe von Mehrgebietslizenzen rechtlich nicht eindeutig geklärt, welches Recht zur Anwendung gelangt und ob die Verwertungsgesellschaften Lizenzen für mehrere EU-Staaten und/oder für Lizenznehmer in anderen Mitgliedstaaten erteilen dürfen.

Infolgedessen entscheiden sich manche Anbieter unter Umständen dafür, ihren Dienst nur in einem Mitgliedstaat oder nur in wenigen Mitgliedstaaten anzubieten, und verzichten damit auf das größere Verbraucherpublikum, das der Digitale Binnenmarkt bietet. Andere Anbieter hingegen machen Abstriche beim Repertoire und beschränken sich auf ein Repertoire, das sie sich mit einer geringeren Anzahl von Lizenzen verschaffen können. Dies ginge zu Lasten der Nischen- und lokalen Repertoires und damit zu Lasten der kulturellen Vielfalt. Für die Verbraucher bedeutet dies, dass sie nicht überall in der EU auf ein breit gefächertes Spektrum an Musikdiensten zugreifen können, während Rechteinhabern Einnahmen entgehen, die sie aus der Nutzung ihrer Werke durch neue Dienste überall im Binnenmarkt hätten erzielen können.

3.           Subsidiarität

Auf EU-Ebene besteht Handlungsbedarf, wenn sich ein Problem auf mehrere Länder auswirkt. Alle Verwertungsgesellschaften erzielen einen erheblichen Teil ihrer Einnahmen aus dem Repertoire ausländischer Rechteinhaber, deren Rechte sie vertretungsweise wahrnehmen. Der Schutz der Interessen der EU-Rechteinhaber erfordert, dass der Zufluss von Lizenzeinnahmen – auch solcher aus dem Ausland – transparent sein muss und diesbezüglich eine Rechenschaftspflicht besteht. Es ist auch im Interesse der gewerblichen Nutzer in der EU, dass die Verwertungsgesellschaften effizient arbeiten. Erreichen lässt sich dies nur, wenn die Einziehung und Ausschüttung der Lizenzerträge in ihren Grundzügen auf EU-Ebene einheitlich geregelt ist.

Die Erleichterung der Vergabe von Mehrgebietslizenzen für die Online-Nutzung von Musikwerken und die Verbindung der Repertoires einzelner Verwertungsgesellschaften ist ihrem Wesen nach eine länderübergreifende Aufgabe und kann daher eindeutig besser auf EU-Ebene geregelt werden. Eine Regelung auf europäischer Ebene soll dafür sorgen, dass Nutzer, Rechteinhaber und Verbraucher von den Möglichkeiten des Digitalen Binnenmarkts profitieren können.

4.           Ziele

Mit dieser Initiative soll gewährleistet werden, dass die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und sonstigen Schutzrechten mithilfe kohärenter, effizienter Organisations- und Transparenzvorschriften für die kollektive Rechtewahrnehmung und einer einfacheren Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Musikwerke zur Entwicklung des Binnenmarkts beiträgt. Damit dürfte den Verbrauchern der Zugang zu einem breiteren Spektrum an Waren und Dienstleistungen im Kulturbereich erleichtert werden. Gewerbliche Nutzer werden davon profitieren, dass Verwertungsgesellschaften effizienter und transparenter arbeiten und der Zugang zu Lizenzen für das Angebot von Musikdiensten in der EU rechtlich erleichtert wird. Rechteinhaber wiederum können höhere Einnahmen erwarten, da ihre Werke einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden. Durch das Angebot eines umfangreichen, breit gefächerten Repertoires wird auch die kulturelle Vielfalt gefördert. Den Unionsbürgern werden infolgedessen auch über die Landesgrenzen hinaus mehr Inhalte und Dienste angeboten.

5.           Transparenz und Kontrolle der Verwertungsgesellschaften

5.1.        Optionen

Es wurden vier Optionen geprüft, darunter auch die Option, nicht tätig zu werden. Option A2 (bessere Rechtsdurchsetzung) käme ohne neue Gesetzgebung aus, da es allein um bestehende einzelstaatliche oder EU-Vorschriften geht. Option A3 (Kodifizierung bestehender Rechtsgrundsätze) würde die Kodifizierung bestehender EU-Vorschriften und nicht verbindlicher Empfehlungen zur kollektiven Rechtewahrnehmung implizieren. Option A4 (Organisation und Transparenz der Verwertungsgesellschaften) würde Option A3 durch Grundsatzbestimmungen, mit denen bestehende Rechtslücken geschlossen würden und die eigens auf die kollektive Rechtewahrnehmung ausgerichtet sind (Transparenz der Finanzvorgänge und Teilnahme der Rechteinhaber am Beschlussfassungsprozess), ergänzen. Teiloption A4a wäre eine Kombination aus gesetzlicher Regulierung und Selbstregulierung durch den Sektor. Teiloption A4b würde auf eine umfassende Regelung für alle Verwertungsgesellschaften in Europa hinauslaufen.

5.2.        Auswirkungen

Eine bessere Rechtsdurchsetzung würde die behördliche Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften verbessern, aber Unzulänglichkeiten in der Organisationsstruktur würden nur zu einem kleinen Teil behoben, so dass sich die Kontrolle der Rechteinhaber über die Verwertungsgesellschaften nicht nennenswert verbessern würde. Option A3 hätte eine größere Wirkung, da Mindestvorschriften für die Organisation und Transparenz von Verwertungsgesellschaften eingeführt würden, aber in wesentlichen Fragen (z. B. bei der Finanzverwaltung) hätte sie keine qualitative Verbesserung zur Folge. Option A4 würde Rechteinhabern den Zugang zu relevanten, detaillierten und genauen Informationen über die Leistung der Verwertungsgesellschaften (einschließlich zu Finanzinformationen) ermöglichen und ihre effektive Beteiligung am Beschlussfassungsprozess gewährleisten. Teiloption 4a und Teiloption A4b könnten Ähnliches bewirken, aber Erfahrungen aus der Vergangenheit lassen Zweifel an der Wirksamkeit von Teiloption A4a aufkommen, und Teiloption A4b ließe den Mitgliedstaaten keinen Spielraum bei der Regelung von Verwertungsgesellschaften.

5.3.        Kosten

Option A2 wäre für Verwertungsgesellschaften kostenneutral, da der Gesetzgeber bei dieser Option nicht gefordert ist. Belastet würden die Kommission und die für die Rechtsdurchsetzung zuständigen nationalen Behörden. Bei Option A3 müssten Streitbeilegungsverfahren für Rechteinhaber und Nutzer eingerichtet werden (die Kosten wären je nach Art des gewählten Verfahrens unterschiedlich). Die Kosten der bevorzugten Option A4 wären höher, da sie Option A3 und weitere Elemente kombiniert. Ein Großteil der Zusatzkosten der Option A4 entstünde aufgrund der Anwendung neuer Vorschriften für die Mittelverwaltung (eine Schätzung dieser Kosten ist wegen fehlender Daten nicht möglich) sowie für die Rechnungslegung and Rechnungsprüfung (die Kosten werden für alle Verwertungsgesellschaften in der EU im Durchschnitt auf etwa 4,1 Mio. EUR geschätzt). Die Kosten der Option A4 müssen allerdings in Verbindung mit den Effizienzgewinnen gesehen werden, die sich mit dieser Option erzielen lassen. Die Kosten der Teiloption A4a würden davon abhängen, in welchem Umfang sich die Beteiligten auf neue Regelungen einigen. Die höchsten Kosten wären mit Teiloption A4b verbunden.

6.           Vergabe von Mehrgebietslizenzen für die Online-Nutzung von Musikwerken

6.1.        Optionen

Es wurden fünf Optionen geprüft, darunter auch die Option, nicht tätig zu werden. Option B2 (Europäische Lizenzbescheinigung) würde die Verbindung von Musikrepertoires für die EU-weite Online-Nutzung und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen durch die Einrichtung entsprechender effizienter, bedarfsgerechter Strukturen fördern. Danach müssten Verwertungsgesellschaften, die Mehrgebietslizenzen für die Online-Nutzung von Musikwerken vergeben wollen, bestimmten Anforderungen genügen, die ausreichende Datenverarbeitungs- und Fakturierungskapazitäten sowie die Einhaltung bestimmter Transparenzanforderungen im Hinblick auf Rechteinhaber und Nutzer und die Nutzung von Streitbeilegungsverfahren gewährleisten. Das Recht, einer Lizenzierungsstelle den Zugriff auf das Repertoire zu gestatten, würde allen Rechteinhabern eine Verwertung ihrer Werke im Wege von Mehrgebietslizenzen ermöglichen.

Option B3 (parallele direkte Lizenzvergabe) würde Rechteinhabern die Möglichkeit einräumen, parallel zu ihrer Mitgliedschaft in einer Verwertungsgesellschaft Lizenzverträge direkt mit Nutzern zu schließen. Hierzu müsste auf die Ausschließlichkeit des Wahrnehmungsauftrags einer Verwertungsgesellschaft verzichtet werden: Ein Rechteinhaber wäre dann nicht mehr gezwungen, den Wahrnehmungsauftrag in Bezug auf die Rechte, die er direkt in Lizenz vergeben will, zu beenden.

Bei Option B4 (erweiterte kollektive Lizenzvergabe in Verbindung mit dem Ursprungslandprinzip) würde vorausgesetzt, dass alle Verwertungsgesellschaften befugt sind, „Blankolizenzen“ zur Online-Verwertung des gesamten Repertoires zu erteilen, wobei für die Rechteinhaber (und die anderen Verwertungsgesellschaften) die Möglichkeit bestehen muss, diese Art der Lizenzvergabe für ihre Rechte abzulehnen. In Kombination mit dem Ursprungslandprinzip würde dies bedeuten, dass für die Lizenzvergabe das Recht nur eines Mitgliedstaats maßgebend wäre.

Option B5 (zentrales Portal) würde es den Verwertungsgesellschaften erlauben, ihre Repertoires in einem zentralen Portal für die Vergabe von Mehrgebietslizenzen zusammenzulegen. Diese Option würde die Gründung einer paneuropäischen Organisation mit einem De-facto-Monopol begünstigen, was aus wettbewerbsrechtlicher Sicht bedenklich erscheint. Die Auswirkungen dieser Option wurden daher nicht weiter geprüft.

6.2.        Auswirkungen

Option B2 würde zu einer Zusammenlegung der Repertoires bei Lizenzvergabestellen führen und allen Verwertungsgesellschaften die Möglichkeit geben, über solche Stellen Mehrgebietslizenzen für ihr Repertoire zu vergeben. Option B3 würde es den Rechteinhabern gestatten, parallel zu den Verwertungsgesellschaften flexibel und bedarfsgerecht Direktlizenzen für Online-Nutzungen zu erteilen. Gleichzeitig könnten sie von einer effizienteren Verwaltung ihrer Rechte profitieren. Dabei könnte aber auch ein Zweiklassensystem entstehen, das kleinere lokale Repertoires oder Nischen-Repertoires benachteiligt und damit zu Lasten der kulturellen Vielfalt geht. Option B4 würde alle inländischen Verwertungsgesellschaften dazu berechtigen, Mehrgebietslizenzen für das gesamte Repertoire zu erteilen, ohne dass gewährleistet ist, dass diese Gesellschaften in der Lage sind, solche Lizenzen ordnungsgemäß zu erteilen oder die Rechte der Rechteinhaber angemessen wahrzunehmen. Bei dieser Option ist auch damit zu rechnen, dass Verwertungsgesellschaften und Rechteinhaber, die bereits Mehrgebietslizenzen erteilen, inländischen Verwertungsgesellschaften das Recht zur Erteilung solcher Lizenzen entziehen (was zu einer weiteren Aufspaltung der Repertoires führen würde).

6.3.        Kosten

Mit Option B2 wären Kosten für die Einrichtung der Lizenzierungsstellen verbunden, doch würden diese wiederum eine effizientere Rechtewahrnehmung ermöglichen. Es ist zu erwarten, dass solche Lizenzierungsstellen nur von den finanzstärksten Verwertungsgesellschaften eingerichtet werden. Die anderen Verwertungsgesellschaften würden dann die Dienstleistungen dieser Stellen nutzen. Am kostengünstigsten ist die Option B3, die lediglich verlangt, dass der Ausschließlichkeitscharakter des Wahrnehmungsauftrags der Verwertungsgesellschaften aufgegeben wird. Bei Option B4 müssten die Mitgliedstaaten ihre Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften, die erweiterte Lizenzen erteilen, verstärken. Den Gesellschaften entstünden Kosten im Zusammenhang mit Meldungen an die Mitgliedstaaten und Satzungsänderungen, um die Rechte der „nicht vertretenen“ Rechteinhaber zu wahren. Kosten entstünden auch den Rechteinhabern und Verwertungsgesellschaften, die selbst Mehrgebietslizenzen vergeben wollen und den Wahrnehmungsauftrag deshalb in diesem Punkt beschränken müssten.

7.           Präferenz

Die Ziele dieser Initiative lassen sich am besten mit einer Kombination aus Option A4 (Organisations- und Transparenzvorschriften) und Option B2 (Europäische Lizenzbescheinigung) erreichen.

8.           Wahl des Instruments

Eine Richtlinie gewährleistet EU-weit kohärente, effiziente Normen für die Organisation und Transparenz von Verwertungsgesellschaften, gestattet aber gleichzeitig eine Anpassung an die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten. Eine Richtlinie gibt überdies die Möglichkeit, einzelne Aspekte in unterschiedlichem Maß zu harmonisieren, was angesichts der verschiedenen, wenn auch miteinander zusammenhängenden Regelungsbereiche besonders wichtig ist.

9.           Überwachung und Evaluierung

Die Kommission wird sofort nach Erlass der Richtlinie Umsetzungsworkshops mit Vertretern der Mitgliedstaaten organisieren, um sie bei der Umsetzung zu unterstützen und den Informationsaustausch zu erleichtern.

Mittel- bis langfristig wird sich die Kommission darauf konzentrieren, auf der Grundlage genau bestimmter Indikatoren die direkten Auswirkungen der Richtlinie – z. B. Erhöhung der Transparenz und Verbesserung der Funktionsweise der Verwertungsgesellschaften, einfachere Erlangung von Mehrgebietslizenzen – zu verfolgen.

Eine erste umfassende Bewertung könnte fünf Jahre nach Ablauf der Umsetzungsfrist erfolgen.

[1]               Diese Schwierigkeiten sind typisch für diesen Bereich, zum Teil, weil die Rechteinhaber in anderen Sektoren bei der Lizenzvergabe von Online-Nutzungsrechten weit weniger auf die kollektive Rechtewahrnehmung zurückgreifen, und zum Teil, weil sich die Art und Weise, wie Rechte an Musikwerken in Europa verwaltet werden, verändert hat.