52007DC0099

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss - Verbraucherpolitische Strategie der EU (2007-2013) - Stärkung der Verbraucher - Verbesserung des Verbraucherwohls – wirksamer Verbraucherschutz {SEK(2007) 321} {SEK(2007) 322} {SEK(2007) 323} /* KOM/2007/0099 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 13.3.2007

KOM(2007) 99 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS

Verbraucherpolitische Strategie der EU (2007-2013) Stärkung der Verbraucher – Verbesserung des Verbraucherwohls – wirksamer Verbraucherschutz

{SEK(2007) 321}{SEK(2007) 322}{SEK(2007) 323}

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS

Verbraucherpolitische Strategie der EU (2007-2013) Stärkung der Verbraucher – Verbesserung des Verbraucherwohls – wirksamer Verbraucherschutz (Text mit Bedeutung für den EWR)

1. ZUSAMMENFASSUNG

Die 493 Millionen Verbraucher in der EU stehen im Zentrum der drei großen Herausforderungen, mit denen die EU konfrontiert ist: Wachstum, Beschäftigung und die Notwendigkeit, die Verbindung mit den Bürgern zu stärken. Sie sind für die Wirtschaft lebensnotwendig, da ihr Konsum 58 % des BIP der EU ausmacht. Zuversichtliche, gut informierte und mündige Verbraucher sind der Motor des wirtschaftlichen Wandels, da ihre Entscheidungen Innovation und Effizienz vorantreiben. In ihrer Funktion als Verbraucher können die Bürger darüber hinaus in ihrem Alltag am direktesten mit der EU in Kontakt treten und die Vorteile der EU erfahren.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, müssen die Verbraucher Fähigkeiten erwerben und Instrumente erhalten, damit sie ihre Rolle in der modernen Wirtschaft erfüllen können, sich die Märkte an den Verbrauchern orientieren, und die Verbraucher wirksam vor Risiken und Gefahren geschützt werden, die sie alleine nicht bewältigen können.

Der Binnenmarkt war von zentraler Bedeutung, um die wirtschaftlichen Herausforderungen Europas zu bewältigen und spürbare Vorteile für die EU-Bürger zu erzielen. Die Verbraucherdimension des Binnenmarktes und insbesondere der Einzelhandelsmärkte muss jedoch weiter gestärkt werden. Der neue wirtschaftliche, soziale, ökologische und politische Kontext erfordert eine Neuausrichtung der EU-Politik auf die Verbraucher.

Gemäß der Mitteilung der Kommission für die Frühjahrstagung des Europäischen Rates über den Binnenmarktbericht[1] steht die Verbraucherpolitik der EU im Mittelpunkt der nächsten Phase des Binnenmarktes.

Der Binnenmarkt könnte der größte Einzelhandelsmarkt der Welt sein[2]. Stattdessen ist er derzeit noch weitgehend in 27 kleine, nationale Märkte zersplittert. Der elektronische Handel, der noch immer keine kritische Masse erreicht hat, hat das Potenzial für die Integration der Einzelhandelsmärkte in der EU verändert, der Wettbewerbsfähigkeit einen starken Impuls gegeben und die Möglichkeiten der EU-Bürger ausgeweitet. Die technologischen Voraussetzungen sind zwar zunehmend vorhanden, das Verhalten von Unternehmen und Verbrauchern hinkt jedoch noch weit hinterher, bedingt durch Hindernisse auf dem Binnenmarkt und fehlendes Vertrauen in grenzüberschreitende Käufe.

Neben der Überwindung der Zersplitterung des Binnenmarktes muss auch die Stellung der Verbraucher gestärkt werden, um das Funktionieren der Verbrauchermärkte zu verbessern. Die wirtschaftlichen und sonstigen Resultate für die Verbraucher sind letztendlich entscheidend dafür, ob die Märkte den Erwartungen der Bürger gerecht werden. Märkte, die wirksamer auf die Nachfrage der Verbraucher reagieren, sind wettbewerbsfähiger und innovativer und besser auf Leben und Ziele der EU-Bürger ausgerichtet. Die EU-Verbraucherpolitik kann viel dazu beitragen, dass sich die Regulierung stärker auf bürgerorientierte Ergebnisse konzentriert. Sie kann außerdem bei Marktversagen eingreifen, das das Wohl der Verbraucher und ihre soziale und wirtschaftliche Integration gefährdet, indem sie den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen zu erschwinglichen Preisen sicherstellt. Sie kann Marktinstrumente bereitstellen, um die Bürger in ihrer Rolle als Verbraucher zu befähigen, ökologisch tragbare Entscheidungen zu treffen. Sie kann außerdem dazu beitragen, grundlegende europäische Werte wie Fairness, Offenheit, Solidarität und Transparenz zu gewährleisten und weltweit zu propagieren.

Dies ist ein ehrgeiziges Programm für eine relativ neue EU-Politik. Die erforderlichen Instrumente sind jedoch vorhanden. Im Zeitraum 2007-2013 verfügt die Verbraucherpolitik über einen hervorragenden Ausgangspunkt, um die EU dabei zu unterstützen, die Herausforderungen in den Bereichen Wachstum und Beschäftigung aufzugreifen und die Verbindung zu ihren Bürgern zu stärken.

Der Erfolg der Politik der EU lässt sich daran messen, ob sie bis 2013 allen EU-Bürgern glaubhaft demonstrieren kann, dass sie überall in der EU, im Laden um die Ecke oder im Internet, einkaufen können und gleichermaßen wirksam – vor gefährlichen Produkten wie vor unseriösen Geschäftemachern – geschützt sind, und ob sie alle Einzelhändler, insbesondere die KMU, davon überzeugen kann, dass sie auf der Grundlage einheitlicher, einfacher Vorschriften überall verkaufen können.

Im April 2005 hat die Kommission eine gemeinsame Gesundheits- und Verbraucherschutzstrategie für den Zeitraum 2007-2013[3] angenommen. Ausgehend vom Wunsch der Akteure, des Rates und des Europäischen Parlaments wird darin die verbraucherpolitische Strategie weiterentwickelt. Die wichtigsten Ergebnisse der verbraucherpolitischen Strategie 2002-2006 und eine Folgenabschätzung werden in Arbeitspapieren der Dienststellen dargelegt.

2. EINFÜHRUNG UND WICHTIGSTE HERAUSFORDERUNGEN

2.1. Komplexe Märkte, zuversichtliche Verbraucher

Die Verbraucherpolitik befindet sich zunehmend am Schnittpunkt wichtiger Herausforderungen, denen Bürger, Wirtschaft und Gesellschaft gegenüberstehen. Die Komplexität der Einzelhandelsmärkte verschafft den Verbrauchern einen größeren Handlungsspielraum, der einhergeht mit einer größeren Verantwortung für ihre eigenen Angelegenheiten. Viele Verbraucher können daraus Nutzen ziehen, die schwächsten jedoch sind weniger gut gestellt – und durch die Zunahme des Konsums bei Kindern und älteren Menschen steigt die Zahl der schutzbedürftigen Verbraucher. Zuversichtliche Verbraucher, die unsere Volkswirtschaften antreiben, sind heute jedoch notwendiger denn je.

Der Dienstleistungssektor allgemein und insbesondere die liberalisierten Dienstleistungen werden mit der zunehmenden Liberalisierung der Elektrizitäts-, Gas-, Post- und Telekommunikationsmärkte weiter wachsen. Davon sind einerseits beträchtliche Vorteile zu erwarten; der Übergang stellt andererseits jedoch eine Herausforderung für die Verbraucher und Gesetzgeber dar, damit dies auch dem Verbraucherwohl zugute kommt. Güter und Dienstleistungen sind immer stärker verknüpft.

Auch die technologische Revolution durch das Internet und die Digitalisierung schreitet immer schneller voran. Die wichtigste Antriebskraft ist der Ausbau der Breitbandtechnologie, die den elektronischen Handel beträchtlich ausweiten dürfte. Der elektronische Handel birgt ein großes Potential zur Verbesserung des Verbraucherwohls, da er eine breitere Produktpalette verfügbar macht, den Preiswettbewerb ankurbelt und neue Märkte erschließt. Er stellt auch die Verbraucher, die Unternehmen und den Verbraucherschutz vor große, neue Aufgaben. Insbesondere wird dadurch die Macht der herkömmlichen Werbung und der traditionellen Verkaufsmethoden über die Verbrauchermärkte geschwächt. Dies stellt herkömmliche Formen der Regulierung, Selbstregulierung und Durchsetzung in Frage. Die KMU werden einen direkteren Zugang zu Verbrauchern haben, die Güter und Dienstleistungen werden immer stärker auf den Einzelnen zugeschnitten sein. Die herkömmlichen Verbraucherrechte passen jedoch immer weniger ins digitale Zeitalter.

Die Globalisierung der Produktion wird weiter fortschreiten und dazu führen, dass immer mehr Produkte, die in der EU konsumiert werden, importiert werden. Im Rahmen des elektronischen Handels werden die Händler den Verbrauchern in der EU immer mehr Produkte aus allen Teilen der Welt verkaufen. Die Herausforderungen steigen, ebenso aber auch die Notwendigkeit, eine wirksame Marktüberwachung sicherzustellen.

2.2. Aufgabe der EU-Verbraucherpolitik

Der Binnenmarkt verfügt über das Potenzial, wirtschaftlich gesehen der größte Einzelhandelsmarkt der Welt zu sein. Die EU-Verbraucherpolitik spielt daher bei der Bewältigung der in Ziffer 2.1 angesprochenen Veränderungen eine zentrale Rolle. Sie kann Probleme in Angriff nehmen, die der Einzelne nicht lösen kann. Sie sorgt dafür, dass Güter und Dienstleistungen sicher und die Märkte fair und transparent sind, damit die Verbraucher fundierte Entscheidungen treffen können und unseriöse Geschäftemacher ausgeschlossen werden. Die Verbraucherpolitik kann die Verbraucher dazu befähigen, die richtige Wahl zu treffen und die Verantwortung für die Förderung ihrer eigenen Interessen zu übernehmen. Das Vertrauen der Verbraucher in das Funktionieren des Binnenmarktes wird ferner dazu beitragen, dass die EU eine vertrauenswürdige Adresse für den elektronischen Handel mit der übrigen Welt wird.

Die Rolle der EU bei der Bewältigung dieses Wandels wird weiter wachsen. Der Binnenmarkt ist der grundlegende Rahmen für die Verbraucherpolitik, die ihrerseits für die Verbesserung des Funktionierens des Binnenmarktes von wesentlicher Bedeutung ist. Die Erweiterungen der Jahre 2004 und 2007 haben ganz neue Herausforderungen mit sich gebracht. Da es in diesen Mitgliedstaaten erst seit kurzem offene Märkte und Verbraucherschutzvorschriften gibt, sind die in der EU-Verbraucherpolitik verankerten Rechte und Pflichten weniger tief im Verhalten der Verbraucher, der Durchsetzungsgremien und der Unternehmen verwurzelt.

Die Einzelhandelsmärkte sind noch immer überwiegend in nationale Märkte aufgesplittert, auch wenn in immer mehr Wirtschaftsbereichen wie Luftverkehr und Musikmarkt keine technologischen Hindernisse einem umfassenden EU-Einzelhandelsmarkt entgegenstehen. Das Potenzial für eine Ausweitung der Einzelhandelsmärkte ist in der EU also vorhanden. Die Öffnung grenzüberschreitender Einzelhandelsmärkte ist der Schlüssel zur Erschließung des Potenzials des Einzelhandelsbinnenmarktes. Mit der Entwicklung des grenzüberschreitenden Einkaufs als glaubwürdiger Alternative zu den nationalen Märkten haben die Verbraucher mehr Wahlmöglichkeiten, und auf den nationalen Märkten herrscht mehr Wettbewerb. Dieser „Integrationseffekt“ verlangt nicht, dass alle oder die meisten Verbraucher den Großteil ihres Einkaufs in anderen Ländern tätigen. Die Erfahrungen der Kommission bei der Beseitigung von Hindernissen für den grenzüberschreitenden Verkauf von Neufahrzeugen zeigen, dass es ausreicht, dass der grenzüberschreitende Einkauf eine glaubwürdige Alternative ist, damit der Wettbewerb auf den Inlandsmärkten zunimmt.

Es gibt Anzeichen dafür, dass der grenzüberschreitende Einzelhandelsmarkt in der EU wächst. 2006 tätigten 26 % der Verbraucher mindestens einen grenzüberschreitenden Einkauf in den vergangenen zwölf Monaten, im Vergleich zu 12 % im Jahr 2003[4]. Der elektronische Handel wird als Vertriebskanal immer beliebter: 2006 tätigten 27 % aller Verbraucher Online-Einkäufe, aber nur 6 % grenzüberschreitend. 50 % der Verbraucher mit privatem Internetanschluss tätigten elektronische Käufe, aber nur 12 % grenzüberschreitend. 57 % der EU-Einzelhändler (hauptsächlich KMU) verkaufen auf elektronischem Wege, und 49 % wären in der Lage, grenzüberschreitend in zumindest ein EU-Land zu verkaufen[5]. Nur 29 % machen jedoch tatsächlich von dieser Möglichkeit Gebrauch. Die Zahlen bei Finanzdienstleistungen sind noch deutlicher: 26 % der Verbraucher haben online eine Finanzdienstleistung von einem Verkäufer oder Anbieter in ihrem Heimatland gekauft, nur 1 % jedoch in einem anderen Land. Diese Zahlen zeigen, dass Maßnahmen getroffen werden müssen, um das Vertrauen der Verbraucher in die Einzelhandelskomponente des Binnenmarktes zu stärken.

Die Hindernisse für einen selbständigen Einzelhandelsbinnenmarkt sind zahlreich – neben dem mangelnden Vertrauen gibt es auch regulatorische Hindernisse. Die Verbraucherpolitik der Mitgliedstaaten kann diese Probleme nicht alleine lösen. Die wichtigsten Hindernisse wurden bereits in Angriff genommen – die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken[6], die Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz[7] und das Netz der Europäischen Verbraucherzentren[8] sind ein wichtiger erster Schritt. Der Euro hat den grenzüberschreitenden Preisvergleich deutlich erleichtert. Beträchtliche Hindernisse, insbesondere bei den Verbraucherverträgen und beim Verbraucherrechtsschutz, bestehen jedoch fort.

Der Vertrag schreibt die Einbeziehung der Verbraucherinteressen in alle Bereiche der EU-Politik vor. Die Verbraucherdimension sollte, so die Kommission in ihrer Mitteilung über den Binnenmarktbericht, stärker in die Entwicklung aller binnenmarktbezogenen Politikbereiche einfließen.

3. ZIELE

Im Zeitraum 2007-2013 verfügt die Verbraucherpolitik über einen hervorragenden Ausgangspunkt, um die EU dabei zu unterstützen, die Herausforderungen in den Bereichen Wachstum und Beschäftigung aufzugreifen und die Verbindung zu ihren Bürgern zu stärken. Die Kommission hat sich für diesen Zeitraum drei Hauptziele gesteckt:

- Stärkung der Verbraucher. Den Verbrauchern das Steuer in die Hand zu geben kommt den Bürgern zugute, belebt aber auch den Wettbewerb beträchtlich. Mündige Verbraucher benötigen echte Wahlmöglichkeiten, genaue Informationen, transparente Märkte und das Vertrauen, das durch wirksamen Schutz und verankerte Rechte entsteht.

- Verbesserung des Verbraucherwohls in punkto Preis, Wahlmöglichkeiten, Qualität, Vielfalt, Erschwinglichkeit und Sicherheit. Das Wohl der Verbraucher ist das Kernstück gut funktionierender Märkte.

- Wirksamer Schutz der Verbraucher von ernsthaften Risiken und Gefahren, gegen die sich der Einzelne nicht alleine schützen kann. Ein hohes Schutzniveau gegen diese Gefahren ist für das Vertrauen der Verbraucher sehr wichtig.

Ziel der Kommission ist es, auf diese Art bis 2013 einen umfassenderen und wirksameren Binnenmarkt herbeizuführen, vor allem im Einzelhandel. Die Verbraucher werden auf der Grundlage eines einheitlich hohen Schutzniveaus großes Vertrauen in die Produkte, Händler, Technologien und Verkaufsmethoden auf den Einzelhandelsmärkten in der gesamten EU haben. Die Verbrauchermärkte werden wettbewerbsfähig, offen, transparent und fair sein. Produkte und Dienstleistungen werden sicher sein. Die Verbraucher werden Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen zu erschwinglichen Preisen haben. Die Händler, insbesondere die KMU, werden in der Lage sein, auf einfache Weise an Verbraucher in der ganzen EU zu verkaufen.

Bei der Erreichung dieser drei Ziele stützt sich die Kommission auf die einschlägigen Artikel des EG-Vertrags, die sich auch in den operativen Zielen des neuen Beschlusses über die Finanzierung des Verbraucherschutzprogramms 2007-2013[9] widerspiegeln, das den rechtlichen Rahmen für die verbraucherpolitischen Ausgaben der EU während des Gültigkeitszeitraums der Strategie festlegt:

(a) Sicherstellung eines hohen Verbraucherschutzniveaus durch einen einfachen Rechtsrahmen, insbesondere mittels verbesserter Daten sowie einer besseren Konsultation und Vertretung der Interessen der Verbraucher.

(b) Sicherstellung der effektiven Anwendung der Verbraucherschutzvorschriften, insbesondere durch Zusammenarbeit bei Durchsetzung, Information, Bildung und Rechtsschutz.

Obwohl die Finanzmittel für die Verbraucherpolitik begrenzt sind, umfasst das Programm eine Reihe von Instrumenten, um die unten genannten Prioritäten zu fördern, vor allem in den Bereichen Durchsetzung, Information und Bildung.

4. PRIORITÄTEN

Diese Ziele zeigen einen hohen Grad an Kontinuität mit den früheren Zielen der EU-Verbraucherpolitik. Der Zeitraum 2007-2013 steht jedoch auch für einen Gangartwechsel im Vergleich zur Vergangenheit und für andere Aktionsprioritäten. So soll die EU-Verbraucherpolitik enger auf andere EU-Politikbereiche abgestimmt werden. Außerdem wird eine sehr viel engere Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten angestrebt, die der zunehmenden Verflechtung der Verbraucherpolitik der EU und der Mitgliedstaaten Rechnung tragen soll. Es gab Vorschläge, wonach die Gegebenheiten in den zwölf neuen Mitgliedstaaten eine ganz eigene Strategie[10] erforderten. Die Kommission hat jedoch bei ihren Konsultationen zu diesem Papier wenig Anhaltspunkte für diese Ansicht gefunden. Um die oben genannten Ziele zu erreichen, wird sich die EU-Verbraucherpolitik auf die folgenden prioritären Bereiche konzentrieren:

Besseres Monitoring in Bezug auf Verbrauchermärkte und der nationale Verbraucherpolitiken

Bessere Rechtsvorschriften und die Notwendigkeit, die Verbindung zu den EU-Bürgern wiederherzustellen, erfordern die Entwicklung von Beobachtungsinstrumenten und Indikatoren, um das Marktfunktionieren aus Verbrauchersicht zu beurteilen. Die politischen Entscheidungsträger müssen außerdem das Verbraucherverhaltens besser verstehen, um bessere Vorschriften zu erlassen. Wir brauchen Instrumente, um die Märkte im Hinblick auf Kernbestandteile wie Sicherheit, Zufriedenheit, Preis und Beschwerden zu überwachen, aber auch, um die Integration des Einzelhandelsbinnenmarktes und die Wirksamkeit der Verbraucherpolitik der Mitgliedstaaten besser zu verfolgen. Die Verbraucherpolitik sollte bei der Umsetzung der Lissabon-Strategie auf europäischer und nationaler Ebene berücksichtigt werden, um den wesentlichen Beitrag der Verbraucherpolitik der Mitgliedstaaten zur Wettbewerbsfähigkeit anzuerkennen. Entscheidungsträger und Durchsetzungsgremien in den Bereichen Verbraucher und Wettbewerb sollten auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten enger zusammenarbeiten, um ihr gemeinsames Ziel – das Wohl der Verbraucher – voranzubringen.

Bessere Verbraucherschutzregelungen

Die bestehenden Verbraucherschutzvorschriften auf EU-Ebene garantieren einen grundlegenden Verbraucherschutz in allen Mitgliedstaaten. In vielen Mitgliedstaaten bilden sie die Eckpfeiler der nationalen Verbraucherschutzvorschriften. Die Verbraucher in der EU wissen jedoch oft nicht, welchen Beitrag die EU hier leistet, obwohl dieser Auswirkungen auf ihren Alltag hat. So haben 15 % der Verbraucher in den vergangenen zwölf Monaten ein defektes Produkt zurückgegeben[11] – aufgrund eines in den EU-Vorschriften verbrieften Rechtsanspruchs. Die EU-Vorschriften sind jedoch immer schlechter auf die digitale Revolution bei Produkten, Dienstleistungen und Vertriebskanälen abgestimmt. Die Kommission hat vor kurzem eine umfangreiche Konsultation eingeleitet[12].

Die meisten EU-Verbraucherschutzvorschriften basieren auf dem Grundsatz der „Mindestharmonisierung“. In den Rechtsvorschriften wird den Mitgliedstaaten explizit das Recht eingeräumt, strengere Vorschriften als die grundlegenden EU-Vorschriften zu erlassen. Dieser Ansatz hatte seine Berechtigung, als es zwischen den Mitgliedstaaten sehr große Unterschiede bei den Verbraucherrechten gab und der elektronische Handel noch nicht existierte. Die vorangegangene Strategie[13] enthielt den neuen Ansatz der „vollständigen Harmonisierung“, der besagt, dass die Rechtsvorschriften innerhalb ihres Anwendungsbereichs keinen Raum für weitere Vorschriften auf nationaler Ebene lassen sollten, um den Binnenmarkt zu verbessern und die Verbraucher zu schützen.

Das kürzlich veröffentlichte Grünbuch der Kommission schlug drei Optionen vor: 1. eine vollständige Harmonisierung, möglicherweise ergänzt durch eine gegenseitige Anerkennung für bestimmte nicht grundlegende, nicht vollständig harmonisierte Aspekte im Einzelfall; 2. eine Mindestharmonisierung mit gegenseitiger Anerkennung; oder 3. eine Mindestharmonisierung mit dem Ansatz des Ursprungslandes.

Künftig wird jedes rechtliche Problem und der Bedarf an Vorschlägen an den jeweiligen Verdiensten und der Palette der verfügbaren Instrumente gemessen. Wenn Vorschläge für Rechtsvorschriften als angemessene Reaktion angesehen werden, wird die Kommission zur gezielten vollständigen Harmonisierung der Verbraucherschutzvorschriften auf ausreichend hoher Ebene tendieren. Die Kommission wird außerdem eine fundierte Folgenabschätzung für alle legislativen Vorschläge durchführen und eng mit den Akteuren zusammenarbeiten, um die Auswirkungen der verschiedenen Optionen zu ermessen und einen Konsens zu erreichen, damit die Verbraucherpolitik als Vorbild für eine bessere Rechtssetzung dienen kann.

Die EU steht vor einer eindeutigen Wahl: Wenn es ihr mit ihren Wachstums- und Beschäftigungszielen ernst ist, braucht sie einen gut funktionierenden Binnenmarkt. Ein gut funktionierender Binnenmarkt erfordert die Harmonisierung bestimmter Aspekte. Harmonisierung ist nicht möglich ohne die Bereitschaft der Mitgliedstaaten, bestimmte Verfahren und Vorschriften anzupassen. Gleichzeitig strebt die Kommission nicht nach einer Nivellierung nach unten. Ihr Ziel wird stets ein hohes Schutzniveau sein.

Bessere Rechtsdurchsetzung und besserer Rechtsschutz

Einer der Schwerpunkte der vorangegangenen Strategie waren die Durchsetzungsmaßnahmen, und dies wird auch weiterhin der Fall sein. Die Anwendung des Verbraucherrechts erfordert die Mitwirkung zahlreicher Akteure: Verbraucher, Händler, Medien, nichtstaatliche Verbraucherorganisationen, Selbstregulierungsgremien und öffentliche Hand. Die Maßnahmen werden sich darauf konzentrieren, begonnene Initiativen umzusetzen, bestehende Lücken zu schließen und für Koordinierung und Kohärenz zu sorgen. Die Kommission wird auch die Wirksamkeit der nationalen Durchsetzungsmaßnahmen durch Erhebungen und andere Instrumente überwachen.

Besser informierte, kompetente Verbraucher

Die EU kann durch enge Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten einen wichtigen Beitrag zu den nationalen, regionalen und lokalen Bemühungen zur Information und Aufklärung der Verbraucher leisten.

Die Verbraucher in den Mittelpunkt anderer EU-Politikfelder und Regelungsbereiche stellen

Die Verbraucher sind direkt von zahlreichen EU-Politikfeldern wie Binnenmarkt, Unternehmen, Finanzdienstleistungen, Verkehr, Wettbewerb, Energie und Handel betroffen. Fortschritte bei der Einbeziehung der Verbraucherinteressen wurden insbesondere in den Bereichen Produktsicherheit, Verkehr, Telekommunikation, Energie und Wettbewerb erzielt. Auf diesen Errungenschaften soll künftig aufgebaut werden, um die Verbraucherinteressen systematischer zu berücksichtigen.

Zwei wichtige Aspekte müssen behandelt werden: 1. Die Liberalisierung grundlegender Dienstleistungen bringt zwar beträchtliche Vorteile für die meisten Verbraucher mit sich, Schutzmaßnahmen sind jedoch weiterhin notwendig für diejenigen, die nicht von diesen Marktmechanismen profitieren können. Der erschwingliche Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen für alle ist für eine moderne und flexible Wirtschaft, aber auch für die soziale Integration sehr wichtig. Der Nachweis, dass kein Verbraucher alleine gelassen wird, wird auch die politische Unterstützung für die Liberalisierung fördern. 2. Liberalisierungsmaßnahmen auf EU-Ebene erfordern ferner eine stärkere Überwachung der wichtigsten Verbrauchermärkte, um positive Ergebnisse für die Verbraucher sicherzustellen. Wichtige Dienstleistungen benötigen stärkere Garantien hinsichtlich Markttransparenz und bessere Beschwerde- und Rechtsschutzverfahren.

5. MAßNAHMEN

Obgleich die aufgeführten Prioritäten spezifisch für die Verbraucherpolitik der EU sind, hat aber eine Evaluierung der Auswirkungen der vorherigen Strategie[14] auf die nationalen Verbraucherpolitiken gezeigt, dass sich diese Prioritäten weitgehend mit den nationalen Politiken überschneiden. Zwecks Sicherstellung einer engen Abstimmung auf die nationalen Verbraucherpolitiken wird das bestehende Netz hochrangiger Beamter für Verbraucherpolitik ein Forum für politische Koordinierung und Entwicklung bereit stellen.

5.1. Besseres Monitoring in Bezug auf Verbrauchermärkte und nationale Verbraucherpolitiken

Benötigt wird eine Vielzahl neuer Instrumente, um zu einem verbraucherorientierten Monitoring im Binnenmarkt zu gelangen. Zu folgenden Einzelaspekten werden Indikatoren entwickelt und Statistiken erstellt werden: Größenordnung des grenzübergreifenden B2C-Handels, Preisentwicklung (konvergierend/divergierend); Konformität mit den Rechtsnormen; Verbrauchervertrauen, Beschwerden, Kosten, Fragen des Zugangs und Zufriedenheitsgrad. Außerdem werden Arbeiten in Angriff genommen werden, die darauf abstellen, ein umfassenderes Bild von den Einstellungen und Verhaltensweisen der Verbraucher zu gewinnen und insbesondere genaueren Aufschluss darüber zu erlangen, wie sich aufgeklärte Verbraucher im praktischen Alltag verhalten und inwiefern sie sich von den neuen Technologien und neuen Absatzmethoden betroffen fühlen.

Um fundiertere Erkenntnisse über das Verhalten der Verbraucher zu gewinnen, wird auch das 7. Rahmenprogramm für Forschung und Technologische Entwicklung als Grundlage herangezogen werden. In Bezug auf wirtschaftliche Interessen der Verbraucher und Produktsicherheit, aber auch Lebensmittel und Gesundheit sind Finanzierungsmaßnahmen geplant, mit denen die Fragmentierung der Verbraucherforschung durch Bündelung unterschiedlicher Disziplinen wie Wirtschafts-, Sozial- und kognitive Wissenschaften gedrosselt werden soll. Allein schon eine Konsolidierung dieser Disziplin wird der Kommission mit dazu verhelfen, bessere politische Konzepte und Rechtsetzungsmaßnahmen zu entwickeln, die auf gesicherteren empirischen Erkenntnissen über die Verbrauchereinstellung quer durch eine Vielzahl von EU-Politikfeldern fußen.

Durchgeführt werden wird ferner ein systematischeres Monitoring in Bezug auf nationale Verbraucherpolitiken mit Hilfe von Benchmarks. Als Querschnittsaufgabe wird die Kommission sich darum bemühen, in den unterschiedlichsten EU-Politikbereichen verbraucherbezogene Statistiken sowie das Sammeln entsprechender Informationen voranzubringen. In punkto Verbraucherstatistik wie auch bei den sog. Demand-side-Statistiken besteht erheblicher Bedarf. Dabei kommt EUROSTAT, dem Statischen Amt der EU, eine wesentliche Rolle in Sachen Einholung gesicherter („harter“) verbraucherbezogener Daten wie beispielsweise Preisvergleiche und Validierung „weicher“ statistischer Angaben zu.

Für den Bereich Sicherheit werden das EU-weite System zur Erfassung harmonisierter Daten über Unfälle und Verletzungen , in die Produkte und Dienstleistungen involviert sind, die Verbesserung der Evidenzbasis über Risiken in Verbindung mit Produkt- und Dienstleistungssicherheit sowie das laufende gemeinsame Forschungsvorhaben EIS-ChemRisks (Europäisches Informations-System für Daten über die Gefährdung des Menschen durch Chemikalien in Verbrauchsgütern) die wichtigsten vorrangigen Aufgaben sein.

5.2. Bessere Verbraucherschutzregelungen

Sinn und Zweck der laufenden Überprüfung der Verbraucherschutzbestimmungen ist es, das EU-Verbraucherrecht moderner zu gestalten und zu vereinfachen und das Regelungsumfeld im Sinne der Wirtschaft wie auch der Verbraucher zu verbessern. Die ersten Ergebnisse, zu denen die Kommission gelangt ist, und Optionen für entsprechende Maßnahmen, haben ihren Niederschlag in dem Grünbuch „Die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz“ gefunden, das am 8. Februar 2007 angenommen wurde. Sollten weitere Untersuchungen diese vorläufigen Ergebnisse bestätigen, wird die Kommission im Jahr 2008 diesbezügliche Vorschläge formulieren. Darin mit einfließen würden auch die ersten Erkenntnisse, die aus den Arbeiten der Kommission in Sachen Erarbeitung eines gemeinsamen Bezugsrahmens für ein europäisches Vertragsrecht gewonnen werden konnten.

Darüber hinaus wird die Kommission sich jenen Problemen widmen, die spezifisch für bestimmte Richtlinien sind. Ausgemacht wurden bislang verschiedene Schwierigkeiten im Zusammenhang mit langfristigen Tourismusprodukten. Diese Probleme gilt es dringend anzugehen. Deshalb wird im Jahr 2007 ein Vorschlag zur Änderung der Timesharing -Richtlinie[15] vorgelegt werden. Fortgeführt werden die Arbeiten im Hinblick auf die Annahme des Vorschlags[16] für eine neue Verbraucherkredit -Richtlinie. Daneben wird die Kommission einen Bericht über die Anwendung der Richtlinie 2002/65/EG über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher [17] erstellen.

2007 wird die Kommission einen Bericht zum Stand der praktischen Anwendung der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit [18] erstellen. Darin behandelt werden sollen u. a. die Frage einer Verbesserung der Rückverfolgbarkeit der Produktherkunft und Aspekte wie das Funktionieren der Marküberwachung, Normung und Verbote auf Gemeinschaftsebene. Mit dem „neuen Ansatz“ zur Regelung des Bereichs Produktsicherheit und mit der Produktsicherheitsrichtlinie haben Normen als Rechtsinstrument erheblich an Bedeutung hinzugewonnen. Besonders wichtig ist deshalb die fortlaufende Unterstützung zugunsten der Europäischen Vereinigung zur Koordinierung der Verbrauchervertretung in Normungsangelegenheiten (ANEC), damit sichergestellt werden kann, dass die Verbraucher aktiv in die Normungsarbeit eingebunden sind. Zudem wird die Kommission weiter darauf hin arbeiten, dass die Vertretung der Interessen der EU-Verbraucher in den Gremien für internationale Normung gewährleistet ist.

Verbraucherorganisationen auf europäischer Ebene müssen Gelegenheit haben – und die entsprechenden fachlichen Voraussetzungen erfüllen –, um sich in verbaucherrelevante EU-Initiativen einbringen zu können. Deshalb wird die Kommission auch weiterhin den operationellen Betrieb von Verbraucherorganisationen auf europäischer Ebene kofinanzieren. Die Europäische Beratende Verbrauchergruppe (EBVG)[19] wird weiterhin für die Kommission das wichtigste Forum bleiben, um nationale und europäische Verbraucherorganisationen zu konsultieren. Gleichzeitig sollen aber auch die Fachbenutzergruppen und spezifischen Foren wie das „FIN-USE“-Nutzerpanel oder die EBVG-Untergruppen für Finanzen und Wettbewerb weiter ausgebaut werden.

Die Verbraucherbewegung unterscheidet sich in der EU von Land zu Land recht deutlich, gemessen an ihrer jeweiligen Stärke, ihrer Struktur und ihrem Handlungspotenzial. Angesichts dessen wird die Kommission weiterhin den nationalen Verbraucherorganisationen Unterstützung zukommen lassen, speziell den Organisationen in neuen Mitgliedstaaten, und zwar in Form von Fortbildung zur Qualifizierung ihrer Mitarbeiter nicht nur in den Kernaufgaben (Management, Lobbying und Verbraucherrecht), sondern auch in eher spezialisierten Themenbereichen. Diese Schulungsmaßnahmen werden wie bisher auf multilateraler Basis organisiert werden. Eine starke Verbraucherbewegung in dem jeweiligen nationalen Kontext ist von zentraler Bedeutung für eine starke Verbraucherbewegung auf EU-Ebene und für gut funktionierende nationale Märkte. Im Rahmen des Monitoring, dem die nationalen Verbraucherschutzregelungen von der Kommission unterzogen werden, wird die Kommission ein besonderes Augenmerk auf die Ausgestaltung der jeweiligen nationalen Politik zugunsten der Verbraucherbewegung richten – speziell in den Mitgliedstaaten, in denen diese besonders schwach ist.

5.3. Bessere Rechtsdurchsetzung und besserer Rechtsschutz

Umsetzung von Rechtsvorschriften und Maßnahmenvollzug

Die Kommission wird weiterhin gemeinsam mit den Mitgliedstaaten darauf hin arbeiten, dass der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken fristgerecht und auf einheitliche Weise nachgekommen wird.

Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung des Verbraucherrechts und der Rechtsvorschriften über Produktsicherheit zuständigen öffentlichen Einrichtungen ist eine unabdingbare Voraussetzung für das Funktionieren des Binnenmarkts. Im Zuge der ständig wachsenden Zahl gemeldeter Verstöße/zu bearbeitender Fälle (67 Meldungen im Jahr 2003 gegenüber 701 Meldungen im Jahr 2005) wird die Marküberwachung erweitert und das Schnellwarnsystem RAPEX weiter ausgebaut werden. Weiterentwickelt werden wird auch die DV-Anwendung, mit der Unternehmen unmittelbar Meldung über gefährliche Produkte erstatten können. Die Kommission wird das Europäische Netz für Produktsicherheit weiter fördern und gemeinsame Aktionen kofinanzieren, die in Zusammenarbeit zwischen Regelungsbehörden durchgeführt werden und zum Ziel haben, unter den bestehenden Marktüberwachungs-Verfahren vorbildliche Praktiken auszumachen.

Die praktische Durchführung der Verordnung über Zusammenarbeit im Verbraucherschutz wird zu einem radikalen Wandel in den bisherigen Verfahren der Zusammenarbeit der nationalen Durchsetzungsbehörden untereinander wie auch mit der Kommission führen. Wichtigste Herausforderung für die kommenden Jahre wird die sein, sicherzustellen, dass der beträchtliche Bestand an Maßnahmen legislativer Natur und an behördlichen Regelungen und Verwaltungsbestimmungen wirksam umgesetzt werden und zu einer effizienten Zusammenarbeit in der Praxis führen, was Verbrauchern und ehrlichen Gewerbetreibenden gleichermaßen zugute kommt.

Rechtliche Absicherung

Wenn die Verbraucher hinreichend zuversichtlich sein sollen, um außerhalb ihres Wohnlandes einzukaufen und damit die Vorteile zu nutzen, die ihnen der Binnenmarkt bietet, dann müssen sie darauf zählen können, dass sie im Problemfall auf wirksame Mechanismen zurückgreifen können, um zu ihrem Recht zu kommen . Für Verbraucherrechtsstreitigkeiten benötigt werden entsprechend abgestimmte Mechanismen, die nicht zwangsläufig mit Kosten und Fristen verbunden sind, die in keinem Verhältnis zum eigentlichen Streitwert stehen.

Die Kommission wird die laufende Beobachtung der Wirksamkeit der bestehenden Empfehlungen[20] mit Grundsätzen für die Einhaltung bestimmter Mindestgarantien in alternativen Streitbeilegungsverfahren verstärken und auf eine verstärkte Anwendung dieser Grundsätze hinwirken.

Mit der Richtlinie über Unerlassungsklagen [21] ist ein gemeinsames Verfahren festgelegt worden, um es qualifizierten Einrichtungen zu ermöglichen, rechtswidrigen Praktiken, die den kollektiven Interessen der Verbraucher gleich wo in der EU zuwiderlaufen, Einhalt zu gebieten. Zu der Richtlinie über Unterlassungsklagen wird die Kommission 2007 einen Bericht vorlegen und eine öffentliche Konsultation über die Auswirkungen dieser Richtlinie durchführen. Ferner wird die Kommission eine Untersuchung zur Sachlage fertig stellen. Außerdem wird sie Maßnahmen in Sachen Verbraucher-Sammelklagen bei Verstößen gegen Verbraucherschutzbestimmungen, aber auch gegen die Kartellvorschriften der EU in Erwägung ziehen – letzteres im Einklang mit dem Grünbuch aus dem Jahr 2005 über Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts.

5.4. Besser informierte, kompetente Verbraucher

Das Netz der Europäischen Verbraucherzentren (ECC-Net) ist darauf ausgerichtet, das Vertrauen der Verbraucher dadurch zu festigen, dass diese über die ihre gesetzlichen Ansprüche ins Bild gesetzt werden und ihnen der Zugang zu den gebotenen Möglichkeiten vereinfacht wird, um bei grenzübergreifenden Rechtsproblemen zu ihrem Recht zu kommen. Die Kommission wird das Netz weiterhin gemeinsam mit den Mitgliedstaaten kofinanzieren und verwalten und in sämtlichen Mitgliedstaaten Anlaufstellen einrichten.

Zu Ende geführt werden wird die Reihe der in den neuen Mitgliedstaaten durchgeführten Informationskampagnen zur Sensibilisierung der Verbraucher über ihre Rechte und über die Aufgaben und Funktionen der nichtstaatlichen Verbraucherschutzorganisationen.

Die Kommission wird die Auflage des Europa-Taschenkalenders für Schüler aufstocken und in den Kalender inhaltlich um Themen erweitern, die Heranwachsende besonders ansprechen, z.B. die Problematik Umweltschutz und ökologisches Konsumverhalten. Die Kommission wird die Entwicklung neuer Lernmodule für den Einsatz in der Erwachsenenbildung fördern, und die bestehende Teachware dahingehend überarbeiten[22], dass verbraucherrelevante Kernthemen behandelt werden. Unterstützen wird die Kommission die Erarbeitung modular aufgebauter Bildungsmaßnahmen zur Erlangung von Fachkompetenzen in Verbraucherangelegenheiten auf Postgraduierten-Ebene.

Verbraucher, die wissen, was Sache ist und über die nötigen Entscheidungs- und Handlungskompetenzen verfügen, sind eher in der Lage, ihre Lebensgewohnheiten und ihr Konsumverhalten zum Wohl ihrer eigenen Gesundheit umzustellen und damit einen Beitrag zu einer umweltbewussten Lebensweise und einer Wirtschaft mit niedrigeren CO2-Emissionen zu leisten. Verbraucher tragen wesentlich dazu bei, die ökologischen Herausforderungen wie Klimawandel, Luft- und Wasserverschmutzung, Landnutzung und die Müllproblematik zu meistern. Umweltschutz und die Bekämpfung des Klimawandels machen bessere Information in Bereichen wie Energie und Verkehr unabdingbar, da gerade auf diesen Gebieten die Verbraucher wirklich etwas ändern könnten.

5.5. Die Verbraucher in den Mittelpunkt anderer EU-Politikfelder und Regelungsbereiche stellen

Die Überprüfung des bisher im Binnenmarkt Erreichten hat gezeigt, dass weiter Handlungsbedarf im Bereich der Finanzdienstleistungen für Privatkunden besteht. Auch einer unlängst von der Kommission durchgeführten Umfrage zufolge[23] sind die Märkte für das Retail-Banking nach wie vor stark fragmentiert, und auf diesem Gebiet bestehen weiterhin Wettbewerbshemmnisse. Die Kommission wird ein Grünbuch über Finanzdienstleistungen für Privatkunden und ein Weißbuch über Hypothekendarlehen auflegen. Ferner wird sie die Hemmnisse untersuchen, die Verbrauchern das Eröffnen und Schließen eines Bankkontos oder ein Wechseln ihrer Bankverbindung erschweren, und sich mit den Wettbewerbsproblemen im Retail-Banking befassen.

Ziel der Kommission ist es, sicherzustellen, dass die Politik auf dem Gebiet der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse mit flankierenden Maßnahmen einhergeht, die auf die Belange der Verbraucher abgestimmt sind. Des weiteren wird sie dafür Sorge tragen, dass dort, wo es angemessen erscheint, der Universaldienst sowohl auf EU-Ebene als auch auf nationaler Ebene gewährleistet bleibt. In ihrer demnächst anstehenden Mitteilung über Dienstleistungen von allgemeinem Interesse wird die Kommission sich mit der Frage der bereichsübergreifenden, horizontalen Verbraucherrechte bei jedweder Art von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse auseinandersetzen. Außerdem wird sie, soweit sektorenspezifische Rechtsvorschriften über Dienstleistungen von allgemeinem Interesse betroffen sind, die Verbraucher weiter schützen und in ihren Rechten stärken.

Aufbauend auf den Rechten, die Fluggästen eingeräumt worden sind, wird die Kommission Vorschläge für entsprechende Regelungen in anderen Bereichen des Personenverkehrs erarbeiten, die sich insbesondere an Personen mit eingeschränkter Mobiliät richten. Außerdem wird sie eine Charta für Energieverbraucher verabschieden.

Die Kommission wird sich weiter für eine bessere Koordinierung der Anliegen und Prioritäten der einzelnen Politikbereiche einsetzen, in denen es um die Unversehrtheit der Verbraucher bei anderen Erzeugnissen als Lebensmittel (z.B. Verbraucherschutz, Gesundheit, Unternehmen und Industrie, Umwelt, Verkehr) und um Sicherheit (z.B. in der Luftfahrt) geht.

Gemeinsam mit der Europäischen Beratenden Verbrauchergruppe (EBVG) wird die Kommission weiterhin für die aktive Einbindung der Verbraucher in allen einschlägigen politischen Gremien Sorge tragen. Grundsätzlich wird die Mitarbeit in diesen Gremien aus den Haushaltsmitteln für die jeweiligen Politikbereiche vergütet. Außerdem wird die Kommission prüfen, wie die politischen Interessenvertreter aktiver in die für andere Politikbereiche durchgeführten Konsultationen zu Vorschlägen, die wesentliche Auswirkungen auf die Verbraucher haben[24], einbezogen werden können. In jeder Generaldirektion der Kommission, in denen wesentliche Verbraucherinteressen berührt werden, wird nach dem Vorbild der Generaldirektion Wettbewerb ein Verbindungsbeamter für Verbraucherfragen bestellt werden, der als Vermittler mit den betroffenen Akteuren im Bereich Verbraucherschutz fungiert, so dass sichergestellt werden kann, dass für jeden einzelnen Politikbereich die nötigen faktischen Erkenntnisse zusammengetragen werden können, um die Auswirkungen der betreffenden Maßnahmen auf die Verbraucher zu überprüfen.

5.6. Besserer Schutz der Verbraucher aus der EU auf den internationalen Märkten

Die Regelungs- und die Durchsetzungsbehörden aus aller Welt haben allesamt ein Interesse daran, zusammenzuarbeiten, um unsichere Produkte aufzuspüren, Gefahren zu ermitteln und Risken zu bewerten. Im Jahr 2005 hat die Kommission mit der amerikanischen Regierungsstelle für Produktsicherheit („US Consumer Product Safety Commission“) und der chinesischen Behörde für Qualitätssicherung, Inspektion und Quarantäne (AQSIQ) je eine Vereinbarung über Zusammenarbeit im Bereich Sicherheit von Konsumerzeugnissen geschlossen. Die Kommission wird die Zusammenarbeit mit den Behörden der USA und der Volksrepublik China auf der Grundlage der bestehenden Übereinkünfte verstärken und ggf. auf das Zustandekommen weiterer Vereinbarungen hinwirken.

Der zunehmende E-Commerce bringt mit sich, dass skrupellose Gewerbetreibende ungehindert über Grenzen hinweg operieren können. Die Verordnung über Zusammenarbeit im Verbraucherschutz sieht deshalb vor, dass zwischen der EU und Drittländern internationale Vereinbarungen über gegenseitige Amtshilfe geschlossen werden können. Infolgedessen wird die Kommission sich darum bemühen, dass der Rat ihr Verhandlungsmandate zwecks Zustandebringens solcher internationaler Übereinkünfte mit Ländern erteilt, mit denen sie in regem Konsumgüter-Handelsautausch steht und die an einer Zusammenarbeit interessiert sind.

6. FAZIT

Verbraucherpolitik ist auf einzigartige Weise dazu geeignet, der EU zu verhelfen, die doppelte Herausforderung mit Namen „Wachstum und Beschäftigung“ und „Zurück zu Bürgernähe“ zu bestehen. Zielvorstellung der Kommission ist es, bis zum Jahr 2013 allen Bürgern und Bürgerinnen in der EU deutlich vor Augen führen zu können, dass sie ohne Bedenken gleich wo in der EU einkaufen können, ob im Laden um die Ecke oder im Internet, weil sie sich darauf verlassen können, gleichermaßen rechtlich geschützt zu sein. Ebenso soll damit Gewerbetreibenden unmissverständlich klar gemacht werden, dass sie ihre Waren überall hin verkaufen können, wenn sie nur einige wenige unkomplizierte einheitliche Regeln beachten.

Das für Verbraucherschutz zuständige Kommissionsmitglied wird Jahr für Jahr aus Anlass des Europäischen Verbrauchertags (am 15. März) eine mündliche Verlautbarung abgegeben, in der die zwischenzeitlich erzielten Fortschritte umrissen werden. Darüber hinaus wird das zuständige Kommissionsmitglied den Rat, das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten regelmäßig auf dem Laufenden halten. Vor dem Monat März 2011 wird die Kommission einen Halbzeitbericht und vor Dezember 2015 einen Ex-post-Evaluierungsbericht vorlegen.

[1] EIN BINNENMARKT FÜR DIE BÜRGER Zwischenbericht für die Frühjahrstagung 2007 des Europäischen Rates, Brüssel - KOM(2007) 60 vom 21.2.2007.

[2] Der Einzelhandel umfasst wirtschaftliche Transaktionen zwischen Wirtschaftsteilnehmern und Endverbrauchern (Verbraucher, die außerhalb ihres Berufslebens auftreten), auch B2C-Markt (business-to-consumer) genannt. Unternehmen egal welcher Größe, die als Käufer auftreten, fallen nicht unter diese Strategie.

[3] „Mehr Gesundheit, Sicherheit und Zuversicht für die Bürger - Eine Gesundheits- und Verbraucherschutzstrategie“ - KOM(2005) 115.

[4] Eurobarometer Spezial Nr. 252 "Consumer protection in the Internal Market",http://ec.europa.eu/consumers/topics/eurobarometer_09-2006_en.pdf

[5] Eurobarometer-Blitzumfrage Nr. 186 “Business attitudes towards cross-border sales and consumer protection” http://ec.europa.eu/consumers/topics/flash_eb_186_ann_report_en.pdf

[6] Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (ABl. L 149 vom 11.6.2005, S. 22).

[7] Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden (ABl. L 364 vom 9.12.2004, S. 1).

[8] http://ec.europa.eu/consumers/redress/ecc_network/index_en.htm

[9] Beschluss Nr. 1926/2006/EG vom 18. Dezember 2006 (ABl. L 404 vom 30.12.2006, S.39).

[10] Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Dezember 2005 zur Förderung und zum Schutz der Verbraucherinteressen in den neuen Mitgliedstaaten.

[11] Eurobarometer Spezial Nr. 252 "Consumer protection in the Internal Market", http://ec.europa.eu/consumers/topics/eurobarometer_09-2006_en.pdf

[12] Grünbuch „Die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz“ - KOM(2006) 744.

[13] Verbraucherpolitische Strategie 2002-2006 - KOM(2002) 208.

[14] http://ec.europa.eu/consumers/overview/cons_policy/index_en.htm

[15] Richtlinie 94/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 1994 zum Schutz der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien (ABl. L 280 vom 29.10.1994, S. 83).

[16] K OM(2005) 483.

[17] Richtlinie 2002/65/EG vom 23.9.2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher (ABl. L 271 vom 9.10.2002, S. 16).

[18] Richtlinie 2001/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Dezember 2001 über die allgemeine Produktsicherheit (ABl. L 11 vom 15.1.2002, S. 4).

[19] http://ec.europa.eu/consumers/cons_org/associations/committ/index_en.htm

[20] Empfehlung 98/257/EG der Kommission vom 30. März 1998 betreffend die Grundsätze für Einrichtungen, die für die außergerichtliche Beilegung von Verbraucherrechtsstreitigkeiten zuständig sind (ABl. L 115 vom 17.4.1998, S. 31) und Empfehlung der Kommission vom 4. April 2001 über die Grundsätze für an der einvernehmlichen Beilegung von Verbraucherrechtsstreitigkeiten beteiligte außergerichtliche Einrichtungen (ABl. L 109 vom 19.4.2001, S. 56).

[21] Richtlinie 98/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 166 vom 11.6.1998, S. 51).

[22] www.dolceta.eu

[23] http://ec.europa.eu/comm/competition / antitrust/others/sector_inquiries/financial_services

[24] Diese Beteiligung der interessierten Kreise am Prozess der Politikgestaltung gehört auch mit zu den Schwerpunkten des Grünbuchs „Europäische Transparenzinitiative“ - KOM(2006) 194.