52010DC0265

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Analyse der Optionen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen um mehr als 20 % und Bewertung des Risikos der Verlagerung von CO2-Emissionen {SEK(2010) 650} /* KOM/2010/0265 endg. */


[pic] | EUROPÄISCHE KOMMISSION |

Brüssel, den 26.5.2010

KOM(2010) 265 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Analyse der Optionen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen um mehr als 20 % und Bewertung des Risikos der Verlagerung von CO 2 -Emissionen

{SEK(2010) 650}

Einleitung

Als die EU im Jahr 2008 beschloss, ihre Treibhausgasemissionen zu verringern, demonstrierte sie ihre Entschlossenheit zur Bekämpfung des Klimawandels, indem sie eine weltweite Führungsrolle übernahm. Das Zusage, die CO2-Emissionen bis 2020 gemessen am Stand von 1990 um 20 % zu senken und zugleich den Anteil erneuerbarer Energien auf 20 % anzuheben, war ein ausschlaggebender Schritt hin zu einer nachhaltigen Entwicklung der EU und eine klare Botschaft an den Rest der Welt, dass die EU bereit ist zu handeln. Die EU wird ihre Verpflichtung aus dem Kyoto-Protokoll erfüllen und kann beim Klimaschutz beachtliche Erfolge vorweisen.

Dabei war von vornherein klar, dass ein alleiniges Vorgehen der EU nicht ausreicht, um den Klimawandel aufzuhalten, und dass auch die von der EU angestrebte Emissionsreduktion um 20 % auf diesem Weg lediglich eine Etappe ist. Das Ziel, die Erderwärmung gegenüber dem vorindustriellen Niveau unter 2° C zu halten, lässt sich mit Maßnahmen der EU allein nicht erreichen. Alle Länder werden zusätzliche Anstrengungen unternehmen müssen, und insbesondere Industriestaaten sollten bis 2050 ein Reduktionsziel von 80-95 % verwirklichen. Eine EU-Reduktion von 20 % bis 2020 ist nur ein erster Schritt in diese Richtung.

Deshalb sagte die EU zu, ihre unilaterale Verpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen um 20 % im Rahmen einer konkreten globalen Initiative auf einen Wert von 30 % zu steigern[1]. Die EU hat diese Politik bis heute nicht geändert.

Seit der Abstimmung der EU-Politik haben sich die Rahmenbedingungen unaufhaltsam verändert. Wir wurden mit einer Wirtschaftskrise ungekannten Ausmaßes konfrontiert, die Unternehmen und Gemeinden in ganz Europa enorm unter Druck setzte und die öffentlichen Haushalte stark belastete. Gleichzeitig hat die Krise jedoch bestätigt, dass Europa jetzt die große Chance hat, eine ressourceneffiziente Gesellschaft aufzubauen.

Zwischenzeitlich hat der Kopenhagener Gipfel stattgefunden. Obwohl bedauerlicherweise kein umfassendes rechtsverbindliches internationales Klimaschutzübereinkommen ausgehandelt wurde, gab es dennoch durchaus positive Ergebnisse, darunter in erster Linie, dass Länder, die für etwa 80 % der heutigen Emissionen verantwortlich sind, Zusagen für Emissionsreduktionen gemacht haben, die jedoch nicht ausreichen werden, um das 2°C-Ziel zu erreichen. Die Kopenhagener Vereinbarung muss unbedingt in die laufenden UNFCCC-Verhandlungen integriert werden, was jedoch nicht bedeutet, dass nicht dringend gehandelt werden muss.

Diese Mitteilung dient nicht der sofortigen Entscheidung über das 30 %-Ziel, denn die notwendigen Bedingungen sind eindeutig nicht gegeben. Sie fasst lediglich die Ergebnisse der Analyse der Auswirkungen des 20 %- bzw. des 30 %-Ziels aus heutiger Sicht zusammen, um eine fundierte Debatte über die Auswirkungen die verschiedenen Ambitionsgrade zu erleichtern. Sie spricht auch das Problem der Verlagerung von CO2-Emissionen ( carbon leakage ) an, um gemäß der Richtlinie über den Emissionshandel (EHS)[2] unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Kopenhagener Klimakonferenz bis Juni 2010 einen Analysebericht vorzulegen. Der Mitteilung liegen Arbeitsdokumente der Kommissionsdienststellen bei, in denen diese Fragen einer eingehenden technischen Prüfung unterzogen werden.

Das 20 %-Ziel aus heutiger Sicht

Um die potenzielle Bedeutung des 30 %-Ziels zu ermitteln, muss analysiert werden, was das derzeitige 20%-Ziel aus heutiger Sicht bedeutet. Wie zu erwarten, hat die Wirtschaftskrise die Prämisse, auf der das 20 %-Ziel vereinbart wurde, spürbar beeinflusst, allerdings auf verschiedene Weise.

Die Wirtschaftskrise und die Herausforderung des 20 %-Ziels

Zwischen 2005 und 2008 hat die EU ihre Emissionen um 7 % bis 10 % unter das Niveau von 1990 gesenkt[3]. Bei Eintreten der Krise hatten also verschärfte Klimaschutzmaßnahmen und hohe Energiepreise die Reduktionsaktion der EU bereits beschleunigt.

Die Krise selbst hat sofort weitere Reduktionen bewirkt. Die geprüften Emissionen aus EHS-Anlagen lagen im Jahr 2009 11,6 % unter den Werten von 2008. Die CO2-Preise gingen entsprechend zurück und fielen insbesondere Anfang 2009 von ungefähr 25 EUR auf 8 EUR je Tonne CO2[4]. Dieser Preisrückgang hat jedoch gezeigt, dass sich unter veränderten wirtschaftlichen Bedingungen auch die Wirkung des EHS auf Unternehmen und Verbraucher ändern kann.

Dieser sprunghafte Rückgang der Emissionen bewirkte, dass die EU im Jahr 2009 rund 14 % weniger Treibhausgase emittierte als 1990. Angesichts des zu erwartenden Produktionsaufschwungs in energieintensiven Sektoren wie der Stahlindustrie kann dieses Reduktionstempo jedoch nicht ohne Weiteres in die Zukunft extrapoliert werden.

Die absoluten Kosten der Verwirklichung des 20 %-Ziels sind jedoch zurückgegangen. Bei der Analyse, die 2008 zur Untermauerung des Klima- und Energiepakets vorgenommen wurde, wurden die Kosten der Zielerfüllung - auf der Prämisse eines kontinuierlichen Wirtschaftswachstums im Jahr 2020 - auf mindestens 70 Mrd. EUR/Jahr veranschlagt[5]. Bei der jetzigen Analyse wird auch die Rezession berücksichtigt[6]. Der Preis wird jetzt mit 48 Mrd. EUR (0,32 % des BIP im Jahr 2020) veranschlagt. Dies entspricht einem Rückgang von ungefähr 22 Mrd. EUR bzw. von 30 % gegenüber den Prognosen von vor zwei Jahren. Dieser Rückgang der absoluten Kosten erfolgt jedoch inmitten einer Zeit der Krise, in der Unternehmen sehr viel weniger in der Lage sind, in kurzfristige Modernisierungsprojekte zu investieren, und große Unsicherheit darüber herrscht, wann mit einer Erholung zu rechnen ist. Dass die Kosten des Klima- und Energiepakets zurzeit geringer sind, ist auf das Zusammenwirken mehrerer Faktoren zurückzuführen: Zum einen haben die Anstrengungen zur Verwirklichung des 20 %-Ziels aufgrund des schwächeren Wirtschaftswachstum nachgelassen. Zum Zweiten hat sich der Anstieg der Ölpreise[7] als Anreiz für die Verbesserung der Energieeffizienz erwiesen - mit der Folge, dass die Energienachfrage zurückgegangen ist. Und drittens wird der CO2-Preis wahrscheinlich auf seinem niedrigeren Niveau bleiben, denn Zertifikate, die während der Rezession nicht genutzt werden, können in spätere Zeiträume übertragen werden.

Die flexible Architektur des EHS bedeutet, dass die Auswirkungen der Krise über mehrere Jahre zu spüren sein werden. Da eine große Anzahl Zertifikate während der Krise ungenutzt bleibt, werden Unternehmen ungefähr 5-8 % ihrer Zertifikate aus dem Verpflichtungszeitraum 2008–2012 in die dritte Phase des EHS (2013-2020) übertragen können. Die Verwirklichung der Ziele für erneuerbare Energien (EE-Ziele) und die Durchführung von Effizienzmaßnahmen werden ebenfalls dazu beitragen, dass die Emissionen noch weiter zurückgehen – mit dem Ergebnis, dass der CO2-Preis merklich unter den Prognosen von 2008 liegen wird[8].

In den nicht unter das EHS fallenden „Lastenteilungssektoren“[9] präsentiert sich ein ähnliches Bild mit je nach Sektor unterschiedlichem Reduktionsniveau. Das Gesamtziel der EU für diese Sektoren, namentlich eine Emissionsreduktion von 10 % gegenüber 2005, kann mit angemessenen Anreizen erreicht werden, wenn das EE-Ziel und die bereits laufenden Initiativen zur Verbesserung der Energieeffizienz verwirklicht werden.

Gleichzeitig hat die Krise die EU-Wirtschaft stark unter Druck gesetzt. Unternehmen haben heute mit einer rückläufigen Nachfrage zu kämpfen, und die Suche nach Finanzierungsquellen erweist sich als Herausforderung. Aufgrund des niedrigeren CO2-Preises könnten auch Regierungseinnahmen aus der Versteigerung um die Hälfte zurückgehen, wodurch der Druck auf die öffentlichen Haushalte steigt, die folglich als weitere potenzielle Quelle für die Klimaschutzfinanzierung an Bedeutung verlieren. Um das vereinbarte EE-Ziel von 20 % zu erreichen, sind in Sektoren wie Elektrizität, Heizanlagen und Verkehr nach wie vor Investitionen erforderlich.

Revolutionäre grüne Technologie

Heute besteht weitgehend Einvernehmen darüber, dass die Entwicklung ressourceneffizienter und grüner Technologien eine wichtige Wachstumstriebfeder sein wird. Als die Staaten während der Krise weltweit versuchten, ihre Wirtschaftssysteme mit Hilfe von Förderpaketen wiederanzukurbeln, zeichnete sich deutlich ein Investitionsmuster zugunsten von Infrastrukturen für sauberere Verkehrsträger (wie öffentliche Verkehrsmittel und intelligente Verkehrsmanagementsysteme) sowie zugunsten einer CO2-effizienten Energieproduktion, intelligenter Elektrizitätsnetze und von FuE-Projekten in den Bereichen sauberer Verkehr und saubere Energie ab. Der Übergang zu CO2-armen Wirtschaftssystemen ist weltweit erkennbar, wobei die grünere Option schon aufgrund ihres hohen Beschäftigungspotenzials attraktiv ist.

Kernpunkt des europäischen Programms für 2020 ist die Überzeugung, dass Europas industrielle Basis sich im Interesse einer nachhaltigeren Zukunft neu orientieren und die Chancen frühzeitiger Investitionen in grüne Technologien nutzen muss. Diese potenzielle Führungsrolle darf jedoch nicht als selbstverständlich hingenommen werden.

Der globale Wettbewerb ist unerbittlich. Die europäische Automobilindustrie befindet sich aufgrund der Reduzierung der CO2-Emissionen von Neuwagen in einer Vorreiterposition. 17 % aller im Jahr 2008 EU-weit verkauften Neuwagen emittierten weniger als 120 g/km, und für einige Mitgliedstaaten lag der Marktanteil dieser Wagen bereits bei über 25 %. Dieser Trend hat sich 2009 durch Maßnahmen zur Erneuerung der Automobilflotte noch verstärkt. Andere Hersteller machen jedoch vergleichbare Fortschritte, erkennbar am Entwicklungssprung hin zu modernen Technologien wie Hybrid- und Elektroautos.

2009 entfielen im Energiesektor der EU 61 % der neuen Stromerzeugungskapazität auf erneuerbare Energien. Diese Führungsrolle Europas ist mittlerweile jedoch gefährdet. Nach dem Renewable Energy Attractiveness Index von 2010 bieten die USA[10] und China heute die besten Investitionsmöglichkeiten für erneuerbare Energien. Die USA wollen ihre Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis 2012 verdoppeln. Im Jahr 2009 führte China die globale Leistungstabelle für Windenergieanlagen. Chinesische und indische Windturbinenhersteller gehören heute zu den zehn größten Turbinenfabrikanten. China und Taiwan sind die weltgrößten Hersteller von Solar-Panels. Und dies zu einer Zeit, in der der Preis für Solarzellen aufgrund der geringen Kosten der Ausgangsmaterialien, der Effizienzverbesserung und der Produktivitätssteigerung in nur wenigen Jahren um die Hälfte zurückgegangen ist. Diese Industrien sind auf dem besten Wege, Weltkonzerne zu werden.

Eine Veränderung ist auch notwendig, um die Energieversorgung zu sichern. Nach einem „Ausreißer“ im Jahr 2009 nimmt der Energieverbrauch weiterhin zu. Die Internationale Energieagentur hat darauf hingewiesen, dass die Erdölproduktion im Jahr 2015 die zunehmende Nachfrage kaum noch decken wird, was die Ölpreise weiter erhöhen wird und den Wiederaufschwung im Keim ersticken könnte. Energie aus heimischen Quellen, z. B. aus erneuerbaren Energien, ist vor allem deshalb von großem Vorteil, weil sie die Importabhängigkeit verringert.

Europa muss also noch mehr Anreize zur einheimischen Entwicklung dieser Industrien schaffen. Mit auslaufenden Förderpaketen und zu Beginn einer Zeit, in der der Gürtel, was die öffentlichen Ausgaben anbelangt, enger geschnallt werden muss, werden Anreize jedoch abgebaut. Zwar existieren andere Triebfedern wie das EE-Ziel, Produktnormen für energieeffiziente Produkte und Fahrzeuge sowie grünes öffentliches Auftragswesen, doch wurde das 20 %-Ziel stets als kritischer Faktor für die Modernisierung angesehen. Investitionen in Optionen wie CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) hängen weitgehend vom Preissignal des CO2-Marktes ab. Ein niedrigerer CO2-Preis wirkt nicht eben veränderungs- und innovationsfördernd.

Zunehmende Abweichung vom 2 °C-Kurs nach 2020

Um das Ziel, die Erderwärmung unter 2 °C zu halten, zu verwirklichen, müssen die Industriestaaten ihre Emissionen bis 2050 um 80-95 % gemessen am Stand von 1990 reduzieren[11]. Auch wenn ein Teil dieses Ziels durch Maßnahmen der EU außerhalb der Unionsgrenzen verwirklicht werden könnte, deuten erste Schätzungen darauf hin, dass die EU-internen Emissionen auf grob geschätzte 70 % zurückgehen müssten. Mit dem 2008 vereinbarten Kurs würden die einheimischen Emissionen der EU bis 2020 um 20 % und, wenn keine weiteren Änderungen erfolgen, bis 2030 um 25 % zurückgehen. Dies reicht nicht aus, um das für 2050 angestrebte Ambitionsniveau mit optimalem Kostenaufwand zu erreichen. Bei Handlungsverzögerung müssten die EU und ihre globalen Partner das Versäumte nach 2020 aufholen. So hat die IEA beispielsweise geschätzt, dass jedes Jahr verzögerter Investition in CO2-effizientere Energiequellen den Preis global um 300-400 Mrd. EUR nach oben treiben wird[12]. Aus diesem Grunde ist ein langfristiger Fahrplan bis 2050 notwendig, um Investitionen möglichst kostenwirksam vorauszuplanen.

Da das für 2020 anvisierte Ziel von 20 % sehr viel weniger Hebelwirkung zeigt als 2008 angenommen, besteht die Gefahr, dass die Aufgabe für die EU nach 2020 schwieriger und kostspieliger wird.

Analyse des 30 %-Ziels

Die veränderte Situation, die sich derart nachdrücklich auf das 20 %-Ziel auswirkte, macht auch deutlich, dass das 30 %-Ziel genau analysiert werden muss. Die wirtschaftlichen Konsequenzen des 30 %-Ziels für die EU müssen klar sein. Über das 20 %-Ziel hinauszugehen, würde mit aller Wahrscheinlichkeit bedeuten, dass die geltenden Maßnahmen verschärft oder neue Maßnahmen eingeführt werden müssten. Es stellt sich daher die Frage, wie diese neuen Maßnahmen aussehen könnten, welche der geltenden Maßnahmen verschärft werden könnten und auf welche Weise.

Die nachstehend erläuterten Optionen könnten von der EU ins Auge gefasst werden, falls und wenn beschlossen wird, das 30 %-Ziel in Angriff zu nehmen.

Mögliche Optionen zur Verwirklichung des 30 %-Ziels

Optionen innerhalb des Emissionshandelssystems (EHS)

Das EHS als wichtigstes Instrument zur Emissionsreduktion sollte für alle Optionen, die Reduktionen von über 20 % zum Ziel haben, der Ausgangspunkt sein.

- Neuausrichtung des EHS durch „Stilllegung“ eines Teils der für die Versteigerung vorgesehenen Zertifikate – Sollte eine politische Entscheidung über die Anhebung des Emissionsreduktionsziels getroffen werden, so könnte das EHS seinen Hauptbeitrag zum 30 %-Ziel dadurch leisten, dass nach und nach weniger Zertifikate versteigert werden. Eine knappere EHS-Obergrenze würde nicht nur die Umweltleistung, sondern auch die Anreizwirkung des CO2-Marktes verbessern. Eine Kürzung der Auktionsrechte um ungefähr 15 % für den gesamten Verpflichtungszeitraum 2013-2020 (was rund 1,4 Mrd. Zertifikaten entspricht) könnte ausreichen. Laut Prognosen könnten die Versteigerungseinkünfte um ungefähr ein Drittel steigen, denn es wird davon ausgegangen, dass die CO2-Preise stärker anziehen als versteigerte Zertifikate gekürzt werden. Auf welche Weise die Mitgliedstaaten die neuen Versteigerungseinkünfte nutzen werden, wird für Investitionen in CO2-effiziente Zukunftslösungen von Belang sein.

- Belohnung von Vorreitern, die in Spitzentechnologien investieren – Mit dem Benchmarking-System können Vorreiter auf dem Gebiet der Technologieverbesserung identifiziert und mit zusätzlichen nicht zugeteilten kostenlosen Zertifikaten belohnt werden. Auf diese Weise würden innovationsfreudige Unternehmen eine zusätzliche Finanzspritze erhalten.

Technologische Optionen

Regulierung kann dazu beitragen, ehrgeizigere Klimaziele zu verwirklichen, vor allem durch Förderung von Energie- und Ressourceneffizienz. Dies kann durch Produktnormen wie beispielsweise die Maßnahmen im Rahmen der Ökodesign-Richtlinie[13] und Grenzwerte für die CO2-Emissionen von Kraftfahrzeugen[14] sowie über die Umsetzung der so genannten Digitalen Agenda[15] geschehen. Intelligente Netze können helfen, eine Veränderung des Verbraucherverhaltens herbeizuführen, die Energieeffizienz zu verbessern und die Nutzung erneuerbarer Energien zu fördern. Intelligente Verbrauchsmesssysteme beispielsweise dürften sich aufgrund der Produktivitätsverbesserung, die ihrerseits auf eine bessere Verbrauchersensibilisierung und stärkere Energiepreissignale zurückzuführen ist, in weniger als vier Jahren selber tragen.

CO 2 -Abgaben

Abgaben für CO2-Emissionen in Sektoren, die nicht unter das EHS fallen, sind ein einfaches marktbasiertes Instrument, um auf nationaler oder europäischer Ebene Anreize für Emissionsreduktionen zu schaffen. Die Einbeziehung von CO2 in das Abgabesystem für Brennstoffe oder Güter ist eine der Optionen, die bestimmte Mitgliedstaaten bereits anwenden, um beispielsweise das große Reduktionspotenzial im Bereich Wärmeerzeugung zu nutzen, die CO2-Intensität der Kfz-Flotte zu verringern und die Verkehrseffizienz zu steigern. Die Analyse zeigt, dass dies einen erheblichen Beitrag zur Verwirklichung höher angesetzter Ziele leisten und den Mitgliedstaaten je nach Umfang und Anwendungsbereich beträchtliche Einkünfte generieren könnte, die in CO2-effiziente Projekte investiert werden könnten, um lokal grüne Arbeitsplätze zu schaffen und ein „grüneres“ öffentliches Auftragswesen zu fördern, wie dies in der Richtlinie über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge[16] vorgesehen ist.

Nutzung von EU-Politiken zur Förderung von Emissionsreduktionen

Die EU könnte Mitgliedstaaten, Regionen und Städte weiterhin anspornen, mehr in CO2-effiziente Technologien zu investieren, indem mehr kohäsionspolitische Mittel in grüne Projekte gelenkt werden. Dies würde den aktuellen Trend, Kohäsionsfondmittel effizienter zu nutzen, um erneuerbare Energien, Energieeffizienz und öffentliche Verkehrsmittel zu fördern, beschleunigen. Ein solcher Ansatz wäre auch eine Alternative zur Nutzung überschüssiger AAU als Finanzierungsquelle - eine Praxis, die die Umweltintegrität des CO2-Marktes untergräbt.

Aufgrund zahlreicher Markt- und regulatorischer Hindernisse werden nach wie vor viele Möglichkeiten zur Energieeinsparung nicht ausgeschöpft. Eine bessere politische Rahmenregelung zur Verbesserung der Energieeffizienz würde es erheblich erleichtern, über das 20 %-Ziel hinauszugehen.

Tätigkeiten im Rahmen der Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) waren im Klima- und Energiepaket von 2008 nicht erfasst, haben jedoch zusätzliches Emissionsreduktionspotenzial. Auch natürliche Kohlenstoffsenken müssen erhalten und wiederhergestellt werden, um weitere Emissionszunahmen zu vermeiden. Unsicherheiten bei Berechnung[17] und Volatilität[18] erschweren kurzfristige Prognosen über LULUCF-Tätigkeiten – und ihren Beitrag zur Verwirklichung der Ziele der EU. Mit fortschreitenden Arbeiten zur Festlegung einer wirksamen Regelung für diese Tätigkeiten könnten letztere mit der Zeit durch bessere Anbaumethoden und bessere Waldbewirtschaftung jedoch einen stärkeren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Insbesondere die Gemeinsame Agrarpolitik könnte Land- und Forstwirten einen Anreiz bieten, zu nachhaltigeren Bewirtschaftungsformen überzugehen und im Laufe der Zeit mehr für die Emissionsreduktion zu tun.

Nutzung der Hebelwirkung internationaler Gutschriften

Die EU hat als erste erkannt, dass Projekte außerhalb ihrer Grenzen für den Privatsektor einen Anreiz darstellen können. Im Rahmen des CDM-Mechanismus wurden weltweit mehrere tausend Projekte lanciert, die vielfach zu äußerst kosteneffizienten Reduktionen geführt haben. Heute scheint es jedoch angemessener, dass derartige Initiativen von den Schwellenländern selbst durchgeführt werden, denn zu viele kostengünstige Reduktionen dieser Art und ihre Verrechnung im EU-EHS bremsen Innovationen innerhalb der EU.

Eine Möglichkeit zur Verbesserung der Hebelwirkung von EU-Maßnahmen läge darin, die Nachfrage nach CDM-Gutschriften zum Teil durch neue sektorale Gutschriften zu ersetzen[19]. Auf diese Weise würden Finanzmittel für den CO2-Markt auf Maßnahmen mit größerem CO2-Reduktionspotenzial verlagert (z. B. im Elektrizitätssektor wirtschaftlich fortgeschrittenerer Entwicklungsländer), und die Maßnahme könnte an Regelungen wie beispielsweise ein Multiplikatorsystem[20] für konventionelle CDM-Gutschriften (z. B. Industriegasprojekte) gekoppelt werden. Die auf diese Weise erzielten beträchtlichen zusätzlichen Emissionsreduktionen in Entwicklungsländern könnten auf das Gesamtziel der EU angerechnet werden, und würden gleichzeitig mehr Möglichkeiten eröffnen, um CDM-Projekte in den am wenigsten entwickelten Ländern weiterzuführen.

Was die Emissionen aus der Schifffahrt anbelangt, so wird die EU im Rahmen der IMO und der UNFCCC weiterhin auf ein internationales Übereinkommen hinarbeiten. Wie im Rahmen des Klima- und Energiepakets vereinbart, wird die EU Schritte unternehmen und voranschreiten, wenn bis 31. Dezember 2011 kein Übereinkommen erzielt wurde.

In Kopenhagen wurden signifikante Fortschritte bei der Erarbeitung eines robusten internationalen Regelungswerkes erzielt, das den Kampf gegen den Verlust tropischer Regenwälder voranbringen dürfte. Die Zusammenarbeit zwischen Entwicklungsländern mit tropischen Regenwäldern, den Mitgliedstaaten der EU und der Kommission sollte gefördert werden. Mit internationalen Emissionsreduktionsgutschriften, die angemessene Kriterien für die Umweltintegrität erfüllen, könnte die EU den höheren Zielwert teilweise verwirklichen.

Die Herausforderung des 30 %-Ziels

Das 20 %-Ziel ist nunmehr stärker in Reichweite als 2008 angenommen, und dies weckt natürlich die Hoffnung, dass auch ein Zielwert von 30 % realisiert werden kann. In absoluten Werten würde der Anfang 2008 veranschlagte Preis von 70 Mrd. EUR im Jahr 2020 für die EU heute ausreichen, um über die Hälfte des Weges von der 20 %- zur 30 %-Marke zu bewältigen, auch wenn die Wirtschaftslage der EU heute schwieriger ist.

Die zusätzlichen Gesamtkosten, die die EU aufwenden müsste, um von dem bisherigen 20 %-Ziel zu 30 % überzugehen, werden für das Jahr 2020 auf rund 33 Mrd. EUR bzw. 0,2 % des BIP geschätzt. Um eine Reduktion von 30 % zu bewirken, müsste der CO2-Preis innerhalb des EU-EHS schätzungsweise 30 EUR je Tonne CO2- betragen, was in etwa dem Preisniveau entspricht, das 2008 für erforderlich gehalten wurde, um das Reduktionsziel von 20 % zu erreichen. Die einheimischen Emissionen würden auf diese Weise gemessen am Stand von 1990 um 25 % zurückgehen, wobei die restlichen 5 % Prozent durch in nachfolgende Verpflichtungszeiträume übertragene Zertifikate und internationale Gutschriften gedeckt würden[21].

Die Gesamtkosten einer Emissionsreduktion von 30 %, einschließlich der Kosten der Verwirklichung des 20 %-Ziels, werden mittlerweile auf 81 Mrd. EUR bzw. 0,54 % des BIP geschätzt[22].

Wenn man bedenkt, dass die Kosten des Klima- und Energiepakets Anfang 2008 auf 70 Mrd. EUR bzw. 0,45 % des BIP im Jahr 2020 geschätzt wurden, würde der Übergang zu einem Reduktionsziel von 30 % gemessen an den absoluten Kosten des Klima- und Energiepakets im Jahr 2020, wie 2008 prognostiziert, eine Kostenzunahme von 11 Mrd. EUR bedeuten.

Doch nicht nur die Kosten sind deutlich zurückgegangen; die Rentabilitätsverluste der Unternehmen, die sinkende Kaufkraft der Verbraucher und der geringere Zugang zu Bankkrediten haben dazu geführt, dass auch die EU-Wirtschaft heute weniger in der Lage ist, in CO2-effiziente Technologien zu investieren – eine Folge der Krise, die nur durch wirtschaftlichen Wiederaufschwung und proaktive Maßnahmen zur Priorisierung des Wachstums in diesen Sektoren aufgewogen werden kann.

Wer würde zusätzlich belastet?

In Bezug auf die Sektoren zeigt die Analyse, dass sich die meisten Emissionsreduktionen mit einer Kombination aus mehr Effizienz auf der Nachfrageseite und weniger CO2-intensive Investitionen auf der Angebotsseite im Stromsektor erzielen lassen. Im kommenden Jahrzehnt muss eine beträchtliche Anzahl überalterter Kraftwerke ersetzt werden, und soweit dies mit CO2-effzienten Lösungen erfolgt, bietet sich hier eine gute Gelegenheit zur Emissionsreduktion. Was Industrieunternehmen innerhalb des EHS anbelangt, so verzeichnen einige Sektoren ein beträchtliches Kosteneinsparungspotenzial (z. B. Raffinerien). In den „Lastenteilungssektoren“ sind für die Verringerung der CO2-Emissionen die Bereiche Privathaushalte und Dienstleistungen von Belang, hauptsächlich aufgrund des Einsparungspotenzials von Heizanlagen. In der Landwirtschaft lassen die Erfahrungen in einigen Mitgliedstaaten darauf schließen, dass die bei intensiven Bewirtschaftungsformen anfallenden Methan- und Stickoxidemissionen weiter verringert werden können; die damit verbundenen Kosten müssten jedoch sorgfältig geprüft werden.

Was die geografische Verteilung anbelangt, so sind die ärmeren Mitgliedstaaten proportional eher in der Lage, ihre Emissionen statt um 20 % um 30 % zu reduzieren. Es müssen öffentliche und private Finanzmittel mobilisiert werden, um die Emissionsreduktion zu verbessern, ohne das Wirtschaftswachstum zu beeinträchtigen. In diesem Kontext spielt die Kohäsionspolitik der EU eine wichtige Rolle.

Die Analyse ergibt außerdem, dass die kosteneffiziente Aufteilung in Maßnahmen innerhalb des EHS und Maßnahmen in Nicht-EHS-Sektoren bei einem Reduktionsziel von 30 % in relativen Zahlen weitgehend dieselbe ist wie beim 20 %-Ziel. Würde zu einem 30 %-Ziel übergegangen, so läge die Obergrenze für das EHS im Jahr 2020 um 34 % (anstelle der heutigen 21 %) unter den Emissionswerten von 2005, während das Gesamtziel für nicht unter das EHS fallende Sektoren bei 16 % (anstelle der aktuellen 10 %) unter den Emissionen von 2005 läge.

Die im beiliegenden Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen durchgeführte Analyse wurde auf EU-Ebene vorgenommen. Ein potenzieller Übergang zu einem Zielwert von 30 % würde voraussetzen, dass aus einem spezifischen Mix von Möglichkeiten die Option ausgewählt wird, die für die Aufteilung des zusätzlichen Reduktionsaufwands am besten geeignet ist. Eine detaillierte Abschätzung der Folgen auf Ebene der Mitgliedstaaten und Wirtschaftssektoren kann nur auf Basis spezifischer Optionen erfolgen.

Weitere Auswirkungen des 30 %-Ziels

Die Umsetzung eines Ziels von 30 % ist keine Einzelmaßnahme. Neben der Erfüllung des Ziels als solchem sind eine Vielfalt weiterer Konsequenzen zu berücksichtigen.

Eine davon betrifft die Wiedereinführung von Anreizen für Innovationen, die im Zuge der Auflockerung des 20 %-Ziels verloren gegangen sind. Dies ist umso wichtiger, als CO2-arme Technologien tendenziell arbeitsintensiver sind als konventionelle Technologien und auch die Energieversorgung verbessern. Mit einer Emissionsreduktion um 30 % ließen sich die Erdöl- und Erdgaseinfuhren bis 2020 um rund 40 Mrd. EUR verringern, ausgehend von einem Ölpreis von 88 USD je Barrel im Jahr 2020. Stattdessen würde in die Schaffung grüner Arbeitsplätze in CO2-effizienten Sektoren der EU investiert, beispielsweise einem energieeffizienteren Wohnungsbau. Generell zeigt die makroökonomische Analyse insgesamt gesehen nur geringfügige Beschäftigungsauswirkungen, wenngleich sektorale Unterschiede bestehen; die intelligente Nutzung von Versteigerungseinkünften oder CO2-Abgaben verändert jedoch das Bild. Es wird außerdem Umschulungs- und weiter Qualifizierungsbedarf bestehen, und Bildungs- und Ausbildungssysteme werden diesen Herausforderungen Rechnung tragen müssen, wie dies in der europäischen Leitinitiative von 2020 dargelegt ist.

Globale Märkte für CO2-effiziente Technologien und zusätzliche Vorteile für die Luftqualität

Frühzeitiges statt späteres Handeln bringt erhebliche langfristige Vorteile für die Wettbewerbsfähigkeit Europas, das auf einem schnell wachsenden globalen Markt für CO2-arme Technologien so seine starke Position behält.

Und schließlich bedeutet die Umsetzung des 30 %-Ziels auch bessere Luft. Es wären weniger Kontrollvorrichtungen zur Messung der Luftverschmutzung erforderlich, um andere Schadstoffe wie Feinstaub, Schwefeldioxid und Schwermetalle zu reduzieren, und die Kosten der Verwirklichung der Ziele der Thematischen Strategie zur Luftreinhaltung gingen bis 2020 um rund 3 Mrd. EUR zurück. Bessere Luft bedeutet auch zusätzliche gesundheitliche Vorteile, die für 2020 mit 3,5 bis 8 Mrd. EUR veranschlagt werden[23]. Diese zusätzlichen Vorteile sind in den Kostenschätzungen für den Übergang zum 30 %-Ziel nicht erfasst.

Bewertung des Risikos der Verlagerung von CO 2 -EMISSIONEN (CARBON LEAKAGE)

Eines der Hauptanliegen der Klimapolitik der EU ist es, die Verlagerung von CO2-Emissionen zu vermeiden. Gemeint ist das Risiko, dass bei einem Mangel an globalen Anstrengungen einzelstaatliche Maßnahmen dazu führen könnten, dass Marktanteile auf weniger effiziente Anlagen andernorts verlagert und die Emissionen auf diese Weise global erhöht werden. Natürlich existieren neben dem CO2-Preis vielerlei andere Gründe für Wettbewerbsvor- und -nachteile, doch je mehr sich Wettbewerbsteilnehmerländer in vergleichbarem Maße an den Anstrengungen zur Emissionsverringerung beteiligen, desto geringer wird das Risiko des „carbon leakage“ sein. Mit dem Klima- und Energiepaket wurde anerkannt, dass das Risiko des „carbon leakage“ überwacht werden muss, und es wurden Gegenmaßnahmen festgelegt.

Dass der CO2-Preis niedriger ist als ursprünglich angenommen, beeinflusst auch die Debatte über die Verlagerung von CO2-Emissionen. Zusätzlich dürften energieintensive Sektoren, die bereits vor 2013 EHS-Teilnehmer sind, aufgrund des Emissionsrückgangs am Ende des zweiten Verpflichtungszeitraums des EHS im Jahr 2012 über eine sehr beträchtliche Anzahl ungenutzter kostenfrei zugeteilter Zertifikate verfügen, die in Phase 3 (2013-2020) übertragen werden können. Sie werden dadurch ihre internationale Wettbewerbsposition gegenüber den Annahmen von 2008 vergleichsweise verbessern.

Nach den EHS-Vorschriften muss bis Juni 2010 ein Bericht vorliegen, der die Lage in Bezug auf die Verlagerung von CO2-Emissionen im Lichte der Ergebnisse der internationalen Verhandlungen analysiert. Die Tatsache, dass die UNFCCC-Verhandlungen weiterlaufen, erschwert eine abschließende Beurteilung. Die Implementierung der Vereinbarung von Kopenhagen wäre jedoch eindeutig ein Schritt in die richtige Richtung. Alle Industrienationen und die wichtigsten Entwicklungsländer, d. h. die Hauptkonkurrenten der energieintensiven Industrien der EU, haben erstmals offiziell zugesagt, Maßnahmen zur Emissionsverringerung zu ergreifen.

Die Auswirkungen des 20 %-Ziels der EU werden, wenn andere Länder ihre niedrigeren Zusagen umsetzen, auf weniger als 1 % geschätzt, wobei die Sektoren organische Chemieprodukte, anorganische Chemieprodukte und Düngemittel mit Produktionsverlusten in Höhe von 0,5 %, 0,6 % bzw. 0,7 % am härtesten getroffen wären. Nur im Sektor „andere Chemieprodukte“ wird eine noch höhere Auswirkung von 2,4 % verzeichnet. Gemessen an einer Situation, in der die EU das 20 %-Ziel unilateral umsetzt, befänden sich einige energieintensive Sektoren der EU sogar in einer besseren Position, während die Lage in anderen Sektoren gleich bliebe. Aufgrund der Unsicherheit in Bezug auf die tatsächliche Umsetzung der Vereinbarung von Kopenhagen ist die Kommission der Auffassung, dass die Maßnahmen, die zur Unterstützung energieintensiver Industrien bereits vereinbart wurden (kostenfreie Zuteilung und Zugang zu internationalen Gutschriften), zurzeit noch gerechtfertigt sind.

Anhebung des Zielwertes auf 30 %

Die makroökonomische Analyse zeigt, dass die zusätzlichen Auswirkungen einer Anhebung der EU-Verpflichtung auf einen Zielwert von 30 % gemessen am derzeitigen Klima- und Energiepaket (während andere Länder bei ihren niedrigen Zusagen bleiben) auf die Produktion der energieintensiven Industrien der EU begrenzt wären, solange die für diese Industrien geltende Sonderregelung beibehalten wird. Ein Zielwert von 30 % würde im Vergleich zur 20 %-Grenze zusätzliche geschätzte Produktionsverluste für die Sektoren Eisen- und Nichteisenmetalle, Chemieprodukte sowie andere energieintensive Industrien von rund 1 % bedeuten. Die Auswirkungen für die Sektoren organische Chemieprodukte, anorganische Chemieprodukte, Düngemittel und „andere Chemieprodukte“ steigen auf 0,9 %, 1,1 %, 1,2 % bzw. 3,5 % an. Je mehr die wichtigsten Handelspartner ihre Zusagen (oberes Ende der Spanne) erfüllen, desto geringer das Risiko des carbon leakage .

Die bisherigen Daten aus den Emissionsmustern energieintensiver Industrien sind unschlüssig, vor allem in Bezug auf die Frage, inwieweit die Klimapolitik der EU für die Verlagerung von Wirtschaftstätigkeiten in Gebiete außerhalb Europas verantwortlich ist. Einerseits sind die Emissionen aus den energieintensiven Sektoren in den vergangenen Jahren spürbar zurückgegangen, und ungenutzte kostenfrei zugeteilte Zertifikate wurden monetisiert. Andererseits haben Investitionen in CO2-arme Technologien in energieintensiven Sektoren die Produktivität dieser Sektoren insgesamt verbessert.

Die Verlagerung von CO2-Emissionsquellen kann auch andere Auswirkungen als Wettbewerbsverluste zeitigen. In bestimmten Mitgliedstaaten am Rande der EU mit guter Verbindung zu Ländern außerhalb der EU könnte die Energieversorgung betroffen sein. Dies ist angesichts der einzigartigen Bedingungen ihrer Strommärkte beispielsweise bei den baltischen Staaten der Fall. Und dies ist einer der Gründe, warum das EHS für diese Länder schon jetzt eine freiwillige und partielle Freistellung von der vollständigen Versteigerung vorsieht. Investitionen in das Übertragungsnetz können dazu beitragen, das Risiko für die Stromversorgung zu reduzieren. Die Kommission wird die Lage außerdem streng überwachen und gegebenenfalls weitere Maßnahmen treffen, um die Sicherheit der Energieversorgung zu verbessern und auf den Strommärkten ausgewogene Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.

Optionen zur Lösung des Problems der Verlagerung von CO 2 -Emissionsquellen

Das Hauptargument für die Verlagerung der Emissionsquellen ist der Wettbewerbsunterschied zwischen der EU und Drittländern. Es bieten sich folglich drei Möglichkeiten an, um die Verlagerung, sofern dies demonstriert werden kann, zu stoppen - indem energieintensive Industrien durch weitere kostenfreie Zuteilung von Zertifikaten weiter unterstützt werden; indem die Einfuhrkosten erhöht werden, um einen Ausgleich für die Vorteile zu schaffen, die aus der Umgehung CO2-effizienter Maßnahmen entstehen; oder indem Maßnahmen getroffen werden, um den Rest der Welt nach und nach auf das Niveau der EU zu bringen.

Angesichts der Unsicherheit der Kopenhagener Zusagen könnte der Übergang zum 30 %-Ziel durch zusätzliche Schritte ergänzt werden, die in diese Richtung gehen. Auf diese Weise würden auch zusätzliche Anreize für die Länder geschaffen, sich stärker in ein internationales Übereinkommen einzubinden.

Die eindeutig beste Methode, um die Schaffung ausgewogener Wettbewerbsbedingungen durch Maßnahmen innerhalb der EU weiter zu unterstützen, ist die Beibehaltung der kostenfreien Zuteilung von Zertifikaten.

Nach geltendem Recht könnte auch der Einfuhrsektor in das EHS einbezogen werden . Spezifische Vorschläge in dieser Richtung (siehe Einbeziehung des internationalen Luftverkehrs in das EHS) liegen vor, d. h. es müssten Zertifikate auf dem Markt erworben werden, um die Emissionen bestimmter importierter Güter zu decken. Ähnliche Vorschläge werden zurzeit auch in den Vereinigten Staaten diskutiert, und es wäre natürlich wünschenswert, wenn derartige Initiativen gemeinsam mit solchen Partnern getroffen würden.

Dies wirft jedoch weiterreichende Fragen über die Handelspolitik der EU und ihr allgemeines Interesse an einem offenen Handelssystem auf: Eine Reihe von Schwellenländern haben bereits ihre diesbezüglichen Bedenken geäußert, und jedes System müsste berücksichtigen, dass Klimaschutzmaßnahmen in Industrie- und Entwicklungsländern nicht im selben Tempo durchgeführt werden. Auch die Auswirkungen der höheren Kosten importierter Produktionsmittel für Hersteller in der EU müssen berücksichtigt werden. Es muss auch bedacht werden, dass eine derartige Maßnahme umgangen werden könnte, indem Importerzeugnisse von den „saubersten“ Drittlanderzeugern in die EU geliefert werden, während die „schmutzigere“ Produktion zur einheimischen Verwendung im eigenen Land bleibt.

Die Einbeziehung des Einfuhrsektors ins EHS muss per se sehr sorgfältig geplant werden, um sicherzustellen, dass die Maßnahme ganz mit den WTO-Anforderungen kompatibel ist. Ein System, das den CO2-Gehalt jeder einzelnen Kategorie von Gütern genau vorgibt, wäre nur schwer umzusetzen, eine derartige Präzisierung ist jedoch möglicherweise unumgänglich, was darauf schließen lässt, dass das System bestenfalls nur für eine begrenzte Anzahl standardisierter Güter wie Stahl oder Zement ins Auge gefasst werden könnte. Zweitens müsste für jede Kategorie von Gütern ein durchschnittlicher EU-CO2-Gehalt festgelegt werden. Dies könnte mit Verwaltungsaufwand einhergehen und würde Einvernehmen voraussetzen - ein mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schwieriger und langwieriger Prozess. Drittens könnte es sich als problematisch erweisen, die Leistung einzelner Anlagen in Drittländern ohne ein anspruchsvolles Überwachungs- und Berichterstattungssystem für jede Anlage vor Ort zu überprüfen.

Es bieten sich diverse Möglichkeiten an, mit denen die EU durch entsprechende Maßnahmen dazu beitragen könnte, CO 2 -effiziente Maßnahmen in anderen Ländern auf den Stand der EU zu bringen und die Wettbewerbslücke für energieintensive Industrien zu schließen. Dadurch könnte auch das Problem von „Trittbrettfahrern“ oder des unlauteren Wettbewerbs aus Drittländern beseitigt werden.

Die EU sollte beispielsweise ein gezielteres Konzept anwenden, das der Bedeutung und Anerkennung internationaler Gutschriften im Rahmen des EHS besser Rechnung trägt. Als Optionen bieten sich an, die Maßnahmen zum Übergang zu sektoralen Gutschriften mit ambitiösen Schwellenwerten (außer in den am wenigsten entwickelten Ländern) zu verstärken und die Nutzung von CDM-Gutschriften zu beschränken, die in energieintensiven Sektoren (wie Stahl, Zement und Aluminium) in Drittländern, ausgenommen am wenigsten entwickelten Ländern, generiert werden. Auch die Möglichkeit der Verbesserung der Umweltintegrität von CDM-Gutschriften aus Ländern, die nicht in angemessenem Maße an den internationalen Klimaschutzbemühungen teilnehmen, sollte geprüft werden. In diesem Zusammenhang wäre die Anwendung eines Multiplikatorsystems erfolgversprechend, bei dem beispielsweise je innerhalb des EHS emittierter Tonne zwei CDM-Gutschriften abgegeben werden müssten. Diese Möglichkeiten könnten in bilateralen Abkommen über sektorale Gutschriften zwischen der EU und verschiedenen Drittländern verankert werden – die EU sollte beispielsweise als Pilotmaßnahme ein EU-/China-Abkommen über sektorale Gutschriften im Stahlsektor unterstützen.

Weitere Ansätze beträfen größere Anstrengungen der EU, um Partnerländer zu unterstützen, das Klimaschutzniveau der EU zu erreichen und potenzielle Wettbewerbslücken zu schließen. Für Entwicklungs- und Schwellenländer könnte dies mit einem Technologietransfer einhergehen. Wirtschaftsstärkere Länder bräuchten aufgrund der schnellen Entwicklung des internationalen CO2-Marktes, der weltweit an erster Stelle die energieintensivsten Sektoren betrifft, keine besonderen Maßnahmen vorzusehen.

Schlussfolgerung

Seit den historisch bedeutenden Klimaschutzbeschlüssen von 2008 hat die Wirtschaftskrise die politische und wirtschaftliche Ausrichtung der Klimapolitik der EU grundlegend verändert. Der Druck auf die EU-Wirtschaft ist enorm. Die EU bleibt jedoch fest entschlossen, weiterhin gegen den Klimawandel vorzugehen. Das Aufhalten der Erderwärmung bleibt eine der größten Herausforderungen dieser Generation. Die EU hat den Weg geebnet und demonstriert, wie der Trend zunehmender Treibhausgasemissionen mit konkreten, wirksamen Maßnahmen, und ohne das Wirtschaftswachstum zu beeinträchtigen, umgekehrt werden kann. Mit der Umsetzung ihres Klima- und Energiepakets stellt sie weiterhin die Vorhut im internationalen Feldzug gegen den Klimawandel.

Die Umsetzung von Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen ist eine der wichtigsten Triebfedern für die Modernisierung der EU-Wirtschaft, denn Investitionen und Innovationen werden auf Sektoren gerichtet, die über ein enormes Wachstums- und Beschäftigungspotenzial verfügen. Wie in der europäischen Strategie für 2020 dargelegt, ist die Sicherung eines nachhaltigen Wohlstands für künftige Generationen ein zentrales Thema jeder glaubwürdigen Strategie.

Diese Mitteilung zeigt auf, wie sich die veränderten globalen Bedingungen auf die Ziele von 2008 ausgewirkt haben. Die absoluten Kosten der Verwirklichung des 20 %-Ziels sind zwar zurückgegangen und dies bedeutet für die Wirtschaft, die den harten Weg des Aufschwungs noch vor sich hat, eine willkommene Entlastung, der Sachverhalt birgt jedoch auch ein Risiko, dass die Triebkraft des 20 %-Ziels für Veränderung nachlässt. Diese Entwicklung erfolgt zu einer Zeit, in der Regierungen und Wirtschaft den Gürtel sehr viel enger schnallen müssen.

Daher ist es wichtig, die unmittelbaren Folgen eines potenziellen Übergangs zu einem 30 %-Ziel genau zu prüfen. Eine politische Entscheidung in dieser Richtung darf den internationalen Aspekt nicht vernachlässigen. Bislang sind die Bedingungen für den Übergang zum 30 %-Ziel nicht gegeben. Eine derartige Entscheidung muss aber auch den wirtschaftlichen Konsequenzen zu Hause in vollem Umfang Rechnung tragen. Sowohl die internationale Entwicklung als auch die wirtschaftliche Analyse legen den Schluss nahe, dass sich die EU die Option des Übergangs zu einem 30 %-Ziel offen halten sollte: Wann immer die Bedingungen für diese Entscheidung gegeben sind, sollten wir handlungsbereit sein.

Bis dahin müssen wir weiterhin verstärkt mit unseren internationalen Partnern zusammenarbeiten, sie anspornen und drängen, damit der erforderliche Ambitionsgrad erreicht wird, um global die konkrete Eindämmung des Klimawandels herbeizuführen, zu der wir uns alle verpflichtet haben.

Die Kommission wird die Lage und insbesondere die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Industrie gegenüber ihren wichtigsten internationalen Konkurrenten, vor allem jenen, die noch nicht in überzeugender Weise gegen den Klimawandel vorgehen, weiterhin überwachen. Sie wird ihren Analysebericht außerdem je nach Wirtschaftslage und Ergebnis der internationalen Verhandlungen weiter aktualisieren, um die anhaltenden Debatten im Rat und im Europäischen Parlament zum Thema dieser Mitteilung zu untermauern.

[1] Der Europäische Rat von Dezember 2008 bekräftigt „den Willen der Europäischen Union, diese Emissionen im Rahmen einer ehrgeizigen, globalen und umfassenden Übereinkunft zum Klimawandel, wie sie in Kopenhagen für die Zeit nach 2012 getroffen werden soll, sogar um 30 % zu verringern, sofern die übrigen Industrieländer sich verpflichten, vergleichbare Emissionsreduzierungen zu erreichen, und die wirtschaftlich weiter fortgeschrittenen Entwicklungsländer einen ihren jeweiligen Verantwortlichkeiten und Fähigkeiten angemessenen Beitrag leisten.“

[2] Richtlinie 2009/29/EG.

[3] Daten aus den Inventaren der Mitgliedstaaten, ohne LULUCF, aber einschließlich Luftverkehr.

[4] Seither ist der CO2-Preis wieder auf 12-15 EUR angestiegen.

[5] Dieser Zahlenwert entspricht einer Zunahme der Energiekosten und nicht etwa einem Rückgang des BIP. Er reflektiert notwendige zusätzliche Investitionen sowie Energieeinsparungen, nicht aber Verbesserungen der Luftqualität.

[6] Bei der Analyse von 2008 wurde eine durchschnittliche Wachstumsrate des BIP der EU im Zeitraum 2005-2020 von 2,4 %/Jahr zugrunde gelegt. Entsprechend der aktuellen Analyse ist dieser Jahresdurchschnittswert im selben Zeitraum auf 1,7 % zurückgefallen. Für nähere Informationen siehe Tabelle 4 in Teil II des Arbeitsdokuments der Kommissionsdienststellen zu dieser Mitteilung (SEK(2010) 650).

[7] Beim Referenzszenario von 2007 wurde der Ölpreis im Jahr 2020 auf 66 USD/Barrel geschätzt, während er beim neuen Referenzszenario bei 88 USD liegt.

[8] In der Folgenabschätzung wurde ein CO2-Preis im Rahmen des EHS von ungefähr 32 EUR (Preise von 2008) prognostiziert, wenn das Paket vollständig umgesetzt wird (einschließlich der Maßnahmen betreffend erneuerbare Energien und bei weitestgehender Nutzung internationaler Gutschriften). Neue Prognosen zeigen einen CO2-Preis im Jahr 2020 von 16 EUR (einschließlich Maßnahmen im Bereich erneuerbare Energien zur Erfüllung des 20 %-Ziels, jedoch ohne Nutzung internationaler Gutschriften).

[9] Die Lastenteilungsentscheidung (Entscheidung Nr. 406/2009/EG) betrifft sämtliche Emissionen aus nicht unter das EHS fallenden Sektoren wie Straßenverkehr, Heizanlagen, Landwirtschaft (ausgenommen LULUCF) und Abfälle.

[10] Insbesondere die US-Bundesstaaten mit einem Quotensystem für die Elektrizitätsversorgung ( Renewable Portfolio Standard ).

[11] Um das Ziel, die Erderwärmung unter 2 °C zu halten, zu erreichen, müssen auch die Entwicklungsländer als Gruppe und vor allem die wirtschaftlich fortgeschritteneren unter ihnen eine substanzielle und quantifizierbare Abweichung nach unten von der derzeit vorausgesagten Emissionszunahme erreichen, und zwar in einer Größenordnung von 15 bis 30 % unterhalb des Business-as-usual -Szenarios bis 2020.

[12] World Energy Outlook 2009, Schätzung: 500 Mrd. USD.

[13] Richtlinie 2005/32/EG.

[14] Verordnung (EG) Nr. 443/2009.

[15] KOM(2010) 245.

[16] Richtlinie 2009/33/EG.

[17] Z. B. aufgrund des Mangels an Daten oder an anerkannten Techniken zur Messung der CO2-Speicherkapazität von Wald- und landwirtschaftlich genutzten Böden.

[18] Aufgrund der großen Auswirkungen variabler Wetterbedingungen (z. B. Stürme, die den Baumbestand von Wäldern beeinflussen).

[19] Artikel 11a Absatz 5 der EHS-Richtlinie (2009/29/EG) enthält die Rechtsgrundlage, auf der die Gemeinschaft Abkommen mit Drittländern über die Bereitstellung sektoraler Gutschriften abschließt, für den Fall, dass die Verhandlungen über ein internationales Abkommen über den Klimawandel nicht bis zum 31. Dezember 2009 abgeschlossen werden.

[20] Ein Multiplikator von beispielsweise 2 für 1 würde bedeuten, dass für jede in einer EHS-Anlage emittierte Tonne zwei Tonnen CDM-Gutschriften abgegeben werden müssten. Auf diese Weise würden CDM-Gutschriften, die zur Verrechnung einer in Europa emittierten Tonne genutzt werden, nebenbei bewirken, dass eine weitere Tonne in einem Entwicklungsland eingespart wird.

[21] Wie in den geltenden Rechtsvorschriften vorgesehen.

[22] Die Kostenschätzung schließt die Verwirklichung des 20 %-Ziels für erneuerbare Energie ein.

[23] Die Ziele der Thematischen Strategie zur Luftqualität - KOM(2005) 466.