52009DC0215

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss - Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung : die Rolle des Fairen Handels und handelsbezogener nichtstaatlicher Nachhaltigkeitssicherungskonzepte /* KOM/2009/0215 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 5.5.2009

KOM(2009) 215 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS

Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung: Die Rolle des Fairen Handels und handelsbezogener nichtstaatlicher Nachhaltigkeitssicherungskonzepte

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS

Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung: Die Rolle des Fairen Handels und handelsbezogener nichtstaatlicher Nachhaltigkeitssicherungskonzepte

INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung 3

2. Entwicklungen im Bereich des Fairen Handels seit 1999 4

3. Angewendete Nachhaltigkeitskriterien 5

4. Politische Erwägungen 7

4.1. Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung: 7

4.2. Die WTO und private handelsbezogene Nachhaltigkeitssicherungskonzepte 8

4.3. Öffentliche Auftragsvergabe 9

4.4. Unterstützung durch die EU 10

5. Schlussfolgerungen: Die Rolle der Behörden in Bezug auf den Fairen Handel und handelsbezogene nichtstaatliche Nachhaltigkeitssicherungskonzepte 11

ANHANG I 14

ANHANG II 15

ANHANG III 16

ANHANG IV 18

ANHANG V 19

1. Einleitung

In dieser Mitteilung wird die derzeitige Lage des Fairen Handels und anderer nichtstaatlicher (also privater) handelsbezogener Nachhaltigkeitssicherungskonzepte untersucht. Schon seit langem ist der Kommission bewusst, dass die Verbraucher durch ihre Kaufentscheidungen Ziele der nachhaltigen Entwicklung unterstützen können. Mit dieser Mitteilung wird auf das wachsende Interesse reagiert, das sich sowohl in politischen Kreisen als auch bei den Verbrauchern in der EU zeigt, die immer mehr fair gehandelte Produkte kaufen. Auf politischer Ebene legte das Europäische Parlament im Jahr 2006 einen Bericht zu fairem Handel und Entwicklung[1] vor. In diesem Bericht wird aufgezeigt, dass die Verbraucher sensibilisiert werden müssen und dass die Gefahr des Missbrauchs besteht, wenn Unternehmen an fair gehandelten Märkten teilnehmen, ohne bestimmte Zertifizierungskriterien zu erfüllen. Darüber hinaus wird darin anerkannt, dass es sich bei dem Fairen Handel um ein Konzept im privaten Sektor handelt, das im Wesentlichen auf Freiwilligkeit basiert, und dass eine zu starke Regulierung eher schaden als nützen würde.

In der Sondierungsstellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) aus dem Jahr 2005 werden die „Verbrauchergarantiekonzepte“ behandelt. Daraus ergab sich hauptsächlich, dass der Bedarf an einer zuverlässigen Qualitätsüberprüfung von Verbrauchergarantiekonzepten ermittelt und allgemeingültige Definitionen festgelegt werden sollen. Im Juni 2006 verabschiedete der Europäische Rat seine neue Strategie für nachhaltige Entwicklung und rief die Mitgliedstaaten dazu auf, nachhaltige Produkte zu fördern, darunter Produkte, die aus Fairem Handel stammen.[2]

Jedes Jahr kaufen die EU-Verbraucher zertifizierte Waren aus Fairem Handel für an die 1,5 Mrd. EUR; dies ist fast 70-mal so viel wie 1999, als die Kommission ihre einschlägige Mitteilung herausbrachte. Angesichts dieses Erfolgs müssen Verbraucher, Behörden und andere interessierte Kreise, darunter auch Erzeugerorganisationen in Entwicklungsländern, die tatsächliche Wirkung des Fairen Handels messen.

In dieser Mitteilung wird der Begriff „Fairer Handel“ gemäß den Standards verwendet, die von den internationalen, der ISEAL Alliance [3] angehörenden Standardisierungs- und Konformitätsbewertungsorganisationen erstellt wurden und von den Fair-Trade-Organisationen angewendet werden. Mit dem Begriff „andere private Nachhaltigkeitssicherungskonzepte“ werden sonstige Kennzeichnungskonzepte bezeichnet, die die Verbraucher über die Nachhaltigkeit der Herstellung des betreffenden Produkts informieren wollen. (Anhang I enthält einen kurzen Überblick über Begriffe und Organisationen.) Die vorliegende Mitteilung erfasst keine vom öffentlichen Sektor eingeführten Nachhaltigkeits- und Kennzeichnungskonzepte (etwa das EU-Ökosiegel).

Diese Mitteilung bietet einen Überblick über die Entwicklungen, die sich seit der Mitteilung der Kommission aus dem Jahr 1999 über fairen Handel[4] vollzogen haben, und enthält erste Betrachtungen über die Rolle der Behörden und der interessierten Kreise im Zusammenhang mit dem Fairen Handel und anderen privaten Konzepten zur Sicherung von Nachhaltigkeit. Die zu behandelnden Themen sind für eine Reihe von Politikfeldern der Union von Belang, etwa für die Bereiche Verbraucherschutz, wirtschaftliche und soziale Entwicklung, Handel, soziale Verantwortung der Unternehmen, Umwelt und EU-Binnenmarkt. Falls angezeigt, können dieser Mitteilung spezifische Initiativen in einem oder mehreren Politikfeldern folgen.

Die vorliegende Mitteilung erfasst keine vom öffentlichen Sektor eingeführten Nachhaltigkeits- und Kennzeichnungskonzepte (etwa das EU-Ökosiegel).

2. Entwicklungen im Bereich des Fairen Handels seit 1999

Am auffallendsten sind die Entwicklungen, die seit dem Jahr 1999 auf den nationalen Märkten stattgefunden haben, auf denen bereits vorher zertifizierte Produkte aus Fairem Handel präsent waren. Auf die Aufforderung in der Mitteilung von 1999, ein einheitliches Gütezeichen sowie eine unabhängige Überprüfung und Kontrolle einzuführen, wurde erfolgreich mit dem „Fair-Trade-Gütesiegel“ reagiert.[5]

Der Bekanntheitsgrad dieses Siegels lag 2008 im Vereinigten Königreich bei über 70 % (gegenüber 12 % im Jahr 2000)[6] und 2005 in Frankreich bei 74 % (gegenüber 9 % im Jahr 2000)[7]. Ende 2007 überstieg der weltweite Absatz zertifizierter Waren aus Fairem Handel 2,3 Mrd. EUR[8] (dies liegt aber immer noch eine Größenordnung unterhalb der Absatzzahlen für ökologisch erzeugte Lebensmittel und macht weniger als 1 % des gesamten Handels aus)[9]. Europa ist die Hochburg des Fairen Handels, denn zwischen 60 % und 70 % der weltweiten Verkäufe finden hier statt; dabei sind große Unterschiede zwischen dem am schnellsten wachsenden Markt, nämlich Schweden, und jüngeren Mitgliedstaaten zu verzeichnen, wo das Konzept noch relativ neu ist.

Der Faire Handel hat bei der Aufklärung über Verantwortlichkeit und Solidarität Pionierarbeit geleistet, die auf andere Akteure übergegriffen und die Entstehung anderer Nachhaltigkeitskonzepte bewirkt hat. Private handelsbezogene Nachhaltigkeitsinitiativen verwenden unterschiedliche soziale oder umweltbezogene Prüfstandards[10], deren Zahl und Marktanteil gewachsen ist. Am bekanntesten ist wohl die Norm SA8000, die 1997 von der SAI ( Social Accountability International – internationale Organisation von Interessengruppen, die sozial vertretbare Normen erstellt) initiiert wurde und Sozialstandards enthält.[11] Umfassendere Zertifizierungen mit Sozial- und Umweltkriterien sind beispielsweise UTZ CERTIFIED und Rainforest Alliance (RA).

In verschiedenen Teilen Europas gibt es handelsbezogene Nachhaltigkeitsinitiativen, in die mehrere Unternehmen einbezogen sind; diese reichen von nationalen Vereinbarungen zur gemeinsamen Nutzung der Ergebnisse von Sozial-Audits bis zu länderübergreifenden Initiativen mit einer gewissen staatlichen Unterstützung, wie etwa die Ethical Trading Initiative (Initiative für ethischen Handel - ETI)[12]. Die von den Akteuren geleistete Hintergrundarbeit und die Audit-Anforderungen müssen nicht durch eine Zertifizierung und ein Gütezeichen für die Verbraucher sichtbar gemacht werden. Die Erfüllung und Prüfung von Standards kann man als Bestandteil der Arbeit betrachten, mit der Unternehmen ihrer sozialen Verantwortung (SVU) gerecht zu werden versuchen, was nicht immer auf dem Produkt angegeben ist.[13] Unternehmen können ihre SVU-Tätigkeiten dadurch intensivieren, dass sie sich zur Erfüllung eines anerkannten Katalogs von Kriterien oder Zielen verpflichten, etwa durch den Global Compact , eine Initiative der Vereinten Nationen.[14]

Die Märkte mit privaten Kennzeichnungen lassen sich wie folgt unterscheiden:

1. Fairer Handel im eigentlichen Sinn;

2. andere zertifizierte Nischenprodukte, die formal betrachtet nicht aus Fairem Handel stammen, jedoch für nachhaltigkeitsbewusste Verbraucher bestimmt sind ( Rainforest Alliance, UTZ CERTIFIED );

3. Produkte, für die Grundstandards gelten, deren branchenweite Anwendung angestrebt wird (z. B. der Common Code for the Coffee Community (CCCC) und die Ethical Tea Partnership );

4. die übrigen Produkte („no name“).

Es ist durchaus möglich, dass ein einziger Erzeuger seine Produkte auf all diesen Märkten absetzt. Für den Verbraucher kann es schwierig sein, die Bedeutung der unterschiedlichen Nachhaltigkeitskonzepte zu bewerten. Die politischen und institutionellen Entwicklungen sollten vor diesem komplexen und sich ständig weiterentwickelnden Hintergrund bewertet werden.

3. Angewendete Nachhaltigkeitskriterien

Private handelsbezogene Nachhaltigkeitsinitiativen verwenden zur Bewertung und/oder Sicherung der Nachhaltigkeit von Produkten einen Kriterienkatalog. Die Kriterien bauen häufig auf einer oder mehreren der drei Säulen der nachhaltigen Entwicklung (wirtschaftliche, umweltbezogene und soziale Entwicklung) auf und sind bisweilen mit internationalen Standards und Vereinbarungen verknüpft. Manche Konzepte konzentrieren sich auf ein bestimmtes Thema oder Ziel (z. B. den CO2-Fußabdruck zur Abschwächung des Klimawandels), andere basieren auf Kriterien in einem breiter gefassten Kontext der nachhaltigen Entwicklung.

In diesem Abschnitt wird die erste der oben genannten Kategorien (Fair Trade oder Fairer Handel) behandelt,[15] die auf den Märkten, auf denen sie eingeführt wurde, einer beträchtlichen Zahl von Verbrauchern bekannt ist. Und nicht nur das, auch die Anliegen des Fairen Handels sind ihnen weitgehend vertraut. Die Kriterien und Standards von Fair Trade gehören zu den umfassendsten und anspruchsvollsten überhaupt, denn sie decken ein breites Spektrum von Themen und Bedingungen ab, die für die Erzeuger in Entwicklungsländern von Belang sind, insbesondere einen Mindestpreis für die Erzeuger und einen Zuschlag für die Erzeugergemeinschaften.

KRITERIEN FÜR FAIREN HANDEL

Folgende Kriterien wurden von der Fair-Trade-Bewegung festgelegt und im Bericht des Europäischen Parlaments aus dem Jahr 2006 angeführt:

- ein fairer Preis , der einen fairen Lohn garantiert, welcher die Kosten der nachhaltigen Erzeugung und die Lebenshaltungskosten deckt und mindestens so hoch sein muss wie der Fair-Trade-Mindestpreis plus Zuschlag, sofern ein solcher von den internationalen Fair-Trade-Vereinigungen festgelegt worden ist,

- Teilzahlungen im Voraus , wenn der Erzeuger dies wünscht,

- langfristige stabile Beziehungen zu den Erzeugern und Beteiligung der Erzeuger an der Festlegung der Fair-Trade-Standards,

- Transparenz und Rückverfolgbarkeit während der gesamten Lieferkette, um eine angemessene Information der Verbraucher zu gewährleisten,

- Produktionsbedingungen, die den acht Kernübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) entsprechen ,

- Achtung der Umwelt, Schutz der Menschenrechte und insbesondere der Frauen- und Kinderrechte und Achtung traditioneller Produktionsmethoden , die die wirtschaftliche und soziale Entwicklung fördern,

- Kapazitätsaufbau und Stärkung der Fähigkeiten der Erzeuger, insbesondere kleiner und marginalisierter Erzeuger, sowie der Arbeitnehmer in den Entwicklungsländern, ihrer Organisationen sowie der jeweiligen Gemeinschaften, um die Nachhaltigkeit des Fairen Handels zu gewährleisten,

- Unterstützung von Produktion und Marktzugang für die Erzeugerorganisationen,

- Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung in Bezug auf die Fair-Trade-Produktion und die Handelsbeziehungen, die Aufgaben und Ziele des Fairen Handels und die bestehende Ungerechtigkeit internationaler Handelsregelungen,

- Überwachung und Verifizierung der Einhaltung dieser Kriterien, wobei Organisationen im Süden eine größere Rolle spielen müssen, damit die Kosten gesenkt werden und eine stärkere lokale Beteiligung am Zertifizierungsprozess erreicht wird,

- regelmäßige Beurteilungen der Auswirkungen von Fair-Trade-Maßnahmen.

4. POLITISCHE ERWÄGUNGEN

4.1. Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung:

Eines der hervorstechenden Merkmale des Fairen Handels und anderer privater Nachhaltigkeitssicherungskonzepte besteht darin, dass es sich um einen im Wesentlichen freiwilligen, dynamischen Mechanismus handelt, der sich entsprechend dem Bewusstsein und der Nachfrage von Gesellschaft und Verbrauchern entwickelt. Private handelsbezogene Nachhaltigkeitssicherungskonzepte greifen das immer weiter anwachsende Bewusstsein für das Problem der Nachhaltigkeit auf und spielen bisweilen auch eine Vorreiterrolle, indem sie für die Verbraucherinteressen und für ein Verständnis der neuen und sich abzeichnenden Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung sensibilisieren und diese vorantreiben. Nischenmärkte und -konzepte können die Mainstream-Märkte und die staatliche Politik beeinflussen.

Die Kommission sollte sich ihrer eigenen Auffassung nach weder in die Festlegung von Ranking- oder Regulierungskriterien für private handelsbezogene Konzepte für die Sicherung von Nachhaltigkeit noch in die Festlegung ihrer Bedeutung im Zusammenhang mit Zielen der nachhaltigen Entwicklung einschalten. Regulierungskriterien und -standards würden die Dynamik von Privatinitiativen in diesem Bereich hemmen und könnten der Weiterentwicklung des Fairen Handels und anderer privater Konzepte und ihrer Standards im Wege stehen.

Nachhaltige Entwicklung kann durch Konzepte gefördert werden, die Elemente der Bereiche Umwelt, Soziales oder Wirtschaft in den Vordergrund stellen. Für das reibungslose Funktionieren eines Marktes ist es wichtig, dass Verbraucher und Erzeuger Zugang zu zuverlässigen Informationen über die Konzepte haben. Hier können einige Elemente angeführt werden, die für eine Beurteilung bewährter Verfahren, die die Akteure nach Auffassung der Kommission verwenden sollten, relevant sind:

Standards und Kriterien sollten objektiv und nicht diskriminierend sein, um (unbeabsichtigte) negative Auswirkungen, insbesondere auf Erzeuger in Entwicklungsländern, zu vermeiden. Die Kommission begrüßt die laufenden Bemühungen zur Festlegung klarerer Definitionen, etwa die Veröffentlichung einer Fair-Trade-Charta. Damit die Verbraucher ihre Kaufentscheidungen in voller Kenntnis der Sachlage treffen können, sollten Standards und Kriterien transparent angewendet werden. Eine der Informationen, die Verbraucher und Erzeuger zur Aufrechterhaltung des Vertrauensverhältnisses in den Markt gegebenenfalls wünschen, ist die Angabe des Anteils am Preis, den die Erzeuger erhalten.[16]

Idealerweise sollte es eine unabhängige Überwachung geben, durch die garantiert ist, dass die Produkte das Ergebnis von Verfahren sind, die gemäß einem spezifischen Kriterienkatalog mit ausgewogenen ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Erwägungen durchgeführt wurden. Art und Ergebnisse des Audit-Verfahrens sollten kontrolliert werden können.[17] Daher ermutigt die Kommission die Beteiligten, ihre Bewertungsmethoden zu verbessern, damit die Verbraucher ihre Kaufentscheidungen in voller Kenntnis der Sachlage treffen können.

Mehr Klarheit und Verständlichkeit sind außerdem bei der Bewertung der tatsächlichen Wirkung privater Nachhaltigkeitssicherungskonzepte auf die Erzeuger in Entwicklungsländern und auf ihr Umfeld im weiteren Sinne erforderlich. Idealerweise sollte den Verbrauchern in irgendeiner Form eine entsprechende objektive Bewertung bereitgestellt werden. In Anbetracht der bereits laufenden Arbeiten rechnet die Kommission in diesem Bereich mit Verbesserungen und sieht den Fortschritten, die weiteren politischen Überlegungen als Grundlage dienen könnten, erwartungsvoll entgegen.[18]

Anhang IV enthält eine Aufstellung der Verfahrensaspekte, die vom Wirtschafts- und Sozialausschuss für Verbrauchergarantiekonzepte ermittelt wurden. Die Kommission ermutigt alle Beteiligten, auf eine Verständigung über diejenigen grundlegenden Anforderungen hinzuarbeiten, die diesen Konzepten bei vernünftiger Betrachtung abverlangt werden können, gleichzeitig sollte man jedoch vermeiden, entsprechende Nachhaltigkeitsstandards für private Konzepte zu definieren.

Grundsätze für eine bestmögliche Wirkung der privaten handelsbezogenen Nachhaltigkeitssicherungskonzepte: EU-weite Beibehaltung des nichtstaatlichen Charakters privater Konzepte, Ermittlung des Spielraums für etwaige Synergien zwischen einzelnen Konzepten sowie für eine Klärung der Situation für Verbraucher und Erzeuger, Verständigung über vernünftige grundlegende Verfahrensanforderungen, Aufstellung objektiver Merkmale zum Vergleich der Wirkung verschiedener privater handelsbezogener Nachhaltigkeitssicherungskonzepte. |

- 4.2. Die WTO und private handelsbezogene Nachhaltigkeitssicherungskonzepte

Die Liberalisierung des Handels kann Möglichkeiten für Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung bieten. Entwicklung und die Integration von Entwicklungsländern in die Weltwirtschaft, insbesondere der wirtschaftlich schwächsten Länder, sind Kernziele der WTO und der Handelspolitik der EU.

Die multilaterale Handelsliberalisierung durch das WTO-System ist der wirksamste Weg, den Welthandel zu erweitern und zu verwalten und kann zur Schaffung neuer Möglichkeiten für Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung beitragen. Allerdings reicht es nicht aus, den Handel zu liberalisieren; die Wirkung handelspolitischer Maßnahmen auf Wachstum, Entwicklung und Nachhaltigkeit wird zum Teil durch Rechtsvorschriften und politische Entscheidungen in einer ganzen Reihe anderer Bereiche beeinflusst, die sich auf Wachstum und nachhaltige Entwicklung auswirken.

Private Initiativen, die durch eine im Wesentlichen freiwillige Beteiligung funktionieren, sind mit einem nicht diskriminierenden multilateralen Handelssystem vereinbar. Staatliche Eingriffe oder Regulierungsmechanismen für solche Kennzeichnungskonzepte sind an sich zwar nicht problematisch, müssen jedoch die WTO-Verpflichtungen berücksichtigen, insbesondere um ein transparentes und nicht diskriminierendes Funktionieren zu gewährleisten.

Grundsatz im Verhältnis zur WTO: Gewährleistung eines transparenten und nicht diskriminierenden Funktionierens von Kennzeichnungskonzepten. |

- 4.3. Öffentliche Auftragsvergabe

Ein Bereich, in dem sich bedeutende Entwicklungen vollzogen haben, ist die öffentliche Auftragsvergabe. Öffentliche Stellen geben Mittel in Höhe von 16 % des BIP der Europäischen Union aus und sind daher ein strategischer Schlüsselmarkt.

Zur Unterstützung der Vergabebehörden bei der Durchführung einer nachhaltigeren öffentlichen Auftragsvergabe hat die Kommission kürzlich (in Ergänzung zu ihrem Handbuch für eine „grüne“ Vergabepraxis) eine Mitteilung über umweltorientiertes öffentliches Beschaffungswesen[19] angenommen und bereitet derzeit die Veröffentlichung eines parallelen Handbuchs für eine „soziale“ Vergabepraxis vor. Gemeinsam stellen diese beiden Veröffentlichungen eine umfassende Handreichung für eine nachhaltige Vergabe öffentlicher Aufträge dar.

Die Vergabepolitik zahlreicher ausschreibender Behörden beinhaltet auch nachhaltige Ziele oder fair gehandelte Produkte. Manche Mitgliedstaaten sind noch weiter gegangen und fordern ausdrücklich eine Fair-Trade- oder gleichwertige Kennzeichnung. Den europäischen Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge zufolge können Vergabebehörden, die fair gehandelte Produkte beschaffen wollen, keine bestimmten Kennzeichnungen vorschreiben, da dies Produkte von der Zuschlagserteilung ausschließen würde, die nicht derart zertifiziert sind, die aber vergleichbare nachhaltige Handelsstandards einhalten.

Will eine Vergabebehörde Fair-Trade-Produkte ankaufen, kann sie für diese Produkte in den technischen Spezifikationen die entsprechenden Nachhaltigkeitskriterien angeben, die jedoch mit dem Vertragsgegenstand in Zusammenhang stehen und mit anderen geltenden EU-Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe in Einklang stehen müssen, wozu auch die wesentlichen Grundsätze der Gleichbehandlung und Transparenz gehören. Diese Kriterien müssen sich auf die Merkmale oder die Leistung der Produkte (z. B. Glas aus Recyclingmaterial) oder auf das Herstellungsverfahren (z. B. ökologisch) beziehen.

Wenn Vergabebehörden bei ihren Beschaffungen Nachhaltigkeit gewährleisten wollen, sollten sie nicht einfach das Konzept einer bestimmten Kennzeichnung in die technischen Spezifikationen übernehmen. Stattdessen sollten sie die Unterkriterien, die z. B. der Fair-Trade-Kennzeichnung zugrunde liegen, studieren und lediglich diejenigen übernehmen, die für den Auftragsgegenstand relevant sind. Die Vergabebehörden müssen den Bietern immer die Möglichkeit geben, die Einhaltung dieser Standards anhand einer Fair-Trade-Kennzeichnung oder anhand anderer Mittel nachzuweisen.

Umwelt- und Sozialkriterien können außerdem in die Ausschlussgründe aufgenommen werden, vorausgesetzt sie stehen mit der Ausführung des fraglichen Vertrags in Verbindung (z. B. Mindestlohn für die an der Vertragsausführung beteiligten Arbeitnehmer) und sie genügen den sonstigen bereits erwähnten Anforderungen an die technischen Spezifikationen entsprechend.

Grundsatz für einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung bei Vergabeentscheidungen öffentlicher Auftraggeber: Es wird sichergestellt, dass zweckmäßige Leitlinien für die Durchführung einer nachhaltigen Vergabepolitik zur Verfügung stehen. |

- 4.4. Unterstützung durch die EU

Die Kommission hat den Fairen Handel und andere nachhaltige handelsbezogene Tätigkeiten im Wesentlichen durch ihre Instrumente der Entwicklungszusammenarbeit (Titel 19 des Haushalts) finanziell unterstützt, indem sie Maßnahmen nichtstaatlicher Organisationen mitfinanziert hat. Zwischen 2007 und 2008 wurden 19,466 Mio. EUR für verschiedene von solchen Organisationen durchgeführte und mitfinanzierte Aktionen bereitgestellt. Die meisten davon betrafen Sensibilisierungsmaßnahmen innerhalb der Europäischen Union.

Tätigkeiten, die im Rahmen der mehrjährigen Länderstrategiepapiere und Richtprogramme für die Landwirtschaft und die Entwicklung des ländlichen Raums finanziert werden, beinhalten ebenfalls Elemente, die den Fairen Handel erleichtern. Der besondere Rahmen zur Unterstützung der traditionellen AKP-Bananenlieferanten und die Begleitmaßnahmen für Vertragsstaaten des Zuckerprotokolls haben den Landwirten gleichfalls dabei geholfen, ihre Produkte auf dem Fair-Trade-Nischenmarkt abzusetzen. Am anderen Ende der Kette können Projekte, die die Weiterentwicklung des Handels und des privaten Sektors unterstützen, ebenfalls zur Erleichterung von Handelsgeschäften, einschließlich Fair Trade, beitragen.

Für die Haushaltsjahre 2008 und 2009 wurden zusätzliche Mittel in Höhe von jeweils 1 Mio. EUR speziell für Maßnahmen zur Förderung des Fairen Handels in Titel 20 des Haushalts aufgenommen. Sie werden zur Aufstockung der Finanzierungen im Rahmen der Entwicklungsinstrumente verwendet.[20]

Die Europäische Kommission unterstützt Projekte im Bereich des Fairen Handels hauptsächlich auf Nachfrage, indem sie den Anträgen nichtstaatlicher Organisationen auf Kofinanzierung einschlägiger Tätigkeiten entspricht; meist handelt es sich um Sensibilisierungsmaßnahmen in der EU. Die Kommission erwägt, Folgenabschätzungen und Bemühungen zur Verbesserung der Markttransparenz sowie der Bewertung der Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Konzepte und bei der Erlangung der Zertifizierung höhere Aufmerksamkeit zu schenken. Dies könnte durch vergleichbare Maßnahmen seitens der EU-Mitgliedstaaten, etwa die Finanzierung von Studien über die Wirkung des Fairen Handels, noch weiter unterstützt werden.

Ein durch die Handels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD) fortgesetztes Projekt der Kommission ist die Entwicklung eines Internetportals über Konzepte zur Sicherung der Nachhaltigkeit. Ziel des Projekts ist es, vergleichbare Informationen über Inhalt und Verfahren einer Reihe bestehender Konzepte bereitzustellen, wovon sowohl die Verbraucher als auch die Erzeuger profitieren können. Damit soll die Transparenz in der Frage verbessert werden, wie die einzelnen Konzepte die verschiedenen relevanten Kriterien angehen, und die interessierten Kreise sollen sich darüber austauschen können.

Grundsatz für den optimalen Einsatz von EU-Mitteln zur Unterstützung der Konzepte: Es werden Zielbereiche im Rahmen der geltenden Haushaltsbestimmungen ermittelt, etwa Studien zur Klärung der Wirkung verschiedener Konzepte, die Unterstützung der Bemühungen um Markttransparenz und Kosten-Nutzen-Analysen der geleisteten Unterstützung. |

- 5. Schlussfolgerungen: Die Rolle der Behörden UND DER AKTEURE IN BEZUG AUF DEN FAIREN HANDEL UND HANDELSBEZOGENE NICHTSTAATLICHE NACHHALTIGKEITSSICHERUNGSKONZEPTE

Angesichts des potenziellen Beitrags des Fairen Handels und anderer handelsbezogener Konzepte zur Sicherung von Nachhaltigkeit will sich die Kommission weiterhin in diesem Bereich engagieren und derartige Konzepte auch in Zukunft unterstützen. Falls angezeigt, können dieser Mitteilung weitere Initiativen in einem oder mehreren Politikfeldern folgen. Zum jetzigen Zeitpunkt:

- bekräftigt die Kommission, dass es wichtig ist, den nichtstaatlichen Charakter des Fairen Handels und vergleichbarer Nachhaltigkeitskonzepte EU-weit aufrechtzuerhalten. Eine Regulierung durch den öffentlichen Sektor könnte das Funktionieren dynamischer privater Konzepte stören;

- stellt die Kommission fest , dass Fair Trade in großen Teilen des EU-Marktes deutlich präsent und einer beträchtlichen Zahl von Verbrauchern bekannt ist, was in Zusammenhang mit der Entwicklung und der Transparenz von dem Konzept zugrunde liegenden Standards und Grundsätzen steht;

- stellt die Kommission fest , dass eine Vielfalt privater Konzepte zur Verwirklichung von Nachhaltigkeitszielen beitragen kann, dass diese Vielfalt jedoch die Gefahr einer Verwirrung der Verbraucher birgt. Die Kommission sieht hier Raum für weitere Überlegungen zu den Grundsätzen für die Maximierung der Wirkung privater handelsbezogener Nachhaltigkeitssicherungskonzepte, will gleichzeitig jedoch vermeiden, entsprechende Nachhaltigkeitsstandards für private Konzepte zu definieren. Dies berührt jedoch nicht die Verpflichtung zur Einhaltung der geltenden Standards und Rechtsvorschriften, die von den Behörden in Bezug auf Nachhaltigkeitsfragen festgelegt wurden.

In diesem Zusammenhang:

- erinnert die Kommission daran , dass Transparenz und verbrauchergerechte Informationen über die Standards von privaten Nachhaltigkeitskonzepten von ausschlaggebender Bedeutung sind und dass es von Nutzen sein könnte, sich auf diejenigen grundlegenden Anforderungen zu verständigen, etwa eine unabhängige Überwachung, die diesen Konzepten bei vernünftiger Betrachtung abverlangt werden können;

- erinnert die Kommission daran , dass eine eingehendere Bewertung der Wirkung privater Nachhaltigkeitskonzepte einen wesentlichen Fortschritt darstellen könnte;

- beabsichtigt die Kommission, den Spielraum für einen intensiveren Dialog, eine verstärkte Zusammenarbeit und, wo dies angezeigt ist, eine größere Annäherung zwischen den verschiedenen privaten Kennzeichnungskonzepten zu ermitteln, um etwaige Synergien zu fördern sowie eine Klärung der Situation für die Verbraucher zu erreichen.

Im Zusammenhang mit der Vergabe öffentlicher Aufträge:

- unterstreicht die Kommission, dass es sinnvoll ist, den öffentlichen Vergabebehörden Leitfäden an die Hand zu geben, damit diese bei ihren Entscheidungen das Potenzial für einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung voll ausschöpfen können;

- unterstreicht die Kommission, dass eine Vergabebehörde, die unter Sicherung der Nachhaltigkeit Produkte beschaffen will, nur solche Kriterien verwenden sollte, die mit dem Vertragsgegenstand in Zusammenhang stehen, und die anderen geltenden EU-Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe einhalten muss. Die Vergabebehörden müssen den Bietern immer die Möglichkeit geben, die Einhaltung dieser Standards anhand einer Fair-Trade-Kennzeichnung oder anhand anderer Mittel nachzuweisen.

Im Zusammenhang mit der Finanzierung:

- beabsichtigt die Kommission, auch weiterhin einschlägige Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Fairen Handel und anderen nachhaltigen handelsbezogenen Maßnahmen gemäß ihrer derzeitigen Praxis finanziell zu unterstützen. Dies schließt nicht die Möglichkeit aus, dass auch stärker zielgerichtete Aktivitäten finanziert werden, um die ermittelten Prioritäten zu verfolgen;

- erinnert die Kommission daran , dass die Wirkung privater Nachhaltigkeitssicherungskonzepte auf Parameter der nachhaltigen Entwicklung, einschließlich der wirtschaftlichen, sozialen und entwicklungsbezogenen Auswirkungen, in Erzeugerländern analysiert und anschließend bewertet werden muss. Da die Arbeits- und Lebensbedingungen der Erzeuger in Entwicklungsländern im Mittelpunkt privater Nachhaltigkeitssicherungskonzepte stehen, sollte diesem Aspekt nach Auffassung der Kommission besondere Aufmerksamkeit zukommen. Im Rahmen der Analysen sollte die Wirkung verschiedener privater Konzepte miteinander verglichen werden, damit eine Grundlage für etwaige weitere Initiativen in diesem Bereich geschaffen wird.

ANHANG I

DEFINITION DES FAIREN HANDELS

Fair-Trade-Standards sind das Ergebnis von Konsultationen zwischen interessierten Kreisen und Fachleuten und werden gemäß den Anforderungen der ISEAL Alliance ( International Social and Environment Accreditations and Labelling ) festgelegt. Hierbei handelt es sich um eine Allianz, in der die in Sozial- und Umweltfragen führenden internationalen Standardisierungs- und Konformitätsbewertungsorganisationen zusammenarbeiten.

Auf internationaler Ebene gibt es zwei Organisationen, die Standards für den Fairen Handel festlegen und Fair-Trade-Organisationen in der ganzen Welt gemäß den ISEAL-Grundsätzen zertifizieren: die FLO ( Fairtrade Labelling Organizations International ) und die WFTO ( World Fair Trade Organization ) (vorher: IFAT ( International Fair Trade Association )). Die WFTO ist assoziiertes Mitglied der ISEAL. Diese beiden Standardisierungsorganisationen haben die „ Charter of Fair Trade principles” herausgegeben .

In Übereinstimmung mit dieser Charta der Grundsätze für den Fairen Handel (Januar 2009) wird Fairer Handel (auf der Grundlage der FINE-Definition von 2001) wie folgt definiert:

„ Der faire Handel – Fair Trade – ist eine Handelspartnerschaft, die auf Dialog, Transparenz und Respekt beruht. Er leistet einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung, indem er bessere Handelsbedingungen bietet und die Rechte benachteiligter Erzeuger und Arbeitnehmer – speziell in den Ländern des Südens – sichert. Fair-Trade-Organisationen engagieren sich (gestärkt durch Verbraucher) aktiv für die Unterstützung der Erzeuger, für Bewusstseinsbildung und Kampagnenarbeit, um die Regeln und Praktiken des Welthandels zu verändern. “

Diese Definition liegt auch der vorliegenden Mitteilung der Kommission zugrunde.

Die Fairtrade Labelling Organizations International (FLO) ist eine Dachorganisation, in der 23 Mitgliedsorganisationen, Händler und externe Experten zusammengeschlossen sind. Die Organisation entwickelt und überprüft Standards für den fairen Handel und leistet den Fair-Trade-zertifizierten Erzeugern Unterstützung bei der Erlangung und Beibehaltung der Fair-Trade-Zertifizierungen und bei der Ausschöpfung von Marktchancen. So legt zum Beispiel die FLO die Standards fest, und ein eigenständiges internationales Zertifizierungsunternehmen (FLO-CERT) inspiziert und zertifiziert regelmäßig die Erzeuger anhand dieser Standards; außerdem überwacht es die Güterströme zwischen Erzeugern und Importeuren.

Zudem hat die WFTO ein System zur unabhängigen Zertifizierung durch Dritte entwickelt: das Managementkonzept für nachhaltigen Fairen Handel ( sustainable fair trade management system ).

Es ist schwierig, zwischen zielgerichteten Aktionen nichtstaatlicher Organisationen, deren oberstes Ziel ein Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung ist, und allgemeinen Initiativen zu unterscheiden, die in erster Linie gewinnorientiert sind, aber auch zur Verwirklichung von Nachhaltigkeitszielen beitragen wollen. Ein Beispiel hierfür sind Supermärkte, die neben anderen zertifizierten Fair-Trade-Produkten ihre eigenen Fair-Trade-Marken anbieten.

ANHANG II

DIE MITTEILUNG ZUM FAIREN HANDEL AUS DEM JAHR 1999

Die in der Mitteilung von 1999 herausgestellten Aspekte wurden auf mehreren Ebenen behandelt. Überlegungen über den Fairen Handel und vergleichbare private Nachhaltigkeitskonzepte wurden auf europäischer Ebene 2006 vom Europäischen Parlament („Schmidt-Bericht“) und 2005 vom Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) in einer Sondierungsstellungnahme (Berichterstatter: Richard Adams) angestellt. Im Juni 2006 verabschiedete der Europäische Rat seine neue Strategie für nachhaltige Entwicklung und schloss den Fairen Handel in seinen an die Mitgliedstaaten gerichteten Aufruf ein, nachhaltige Produkte zu fördern.[21]

Fragen in Zusammenhang mit der Nachhaltigkeitskennzeichnung wurden auch in zahlreichen politischen Papieren der Europäischen Kommission behandelt, so in der Mitteilung über Agrarrohstoffproduktionsketten, Abhängigkeit vom Agrarrohstoffhandel und Armut, in der EU-Afrika-Politik, im Aktionsplan für den Baumwollsektor, in der EU-Strategie für Handelshilfe, die der Rat im Oktober 2007 verabschiedete, sowie im Grünbuch der Kommission zur Qualität von Agrarerzeugnissen (Oktober 2008)[22]. Am ausführlichsten wird jedoch der Standpunkt der Kommission zum „fairen Handel“ in ihrer Mitteilung aus dem Jahr 1999 wiedergegeben.

In der Mitteilung wurden drei Kernaspekte behandelt: i) Die Entwicklung des fairen Handels und des ethischen Handels muss zusammenhängend betrachtet werden. ii) Der faire Handel sollte durch freiwillige Beteiligung zur nachhaltigen Entwicklung beitragen und bei Maßnahmen der EU sollten die WTO-Verpflichtungen berücksichtigt werden. iii) Die Konzepte müssen die Bedürfnisse der Erzeuger aus den Entwicklungsländern erfüllen und die Verbraucher zu sachgerechten Kaufentscheidungen befähigen.

ANHANG III

KRITERIEN IM ZUSAMMENHANG MIT BEWÄHRTEN LANDWIRTSCHAFTLICHEN UND GESCHÄFTLICHEN VERFAHREN SOWIE SOZIAL- UND UMWELTKRITERIEN

Dieser Anhang bezieht sich auf Abschnitt 3 der Mitteilung und enthält Beispiele dafür, wie Verbraucher durch zertifizierte Produkte für Nachhaltigkeitsfragen sensibilisiert werden können.

Es ist üblich, dass Zertifizierungskonzepte Kriterien bezüglich bewährter landwirtschaftlicher und geschäftlicher Verfahren sowie Sozial- und Umweltkriterien beinhalten. Der UTZ CERTIFIED Code of Conduct (Verhaltenskodex der Zertifizierungs-Organisation UTZ CERTIFIED, der zurzeit für den Kaffeesektor gilt und auf Kakaobohnen, Tee und Palmöl ausgeweitet werden soll) enthält Elemente wie Standards für das Führen von Aufzeichnungen, einen möglichst geringen und dokumentierten Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel, den Schutz der Arbeitnehmerrechte und den Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung für Arbeitnehmer und ihre Familien. Im sozialen Bereich basiert der Arbeitnehmerschutz sowohl auf nationalen Gesetzen als auch auf Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), deckt jedoch auch Aspekte wie Unterkunft, sauberes Trinkwasser und Fortbildung für Arbeitnehmer ab. Die Umweltkriterien beziehen sich auf die Verhinderung der Bodenerosion, Wasser- und Energieverbrauch, nachhaltige Energiequellen sowie die Entwaldung.

Andere private Konzepte konzentrieren sich stärker auf den Umweltschutz; bei der Rainforest Alliance zeigt dies schon der Name, wobei das Zertifizierungssystem dieser Organisation umweltbezogene und soziale Anliegen miteinander verbindet:

- Sozial- und Umwelt-Management-Konzept

- Erhaltung der Ökosysteme

- Schutz der natürlichen Pflanzen- und Tierwelt

- Gewässerschutz

- Faire Behandlung und gute Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer

- Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz

- Beziehungen zu lokalen Gemeinschaften

- Integrierter Pflanzenanbau

- Bewirtschaftung und Erhaltung des Bodens

- Integrierte Abfallbewirtschaftung

Ein dritter in Abschnitt 3 aufgeführter Typ sind Standards, die nicht nur für einen Nischenmarkt für kritische Verbraucher, sondern zur Verwendung in der gesamten Industrie erstellt wurden. Ein Beispiel hierfür ist die Vereinigung Common Code for the Coffee Community (CCCC), die in den vergangenen fünf Jahren die Basis für eine nachhaltige Entwicklung im allgemeinen Kaffeesektor geschaffen hat. Die Standards der CCCC-Vereinigung bauen auf den Millenniums-Entwicklungszielen der Vereinten Nationen auf und schließen die schlechtesten Praktiken in den Bereichen Soziales, Umwelt und Wirtschaft bei der Produktion, Verarbeitung und Vermarktung von ungeröstetem Kaffee aus. Die Definitionen basieren hauptsächlich auf der UN-Menschenrechtserklärung, auf bestehenden Übereinkommen und Standards der Vereinten Nationen sowie auf einzelstaatlichen Rechtsvorschriften. Sobald die 10 schlechtesten Praktiken beseitigt sind, müssen die Teilnehmer nach und nach andere im Kodex festgelegte Parameter verbessern.

ANHANG IV

Verbrauchergarantiekonzepte: vom Wirtschafts- und Sozialausschuss ermittelte Verfahrensaspekte a) Verwaltung des Konzepts Welche Stelle übt die oberste Kontrolle aus? b) Ziele des Konzepts Sind die Ziele klar definiert? c) Anwendungsbereich des Konzepts Orientiert sich das Konzept an der gängigen Definition des betreffenden „Problems“? d) Normen oder Bestimmungen des Konzepts Entsprechen die im Rahmen des Konzepts festgelegten und kontrollierten Normen den Zielen? e) Folgenabschätzung Gibt es zuverlässige zielorientierte Folgenabschätzungen? f) Unabhängige Überprüfung Gibt es eine unabhängige Überprüfung der Funktionsweise des Konzepts? g) Kosten-Nutzen-Analyse Gibt es ein Verfahren für eine Überwachung und Bewertung der auf die Zulieferer, Zwischenhändler und Verbraucher umgelegten Kosten des Konzepts im Verhältnis zu den erzielten Fortschritten? h) Öffentliche Behauptungen Entsprechen die öffentlichen Behauptungen der zertifizierten Unternehmen oder Zulieferer den Zielen, Normen und Wirkungen der Konzepte? |

ANHANG V

Thematische Programme „Kofinanzierung mit europäischen nichtstaatlichen Organisationen“ und „Nichtstaatliche Akteure und Kommunalbehörden in Entwicklung“ |

Projekte der Jahre 2007 und 2008, die die Förderung des Fairen Handels als Ziel und/oder Tätigkeit beinhalten |

Vertragsjahr | Bezeichnung | Vertragspartei | Nationalität | Haushalt | DAC-Code |

2008 | ESTRATEGIA PARA EL FORTALECIMIENTO DE INICIATIVAS COMUNITARIAS PRODUCTIVAS ACORDES CON EL DESARROLLO SUSTENTABLE | FUNDACION TIERRA VIVA | Venezuela | 49968 | 15150 |

2008 | COMPETITIVIDAD PRODUCTIVA Y COMERCIAL DE LA RED DEPARTAMENTAL DE PEQUEÑOS PRODUCTORES DE HABA CONVENCIONAL Y ORGÁNICA (ASOHABA) EN EL MERCADO COMUNITARIO Y DE COMERCIO JUSTO | CREDI FUTURO ASOCIACION | 380000 | 43040 |

2008 | Cafe amigable con la naturaleza Santa Cruz - Bolivia | ASOCIACION CENTRO DE PROMOCION AGROPECUARIA CAMPESINA | Bolivia | 515267 | 43040 |

2008 | OntunLan, N''do Botor - Turismo Socialmente responsavel no sector de Quinhamel | INSTITUTO MARQUES DE VALLE FLOR FUNDACAO | Portugal | 496389,32 | 33210 |

2008 | Espaço por um Comércio Justo: alternativas em rede | CENTRO DE INFORMACAO E DOCUMENTACAOAMILCAR CABRAL ASSOCIACAO | Consortium | 370011,99 | 15150 |

2008 | Decent Life - decent work. Enhancing international strategies and policies of trade unions | SUDWIND DIE AGENTUR FUR SUD NORD BILDUNGS UND OFFENTLICHKEITSARBEIT GMBH | Consortium | 662264 | 99820 |

2008 | Mobilizing for a sector dialogue for the improvement of working conditions in the globalized toy industry | SUDWIND DIE AGENTUR FUR SUD NORD BILDUNGS UND OFFENTLICHKEITSARBEIT GMBH | Consortium | 929043 | 99820 |

2008 | F.R.A.M.E. (Fair and Responsible Action in MEditerranean area ) | CONSORZIO CTM-ALTROMERCATO SOCIETACOOPERATIVA | Consortium | 494821 | 99820 |

2008 | Network Sustainable Consumption | SUDWIND DIE AGENTUR FUR SUD NORD BILDUNGS UND OFFENTLICHKEITSARBEIT GMBH | Consortium | 647023 | 99820 |

2008 | Creating Coherence. Trade for Development: Development Aid for Trade | MOVIMENTO PER L AUTOSVILUPPOL INTERSCAMBIO E LA SOLIDARIETA | Consortium | 968233 | 99820 |

2008 | A NETWORK FOR THE DEVELOPMENT | PROVINCE OF PESARO AND URBINO | Consortium | 115621 | 99820 |

2008 | Frauen und Globalisierung: Decent work for ALL! – Informations- und Mobilisierungskampagne für menschenwürdige Arbeit für Frauen in der globalen Exportindustrie am Beispiel Bekleidung | CHRISTLICHE INITIATIVE ROMERO EV | Consortium | 720446 | 99820 |

2008 | Verantwortliche Öffentliche Beschaffung und Menschenwürdige Arbeit JETZT!– Öffentlichkeits-, Bewusstseins- und Lobbykampagne zur Durchsetzung sozialer und ökologischer Beschaffung von Öffentlicher Hand und privaten Institutionen | CHRISTLICHE INITIATIVE ROMERO EV | Consortium | 701163 | 99820 |

2008 | Local capacity building for Fairtrade in Sweden, Finland and Estonia | FORENINGEN FOR RATTVISEMARKT SVERIGE | Consortium | 823148 | 99820 |

2008 | Network of Schools and Local Communities contributing to the achievement of the MDGs | POLSKA AKCJA HUMANITARNA | Consortium | 999000 | 99820 |

2008 | Fair Flowers - a gift to all involved. Raising the awareness of local authorities, consumers and traders on the production of cut flowers in developing countries | FIAN FOODFIRST INFORMATIONS & AKTIONS NETWERK SEKTION DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND EV | Consortium | 669087 | 99820 |

2008 | A case for poverty reduction: Consumer awareness and action in 6 EU member states | CONSUMERS INTERNATIONAL LBG | Consortium | 857713 | 99820 |

2008 | Introducing the MADE-BY label for sustainable fashion in the United Kingdom | STICHTING INTERKERKELIJKE AKTIE VOOR LATIJNS AMERIKA SOLIDARIDAD | Consortium | 770000 | 99820 |

2008 | La sensibilisation sur les interdépendances entre Nord et Sud : un enjeu pour la mobilisation des citoyens européens en faveur du développement. | ASSOCIATION FRERES DES HOMMES | France | 789205,5 | 99820 |

2007 | Export Trade from Kenya – Enabling the poor to share the fruits. | AFRICA NOW LBG | Royaume-Uni | 408000 | 31191 |

2007 | Appui aux familles vulnérables dans deux zones cotonnières du Mali | ASSOCIATION VETERINAIRES SANS FRONTIERES - CENTRE INTERNATIONAL DE COOPERATION POUR LE DEVELOPPEMENT AGRICOLE VSF CICDA | France | 740614,53 | 43040 |

2007 | Empowering Emerging Farmers through fair trade development in South Africa | STICHTING INTERKERKELIJKE AKTIE VOOR LATIJNS AMERIKA SOLIDARIDAD | Pays-Bas | 1000000 | 33120 |

2007 | PUBLIC AFFAIRS - Mobilising action for Fair Trade Public Procurement | STICHTING EUROPEAN FAIR TRADE ASSOCIATION | The Netherlands | 568200 | 99820 |

2007 | Campaign for sustainable purchasing of computers: Making public purchasing in Europe work for development by raising awareness ot the working conditions and environmental issues in the global supply chain of computers. | WELTWIRTSCHAFT, OKOLOGIE & ENTWICKLUNG - WEED EV | Germany | 1038334,5 | 99820 |

2007 | Enlarging FAIR | PANGEA - NIENTE TROPPO SOCIETA COOPERATIVA SOCIALE SCSARL | Italy | 448198,2 | 99820 |

2007 | Expanding Fair Trade Awareness in Slovakia and the Czech Republic | NADACIA INTEGRA | Slovakia | 202779 | 99820 |

2007 | Fair consumption | MAGOSFA KORNYEZETI NEVELESI ES OKOTURISZTIKAI ALAPITVANY | 99880,26 | 99820 |

2007 | Supermarkets, supply chains and poverty reduction | WAR ON WANT | United Kingdom | 360000 | 99820 |

2007 | Decent work, trade and development: raising awareness among trade unions and women´s groups of the employment implications of international trade relations | WAR ON WANT | United Kingdom | 720000 | 99820 |

2007 | Education for Global Sustainability, Responsible Consumption and Fair Trade | UUSI TUULI RY | 496579,78 | 99820 |

2007 | FEEDING AND FUELLING EUROPE | MAGYAR TERMESZETVEDOK SZOVETSEGE | Hungary | 1078521,66 | 99820 |

2007 | Médiatiser la face invisible du développement | ASSOCIATION COMITE FRANCAIS POUR LASOLIDARITE INTERNATIONALE | France | 346591,06 | 99820 |

19.466.102,80 |

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[1] Bericht des Europäischen Parlaments zu fairem Handel und Entwicklung (2005/2245(INI), „Schmidt-Bericht“.

[2] „Die Mitgliedstaaten sollten (…) nachhaltige Produkte (…) fördern, darunter Produkte, die aus dem ökologischen Landbau und dem fairen Handel stammen, sowie umweltfreundliche Produkte.“,http://register.consilium.europa.eu/pdf/en/06/st10/st10117.en06.pdf, Seite 13.

[3] International Social and Environment Accreditations and Labelling (Internationale Allianz für soziale und ökologische Akkreditierung und Kennzeichnung).

[4] KOM(1999) 619 vom 29.11.1999. Informationen über die Kommissionsmitteilung von 1999 sind in Anhang II enthalten.

[5] Näheres zu den Definitionen im Anhang I.

[6] Fairtrade Foundation , 2008.

[7] OECD, Trade Policy Working Paper No. 47 . Teil 1, 10. Januar 2007.

[8] Fairtrade Labelling Organizations International , 2008.

[9] Land, P. & Andersen, M., What is the world market for certified products , Commodities and Trade Technical Paper , OECD.

[10] Vgl. auch das Portal for Responsible Supply-Chain Management , das im Rahmen des Europäischen Bündnisses für SVU eingerichtet wurde: www.csr-supplychain.org.

[11] Laut SAI verwenden „weltweit Einzelhändler, Markenunternehmen und andere Arbeitgeber mit einem Jahresumsatz von 175 Mrd. USD die Norm SA8000“: www.sa-intl.org.

[12] Erwähnenswert sind außerdem die Business Social Compliance Initiative (Initiative zur Einhaltung von Sozialstandards durch Unternehmen) (http://www.bsci-eu.com/), und das Global Social Compliance Programme (Programm zur weltweiten Einhaltung von Sozialstandards) (http://www.ciesnet.com/2-wwedo/2.2-programmes/2.2.gscp.background.asp).

[13] Mitteilung KOM(2006) 136 vom 22. März 2006, „Umsetzung der Partnerschaft für Wachstum und Beschäftigung: Europa soll auf dem Gebiet der sozialen Verantwortung der Unternehmen führend werden“.

[14] www.unglobalcompact.org.

[15] Anhang III enthält eine Darstellung der weiteren privaten Nachhaltigkeitskonzepte, auf die in diesem Abschnitt verwiesen wird.

[16] Im Bericht des britischen Unterhauses Fair Trade and Development vom Juni 2007 wurde vorgeschlagen, eine Kennzeichnung mit Angaben zum prozentualen Erzeugeranteil einzuführen.

[17] Anhang IV enthält ein Verzeichnis der vom Wirtschafts- und Sozialausschuss ermittelten Themen im Zusammenhang mit Verbrauchergarantiekonzepten.

[18] Die ISEAL Alliance untersucht im Rahmen eines Projektes bewährte Verfahren zur Messung der Wirkung von Standards und Zertifizierungen.

[19] Mitteilung der Kommission über umweltorientiertes öffentliches Beschaffungswesen, KOM(2008) 400 vom 16. Juli 2008.

[20] Anhang V enthält Beispiele für laufende Finanzierungen.

[21] http://register.consilium.europa.eu/pdf/en/06/st10/st10117.en06.pdf, Seite 13.

[22] Im Grünbuch der Kommission vom Oktober 2008 zur Qualität von Agrarerzeugnissen wird der Faire Handel in Zusammenhang mit der Qualitätszertifizierung von Nahrungsmitteln behandelt. Eine weitere Mitteilung der Kommission zu diesem Thema soll in Kürze herauskommen. Grünbuch zur Qualität von Agrarerzeugnissen: Produktnormen, Bewirtschaftungsauflagen und Qualitätsregelungen, KOM(2008) 641 endg. vom 15. Oktober 2008.