52004DC0472

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Hochwasserrisikomanagement - Vermeidungs-, Schutz- und Minderungsmaßnahmen /* KOM/2004/0472 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN - Hochwasserrisikomanagement - Vermeidungs-, Schutz- und Minderungsmaßnahmen

1. Einleitung

Zwischen 1998 und 2002 litt Europa unter über 100 größeren Hochwasserereignissen mit Schäden, einschließlich der katastrophalen Fluten entlang der Flüsse Donau und Elbe im Jahre 2002. Seit 1998 haben Hochwasserereignisse etwa 700 Menschenleben gefordert, etwa eine halbe Million haben ihr Zuhause verloren, und rund 25 Milliarden EUR an versicherten Schäden wurden verursacht [1].

[1] ''European Environment Agency, Environmental issue report no. 35, 2003''.

Die Vermögenswerte, die der Gefahr von Hochwasserereignissen ausgesetzt sind, können enorm sein. So leben mehr als 10 Millionen Menschen entlang des Rheins in Bereichen mit extremem Hochwasserrisiko, und das potentielle Schadensrisiko beträgt 165 Milliarden EUR. Auch Küstengebiete sind dem Risiko von Überschwemmungen ausgesetzt. Der Gesamtwert an Vermögenswerten in einem Bereich von 500 m von den europäischen Küsten einschließlich Stränden, landwirtschaftlicher Flächen und Industrieanlagen, wird derzeit auf 500 bis 1000 Milliarden EUR geschätzt [2].

[2] EUrosion: http://www.eurosion.org

Zusätzlich zu wirtschaftlichem und sozialem Schaden können Fluten schwerwiegende Umweltauswirkungen haben, zum Beispiel wenn Abwasserbehandlungsanlagen überflutet werden, oder wenn Fabriken mit großen Mengen toxischer Chemikalien betroffen sind. Hochwasserereignisse können auch Feuchtgebiete zerstören und die biologische Artenvielfalt verringern.

Hochwasserereignisse sind natürliche Phänomene, die nicht verhindert werden können. Jedoch trägt menschliches Handeln zu einer Zunahme der Wahrscheinlichkeit und der negativen Auswirkungen extremer Hochwasserereignisse bei. Die Mitgliedstaaten setzen bereits Maßnahmen der Hochwasserschutz; allerdings würde konzertiertes und koordiniertes Handeln auf Ebene der Europäischen Union beträchtlichen Mehrwert mit sich bringen, und insgesamt das Niveau des Hochwasserschutzes verbessern. Angesichts des potentiellen Risikos für Menschenleben, Vermögenswerte und die Umwelt können wir uns Untätigkeit nicht leisten; die Verpflichtung Europas zu nachhaltiger Entwicklung könnte schwerwiegend aufs Spiel gesetzt werden, wenn wir keine angemessenen Maßnahmen ergreifen.

2. Umgang mit Hochwasserereignissen

2.1. Diagnose des Problems

Hochwasserereignisse durch Flüsse können auftreten, wann immer die Kapazität des natürlichen oder durch den Menschen gestalteten Abflusssystems außerstande ist, die durch Regen oder Schäden an Hochwasserschutzmaßnahmen bewirkten Wassermengen zu bewältigen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass örtliche Hochwasserschutzmaßnahmen an einem Ort nachteilige Folgen für flussaufwärts und flussabwärts gelegene Bereiche haben. Wenn beispielsweise in einem Bereich ingenieurmäßige Lösungen umgesetzt werden um das Wasser möglichst schnell aus diesem Bereich abfließen zu lassen, bedeutet dies schlicht, dass das Wasser rascher bei den Nachbarn flussabwärts ankommt. Hochwasserschutz muss deshalb in einer konzertierten und koordinierten Weise über den gesamten Flussbereich bewältigt werden.

Hochwasserereignisse durch Flüsse unterscheiden sich beträchtlich in Umfang und Dauer. Im Falle großer Flüsse wie zum Beispiel Donau, Rhein und Elbe, kann sich das Hochwasserereignis beträchtliche Zeit nach dem Niederschlag ereignen und über Tage, Wochen oder sogar Monate andauern. Andererseits sind Sturzflutereignisse üblicherweise auf sehr lokalen und sehr intensiven Niederschlag zurückzuführen. Sturzfluten können weit verbreitete Zerstörung verursachen, besonders wenn sich zur gleichen Zeit ereignen wie andere natürliche Ereignisse wie zum Beispiel Erdrutsche oder Schlammlawinen. Sturzfluten sind weit verbreitet im Mittelmeerraum und in Berggebieten; sie stelle eine besondere Gefahr für Menschen dar, weil sich plötzlich und mit geringer Vorwarnzeit geschehen.

Überschwemmung von Küstengebieten kann seine Ursache in Stürmen auf dem Meer haben, die die gezeitenabhängige Flut landeinwärts drücken. In vielen Bereichen hat sich die Anfälligkeit bezüglich Überflutungen infolge Küstenerosion erhöht. Bei Zusammentreffen von Stürmen auf dem Meer mit hohen Wasserständen in Mündungsbereichen von Flüssen ergibt sich ein Potential für beträchtliche Schäden.

Die Hauptursachen für Überschwemmung (Niederschlag und Meeresspiegel) sind natürliche Phänomene und im wesentlichen nicht beherrschbar. Ob allerdings ein bestimmtes Ereignis, Niederschlag, Sturm oder gezeitenabhängige Flut, zu Überflutungsschäden führt, ist sehr stark abhängig von menschlichem Handeln, z.B. Abholzung von Wäldern im stromaufwärtigen Bereich des Flusseinzugsgebiets, Verkürzung von Flüssen und Vernichtung natürlicher Ausuferungsräume, nicht angemessene Praktiken bei der Entwässerung sowie, wohl am wichtigsten, umfangreiche Baumaßnahmen in Bereichen mit hohen Hochwasserrisiko.

Zwei Trends weisen auf eine Zunahme des Hochwasserrisikos in Europa. Erstens werden Umfang und Häufigkeit von Hochwasserereignissen absehbar als Folge des Klimawandels zunehmen [3] (höhere Niederschlagsintensität ebenso wie ansteigender Spiegel der Meere). Zweitens hat sich in Hochwasserrisikobereichen eine signifikante Zunahme der Zahl von Personen und von Wirtschaftsgütern ergeben.

[3] ''IPCC (2001): Climate Change: The Scientific Basis. Contribution of Working Group I to the Third Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. Edited by J.T. Houghton et al''.

Über die Wichtigkeit von Hochwasserereignissen durch Flüsse auf die menschliche Gesundheit gibt es auch ein wachsendes Bewusstsein, sowohl physikalisch wie psychologisch. Wesentliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit können sich ergeben, wenn Hochwasserwellen Schadstoffe mit sich führen, oder wenn sie sich mit belastetem Wasser von Kanälen und landwirtschaftlichen Nutzflächen mischen. Folgen für die geistige Gesundheit werden sich ebenfalls ergeben: zusätzlich zu beträchtlichem Stress durch umfangreiche Schäden kann die Gefahr wiederkehrender Überflutungen, manchmal verbunden mit dem drohenden Zurücknahme des Versicherungsschutzes zur Unverkäuflichkeit von Grundstücken führen.

Das Risiko von Hochwasserereignissen in der Europäischen Union wird weiterhin vorhanden sein, und kann sich innerhalb der kommenden Jahrzehnte absehbar beträchtlich erhöhen. Die Herausforderung besteht darin, diese Änderungen jetzt vorweg aufzugreifen und Gesellschaft und Umwelt vor den negativen Auswirkungen von Hochwasserereignissen zu schützen.

2.2. Hochwasserrisikomanagement

Hochwasserrisikomanagement zielt darauf ab, die Wahrscheinlichkeit und/oder die Auswirkung von Hochwasserereignissen zu verringern. Die Erfahrung hat gezeigt, dass das wirksamste Konzept in der Entwicklung von Programmen zum Hochwasserrisikomanagement liegt, welche die folgenden Elemente einbeziehen:

- Vermeidung: Vermeidung von Hochwasserschäden durch Vermeidung der Errichtung von Wohnhäusern und Industriebauten in bestehenden und künftigen Hochwasserabflussbereichen; durch Anpassung künftiger Entwicklungen an das Hochwasserrisiko; und durch Förderung angemessener Bodennutzung, sowie land- und forstwirtschaftlicher Praktiken,

- Schutz: Setzen von Maßnahmen, bauliche wie nicht-bauliche, um die Wahrscheinlichkeit von Hochwasserereignissen und/oder der Auswirkungen von Hochwasserereignissen an einem bestimmten Standort zu vermindern;

- Bereitschaft: Information der Bevölkerung über Hochwasserrisiken und Maßnahmen im Falle eines Hochwasserereignisses.

- Notfallmaßnahmen: Entwicklung von Notfallplänen im Falle von Hochwasserereignissen.

- Wiederherstellung und Lernen aus Erfahrungen: Wiederherstellung normaler Verhältnisse so bald wie möglich, bei Minderung der sozialen wie der wirtschaftlichen Auswirkungen auf die betroffene Bevölkerung.

3. Was wird schon getan, zukünftige Initiativen und Perspektiven

3.1. Auf europäischer Ebene

3.1.1. Europäische Forschungspolitik

Die Europäische Kommission hat die Forschung über Hochwasser seit den frühen 80er Jahren durch ihre aufeinander folgenden Rahmenprogramme (FP) für Forschung und technologische Entwicklung unterstützt [4]. Europäische Forschung ist erfolgreich in der Verbesserung unseres Verständnisses von Hochwasser und seinen Folgen gewesen, sowie unseres Vermögens, die Wahrscheinlichkeit, so wie das Ausmaß von Hochwasserereignissen in gegebenen Bereichen abzuschätzen.

[4] http://www.eu-medin.org/floods-rtd-projects.php

Forschungsergebnisse haben auch die Grenzen technischer Methoden der Hochwasservermeidung unterstrichen, ebenso die Notwendigkeit, Möglichkeiten der Wiederherstellung und des Schutzes hochwertiger Ökosysteme zu schaffen.

Ebenso wurden angemessene Methoden und Instrumente zu Vorhersage und Management von Hochwasserereignissen und die damit zusammenhängenden Risiken entwickelt. Einige dieser Instrumente und Methoden werden schon in Flußgebieten überall in Europa verwendet. Das neue Forschungsprojekt FLOODsite (Umfang: 10 Millionen EUR) ist soeben begonnen worden und trägt zur Verbesserung einer integrierten Hochwasserrisikoanalyse und von Managementmethodologien bei [5].

[5] http://www.floodsite.net

Hochwasservorhersage [6], Hochwasserrisikokartierung und Modellierung sind wichtige Komponenten des vorgesehenen Beitrags der Gemeinsamen Forschungsstelle im Hochwasserbereich. Künftige Forschung wird anzupassen sein an die Analyse der Auswirkungen des Klimawandels, Minderungs- und Adaptierungsstrategien.

[6] http://natural-hazards.jrc.it/floods/Preparedness/

Es besteht ein klarer Bedarf, Forschungsaktivitäten fortzusetzen, die auf Hochwasserschutz ausgerichtet sind. Anstelle einer isolierten Betrachtung von Hochwassermanagement in Flusseinzugsgebieten ist es erforderlich, Hochwasserschutz als Teil eines integrierten und umfassenden Ansatzes von Flussgebietsmanagement. Künftige Forschung im Umweltbereich [7] wird unter anderem Fragen wie die Quantifizierung und Vorhersage von Umweltveränderungen (z.B. im Bereich des Klimas), bei Bewertung der gesamten Breite ihrer Auswirkungen, und in Unterstützung der Bewertung, Vermeidung und Minderung von natürlichen und industriellen Risiken. In diesem Zusammenhang wird Hochwasserschutz ohne Zweifel eine hohe Priorität haben.

[7] KOM(2004)101 endgültig.

3.1.2. Regionalpolitik und Hochwasser

Die Strukturfonds [8], insbesondere der Europäische Fonds für regionale Entwicklung [9] und der Kohäsionsfonds können vorbeugende (Infrastruktur)Investitionen einschließlich Hochwasserschutz finanzieren. Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung kann auch zur Finanzierung von Forschung und technologischer Entwicklung in Bezug auf Infrastruktur beitragen.

[8] ABl. L 161 vom 26.6.1999.

[9] ABl. L 213 vom 13.8.1999.

Die Initiative INTERREG unter dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung hat die verbesserte grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Hochwasserbereich unterstützt. Das IRMA Projekt (`INTERREG Rhine-Meuse Activities) ist ein erfolgreiches Beispiel grenzüberschreitender Zusammenarbeit und ein integriertes Konzept zur Hochwasserschutz. Die Verwüstung durch die Hochwässer von Rhein und Maas in den Jahren 1993 und 1995 veranlasste die Einrichtung eines grenzüberschreitenden Vorsorgeprogrammes zwischen den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Luxemburg, Deutschland und der Schweiz. IRMA hat ein Gesamtbudget von 419 Millionen EUR, von denen ein Drittel aus INTERREG stammt.

Das SCALDIT Projekt, eine weitere INTERREG-Initiative, wurde im Jahre 2003 begonnen und betrifft das Flusseinzugsgebiet der Schelde. Es bindet Frankreich, die Niederlande und die belgischen Regionen ein, und spricht die Fragen der Flussgebietsplanung und des Hochwasserschutzes an.

In ihrem vor kurzem veröffentlichten Dritter Bericht über wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt schlägt die Kommission vor, dass Aktionen mit Unterstützung durch die Kohäsionspolitik sich - in Widerspiegelung der Beschlüsse von Lissabon und Göteborg - auf eine begrenzte Anzahl von prioritären Themen konzentrieren sollten, wo von einer Intervention der Gemeinschaft Hebelwirkung und deutlicher Mehrwert erwartet werden kann. Das Thema "Umwelt und Risikovermeidung" ist eine der Kernfragen, die für künftige Aktion im Bereich der Kohäsionspolitik identifiziert worden sind. Das zukünftige Ziel der ,Europäischen territorialen Kooperation" wird die erforderliche transnationale Kooperation bewahren und stärken und auf den Ergebnissen von INTERREG aufbauen.

3.1.3. Solidaritätsfonds der Europäischen Union

Nach den Hochwasserereignissen von 2002 in Mitteleuropa schuf die EU den Solidaritätsfonds der Europäischen Union [10] (EUSF) als ein spezifisches Finanzierungsinstrument, um rasche finanzielle Hilfe im Falle einer größere Katastrophe (definiert als unmittelbarer Schaden von mehr als 3 Milliarden EUR oder 0,6% des Bruttonationalproduktes) gewähren zu können, um den betroffenen Gebieten zu helfen, so rasch wie möglich zu Lebensbedingungen zurückzukehren, die so normal wie möglich sind.

[10] ABl. L 311 vom 14.11.2002.

Der EUSF kann nur im Fall von Notfallsituationen intervenieren. Es wurde nicht mit dem Ziel geschaffen, alle mit Naturkatastrophen verbundenen Kosten abzudecken, und der EUSF entschädigt keine privaten Verluste oder Schäden, die durch Versicherung abgedeckt sind. Langfristige Aktionen - Wiederaufbau, wirtschaftliche Entwicklung, Vermeidung- können unter anderen Instrumenten förderungsfähig sein, insbesondere unter den Strukturfonds.

3.1.4. Landwirtschaftspolitik und Hochwasser

Die Art der Nutzung von land- und forstwirtschaftlichen Bereichen ist von wesentlicher Bedeutung für Hochwasservermeidung und Hochwasserschutz; sie ist entscheidend für die Kapazität von Böden und Pflanzen, Wasser zurückzuhalten. Die GAP-Reform von 2003 wird positiv zum Hochwasserschutz beitragen, durch die Entkopplung direkter Zahlungen und die "Cross compliance" dieser Zahlungen; z.B. durch die Förderung von Bodenschutz und die Erhaltung von Dauerweiden) womit die Kapazität des Bodens für Wasserrückhaltung verbessert wird.

Die reformierte Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) kann auch zur Verringerung der Wahrscheinlichkeit von Überschwemmungen beitragen, indem sie den Klimawandel anspricht; Maßnahmen, die z.B. Biomasse für den Anbau von Energiepflanzen fördern, oder Verringerungen des Ausstoßes von Treibhausgasen durch Förderung weniger intensiver Viehbestandsdichten, werden direkte Vorteile für den Hochwasserschutz haben.

In der Reform der GAP werden schätzungsweise 1,2 Milliarden EUR zusätzlicher Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raumes im Jahre 2007 zur Verfügung gestellt werden. Neben der Verbesserung der Nutzung von land- und forstwirtschaftlichen Bereichen können diese Maßnahmen auch zur Minderung von Überschwemmungen beitragen, indem sie Hilfe für die Wiederherstellung land- und forstwirtschaftlicher Produktion geben, die von Naturkatastrophen (einschließlich Hochwasser) betroffen wurden, und angemessene Instrumente zur Vermeidung einführen.

3.1.5. Umweltpolitik und Hochwasser

Mit der Verabschiedung der Wasserrahmenrichtlinie hat die EU ihre Gewässerschutzpolitik gründlich umstrukturiert. Die Richtlinie erfordert, dass für jedes Flusseinzugsgebiet integrierte Bewirtschaftungspläne entwickelt werden, um guten ökologischen und chemischen Zustand erreichen. Wiewohl die Wasserrahmenrichtlinie zur Minderung der Auswirkungen von Hochwasserereignissen beitragen wird, ist dies nicht eines der Hauptziele der Richtlinie.

Um die kohärente Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie über die EU zu fördern, treffen die Wasserdirektoren der 25 Mitgliedstaaten [11] und die Europäischen Kommission sich regelmäßig, um an der gemeinsamen Implementierungsstrategie zu arbeiten. Als Reaktion auf die Hochwasserereignisse von Sommer und Herbst 2002 begannen die Wasserdirektoren und die Kommission eine Aktion zum Hochwasserschutz; dies gab den Anstoß zur Entwicklung eines Handbuchs über beste Praktiken, was im Juni 2003 verabschiedet wurde. Die Gruppe der Wasserdirektoren hat ihr Interesse an der Fortsetzung der Arbeiten zur Frage Hochwasserschutz ausgedrückt.

[11] Bulgarien, Rumänien, Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz nehmen auch an Sitzungen der Direktoren des Wassers teil.

Um die Bereitschaft der nationalen Katastrophenschutzbehörden in bezug auf Katastrophen zu verbessern, hat die Kommission eine Reihe von Überwachungsinstrumenten entwickelt, die Hochwasservorhersage und -überwachung auf europaweitem Niveau möglich machen. Im Falle eines möglichen Hochwasserereignisses werden die Ergebnisse den zuständigen einzelstaatlichen Behörden und Katastrophenschutzdiensten zur Verfügung gestellt, ebenso dem Überwachungs- und Informationszentrum der Kommission [12], [13]. Dieses Zentrum koordiniert Interventionen zur gegenseitigen Unterstützung, wann immer solche Hilfe gefordert wird. Darüber hinaus organisiert die Kommission Ausbildungskurse für nationale Interventionsteams sowie größere Übungen.

[12] festgelegt unter Beschluß 2001/792/EG des Rates.

[13] ABl. L 297 vom 15.11.2001, p. 7.

Die Kommission wird weiterhin konzertierte Ansätze für die Verringerung der Risiken fördern, die mit Katastrophen wie Hochwasserereignissen, Bränden und größeren industriellen Unfällen verbunden sind. Eines der Instrumente, die für alle diese Herausforderungen gemeinsam sein werden, ist die Risikokartierung. Risikokarten geben die notwendigen Informationen für die Öffentlichkeit, sind aber auch wichtige Instrumente für die Planungsbehörden und der Versicherungswirtschaft. Die Entwicklung von Risikokarten wird eng verknüpft sein mit verwandten EU Initiativen für Sammlung, Speicherung und Austausches von umweltrelevanten Daten [14].

[14] "Global Monitoring of Environment and Security (GMES)", Infrastruktur für Raumordnungsinformationen in Europa und GALILEO.

3.2. Aktivitäten der Mitgliedstaaten

Charakter und Umfang von Hochwasserereignissen zeigen quer durch Europa eine beträchtliche Varianz. In einigen Mitgliedstaaten, wie Ungarn, Österreich, Tschechische Republik und Slowakei werden Überschwemmungen ausschließlich durch Flüsse verursacht. Andere Mitgliedstaaten wie das Vereinigte Königreich, Deutschland und die Niederlande finden sich Überschwemmungen sowohl durch Flüsse wie an ihren Küsten ausgesetzt.

Für den Umgang mit Hochwasser haben mehrere Mitgliedstaaten zum Beispiel Österreich, Finnland, Spanien, Irland und die Niederlande Schutzniveaus gegen Hochwasser in offizielle Leitlinien oder in Gesetzestexten definiert. Im Allgemeinen basieren die Schutzniveaus auf der Anzahl von Menschen und den wirtschaftlichen und kulturellen Werten in Bereichen mit Hochwasserrisiko. In anderen Mitgliedstaaten haben die für den Hochwasserschutz verantwortlichen Behörden umfassende Rechte für die zum Hochwasserschutz erforderlichen Maßnahmen. Es gibt jedoch es keine gesetzlichen Rechte auf ein bestimmtes Schutzniveau.

Hochwasserereignisse der jüngsten Vergangenheit haben die Mitgliedstaaten ermutigt, Pläne oder Strategien für den Hochwasserschutz zu entwickeln. Im Vereinigten Königreich werden pläne um ein holistisches und nachhaltiges Konzept zu Hochwasserrisikomanagement zu fördern. Der Budgetrahmen im VK zur Unterstützung von Bau und Erhaltung von Hochwasserschutzeinrichtungen sowie Verbesserungen von Hochwasserwarnsystemen liegt derzeit im Bereich von 500 Millionen £ pro Jahr. Die Entwicklung der Flussgebietsmanagementpläne im VK wird auf etwa 45 bis 55 Millionen EUR geschätzt. In Ungarn ist kürzlich ein Programm zu nachhaltigem Hochwassermanagement und regionaler Entwicklung für den Tisza-Einzugsbereich angelaufen.

Darüber hinaus haben viele Mitgliedstaaten Hochwasserrisikokarten entwickelt, oder sind dabei, diese zu entwickeln. Ziele und Struktur/Charakter dieser Karten zeigen Unterschiede, aber im Allgemeinen werden sie zur Erhöhung des Bewusstseinsstandes in den Risikobereichen, sowie für die Raumordnung verwendet. In Frankreich wurden, durch eine Änderung des Gesetzes im Jahre 1995, die Risikokarten verbessert, indem 'vorbeugende Pläne für vorhersehbares Risiko' entwickelt wurden.

Die vorhin genannten Beispiele sind nicht erschöpfend, aber dienen dazu, die Vielfalt von laufenden Initiativen auf nationaler Ebene zu illustrieren.

3.3. Internationale Zusammenarbeit bei grenzüberschreitenden Flüssen

In der Vergangenheit wurde der Hochwasserschutz größtenteils auf lokaler Ebene behandelt, ohne Koordinierung zwischen 'stromaufwärts' und 'stromabwärts'; in vielen Fällen wurde dabei das Problem bloß von einem Bereich in einen anderen verlagert. In Flußgebieten wie Rhein, Oder, Maas, Donau, Saar, Mosel und Elbe haben dagegen die Länder an diesen Flüssen Gremien gebildet, um ein koordiniertes Konzept des Flussgebietsmanagements sicherzustellen. In vielen dieser Flussgebiete sind Hochwasserschutzpläne bereits fertig gestellt oder in Ausarbeitung.

Im Rahmen des Aktionsplans zum Hochwasserschutz für den Rhein wird nach Schätzungen die Gesamtinvestition in Hochwasserschutzmaßnahmen während des Zeitraums 1998 bis 2020 12,3 Milliarden EUR erreichen. Darüber hinaus wurde, um die Aufmerksamkeit der Einwohner des Rheintales auf das Hochwasserrisiko zu lenken, ein Rhein-Atlas entwickelt. Der Atlas enthält Karten ein, die die Hochwassergefahr darstellen (Grundkarten) und die Hochwassergefahr für Menschen und Wirtschaftsgüter im Falle extremer Hochwasserereignisse visualisieren. Die Kosten zur Entwicklung des Atlasses betrugen rund 270.000 EUR.

4. Ein gemeinsames EU Aktionsprogramm für den Hochwasserschutz

4.1. EU Aktionsprogramm

Hochwasserereignisse haben das Potential, das Bestreben der EU nach nachhaltiger Entwicklung zu untergraben. Zusätzlich werden sich absehbar Häufigkeit und Schwere von schwerwiegenden Hochwasserereignissen in der Zukunft aufgrund der globalen Erwärmung erhöhen. Das Problem kann nur umfassend nur durch die Zusammenarbeit in jedem betroffenen Flusseinzugsgebiet und Küstengebiet. Die grenzüberschreitende Natur vieler der wichtigsten Flusseinzugsgebiete bedeutet, dass Zusammenarbeit auf EU-Ebene wichtigen Mehrwert zu den Bemühungen der einzelnen Mitgliedstaaten bringen kann.

Es wird deshalb vorgeschlagen, dass die Mitgliedstaaten und die Kommission zusammenarbeiten, um ein koordiniertes Aktionsprogramm zu Hochwasservermeidung, Hochwasserschutz und Hochwasserminderung zu entwickeln und umzusetzen.

Die wesentlichen Merkmale dieses Aktionsprogramms würden umfassen:

a) Verbesserung der Koordinierung und Zusammenarbeit durch die Entwicklung und Implementierung von Hochwasserrisikoplänen für jedes Flusseinzugsgebiet und für Küstenbereiche, wo menschliche Gesundheit, die Umwelt, die wirtschaftliche Aktivitäten oder die Lebensqualität durch Hochwasser negativ beeinflusst werden können.

b) Entwicklung und Implementierung von Hochwasserrisikoplänen, als ein Mittel zur Planung und Kommunikation;

c) Erleichterung des Informations- bzw. des Erfahrungsaustausches, gemeinsame Entwicklung und Förderung bester Praktiken;

d) Entwicklung stärkerer Querverbindungen zwischen Forschung und den für Wasserwirtschaft und Hochwasserschutz verantwortlichen Behörden;

e) Verbesserung der Koordinierung zwischen relevanten Gemeinschaftspolitiken;

f) Verbesserung der Bewusstseinsbildung gegenüber Hochwasserrisiken durch Beteiligung der Interessierten sowie verbesserte Kommunikation

4.2. Wie Mitgliedstaaten, Kommission und Interessensgruppen zusammenarbeiten können

Die Entwicklung und Umsetzung eines solchen Aktionsprogramms erfordert Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen:

Die Mitgliedstaaten werden, über die zuständigen Flussgebiets-, nationalen, regionalen und lokalen Behörden für die Hochwasserrisikomanagementpläne und die Entwicklung der Hochwasserrisikokarten zuständig sein. Die wesentlichen Merkmale dieser Pläne und Karten werden im Anhang dargelegt.

Die Kommission wird Koordinierung und Informationsaustausch im Bereich Hochwasserschutz sowie die Förderung bester Praktiken erleichtern; Die Kommission wird auch sicherstellen, dass alle relevanten Gemeinschafts-Politiken wo angemessen zum Hochwasserschutz beitragen. Im Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung und Demonstration wird die Kommission direkte und indirekte Forschung zum Hochwasserschutz ausführen.

Die Mitgliedstaaten und die Kommission werden gemeinsam, im Rahmen der regelmäßigen Sitzungen der Wasserdirektoren und die Repräsentanten der Kommission für die Gesamtkoordinierung des Aktionsprogramms verantwortlich sein.

Andere Interessensgruppen werden vollständig in die Entwicklung und Durchführung der Hochwasserrisikomanagementpläne und in alle technischen Diskussionen eingebunden sein, die von der Kommission organisiert werden.

4.3. Kosten und erwarteten Vorteile einer gemeinsamer EU Aktion

Es ist schwierig, den Mehrwert/die zusätzlichen Vorteile konzertierter Aktionen, die in dieser Kommunikation vorgeschlagen werden, in Geldwert zu quantifizieren. In qualitativer Hinsicht wird der Mehrwert von EU Aktion umfassen:

a) kostenwirksamere und nachhaltigere Maßnahmen der Hochwasserrisikomanagement durch bessere Koordinierung von Aktionen über die EU;

b) ein umfassendes Konzept zur Verringerung der Risiken für die nachhaltige Entwicklung Europas, die mit Hochwasserschaden verbunden werden;

c) verbesserte Schutzniveaus durch das Teilen von Erfahrungen und Informationen und der gemeinsamen Entwicklung bester Praktiken;

d) eine bessere Fokussierung von Forschungsaktionen und eine stärkere Schnittstelle zwischen Forschungsgemeinschaft und Entscheidungsträgern;

e) ein einheitliches Konzept in Richtung der Entwicklung von Hochwasserrisikomanagementplänen und ihren Verknüpfungen mit EU Finanzierungsprogrammen;

f) ein größeres Bewusstsein und eine größere Beteiligung der Öffentlichkeit bei Hochwasserschutzfragen.

5. Schlussfolgerung

Die Kommission lädt die Mitgliedstaaten ein:

a) ie Bewertung der Kommission hinsichtlich der Bedeutung des Hochwasserschutzes zu unterstützen;

b) die laufenden oder geplanten Aktivitäten auf EU, nationaler, regionaler und internationaler Ebene zur Kenntnis zu nehmen;

c) die Notwendigkeit einer konzertierten EU Aktion zu Hochwasservermeidung, Hochwasserschutz und Hochwasserminderung zu unterstützen;

d) die wesentlichen Merkmale der konzertierten EU Aktivität wie von der Kommission präsentiert zu bekräftigen und den Schritten zuzustimmen, welche für die Entwicklung und Implementierung einer solchen konzertierten Aktivität ergriffen werden sollten.

Anhang

Leitlinien für die Entwicklung und Implementierung von Hochwasserrisikomanagementplänen und Hochwasserrisikokarten

A. PRINZIPIEN

1. Hochwasserrisikomanagementpläne sollten auf der Grundlage der folgenden allgemeinen Prinzipien entwickelt werden:

a) Grenzüberschreitende Flüsse: Die Mitgliedstaaten sollten einer Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Implementierung dieser Pläne zustimmen. Für Flussgebiete, die mit Nicht-EU Ländern geteilt werden, werden bestehende Koordinierungsmechanismen verwendet, oder neue entwickelt,

b) Hochwasserrisikomanagementpläne: für Flüsse sollten diese vollständig in die Flussgebietsmanagementpläne gemäß der Wasserrahmenrichtlinie integriert werden. Risikomanagementpläne für Überschwemmungen in Küstengebieten sollten innerhalb des gleichen Zeitrahmens entwickelt werden,

c) Langfristiges strategisches Konzept: langfristig (50 - 100 Jahre) zu erwartende wicklungen müssen einbezogen werden,

d) Interdisziplinäres Konzept: alle relevanten Aspekte von Wasserwirtschaft, Raumordnung, Flächennutzung, Landwirtschaft, Verkehr und städtebaulichen Entwicklung, Naturschutz, müssen auf allen Ebenen berücksichtigt werden (national, regional und lokal),

e) Solidaritätsprinzip: Hochwasserschutzmaßnahmen sollten nicht die Möglichkeiten stromaufwärts oder stromabwärts gelegener Regionen/Mitgliedstaaten in Frage stellen, das Schutzniveau zu erreichen, das sie selbst für angemessen halten. Die angemessene Strategie besteht aus einem dreistufigen Konzept: Rückhalt, Speicherung und Abfuhr,

f) Alle Elemente von Hochwasserrisikomanagement müssen abgedeckt werden: siehe Abschnitt 2.2.

B. ZIELE

1. Die übergeordneten Ziele der Hochwasserrisikomanagementpläne werden sein:

- Verringerung der ungünstigen Auswirkungen von Hochwasserereignissen und der Wahrscheinlichkeit von Hochwasserereignissen,

- Förderung von nachhaltigen Maßnahmen zum Hochwasserrisikomanagement,

- Suche nach Möglichkeiten des Arbeitens mit natürlichen Vorgängen zu arbeiten, und - wenn möglich - vielfache Vorteile aus dem Hochwasserrisikomanagement zu ziehen,

- Information der Öffentlichkeit und der zuständigen Behörden über das Hochwasserrisiko und dem Umgang mit diesem Risiko.

C. WESENTLICHE ERGEBNISSE

1. Wesentliche Ergebnisse des Hochwasserrisikomanagementplans sollten sein:

- Einblick und Verständnis in/von Umfang, Art und Verteilung von bestehenden Hochwasserrisiken, Szenarien für künftiges Hochwasserrisiko

- Verständnis für den Ablauf von Hochwasserereignissen, und für seine Empfindlichkeit auf Veränderungen

- Liste kosteneffektiver Maßnahmen zum Hochwasserrisikomanagement, die ergriffen werden

- Hochwasserrisikokarten (siehe Abschnitt D)

- Langfristige Politiken für Hochwasserrisikomanagement, die die Ziele des Flusseinzugsbereiches erreichen

- Ein prioritäre Auswahl - soweit angemessen - von weiterer Aktionen/Studien für das Flusseinzugsgebiete

D. HOCHWASSERRISIKOKARTEN

1. Eine der wesentlichen Ergebnisse der Hochwasserrisikomanagementpläne werden Hochwasserrisikokarten auf Ebene des Flusseinzugsgebiets sein.

2. Der Zweck einer Flutrisikokarte ist:

- Erhöhung des Bewusstseins der Öffentlichkeit in Gebieten mit Hochwasserrisiko

- Bereitstellung von Informationen über Risikobereiche, durch Ausweisung von Hochwasserrisikobereichen, um auch Anstöße für die Raumordnung zu geben

- Unterstützung von Prozesse für die Prioritätensetzung, Rechtfertigung und Zielsetzung von Investitionen, mit dem Ziel eines Management und einer Verringerung des Risikos für Menschen, Eigentum und Umwelt

3. Hochwasserrisikokarten sollten

- durch Koordinierung auf Flussgebietsebene entwickelt werden

- sowohl Hochwasserereignisse aus dem Flussgebiet wie Sturzfluten umfassen, sowie - wo angemessen - Überflutungen von Küstenbereichen

- zuverlässige, ausreichende und leicht verständliche Informationen liefern

- zumindest drei Niveaus des Risikos unterscheiden:

A. Gebiete mit häufig vorkommenden Hochwasserereignissen

B. Gebiete mit weniger häufig vorkommenden Hochwasserereignissen

C. Sehr seltene Hochwasserereignisse, einschließlich - wo angemessen - Deichbrüche

- owohl die Höhe des Wassers/der Hochwasserwelle wie die möglichen Schäden ansprechen

- sowohl die bestehende Situation wie künftige Szenarien für das Hochwasserrisiko ansprechen

- andere Ziele im Flusseinzugsgebiet in Betracht ziehen.