52007DC0545

Arbeitspapier der Kommission - Bericht der EU über die Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung {SEK(2007)1202} /* KOM/2007/0545 endg. */


Brüssel, den 20.9.2007

KOM(2007) 545 endgültig

ARBEITSPAPIER DER KOMMISSION

Bericht der EU über die Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung {SEK(2007)1202}

INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung 3

2. Wichtigste Ergebnisse 3

2.1. Handel 5

2.2. Umwelt 6

2.3. Klimawandel 6

2.4. Sicherheit 7

2.5. Landwirtschaft 7

2.6. Fischerei 8

2.7. Soziale Dimension der Globalisierung, Beschäftigung und menschenwürdige Arbeit 8

2.8. Migration 9

2.9. Forschung 9

2.10. Informationsgesellschaft 10

2.11. Verkehr 10

2.12. Energie 10

3. Schlussbemerkung 11

1. EINLEITUNG

Auch andere Politikbereiche als die Entwicklungszusammenarbeit wirken sich nachhaltig auf die Entwicklungsländer aus. Das von der EU entwickelte Konzept der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung (Policy Coherence for Development - PCD) stellt darauf ab, Synergien zwischen diesen Politikbereichen und den grundlegenden Entwicklungszielen zu erzeugen und damit auch die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe zu erhöhen. Vor dem Hintergrund der Verpflichtung der EU zur wesentlichen Aufstockung ihrer öffentlichen Entwicklungshilfe wird es immer wichtiger, dafür Sorge zu tragen, dass es nicht durch mangelnde Politikkohärenz zum ineffizienten Einsatz bzw. zur Vergeudung dieser Ressourcen kommt.

Zweck des vorliegenden Berichts[1] ist es, die Fortschritte der EU bei der Förderung einer größeren Kohärenz zwischen den wichtigsten Politikbereichen mit Auswirkungen auf die Entwicklungsländer Revue passieren zu lassen und den künftigen Handlungsbedarf zu skizzieren.

Den konzeptionellen Rahmen für diesen Bericht bilden die Maßnahmen, die 2005 beschossen wurden, um die Verwirklichung der Millenniumsentwicklungsziele zu beschleunigen[2]. Die Zielrichtung dieser Maßnahmen wurde in dem auf höchster politischer Ebene gebilligten Europäischen Entwicklungskonsens bestätigt[3].

Der vorliegende Bericht bildet die Grundlage für eine Bewertung der Anwendung des PCD-Konzepts. Er soll zur Sensibilisierung beitragen und Anstöße für eine vertiefte Diskussion mit allen Beteiligten innerhalb der EU - einschließlich des Europäischen Parlaments, der nationalen Parlament und in der Entwicklungszusammenarbeit und anderen relevanten Politikbereichen tätiger zivilgesellschaftlicher Organisationen – über Wege zur weiteren Förderung der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung liefern. Der Bericht betrifft die Mitgliedstaaten und die EU gleichermaßen. Daher sollen die Ergebnisse auch in die internen Diskussionen in den einzelnen Mitgliedstaaten Eingang finden.

2. WICHTIGSTE ERGEBNISSE

In Bezug auf die Organisationsmechanismen, die die EU zur Förderung der Politikkohärenz im Interesse Entwicklung geschaffen hat, ergibt sich ein nuanciertes Bild:

- Das Bewusstsein für die Auswirkungen anderer Politikbereiche als der Entwicklungszusammenarbeit auf die Entwicklungsländer ist innerhalb der Institutionen der EU gewachsen, und die vielen PCD-Mechanismen, die auf der Ebene der Mitgliedstaaten, der EU und der Kommission geschaffen wurden, belegen, dass die Bedeutung der Politikkohärenz im Interesse Entwicklung allgemein anerkannt wird. Nun gilt es, die adäquaten Handlungsrahmen, Verfahren und Instrumente, die bereits zur Förderung der PCD geschaffen wurden, systematischer anzuwenden und ggf. anhand der Erfahrungen anzupassen und zu verbessern.

- Die Kommission verfügt über eine Reihe einschlägiger Mechanismen, darunter die dienststellenübergreifenden Konsultationen, das System der Folgenabschätzungen und vor allem die zur Förderung des PCD-Konzepts eingesetzte dienststellenübergreifende Arbeitsgruppe. Innerhalb des Rats wurden durch Maßnahmen des Vorsitzes zwar erhebliche Fortschritte erzielt, doch - wie von den Mitgliedstaaten hervorgehoben - wurde das PCD-Konzept bisher nicht in ausreichendem Maße im Rahmen der Entscheidungsfindung institutionalisiert. Im Europäischen Parlament setzt sich der Entwicklungsausschuss zunehmend für die Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung ein und fördert sie durch die Erstellung von Berichten, die Vertretung entsprechender Standpunkte im Plenum und ähnliche Aktivitäten.

- Trotz dieser Anstrengungen befindet sich die EU erst in einem frühen Stadium in der Entwicklung eines wirksamen PCD-Konzept. Häufig mangelt es an entsprechenden Kapazitäten und an Bewusstsein für diese Thematik in den nicht mit der Entwicklungszusammenarbeit befassten Dienststellen. Die Erstellung dieses Berichts wird möglicherweise an sich dazu beigetragen haben, diesen Trend umzukehren.

- Insgesamt sind die Mitgliedstaaten der Auffassung, dass auf EU-Ebene größere Fortschritte bei Förderung der Politikkohärenz erzielt wurden als auf einzelstaatlicher Ebene.

- Haupthindernis für eine größere Politikkohärenz sind politische Prioritäts- und Interessenkonflikte zwischen den EU-Mitgliedstaaten und zwischen den Entwicklungsländern.

Fortschritte bei der Schaffung von Mechanismen zur Förderung der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung

[pic] Quelle: ECDPM, ICEI, Particip.

2.1. Handel

- Der Handel ist ein wichtiger Motor für wirtschaftliches Wachstum. Zur Armutsbekämpfung sind Staaten in erheblichem Maße auf den Handel angewiesen. Der Handel alleine kann zwar Entwicklungsprobleme nicht lösen, doch stellen Handelsoffenheit und die Stärkung von Angebotskapazitäten wichtige Elemente jedweder kohärenten Entwicklungsstrategie dar.

- Für die Entwicklungsländer gestaltet sich die bestehende Marktzugangsregelung der EG recht günstig. Trotzdem sehen sie sich nach wie vor mit Hindernissen konfrontiert. Als Folge davon entfällt nur ein geringfügiger Teil des Welthandels auf die ärmsten Länder. Die EU hat eine Reihe von Initiativen ergriffen, um die Integration dieser Länder in die Weltwirtschaft zu fördern. So gehörte sie zu denjenigen, die am nachdrücklichten forderten, dass Entwicklung zum Hauptthema der WTO-Verhandlungen wird, und sie arbeitet seitdem aktiv auf einen erfolgreichen Abschluss der Doha-Entwicklungsrunde hin. Die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, die zurzeit mit den AKP-Ländern ausgehandelt werden, sind als langfristige Partnerschaften konzipiert, die auf einem umfassenden Entwicklungsansatz fußen.

- Nach der Reform von 2005 bietet das Allgemeine Präferenzsystem seinen Nutzern inzwischen mehr Stabilität, Berechenbarkeit und Handelschancen. Den Ländern, die wichtige internationale Übereinkommen in den Bereichen nachhaltige Entwicklung, Arbeitnehmerrechte und gute Regierungsführung ratifizieren und wirksam umsetzen, werden zusätzliche Präferenzen eingeräumt.

- Darüber hinaus ist die Kommission zurzeit dabei, ihre präferentiellen Ursprungsregeln einfacher, transparenter und benutzerfreundlicher zu gestalten und damit ihre Umgehung zu verhindern und die Entwicklung zu fördern.

- Die EU ergänzt ihre Verhandlungsagenda um Maßnahmen der Handelshilfe ("Aid for Trade"). Dafür sollen bis 2010 jährlich 2 Mrd. EUR bereitgestellt werden, um die Entwicklungsländer dabei zu unterstützen, bestehende und neue Handelsmöglichkeiten auszunutzen, neue Abkommen umzusetzen und sich ggf. einem veränderten außenwirtschaftlichen Umfeld anzupassen.

2.2. Umwelt

- Ökologische Probleme betreffen zwar alle, wirken sich allerdings sehr unterschiedlich in den einzelnen Ländern und Regionen aus. Viele Entwicklungsländer – wenn nicht sogar die meisten - sind von der Umweltzerstörung direkt bedroht, und es sind in der Regel die ärmsten Bevölkerungsgruppen, die am meisten unter den Folgen ökologischer Probleme zu leiden haben.

- Im Rahmen ihrer erneuerten Strategie zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung[4] hebt die EU hervor, dass sich wirtschaftliche, soziale und ökologische Ziele gegenseitig verstärken, und betont die Bedeutung der Zusammenarbeit mit externen Partnern.

- Die EU-Umweltpolitik wirkt sich in der Regel nur indirekt positiv auf die Entwicklungsländer aus – dabei handelt es sich meist um Nebenwirkungen wie den Schutz der biologischen Vielfalt oder die Einführung von Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher vor ökologischen Gefahren. Die EU befürwortet auch nachdrücklich die Bereitstellung "globaler öffentlicher Güter", die Gegenstand multilateraler Umweltabkommen sind. Darüber hinaus unterstützen die Kommission und die EU-Mitgliedstaaten die wirkungsvolle Beteiligung der Entwicklungsländer an diesen Abkommen. Zudem steht die EU bereit, die Entwicklungsländer bei der Anpassung an Änderungen der EU-Umweltstandards zu unterstützen.

2.3. Klimawandel

- Der Klimawandel wirkt sich zwar auf alle Länder aus, doch sind es die Entwicklungsländer und die ärmsten Bevölkerungsschichten, die am frühesten und am stärkten betroffen sein werden. Daher werden alle Maßnahmen, die im Rahmen der ehrgeizigen EU-Klimapolitik getroffen werden, die wiederum auf eine Begrenzung der durchschnittlichen Erdwärmung auf 2°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau ausgerichtet ist, diesen Ländern direkt oder indirekt zugutekommen.

- Auch die positiven Nebenwirkungen von Forschungsvorhaben und Investitionen in angepasste Technologien werden den Partnerländern indirekt zugutekommen.

- Die weitere Entwicklung der Biokraftstoffpolitik auf internationaler Ebene könnte sich positiv auf die Entwicklungsländer in ihrer Eigenschaft als Erzeuger auswirken, jedoch mit negativen Folgen verbunden sein, sollten im Hinblick auf Faktoren wie z.B. Entwaldungsrate, Verlust an Bodenfruchtbarkeit, Wasserverfügbarkeit und Ernährungssicherheit in den Entwicklungsländern entsprechende Nachhaltigkeitskriterien nicht beachtet werden.

- In Bezug auf die Einbeziehung der Klimawandelproblematik in den politischen Dialog mit den Entwicklungsländern und die Programme der Entwicklungszusammenarbeit sind weitere Verbesserungen erforderlich. Die von der Kommission vorgeschlagene Bildung einer Globalen Allianz für den Klimaschutz zwischen der EU und ihren Entwicklungspartnern, vor allem den am wenigsten entwickelten und anderen besonders gefährdeten Entwicklungsländern, wird einen wichtigen Schritt in diese Richtung darstellen.

2.4. Sicherheit

- Die Zahl der Konflikte weltweit ist zwar zurückgegangen ist, doch interne Bürgerkriege wirken sich nach wie vor verheerend aus und der Mangel an Sicherheit hindert die Menschen an der Verwirklichung ihrer legitimen Hoffnungen und Erwartungen.

- Die EU setzt ein breit gefächertes Instrumentarium zur Förderung von Sicherheit und Entwicklung ein. In den letzten Jahren hat sie die Verbindung zwischen diesen beiden Bereichen kontinuierlich gestärkt. Doch die Gewährleistung von Kohärenz zwischen Sicherheitspolitik und Entwicklungspolitik ist nicht nur ein wichtiges, sondern auch ein ebenso schwieriges Unterfangen. Durch die Natur der zu bewältigenden Probleme und Situationen bedingte strukturelle Schwierigkeiten, die Vielfalt der Gegebenheiten, unter denen solche Probleme und Situationen auftreten, sowie die Komplexität des institutionellen Gefüges der EU als sicherheitspolitischer Akteur stellen in diesem Zusammenhang eine ernsthafte Herausforderung dar.

- Die derzeit laufenden Bemühungen betreffen u.a. die Einbeziehung der Konfliktverhütung in die Programme der Entwicklungszusammenarbeit, die Bewältigung von Situationen der Fragilität, die Förderung von Transparenz und Gerechtigkeit bei der Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen, die Unterstützung von Programmen im Bereich Abrüstung, Demobilisierung und Wiedereingliederung und von Reformen des Sicherheitssektors, die Kontrolle von Waffenexporten und die Bekämpfung des illegalen Handels mit Kleinwaffen und leichten Waffen, Menschen, Drogen und Sprengstoff.

- Eine Zusammenarbeit mit anderen Akteuren – insbesondere mit den Vereinten Nationen, der OSZE, regionalen Organisationen wie der AU sowie zivilgesellschaftlichen Organisationen - ist unverzichtbar.

- Eine weitere Verbesserung der Abstimmung zwischen Sicherheitspolitik und Entwicklungspolitik ist dennoch erforderlich. Dazu gehören u.a. die Stärkung der organisatorischen Mechanismen in Kommission und Rat zur besseren Berücksichtigung entwicklungspolitischer Anliegen bei der sicherheitspolitischen Entscheidungsfindung, die systematische Durchführung sicherheitsbezogener Analysen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit, die bessere Gestaltung der Schnittstellen zwischen den verschiedenen Finanzierungsinstrumenten sowie der weitere Ausbau der Partnerschaft mit den verschiedenen internationalen und regionalen Organisationen und der Zivilgesellschaft.

- Im Rahmen der künftigen strategischen Partnerschaft zwischen der EU und den AKP-Ländern werden konkrete Initiativen in Erwägung gezogen werden, um durch zunehmend integrierte und sich gegenseitig verstärkende entwicklungs- und sicherheitspolitische Maßnahmen den besonderen Anforderungen des afrikanischen Kontinents Rechnung zu tragen.

2.5. Landwirtschaft

- Die Landwirtschaft ist von besonderer Bedeutung für die Entwicklungsländer, denn dort spielt sie eine Schlüsselrolle im Hinblick auf Wirtschaftswachstum, Armutsminderung und Ernährungssicherung.

- Die EG ist bei der entwicklungsfreundlicheren Gestaltung ihrer Gemeinsamen Agrarpolitik weit vorangekommen. Durch niedrige Zölle oder gar völlige Zollfreiheit genießen die Entwicklungsländer generell einen bevorzugten Zugang zum EG-Markt. Im Hinblick auf Ausfuhrsubventionen und die durch die internen Agrarsubventionen verursachten Preisverzerrungen hat eine Reihe von Reformen, die darauf ausgerichtet sind, die Erfordernisse der EU-Landwirtschaft mit den Zielen der Politikkohärenz im Interesse Entwicklung in Einklang zu bringen, entscheidende Fortschritte gebracht.

- Seit 2003 wurden die Ausfuhrsubventionen und die handelsverzerrenden internen Subventionen drastisch gekürzt. Bis 2011 – Zieldatum für die vollständige Umsetzung der 2003 und 2005 eingeleiteten Reformen der GAP - werden die Direktzahlungen der EU zu fast 90 % von der Produktion abgekoppelt sein. Im Rahmen der WTO-Verhandlungen hat die EU angeboten, bis 2013 sämtliche Ausfuhrsubventionen zu beseitigen und die handelsverzerrende interne Stützung um 70 % zu verringern.

- Die Entwicklungszusammenarbeit zielt auf die Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Gebiete, vor allem in Afrika, ab. Die bereits eingeleiteten Maßnahmen zur Intensivierung der Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern bei der Ausarbeitung und Umsetzung veterinärmedizinischer und pflanzenschutzrechtlicher Bestimmungen stellen einen wichtigen Schritt in diese Richtung dar.

2.6. Fischerei

- In vielen Küstenentwicklungsländern stellt die Fischerei eine wichtige Wirtschaftsaktivität dar und kann dort und anderswo einen wichtigen Beitrag zur Ernährungsicherung leisten.

- Auf der Grundlage von Fischerei-Partnerschaftsabkommen (FPA) haben EU-Flotten Zugang zu den Meeresressourcen der Entwicklungsländer, die ihre Fischereiressourcen nicht in vollem Umfang ausschöpfen. Seit den Reformen der EU-Fischereipolitik in den Jahren 2002 und 2004 wurde die Kohärenz dieser Abkommen mit den zentralen Entwicklungszielen wesentlich gestärkt.

- Zu den zentralen Themen in diesem Bereich zählen u.a. die Qualität der wissenschaftlichen Bewertung der Fischbestände und -überschüsse sowie die Einbeziehung von Belangen der nachhaltigen Entwicklung und der biologischen Vielfalt in die Fischereipolitik; die Art und Weise, wie die Entwicklungsländer die Mittel, die sie im Rahmen der FPA erhalten, tatsächlich zur Entwicklung ihres Fischereisektors einsetzen; die Bekämpfung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei.

2.7. Soziale Dimension der Globalisierung, Beschäftigung und menschenwürdige Arbeit

- Die Hälfte aller Armen sind erwerbstätig und Millionen von Minderjährigen sind von der Kinderarbeit betroffen. Die Bemühungen der EU um Förderung der sozialen Dimension der Globalisierung tragen zur Verwirklichung der Millenniumsentwicklungsziele bei.

- Die Förderung von Beschäftigung, sozialem Zusammenhalt und menschenwürdiger Arbeit ist Teil der Europäischen Sozialagenda und des Europäischen Entwicklungskonsenses.

- Auch wenn die Entwicklungsländer nicht direkt von der internen Arbeits- und Sozialpolitik der EU betroffen sich, wirken sich Maßnahmen der EU in diesem Bereich in zweifacher Weise positiv auf diese Länder aus. Erstens unterstützt die EU die internationalen Bemühungen um Förderung der sozialen Dimension der Globalisierung und menschenwürdiger Arbeit. Zweitens zieht die EU beschäftigungs- und sozialpolitische Fragen zunehmend in ihre Dialoge, Entwicklungsprogramme und Handelsbeziehungen mit den Entwicklungsländern auf nationaler und regionaler Ebene ein.

- Die Unterstützung des fairen Handels und das erweiterte Handelspräferenzsystem ("GSP+") sind Beispiel für Maßnahmen der EU, die - vor allem in Verbindung mit Programmen der Entwicklungszusammenarbeit - eine starke Wirkung zugunsten der Entwicklungsländer entfalten können.

2.8. Migration

- Inzwischen herrscht ein klares Verständnis dafür, dass sich die Migration positiv auf die Entwicklung auswirken kann und umgekehrt. Daher ist es wichtig, die positiven Wechselwirkungen und Synergien zwischen diesen beiden Politikbereichen auszunutzen.

- Im Bereich Migration und Entwicklung wurden bisher gute Fortschritte bei der Schaffung eines Strategierahmens und der Einrichtung eines politischen Dialogs auf regionaler und nationaler Ebene, vor allem mit Afrika, erzielt.

- Nach der Schaffung dieser Rahmenbedingungen gilt es nun, die politischen Orientierungen, Übereinkünfte und Aktionspläne in konkrete Maßnahmen umzusetzen, mit denen eine greifbare Wirkung erzielt werden kann. Bisher wurde nur eine geringe Zahl von Maßnahmen getroffen, um Auslandsüberweisungen billiger, einfacher und sicherer zu gestalten, die Zusammenarbeit mit Diaspora-Gemeinschaften zu fördern und die Migration von Fachkräften in eine Richtung ("Brain Drain") in eine zirkuläre Migration ("Brain Circulation) umzuwandeln. In diesen Bereichen stehen die meisten Mitgliedstaaten bei der Entwicklung adäquater Maßnahmen erst am Anfang. Der politische Dialog und die neue EU-Afrikastrategie werden neue Kooperationsmöglichkeit eröffnen.

2.9. Forschung

- Die Fähigkeit zur Erzeugung, Aufnahme und Anwendung von neuem Wissen bestimmt zunehmend die internationale Wettbewerbsfähigkeit moderner Volkswirtschaften und trägt zur nachhaltigen Entwicklung bei. Oft fehlen den Entwicklungsländern, vor allem in Afrika, jedoch die dazu notwendigen menschlichen und institutionellen Ressourcen.

- Die Forschungspolitik der EU trägt in zweifacher Weise zur Erreichung von Entwicklungszielen bei. Erstens unterstützt sie Forschungsprogramme in Bereichen von Interesse für alle Länder der Welt einschließlich der Entwicklungsländer. Zweitens trägt sie durch die Unterstützung von internationalen Kooperationsvorhaben, an denen sich auch Forschungszentren, Hochschulen und andere Akteure aus den Entwicklungsländern beteiligen, zum Aufbau von Fachwissen und Kapazitäten im Süden bei.

- Die europäische Raumfahrtpolitik trägt ebenfalls zur Verwirklichung von Entwicklungszielen bei und wird die Grundlage für eine verstärkte Zusammenarbeit mit Afrika bei der Nutzung von Raumfahrtausrüstungen und Ergebnissen der Weltraumforschung zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung bilden. Navigation, Erdbeobachtung (vor allem die europäische Initiative "Global Monitoring for Environment and Security") und Satellitenkommunikation sind Technologien, die das Engagement der EU für die Verwirklichung der Millenniumsziele unterstützen.

- Das 7. Forschungsrahmenprogramm (FP7-2007-2013) steht allen Ländern der Welt ohne Einschränkungen offen. Allerdings werden die Entwicklungsländer und insbesondere die am wenigsten entwickelten Länder durch ihre unzureichenden menschlichen und institutionellen Kapazitäten im Bereich Wissenschaft und Technologie an der Teilnahme gehindert. Die Bemühungen dieser Länder um den Aufbau entsprechender Kapazitäten sollten daher im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit - in Verbindung mit anderen Instrumenten und Programmen - unterstützt werden.

- Ein weiteres Problem aus entwicklungspolitischer Sicht ist die durch die EU-Forschungspolitik mitbegünstigte Abwanderung hoch qualifizierter Wissenschaftler aus den Entwicklungsländern nach Europa. Um hier Abhilfe zu schaffen, setzt die Kommission weiterhin auf die Gewährung von internationalen Marie-Curie-Wiedereingliederungsbeihilfen, die Wissenschaftler, die in ihr Heimatland zurückkehren, in die Lage versetzen, ihre Forschungsarbeit dort fortzusetzen.

2.10. Informationsgesellschaft

- Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) können ein wirksames Instrument zur Förderung von Entwicklung, Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaftswachstum und sozialem Fortschritt darstellen und neue Möglichkeiten für den ungehinderten Austausch von Ideen und Meinungen eröffnen, der wiederum Demokratie, Redefreiheit, Menschenrechte und Völkerverständigung fördert. Sie können jedoch auch zur wachsenden Kluft zwischen Nord und Süd und zwischen "Info-Reichen" und "Info-Armen" beitragen.

- Die Förderung der Informationsgesellschaft in den Entwicklungsländern erfordert einen ausgewogenen Ansatz, bei dem private Investitionen in die IKT-Infrastrukturen mit staatlichen Maßnahmen zur Schaffung eines günstigen Regulierungsumfelds und einer im Umgang mit IKT geschulten Gesellschaft einhergehen.

- Der politische Dialog und die Maßnahmen zur Unterstützung des Kapazitätenaufbaus sollte verstärkt werden. In Ergänzung dazu sollte der Zugang zu Forschungs- und Bildungsnetzwerken verbessert und die verstärkte Teilnahme von Entwicklungsländern am FP7 gefördert werden. Hierbei sollte der Schwerpunkt auf die Länder Afrikas südlich der Sahara gelegt werden.

2.11. Verkehr

- Die Bereitstellung einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur ist eine Voraussetzung für die Verwirklichung der Millenniumsentwicklungsziele und ein maßgeblicher Faktor bei der Förderung von Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftswachstum. Die Förderung nachhaltiger Verkehrssysteme ist daher auch Gegenstand von Programmen der Entwicklungszusammenarbeit, die alle Verkehrsträger wie auch Dienstleistungen zur Erleichterung der Güter- und Personenbeförderung umfassen.

- Die interne Verkehrspolitik der EU wirkt sich in zweifacher Hinsicht auf die Entwicklungsländer aus. Erstens durch die Mitwirkung der EU an der Arbeit der für die internationale Normsetzung zuständigen Gremien, an der Umsetzung von Luftverkehrsabkommen und an internationalen Vorhaben wie Galileo. Zweitens durch die Politik der EU zur Entwicklung strenger Umwelt-, Sozial- und Sicherheitsstandards, die für den Eintritt von Flugzeugen, Schiffen und Landfahrzeuge in ihr Hoheitsgebiet wie auch für die eigenen Flotten gelten.

2.12. Energie

- Für die zwei Milliarden Menschen, die zum Kochen auf traditionelle Brennstoffe aus Biomasse angewiesen sind bzw. keinen Zugang zu modernen Energiedienstleistungen haben, könnten der Anschluss an die Stromversorgung und die Verfügbarkeit von "sauberen" Kochbrennstoffen wesentlich zur Verbesserung der sanitären und gesundheitlichen Verhältnisse und zur Anhebung des Lebensstands beitragen[5].

- Die EU hat mehrere breit angelegte Initiativen eingeleitet, um die Bereitstellung von angemessenen, erschwinglichen und nachhaltigen Energiedienstleistungen in den Entwicklungsländern zu unterstützen. Dazu zählen vor allem die EU-Energieinitiative im Interesse der Armutsminderung und der nachhaltigen Entwicklung, die Infrastruktur-Partnerschaft EU-Afrika und die Energie-Partnerschaft EU-Afrika.

- Die neue "Energiepolitik für Europa"[6], die auf eine nachhaltige, sichere und wettbewerbsfähige Energieversorgung sämtlicher EU-Mitgliedstaaten ausgerichtet ist, zielt auch auf eine für beide Bereiche gewinnbringende Verzahnung der Energie- und der Entwicklungspolitik der EU ab. Die Bemühungen der EU um Diversifizierung der Energieversorgung und um Entwicklung energieeffizienter Technologien und erneuerbarer Energien werden auch den Entwicklungsländern, vor allem in Afrika, zugutekommen.

- Die wirksame Behandlung von Querschnittsthemen wie Umwelt- und Klimaschutz und der Zugang der Armen zu Energiedienstleistungen – auch und vor allem in ländlichen Gebieten - wird eine entscheidende Voraussetzung für den Erfolg von energiepolitischen Initiativen in den Entwicklungsländern sein.

3. SCHLUSSBEMERKUNG

Sämtliche im vorliegenden Bericht analysierten Politikbereiche wirken sich auf die wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und politischen Verhältnisse und Perspektiven der Entwicklungsländer aus.

Auch Politikbereiche, die gemeinhin eher als intern gelten, wie die Sozial- oder die Verkehrspolitik, können Entwicklungsprozesse positiv oder negativ beeinflussen. Ihre Wirkung wird hängt von dem sich entwickelnden globalen Kontext und von den spezifischen Rahmenbedingungen in den einzelnen Ländern ab. So werden Klimawandel und Energie zunehmend zu vorrangigen Prioritäten, nicht nur aus Sicht der internen Politik der EU, sondern auch unter entwicklungspolitischen Gesichtspunkten. Durch Machtverschiebungen auf internationaler Ebene wird der EU-Politik zur Förderung sozialer Werte auf globaler, regionaler und nationaler Ebene künftig eine immer größere Bedeutung zukommen.

In dem vorliegenden Bericht wird daher bekräftigt, dass die gesamte Palette der Politikbereiche aus dem Blickwinkel der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung zu betrachten ist. Außerdem könnte das in einigen Bereichen (z.B. IKT und Forschung) vorhandene entwicklungspolitische Potenzial besser ausgenutzt werden.

In jedem der zwölf analysierten Politikbereiche wurde aufgezeigt, wo und wie Synergien mit der Entwicklungspolitik verstärkt gefördert werden können. In besonders sensiblen Bereichen wie Migration und Sicherheit muss ein Gleichgewicht zwischen den Interessen der EU und den Anliegen der Partnerländer gefunden werden, damit beide Seiten als Gewinner dastehen.

Allgemein gesehen hat die EU eine Reihe konkreter Schritte unternommen, um für eine verstärkte Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung zu sorgen. Zu diesem Zweck hat sie die organisatorischen Mechanismen auf der Ebene der Mitgliedstaaten, des Rates und der Kommission verbessert. Allein die Erstellung dieses Berichts hat sich als wirksames Instrument zur Sensibilisierung der für die interne Politik der EU zuständigen Stellen für die Auswirkungen der jeweiligen Politikbereiche auf die Entwicklungsländer erwiesen.

Die konkreten Ergebnisse bleiben allerdings hinter den im Europäischen Entwicklungskonsens zum Ausdruck gebrachten Erwartungen zurück. Es mangelt weiterhin an Bewusstsein für und Wissen über diese Problematik. Sowohl innerhalb der EU-Institutionen, als auch in Zivilgesellschaft und Privatsektor ist die Beteiligung von Akteuren außerhalb der entwicklungspolitischen Kreise nach wie vor begrenzt.

Um weitere Fortschritte und damit die Verwirklichung der in der Mitteilung "Europa in der Welt"[7] genannten Ziele im Hinblick auf Kohärenz, Wirksamkeit und Sichtbarkeit zu gewährleisten, ist ein kontinuierliches Engagement auf hoher politischer Ebene erforderlich. Dies setzt wiederum ein gesteigertes Bewusstsein dafür voraus, dass Entwicklung und Armutsminderung letztlich im eigenen Interesse Europas liegen.

In den Antworten auf den Fragebogen werden insbesondere folgende noch offene Punkte angesprochen:

- Überprüfung und Verbesserung der Verfahren des Rates (von den Mitgliedstaaten hervorgehoben);

- verstärkte Einbeziehung des PCD-Konzepts in die nationalen und regionalen Kooperationsstrategien;

- Verbesserung der Informationsaustausches;

- verbesserte Nutzung des Instruments der Folgenabschätzung;

- stärkere Operationalisierung des fortlaufenden PCD-Arbeitsprogramms.

Es bestehen noch einige potenzielle Verbindungen, die weiter untersucht werden sollten. Der Dialog mit den Entwicklungsländern über die Auswirkung der EU-Politik in anderen Bereichen als der Entwicklungszusammenarbeit muss auf nationaler, regionaler und globaler Ebene verbessert werden. Die Erstellung der Länderstrategiepapiere bietet einen Rahmen, in dem die Kommission und die Mitgliedstaaten einen solchen politischen Dialog entwickeln können. Auch die Relevanz des PCD-Ansatzes für die eigene Politik der Entwicklungsländer sollte berücksichtigt werden, denn in den meisten Bereichen wird sich die Politik der EU nur dann positiv auswirken, wenn die Partnerländer in die gleiche Richtung zielende Maßnahmen ergreifen. Die Einbeziehung des PCD-Konzepts in die in Vorbereitung befindliche neue Gemeinsame EU-Afrika-Strategie ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.

[1] Der vorliegende Bericht stützt sich auf die Antworten der Kommissionsdienststellen und der Mitgliedstaaten auf einen im Januar 2007 verteilten Fragebogen.

[2] Kommissionsmitteilung "Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung – Beschleunigung des Prozesses zur Verwirklichung der Millenniumsentwicklungsziele" – KOM(2005)134 endg. vom 12. April 2005; Tagung des Rates Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen (GAERC) vom Mai 2005 – Schlussfolgerungen zu den Millenniumsentwicklungszielen (Dok. 9266/05).

[3] Gemeinsame Erklärung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und der Kommission zur Entwicklungspolitik der Europäischen Union: "Der Europäische Konsens" vom Dezember 2005 (OJ 2006/C 46/01).

[4] Rats-Dok. 10917/06 vom 26. Juni 2006.

[5] The World Energy Assessment: Overview - 2004 Update', UNDP, UNDESA nd World Energy Council. Siehe:http://www.undp.org/energy/weaover2004.htm

[6] KOM(2007) 1 endg. vom 10. Januar 2007.

[7] KOM(2006) 278 vom 8. Juni 2006 "Europa in der Welt — Praktische Vorschläge für mehr Kohärenz, Wirksamkeit und Sichtbarkeit" und Schlussfolgerungen des Europäischen Rats vom Juni 2006.