52007DC0643

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Überlegungen zur Vorgehensweise der EU in Situationen der Fragilität - Engagement für nachhaltige Entwicklung, Stabilität und Frieden in schwierigen Kontexten - {SEK(2007) 1417} /* KOM/2007/0643 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 25.10.2007

KOM(2007) 643 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Überlegungen zur Vorgehensweise der EU in Situationen der Fragilität- Engagement für nachhaltige Entwicklung, Stabilität und Frieden in schwierigen Kontexten -{SEK(2007) 1417}

INHALTSVERZEICHNIS

1. Abkürzungsverzeichnis 3

2. Einleitung 4

3. Hintergrund 4

4. Überlegungen zur Vorgehensweise der EU in Situationen der Fragilität 5

4.1. Feststellung von Fragilität: Auslöser und Merkmale 5

4.2. Engagement in fragilen Situationen: Herausforderungen 6

4.3. Verhütung von Fragilität: Dialog und Analyse zur Ermittlung und Bekämpfung von Auslösern der Fragilität 7

4.4. Umgang mit Fragilität: Strategien und Prioritäten 7

4.5. Zeit nach der Krise: Verknüpfung von Soforthilfe, Rehabilitation und Entwicklung (LRRD) 8

4.6. Sicherheit und Fragilität 9

4.7. Demokratische Staatsführung und Menschenrechte in fragilen Situationen 9

5. Verbesserung der Instrumente 11

5.1. Finanzierungsinstrumente und -verfahren 11

5.1.1. Europäischer Entwicklungsfonds (EEF) 11

5.1.2. Instrument für Entwicklungszusammenarbeit (DCI) und Europäisches Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument (ENPI) 12

5.1.3. Instrument für Stabilität 12

5.1.4. Humanitäre Hilfe 12

5.1.5. Europäisches Instrument für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) und thematisches Programm „Nichtstaatliche Akteure und lokale Behörden im Entwicklungsprozess“ 12

5.2. Budgethilfe 13

6. Weiteres Vorgehen: Prioritäten und erwartete Ergebnisse 13

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

AEB: Afrikanische Entwicklungsbank

AKP: Afrika, karibischer Raum und Pazifischer Ozean

CFCSP: Gemeinsamer Rahmen für Länderstrategiepapiere

DCI: Instrument für Entwicklungszusammenarbeit

DDR: Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration (Disarmament, Demobilisation, Reintegration)

EEF: Europäischer Entwicklungsfonds

ENP: Europäische Nachbarschaftspolitik

ENPI: Europäisches Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument

ESVP: Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik

GASP: Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

IWF: Internationaler Währungsfonds

LRRD: Verknüpfung von Soforthilfe, Rehabilitation und Entwicklung (Linking Relief, Rehabilitation and Development)

LSP: Länderstrategiepapier

NRP: Nationales Richtprogramm

OECD/DAC: Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/ Entwicklungshilfeausschuss

SSR: Sicherheitssektorreform

VN: Vereinte Nationen

EINLEITUNG

Fragile Situationen stellen eine besondere Herausforderung dar, da sie als Hindernis für nachhaltige Entwicklung, gerechtes Wachstum und Frieden fungieren und unter anderem zu regionaler Instabilität, Sicherheitsrisiken auf globaler Ebene sowie unkontrollierten Migrationsströmen führen. Die EU muss in der Lage sein, die große Vielfalt von Instrumenten, die auf Ebene der Mitgliedstaaten und der EG zur Verfügung stehen, im Rahmen einer abgestimmten und koordinierten Strategie für die Reaktion auf derartige Situationen zum Einsatz zu bringen. Diese Mitteilung soll die Grundlage für eine solche Reaktionsstrategie der EU liefern, die gemeinsam mit dem Rat und den EU-Mitgliedstaaten entwickelt werden soll.

Die Mitteilung stützt sich auf den bestehenden politischen Rahmen und die Instrumente der EU, die laufende internationale Debatte sowie die komparativen Vorteile der EU und ihre Erfahrungen. Ein technischer Anhang enthält Schlussfolgerungen aus den Erfahrungen mit dem Engagement in fragilen Situationen. Darüber hinaus haben die Kommissionsdienststellen und das Ratssekretariat ein gemeinsames Papier zur Einleitung einer Debatte zum Thema „Sicherheit und Entwicklung“ erarbeitet, in dem Fragen von Belang für diese Mitteilung spezifischer behandelt werden.

Diese Mitteilung greift die Ergebnisse einer offenen Debatte mit wichtigen zivilgesellschaftlichen Organisationen und einer informellen Zusammenkunft der EU-Entwicklungsminister vom September 2007 auf. Sie wird den übrigen EU-Institutionen mit dem Ziel übermittelt, eine Diskussion einzuleiten, die zur Festlegung einer umfassenden EU-Strategie für den Umgang mit Fragilität führen und damit zur Schaffung der Voraussetzungen für nachhaltige Entwicklung, Stabilität, Frieden und demokratische Staatsführung beitragen soll.

HINTERGRUND

Der internationalen Gemeinschaft bereiten die Folgen der Fragilität zunehmend Sorge, da sie die Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele erschweren, das Wohlergehen und die Grundfreiheiten von Menschen beeinträchtigen und globale Sicherheitsrisiken beinhalten können. Die VN, die Geber und regionale und kontinentale Organisationen geben beim Engagement in fragilen Situationen integrierten Ansätzen den Vorzug. Die Pariser Erklärung zur Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit weist darauf hin, dass die Prinzipien der Harmonisierung, der Partnerorientierung und des ergebnisorientierten Managements auf unzulängliche Governance-Strukturen und Kapazitäten abgestimmt werden müssen. Der OECD/DAC hat ein „Policy Commitment“ und „Principles for Good International Engagement in Fragile States and Situations“ (politische Verpflichtung sowie Prinzipien für internationales Engagement in fragilen Staaten und Situationen) gebilligt, in denen Nachdruck auf regierungsweite Ansätze („whole-of-government approaches“) gelegt wird und die eine enge Zusammenarbeit zwischen den für Wirtschaft, Entwicklung, diplomatische Beziehungen und Sicherheit zuständigen Akteuren erfordern.

Die Gemeinschaft und die EU-Mitgliedstaaten sind gemeinsam der weltgrößte Geber von Entwicklungshilfe und humanitärer Hilfe. Die EU ist zu einem wichtigen politischen und sicherheitspolitischen Akteur geworden. Sie hat besondere Zuständigkeiten bei der Aufnahme von Herausforderungen, die sich aus fragilen Situationen ergeben, aber auch komparative Vorteile wie das weltweite Netz der Kommissionsdelegationen.

Ein politischer Rahmen für den Umgang mit den verschiedenen Aspekten der Fragilität ist bereits vorhanden. Der Europäische Konsens über die Entwicklungspolitik bietet Handlungsempfehlungen für eine umfassende Reaktion auf Fragilität. Er ist Teil eines breiter angelegten Rahmens für Außenmaßnahmen, der in seiner Gesamtheit aktiviert werden muss, damit die EU rechtzeitig und in kohärenter Weise auf fragile Situationen reagieren kann. Zu diesem Rahmen zählen die Europäische Sicherheitsstrategie, das EU-Programm zur Verhütung gewaltsamer Konflikte, die Europäische Nachbarschaftspolitik, der strategische Rahmen für die Verknüpfung von Soforthilfe, Rehabilitation und Entwicklung, der Konsens über humanitäre Hilfe und das Konzept der EU für Governance und Entwicklung. Der Erweiterungsprozess beinhaltet Instrumente, die in diesem Zusammenhang nützlich sein können. Die Verpflichtungen der EU zu Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung und der EU-Verhaltenskodex für Komplementarität und Arbeitsteilung sind Teil dieses Rahmens.

ÜBERLEGUNGEN ZUR VORGEHENSWEISE DER EU IN SITUATIONEN DER FRAGILITÄT

Feststellung von Fragilität: Auslöser und Merkmale

Fragilität bedeutet unzulängliche oder versagende Strukturen oder Situationen, in denen der soziale Vertrag nicht mehr erfüllt wird, weil der Staat unfähig oder unwillig ist, seine Grundfunktionen auszuüben und seine Verpflichtungen und Zuständigkeiten bei der Erbringung von Dienstleistungen, der Ressourcenverwaltung, der Rechtsstaatlichkeit, dem gerechten Zugang zur Macht, der Sicherheit der Bevölkerung sowie dem Schutz und der Förderung der Rechte und Freiheiten der Bürger wahrzunehmen.

Öffentliche Einrichtungen, politische Prozesse und soziale Mechanismen, denen es an Wirksamkeit, Inklusivität oder Legitimität mangelt, verstärken Fragilität: Hier sind die Voraussetzungen für die Erreichung eines Mindestmaßes an institutioneller und finanzieller Entwicklung, die Einleitung langfristiger Strategien und die schrittweise Anhebung der Governance-Standards nicht erfüllt. In derartigen Zusammenhängen liegen die Ursachen von Fragilität in hohen Armutsquoten oder in einer ungleichen Verteilung von Wohlstand.

In den extremsten Fällen kann der Staat kollabieren oder sich aus Teilen seines Hoheitsgebiets zurückziehen, was zu ständiger Unsicherheit, chronischen gewaltsamen Konflikten und humanitären Krisen führen kann. Darüber hinaus können sich aus derartigen Situationen grenzübergreifende Sicherheits- und Stabilitätsbedrohungen ergeben, die die strategischen Ziele und Interessen der EU unterhöhlen können.

Fragilität findet sich in vielen wirtschaftlich strukturschwachen Ländern mit niedrigem oder mittleren Einkommen, die instabil und anfällig für Krisen, externe Schocks, Epidemien, Drogenhandel, Naturkatastrophen und Umweltzerstörung sind und deren Kulturerbe und Kulturvielfalt bedroht sind. Fragilität kann auch eine Nebenwirkung der Globalisierung in weltwirtschaftlich marginalisierten Gebieten oder einer zu großen Abhängigkeit von Energieeinfuhren aus konventionellen Quellen sein, die die Stabilisierung und Entwicklung behindern können. Der Klimawandel dürfte fragile Situationen noch akzentuieren, da er neue und vielfältige Auswirkungen auf Staaten mit schwachen Kapazitäten mit sich bringt. Die weitere Arbeit an diesen Zusammenhängen wird zur Entwicklung innovativer Antworten oder zur Anpassung der bisherigen Konzepte beitragen.

Aus Sicht der menschlichen Sicherheit sind arme und benachteiligte Bevölkerungsgruppen von fragilen Situationen am stärksten betroffen, da letztere dazu führen können, dass Humankapital freiwillig abwandert oder dazu gezwungen wird, wodurch die Fragilität verstärkt werden kann.

Engagement in fragilen Situationen: Herausforderungen

Ein wirksames Vorgehen gegen Fragilität setzt voraus, dass bewusst kalkulierte Risiken eingegangen werden, die gegenüber den Risiken eines Nichttätigwerdens abgewogen werden müssen. Die Unterstützung der Bemühungen der Partnerländer um die Verhütung von Fragilität, die Bekämpfung ihrer Ursachen und die Bewältigung ihrer Folgen ist Teil der EU-Partnerschaften. Selbst wenn die Umsetzung von Kooperationsabkommen teilweise ausgesetzt wird, bleibt die EU aus Gründen der Solidarität, der Sicherheit und der Wirksamkeit der Hilfe mit einer Mischung aus Gemeinschaftsinstrumenten und EU-Maßnahmen weiter aktiv.

Ein fehlendes Engagement in Situationen, in denen keine größeren politischen Schranken zu überwinden sind, kann zur Folge haben, dass ganze Länder, Regionen oder Sektoren keinen Zugang zu finanziellen Mitteln haben und damit zu so genannten „Geberwaisen“ werden. Andersherum kann die Konzentration der internationalen Gemeinschaft auf eine bestimmte Krise massive und unkoordinierte Finanzströme auslösen, was zu Doppelarbeiten und mangelnder Wirksamkeit führt.

Die laufenden Bemühungen um Komplementarität mit Hilfe des EU-Verhaltenskodexes werden zur Inangriffnahme der Problematik der Geberwaisen beitragen. Es sollten konkrete Optionen erörtert werden, wie die EU-Mitgliedstaaten in wirksamer Weise zusätzliche Mittel in solche fragilen Staaten (Geberwaisen) lenken können.

Im Rahmen der humanitären Hilfe geht die Gemeinschaft diese Problematik über ihre Methode zur Bewertung vergessener Krisen an, die die Erbringung von Unterstützung für Krisenopfer erleichtert, denen Medien oder Geber wenig oder gar keine Aufmerksamkeit widmen.

In fragilen Situationen bedarf es eines umfassenden und koordinierten Engagements mit Hilfe von regierungsweiten Ansätzen. Es muss für eine offene Kommunikation von Daten und anderen Informationen, für Synergien und eine ausreichende Verzahnung zwischen den institutionellen, staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren (der Bereiche humanitäre Hilfe, Entwicklung, diplomatische Beziehungen, Rechtsdurchsetzung und Sicherheit), den multilateralen und den sonstigen beteiligten Gebern gesorgt werden. Trotz wesentlicher Fortschritte bleiben noch erhebliche Hindernisse zu überwinden.

Es bedarf einer stärkeren Koordinierung innerhalb der EU. Gemeinsame Schulungs-, Planungs- und Bewertungsmaßnahmen unter Beteiligung von Bediensteten der Kommission, des Generalsekretariats des Rates und der Mitgliedstaaten sollten systematischer stattfinden, nicht nur in Krisen- und Postkonfliktsituationen, sondern auch dann, wenn gemeinsame Analysen die Verschlechterung einer Lage zeigen, die zu noch mehr Fragilität führen kann.

Die Kommission, das Ratssekretariat und die EU-Mitgliedstaaten sollten Kontakte auf Arbeitsebene in geografischen und thematischen Fragen der Fragilität sowie die gegenseitige Information und Koordinierung der EU-Missionsleiter in einem bestimmten Land oder einer bestimmten Region weiter fördern. Auch die VN, sonstige multilaterale Partner, Geber, zivilgesellschaftliche Organisationen und andere als zentralstaatliche Einrichtungen (Parlamente, lokale und dezentrale Behörden, regionale und kontinentale Organisationen) sollten gegebenenfalls in diesen Koordinierungsprozess einbezogen werden. Die Gemeinsame Strategie EU/Afrika sollte sich mit der Verhütung und Bekämpfung von Fragilitätserscheinungen befassen. Der Dialog über dieses Thema mit China und anderen Nicht-OECD-Partnern mit starker Präsenz in betroffenen Ländern wird fortgesetzt.

Verhütung von Fragilität: Dialog und Analyse zur Ermittlung und Bekämpfung von Auslösern der Fragilität

Geber, Partnerländer, -regionen und -organisationen, internationale Einrichtungen, die Zivilgesellschaft und die Regierungen haben Frühwarn-, Analyse-, Monitoring- und Bewertungsinstrumente entwickelt, die für Situationen der Fragilität relevant sind. Meistens müssen diese durch Instrumente ergänzt werden, die die rechtzeitige Umsetzung der Ergebnisse der Analysen ermöglichen.

Der politische Dialog mit den Partnerländern, Regionen und kontinentalen Organisationen steht im Mittelpunkt aller von der EU geschlossenen Partnerschafts- und Kooperationsabkommen. Eine Befassung mit Ursachen und Folgen der Fragilität in diesem Dialog kann zur Erarbeitung ländereigener Strategien beitragen, die zu einer dauerhaften Überwindung von Fragilität führen.

Das Potenzial der Länderstrategiepapiere (LSP) zur Verhütung von Fragilität muss erhöht werden: Die Ursachen von Konflikten, Gewaltäußerungen, mangelnder Sicherheit und Anfälligkeit müssen durch Entwicklungsprogramme systematischer angegangen werden und es muss dafür gesorgt werden, dass konfliktsensitive Konzepte angewandt werden. Ebenso müssen Maßnahmen auf dem Gebiet des Krisenmanagements und der Risikominderung und -vorbereitung mit Entwicklungsbelangen und mit den LSP als übergeordneter EU-Referenz verknüpft werden.

Umgang mit Fragilität: Strategien und Prioritäten

In fragilen Situationen ist ein Land, eine Region oder eine bestimmte Gemeinschaft besonders großen Belastungen und Bedrohungen ausgesetzt. Jeder Einzelfall erfordert eine differenzierte, integrierte und ganzheitliche Reaktion, die diplomatische Maßnahmen, humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit und Sicherheitsbelange miteinander verzahnt.

Die gemeinsam mit den Regierungen der Partnerländer ausgearbeiteten LSP bilden den bevorzugten Rahmen für den Umgang mit Fragilität. Um einen besseren Überblick über das Vorgehen der EU zu bieten, sollten die LSP auch auf die Maßnahmen im Rahmen der GASP und des Instruments für Stabilität verweisen. Die LSP können eine Koordinierung der EU in fragilen Situationen gewährleisten, vor allem durch eine „gemeinsame Programmierung“, die die Vorhersehbarkeit verbessert und Synergien erleichtert, damit den Erfordernissen und Prioritäten der Partner Rechnung getragen wird. Ein Engagement mit Hilfe von Gemeinschaftsinstrumenten bietet einen Mehrwert, da es unter bestimmten Umständen als neutraler angesehen werden kann als die bilaterale Zusammenarbeit.

Wo sich die Lage so stark verschlechtert hat, dass eine langfristige Entwicklungszusammenarbeit nicht länger möglich oder wünschenswert ist, wendet die EU in der Regel eine Mischung aus politischer und diplomatischer Aktion an, verbunden mit eingeschränkter Entwicklungszusammenarbeit und Krisenmanagementinstrumenten. Humanitäre Hilfe kann in fragilen Situationen geleistet werden; diese sind jedoch kein zwingender Auslöser dafür, sofern keine Krise mit humanitären Auswirkungen entsteht. Als Ausdruck der Solidarität der EU mit den Opfern von vom Menschen verursachten und naturbedingten Katastrophen ist die humanitäre Hilfe neutral, unparteiisch und unabhängig: Sie impliziert kein politisches Engagement und kann nicht als Krisenmanagementinstrument betrachtet werden.

Was das Krisenmanagement anbelangt, so hat die EU ihre Fähigkeit verbessert, in Krisensituationen und fragilen Situationen rasch und flexibel zu handeln. Der politische Dialog und politische Maßnahmen wie Sanktionen sind ebenfalls Teil des Instrumentariums der EU für den Umgang mit fragilen Situationen. Das Engagement in fragilen Situationen sollte einem breiten Spektrum von Akteuren offenstehen, wie den VN-Einrichtungen, der Rotkreuzbewegung oder den im Land ansässigen Akteuren. Parlamente, dezentrale Behörden und die Zivilgesellschaft haben als Triebkräfte des Wandels ein großes Potenzial, das optimal erschlossen werden kann, indem ihnen der Zugang zu Finanzierungen erleichtert wird.

Erste Reaktionsstrategien sollten auf die unmittelbaren Bedürfnisse der Bevölkerung eingehen, wenngleich der Schwerpunkt strategischer Maßnahmen langfristig ausgerichtet sein muss. Zu diesem Zweck ist es wichtig zu verstehen, wie Fragilität die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, vor allem Frauen und schwache Gruppen wie Kinder, Jugendliche, Behinderte und Minderheiten, beeinträchtigt, damit wirksam auf ihre Bedürfnisse eingegangen werden kann.

Diese Gruppen können auch als Triebkräfte des Wandels fungieren. Vor allem Frauen sind nicht nur als passive Opfer anzusehen, auch wenn sie besonders in Konfliktsituationen dem Risiko von sexuellen Straftaten und Ausbeutung ausgesetzt sind. Frauen und Minderheiten kommt eine wichtige Rolle bei der Förderung von nachhaltigem Frieden und Sicherheit zu, doch sie haben in der Regel keinen Zugang zu entsprechenden Mechanismen, Macht und Ressourcen und sind mit diskriminierenden Rechtsvorschriften konfrontiert. Übergangszeiträume bieten die Gelegenheit zur Befassung mit Gleichstellungsfragen und den Rechten von Minderheiten durch die Überprüfung von Verfassung und Gesetzen, die Reform des Justizwesens und die Einbeziehung in die Festlegung von Prioritäten für die Wiederaufbauagenda.

Zeit nach der Krise: Verknüpfung von Soforthilfe, Rehabilitation und Entwicklung (LRRD)

Von wesentlicher Bedeutung sind ein in sich kohärentes Vorgehen, eine Präsenz adäquater, erfahrener und untereinander gut koordinierter Humanressourcen und eine nachhaltige Finanzierung. Als Teil eines integrierten Ansatzes, der auf dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung beruht, müssen Nothilfe, Krisenmanagement, Wiederaufbauhilfe und langfristige Entwicklungszusammenarbeit in geeigneter Weise miteinander verknüpft werden. In diesem Zusammenhang bemüht sich die Gemeinschaft seit Ende der 1990-er Jahre, den strategischen Rahmen für die Verknüpfung von Soforthilfe, Rehabilitation und Entwicklung (LRRD) umzusetzen. Es handelt sich um einen langen und vielschichtigen Prozess, in den viele verschiedene Akteure und Finanzinstrumente einbezogen sind.

Der Hauptschwerpunkt des LRRD-Ansatzes liegt auf der Erarbeitung langfristiger Strategien für Sektoren und Akteure, die für die Hilfe traditionell von zentraler Bedeutung sind, um Kontinuität sicherzustellen und Synergien zu erleichtern. Allerdings müssen die Staatsführung, die institutionelle Entwicklung und die Sicherheit besser in den strategischen Rahmen eingebettet werden. Darüber hinaus sind Finanzierungsmechanismen wie von den internationalen Organisationen verwaltete Treuhandfonds, die in diesem Kontext häufig eingesetzt werden, nicht immer geeignet, die Durchführung von Wiederaufbau- und Rehabilitationsprogrammen so rasch wie erwünscht zu unterstützen und sollten nicht als Ersatz für lokale Eigenverantwortung und für die Präsenz der EU selbst dienen, auch wenn sie grundsätzlich zur Gewährleistung der Koordinierung und Kohärenz zwischen den Gebern beitragen können.

Es bedarf weiterer Anstrengungen, um sowohl die Methoden zur Umsetzung des strategischen LRRD-Rahmens unter gebührender Einbeziehung von Staatsführungs- und Sicherheitsfragen zu aktualisieren, als auch die Verfahren und Finanzierungsmechanismen auf Situationen abzustimmen, in denen Flexibilität unabdingbar ist. Ziel bleibt es, auf die Dauer Analysen und Politiken stärker zu vereinheitlichen, Strategien (einschließlich Koordinierung, Kohärenz und Komplementarität) besser zu verzahnen und für mehr Synergien zwischen den einzelnen Aktivitäten zu sorgen, wobei sowohl die humanitären als auch die entwicklungspolitischen Herangehensweisen zu berücksichtigen sind.

Sicherheit und Fragilität

Die Verknüpfung von Frieden, Sicherheit und Entwicklung innerhalb eines Landes sowie über die Grenzen hinweg, stellt in fragilen Situationen häufig ein vorrangiges Anliegen dar. Die Entwicklungszusammenarbeit leistet einen wesentlichen Beitrag zur Förderung von Frieden und Stabilität, indem sie Gewaltäußerungen und die Ursachen von mangelnder Sicherheit und gewaltsamen Konflikten angeht.

Die EU hat ihre Kapazitäten für Konfliktprävention und Krisenmanagement ausgebaut. So ist sie in der Lage, rascher und flexibler auf Krisen und fragile Situationen zu reagieren. Der Einsatz einer Kombination von Gemeinschaftsinstrumenten, einschließlich der Friedensfazilität für Afrika und des Instruments für Stabilität, sowie von Instrumenten der GASP/ESVP, fördert die Stärkung von nationalen, regionalen und kontinentalen Ansätzen für fragile Situationen.

Ein breit angelegtes entwicklungspolitisches Sicherheitskonzept, bei dem Anliegen der menschlichen Sicherheit in staatsführungsbezogene Programme wie SSR und DDR einbezogen werden, kann gewährleisten, dass die Sicherheit der Menschen und ihre grundlegenden Bedürfnisse und Rechte in den Mittelpunkt gestellt werden. Ein integrierter regierungsweiter Ansatz für SSR bildet die Grundlage für Strategien für den Staatsaufbau und für politische Legitimität in Postkonfliktsituationen.

Demokratische Staatsführung und Menschenrechte in fragilen Situationen

Ursachen für Fragilität sind in den allermeisten Fällen Mängel bzw. Versagen in der Staatsführung aufgrund fehlender politischer Legitimität, die durch sehr schwache institutionelle Kapazitäten in Verbindung mit Armut noch akzentuiert wird. Die Unterstützung einer demokratischen Staatsführung, des Staatsaufbaus, der Aussöhnungsprozesse und des Schutzes der Menschenrechte sowie die Förderung des politischen Reformwillens durch Dialog und Anreize statt durch Auflagen und Sanktionen sollten Leitprinzipien für das Vorgehen der EU sein.

Die Übernahme von Eigenverantwortung durch alle gesellschaftlichen Gruppen, einschließlich der schwächsten unter ihnen, ist auch in fragilen Situationen von größter Bedeutung. Dank des Programmierungsdialogs haben die AKP-Länder Zugang zu zusätzlichen Mitteln - je nach Relevanz, Ehrgeiz und Glaubwürdigkeit ihrer Aktionspläne für Staatsführung, die unter Berücksichtigung von Nachkrisen- und Fragilitätssituationen bewertet werden. Dieser Ansatz könnte auf andere Regionen ausgedehnt und von den EU-Mitgliedstaaten in der bilateralen Zusammenarbeit genutzt werden. Darüber hinaus hat die Gemeinschaft im Kontext der ENP die Governance-Fazilität entwickelt.

Der Schutz der Menschenrechte ist in fragilen Situationen nicht immer gewährleistet, so dass sie häufig verletzt werden. Neben der direkten Unterstützung für zivilgesellschaftliche Organisationen, Menschenrechtsschützer und nationale Einrichtungen wie Menschenrechtskommissionen oder Ombudspersonen und der Arbeit mit Parlamenten und dezentralen Behörden ist ein Dialog wesentlich, um Probleme zu ermitteln und anzugehen.

Die Förderung der Demokratisierung setzt die Festlegung von Prioritäten voraus. Wahlen sind notwendig, reichen aber nicht aus, um die demokratische Entwicklung voranzutreiben. Arbeiten im Vorfeld zur Förderung einer inklusiven politischen Gesellschaft und eines funktionierenden Mehrparteiensystems mit Schwerpunkt auf der institutionellen Entwicklung sind ebenso vonnöten wie Arbeiten im Anschluss an die Wahlen, um das wirksame Funktionieren der neu gewählten Institutionen zu fördern. Im Übrigen kann eine Konzentration auf Wahlprozesse sich als kontraproduktiv erweisen, wenn sie mit einer baldigen Beendigung des Geberengagements verbunden ist.

In extremen Fällen setzt sich die Zentralregierung nicht für demokratische Staatsführung ein. Dann ist ein Engagement mit anderen Akteuren wie zivilgesellschaftlichen Organisationen, lokalen Behörden oder Parlamenten erforderlich. Ergänzend sollte der Dialog über weniger kontroverse Fragen wie die Erbringung von Dienstleistungen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen mit den Zentralregierungen fortgesetzt werden, um schrittweisen einen politischen Willen zu Reformen aufzubauen. Die Rückkehr zu funktionierenden Grundversorgungsleistungen und die Arbeitsplatzschaffung sind Prioritäten in fragilen Situationen, wo häufig ein Dilemma zwischen dem Ziel des institutionellen Kapazitätsaufbaus und der Gewährleistung des Zugangs zu Dienstleistungen besteht und eine Substitution sich nicht vermeiden lässt.

Nachhaltiger Frieden setzt ein legitimiertes und wirksames Justizwesen voraus. Dieses ist aber in fragilen Situationen besonders geschwächt. In Postkonfliktsituationen kommt einem unter staatlicher Eigenverantwortung stehenden Übergangssystem für Justiz und Rechtsstaatlichkeit, das für staatliche und nichtstaatliche Einrichtungen verbindlich ist, ausschlaggebende Bedeutung zu. Die parallele Durchführung von Justiz- und Aussöhnungsinitiativen trägt zur Stabilisierung gespaltener Gesellschaften nach Konflikten bei. Gleichzeitig sollten die EU und die Partnerländer gemeinsam dafür sorgen, dass die schwersten Straftaten, die Besorgnis bei der internationalen Gemeinschaft auslösen, nicht ungestraft bleiben und verfolgt werden.

Die Umweltzerstörung und der Zugang zu oder die Kontrolle über natürliche Ressourcen spielen in manchen Konflikten eine entscheidende Rolle und haben Konsequenzen für die Friedensbildung und den Wiederaufbau nach dem Konflikt. Ob sich ein Ressourcenreichtum positiv oder negativ auswirkt, hängt vor allem von den Kapazitäten und der Entwicklungsorientiertheit der Ressourcenverwalter ab. Auch wenn die Geber häufig nur begrenzten finanziellen und politischen Einfluss auf diese Fragen nehmen können, müssen die Reaktionsstrategien sie sensibel behandeln, um keine neuerlichen Konflikte auszulösen. Auch die Rolle der Akteure des Privatsektors kann sich als entscheidend erweisen. Die EU wird die Zusammenarbeit im Rahmen internationaler Initiativen gegen den illegalen Handel mit natürlichen Ressourcen und für den transparenten und gerechten Umgang damit fördern.

Die Verfügbarkeit statistischer Schlüsselinformationen ist häufig wesentlich, um Fragen der Staatsführung, des demokratischen Prozesses, der Erbringung von Grundversorgungsleistungen und des Zugangs zu natürlichen Ressourcen anzugehen. Ein effizientes Statistiksystem ist für Armutsbekämpfung, nachhaltige Entwicklung und gerechtes Wachstum unerlässlich.

VERBESSERUNG DER INSTRUMENTE

Finanzierungsinstrumente und -verfahren

Ein wirksamer Umgang mit Fragilität setzt Risikobereitschaft voraus und erfordert rasches Handeln und Flexibilität bei der Annahme politischer Entscheidungen und ihrer Umsetzung in die Praxis, während gleichzeitig den Sachzwängen - häufig Kapazitätsmängel - der Partnerländer Rechnung getragen werden muss. In diesem Kontext bedarf es auch flexiblerer und beschleunigter Verfahren, um raschere Mechanismen zu schaffen, die Transparenz und Rechenschaftspflicht garantieren und zu einem Konzept des ergebnisorientierten Managements beitragen.

Die EU muss die Nutzung ihres breiten Instrumentariums verbessern, um Politiken in die Praxis umzusetzen, eine umfassende Reaktion auf fragile Situationen zu ermöglichen und die „Umsetzungslücken“ zu schließen. Es sind noch umfangreiche Bemühungen erforderlich, um alle Möglichkeiten besser miteinander zu verknüpfen und zu verzahnen, die das Gemeinschaftsinstrumentarium (geografische, stabilitätsbezogene, humanitäre und thematische Instrumente), die GASP/ESVP-Mechanismen, aber auch die bilaterale Hilfe der EU-Mitgliedstaaten und die Instrumente anderer Geber bieten.

Diese Mitteilung erfordert nicht, dass zusätzliche Finanzierungsquellen, die über den bestehenden Finanzrahmen 2007-2013 hinausgehen, mobilisiert werden. Sie zielt vielmehr darauf ab, bessere Synergien zwischen den bereits vorhandenen Finanzinstrumenten zu fördern und für einen angemessenen und ausgewogenen Finanzierungsanteil aus dem EEF zu sorgen.

Europäischer Entwicklungsfonds (EEF)

Die die humanitäre Hilfe und die Soforthilfe betreffenden Bestimmungen des Cotonou-Abkommens sehen „flexible Mechanismen“ für die im Anschluss an die Notstandsphase getroffenen Maßnahmen und den Übergang zur Entwicklungsphase vor. Diese wurden in einer Reihe von Fällen erfolgreich angewendet. Die Kommission arbeitet derzeit an flexibleren Durchführungsverfahren, die in fragilen Situationen zum Einsatz gelangen sollen. Die neuen Bestimmungen über die Nutzung von Länderzuweisungen für unvorhergesehene Erfordernisse bieten zusätzliche Möglichkeiten für die künftige Flexibilität. Darüber hinaus zielt die (im Genehmigungsprozess befindliche) Katastrophenfazilität für die AKP-Staaten darauf ab, die Katastrophenanfälligkeit der betroffenen Länder im Einklang mit dem „Hyogo-Aktionsrahmen 2005-2015“ zu verringern.

Instrument für Entwicklungszusammenarbeit (DCI) und Europäisches Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument (ENPI)

„Situationen nach Krisen und instabile Staaten“ sind in den geografischen Programmen für die Umsetzung der Gemeinschaftshilfe im Rahmen des DCI aufgeführt. Ein besonderes Dringlichkeitsverfahren sieht unter bestimmten Umständen, wie etwa in Krisenfällen oder im Anschluss an Konflikte, bei einer Bedrohung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten oder Grundfreiheiten, die Überprüfung von geografischen Strategiepapieren und Mehrjahresrichtprogrammen vor, um den Übergang zu langfristiger Zusammenarbeit und Entwicklung zu gewährleisten. Darüber hinaus können im Fall von Naturkatastrophen, Unruhen oder Krisen, in denen weder das Instrument für Stabilität noch humanitäre Hilfe eingesetzt werden können, Sondermaßnahmen durchgeführt werden, die nicht in diesen Strategiepapieren und Programmen vorgesehen sind. Das ENPI enthält ähnlich Bestimmungen.

Instrument für Stabilität

Die kurzfristige Komponente des Instruments für Stabilität ermöglicht der Kommission, strategische Unterstützung im Zusammenhang mit potenziellen oder realen Krisensituationen oder auch Anschubhilfe zu leisten, die anschließend durch langfristige Unterstützung im Rahmen anderer Gemeinschaftsinstrumente abgelöst wird. Sie kann im Krisenfall oder in einer sich abzeichnenden Krise, zur ersten politischen Stabilisierung nach einer Krise und für den anfänglichen Wiederaufbau nach Naturkatastrophen verwendet werden, wobei sie die Unterstützung im Rahmen der Hauptinstrumente der Gemeinschaft für Außenhilfe ergänzt oder ihr vorausgeht. Die langfristige Komponente dient der Bekämpfung transregionaler Bedrohungen wie der Verbreitung von Waffen und der organisierten Kriminalität.

Humanitäre Hilfe

Humanitäre Hilfe dient der Rettung von Leben und der Bereitstellung von Soforthilfe für Krisenopfer unabhängig vom Grad der Fragilität und von den Ursachen der Krise. Die bestehenden Verfahren für die Mobilisierung humanitärer Hilfe sind auf dieses Konzept abgestimmt.

Europäisches Instrument für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) und thematisches Programm „Nichtstaatliche Akteure und lokale Behörden im Entwicklungsprozess“

In besonders schwierigen Situationen wechseln die Geber von der direkten Zusammenarbeit mit den Regierungen zur Unterstützung anderer Akteure, die den Wandel vorantreiben können. Die Verfahren, die durch das thematische Programm „Nichtstaatliche Akteure und lokale Behörden im Entwicklungsprozess“ und das EIDHR eingeführt wurden, sind auf fragile Situationen abgestimmt und unterstützen alternative Akteure in Situationen, die für eine partizipatorische Entwicklung oder die Achtung der Menschenrechte nicht günstig sind. Eine Unterstützung für Menschenrechtsschützer und den entsprechenden internationalen Rahmen ist ebenfalls vorgesehen.

Das neue EIDHR ist von großer Relevanz für fragile Situationen, da ein besonderer Schwerpunkt auf Fällen liegt, in denen erhebliche Mängel bei den Grundfreiheiten und der menschlichen Sicherheit vorliegen, die Zivilgesellschaft und vor allem Menschenrechtsschützer unter höchstem Druck stehen und der politische Pluralismus eingeschränkt ist. Das EIDHR wird auf die Unterstützung einer demokratischen politischen Beteiligung und Vertretung abzielen und einen Beitrag zur friedlichen Aussöhnung zwischen Interessensgruppen leisten. Die transnationale und regionale Unterstützung wird sich auf den Dialog und praktische Kooperationstätigkeiten konzentrieren, mit denen die Ursachen von tief verwurzelten oder potenziell gewaltsamen Konflikten angegangen werden sollen. Eine der Besonderheiten des EIDHR besteht darin, dass es Maßnahmen ohne Zustimmung der Regierung des Partnerlandes finanzieren kann, was in bestimmten fragilen Situationen einen zusätzlichen Vorteil bedeuten kann. Allerdings kann das EIDHR nur ergänzend zu den geltenden geographischen Programmen eingesetzt werden.

Budgethilfe

Ergänzend zu Projekten und je nach den Ursachen der Fragilität kann auch Budgethilfe verwendet werden, um auf dringende finanzielle Erfordernisse einzugehen, die wesentlichen Funktionen des Staats zu konsolidieren (Verwaltung der öffentlichen Finanzen) und soziale Stabilität zu erreichen (Zahlung von Gehältern oder Finanzierung von Einfuhren). Darüber hinaus kann Budgethilfe auch den politischen Dialog über SSR, DDR oder die Reform des öffentlichen Dienstes wirksam beeinflussen, wenn diese Auswirkungen auf die makroökonomische Stabilität haben.

Die Kommission hat Budgethilfe in mehreren Postkonfliktländern eingesetzt, um den Erholungsprozess zu unterstützen. Politische, entwicklungsbezogene, treuhänderische und Reputationsrisiken sind in allen fragilen Situationen hoch, doch sie müssen gegen die erwarteten Vorteile und die Kosten neuer Krisen abgewogen werden. Budgethilfe ist auf den Umgang mit solchen Risiken zugeschnitten (durch gezielten Einsatz wesentlicher Ausgaben, geprüfte Zahlungsrückstände usw.) und beruht auf einer ständigen Bewertung der makroökonomischen Situation, der Reformen der Verwaltung der öffentlichen Finanzen und der Ergebnisse von Entwicklungsstrategien.

WEITERES VORGEHEN: PRIORITÄTEN UND ERWARTETE ERGEBNISSE

Wo die Partnerländer sich bemühen, Ursachen und Folgen der Fragilität anzugehen, muss die EU gewährleisten, dass die Gemeinschaft, die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten besser angepasste, raschere und flexiblere Unterstützung für diese Bemühungen leisten. Die Kommission schlägt vor, eine Debatte unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft und anderer Akteure anzuregen und die unten aufgeführten Schritte zu unternehmen, um die Ausarbeitung einer Reaktionsstrategie der EU für Situationen der Fragilität einzuleiten:

- Die EU sollte die OECD/DAC-Prinzipien für internationales Engagement in fragilen Staaten und Situationen förmlich billigen und sich verpflichten, sie in allen fragilen Situationen anzuwenden.

- Themen im Zusammenhang mit Fragilität werden systematischer in den regelmäßigen politischen Dialog mit den Partnerländern einbezogen, die Anzeichen von Fragilität zeigen.

- Es sollte ein regelmäßiger Austausch von Risikoanalysen und entsprechenden Maßnahmen der EU vor Ort in den Sitzungen der EU-Missionsleiter und am Hauptsitz durch Dialoge auf Arbeitsebene zwischen Institutionen und Mitgliedstaaten und in den Arbeitsgruppen des Rates stattfinden, um regierungsweite Ansätze zu gewährleisten.

- Die EU-Unterstützung für Länder, die mit fragilen Situationen konfrontiert sind, sollte die Gleichstellung der Geschlechter, die Menschenrechte, einschließlich der Rechte von Kindern, und die soziale Inklusion konsequent fördern.

- Die Kommission wird die Einsetzung von Ad-hoc-Länderteams/thematischen Teams unter Einbeziehung des Ratssekretariats und der Mitgliedstaaten fördern, um spezifische Fragilitätssituationen mit folgenden Zielen anzugehen:

- Weiterentwicklung konzeptioneller und analytischer Ansätze für Fragilität und Konflikte, einschließlich SSR und der Ausweitung des strategischen LRRD-Rahmens, um integrierte Maßnahmen für Nachkrisensituationen und Methoden für den Umgang mit Staatsführungs- und Sicherheitsbelangen zu erarbeiten;

- Stärkung der komparativen Vorteile der EU in fragilen Situationen, auch im Hinblick auf den künftigen Außendienst der EU;

- Vorstoß in Richtung eines kohärenteren und besser koordinierten Vorgehens auf Länderebene, vor allem durch Nutzung sämtlicher Möglichkeiten für die individuelle gemeinsame Analyse und Programmierung gemäß dem Gemeinsamen Rahmen für Länderstrategiepapiere (CFCSP) und Überarbeitung je nach Entwicklung der Lage;

- Es wird eine Übersicht über die Modalitäten der bilateralen Hilfe und der EU-Hilfe im Rahmen der verschiedenen Pfeiler erstellt, um zu ermitteln, ob sie für eine angemessene Reaktion auf fragile Situationen geeignet sind, und um ihre Auswirkungen und die Art und Weise, in der sie vor Ort zusammenspielen, zu prüfen; Besonderes Augenmerk wird auf die Komplementarität zwischen krisenmanagementbezogenen Instrumenten wie den Gemeinsamen Aktionen der GASP/ESVP, dem Instrument für Stabilität, der Friedensfazilität für Afrika und Instrumenten für die langfristige Zusammenarbeit gerichtet.

- Die Kommission wird eine Bestandsaufnahme der EU-Hilfebemühungen zur Abmilderung und Verhütung von Sicherheitsbedrohungen durchführen, Vorschläge zur Verbesserung der Wirksamkeit und Kohärenz der EU-Außenhilfe in Situationen mangelnder Sicherheit vorlegen und Möglichkeiten vorschlagen, die auf nationaler und regionaler Ebene getroffenen Maßnahmen durch einen spezifischen Rahmen für die Reaktion auf Herausforderungen globaler oder transregionaler Natur zu ergänzen.

- Im Einklang mit dem EU-Verhaltenskodex für Komplementarität und Arbeitsteilung wird die EU, die zunächst ermittelt, wo auf Länderebene erhebliche Überschneidungen oder Lücken bestehen, vorhandene und zusätzliche Mittel auf komplementärer Basis zuweisen. Die Komplementarität sollte sowohl auf Länderebene als auch länderübergreifend angestrebt werden, indem entschieden wird, wer sich in welchem Land engagiert. Die Kommission regt an, dass folgende Möglichkeiten geprüft werden, wie die EU-Mitgliedstaaten fragilen Staaten, vor allem den Geberwaisen, zusätzliche Mittel zukommen lassen können:

- Erhöhung der Länderzuweisungen, wenn ein strategischer Rahmen für bilaterale Zusammenarbeit existiert;

- Aufstockung der Finanzmittel für die von der Kommission und den Partnerländern unterzeichneten LSP, die im Rahmen der von der Kommission verwalteten NRP ausgezahlt werden, wenn kein Rahmen für bilaterale Zusammenarbeit existiert oder wenn eine Zusammenlegung der finanziellen Ressourcen größere Wirkung verspricht.

- Es wird eine umfassende Überprüfung der Bewertungs- und Analyseinstrumente für Staatsführung, Konflikte und Katastrophenmonitoring durchgeführt.

- Die Fragilität wird in die Überprüfung im Rahmen der Governance-Initiative für die AKP-Länder einbezogen, die eine regelmäßige Zusammenarbeit auf Expertenebene und einen 2008 vorzulegenden Bericht der Kommission umfassen wird.

- Die Kommission wird ihre Kapazitäten für die Erbringung von Budgethilfe verbessern, wobei sie deren spezifische Risiken und erwartete Nutzeffekte in fragilen Situationen berücksichtigt. Die Koordinierung mit der Weltbank, dem IWF und der AEB wird verstärkt.

- Die Kommission wird Leitlinien ausarbeiten, in denen sie die Voraussetzungen für die Anwendung flexibler Verfahren im Rahmen der langfristig angelegten geographischen Instrumente genau festlegen wird.

- Die EU wird sich um eine Vertiefung der Partnerschaft mit den VN und anderen multilateralen Akteuren im Umgang mit fragilen Situationen bemühen. Die weitere Stärkung der Kommission für Friedenskonsolidierung und die kontinuierliche aktive EU-Unterstützung für eine Reform der Vereinten Nationen, die letzterer die notwendigen Mittel an die Hand gibt, um auf Situationen der Fragilität wirksam reagieren zu können, sind in diesem Zusammenhang von ausschlaggebender Bedeutung.