52006DC0049

FÜNFTER Bericht der Kommission an den Europäischen Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und DEN Ausschuss der Regionen über die Anwendung der Richtlinie 89/552/EWG „Fernsehen ohne Grenzen“ {SEK(2006) 160} /* KOM/2006/0049 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 10.2.2006

KOM(2006) 49 endgültig

FÜNFTER BERICHT DER KOMMISSION AN DEN EUROPÄISCHEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

über die Anwendung der Richtlinie 89/552/EWG „Fernsehen ohne Grenzen“ {SEK(2006) 160}

INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung 3

1.1. Hintergrund des Berichts 3

1.2. Entwicklung des Fernsehmarktes in Europa 3

2. Mitteilungen der neuen Mitgliedstaaten 5

3. Anwendung der Richtlinie 5

3.1. Anwendungsbereich 5

3.2. Rechtshoheit (Artikel 2) 5

3.3. Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung (Artikel 3a) 6

3.4. Förderung der Verbreitung und Herstellung von Fernsehprogrammen(Artikel 4 und 5) 7

3.5. Vorschriften über Werbung (Artikel 10 bis 20) 8

3.5.1. Annahme einer Mitteilung zu Auslegungsfragen 8

3.5.2. Im Bereich der Stadien angebrachte Werbetafeln bei der Übertragung von Sportveranstaltungen 8

3.5.3. Überwachungsmaßnahmen 9

3.6. Schutz Minderjähriger und öffentliche Ordnung (Artikel 2a, 22 und 22a) 9

3.7. Koordinierung zwischen den nationalen Behörden und der Kommission 10

3.7.1. Kontaktausschuss 10

3.7.2. Gruppe der Regulierungsbehörden 11

4. Überprüfung der Richtlinie 11

5. Internationale Aspekte 11

5.1. Erweiterung 11

5.2. Zusammenarbeit mit dem Europarat 12

6. Schlussfolgerungen 12

1. EINLEITUNG

1.1. Hintergrund des Berichts

Mit der vorliegenden Mitteilung legt die Kommission dem Rat, dem Europäischen Parlament, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen (zur Kenntnisnahme) den Fünften Bericht über die Anwendung der Richtlinie 89/552/EWG[1] in der durch die Richtlinie 97/36/EG[2] geänderten Fassung (die so genannte Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ – nachstehend „die Richtlinie“ genannt) vor.

Gemäß Artikel 26 der Richtlinie übermittelt die Kommission spätestens am 31. Dezember 2000 und anschließend alle zwei Jahre dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Wirtschafts- und Sozialausschuss einen Bericht über die Anwendung der Richtlinie in ihrer geänderten Fassung und unterbreitet gegebenenfalls Vorschläge zu ihrer Anpassung an die Entwicklungen im Fernsehbereich, und zwar insbesondere im Lichte neuer technologischer Entwicklungen.

Der vorliegende Bericht schließt an den im Januar 2003 angenommenen Vierten Bericht[3] an und untersucht die Anwendung der Richtlinie in den Jahren 2003 und 2004[4].

Im Anhang zum Vierten Bericht schlug die Kommission ein Arbeitsprogramm vor, um eine Debatte über eine gegebenenfalls erforderliche Anpassung der ordnungspolitischen Rahmenbedingungen der Europäischen Union (EU) in diesem Bereich aufgrund der Markt- und Technologieentwicklung in Gang zu setzen. Zu diesem Zweck leitete die Kommission 2003 eine Konsultation hinsichtlich einer Überprüfung der Richtlinie ein[5].

Der vorliegende Bericht ist im Zusammenhang mit dieser Debatte zu sehen.

1.2. Entwicklung des Fernsehmarktes in Europa

In den Jahren vor 2004 erreichte der positive Trend in der Entwicklung der audiovisuellen Industrie in der EU einen Höhepunkt. Gleichzeitig waren einige Geschäftsmodelle starken Bewährungsproben ausgesetzt und in einigen Bereichen vollzog sich ein Konsolidierungsprozess unter den Betreibern.

Neue Geschäftschancen, insbesondere das „digitale terrestrische Fernsehen“[6] und die Bereitstellung audiovisueller Dienste über neue technologische Plattformen haben für die Ausbreitung dieser Dienste auf dem Markt gesorgt und dem bekannten Phänomen der Fragmentierung des Angebots Vorschub geleistet. Dieser Trend scheint sich vor dem Hintergrund eines Rückgangs der Werbemittel und geringer Aussichten auf eine Aufstockung der staatlichen Finanzierung zu stabilisieren.

In der Praxis belegt die Anzahl der verfügbaren Kanäle eindeutig, dass sich das Angebot an Dienstleistungen vervielfacht hat. Während Anfang 2001 mehr als 660 Kanäle mit potenziellem nationalem Empfangsbereich auf terrestrischem Wege, per Satellit oder per Kabel übertragen wurden[7], waren drei Jahre später mehr als 860 solcher Kanäle in den EU-15-Ländern verfügbar[8].

Bei den Fernsehdiensten für nichtnationale Märkte ist eine noch schnellere Entwicklung zu verzeichnen. Anfang 2004 waren etwa 220 derartiger Kanäle bekannt[9]. Mehr als 160 dieser Kanäle wurden in anderen Mitgliedstaaten oder in anderen Ländern für Zuschauer in den EU-25-Ländern ausgestrahlt (2001 gab es in den EU-15-Ländern nur 68 solcher Kanäle).

Die wichtigste Voraussetzung für die Online-Entwicklung audiovisueller Dienste ist die weitgehende Verfügbarkeit von Breitbandzugängen. Aufgrund der beträchtlichen Investitionen in den letzten Jahren, die noch weiter ausgebaut werden, verfügen die meisten EU-15-Länder mittlerweile über eine entsprechende Infrastruktur. Ende 2004 lag die Abdeckung bei etwa 88 % der Bevölkerung[10]. Parallel dazu ist auch die Zahl der Festnetz-Breitbandanschlüsse stetig gewachsen. So verfügten Ende 2004 10 % der Bevölkerung in den EU-15-Ländern und 9 % der Bevölkerung in den EU-25-Ländern über einen solchen Anschluss[11].

Der Gesamtmarkt in den EU-25-Ländern wird auf der Basis der Einnahmen der Fernsehveranstalter auf etwa 64,5 Mrd. EUR im Jahr 2003 geschätzt (gegenüber 62,2 Mrd. im Jahr 2001, was ein Plus von 3,7 % bedeutet)[12].

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben ihre Position auf dem europäischen Binnenmarkt hinsichtlich ihrer Einnahmen gefestigt. So erzielten die öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Hörfunkanstalten im Jahr 2003 Gesamteinnahmen in Höhe von 29,1 Mrd. EUR (EU-25-Länder, einschließlich Hörfunkeinnahmen in Höhe von 1,6 Mrd. EUR). Gegenüber 2002 blieb dieser Betrag nahezu unverändert[13].

Die Einnahmen der Privatsender in den EU-25-Ländern beliefen sich im Jahr 2003 auf insgesamt 18,3 Mrd. EUR und blieben damit gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert[14]. Pay-TV und Paketabonnements führten 2003 zu einem Anstieg der Einnahmen auf insgesamt 13,6 Mrd. EUR. Aufgrund des Erfolgs der Paketangebote konnte damit gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 14,3 % erzielt werden[15].

Die Werbung bleibt die Haupteinnahmequelle der Fernsehveranstalter. Nach einer mehrjährigen Phase der anhaltenden Expansion, die nur 2001 unterbrochen wurde, belief sich der TV-Werbemarkt im Jahr 2004 auf circa 25,7 Mrd. EUR in den EU-15-Ländern (das sind 7,2 % mehr als 2003)[16]. Der Rückgang der Werbeeinnahmen im Jahr 2001 lag schätzungsweise bei etwa 6,8 % (Daten des Jahres 2002 gegenüber den Daten des Jahres 2000)[17]. Der Markt für Fernsehwerbung erreichte 2004 nominal etwa das Niveau des Jahres 2000 und hatte damit einen Anteil von fast einem Drittel an den gesamten Werbeausgaben[18].

2. MITTEILUNGEN DER NEUEN MITGLIEDSTAATEN

Die neuen Mitgliedstaaten, die der EU am 1. Mai 2004 beigetreten sind, hatten die Vorgabe, die Umsetzung der Richtlinie in innerstaatliches Recht mitzuteilen. Die durchgeführte Prüfung ergab, dass die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen in dieser Beziehung nachgekommen sind.

3. ANWENDUNG DER RICHTLINIE

3.1. Anwendungsbereich

Nachdem Mediakabel BV gegen eine Entscheidung des Commissariaat voor de Media (die niederländische Medienbehörde) geklagt hatte, ersuchte der niederländische Raad van State den Europäischen Gerichtshof um eine Vorabentscheidung über die Frage, ob NVOD-Dienste (Near Video-on-Demand), d. h.. Pay-per-View-Dienste, die den Zuschauern die Verfolgung zeitgleich ausgestrahlter Sendungen (Multiplexing) ermöglichen, für die auf On-Demand-Basis bezahlt wird, der Richtlinie unterliegen. Das Urteil des Gerichtshofs in diesem Fall stand 2004 noch aus[19].

3.2. Rechtshoheit (Artikel 2)

Den Eckpfeiler der Richtlinie bildet der Grundsatz des „Ursprungslandes“. Gemäß diesem Grundsatz dürfen Programme, die mit den Gesetzen des Ursprungslandes und mit den Bestimmungen der Richtlinie in Einklang stehen, innerhalb der EU ohne Einschränkung verbreitet werden.

Während des Bezugszeitraums leitete die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die niederländischen Behörden ein, nachdem das Commissariaat voor de media (die niederländische Medienbehörde) beschlossen hatte, zukünftig die Rechtshoheit über die Kanäle RTL 4 und RTL 5 zu übernehmen, die von einem der luxemburgischen Rechtshoheit unterstehenden Fernsehsender ausgestrahlt werden. Diese Entscheidung wurde vom Raad van State für ungültig erklärt, ohne dass die wesentlichen Argumente des Commissariaat voor de Media in Frage gestellt wurden. In dem Urteil hieß es, das Commissariaat voor de Media könne sich nicht selbst die Rechtshoheit zusprechen und damit im Widerspruch zur Richtlinie eine doppelte Rechtshoheit schaffen. Da nach dem Urteil keine doppelte Rechtshoheit mehr gegeben war, beschloss die Kommission, den Fall abzuschließen.

Im Zusammenhang mit „Extasi TV“ kam es zu einem Konflikt über Ausnahmen vom Grundsatz des Ursprungslandes nach Artikel 2a Absatz 2. Die Regierung des Vereinigten Königreichs setzte die Kommission am 20. Dezember 2004 von ihrer Absicht in Kenntnis, den Fernsehsender mit dem Namen „Extasi TV“ zu verbieten. Diese Entscheidung wurde damit begründet, dass der betreffende Fernsehsender in offensichtlicher, ernster und schwer wiegender Weise gegen Artikel 22 der Richtlinie verstoßen habe. Es bestand Unklarheit darüber, welcher Mitgliedstaat die Rechtshoheit über den Fernsehsender ausübte.

Widersprüche in Bezug auf die Rechtshoheit, die nicht im Zusammenhang mit Artikel 2a Absatz 2 standen, traten in Fällen auf, in denen die Gesetzgebung der Empfangsstaaten umfassendere oder strengere Bestimmungen vorsah als die Gesetzgebung des Landes, in dem der Sender seinen Sitz hat. Die schwedische Rundfunkkommission beispielsweise erklärte gegenüber der Kommission, nach ihrer Auffassung habe Schweden die Rechtshoheit über die Kanäle TV3 und Canal 5, die unter die Rechtshoheit des Vereinigten Königreichs fallen. Statt Maßnahmen auf einzelstaatlicher Basis zu ergreifen, regte Schweden einen Dialog zwischen den betroffenen Regulierungsbehörden an. Sofern derartige Diskussionen nicht den Grundsatz des Ursprungslandes in Frage stellen, begrüßt die Kommission diesen Ansatz und bietet ihre Unterstützung an. Ähnliche Widersprüche traten auch zwischen Irland und dem Vereinigten Königreich auf.

Schließlich spielte auch die Frage von Programmen aus Drittländern, die zu Hass aufstacheln und die nach Artikel 2 Absatz 4 der Rechtshoheit eines Mitgliedstaats unterliegen, während des Bezugszeitraums eine besondere Rolle. Mehrere europäische Satellitenbetreiber strahlten Al Manar aus. Als erstes Land ging Frankreich gegen die Ausstrahlung dieses Kanals über die Eutelsat-Satelliten vor, die nach Artikel 2 Absatz 4 der französischen Rechtshoheit unterstehen. Nachdem Al Manar eine Reihe antisemitischer Programme ausgestrahlt hatte, übermittelten die französischen Behörden dem Satellitenbetreiber am 13. Dezember 2004 die Anordnung, die Ausstrahlung des Fernsehprogramms Al Manar einzustellen. Diese Entscheidung wurde unverzüglich umgesetzt und die Ausstrahlung am 14. Dezember 2004 eingestellt.

Auch nach dem Verbot von Al Manar durch die französischen Behörden konnte der Kanal über die Satelliten der Betreiber New Sky Satellite (mit Sitz in Den Haag) und Hispasat weiter empfangen werden. Der Fall war Gegenstand einer Reihe von Sitzungen und Diskussionen zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission. Schließlich ordneten auch die niederländischen und die spanischen Behörden die Einstellung der Ausstrahlung von Al Manar an. Diese enge Zusammenarbeit hat es möglich gemacht, dass Europa die Aufstachelung zu Hass in Fernseh- und Rundfunksendungen, die aus Drittländern ausgestrahlt werden, wirkungsvoll bekämpfen kann.

3.3. Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung (Artikel 3a)

Artikel 3a Absatz 1 der Richtlinie befasst sich mit den einzelstaatlichen Maßnahmen zum Schutz von Ereignissen, die für die Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sind. Bis Ende 2004 hatten die folgenden Mitgliedstaaten Rechtsvorschriften zur Einführung von Maßnahmen nach Artikel 3a Absatz 1 der Richtlinie erlassen und die Kommission hiervon in Kenntnis gesetzt: Italien, Deutschland, Vereinigtes Königreich, Österreich und Irland. Die von Irland vorgeschlagenen Maßnahmen wurden am 30. Januar 2003 im Kontaktausschuss erörtert (der eine positive Stellungnahme abgab) und im April 2003 im Amtsblatt veröffentlicht[20]. Die von Belgien und Frankreich vorgeschlagenen Maßnahmen wurden im März 2004 mit den zuständigen nationalen Behörden und dem Kontaktausschuss besprochen und ebenfalls positiv beurteilt. Im weiteren Verlauf des Jahres 2004 informierte Belgien die Kommission über die endgültigen Maßnahmen, die im Amtsblatt veröffentlicht wurden[21].

Nach Artikel 3a Absatz 2 der Richtlinie muss einmal jährlich eine konsolidierte Liste der von den Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen im Amtsblatt veröffentlicht werden. Dies geschah zuletzt im August 2003[22].

Vor dem Europäischen Gerichtshof Erster Instanz ist ein Verfahren zur Rolle der Kommission im Zusammenhang mit Artikel 3a der Richtlinie anhängig[23].

3.4. Förderung der Verbreitung und Herstellung von Fernsehprogrammen (Artikel 4 und 5)

Am 28. Juli 2004 nahm die Kommission die Sechste Mitteilung über die Anwendung von Artikel 4 und 5 der Richtlinie an. Gegenstand des Berichts sind die EU-15-Länder im Bezugszeitraum 2001-2002. Die durchschnittliche Sendezeit europäischer Produktionen in den EU-15-Ländern lag 2001 bei 66,95 % und 2002 bei 66,10 %, dies entspricht einem Plus von 5,42 Prozentpunkten in vier Jahren (1999-2002). Der Anteil der europäischen Produktionen unabhängiger Produzenten in den EU-15-Ländern betrug im Jahr 2001 37,75 % und im Jahr 2002 34,03 % und hat sich damit bei etwa einem Drittel der gesamten relevanten Sendezeit oder etwa 50 % der europäischen Produktionen eingependelt. Damit wird die in Artikel 5 der Richtlinie festgelegte Zielgröße von 10 % weit überschritten. Diese Ergebnisse machen deutlich, dass die Nachfrage nach nationalen und europäischen Produktionen, die während des letzten Jahrzehnts stetig gestiegen ist, im Jahr 2002 mit fast zwei Dritteln der relevanten Sendungen einen neuen Höhepunkt erreicht hat. Verglichen mit dem in der Richtlinie vorgesehenen Anteil von 50 % sind 66 % ein zufrieden stellendes Ergebnis, das von der Stärke der europäischen audiovisuellen Industrie zeugt.

2004 führte die Kommission in sieben der neuen Mitgliedstaaten, die der EU am 1. Mai 2004 beigetreten sind, eine Bestandsaufnahme auf freiwilliger Basis durch, um die zukünftigen Auswirkungen von Artikel 4 und 5 in diesen Ländern besser abschätzen zu können. Als Bezugszeitraum wurde der Zeitraum unmittelbar vor dem Beitritt von Januar 2003 bis April 2004 gewählt. 2003 war im Durchschnitt ein Anteil europäischer Produktionen von 60 % und in den ersten Monaten des Jahres 2004 ein Anteil von 62 % in der Programmplanung vorgesehen. Dabei lag die Konformitätsrate bei 77 % bzw. 83 %. Auf europäische Produktionen unabhängiger Produzenten entfiel 2003 ein Anteil von 30 % und in den ersten Monaten des Jahres 2004 ein Anteil von 31 %. Berücksichtigt man, dass dies die Zahlen für die Vor-Beitrittsphase sind, so lässt sich festhalten, dass die Umsetzung der Artikel 4 und 5 in den betreffenden Mitgliedstaaten insgesamt recht zufriedenstellend verlaufen ist.

Die Siebte Mitteilung über die Anwendung von Artikel 4 und 5 der Richtlinie, die den Zeitraum 2002-2004 abdeckt und deren Annahme für die erste Hälfte des Jahres 2006 vorgesehen ist, wird erstmals statistische Daten aus allen 25 Mitgliedstaaten umfassen.

3.5. Vorschriften über Werbung (Artikel 10 bis 20)

3.5.1. Annahme einer Mitteilung zu Auslegungsfragen

Angesichts der Entwicklung neuer Werbetechniken wie Split-Screen-Technik (Bildschirmteilung), interaktive und virtuelle Werbung oder auch Produktplatzierung hat die Kommission am 23. April 2004 eine Mitteilung zu Auslegungsfragen angenommen, die Klarheit hinsichtlich der Auslegung bestimmter Aspekte der Bestimmungen der Richtlinie schaffen soll[24]. In dieser Mitteilung wird insbesondere die Art und Weise ausgeführt, wie die betreffenden Bestimmungen der Richtlinie auf die Split-Screen-Technik, Mini-Spots, „Telepromotions“, virtuelles Sponsoring und interaktive Werbung anzuwenden sind. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften stützt sich die Mitteilung zu Auslegungsfragen auf den Grundsatz, dass eine Werbetechnik oder eine Art von Werbung nur dann verboten werden kann, wenn dies in der Richtlinie ausdrücklich vorgesehen ist. Es ist den Mitgliedstaaten jedoch freigestellt, strengere oder ausführlichere Bestimmungen für Fernsehveranstalter, die ihrer Rechtshoheit unterworfen sind, zu erlassen.

3.5.2. Im Bereich der Stadien angebrachte Werbetafeln bei der Übertragung von Sportveranstaltungen

Das französische Gesetz über die Bekämpfung des Missbrauchs von Tabak und Alkohol ( Loi Evin ) verbietet die direkte oder indirekte Fernsehwerbung für alkoholische Getränke. Daraus folgt unter anderem, dass die französischen Sender bei Übertragungen von binationalen Sportveranstaltungen, die sich in erster Linie an das französische Publikum richten, alles unternehmen müssen, um zu verhindern, dass Werbung für alkoholische Getränke auf dem Bildschirm zu sehen ist.

Der Gerichtshof hatte über zwei Rechtssachen im Zusammenhang mit dieser Regelung zu befinden: eine Vertragsverletzungsklage[25] und ein Vorabentscheidungsverfahren[26]. Der Grund für das Vorabentscheidungsverfahren, das im Rahmen des vorliegenden Berichts von besonderem Interesse ist, war die Aufforderung des französischen Fernsehsenders TF1 an die Unternehmen Groupe Darmon und Girosport, die für Rechnung von TF1 die Fernsehübertragungsrechte an Fußballspielen vermitteln, alle ihnen zu Gebote stehenden Maßnahmen zu ergreifen, um zu vermeiden, dass Marken alkoholischer Getränke auf dem Bildschirm zu sehen sind. Da Bacardi France daraufhin das Anmieten von Werbeflächen im Umkreis des Spielfelds verwehrt wurde, erhob das Unternehmen vor den nationalen Gerichten Klage gegen TF1, Darmon und Girosport und beantragte, den vorgenannten Unternehmen die Ausübung von Druck auf ausländische Fußballvereine zu untersagen. In diesem Zusammenhang hatte der französische Kassationshof (Cour de cassation) dem Gerichtshof eine Vorlagefrage gestellt, mit der geklärt werden sollte, ob die französische Regelung dem Gemeinschaftsrecht, einschließlich der Richtlinie, entgegensteht.

In seinem Urteil von 13. Juli 2004 stellt der Gerichtshof fest, dass indirekte Fernsehwerbung für alkoholische Getränke der Form, dass während der Übertragung von Sportveranstaltungen Werbetafeln zu sehen sind, im Sinne der Richtlinie keine individualisierbare, im Fernsehen gesendete Äußerung, durch die der Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen gefördert werden soll, darstellt. Der Gerichtshof erkennt an, dass es den Fernsehsendern faktisch unmöglich ist, solche Werbung nur in den Pausen zwischen den verschiedenen Teilen einer Sendung zu zeigen. Daher ist der Gerichtshof zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die Bestimmungen der Richtlinie in diesem Fall nicht anwendbar sind und dass die französischen Bestimmungen zur Fernsehwerbung mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang stehen.

3.5.3. Überwachungsmaßnahmen

Die Kommission führt regelmäßig Überwachungsmaßnahmen (in drei Ländern pro Jahr) durch. Damit soll sichergestellt werden, dass die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass die ihrer Rechtshoheit unterstehenden Fernsehveranstalter die Bestimmungen der Richtlinie zur Werbung einhalten. Dabei wird die Kommission von einem unabhängigen Berater unterstützt, dessen Aufgabe das Sammeln der relevanten Fakten und Informationen ist.

Aufgrund der Überwachungsberichte wurden Verstoßverfahren gegen einige Mitgliedstaaten eingeleitet; dem Königreich Belgien ging eine mit Gründen versehene Stellungnahme zu. Die Häufigkeit und das Ausmaß, in dem die Bestimmungen der Richtlinie zur Werbung verletzt wurden, legten den Schluss nahe, dass die verantwortlichen Behörden in diesem Mitgliedstaat nicht ausreichend dafür Sorge getragen haben, dass die ihrer Rechtshoheit unterstehenden Fernsehveranstalter die Bestimmungen anwenden.

3.6. Schutz Minderjähriger und öffentliche Ordnung (Artikel 2a, 22 und 22a)

Der zweite Evaluierungsbericht[27] der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zur Anwendung der Empfehlung des Rates vom 24. September 1998 in Bezug auf den Jugendschutz und den Schutz der Menschenwürde wurde am 12. Dezember 2003 angenommen. Den Mitgliedstaaten, den EWR-Ländern und den (damaligen) Beitrittsländern wurde ein Fragebogen übermittelt[28].

Aus dem zweiten Evaluierungsbericht ging hervor, dass die Empfehlung von den Mitgliedstaaten nach wie vor uneinheitlich angewandt wurde, dass jedoch insgesamt eine positive Entwicklung zu verzeichnen war.

Am 30. April 2004 reagierte die Kommission mit dem Vorschlag für eine zusätzliche Empfehlung auf den zweiten Evaluierungsbericht: eine Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz von Jugendlichen, der Menschenwürde und dem Recht auf Gegendarstellung hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen audiovisuellen Medien und der europäischen Informationsdiensteindustrie[29].

Diese zusätzliche Empfehlung wurde vorgeschlagen, um die Herausforderungen der technologischen Entwicklungen bewältigen zu können. Der Vorschlag basiert auf der ursprünglichen Empfehlung von 1998 und umfasst Medienkompetenz und -bildung, das Gegendarstellungsrecht in allen Medien, Zusammenarbeit und wechselseitiges Lernen von guten Praktiken zwischen (Selbst-)Regulierungsgremien, die die Bewertung oder Klassifikation audiovisuellen Inhalts vornehmen, sowie Bekämpfung der Diskriminierung in allen Medien.

Die Empfehlung wird derzeit im Rat und im Europäischen Parlament erörtert.

3.7. Koordinierung zwischen den nationalen Behörden und der Kommission

3.7.1. Kontaktausschuss

Die Anwendung der Bestimmungen der Richtlinie liegt in der Verantwortung der einzelnen Mitgliedstaaten. Die Kontakte mit den nationalen Regulierungsbehörden wurden systematisch gepflegt, und zwar vor allem über den Kontaktausschuss, dessen Einsetzung auf die Richtlinie (Artikel 23a) zurückgeht. Innerhalb des Zeitraums, den dieser Bericht abdeckt, kam der Ausschuss fünfmal zusammen.

Der Ausschuss hat die Aufgaben ausgeführt, die ihm in der Richtlinie übertragen wurden. So hat der Ausschuss gemäß dem in Artikel 3a Absatz 2 beschriebenen Verfahren Stellungnahmen zu Ereignissen von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung abgegeben[30].

Im Rahmen seiner Aufgabe, die Umsetzung der Richtlinie durch regelmäßige Konsultationen über praktische Probleme im Zusammenhang mit der Richtlinie zu erleichtern, hat der Kontaktausschuss auch die Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen in Bezug auf die Fernsehwerbung erörtert.

Im Zeitraum 2002-2004 wurde bei mehreren Sitzungen des Kontaktausschusses die Überprüfung der Richtlinie erörtert. Die Kommission unterrichtete den Ausschuss über die öffentliche Konsultation im Jahr 2003 und über die Arbeit der Schwerpunktgruppen[31].

Der Kontaktausschuss wurde auch über die Absicht des Vereinigten Königreichs informiert, Maßnahmen nach Artikel 2a der Richtlinie zu treffen, und hat sich mit dem Problem befasst, wie der betreffende Mitgliedstaat ermittelt werden kann[32].

3.7.2. Gruppe der Regulierungsbehörden

Obwohl die Richtlinie nicht ausdrücklich auf die nationalen Regulierungsbehörden eingeht, berief die Kommission am 27. März 2003 die Gründungssitzung der High Level Group of Regulatory Authorities (Hochrangige Gruppe der Regulierungsbehörden) ein. Diese Gruppe vereint die für die Umsetzung der Richtlinie zur Fernsehtätigkeit zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten. Die Sitzungen der Gruppe, die im Allgemeinen zweimal jährlich stattfinden, haben das Ziel, die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Regulierungsbehörden zu stärken und damit für eine einheitliche Anwendung der ordnungspolitischen Rahmenbedingungen der EU zu sorgen.

4. ÜBERPRÜFUNG DER RICHTLINIE

Die Überprüfung der Richtlinie, die öffentliche Anhörungen und eine schriftliche Konsultation umfasst, begann 2003 mit dem Arbeitsprogramm, das dem Vierten Bericht über die Anwendung der Richtlinie als Anhang beigefügt war[33].

Die Kommission zog ihr Fazit der ersten Konsultation im Rahmen ihrer Mitteilung über die Zukunft der europäischen Regulierungspolitik im audiovisuellen Bereich[34]. Um sicherzustellen, dass die Richtlinie auch weiterhin einen positiven Beitrag zum freien Verkehr von Fernsehsendungen innerhalb der EU leistet, wurden einige Fragen bestimmt, die mittelfristig geklärt werden müssen. Gemäß der Mitteilung von 2003 wurden Schwerpunktgruppen von Sachverständigen zur Erörterung dieser Fragen eingerichtet.

Das Europäische Parlament war, vor allem aufgrund der Beteiligung mehrerer MEP[35], aktiv am Konsultationsprozess beteiligt. Für Ende 2005 ist die Annahme des Entwurfs für einen Legislativvorschlag vorgesehen.

5. INTERNATIONALE ASPEKTE

5.1. Erweiterung

Während des Berichtszeitraums ist die EU von 15 auf 25 Mitglieder gewachsen; so sind der Union am 1. Mai 2004 zehn neue Mitgliedstaaten beigetreten.

Die Beziehungen zwischen der Union und den damaligen Beitrittsländern haben sich in Einklang mit den Heranführungsstrategien entwickelt. Angesichts der Fortschritte, die bei der Anpassung der nationalen Gesetze an die Richtlinie erzielt wurden, wurden die Verhandlungen mit den zukünftigen Mitgliedstaaten betreffend die Kultur- und die audiovisuelle Politik beim Europäischen Rat in Kopenhagen im Dezember 2002 endgültig abgeschlossen. Der Prozess wurde von der Kommission überwacht, wobei die Entwicklung geeigneter Verwaltungs- und Justizstrukturen zur Umsetzung der Richtlinie im Vordergrund stand.

Die EU bereitet derzeit die nächste Erweiterung vor. Bulgarien und Rumänien werden der Europäischen Union voraussichtlich 2007 beitreten. Kroatien und die Türkei sind Beitrittskandidaten.

Der Europäische Rat hat die Aussichten der westlichen Balkanländer auf eine EU-Mitgliedschaft mehrfach unterstrichen. Die Kommission verfolgt in Zusammenarbeit mit dem Europarat eine Strategie zur Angleichung der audiovisuellen Politiken in diesen Ländern an die europäischen Medienstandards.

5.2. Zusammenarbeit mit dem Europarat

Die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission und dem Europarat wurde weiter ausgebaut, und zwar vor allem hinsichtlich des Austauschs von Informationen über die Entwicklung des Europäischen Übereinkommens über grenzüberschreitendes Fernsehen. Ein Vertreter der Kommission nahm als Beobachter an fünf Sitzungen des Ständigen Ausschusses für grenzüberschreitendes Fernsehen (T-TT) und an vier Sitzungen des Lenkungsausschusses für die Massenmedien (CDMM) sowie an der Ministerkonferenz über Massenmedienpolitik in Kiew teil.

6. SCHLUSSFOLGERUNGEN

Die Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ wird ihrer Aufgabe zur Sicherung des freien Verkehrs von Fernsehsendungen innerhalb der Europäischen Union weiterhin gerecht. Die grundlegenden Ziele des Allgemeininteresses, die die Richtlinie mit einer Harmonisierung des Binnenmarktes auf einem Mindestniveau verfolgt, gelten nach wie vor. Mit der Richtlinie wurde ein wirksamer Rechtsrahmen für den europäischen audiovisuellen Sektor geschaffen, und der Bericht bestätigt die Wirksamkeit des gemeinsamen europäischen Konzepts im audiovisuellen Bereich.

Angesichts der Entwicklungen auf dem Markt und des technologischen Fortschritts wurde jedoch offensichtlich, dass – wie weiter oben ausgeführt – die bestehenden ordnungspolitischen Rahmenbedingungen der EU einer Überprüfung bedürfen. Aus diesem Grund beabsichtigt die Kommission, Ende 2005 einen Vorschlag zur Überprüfung der Richtlinie vorzulegen.

[1] ABl. L 298 vom 17.10.1989, S. 23.

[2] ABl. L 202 vom 30.7.1997, S. 60.

[3] KOM(2002) 778 endg. vom 6.1.2003.

[4] Gegebenenfalls wird auch auf die neuesten Ereignisse des Jahres 2005 eingegangen.

[5] Siehe Punkt 4 des Berichts.

[6] Die Umstellung auf „digitales terrestrisches Fernsehen“ ist in den meisten Mitgliedstaaten für den Zeitraum 2006 bis 2012 vorgesehen.

[7] Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, Jahrbuch 2001.

[8] Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, Jahrbuch 2004.

[9] Ibid.

[10] IDATE, Development of broadband access in Europe, 2005.

[11] Kommunikationsausschuss, 2005.

[12] Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, Jahrbuch 2005. Einige Kategorien von öffentlichen und privaten Fernsehveranstaltern wurden bei der Berechnung nicht berücksichtigt.

[13] Ibid.

[14] Ibid.

[15] Ibid.

[16] Ibid.

[17] Ibid.

[18] Ibid.

[19] Rechtssache C-89/04. Das Urteil erging am 2. Juni 2005, vgl. das dem Bericht beiliegende Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen.

[20] ABl. C 100 vom 26.4.2003.

[21] ABl. C 158 vom 29.6.2005. 2005 setzte auch Frankreich die Kommission von den getroffenen Maßnahmen in Kenntnis (die im Dezember 2004 angenommen wurden). Die Veröffentlichung erfolgt zu gegebener Zeit.

[22] ABl. C 183 vom 2.8.2003. 2004 wurde keine konsolidierte Liste veröffentlicht, da zum betreffenden Zeitpunkt keine Änderung der Liste anstand. Die neue konsolidierte Liste, die auch die belgischen und französischen Maßnahmen enthält, wird von der Kommission veröffentlicht, sobald die französische Liste im Amtsblatt veröffentlicht wurde.

[23] Rechtssache T-33/01, eine Anhörung fand am 7. Juli 2005 statt.

[24] Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen in Bezug auf bestimmte Aspekte der Bestimmungen der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ über die Fernsehwerbung, ABl. C 102 vom 28.4.2004, S. 2.

[25] Rechtssache C-262/02.

[26] Rechtssache C-429/02.

[27] KOM(2003) 776 endg. vom 12.12.2003.

[28] Siehe http://europa.eu.int/comm/avpolicy/regul/new_srv/secondreport_en.htm.

[29] KOM(2004) 341 endg. vom 30.4.2004.

[30] Siehe Punkt 3.3 des vorliegenden Berichts.

[31] Siehe Punkt 4 des vorliegenden Berichts.

[32] Siehe Punkt 3.2 des vorliegenden Berichts.

[33] KOM(2002) 778 endg. vom 6.1.2003.

[34] KOM(2003) 784 endg. vom 15.12.2003.

[35] Mehrere MEP fungierten bei der Konferenz in Liverpool als Berichterstatter, und der von Henri Weber ausgearbeitete Bericht über die Anwendung der Artikel 4 und 5 der Richtlinie befasst sich mit der Überprüfung der Richtlinie.