52003XC0508(07)

Mitteilung der Kommission über die bei der Rückforderung rechtswidrig gewährter Beihilfen anzuwendenden Zinssätze

Amtsblatt Nr. C 110 vom 08/05/2003 S. 0021 - 0022


Mitteilung der Kommission über die bei der Rückforderung rechtswidrig gewährter Beihilfen anzuwendenden Zinssätze

(2003/C 110/08)

Nach Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags(1) entscheidet die Kommission im Falle von Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern. Die zurückzufordernde Beihilfe umfasst Zinsen, die nach einem von der Kommission festgelegten angemessenen Satz berechnet werden. Die Zinsen sind von dem Zeitpunkt, ab dem die rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger zur Verfügung stand, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung zahlbar.

In ihrem Schreiben vom 22. Februar 1995 an die Mitgliedstaaten vertrat die Kommission die Auffassung, dass sich die finanziellen Vorteile, die der Beihilfeempfänger unrechtmäßig erlangt hat, mit Blick auf die Wiederherstellung des Status quo ante korrekter anhand des Marktzinssatzes berechnen lassen. Dem entsprechend teilte die Kommission den Mitgliedstaaten mit, dass sie in Entscheidungen zur Rückforderung rechtswidrig gewährter Beihilfen den bei der Berechnung des Subventionsäquivalents regionaler Beihilfen verwendeten Satz als Marktzinssatz zugrunde legen werde. Über mehrere Jahre hinweg war es somit gängige Praxis, dass die Kommission in Rückforderungsentscheidungen eine Klausel aufnahm, der zufolge die Zinsen auf der Grundlage des Referenzzinssatzes für die Berechnung des Nettosubventionsäquivalents regionaler Beihilfen zu ermitteln sind.

Im Rahmen der loyalen Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten beim Vollzug bestimmter Rückforderungsentscheidungen stellte sich die Frage, ob der Zinssatz nach der Zins- oder der Zinseszinsformel zu berechnen ist(2). Die Kommission erachtet es daher für dringend notwendig, diesen Punkt unter Berücksichtigung der mit einer Rückforderung rechtswidriger Beihilfen verbundenen Ziele und ihrer Rolle im Beihilfenkontrollsystem des EG-Vertrags zu klären.

Gemäß der ausführlichen Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte(3) ist die Rückforderung die logische Folge der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Beihilfe. Ziel der Rückforderung ist die Wiederherstellung der früheren Lage. Durch die Rückzahlung der Beihilfe verliert der Begünstigte den unlauteren Vorteil, den er gegenüber Wettbewerbern im Markt genossen hat, und werden die Wettbewerbsbedingungen, wie sie vor der Auszahlung der Beihilfe bestanden, wieder hergestellt.

In der Praxis würde in Fällen, in denen der Empfänger der Beihilfezahlungen vor Ablauf des fraglichen Zeitraums noch nicht in den Genuss des Zinsbetrages gelangt ist, weil beispielsweise der Zins erst am Ende des Zeitraums gezahlt wird, der Zins nach der Zinsformel berechnet. Die Zinseszinsformel wiederum käme in der Regel zur Anwendung, wenn jedes Jahr (oder jede Periode) der Zins als dem Begünstigten bereit gestellter Betrag, der die eigentlichen Beihilfemittel entsprechend erhöht, anzusehen ist. In diesem Fall würde der Begünstigte aus den in jeder Periode ausgezahlten Zinsen einen Zinsgewinn erzielen.

Die Art der gewährten Beihilfe und die Lage des begünstigten Unternehmens variiert in Wirklichkeit aber von Fall zu Fall. Besteht die Beihilfe in einer Überkompensation, so kann der dem Unternehmen entstehende Vorteil einer Einlage gleichgestellt werden, für die er unter normalen Umständen Zinseszinsen erhalten würde. Handelt es sich um eine Investitionsbeihilfe für einen bestimmten Betrag beihilfefähiger Kosten, so kann die Beihilfe an die Stelle anderer Finanzierungsquellen getreten sein, für die in der Regel ebenfalls Zinseszinsen zum marktüblichen Satz anfallen würden. Im Falle einer Betriebsbeihilfe wiederum hätten die Fördermittel einen direkten Einfluss auf die Gewinn- und Verlustrechnung und damit die Bilanz, was Mittel für Einlagen verfügbar machen würde. Trotz der Unterschiedlichkeit der konkreten Fälle liegt die Wirkung einer rechtswidrigen Beihilfe offensichtlich darin, dem Begünstigten Mittel zu ähnlichen Bedingungen wie ein mittelfristiges zinsfreies Darlehen zur Verfügung zu stellen. Infolgedessen erscheint die Anwendung der Zinseszinsmethode notwendig um sicherzustellen, dass die mit der Beihilfe verbundenen finanziellen Vorteile vollständig neutralisiert werden.

Dem entsprechend teilt die Kommission den Mitgliedstaaten und sonstigen Betroffenen mit, dass sie in künftigen Entscheidungen zur Anordnung der Rückforderung rechtswidrig gewährter Beihilfen den Referenzzinssatz für die Berechnung des Nettosubventionsäquivalents regionaler Beihilfen nach der Zinseszinsformel anwenden wird. Im Einklang mit der marktüblichen Praxis sollte die Zinseszinsberechnung auf Jahresbasis erfolgen. Analog erwartet die Kommission von den Mitgliedstaaten, dass sie beim Vollzug ausstehender Rückforderungsentscheidungen den Zinseszins berechnet, es sei denn, damit würde gegen einen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstoßen.

(1) ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

(2) Zinsformel: Zins = Kapital × Zinssatz × Anzahl Jahre

Zinseszinsformel: Zins = (Kapital (1 + Zinssatz) Anzahl Jahre) - Kapital.

(3) Siehe insbesondere EuGH am 20.3.1997, Land Rheinland-Pfalz/Alcan, Rechtssache C-24/95, Slg. 1997, I-1591, und Gericht erster Instanz am 8.6.1995, Siemens/Kommission, Rechtssache T-459/93, Slg. 1995, II-1675.