52006DC0733

Mitteilung der Kommission an den Rat - Ausbau von Grenzschutz und verwaltung an den südlichen Seegrenzen der Europäischen Union /* KOM/2006/0733 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, 30.11.2006

KOM(2006) 733 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT

Ausbau von Grenzschutz und -verwaltung an den südlichen Seegrenzen der Europäischen Union

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT

Ausbau von Grenzschutz und -verwaltung an den südlichen Seegrenzen der Europäischen Union

1. Seit dem Tampere-Programm von 1999 sind Schutz und Verwaltung der Außengrenzen eine der Grundvoraussetzungen für die schrittweise Errichtung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in der Europäischen Union. In ihrer Mitteilung “Auf dem Weg zu einem integrierten Grenzschutz an den Außengrenzen der EU-Mitgliedstaaten” legt die Kommission diesbezügliche Prioritäten fest, die in erster Linie in einem gemeinsamen Korpus von Rechtsvorschriften, der operativen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Solidarität zwischen Mitgliedstaaten und Gemeinschaft bestehen. Die Ziele dieser Mitteilung aus dem Jahr 2002 wurden mit dem Inkrafttreten des Schengener Grenzkodex, der Errichtung der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (FRONTEX) und der bevorstehenden Genehmigung des ab 2007 operationellen Außengrenzenfonds im Großen und Ganzen erreicht.

2. Das Haager Programm aus dem Jahr 2004 baut auf dem Tampere-Programm auf und skizziert Maßnahmen der “zweiten Generation”, die darauf abzielen, Schutz und Verwaltung der Außengrenzen allgemein zu verstärken. 2005 verständigte sich der Europäische Rat auf einen Gesamtansatz zur Migrationsfrage , der auch dem Schutz und der Verwaltung der südlichen Seeaußengrenzen Rechnung trägt und eine Reihe prioritärer Maßnahmen beinhaltet, die bis Ende 2006 umgesetzt werden sollen.

3. In seinen Schlussfolgerungen vom 5. Oktober 2006 [1] ersucht der Rat die Kommission, „in Zusammenarbeit mit Frontex und unter Berücksichtigung der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten, der Durchführbarkeitsstudie über die Einrichtung eines Küstenpatrouillennetzes für das Mittelmeer (MEDSEA) und der im Rahmen gemeinsamer Operationen gewonnenen Erfahrungen dem Rat vor Ende 2006 eine Mitteilung vorzulegen, in der die weiteren operativen Maßnahmen angegeben werden, die kurzfristig getroffen werden können, um die Union mit den Fähigkeiten auszustatten, die sie für die Unterstützung bei der Verhütung und Bewältigung von Krisensituationen im Zusammenhang mit Migration benötigt.“

4. Der Ausbau von Schutz und Verwaltung der südlichen Seeaußengrenzen ist für Fortschritte bei der Entwicklung eines Europäischen Modells für integrierten Grenzschutz von grundlegender Bedeutung. Während des finnischen Vorsitzes wurden eine Reihe allgemeiner Grundsätze erarbeitet. Demnach beruhen Schutz und Verwaltung der Außengrenzen der Europäischen Union insbesondere auf den Grundsätzen der Solidarität, des gegenseitigen Vertrauens und der geteilten Verantwortung der Mitgliedstaaten, die den Menschenrechten uneingeschränkt Rechnung tragen. Auch wurde hervorgehoben, dass die Mitgliedstaaten für eine glaubwürdige Kontrolle ihrer Grenzen sowohl auf operativer als auch auf Führungsebene ausreichende Ressourcen bereitstellen und auf Dauer einsetzen müssen, um in Zusammenarbeit mit FRONTEX Maßnahmen durchführen zu können. Maßnahmen an den Seegrenzen sollten auch im weiteren Kontext des Grünbuchs über die künftige Meerespolitik der Europäischen Union[2] gesehen werden, in dem eine umfassendere Rationalisierung der Offshore-Tätigkeiten der EU-Regierungen und eine stärkere Angleichung der Überwachungssysteme vorgeschlagen wird.

5. In den vergangenen zwei Jahren hat der Zustrom illegaler Einwanderer in die im Mittelmeer- und Atlantikraum gelegenen Mitgliedstaaten und der damit verbundene Migrationsdruck ein bislang ungekanntes Ausmaß erreicht, so dass auf europäischer wie auf nationaler Ebene unverzüglich entschlossen vorgegangen werden muss, um das Schengen-System zu schützen und weitere Tragödien unter den illegalen Einwanderern zu verhindern, die bei ihrem Versuch, die Küsten der Europäischen Union zu erreichen, in großer Zahl ihr Leben lassen.

6. In diesem Zusammenhang ist es von allergrößter Bedeutung, dass sämtliche EU-Mitgliedstaaten auch weiterhin solidarisch zusammenarbeiten, um nicht zuletzt die am stärksten von der illegalen Einwanderung aus Afrika betroffenen südlichen Mitgliedstaaten zu unterstützen, dabei aber gleichzeitig auch den bereits getroffenen oder noch zu treffenden Maßnahmen Rechnung tragen, mit denen dem ebenso großen Migrationsdruck an den östlichen und südöstlichen Grenzen der Europäischen Union begegnet werden soll.

Illegale Einwanderung auf dem Seeweg nach Spanien (Kanarische Inseln), Italien und Malta im Jahresvergleich 2005/2006. Die nachstehenden Daten wurden im Zusammenhang mit den Operationen HERA II und NAUTILUS erhoben; es handelt sich dabei um die aktuellsten verfügbaren Zahlenangaben. Für Griechenland und Zypern liegen keine Zahlenangaben vor.

Quelle: FRONTEX [pic]

7. Der ständig wachsende Migrationsdruck aus Subsahara-Afrika stellt für die Europäische Union eine große Herausforderung dar: auf der einen Seite besteht die dringende Notwendigkeit, mit den Transitländern in Afrika und im Nahen Osten in punkto illegaler Einwanderung zusammenzuarbeiten, auf der anderen Seite lässt sich das erforderliche Maß an operativer und politischer Zusammenarbeit mit diesen Ländern nicht über Nacht erreichen, auch wenn durch Dialog und Zusammenarbeit auf der Grundlage der Europa-Mittelmeer-Assoziationsabkommen und der Aktionspläne im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP-Aktionspläne) schrittweise darauf hingearbeitet wird.

8. In Bezug auf die Kontrolle der Seegrenzen ergibt sich daraus für die Europäische Union die Notwendigkeit, zweigleisig vorzugehen und eine Reihe ergänzender Maßnahmen festzulegen, die einzeln durchgeführt werden können:

9. operative Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung, zum Schutz der Flüchtlinge und zur Verstärkung der Kontrolle und Überwachung der Seeaußengrenzen, die sofort durchgeführt werden können, und

10. auf den bestehenden Beziehungen und der bereits praktizierten Zusammenarbeit mit diesen Drittländern aufbauend Fortsetzung und Intensivierung von Dialog und Zusammenarbeit bei diesen operativen Maßnahmen im Rahmen der Assoziationsabkommen, der ENP-Aktionspläne und des Abkommens von Cotonou.

11. Diese Mitteilung betrifft hauptsächlich den ersten Teil dieses zweigleisigen Ansatzes und gibt einen Überblick darüber, welche Maßnahmen die Kommission zur Verbesserung von Schutz und Verwaltung der südlichen Seeaußengrenzen vor allem empfiehlt.

12. Bei ihren Maßnahmen muss die Europäische Union der Tatsache Rechnung tragen, dass es sich bei den illegalen Einwanderern, die die südlichen Seeaußengrenzen der Europäischen Union auf dem Seeweg überschreiten , sowohl um Personen ohne besonderes Schutzbedürfnis als auch um Flüchtlinge handelt, die internationalen Schutz benötigen. Das Recht auf Asyl muss bei diesen Maßnahmen eine wesentliche Rolle spielen und von Personen, die internationalen Schutz benötigen, tatsächlich in Anspruch genommen werden können. Zu diesem Zweck ist sicherzustellen, dass bei Maßnahmen, in deren Rahmen Personen, die möglicherweise internationalen Schutz benötigen, aufgegriffen und aus Seenot gerettet werden, die Mitgliedstaaten ihrer Pflicht zur Gewährung von Schutz kohärent und wirksam nachkommen und dass Personen, die internationalen Schutz benötigen, nach ihrer Landung in Aufnahmeeinrichtungen unverzüglich als solche identifiziert werden. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass Drittländer in dieser Hinsicht selbstverständlich denselben Verpflichtungen unterliegen.

13. Bei der Bereitstellung technischer Hilfsmittel zur Verbesserung der operativen Zusammenarbeit an den Außengrenzen kann selbstverständlich FRONTEX eine zentrale Rolle spielen , wobei allerdings der Tatsache Rechnung zu tragen ist, dass Kontrolle und Überwachung der Außengrenzen nach wie vor in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten fallen. Demnach müssen auch die Mitgliedstaaten intern ihre Dienste so effizient wie möglich organisieren und dabei den Vorschlägen der MEDSEA-Studie entsprechend auch die Schaffung nationaler Koordinierungszentren zur Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Diensten ins Auge fassen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass FRONTEX nur dann greifbare Ergebnisse erzielen kann, wenn die Mitgliedstaaten fest entschlossen sind, die Agentur mit dem für gemeinsame Operationen notwendigen Personal und den dazu erforderlichen technischen Mitteln auszustatten. Die aktive Teilnahme der Mitgliedstaaten an operativen Tätigkeiten unter Federführung von FRONTEX ist schon per se eine sichtbare Solidaritätsbekundung, mit der der gemeinsamen Verantwortung für den Schutz der Außengrenzen nachgekommen wird.

14. Die bislang von FRONTEX koordinierten und geleiteten Operationen, insbesondere HERA II und NAUTILUS, werden von der Agentur bewertet, um die Effizienz künftiger Operationen dieser Art zu steigern und so Lehren aus den bisherigen Erfahrungen zu ziehen. Schon jetzt ist klar, dass FRONTEX bei der Unterstützung der Operationen und der Förderung von Kontakten mit Drittländern eine wichtige Rolle gespielt hat. Vor diesem Hintergrund wird die Personal- und sonstige Mittelausstattung von FRONTEX regelmäßig überprüft werden müssen, um die Einsatzfähigkeit der Agentur sicherzustellen.

15. Außerdem ist dem gesundheitlichen Aspekt der Migration angemessen Rechnung zu tragen. Die Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass die Migranten Zugang zu Vorsorgemaßnahmen und medizinischer Versorgung haben. Die Europäische Union muss sicherstellen, dass all ihre Politiken – einschließlich der Migrationspolitik – ein hohes Gesundheitsschutzniveau gewährleisten.

Maximierung der FRONTEX-Kapazitäten

16. Die Risikoanalyse ist eine der Grundvoraussetzungen für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen und eine der Hauptaufgaben von FRONTEX. Um in normalen Zeiten einen kohärenten Schutz der Außengrenzen zu gewährleisten, darüber hinaus aber auch Krisensituationen besser verhindern und bewältigen zu können, muss die Agentur zu allen für die Erstellung gezielter und allgemeiner Risikoanalysen erforderlichen Informationen Zugang haben. Zu den vom Netz von Verbindungsbeamten der Mitgliedstaaten für Einwanderungsfragen erhobenen Daten hat FRONTEX zurzeit jedoch keinen direkten Zugang. Aus diesem Grund und anlässlich der derzeitigen Bewertung dieses Netzes durch den Rat schlägt die Kommission vor, die Verordnung (EG) Nr. 377/2004 zur Schaffung eines Netzes von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen dahingehend zu ändern, dass FRONTEX systematisch Zugang zu den von den Verbindungsbeamten gesammelten Daten erhält und wie die Kommission an den Sitzungen des Netzes der Verbindungsbeamten teilnehmen kann. Es scheint kein Weg daran vorbeizuführen, den in Drittländer entsandten Verbindungsbeamten die Erlaubnis zu erteilen, direkt für die auf der Grundlage des EU-/EG-Vertrags geschaffenen einschlägigen Organe und Einrichtungen, insbesondere die Kommission und FRONTEX, sowie für andere Mitgliedstaaten Aufgaben wahrzunehmen, doch muss dies mit den Mitgliedstaaten noch eingehender erörtert werden.

17. Um den Informationsaustausch zwischen allen Beteiligten zu erleichtern, hat die Kommission mit FRONTEX auch eine Vereinbarung über den Zugang zum sicheren web-gestützten Informations- und Koordinierungsnetz für die Migrationsbehörden der Mitgliedstaaten (ICONet) [3] geschlossen, in deren Rahmen die Agentur Informationen in dieses System eingeben und über dieses System abfragen kann . Ziel dieses Netzes ist es, den Informationsaustausch über irreguläre Migration, illegale Einreise und Einwanderung und die Rückführung illegal aufhältiger Personen zu erleichtern. Diese Vereinbarung dürfte wesentlich zu einem noch reibungsloseren Informationsfluss und einer noch effizienteren operativen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und FRONTEX beitragen.

18. FRONTEX sollte gemeinsam mit den Mitgliedstaaten die notwendigen Schritte zur Umsetzung von Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 zur Errichtung von FRONTEX einleiten. Dieser Artikel ermöglicht es, technische Ausrüstungsgegenstände unter Federführung von FRONTEX zu bündeln und gibt den Mitgliedstaaten insofern Gelegenheit zur Solidaritätsbekundung, als diese Ausrüstungsgegenstände einem anderen Mitgliedstaat auf dessen Antrag und nach einer entsprechenden Bedarfs- und Risikoanalyse der Agentur vorübergehend zur Verfügung gestellt werden können. Allerdings stützt sich das durch Artikel 7 geschaffene System ausschließlich auf freiwillige Beiträge der Mitgliedstaaten und hängt damit von deren Wohlwollen und der Verfügbarkeit der jeweiligen Ausrüstungsgegenstände ab. In seinen Schlussfolgerungen vom 5. und 6. Oktober 2006 zur Verstärkung der südlichen Seeaußengrenze ersucht der Rat FRONTEX, die Vorbereitungen für die dringliche Umsetzung des Artikels 7 fortzusetzen, und bittet die Mitgliedstaaten, aktiv zur Erstellung eines Zentralregisters der technischen Ausrüstungsgegenstände beizutragen, damit dieses bis zum Sommer 2007 insbesondere für operative Zwecke an den Seegrenzen zur Verfügung steht. Um dieser Aufforderung nachzukommen sollte FRONTEX nach Auffassung der Kommission dem Rat und ihr selbst regelmäßig über die Umsetzung des Artikels 7 Bericht erstatten.

19. Wenn die Mitgliedstaaten einer Region einer Krise wie dem Massenzustrom illegaler Einwanderer gegenüberstehen, sollten die Kapazitäten des künftigen Küstenpatrouillennetzes (siehe Abschnitt 3.1) aufgestockt werden. Dies kann sowohl im Rahmen der von der Kommission vorgeschlagenen Verordnung über die Bildung von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke[4] geschehen als auch durch Verstärkung der regulären Patrouillen und durch Verbesserung der Fähigkeit der Mitgliedstaaten, Personen zu identifizieren und eine erste Einschätzung ihrer Lage abzugeben.

20. Zu diesem Zweck sollte die Agentur an ihrem Hauptsitz die für eine Echtzeitkoordinierung zwischen den Mitgliedstaaten notwendigen Einrichtungen schaffen, die auch Verbindungen zu den vorgeschlagenen regionalen Kommandozentralen an den südlichen Seeaußengrenzen, der Kommission und einschlägigen Einrichtungen der Europäischen Union und der Gemeinschaft sowie zu etwaigen externen Partnern wie dem Amt des hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) gewährleisten. FRONTEX wird ferner ermutigt, in technischen Fragen mit einschlägigen europäischen und gemeinschaftlichen Ämtern, Agenturen und Einrichtungen wie EUROPOL, dem Satellitenzentrum der Europäischen Union (EUSC), der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA), der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA), der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) zusammenzuarbeiten und dabei den für diese geltenden Regeln gebührend Rechnung zu tragen.

21. Die Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit zwischen FRONTEX und den oben genannten internationalen Organisationen könnten in Arbeitsvereinbarungen nach Artikel 13 der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 zur Errichtung von FRONTEX festgelegt werden. Für das UNHCR und die IOM könnten durch derartige Vereinbarungen Kontaktstellen bei der Agentur geschaffen werden; darüber hinaus sollten in diesen Vereinbarungen insbesondere die Modalitäten und Bereiche der Zusammenarbeit festgelegt und die den Kontaktstellen übertragenen Aufgaben genannt werden, wobei gleichzeitig die uneingeschränkte Vertraulichkeit der mit UNHCR und IOM ausgetauschten Informationen zu gewährleisten ist.

22. Im Hinblick auf gemeinsame Operationen sollte FRONTEX prüfen, ob insbesondere in der Zeit zwischen Frühjahr und Spätherbst 2007, wenn sich die meisten illegalen Einwanderer aus Afrika per Schiff auf den Weg in die Europäische Union machen werden, an den südlichen Seeaußengrenzen ständig Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen durchgeführt werden könnten. Ständige Operationen würden nicht nur das Abfangen einer größeren Zahl von Schiffen mit illegalen Einwanderern ermöglichen und so zur Rettung von Leben auf See beitragen, sondern auch als Abschreckung wirken und damit den Druck auf diesen Teil der Außengrenzen abmildern und verhindern, dass potenziell kritische Situationen wie in diesem Jahr eskalieren.

23. Dabei sollte allerdings der Tatsache Rechnung getragen werden, dass dies zu einer Umleitung der Migrationsströme und einer Weitergabe des Migrationsdrucks an andere Mitgliedstaaten oder Drittländer führen könnte, die darauf nicht vorbereitet sind. Erfahrungsgemäß hat konstanter Migrationsdruck eine Verlagerung des Problems entlang der Außengrenzen zur Folge: sobald eine von illegalen Einwanderern genutzte Route unbenutzbar geworden ist, werden die Schleusernetze versuchen, andere Routen zu erschließen oder auf andere Methoden und Techniken umzustellen. Deshalb müssen Kontrolle und Überwachung auch an anderen Stellen der EU-Außengrenzen verstärkt werden. Dass die Verbindungsbeamten (siehe Nummer 13) die Mitgliedstaaten, die Kommission und FRONTEX mit aktuellen Informationen über Migrationsrouten versorgen, ist somit von elementarer Bedeutung.

Neue Instrumente für den integrierten Grenzschutz der nächsten Generation

Küstenpatrouillennetz

24. In der Durchführbarkeitsstudie "MEDSEA", die FRONTEX am 14. Juli 2006 im Rahmen des Gesamtansatzes zur Migrationsfrage durchgeführt hat, wird auf die Notwendigkeit eines festen Küstenpatrouillennetzes an den südlichen Seeaußengrenzen hingewiesen. Ein solches Patrouillennetz würde nach Auffassung der Kommission einen echten zusätzlichen Nutzen bringen und es den Mitgliedstaaten ermöglichen, ihre Patrouillen zeitlich aufeinander abzustimmen, ihre zivilen und militärischen Kapazitäten zu bündeln und strategische und taktische Informationen in Echtzeit auszutauschen. Dieses Netz sollte so schnell wie möglich geschaffen und gemeinsam von FRONTEX und den Mitgliedstaaten der Region betrieben werden. Auch wenn dieses Netz als möglicher Vorläufer eines echten europäischen Küstenwachdienstes gesehen werden könnte, bedarf es für einen solchen Dienst doch noch einer eingehenderen Prüfung; seine Realisierbarkeit wird von der Kommission derzeit im breiteren Kontext des Grünbuchs über die künftige Meerespolitik der Europäischen Union (Annahme durch die Kommission am 6. Juni 2006) untersucht.

25. Daher sollte ernsthaft geprüft werden, ob an den südlichen Seeaußengrenzen mehrere regionale Kommandozentralen eingerichtet werden könnten, die personell und materiell von den Mitgliedstaaten auszustatten und von FRONTEX zu koordinieren wären. Dabei würden die südlichen Seeaußengrenzen in eine Reihe von Patrouillenzonen unterteilt, die die Kanarischen Inseln, das westliche, das mittlere und das östliche Mittelmeer umfassen. Diese Zonen würden von den Mitgliedstaaten patrouilliert, für die Koordinierung der Patrouillen wäre die regionale Kommandozentrale zuständig. Längerfristig kann die Agentur auch die Möglichkeit ins Auge fassen, zur Verwaltung dieser Kommandozentralen in der Region eine auf die Seegrenzen spezialisierte Zweigstelle zu errichten. Die regionalen Zentralen würden in erster Linie für die täglichen Patrouillen genutzt, könnten aber auch bei der Durchführung gemeinsamer Seeoperationen unter Federführung von FRONTEX zum Einsatz kommen. Bei Bedarf würden benachbarte Drittländer aus der Region zur Beteiligung an dem Patrouillennetz aufgefordert. Ein solches Modell wurde bereits in einer Durchführbarkeitsstudie über die Kontrolle der Seegrenzen der Europäischen Union[5] vorgeschlagen, die das Unternehmen CIVIPOL Conseil 2003 für die Kommission erstellt hat, und könnte unter besonderer Berücksichtigung der EU-Erweiterungen der Jahre 2004 und 2007 und der Errichtung von FRONTEX mutatis mutandis angewandt werden.

Für das Küstenpatrouillennetz vorgeschlagene Struktur:

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Europäisches Überwachungssystem

26. Um die Überwachung der südlichen Seeaußengrenzen weiter zu verbessern, sollte ein Europäisches Grenzüberwachungssystem (EUROSUR) geschaffen werden, bei dem insbesondere die Empfehlungen der von FRONTEX bis Ende 2006 vorzulegenden “BORTEC”-Durchführbarkeitsstudie befolgt werden. In einer ersten Stufe könnte im Rahmen von EUROSUR darauf hingearbeitet werden, durch Verknüpfung der zurzeit an den südlichen Seeaußengrenzen genutzten nationalen Systeme Synergien zu schaffen. In einer zweiten Stufe sollte das System dann allerdings aus Kostengründen die nationalen Überwachungssysteme an den Land- und Seegrenzen schrittweise ersetzen und u. a. eine Kombination aus europaweiter Radar- und Satellitenüberwachung, die den derzeitigen Entwicklungen im Rahmen von GMES (Global Monitoring for Environment and Security - Globale Umwelt- und Sicherheitsüberwachung) Rechnung trägt, umfassen. Dabei werden EUROSUR die auf nationaler und europäischer Ebene mit ähnlichen Überwachungssystemen gesammelten Erfahrungen zugute kommen. Untersucht werden sollte auch, ob aus europäischen Überwachungssystemen in anderen Bereichen Synergien gezogen werden können. Zur Überwachung des Seeverkehrs wird in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten derzeit das System SafeSeaNet entwickelt, das Informationen über Schiffsbewegungen und –ladungen liefern soll. Die Wirksamkeit von SafeSeaNet könnte durch EUROSUR erhöht werden, wenn die Systeme einander erkennen und ergänzen würden. Außerdem sollte die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, EUROSUR auch für benachbarte Drittländer zu öffnen.

Verbesserter Umgang mit gemischten Migrationsströmen

27. Eine der größten Schwierigkeiten einer effizienten Abfertigung großer gemischter Migrationsströme besteht in einer raschen ersten Einschätzung direkt am Ankunftsort, d. h. der Ermittlung von Personen, die möglicherweise internationalen Schutz suchen oder die in ihr Herkunfts- oder Transitland zurückgeführt werden können, und in der anschließenden effizienten Abwicklung von Einzelfällen, einschließlich einer Bewertung des Gesundheitszustands der Einwanderer und Flüchtlinge sowie ggf. der damit in Zusammenhang stehenden epidemiologischen Situation. Ein solches Vorgehen sollte auch den Behörden ermöglichen, der besonderen Lage unbegleiteter Minderjähriger gerecht zu werden.

28. Mitgliedstaaten, die bei dieser ersten Einschätzung starke Kapazitätsengpässe verzeichnen, sollten auf Know-how und Mitarbeiter anderer Mitgliedstaaten zurückgreifen können. Zu diesem Zweck sollte ein Mechanismus geschaffen werden, der eine wirksame gemeinsame Nutzung der knappen Ressourcen ermöglicht. Ein solcher, auf der freiwilligen Bündelung von Ressourcen beruhender Mechanismus wäre ein weiterer deutlicher Ausdruck der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten.[6]

29. Hier könnte die Möglichkeit geprüft werden, aus den Verwaltungen der Mitgliedstaaten einen Pool aus Experten zusammenzustellen , die kurzfristig in die betroffenen Mitgliedstaaten abgestellt werden können, um diese rasch und gezielt operationell zu unterstützen. Die Teams aus Asylexperten, die aus diesem Pool zusammengestellt würden, sollten den um Unterstützung ersuchenden Mitgliedstaat vorübergehend bei der Erstprofilerstellung unterstützen und insbesondere dolmetschen, Fälle bearbeiten und Kenntnisse über das Herkunftsland einbringen.

30. Um die Bedürfnisse der ersuchenden Mitgliedstaaten so weit wie möglich zu decken, sollten diese Expertenpools keine feste Zusammensetzung haben, sondern auf ein breites Spektrum von Sachverständigen mit unterschiedlichen Fertigkeiten und Fachkenntnissen zurückgreifen können. Auch die Mitarbeit von Bediensteten einschlägiger internationaler Organisationen (wie UNHCR) in diesem Expertenpool könnte ins Auge gefasst werden. Die Fachkenntnisse sollten auch gesundheitliche Aspekte abdecken. Im Hinblick auf die Ermittlung von Gesundheitsfragen sollten wirksamere Kommunikationsmechanismen Bestandteil der vorgeschlagenen Maßnahmen und Kooperationsverfahren sein. In diesem Zusammenhang sollten die Mitgliedstaaten die Entscheidung Nr. 2119/98/EG[7] über die Überwachung übertragbarer Krankheiten und die Entscheidung Nr. 2000/57/EG[8] über ein Frühwarn- und Reaktionssystem mit Unterstützung des ECDC durchführen.

31. Die Kommission ermutigt die Mitgliedstaaten und internationale Organisationen, für die Einsetzung dieser Teams auf Projektbasis kurzfristig von den einschlägigen Finanzierungsinstrumenten der Gemeinschaft Gebrauch zu machen . Sorgfältig geplante Projekte dieser Art könnten wesentlich dazu beitragen, auf Krisen besser vorbereitet zu sein. Die Abstellung der Asylexpertenteams sollte auf jeden Fall mit den operativen Tätigkeiten von FRONTEX an den südlichen Seeaußengrenzen abgestimmt werden, um einen wirksamen Umgang mit Krisensituationen zu gewährleisten. Für die Zukunft sollte auch weiter darüber nachgedacht werden, welche Rolle die im Haager Programm empfohlene europäische Unterstützungsagentur für alle Formen der Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten im Rahmen der gemeinsamen europäischen Asylregelung bei der Zusammenstellung und Koordinierung dieser Teams spielen könnte . In den kommenden Monaten sollte darüber hinaus die Möglichkeit geprüft werden, für die Koordinierung dieser Teams in der Übergangszeit auf die Konferenz der Generaldirektoren der Einwanderungsbehörden (GDISC) zurückzugreifen.

32. In diesem Zusammenhang sollte untersucht werden, ob der Beitrag des UNHCR zu den von FRONTEX koordinierten Tätigkeiten und Operationen stärker strukturiert werden kann, damit sichergestellt ist, dass die aus dem gemeinschaftlichen Besitzstand und aus internationalen flüchtlings- und menschenrechtlichen Bestimmungen erwachsenden Schutzverpflichtungen wesentlicher Bestandteil aller Grenzschutzstrategien und aller in diesem Zusammenhang getroffenen Grenzschutzmaßnahmen sind. Die verschiedenen Schulungsmaßnahmen für Grenzschutzbeamte und andere Bedienstete der Einwanderungsbehörden könnten vom UNHCR strukturell unterstützt werden. Wie bereits erwähnt, könnten UNHCR-Experten darüber hinaus um Mitarbeit in den Asylexpertenteams gebeten werden. Für die Mitarbeiter dieser Teams sollten spezielle Leitlinien erarbeitet werden.

Praktische Anwendung des internationalen Seerechts

33. Die Kommission wird im Rahmen des Follow-up zum Gesamtansatz eine Studie zum internationalen Seerecht vorlegen, die insbesondere das Mittelmeer betrifft und im Wesentlichen Rechtslücken aufzeigt und Fragen ermittelt, denen weiter nachgegangen werden könnte. Angesichts der Komplexität des internationalen Rechts und der Zahl der weltweit beteiligten Länder und Interessengruppen ist klar, dass ad hoc oder kurzfristig keine Änderungen möglich sind. Nachstehend jedoch einige wesentliche Punkte, deren Behandlung die Kommission vorschlägt.

34. Von allergrößter Bedeutung ist, dass das Protokoll von Palermo, mit dem ergänzend zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität die Einschleusung von Einwanderern auf dem Land-, See- und Luftweg bekämpft werden soll, von den Mitgliedstaaten, die die Ratifizierung noch nicht vorgenommen haben, sowie von afrikanischen Staaten ratifiziert wird. Auf der Grundlage dieses Protokolls sollte geprüft werden, welche Möglichkeiten für bilaterale und regionale Vereinbarungen über praktische Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels bestehen.

35. Würde genauer festgelegt, wie beim Abfangen von Schiffen zu verfahren ist , auf denen sich nachweislich oder mutmaßlich illegale Einwanderer auf dem Weg in die Europäische Union befinden, könnten die gemeinsamen Operationen zur Verhinderung und Abwendung illegaler Einwanderung auf dem Seeweg die dringend erforderliche Wirkung entfalten. Ein solches Vorgehen wäre auch insofern angebracht, als an diesen Operationen Kräfte verschiedener Mitgliedstaaten teilnehmen, die sich nicht immer über Art und Zeitpunkt des Abfangens einig sind. Bei der Durchführung gemeinsamer Operationen sind Teamarbeit und Synergien zwischen den Mitgliedstaaten der Schlüssel zum Erfolg. Regionale Vereinbarungen wären in diesem Zusammenhang insofern von Nutzen, als sie das Recht auf Überwachung und Abfangen von Schiffen in den Hoheitsgewässern bestimmter Herkunfts- und Transitländer festschreiben könnten und dadurch den Weg für die Durchführung gemeinsamer Operationen durch FRONTEX ebnen und gleichzeitig Ad-hoc-Vereinbarungen für einzelne Operationen überflüssig machen würden.

Weiter behandelt und geklärt werden sollte auch die Frage, welcher Hafen nach einer Rettung auf See oder dem Abfangen eines Schiffs als der für die Landung geeignetste anzusehen ist , sowie die eng damit zusammenhängende Frage, wie die Verantwortung zur Gewährung von internationalem Schutz zwischen den Mitgliedstaaten, die an Abfangen, Suche und Rettung der um diesen Schutz nachsuchenden Menschen mitgewirkt haben, aufgeteilt werden sollte. In der Praxis ist die Landung in einem Mitgliedstaat für diesen häufig mit der Pflicht verbunden, die Schutzbedürfnisse der unter den geretteten oder aufgegriffenen Personen angetroffenen Asylsuchenden zu prüfen.

36. Besondere Aufmerksamkeit verdient auch die Frage, in welchem Umfang die Mitgliedstaaten nach dem Grundsatz der Nichtzurückweisung zur Schutzgewährung verpflichtet sind, wenn ihre Schiffe in den unterschiedlichsten Situationen Abfang-, Such- und Rettungsmaßnahmen durchführen . Genauer gesagt müsste analysiert werden, unter welchen Umständen ein Staat nach internationalem Flüchtlingsrecht zur Prüfung eines Asylantrags verpflichtet werden kann, wenn er insbesondere an gemeinsamen Operationen oder Operationen in den Hoheitsgewässern eines anderen Staates oder auf hoher See teilgenommen hat.

Bei nicht in bilateralen oder regionalen Vereinbarungen geregelten Fragen könnte die Erarbeitung praktischer Leitlinien zu mehr Klarheit und einer gewissen Vorhersehbarkeit hinsichtlich der Einhaltung der aus internationalem Recht erwachsenden Pflichten durch die Mitgliedstaaten beitragen. Die Leitlinien sollten deshalb in enger Zusammenarbeit mit der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) und dem UNHCR sowie unter Mitwirkung eines breiten Spektrums an Fachleuten ausgearbeitet werden. Bei der Erarbeitung dieser Leitlinien sollte den Arbeiten der einschlägigen IMO-Ausschüsse eingehend Rechnung getragen werden, die sich unter anderem mit der Durchsetzung von Such- und Rettungspflichten nach internationalem Recht befassen.

37. Die Kommission wird die oben genannten Fragen in allen einschlägigen Ad-hoc -Gremien zur Diskussion stellen und diesen Dialog im Rahmen ihrer Zuständigkeiten voranbringen.

GRÖSSTMÖGLICHE AUSSCHÖPFUNG DER FINANZIELLEN MITTEL DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT

38. Aus dem FRONTEX-Haushalt werden gemeinsame Operationen und Pilotprojekte mit den Mitgliedstaaten an den Außengrenzen finanziert. Dazu zählen die Einrichtung eines Küstenpatrouillennetzes und regionaler Kommandozentralen sowie die Errichtung und der Betrieb einer auf die Seegrenzen spezialisierten Zweigstelle in der Region, falls der Verwaltungsrat der Agentur dies beschließen sollte. Auch die mit der Entsendung der Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke verbundenen Kosten werden von der Agentur übernommen. Die für das Jahr 2007 für FRONTEX vorgesehenen Haushaltsmittel belaufen sich unter Berücksichtigung der Änderungsanträge des Europäischen Parlaments auf insgesamt 33,98 Mio. EUR (vorbehaltlich der Bestätigung dieses Betrags mit der endgültigen Feststellung des Haushaltsplans 2007).

39. Ein wirkungsvoller und rascher Einsatz der im Rahmen des neuen Außengrenzenfonds bereitzustellenden Mittel wird für die Durchführung der geplanten Maßnahmen von zentraler Bedeutung sein. Vorbehaltlich des endgültigen Beschlusses der Haushaltsbehörde soll dieser Fonds im Zeitraum 2007-2013 mit insgesamt 1,82 Mrd. EUR ausgestattet sein, von denen ca. 170 Mio. EUR 2007 zur Verfügung stehen werden (sofern dieser Betrag mit der endgültigen Feststellung des Haushaltsplans 2007 bestätigt wird). Auch wenn die unter die geteilte Mittelverwaltung fallenden Zahlungen frühestens Anfang 2008 erfolgen, können die Kosten der bereits im Jahr 2007 durchgeführten Maßnahmen geltend gemacht werden.

40. Durch die strategischen Leitlinien dieses Fonds werden die Mitgliedstaaten dazu ermutigt, mit ihrer nationalen Planung die Durchführung der integrierten Grenzschutzstrategie zu unterstützen und im Interesse aller ein längerfristiges Konzept für den Aufbau von Verwaltungskapazitäten auf nationaler Ebene auszuarbeiten. Die Weitergabe von Planungsprioritäten wird Synergien zwischen den Mitgliedstaaten schaffen und diese bei ihren Entscheidungen über die Art der aus dem Fonds kozufinanzierenden Maßnahmen zu größerer Konvergenz anregen. Dies sollte/könnte unter anderem dazu führen, dass sich die verschiedenen Mitgliedstaaten bei der Verwendung der ihnen zugewiesenen Mittel im Hinblick auf die Finanzierung der einzelnen EUROSUR-Komponenten abstimmen.

41. Die Möglichkeit, in ausreichend begründeten Notsituationen , die Sofortmaßnahmen an den Außengrenzen bestimmter Mitgliedstaaten erfordern, Hilfsmaßnahmen für diese Mitgliedstaaten aus dem Außengrenzenfonds mitzufinanzieren, sollte bei der integrierten Grenzschutzstrategie und insbesondere beim konkreten Krisenmanagement berücksichtigt werden, wobei genau zu planen ist, wie diese Mittel im Falle einer Krise, die die normalen Einsatz- und Überwachungskapazitäten der jeweiligen Regionen übersteigt, zu verwenden sind. Darüber hinaus wird für die Finanzierung von Maßnahmen einzelner Mitgliedstaaten zur Beseitigung der von der Agentur in ihrer Risikoanalyse an strategischen Grenzpunkten ermittelten Schwachstellen eine jährliche Rückstellung in Höhe von 10 Mio. EUR gebildet. Auf diese Weise wird die Gemeinschaft einzelnen Mitgliedstaaten dabei helfen können, etwaige künftige Notfälle zu antizipieren bzw. zu verhüten und so die Arbeiten der Agentur und die Bemühungen um Verwaltungsaufbau, die die Mitgliedstaaten durch ihre nationalen Programme im Rahmen des Außengrenzenfonds unternehmen, ergänzen.

42. Längerfristig sieht die Kommission auch für ihr 7. Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung Forschungsarbeiten vor, die eine bessere Umsetzung des integrierten Grenzschutzsystems ermöglichen und die Bemühungen von FRONTEX und nationalen Behörden unterstützen sollen.

43. Im Zusammenhang mit dem Haushaltsvorentwurf 2007 sprach sich das Europäische Parlament dafür aus, im Jahr 2007 vorbereitende Maßnahmen zur Aktion “Migrationssteuerung/praktizierte Solidarität” durchzuführen, die den Mitgliedstaaten bei der Aufnahme auf dem Seeweg eintreffender illegaler Einwanderer helfen soll. Für diese Aktion sowie für Rückführungsprojekte und die Verbreitung von Informationen über die Voraussetzungen für eine Einwanderung in die EU sind Haushaltsmittel in Höhe von 15 Mio. EUR vorgesehen (vorbehaltlich der Bestätigung dieses Betrags mit der endgültigen Feststellung des Haushaltsplans 2007). Damit das Potenzial dieser Aktion so weit wie möglich ausgeschöpft werden kann, sollten die Mitgliedstaaten ihre Maßnahmen im Voraus planen.

44. Die Kosten, die mit der in dieser Mitteilung beschriebenen Bildung von Asylexpertenteams verbunden sind, können durch Gemeinschaftsmaßnahmen im Rahmen des Europäischen Flüchtlingsfonds (EFF) abgedeckt werden. Ab Januar 2008 werden durch den EFF III mehr Möglichkeiten bestehen, in unvorhergesehenen Notsituationen solche Teams zu entsenden.

45. Darüber hinaus wird es beim EFF III einen Mechanismus geben, der es Mitgliedstaaten mit besonders hohem Migrationsdruck ermöglicht, rasch und problemlos eine Notfinanzhilfe aus dem Fonds zu erhalten. Dies könnte die Fähigkeit der Mitgliedstaaten, angemessene Aufnahmebedingungen zu gewährleisten und Asylverfahren den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts entsprechend fair und zügig abzuwickeln, erhöhen. Die künftigen Aufgaben der Asylexpertenteams zählen zu den Tätigkeiten, die für eine solche finanzielle Unterstützung in Frage kommen.

Schlussfolgerung

46. Soll die Fähigkeit der Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten zur Bewältigung von Krisen wie einem Massenzustrom illegaler Einwanderer verbessert werden, führt am Ausbau von Grenzschutz und -verwaltung an den südlichen Seeaußengrenzen kein Weg vorbei. Die in dieser Mitteilung vorgeschlagenen Lösungen sind hauptsächlich praktischer Art und tragen dem dringenden Handlungsbedarf an den südlichen Seeaußengrenzen Rechnung. Einige dieser Vorschläge lassen sich indes auch auf anders geartete Außengrenzen und andere Regionen der Europäischen Union übertragen.

47. Die Zusammenarbeit mit Drittländern , insbesondere bei der Identifizierung von Personen und der Rückführung illegaler Einwanderer, aber auch bei Routinetätigkeiten und den Bemühungen um Verhinderung illegaler Einwanderung, ist für die Bewältigung von Krisensituationen an den Außengrenzen von allergrößter Bedeutung. Auch wenn eine solche Zusammenarbeit u. a. im Rahmen der Assoziationsabkommen und der ENP-Aktionspläne schon heute besteht, sollte sie noch weiter intensiviert und ausgeweitet werden.

48. Aus diesem Grund sollte FRONTEX in Einklang mit der Politik, die die Europäische Union im Bereich Außenbeziehungen verfolgt, anhand der eigenen Risikoanalysen technische Unterstützung bei der Ermittlung der für eine Zusammenarbeit bei Schutz und Verwaltung der südlichen Seeaußengrenzen wichtigsten Drittländer leisten und auf fachlicher Ebene selbst mit diesen über den Abschluss von Arbeitsvereinbarungen gemäß Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 zur Errichtung der Agentur verhandeln.

49. Operative Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung, zum Schutz von Flüchtlingen und zur Gewährleistung einer einheitlichen Anwendung des Schengen-Besitzstandes können nicht isoliert durchgeführt werden. Diese Mitteilung sollte deshalb im weiteren Kontext des Gesamtansatzes zur Migrationsfrage gesehen werden, der sämtliche Aspekte der Migrationssteuerung umfasst. Die Beziehungen zu Transit- und Herkunftsländern sowie die Frage, wie sich die Ursachen der illegalen Einwanderung am besten bekämpfen lassen, sind Thema der Kommissionsmitteilung “Der Gesamtansatz zur Migrationsfrage nach einem Jahr: Schritte zur Entwicklung eines umfassenden europäischen Migrationskonzepts”.

[1] Dok. 13559/06 JAI 489 MIGR 149 FRONT 199 COMIX 801 vom 4. Oktober 2006.

[2] KOM(2006) 275 endg.

[3] ABl. L 83 vom 1.4.2005, S. 48.

[4] KOM(2006) 401 endg. vom 19. Juli 2006.

[5] Étude de faisabilité relative au contrôle des frontières maritimes de l'Union européenne , Schlussbericht, 1. September 2003.

[6] Siehe: Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Intensivierung der konkreten Zusammenarbeit – Neue Strukturen, neue Konzepte: Verbesserung der Beschlussfassung im gemeinsamen europäischen Asylsystem, KOM(2006) 67 endg. vom 17. Februar 2006.

[7] ABl. L 268 vom 3.10.1998, S. 1 – 7.

[8] ABl. L 21 vom 26.1.2000, S. 32 – 35.