52006DC0409

Mitteilung der Kommission an den Rat - Beitrag zur Position der EU im Rahmen des Hochrangigen Dialogs der Vereinten Nationen über Internationale Migration und Entwicklung /* KOM/2006/0409 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 14.7.2006

KOM(2006) 409 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT

Beitrag zur Position der EU im Rahmen des Hochrangigen Dialogs der Vereinten Nationen über Internationale Migration und Entwicklung

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT

Beitrag zur Position der EU im Rahmen des Hochrangigen Dialogs der Vereinten Nationen über Internationale Migration und Entwicklung

1. EINLEITUNG

In den letzten Jahren sind die internationale Migration, ihre Steuerung und ihre wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen für die Herkunfts- und Aufenthaltsländer der Migranten - nicht zuletzt vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, der Überalterung der Bevölkerung und des Fachkräftemangels in den Industrieländern und des starken Bevölkerungswachstums, der geringen beruflichen Aufstiegschancen und der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit in den Entwicklungsländern - zunehmend in den Blickpunkt des Interesses gerückt.

Die Folgen der Migration für die Migranten, sowie deren Rechte und Lebensbedingungen gehören ebenfalls zu den zentralen Fragen, mit denen die internationale Gemeinschaft nunmehr konfrontiert ist. Diese Entwicklung wird auf Ebene der Vereinten Nationen reflektiert: So bildete die internationale Migration und ihre Verknüpfung mit der Entwicklung ein Hauptthema der Internationalen Bevölkerungs- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen von 1994 in Kairo, das nach der Konferenz auf VN-Ebene bei zahlreichen Anlässen und insbesondere im Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen behandelt wurde.

Die internationale Migration ist eine der zahlreichen Folgen einer zunehmenden Globalisierung. In Anbetracht dieser Entwicklung beschloss die Europäische Union die schrittweise Formulierung einer EU-Einwanderungs- und Asylpolitik, zumal gemeinsame Herausforderungen gemeinsame Lösungen verlangen. Seit dem Inkrafttreten des Vertrages von Amsterdam am 1. Mai 1999 gelten für die Einwanderungspolitik die EG-Beschlussfassungsregeln. Das nach diesen Regeln vom Europäischen Rat 1999 angenommene Tampere-Programm[1], markiert somit den Beginn der Formulierung einer gemeinsamen Einwanderungs- und Asylpolitik der Europäischen Union. Fünf Jahre später, im November 2004, wurde mit dem Haager Programm[2] eine Bilanz der Ergebnisse und Defizite gezogen und ein ehrgeiziges Arbeitsprogramm für die kommenden fünf Jahre aufgestellt. Die Durchführung des Haager Programms ist bereits weit fortgeschritten.

Die Europäische Gemeinschaft ist nicht zuletzt wegen der erheblichen externen Dimension der EU-Einwanderungspolitik ein wichtiger Akteur der globalen Debatte über die internationale Migration. Die Europäische Kommission hat in diesem Zusammenhang als Vertreterin der Gemeinschaft einen umfassenden Dialog mit einer Vielzahl von Drittländern und regionalen Organisationen eingeleitet, bei dem migrationsbezogene Fragen wie die Verknüpfung von Migration und Entwicklung, die Bekämpfung der illegalen Einwanderung und des Menschenhandels sowie die Stärkung des Schutzes der Asylsuchenden und Flüchtlinge erörtert werden. Weitere Dialoge dieser Art werden in naher Zukunft folgen. Außerdem unterstützt die Gemeinschaft, namentlich über das Programm AENEAS[3] eine Reihe von Drittländern beim Ausbau ihrer Kapazität zur Steuerung der internationalen Migration, und arbeitet in Partnerschaft mit den beteiligten Ländern darauf hin, dass migrationsbezogene Fragen in die EU-Programme für geographische Entwicklung und Zusammenarbeit einbezogen werden, einschließlich der Ursachen der Auswanderung, namentlich über ein externes Programm für menschliche und soziale Entwicklung[4]. Diese und ähnliche Initiativen werden in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten durchgeführt, da greifbare Ergebnisse nur durch ein gemeinsames Arbeiten und eine Bündelung der Ressourcen erzielt werden können.

Die EU will sicherstellen, dass die Grundrechte der Migranten und Flüchtlinge gewahrt werden und den Migranten in den Aufnahmeländern die Vorteile eines wechselseitigen Anpassungs- und Integrationsprozesses zugute kommen. Sie setzt sich für die vollständige Umsetzung der VN-Konventionen zur Bekämpfung jeder Form von Intoleranz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen in der Gesellschaft ein und unterstützt alle VN-Initiativen für eine Kultur der Menschenrechte, die zur Achtung des Anderen und zum Verständnis zwischen den Zivilisationen erziehen.

Die Kommission begrüßt im Namen der Gemeinschaft den Beschluss der Generalversammlung der Vereinten Nationen, im Rahmen der 61. Ordentlichen Tagung am 14. und 15. September 2006 einen Hochrangigen Dialog über Migration und Entwicklung zu führen. Angesichts der zunehmenden Bedeutung der internationalen Migration hält die Kommission den Zeitpunkt für diese Initiative für ausgesprochen gut gewählt. Mit diesem Beitrag im Rahmen des Hochrangigen Dialogs möchte die Kommission ihre Erfahrungen im Bereich der internationalen Migration einbringen und einige Empfehlungen aussprechen[5].

2. FRAGEN, DIE BEHANDELT WERDEN SOLLTEN

Ausgehend von den Unterlagen, die das Generalsekretariat der Vereinten Nationen vorbereitet hat[6], sowie von den Erörterungen im Vorfeld des Hochrangigen Dialogs möchte die Europäische Union auf eine Reihe von Punkten eingehen. Die meisten dieser Punkte werden auch im Bericht der Weltkommission für internationale Migration (GCMI)[7] behandelt. Dieser Bericht enthält eine Reihe nützlicher Empfehlungen, die zu Erörterungen im Rahmen des Hochrangigen Dialogs, beispielsweise über Fragen der Arbeitsmigration, der Verflechtung von Migration und Entwicklung, der Integration sowie der Art und Weise, wie auf die Herausforderungen durch illegale Migration zu reagieren ist, positiv beitragen werden. Asylfragen, die nicht zu den vorrangigen Tagesordnungspunkten des Hochrangigen Dialogs zählen, werden an dieser Stelle nicht behandelt. Die EU hält diese Fragen jedoch für ausgesprochen wichtig und arbeitet an einem umfassenden politischen Konzept zur Bewältigung der diesbezüglichen Herausforderungen.

2.1. Partnerschaft und Verantwortungsteilung

Die EU ist überzeugt, dass die Migrationssteuerung in der gemeinsamen Verantwortung von Herkunftsländern, Transitländern und der Zielländern liegt. Dies gilt umso mehr, als eine eindeutige Unterscheidung dieser drei Kategorien von Ländern immer schwieriger wird. Geteilte Verantwortung erfordert eine intensive Zusammenarbeit der Staaten im Hinblick auf eine bessere Migrationssteuerung, bei der die Interessen und Anliegen aller beteiligten Länder berücksichtigt werden. Die Kommission ist überzeugt, dass diese Mechanismen einen flexiblen, nicht bindenden Rahmen für das Auffinden von Lösungen für gemeinsame Herausforderungen bieten, angefangen von der Bekämpfung des Menschenhandelns über die Verbesserung des Transfermöglichkeiten für Rücküberweisungen der Migranten bis hin zur Stärkung von „Brain Gain“ und „Brain Circulation“.

Im Rahmen ihrer umfassenden Kooperationsabkommen führt die EU mit etlichen Ländern und Regionen der Welt einen Dialog über migrationsbezogene Fragen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Europäische Nachbarschaftspolitik für die Länder in Osteuropa und im südlichen und östlichen Mittelmeerraum; weitere Dialoge laufen mit Partnern in Afrika, Asien, Lateinamerika und in der Karibik[8]. Diese Dialogen erstrecken sich in der Regel über ein breites Spektrum von Themen wie Verknüpfung von Migration und Entwicklung, Integration und Wirtschaftsmigration, Bekämpfung von gesetzeswidriger Migration und Menschenhandel, Lage der Asylsuchenden und Flüchtlinge, Auswirkungen der Lage der Asylsuchenden auf die Entwicklung sowie, allgemeiner, gemeinsame Anstrengungen im Hinblick auf ein bessere Steuerung der Wirtschaftsmigration. Diese Dialoge haben unter Umständen zur Folge, dass die EU ihre Partnerländer über die themen- und länderspezifischen EU-Programme beim Aufbau leistungsfähiger Strukturen und Einrichtungen („Capacity building“) im Hinblick auf eine bessere Steuerung der Migrantenströme und die Maximierung der positiven Verknüpfungen zwischen Migration und Entwicklung unterstützt.

Das „Capacity building“ fördert den politischen Dialog. In den Drittländern müssen gemeinsame Ziele und Arbeitsregelungen zwischen den einzelnen nationalen Verwaltungen und den übrigen Beteiligten, einschließlich, festgelegt werden, damit die migrationsbedingten Herausforderungen bewältigt werden können. Bei diesem Prozess, der zur Entwicklung von nationalen Migrationsstrategien und Maßnahmenplänen führen könnte, die eine konkrete zeitliche und finanzielle Planung einschließen, können diese Länder unterstützt werden.

Die Zusammenarbeit mit Staaten und regionalen Einrichtungen in Afrika gehört zu den Prioritäten der Gemeinschaft. Die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom Dezember 2005 enthalten eine Liste vorrangiger Maßnahmen, die 2006 durchgeführt werden sollen, um den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Afrika in Bezug auf eine Vielzahl migrationsspezifischer Fragen zu intensivieren[9]. Zu diesen Maßnahmen gehört unter anderem eine Initiative, bei der sich Herkunfts-, Transit- und Zielländer, insbesondere jene, die an einer „Migrationsroute“ liegen, gemeinsam mit den Herausforderungen der Migration befassen.

2.2. Steuerung der Wirtschaftsmigration im gemeinsamen Interesse von Herkunfts- und Zielländern

Die Steuerung der Wirtschaftmigration ist eng verknüpft mit der Debatte über die Nutzbarmachung der Synergieeffekte von Migration und Entwicklung. Die Wirtschaftsmigration ist bei richtiger Steuerung nicht nur für den einzelnen Migranten und die Zielländer von Nutzen, sondern kann darüber hinaus auch positiv zur Entwicklung der Herkunftsländer beitragen: kurzfristig durch die Rücküberweisungen der Migranten, mittel- und langfristig durch die Valorisierung der Fachkenntnisse, der Erfahrungen und des sozialen Kapitals, die von den Migranten in den Aufnahmeländern erworben werden. Um das zu erreichen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, unter anderem die freiwillige Re-Migration. Allerdings ist die endgültige Rückkehr für die Migranten nicht immer eine attraktive Option, was im Übrigen das derzeitige Interesse am Konzept der zirkulären Migration erklärt, die die Wissenszirkulation („brain circulation”) fördert. Es gibt verschiedene Formen der zirkulären Migration, angefangen von der temporären bzw. saisonalen Migration bis hin zur geregelten temporären oder virtuellen Migration, die unter anderem von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) gesteuert und von der Gemeinschaft und einigen Mitgliedstaaten aktiv unterstützt wird.

Um die freiwillige Re-Migration zu erleichtern und die zirkuläre Migration zu fördern hat die Kommission in ihrer Mitteilung über Migration und Entwicklung[10] sowie in ihrem Strategischer Plan zur legalen Zuwanderung[11] einschlägige Leitlinien aufgestellt. Der Strategische Plan, in dem die Arbeitsplanung der Kommission für die nächsten Jahre in den für die Zulassung legaler Zuwanderer relevanten Bereichen dargelegt wird, enthält weitere Leitlinien, die für die Herkunftsländer von Belang sein können und die unter anderem die Bereitstellung zugänglicherer Informationen über die Möglichkeiten und Bedingungen für eine legale Beschäftigung in der EU sowie eine Unterstützung von Schulungseinrichtungen in den Herkunftsländern zur Vorbereitung potenzieller Migranten auf die Arbeitsmarkterfordernisse in der EU betreffen Außerdem dürfte die Festlegung klarer, genau definierter Zulassungsverfahren für Arbeitsmigranten zu einer besseren Steuerung der Migrationsströme im Interesse aller Beteiligten beitragen.

In einigen Fällen kann die Wirtschaftsmigration in die entwickelten Länder allerdings Probleme in den Herkunftsländern aufwerfen, zumal dann, wenn sie zu Fachkräftemangel in bestimmten Sektoren oder Berufen führt.

Die Kommission hat damit begonnen möglichen Lösungen aufzuzeigen, darunter Verfahren zur Regelung der Einstellungsmaßnahmen und zur Förderung einer berufsethisch fundierten Einstellungspraxis, Überwachungsverfahren und Unterstützung von Partnerschaften zwischen Einrichtungen in den EU-Mitgliedstaaten und den Entwicklungsländern. In einer gesonderten Mitteilung wurden gezielte Vorschläge für den Gesundheitsbereich vorgelegt[12]. Die Auseinandersetzung mit der Abwanderung von Fachkräften (brain drain) und die Abschwächung der Folgen von Kompetenzverlusten wird zu den zentralen Themen des Dialogs über migrationsbezogene Fragen gehören, den die Gemeinschaft auf der Grundlage von Artikel 13 des Abkommens von Cotonou mit der Afrikanischen Union und einer Reihe afrikanischer Staaten derzeit einleitet.

Die Wirtschaftsmigration ist zudem auch eine Süd-Süd-Realität, die in den Entwicklungsländern häufig anzutreffen ist, vor allem in Rahmen regionaler Integrationsmaßnahmen, die die EU aktiv unterstützt. Diese Form der Migration kann zwar nennenswerte Vorteile bringen, sie führt bei der Verwaltungskapazität in den Entwicklungsländern allerdings auch zu Problemen, die eine adäquate Unterstützung verlangen.

Zu den damit unmittelbar zusammenhängenden Maßnahmen gehören gemeinsame Anstrengungen zur Stärkung der sozialen Dimension der Globalisierung, eine umfassende Berücksichtigung und Abfederung der durch die Handelspolitik und die Liberalisierung der Märkte hervorgerufenen Folgen sowie eine Förderung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen als globales Ziel[13].

2.3. Integration von Drittstaatsangehörigen

Eine wirksame Integrationspolitik ist grundlegend dafür, das die Migration sowohl für das Aufnahmeland als auch für die Migranten selbst gelingt. Da immer mehr Länder in der Welt zu Aufnahmeländern werden, ist die Kommission der Ansicht, dass es an der Zeit ist, einen Erfahrungsaustausch über wirksame Integrationsmaßnahmen zu fördern.

Die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten haben ein umfassendes Konzept zur Integration von Migranten entwickelt. Der Rat hat eine Reihe gemeinsamer Grundsätze festgelegt[14], die von der Kommission weiterentwickelt wurden[15]. Die Kommission hat ebenfalls ein Handbuch zur Integration für politische Entscheidungsträger und Praktiker veröffentlicht[16]; eine neue Auflage ist für Ende 2006 vorgesehen.

Darüber hinaus führen mehrere in Kraft getretene Gemeinschaftsvorschriften zu einer verbesserten Integration von Migranten, darunter die Richtlinie betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen[17] und die Richtlinie betreffend das Recht auf Familienzusammenführung[18]. Ferner gelten die Gemeinschaftsvorschriften über Diskriminierung[19] unmittelbar. Die Vorschriften über Diskriminierung, insbesondere auf Grund der Rasse oder der ethnischen Herkunft, decken eine große Anzahl von Bereichen ab, in denen Migranten Opfer ungerechter Behandlung wie beim Zugang zur Beschäftigung, Arbeitsbedingungen, Lohngruppen, Rechte und Vorteile im Zusammenhang mit einer Arbeit, Zugang zu Bildung und Fortbildung, zu Waren und Dienstleistungen, zu Sozial- und Gesundheitsleistungen werden können.

Die Integrationspolitik, insbesondere die Rechte und die Behandlung von Drittstaatsangehörigen, sind bereits Gegenstand regelmäßiger Gespräche zwischen der Gemeinschaft und verschiedenen Drittländern im Rahmen eines breiteren Dialogs über Migrationsfragen. Gleichwohl ist die Gemeinschaft bereit, ihre Erfahrung und ihre Verfahren in diesem Bereich mit anderen betroffenen Ländern und im Rahmen internationaler Foren zu teilen.

2.4. Bekämpfung der illegalen Migration und des Menschenhandels unter vollständiger Wahrung der Grundrechte

Die Unterscheidung zwischen legaler und illegaler Migration ist ein wesentliches Merkmal der Zuwanderungspolitik der Gemeinschaft. Die Bekämpfung aller Aspekte der illegalen Migration ist ein notwendiges Element der Verwaltung eines Migrationsprogramms.

Seit 2001 wurde ein umfassendes Konzept entwickelt, um alle Etappen der Migrationskette, einschließlich der Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern, der Grenzkontrolle, der Maßnahmen bei illegalem Grenzübertritt und der Rückübernahme- und Rückführungspolitik abzudecken. Dieses Konzept wird in mehreren Mitteilungen und Aktionsplänen zur illegalen Migration, zur integrierten Grenzverwaltung und zur Rückführungspolitik dargelegt.

Eine wirksame Politik zur Reduzierung der illegalen Zuwanderung erfordert eine gemischte Strategie mit Maßnahmen, die auf eine verstärkte Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten und auf eine intensivere operationelle Zusammenarbeit abzielen, sowie mit angemessenen Initiativen und Anreizen zur Förderung des Wirtschaftswachstums und der Schaffung von Arbeitsplätzen in den Herkunftsländern. Gleichzeitig werden externe Faktoren durch die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern angegangen. Alle Maßnahmen, die die Kommission in diesem Bereich vorschlägt, sind Gegenstand einer gründlichen Prüfung, die die vollständige Übereinstimmung der Vorschriften mit den Grundrechten als Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts sowie mit dem Völkerrecht, insbesondere den Verpflichtungen zum Schutz von Flüchtlingen und der Menschenrechte aufgrund der Europäischen Menschenrechtskonvention, garantiert. Von besonderer Bedeutung hierbei sind die Vorschriften betreffend Verfahrensgarantien, den Erhalt der Einheit der Familie und Garantien im Hinblick auf Abschiebungs- und Zwangsmaßnahmen. Die Kommission erarbeitet derzeit eine neue Mitteilung über illegale Zuwanderung, die die Politik der EU in diesem Bereich zusammenfasst.

Es braucht ein integriertes Konzept, um den Menschenhandel unter Berücksichtigung seines internationalen Charakters[20] und unter Wahrung der Grundrechte wirksam bekämpfen zu können.

Im Mittelpunkt der EU-Politik zur Bekämpfung des Menschenhandels stehen die betreffenden Menschen, ihre Nöte und ihre Rechte. Gleichzeitig sind Prävention und Bekämpfung des Menschenhandels ein wesentliches Element der Anstrengungen der Europäischen Union zur Verbesserung der Kontrolle und Überwachung der Außengrenzen und zu einer verstärkten Bekämpfung der illegalen Zuwanderung. Darüber hinaus werden die Mitgliedstaaten entsprechend den Gemeinschaftsvorschriften ermutigt, zur Verbesserung der Rechtsstellung von Opfern des Menschenhandels Drittstaatsangehörigen, die Opfer von Menschenhandel sind und gegen die Menschenhändler aussagen wollen, eine besondere Aufenthaltsgenehmigung sowie besondere zusätzliche Rechte für die Dauer des Strafverfahrens zu gewähren[21]. In diesem Zusammenhang möchte die Kommission an ihren Vorschlag für einen Beschluss betreffend die möglichst baldige Unterzeichnung der UN-Protokolle über Menschenhandel und Schleusertum erinnern.

Die EU möchte den Erfahrungs- und Verfahrensaustausch bei der Bekämpfung von Menschenhandel und bei der Behandlung der Opfer mit anderen betroffenen Ländern intensivieren.

2.5. Migration als Chance für Entwicklung

Es wird zunehmend anerkannt, dass Migranten positiv zur Entwicklung ihrer Herkunftsländer beitragen können. Diese Fragen waren Gegenstand von Diskussionen auf diversen internationalen Foren und sollten beim Hochrangigen Dialog nach Ansicht der Kommission im Mittelpunkt der Gespräche stehen.

Die Bereiche, in denen die Vorteile der Zusammenarbeit zwischen Herkunfts- und Bestimmungsländern am größten sein können, sind Fragen wie Geldüberweisungen von Migranten sowie ihr möglicher Beitrag zur Entwicklung ihres Ursprungslandes, die Rolle der Diasporas und ihrer Mitglieder für die wirtschaftliche, gesellschaftliche und menschliche Entwicklung dieser Länder oder auch die Förderung der zirkulären Migration. Beispielsweise ist die Senkung der Gebühren für Geldüberweisungen leichter, wenn Herkunfts- und Bestimmungsländer Hand in Hand arbeiten. Gleichermaßen ist die Mobilisierung der Diaspora wirksamer, wenn die Bemühungen von beiden Seiten ausgehen.

Die Kommission hat die Leitlinien, die sie in diesen Bereichen zu befolgen beabsichtigt, in einer am 1. September 2005 angenommenen Mitteilung zusammengefasst[22]. Während einige Leitlinien dieses Schriftstücks einseitig durch die EU eingeführt werden können (beispielsweise Maßnahmen zur Erhöhung des Wettbewerbs und der Transparenz auf dem Markt für Geldüberweisungen oder Maßnahmen im Bereich Aufenthaltsrecht), können die meisten nur in Zusammenarbeit mit den betreffenden Herkunftsländern umgesetzt werden. Mit dieser Mitteilung schlägt die Kommission somit eine Zusammenarbeit mit Partner-Entwicklungsländern vor, um ihnen zu helfen, die möglichen Vorteile, die die Migranten ihren Herkunftsländern bringen, zu nutzen. Die Kommission ist bereit, dieses Ziel gegebenenfalls und unter Voraussetzung einer Einigung zwischen den Parteien in ihre Programme zur Zusammenarbeit und Entwicklung mit diesen Ländern aufzunehmen. Die Finanzierung erfolgt bereits über das Programm AENEAS, beispielsweise in Form einer Förderung von Initiativen der Diaspora-Gemeinschaften zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung ihrer Herkunftsgemeinschaft und zur einfacheren Verwendung der Geldüberweisungen für produktive Investitionen und entwicklungspolitische Initiativen.

Um diese Verbindungen und Synergien wirklich nutzen zu können, müssen kurzfristige Maßnahmen mit langfristigen Konzepten und einer gut integrierten Migrations- und Entwicklungspolitik einhergehen. Das Thema Migration wird immer stärker in die länder- oder regionenspezifischen Strategiepapiere einbezogen, die den Rahmen für die Hilfe bieten, die die Gemeinschaft den Partnern-Entwicklungsländern leistet. Dies hat zu einem besseren Verständnis der Dimension von Migration und Entwicklung geführt, sodass mehrere Entwicklungsländer Probleme wie die Abwanderung von Spitzenkräften oder die Mobilisierung ihrer Diasporas als Prioritäten für künftige Gemeinschaftshilfe benennen konnten.

Darüber hinaus können akzeptable Arbeitsplätze, Erwerbsmöglichkeiten und Arbeitsbedingungen in den Herkunftsländern sowie das Fehlen von Konflikten oder unerträglichem Druck auf die Lebensbedingungen gewährleisten, dass der einzelne Zuwanderer eine Wahl trifft. Die Entwicklungspolitik der EU[23] berücksichtigt diese und andere Migrationsfaktoren bei ihren Maßnahmen - in Partnerschaft mit den Entwicklungsländern - zur Bekämpfung der Armut, zur Vorbeugung von Konflikten, zur Gewährleistung der wirtschaftlichen Entwicklung, zur Förderung der Menschenrechte und eines guten Regierungshandelns, zum Schutz der Umwelt sowie bei ihrer Hilfe zur Verwirklichung der Milleniums-Entwicklungsziele. Die EU stellt über die Hälfte der Entwicklungshilfe weltweit zur Verfügung und hat sich verpflichtet, diese Hilfe qualitativ und quantitativ weiter auszubauen.

Nach Ansicht der Kommission müssten die tiefgreifenden Ursachen der Migration sowie Möglichkeiten einer stärkeren Sensibilisierung anderer Geber von Entwicklungshilfe für diese Aspekte im Rahmen der Vereinten Nationen erörtert werden. Das Gleiche gilt für die positiven Verbindungen und Synergien, die zwischen Migrations- und Entwicklungspolitik bestehen. Die Kommission ist der Auffassung, dass die Verbindungen zwischen Migrations- und Entwicklungspolitik über ein Potenzial verfügen, das weitere Entwicklungsziele erlaubt, ohne dass dies ein Ersatz für oder eine Alternative zur offiziellen Entwicklungshilfe wäre.

3. WEITERE SCHRITTE

Die Kommission nimmt den Vorschlag des Generalsekretärs zur Einrichtung eines Ständigen Forums des Erfahrungsaustauschs[24] als Folgemaßnahme zum Hochrangigen Dialog zur Kenntnis. Nach Auffassung der Kommission sollte dieses Forum in Gestalt eines informellen, freiwilligen und nicht bindenden Prozesses unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen stattfinden, jedoch von den Mitgliedstaaten und anderen einschlägigen Teilnehmern vorangetrieben werden und einen Meinungs- und Erfahrungsaustausch über Migrationsprobleme ermöglichen, die direkte Auswirkungen auf die Entwicklungspolitik haben, und deren Potenzial zu einer Win-Win-Situation für alle Beteiligten in der Migrationskette, insbesondere auf Ebene der Herkunftsländer, führt.

Die Kommission ist davon überzeugt, dass die verschiedenen im Bericht angesprochenen Probleme zu einer verbesserten Migrationssteuerung führen werden. Sie ist jedoch ebenfalls der Ansicht, dass der zusätzliche Nutzen des Forums größer wäre, wenn es sich bei seinen Arbeiten vorrangig auf die Fragen konzentrieren würde, die ein Potenzial beinhalten, das die Verwirklichung realer Fortschritte für die Entwicklung der Herkunftsländer auf der Grundlage der tatsächlichen Erfahrungen der teilnehmenden Länder und der beteiligten Organisationen erlaubt. Hierzu gehören beispielsweise:

- Pläne und Maßnahmen zur Förderung des Beitrags der Migranten zur Entwicklung der Herkunftsländer, auch durch die Überweisung von Einkünften;

- Pläne und Maßnahmen zur verbesserten Steuerung der wirtschaftlichen Zuwanderung – einschließlich der Süd-Süd-Migration – im beiderseitigen Interesse von Herkunfts- und Bestimmungsländern;

- Pläne und Maßnahmen zur Begrenzung der Abwanderung von Spitzenkräften und zur Förderung der zirkulären, befristeten, saisonalen und virtuellen Migration;

- Pläne und Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Migration und des Menschenhandels

- sowie Initiativen zur Hilfe beim Aufbau von Kapazitäten in diesen verschiedenen Bereichen.

Darüber hinaus ist die Kommission der Auffassung, dass es wichtig ist, bereits bestehende Bemühungen zu intensivieren, um die Koordinierung zwischen den verschiedenen UN-Agenturen und anderen internationalen Organisationen, die in der Migrationssteuerung tätig sind, zu verbessern. In dieser Hinsicht begrüßt die Kommission die Einsetzung der Gruppe „Globale Migration“ auf Initiative des Generalsekretärs. Sie erwartet eine Vereinfachung der institutionellen Strukturen, eine straffere, regelmäßige und transparente Koordinierung der wichtigsten für Migrationsfragen zuständigen internationalen Organisationen sowie weitere Informationen über die Rolle und Arbeitsweise dieser Gruppe.

4. SCHLUSSFOLGERUNG

Die internationale Migration ist zu einem wichtigen Punkt auf der politischen Tagesordnung der Staatengemeinschaft geworden, und es ist wahrscheinlich, dass dies auch noch lange so sein wird. Die Kommission hofft, dass der Hochrangige Dialog durch einen politischen Dialog und den Austausch bewährter Verfahren auf internationaler Ebene einen Prozess in Gang setzt, der zu einer allgemeinen Verständigung darüber führen wird, wie die Verbindungen zwischen Migration und Entwicklung verbessert werden können. In dieser Hinsicht ist sie bereit, eine aktive Rolle in der Arbeit des Hochrangigen Dialogs zu übernehmen und sich nicht nur an den Gesprächen, sondern auch an den umzusetzenden Folgemaßnahmen zu beteiligen.

[1] Schlussfolgerungen des Vorsitzes - Europäischer Rat, Tampere, 15. und 16. Oktober 1999.

[2] Schlussfolgerungen des Vorsitzes - Europäischer Rat, Brüssel, 4. und 5. November 2004.

[3] Verordnung (EG) Nr. 491/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2004 zur Einrichtung eines Programms für die finanzielle und technische Hilfe für Drittländer im Migrations- und Asylbereich (AENEAS).

[4] In Menschen investieren: Mitteilung der Kommission über das thematische Programm für menschliche und soziale Entwicklung und die Finanzielle Vorausschau für 2007-2013, KOM(2006)18 endgültig vom 25. Januar 2006.

[5] In dieser Mitteilung wird grundsätzlich nicht auf EU-Maßnahmen im Zusammenhang mit der EU-Binnenmigration eingegangen, die aus der Sicht der Kommission nicht zur internationalen Migration gehört.

[6] Insbesondere der Bericht des Generalsekretärs über internationale Migration und Entwicklung (International Migration and Development), Dokument A/60/871, Generalversammlung, Vereinte Nationen, 18. Mai 2006.

[7] Migration in einer interdependenten Welt: Neue Handlungsprinzipien, Bericht der Weltkommission für internationale Migration, Oktober 2005.

[8] Parallel dazu läuft ein gruppenspezifischer Dialog mit den AKP-Staaten (Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifischen Ozeans).

[9] Gesamtansatz zur Migrationsfrage: Vorrangige Maßnahmen mit Schwerpunkt Afrika und Mittelmeerraum, Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Europäischer Rat, Brüssel, 15.-16. Dezember 2005.

[10] Migration und Entwicklung: Konkrete Leitlinien. KOM(2005) 390 endgültig vom 1. September 2005.

[11] Strategischer Plan zur legalen Zuwanderung. KOM(2005) 669 endgültig vom 21. Dezember 2005.

[12] EU-Strategie über Maßnahmen zur Bekämpfung des akuten Fachkräftemangels im Gesundheitswesen der Entwicklungsländer, KOM(2005) 642 endgültig vom 12. Dezember 2005.

[13] Die soziale Dimension der Globalisierung – Beiträge der EU zu einer gleichmäßigen Verteilung des Nutzens; Mitteilung der Kommission vom 18. Mai 2004 (KOM(2004) 383; Mitteilung Menschenwürdige Arbeit für alle fördern - Der Beitrag der Europäischen Union zur weltweiten Umsetzung der Agenda für menschenwürdige Arbeit (KOM(2006) 249) und der dazugehörige Anhang (SEK(2006) 643), beide vom 24. Mai 2006.

[14] Gemeinsame Grundsätze zur Integration, vom Rat "Justiz und Inneres" am 19. November 2004 verabschiedet.

[15] 'Eine gemeinsame Integrationsagenda: Ein Rahmen für die Integration von Drittstaatsangehörigen in die Europäische Union', KOM(2005) 389 endgültig vom 1. September 2005.

[16] Europäische Kommission, November 2004.http://europa.eu.int/comm/justice_home/doc_centre/immigration/integration/doc_immigration_integration_de.htm

[17] Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003.

[18] Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003.

[19] Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29.6.2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft und Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf.

[20] 'Bekämpfung des Menschenhandels: ein integriertes Vorgehen und Vorschläge für einen Aktionsplan', KOM(2005) 514 endgültig vom 18. Oktober 2005.

[21] Richtlinie 2004/81/EG des Rates vom 29. April 2004.

[22] ‘Migration und Entwicklung: Konkrete Leitlinien’ (KOM(2005) 390 endgültig). Die Anhänge zu dieser Mitteilung enthalten zahlreiche Beispiele für bewährte Verfahren, die in EU-Mitgliedstaaten und anderswo entwickelt wurden.

[23] Europäischer Konsens in der Entwicklungspolitik, November 2005.

[24] 'Internationale Migration und Entwicklung', Bericht des Generalsekretärs.