52003DC0773

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen - Gemeinsamen Bericht über die soziale Eingliederung als Fazit der Auswertung der Nationalen Aktionspläne für soziale Eingliederung (2003-2005) {SEC(2003)1425} /* KOM/2003/0773 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN - GEMEINSAMEN BERICHT ÜBER DIE SOZIALE EINGLIEDERUNG als Fazit der Auswertung der Nationalen Aktionspläne für soziale Eingliederung (2003-2005) {SEC(2003)1425}

Zusammenfassung

Einleitung

TEIL I - Die Europäische Union

1. Der Stand der sozialen Eingliederung in der EU

2. Kerntendenzen und neue Aufgabenstellungen im Ergebnis der NAP (Eingliederung)

3. Strategische Ansätze (und Ziele) in den NAP (Eingliederung)

4. Zentrale Politikansätze für Ziel 1.1 ,Förderung der Teilnahme am Erwerbsleben"

5. Zentrale Politikansätze für Ziel 1.2 ,Förderung des Zugangs aller zu Ressourcen, Rechten, Gütern und Dienstleistungen"

5.1. Sozialschutzsysteme

5.2. Wohnen und Grundversorgung

5.3. Zugang zur medizinischen Versorgung

5.4. Zugang zur Bildung

5.5. Zugang zur Kultur

5.6. Zugang zum Recht

5.7. Zugang zu Sport und Freizeitaktivitäten

5.8. Zugang zu Verkehrsdiensten

6. Wichtigste politische Ansätze für Ziel 2 ,Vermeidung der Risiken der Ausgrenzung"

6.1. Förderung der ,eInclusion"

6.2. Verhinderung und Bekämpfung von Überschuldung

6.3. Verhinderung und Bekämpfung von Obdachlosigkeit

6.4. Erhalt der Solidarität in der Familie

7. Zentrale Politikansätze für Ziel 3 ,Für die sozial Schwachen handeln"

7.1. Förderung der Eingliederung von dauerhaft armutsgefährdeten Personen

7.2. Beseitigung der sozialen Ausgrenzung von Kindern

7.3. Förderung von Maßnahmen zugunsten der von Ausgrenzung gekennzeichneten Gebiete

8. Zentrale Politikansätze für Ziel 4 ,Alle Akteure mobilisieren"

8.1. Förderung der Beteiligung von Menschen, die selbst unter Ausgrenzung leiden

8.2. Einbeziehung der Bekämpfung der Ausgrenzung in alle politischen Maßnahmen

8.3. Förderung des Dialogs und der Partnerschaft

9. Gender Mainstreaming

10. Verwendung von Indikatoren

11. Ermittlung von Beispielen für bewährte Verfahren

TEIL II - Die Mitgliedstaaten

BELGIEN

DÄNEMARK

DEUTSCHLAND

GRIECHENLAND

SPANIEN

FRANKREICH

IRLAND

ITALIEN

LUXEMBURG

NIEDERLANDE

ÖSTERREICH

PORTUGAL

FINNLAND

SCHWEDEN

VEREINIGTES KÖNIGREICH

Zusammenfassung

Gesamteinschätzung und wichtigste Schlussfolgerungen

Ein erneuertes politisches Bekenntnis

Der Europäische Rat von Lissabon hat Kommission und Mitgliedstaaten im März 2000 zum Tätigwerden aufgefordert, um die Beseitigung der Armut bis zum Jahr 2010 entscheidend voranzubringen. Vereinbart wurde außerdem, dass die Mitgliedstaaten ihre Strategien zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung auf der Grundlage einer offenen Koordinierungsmethode abstimmen, die die gemeinsamen Ziele, die nationalen Aktionspläne und die gemeinsamen Indikatoren bündelt, um so zu ehrgeizigeren und wirksameren politischen Konzepten für die soziale Eingliederung zu gelangen.

Die Verwirklichung des in Lissabon gesetzten Ziels, die Armut erheblich zu verringern, ist eine Aufgabe, deren Bedeutung nicht unterschätzt werden sollte. Der Erfolg wird ganz entscheidend davon abhängen, inwieweit es den Mitgliedstaaten gelingt, die strategischen Vorhaben, die sie in ihren Nationalen Aktionsplänen (Eingliederung) umrissen haben, in konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen der sozial Schwachen umzusetzen. Entscheidend ist darüber hinaus, dass die Volkswirtschaften der Gemeinschaft rasch zu einem Kurs nachhaltigen Wirtschaftswachstums zurückfinden. In diesem Zusammenhang und vor dem Hintergrund der Entwicklung einer wissensbasierten Gesellschaft sollten die Mitgliedstaaten ihre Eingliederungsstrategien durchgängig mit ihren wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Konzepten verknüpfen.

Der vorliegende Bericht umreißt die wichtigsten EU-weiten Tendenzen und Probleme und nennt beispielhafte Verfahren und innovative Ansätze von allgemeinem Interesse. Er bildet die Grundlage für den Gemeinsamen Bericht über die soziale Eingliederung, der von Rat und Kommission auf der Frühjahrstagung des Europäischen Rates 2004 vorgelegt werden soll. Darin wird eine Einschätzung der bisherigen Fortschritte bei der Realisierung der Lissabonner Zielvorgabe zur Armutsbekämpfung vorgenommen und die politische Agenda für den künftigen sozialen Eingliederungsprozess in der EU abgesteckt, der sich unter radikal veränderten Rahmenbedingungen vollziehen wird. Ab 2004 muss in diesem Prozess der Beitritt zehn neuer Mitgliedstaaten Berücksichtigung finden, in denen häufig krasse Unterschiede in Art und Ausmaß von Armut und sozialer Ausgrenzung bestehen. Ab 2006 wird er Teil der neuen, strafferen politischen Koordinierungsstruktur für den Sozialschutz auf EU-Ebene sein, die von der Kommission im Mai 2003 vorgeschlagen und im Oktober vom Rat bekräftigt worden ist.

Armut und Ausgrenzung noch immer Anlass zur Besorgnis

Obwohl sich die Situation seit 1995 insgesamt zum Besseren verändert hat, waren mit mehr als 55 Millionen Menschen bzw. 15 % der EU-Bevölkerung, die im Jahr 2001 durch Armut gefährdet waren, nach wie vor sehr viele Personen von relativer Einkommensarmut betroffen. Mehr als die Hälfte von ihnen lebte dauerhaft von einem niedrigen relativen Einkommen. Das Ausmaß des Problems ist innerhalb der Union sehr unterschiedlich. Das Armutsrisiko reichte 2001 von 10 % in Schweden bis 21 % in Irland. In den südeuropäischen Ländern, dem Vereinigten Königreich und in Irland haben einkommensschwache Personen vergleichsweise nicht nur weniger Anteil am allgemeinen Wohlstand ihres jeweiligen Landes, für sie besteht darüber hinaus eine höhere Wahrscheinlichkeit, dauerhafteren Formen von Armut und Benachteiligung ausgesetzt zu sein. Ein wesentlich höheres Armutsrisiko bestand zumeist für besondere Gruppen wie Arbeitslose, Alleinerziehende (vor allem Frauen), allein lebende ältere Menschen (ebenfalls vorwiegend Frauen) und kinderreiche Familien.

Besonders groß sind das Armutsrisiko und das Risiko der sozialen Ausgrenzung für junge Menschen, deren Qualifikation nicht ausreicht, um auf dem Arbeitsmarkt richtig Fuß zu fassen. Im Jahr 2002 hatten fast 19 % der 18- bis 24-Jährigen das Schulsystem vorzeitig verlassen und machten keinerlei Ausbildung mehr. Auch Kinder sind gefährdet: Sie erfahren oft ein Maß an Einkommensarmut, das über dem der Erwachsenen liegt (2001: 19 %); Entbehrungen in den frühen Jahren können sich negativ auf ihre Entwicklung und ihre Zukunftschancen auswirken. Anlass zu besonderer Sorge besteht, wenn Kinder in arbeitslosen Haushalten leben, praktisch ohne eineVerbindung zur Arbeitswelt (2002 traf dies auf 10 % aller Kinder in der Union zu).

Ausmerzung von Armut und sozialer Ausgrenzung erfordert weitere Schritte

Vor diesem Hintergrund sind die Nationalen Aktionspläne (NAP) (Eingliederung) der zweiten Generation drei Jahre nach dem Lissabonner Gipfel als klares politisches Bekenntnis zu der Aufgabenstellung zu verstehen, die soziale Eingliederung überall in der Europäischen Union sicherzustellen. Die Mitgliedstaaten haben darin bekräftigt, dass die wirtschaftliche Modernisierung mit den Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung Hand in Hand gehen sollte.

Das lässt sich in den NAP (Eingliederung) der zweiten Generation an den wichtigsten positiven strategischen Entwicklungen ablesen:

* Die neuen NAP sind im Allgemeinen sehr breit angelegt. Sie spiegeln das mehrdimensionale Wesen von Armut und Ausgrenzung wider und beziehen ein breiteres Spektrum von Politikbereichen ein, insbesondere aber die Bereitstellung von Leistungen der Daseinsvorsorge wie lebenslanges Lernen, Gesundheit und Wohnraum. Auch vermitteln sie eine bessere Vorstellung von der Vielfalt der nationalen Strategien und den Unterschieden im Entwicklungsstand der sozialen Sicherungssysteme.

* Die meisten Mitgliedstaaten bemühen sich eindeutig um quantifizierbare Zielvorgaben für die Bekämpfung der Armut. Andere haben messbare Zwischenziele festgelegt, die ebenfalls einem konsequenteren Vorgehen förderlich sein und die Überwachung der NAP erleichtern können.

* In vielen Mitgliedstaaten wurden die institutionellen Voraussetzungen für die Erhebung der Armutsbekämpfung und sozialen Eingliederung in den Rang einer Querschnittsaufgabe staatlicher Politik deutlich verbessert. Darüber hinaus wird wesentlich stärker darauf geachtet, diesen Prozess auf die regionale und die lokale Ebene auszudehnen.

* Die Einbeziehung der maßgeblichen Akteure der Zivilgesellschaft (NRO, Sozialpartner und Privatwirtschaft) in die Erarbeitung der NAP hat eine bessere Förderung erfahren. Dadurch sollte sich der Stellenwert der NAP und der Ziele von Nizza als Bezugsrahmen für die Gestaltung der nationalen Politik erhöhen.

Obwohl reale Fortschritte zu verzeichnen sind, bleibt anzumerken, dass noch mehr getan werden muss. Hierzu zählen insbesondere die folgenden Punkte:

* Ein wirklich mehrdimensionaler Ansatz macht es erforderlich, Themen wie Wohnen, lebenslanges Lernen, Kultur, eInclusion und Verkehr mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

* Bei der Festlegung von Zielen ist künftig darauf zu achten, dass diese konkreter, quantifizierbarer und ehrgeiziger werden.

* Mehr Nachdruck sollte darauf gelegt werden, dass die Maßnahmen gegen Armut und soziale Ausgrenzung effizient und qualitativ anspruchsvoll sind und dass dies laufend kontrolliert wird.

* Die Fortschritte bei der systematischen Berücksichtigung der sozialen Eingliederung durch die Stärkung institutioneller Regelungen gilt es weiter zu vertiefen, um so insbesondere zu gewährleisten, dass die Eingliederungsziele bei der Festlegung der allgemeinen Ausgabeprioritäten berücksichtigt werden.

* Die Zivilgesellschaft muss über die Ausarbeitung der NAP hinaus auch an deren Durchführung und Überwachung beteiligt werden.

* Es ist nachdrücklicher darauf hinzuwirken, dass sich die Wirtschafts-, die Beschäftigungs- und die Sozialpolitik in ihrer Wirkung gegenseitig verstärken.

Sechs Hauptschwerpunkte

In Anbetracht der Vielfalt der NAP (Eingliederung) 2003-2005 werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, in den kommenden zwei Jahren den sechs folgenden Prioritäten besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Sie sind angesichts des weltweit weiterhin unsicheren wirtschaftlichen und politischen Klimas besonders wichtig:

1. Förderung von Investitionen in aktive Arbeitsmarktmaßnahmen und deren Ausrichtung an den Erfordernissen der am schwersten zu vermittelnden Personen;

2. Gewährleistung von Sozialschutzsystemen, die angemessen sind, allen offenstehen und denen, die arbeiten können, wirksame Arbeitsanreize bieten;

3. Erweiterung des Zugangs der sozial schwächsten und am stärksten von sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen und Gruppen zu angemessenen Wohnverhältnissen, hochwertigen Gesundheitsdienstleistungen und Möglichkeiten für lebenslanges Lernen;

4. Umsetzung konzertierter Maßnahmen zur Verhinderung von Schulabbrüchen und Förderung eines reibungslosen Übergangs von der Schule ins Erwerbsleben;

5. Erhebung der Abschaffung von Kinderarmut in den Rang einer Schwerpunktaufgabe;

6. Energische Anstrengungen zur Bekämpfung der Armut und sozialen Ausgrenzung von Zuwanderern und ethnischen Minderheiten.

Beibehaltung der Dynamik

Um die Dynamik der in den NAP ablesbaren positiven Entwicklungen beizubehalten, bis 2005 die Bewertung der Methode der offenen Koordinierung zur Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung erfolgt, sollten die Mitgliedstaaten und die europäischen Institutionen:

* die Mobilisierung und Einbeziehung sämtlicher Akteure der Zivilgesellschaft und auch der betroffenen Angehörigen von Randgruppen in die Umsetzung und Überwachung der NAP (Eingliederung) 2003-2005 weiter fördern und eine größere Öffentlichkeitswirksamkeit der NAP (Eingliederung) als Instrumente zur Förderung einer politischen Debatte und Unterstützung nationaler Strategien sicherstellen;

* dafür sorgen, dass die Eingliederungs- und Beschäftigungsstrategien koordiniert werden und sich gegenseitig in ihrer Wirkung verstärken und dass ein gutes Zusammenspiel zwischen den verschiedenen Komponenten des künftig straffer organisierten Prozesses der sozialen Sicherung gewährleistet ist;

* sicherstellen, dass die in den NAP genannten Eingliederungsprioritäten ihren Niederschlag in der Halbzeitüberprüfung der Strukturfonds und in den strategischen Orientierungen für deren Zukunft nach 2006 finden;

* Gleichstellungsprobleme und die zunehmend wichtige Frage der Ausgrenzung unter Zuwanderern und ethnischen Minderheiten umfassend berücksichtigen;

* weiter auf die Entwicklung abgestimmter gemeinsamer Indikatoren bzw. gegebenenfalls nationaler Indikatoren für die Überwachung der einzelstaatlichen politischen Zielvorgaben hinarbeiten; besonderes Augenmerk sollte dabei der Erleichterung der 2005 anstehenden Einschätzung der bei der Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung erzielten Ergebnisse gelten;

* die nationalen statistischen Grundlagen weiterentwickeln, um eine wirksame Überwachung der sozialen Eingliederungsstrategien vornehmen zu können und sicherzustellen, dass sie die EU-Statistiken über Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) unterstützen; auf diese Weise kann dieses Instrument rechtzeitiger gesicherte statistische Angaben zur Untermauerung der gemeinsamen Indikatoren vorlegen;

* den Bestand an bewährten Methoden, den die NAP (Eingliederung) bereits deutlich gemacht haben, über einen intensiveren Austausch dieser Methoden und eine wirksame Verbreitung von Erkenntnissen voll zum Tragen bringen; dies kann durch EU-Förderprogramme wie EQUAL oder das Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Bekämpfung sozialer Ausgrenzung unterstützt werden;

* die schrittweise Einbeziehung der Kandidatenländer in den Gesamtprozess auf der Grundlage der anstehenden gemeinsamen Memoranden über die soziale Eingliederung (JIM) und der Annahme nationaler Aktionspläne für die neuen Mitgliedstaaten im Jahr 2004 fördern;

* dafür sorgen, dass die Zielvorgaben der Gemeinschaft für die soziale Eingliederung bei der Vorbereitung auf die kommende Frühjahrstagung des Europäischen Rates und bei dessen Auswertung Berücksichtigung finden und dass insbesondere zwischen diesen Zielen, den Grundzügen der Wirtschaftspolitik und der Europäischen Beschäftigungsstrategie Kohärenz besteht.

Einleitung

Anliegen und Aufbau des Berichts

Der vorliegende Bericht enthält eine Einschätzung der Fortschritte bei der Umsetzung der Methode der offenen Koordinierung, benennt die wichtigsten Prioritäten, die rasches Handeln erforderlich machen, und geht auf bewährte Verfahren und innovative Ansätze ein, die für die Mitgliedstaaten gleichermaßen von Interesse sind. Sein Anliegen ist die Förderung ehrgeizigerer und wirksamerer politischer Konzepte für soziale Eingliederung über gegenseitiges Lernen. Er greift umfassend auf die Nationalen Aktionspläne für soziale Eingliederung 2003-2005 zurück, die von allen Mitgliedstaaten im Juli 2003 übermittelt worden sind. Der Bericht soll die Grundlage für den Gemeinsamen Bericht über soziale Eingliederung liefern, den Kommission und Rat 2004 auf der Frühjahrstagung des Europäischen Rates vorlegen und der einen wichtigen Schritt im Rahmen der regelmäßigen Beurteilung der Fortschritte bei der Verwirklichung der sozialen und wirtschaftlichen Zielvorgaben entsprechend der Lissabonner Strategie darstellt.

Im Mittelpunkt des Berichts stehen die Konzepte und Strategien, die von den Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung umgesetzt wurden, womit sie eine stärkere soziale Eingliederung gefördert haben. Er nennt Beispiele für bewährte Verfahren in verschiedenen Bereichen der Politik und stützt sich dabei auf Angaben und Informationen aus den NAP (Eingliederung) für den Zeitraum 2003-2005. Es ist nicht Zweck dieses Berichts oder der NAP (Eingliederung), einen allgemeinen Überblick darüber zu geben, wie die sozialen Sicherungssysteme der einzelnen Staaten aufgebaut sind bzw. wie sich diese Systeme und die Politik in anderen Bereichen auf den sozialen Zusammenhalt ausgewirkt haben. Deshalb wird der Bericht Aktivitäten aus der jüngeren Vergangenheit den Vorrang einräumen, möglicherweise unter Vernachlässigung von strukturpolitischen Maßnahmen oder von Institutionen, die sich nachdrücklich für die Förderung der sozialen Eingliederung einsetzen. Folglich ergeben die Aussagen zu Mitgliedstaaten im Berichtstext kein vollständiges Bild, da sie vor allem politische Maßnahmen jüngeren Datums berücksichtigen, nicht aber Fälle, in denen schon seit längerem so verfahren wird.

Um die erforderlichen Hintergrundinformationen zu vermitteln, steht am Beginn des Berichts eine Analyse der wichtigsten Merkmale und Tendenzen im Zusammenhang mit der sozialen Eingliederung in der EU. Diese Analyse erfolgt innerhalb eines Vergleichsrahmens: auf der Grundlage des gemeinsam abgestimmten Indikatorenpakets, für das der Europäische Rat von Laeken grünes Licht gegeben hat. Dem schließt sich eine Beschreibung der wichtigsten Aufgabenstellungen an, die von den Mitgliedstaaten in ihren NAP (Eingliederung) genannt wurden. Auf dieser Basis kann für den in den Plänen erfassten Zeitraum (2003-2005) eine politische Agenda für die Union formuliert werden, die sich in einer kurzen Liste von sechs Hauptprioritäten niederschlägt, welche der Vielfalt der Ausgangssituationen und sozialen Systeme Rechnung tragen.

Darüber hinaus wird in dem Bericht eingeschätzt, wie die Mitgliedstaaten die gemeinsamen EU-Ziele in nationale Strategien zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung umsetzen. Diese Aufgabe des Berichts ist von besonderer Bedeutung, da in die NAP (Eingliederung) 2003-2005 in Bezug auf die Multidimensionalität, die Kohärenz und die Ansprüche der einzelstaatlichen Strategien große Erwartungen gesetzt worden waren. Die Erfahrungen aus der ersten Runde von NAP (Eingliederung) und die Festlegung nationaler Zielvorgaben für die Armutsbekämpfung, wie auf dem Europäischen Rat von Barcelona gefordert, dürften hierbei sehr hilfreich sein.

Im ganzen Bericht werden häufig die Begriffe ,Armut", ,soziale Ausgrenzung" und ,soziale Eingliederung" verwendet. Die folgenden Definitionen sollen der Erleichterung des Verständnisses dienen [1].

[1] Diese Definitionen sind als Ergänzung und Bekräftigung der Auffassung von Armut und sozialer Ausgrenzung gedacht, wie sie in den der offenen Koordinierungsmethode zugrunde liegenden gemeinsamen Zielvorgaben und den untereinander abgestimmten Indikatoren zum Ausdruck kommt.

Armut: Von Armut spricht man, wenn Personen über ein so geringes Einkommen und so geringe Mittel verfügen, dass ihnen ein Lebensstandard verwehrt wird, der in der Gesellschaft, in der sie leben, als annehmbar gilt. Ihrer Armut wegen können sie zahlreichen Benachteiligungen ausgesetzt sein - Arbeitslosigkeit, Niedrigeinkommen, schlechten Wohnverhältnissen, unzureichender gesundheitlicher Betreuung und Hindernissen im Aus- und Weiterbildungs-, Kultur-, Sport- und Freizeitbereich. Sie sehen sich häufig an den Rand gedrängt und von der Teilnahme an Aktivitäten (wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Art) ausgeschlossen, die für andere Menschen die Norm sind. Auch kann ihr Zugang zu Grundrechten eingeschränkt sein.

Soziale Ausgrenzung: Soziale Ausgrenzung ist ein Prozess, durch den bestimmte Personen an den Rand der Gesellschaft gedrängt und durch ihre Armut bzw. wegen unzureichender Grundfertigkeiten oder fehlender Angebote für lebenslanges Lernen oder aber infolge von Diskriminierung an der vollwertigen Teilhabe gehindert werden. Das erzeugt eine Distanz zu den Beschäftigungs-, Einkommens- und Bildungsmöglichkeiten und auch zu den sozialen und gemeinschaftlichen Netzen und Maßnahmen. Sie haben kaum Zugang zu den Macht- und Entscheidungsgremien und fühlen sich daher oft machtlos und außerstande, auf die Entscheidungen, die sich auf ihr tägliches Leben auswirken, Einfluss zu nehmen.

Soziale Eingliederung: Bei der sozialen Eingliederung handelt es sich um einen Prozess, durch den gewährleistet wird, dass Personen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, die erforderlichen Chancen und Mittel erhalten, um am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Geschehen voll teilzunehmen und in den Genuss des Lebensstandards und Wohlstands zu kommen, der in der Gesellschaft, in der sie leben, als normal gilt. Sie stellt sicher, dass die Teilhabe dieser Menschen an Entscheidungsprozessen, die Auswirkungen auf ihr Leben und ihren Zugang zu den Grundrechten haben, zunimmt [2].

[2] wie in der Grundrechtecharta der Europäischen Union definiert.

Hintergrund

Nachdem mit Artikel 136 und 137 des Vertrags von Amsterdam die Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung als einer der Bereiche anerkannt wurde, in denen die Gemeinschaft die Maßnahmen der Mitgliedstaaten aktiv fördert und ergänzt, formulierte der Europäische Rat von Lissabon im März 2000 die Aufgabe, die Armutsbekämpfung bis zum Jahr 2010 entscheidend voranzubringen. Außerdem wurde vereinbart, dass die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung der Armut und sozialen Ausgrenzung auf einer Methode der offenen Koordinierung beruhen sollen, bei der die gemeinsamen Zielvorstellungen, die nationalen Aktionspläne und das Aktionsprogramm der Gemeinschaft ineinander greifen.

Im Dezember 2000 beschloss der Europäische Rat von Nizza, diese neue Methode zur Bekämpfung der Armut und sozialen Ausgrenzung einzusetzen, und definierte ein gemeinsames Paket aus vier Zielen:

1. Förderung der Teilnahme am Erwerbsleben und des Zugangs aller zu Ressourcen, Rechten, Gütern und Dienstleistungen;

2. Vermeidung der Risiken der Ausgrenzung;

3. Maßnahmen zugunsten der sozial am stärksten gefährdeten Personen;

4. Mobilisierung aller Akteure.

Die Nationalen Aktionspläne für soziale Eingliederung (abgekürzt: NAP (Eingliederung)) spielen im EU-Prozess eine maßgebliche Rolle, werden doch durch sie unter Beachtung der konkreten nationalen Gegebenheiten und des besonderen Charakters der einzelstaatlichen Sozialschutzsysteme und Sozialpolitiken die gemeinsamen Zielvorstellungen in nationale Handlungskonzepte umgesetzt.

Alle Mitgliedstaaten haben im Juni 2001 ihre ersten NAP (Eingliederung) übermittelt. Ihre Erarbeitung gab Gelegenheit zur Einholung umfangreicher Informationen, zur Anhörung der am stärksten betroffenen Akteure und zur Überprüfung der Ausgangsbasis für die einzelstaatlichen Strategien zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Außerdem bot sie die Möglichkeit zur Entwicklung eines in höherem Maße strategisch und ganzheitlich ausgerichteten Ansatzes zur Armutsbekämpfung. Darüber hinaus lieferten die Informationen, die in den NAP (Eingliederung) enthalten waren, eine gute Ausgangsbasis für den unionsweiten Austausch von Erfahrungen und bewährten Methoden.

Die wichtigsten Erkenntnisse aus der von der Kommission und den Mitgliedstaaten vorgenommenen Prüfung der NAP (Eingliederung) wurden in dem Gemeinsamen Bericht über die soziale Eingliederung vorgestellt, der im Dezember 2001 die Zustimmung des Europäischen Rats von Laeken fand.

Eine solide Grundlage für die Überwachung der Fortschritte und die Beurteilung der Wirksamkeit der politischen Maßnahmen wurde ebenfalls in Laeken mit der Billigung 18 gemeinsam vereinbarter Indikatoren geschaffen, mit denen Armut und soziale Ausgrenzung messbar gemacht werden sollten. Dabei werden ganz unterschiedliche Bereiche erfasst - Einkommensarmut ebenso wie Langzeitarbeitslosigkeit, Gesundheitswesen und lebenslanges Lernen -, denn es ist weithin unstrittig, dass Armut und soziale Ausgrenzung in Europa mehrdimensionalen Charakter tragen und sich nicht auf nur eine Variable reduzieren lassen. Diese Indikatoren sollten von der EU und jedem einzelnen Mitgliedstaat als Grundlage herangezogen werden, um die in dem mehrjährigen Prozess erzielten Fortschritte anhand verifizierter Ergebnisse objektiv zu beurteilen. Die nationalen Indikatoren sollten weiterhin eine Rolle spielen, insbesondere in den Bereichen (wie etwa im Wohnungswesen), wo noch keine signifikante gemeinsame Ausgangsbasis gefunden werden konnte.

Einen weiteren Erfolg markierte 2001 die Annahme des ersten Aktionsprogramms der Gemeinschaft zur Förderung der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung. Das Programm, das im Zeitraum 2002-2006 umgesetzt wird, soll zu politischen Analysen und statistischen Verbesserungen, zum Austausch bewährter Verfahren und zur Förderung der europaweiten Vernetzung der NRO beitragen, die sich für die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung engagieren. Das Programm, das Bestandteil der Methode der offenen Koordinierung ist, sollte mit den NAP (Eingliederung) Hand in Hand gehen.

In den ersten zwei Jahren ist die Umsetzung des sozialen Eingliederungsprozesses in der EU reibungslos verlaufen und von der Kommission, dem Rat und den anderen Beteiligten als positiver Schritt gewertet worden. Als Ausdruck des weit reichenden Konsenses bezüglich der Nützlichkeit des neuen Prozesses und des Fortbestands der in Nizza vereinbarten gemeinsamen Zielvorstellungen entschloss sich der Rat im Dezember 2002, die Mitgliedstaaten zur Vorbereitung einer zweiten Runde von NAP (Eingliederung) bis Juli 2003 aufzufordern. Zu diesem Zwecke wurden an den gemeinsamen Zielen nur wenige substanzielle Änderungen vorgenommen:

(a) Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, in ihre NAP (Eingliederung) nationale Zielvorgaben mit aufzunehmen (in Erfuellung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rats von Barcelona).

(b) Bei der Analyse der sozialen Ausgrenzung und der Beurteilung ihrer politischen Auswirkungen soll den geschlechtsspezifischen Unterschieden besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.

(c) Die Schwierigkeiten, denen sich Zuwanderer bei ihrer sozialen Eingliederung gegenübersehen, sollen besonders herausgestellt werden.

Die Zukunft des sozialen Eingliederungsprozesses in der EU

Der Strategie von Lissabon entsprechend, ist die Methode der offenen Koordinierung bei Fragen der sozialen Eingliederung in engem Zusammenhang mit den anderen Prozessen zu sehen, die zu wirtschaftlichem Wachstum und zur Zunahme des sozialen Zusammenhalts beitragen. Für die Verwirklichung der Ziele des sozialen Eingliederungsprozesses besonders wichtig sind die wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Koordinierungsprozesse, die jeweils von den Grundzügen der Wirtschaftspolitik und der Europäischen Beschäftigungsstrategie untersetzt werden. Zunehmende Bedeutung erlangen darüber hinaus die 2002 auf den Weg gebrachte Methode der offenen Koordinierung in Rentenfragen und der kooperative Gedankenaustausch zu Fragen des Gesundheitsschutzes und der Langzeitpflege für Menschen im fortgeschrittenen Alter. Entscheidend ist, dass die Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene dafür sorgen, dass ihre Strategien der sozialen Eingliederung und ihre Politik in diesem Bereich aufeinander abgestimmt sind.

Auf EU-Ebene muss ebenfalls die inhaltliche Kontinuität der politischen Aussagen verbessert werden, die sich aus den verschiedenen Koordinierungsprozessen ergeben. Dabei gilt es zugleich zu vermeiden, dass die Anzahl der Prozesse mit abweichenden Regeln und häufigen Zielüberschneidungen zunimmt. Das sind die Hauptursachen dafür, dass die Kommission in einer vor kurzem veröffentlichten Mitteilung [3] vorgeschlagen hat, die konzeptionelle Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Sozialschutzes unter Zugrundelegung der Methode der offenen Koordinierung zu straffen und zu vereinfachen. Dies schließt die Entwicklung eines gestrafften Prozesses ein, dem ein gemeinsames Bündel von Zielen für das Gesundheitswesen, die Altersversorgung und die soziale Eingliederung zugrunde liegt, das sich wirksamer mit den anderen politischen Koordinierungsprozessen synchronisieren lässt, insbesondere mit den Grundzügen der Wirtschaftspolitik und der Europäischen Beschäftigungsstrategie. Damit rückt bei der Umsetzung der Gesamtstrategie von Lissabon die soziale Dimension stärker in das Blickfeld. Die Berichtspflichten sollten vereinfacht werden, sodass von 2006 an nur noch alle drei Jahre ein einziger strategischer Bericht, ergänzt durch geringfügige Aktualisierungen in den Jahren dazwischen, erforderlich ist. Außerdem hat die Kommission vorgeschlagen, im Jahr 2005 erstmalig einen Gemeinsamen Bericht über Sozialschutz und soziale Eingliederung zu veröffentlichen. Sein Anliegen sollte es sein, die wichtigsten politischen Entwicklungen vor dem Hintergrund der jüngsten wirtschaftlichen und sozialen Tendenzen und Voraussagen zu analysieren und die Basis für die Formulierung zentraler politischer Aussagen für die Frühjahrstagung des Europäischen Rates zu liefern.

[3] KOM(2003)261 vom 27. Mai 2003.

Vor allem aber darf bei der schrittweisen Annäherung an diesen neuen, gestrafften politischen Koordinierungsprozess der Elan nicht verloren gehen, den die Erarbeitung und Überwachung der NAP (Eingliederung) in vielen Mitgliedstaaten ausgelöst hat. Im Laufe der Konsultationen im Anschluss an die Veröffentlichung der Mitteilung vom Mai 2003 ist von vielen Akteuren und Mitgliedstaaten auf diesen Punkt besonders hingewiesen worden. Die Öffentlichkeitswirksamkeit der verschiedenen Bestandteile des Prozesses und insbesondere der NAP (Eingliederung) ist daher künftig in einem Rahmen sicherzustellen, der die einheitliche Ausrichtung der Strategien auf nationaler wie auf Gemeinschaftsebene verstärkt. Ferner müssen die Ziele und die Überwachungsinstrumente des EU-Prozesses der sozialen Eingliederung angemessen und konsequent in der Strategie für eine nachhaltige Entwicklung Berücksichtigung finden.

Die Auswirkungen der Erweiterung

Die Erweiterung hat zur Folge, dass sich die Union bei der Förderung der sozialen Eingliederung neuen und vergleichsweise größeren Herausforderungen wird stellen müssen. Die auf den nationalen Angaben und den Ergebnissen von Untersuchungen beruhenden vergleichenden Sozialindikatoren deuten darauf hin, dass weite Teile der Bevölkerung in den Bewerberländern von Niedrigeinkommen leben und zu einigen grundlegenden öffentlichen Leistungen und Einrichtungen keinen Zugang haben. In den meisten Bewerberländern herrscht hohe Arbeitslosigkeit und bestehen keine ausreichenden Sozialschutzsysteme, um alten Menschen, Kranken oder Behinderten ein sicheres Einkommen zu bieten. In einigen Ländern gibt die soziale Lage von ethnischen Minderheiten, Kindern und geistig Behinderten Anlass zu ernster Sorge. Andererseits sind im Allgemeinen die Einkommensschere kleiner und das Bildungsniveau höher als in vielen derzeitigen Mitgliedstaaten. In einem Gesamtumfeld, in dem es das Konzept der sozialen Ausgrenzung in dem vorgenannten Sinne noch nicht lange gibt und die Gefahr besteht, dass die Förderung der sozialen Eingliederung womöglich als sekundäres Ziel betrachtet wird, das der Wettbewerbsfähigkeit oder dem Wirtschaftswachstum untergeordnet ist, gilt es besonders zu betonen, dass die Maßnahmen und Strategien zur Herbeiführung wirtschaftlichen Wachstums und zur Gewährleistung des sozialen Zusammenhalts Hand in Hand gehen müssen.

Die Erweiterung sollte jedoch zugleich als Chance für einen umfassenderen Austausch (in beide Richtungen) von Erfahrungen und bewährten Verfahren verstanden werden sowie für ein engeres Miteinander der Vereinigungen und Behörden auf lokaler und nationaler Ebene, die sich im Großen und Ganzen ähnlichen Aufgaben gegenübersehen. Die größere Vielfalt der sozialen Gegebenheiten und Systeme in der Union nach der Erweiterung dürfte einen starken Anreiz liefern, die Methode der offenen Koordinierung im Bereich Sozialschutz und soziale Eingliederung weiter voranzubringen.

Daher war es von entscheidender Bedeutung, alle beitrittswilligen Länder schon lange vor dem offiziellen Zeitpunkt der Erweiterung in den sozialen Eingliederungsprozess der EU einzubeziehen. Die GD Unternehmen hat sich 2002 mit jedem Beitrittsland auf eine bilaterale Zusammenarbeit geeinigt, in deren Mittelpunkt die Erarbeitung von Memoranden für die soziale Eingliederung (JIM) stehen soll. Ihr Ziel ist es, die sozialen Kernaufgaben im jeweiligen Land zu bestimmen, Klarheit über die wichtigsten bereits vorhandenen und für die Zukunft geplanten Handlungskonzepte zu gewinnen und einige politische Kernfragen auszuwählen, die Gegenstand weiterer Untersuchungen sein sollen. Die JIM werden noch vor Ende dieses Jahres fertiggestellt und von der Kommission und jedem der zehn Beitrittsländer gemeinsam unterzeichnet. Mit diesem Schritt sollen die Beitrittsländer auf ihre volle Einbeziehung in den sozialen Eingliederungsprozess vorbereitet werden, die Mitte 2004, wenn sie ihren ersten NAP (Eingliederung) für den Zeitraum 2004-2006 vorlegen, einsetzen wird.

TEIL I - Die Europäische Union

1. DER STAND DER SOZIALEN EINGLIEDERUNG IN DER EU

Nach einem kurzen Abriss des wirtschaftlichen und demografischen Hintergrunds enthält dieser Abschnitt eine zusammenfassende vergleichende Analyse des Stands der sozialen Eingliederung in der Union und der in den vergangenen Jahren zu verzeichnenden Tendenzen. Als Grundlage dient eine Auswahl der gemeinsamen EU-Indikatoren für Armut und soziale Ausgrenzung. Eine Beschreibung der gemeinsamen Indikatoren, verbunden mit Hintergrundinformationen zu den Vorarbeiten, zum methodischen Rahmen für ihre Auswahl und zu den herangezogenen statistischen Quellen ist in Abschnitt 10 sowie im Statistischen Anhang zu finden. Letzterer enthält darüber hinaus Tabellenmaterial, das auf der Grundlage gemeinsamer EU-Quellen Aufschluss über die Ergebnisse der Indikatoren gibt.

Wirtschaftlicher und demografischer Hintergrund

Der Stand der sozialen Eingliederung seit Beginn des EU-Eingliederungsprozesses ist vor dem Hintergrund der verschlechterten makroökonomischen Gesamtbedingungen und der Tatsache, dass die EU weiter unter den Auswirkungen der lang anhaltenden Konjunkturabschwächung leidet, zu sehen. Das durchschnittliche BIP-Wachstum in der EU betrug 2002 nur 1,1 %, während es 2001 noch bei 3,5 % gelegen hatte. Nach den Herbstprognosen der Kommission wird für 2003 mit einer fortdauernden Stagnation der EU-Wirtschaft gerechnet; ein entschiedener Umschwung ist nicht wahrscheinlich. Für 2003 wird von einem durchschnittlichen BIP-Wachstum von nur 0,8 % ausgegangen, wonach 2004 bescheidene 2 % und erst 2005 annähernd 2,5 % erwartet werden.

Obwohl sich der EU-Arbeitsmarkt in der Anfangsphase der Konjunkturabschwächung als recht anpassungsfähig erwies, hat sich das Beschäftigungswachstum in der EU, das seit 1997 Jahr für Jahr um durchschnittlich mehr als einen Prozentpunkt angestiegen war, im Jahr 2000 verlangsamt und hat die Arbeitslosigkeit erneut zugenommen, nachdem sie ein halbes Jahrzehnt lang kontinuierlich zurückgegangen war. Besorgnis erregende Ausmaße nahm der Stellenabbau in Belgien, Dänemark und Deutschland an. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote für die EU insgesamt stieg 2002 auf 7,7 %, und für 2003 wird ein Anstieg auf 8,1 % vorausgesagt. Besonders hoch ist die Arbeitslosigkeit ungeachtet aller Fortschritte in den unmittelbar zurückliegenden Jahren weiterhin in Finnland, Griechenland und Spanien, in den beiden letztgenannten Ländern vor allem die Arbeitslosigkeit unter Frauen. Von einer Zunahme über die 9 %-Grenze wird in Frankreich und Deutschland ausgegangen.

Trotz dieser enttäuschenden Entwicklungen ist die EU den Beschäftigungszielen von Lissabon und Stockholm weiter nähergekommen, allerdings erheblich langsamer als in früheren Jahren. Für 2002 wird die Erwerbsquote in der EU auf 64,3 % geschätzt, womit sie nahezu ein Prozent mehr beträgt als im Jahr 2001, in dem 63,4 % zu Buche standen. Die Erwerbsquote der Frauen ist von 54,1 % im Jahr 2001 noch deutlicher auf 55,6 % gestiegen, während die der Männer im vergangenen Jahr mit 72,8 % leicht gesunken ist. Die geschlechtsbedingten Unterschiede in der Erwerbsbeteiligung gehen somit zurück, doch gibt es in Griechenland, Italien und Spanien nach wie vor ein starkes Gefälle in einer Größenordnung von 27 bis 29 Prozentpunkten. In der Altersgruppe der 55- bis 64-Jährigen betrug die Erwerbsquote für die EU insgesamt reichlich 40 %, wobei Belgien das Schlusslicht bildete (knapp 27 %) und Schweden das höchste Ergebnis erzielte (68 %). Die Erwerbsquote der Personen im höheren Lebensalter ist in allen Mitgliedstaaten mit Ausnahme Österreichs, Deutschlands, Griechenlands und Italiens in den letzten Jahren deutlich angestiegen.

Inzwischen treten die langfristigen gesellschaftlichen Konsequenzen der Verschiebung der Alterspyramide nach oben in Europa deutlicher zutage. Schon bald wird die jahrhundertelange Zunahme der europäischen Erwerbsbevölkerung zum Stillstand kommen, und in weniger als zehn Jahren werden die Auswirkungen des Ausscheidens der geburtenstarken Jahrgänge aus dem Erwerbsleben voll zum Tragen kommen. Obwohl die Fruchtbarkeitsrate im Zeitraum 1999 bis 2001 von 1,45 auf 1,47 Kinder pro Frau leicht angestiegen ist, liegt sie noch immer deutlich unter der Reproduktionsrate von 2,1. Die Lebenserwartung nimmt zu - sie hat sich in den vergangenen zehn Jahren für Männer und Frauen um zwei Jahre erhöht -, und die Sterbeziffer konzentriert sich zunehmend auf das Alter. Heute stellt die Altersgruppe 65+ 16 % der Gesamtbevölkerung, während die Personen unter 15 Jahren 17 % ausmachen. Dieses Verhältnis wird jedoch schon 2010 umgekehrt ausfallen. Der drastischste Anstieg wird bei den ,sehr alten" Menschen (80+) zu verzeichnen sein, deren Anzahl in den nächsten 15 Jahren um fast 50 % zunimmt.

Der steigende Altenquotient bringt aufgrund des Pflegebedarfs höhere Anforderungen an die Gesellschaft mit sich. Gleichzeitig werden durch die Entwicklungen in den Haushaltsstrukturen allmählich die objektiven Voraussetzungen für die Solidarität der Generationen innerhalb der Familie untergraben. Es wird weniger und später geheiratet, und darüber hinaus scheitern immer mehr Ehen. Die Tendenz zu kleineren Haushalten mit mehr allein lebenden Personen aller Alterstufen dauert an. Außerdem nimmt die Anzahl der Kinder, die mit nur einem Erwachsenen zusammenleben, auffallend zu, und die Anzahl der Paare mit Kindern geht zurück. Im Jahr 2000 lebten 10 % der Kinder bis zu 14 Jahren mit nur einem Erwachsenen zusammen, während es 1990 noch 6 % waren. Die große Mehrzahl dieser allein erziehenden Elternteile sind Frauen.

Gefahr der Einkommensarmut: länderübergreifende Vergleiche aus dem Jahr 2001

Da kein vollständiger Satz von Indikatoren vorhanden ist, die Aufschluss über den mehrdimensionalen Charakter dieser Frage geben könnten, beruht die Analyse der Armut und sozialen Ausgrenzung in der EU in erster Linie auf den vorhandenen Indikatoren, bei denen es sich größtenteils um einkommensspezifische Indikatoren handelt. Besonderes Augenmerk gilt den Indikatoren, die das Verhältnis zum durchschnittlichen Wohlstandsniveau in einem bestimmten Land und zu einer bestimmten Zeit deutlich machen. Eine absolute Vorstellung ist für die EU vor allem aus zwei Gründen weniger relevant. Zum einen besteht für Europa die wichtigste Aufgabe nicht darin, einen grundlegenden Lebensstandard zu erreichen, wie in den weniger entwickelten Regionen der Welt, sondern vielmehr darin, die gesamte Bevölkerung der Segnungen eines Wohlstands auf hohem Niveau teilhaftig werden zu lassen. Zum anderen hängt das, was als annehmbarer Mindest-Lebensstandard gilt, weitgehend vom allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungsniveau ab, das zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten oft erhebliche Unterschiede aufweist.

Der Anteil der Personen, die in Haushalten mit weniger als 60 % des nationalen durchschnittlichen Äquivalenzeinkommens leben, wird als Indikator des Armutsrisikos angesetzt. Im Jahr 2001 bestand nach dieser Einstufung für 15 % der EU-Bevölkerung ein Armutsrisiko, also für mehr als 55 Millionen Menschen. Hinter diesem Durchschnittswert für die Gesamt-EU verbergen sich erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten, wobei der vom Armutsrisiko betroffene Bevölkerungsanteil von 10 % in Schweden bis zu 21 % in Irland reicht.

Je länger die Zeitspanne ist, in der jemand von einem niedrigen Einkommen leben muss, umso mehr läuft er Gefahr, dass er vom sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Geschehen ausgeschlossen wird und umso größer ist die Gefahr seiner extremen sozialen Isolation. In allen Ländern hat mindestens die Hälfte der Personen, für die 2001 ein Armutsrisiko bestand, längere Zeit ein geringes Einkommen bezogen. Sie verfügten also im laufenden Jahr und mindestens in zwei der vorangegangenen drei Jahre (d. h. 1998-2000) über ein Äquivalenzeinkommen unterhalb der 60 %-Grenze. In Griechenland und Portugal, wo das Armutsrisiko sehr hoch ist, bestand für immerhin zwei von drei Personen mit einem Einkommen unterhalb der Armutsgrenze im Jahr 2001 ein dauerhaftes Armutsrisiko. Im EU-Durchschnitt lebten 9 % der Bevölkerung in dauerhafter Armut.

Abbildung 1. Armutsgefährdungsquote: Gesamthöhe und dauerhafter Anteil - 2001

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Hinweis: Für Schweden liegen keine Angaben zum dauerhaften Armutsrisiko vor.

Quelle: Eurostat, ECHP-UDB, Stand Juni 2003

Der relative Medianwert der Armutsgefährdungslücke - definiert als Differenz zwischen dem medianen Äquivalenzeinkommen von Personen unterhalb des Armutsgrenzwertes und der 60 %-Grenze, ausgedrückt in Prozent des Armutsgrenzwertes - gibt Auskunft darüber, wie weit das Einkommen der von Armut bedrohten Personen unterhalb des Grenzwertes liegt. Das ist ein wichtiger Indikator zur Ergänzung der Pro-Kopf-Bestimmung des Armutsrisikos, da er Aussagen dazu liefert, ,wie arm die Armen sind".

Im Jahr 2001 betrug der Medianwert der Armutsgefährdungslücke auf EU-Ebene 22 %. Das bedeutet, dass die Hälfte der Personen, für die ein Armutsrisiko bestand, über ein Äquivalenzeinkommen unterhalb 78 % des Armutsgrenzwertes bzw. 47 % des medianen Äquivalenzeinkommens verfügten.

Abbildung 2. Der Medianwert der Armutsgefährdungslücke, 2001 (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Quelle: Eurostat, ECHP-UDB, Stand Juni 2003

Die vergleichende Analyse der nationalen Grenzwerte trägt dazu bei, die relative Dimension des verwendeten Gradmessers der Armut zu veranschaulichen. Dieser Vergleich ist wichtig für das Verständnis des unterschiedlichen wirtschaftlichen Wohlstandsniveaus in den einzelnen Ländern [4]. Abbildung 3 gibt Aufschluss über den monetären Wert des nationalen Armutsgrenzwertes in Kaufkraftstandards für einen erwachsenen Einpersonenhaushalt. Besonders niedrig fallen die Werte für Portugal und Griechenland aus. Das andere Extrem ist Luxemburg, dessen Grenzwert 170 % des EU-Durchschnitts entspricht.

[4] Noch wichtiger wird dieser Vergleich vor dem Hintergrund der erweiterten Union, da in den Beitrittsländern die relativ geringe Streuung der Einkommensverteilung Armutsgefährdungsquoten nach sich zieht, die sich trotz des sehr niedrigen Niveaus ihres durchschnittlichen Volkseinkommens nicht sehr von denen der derzeitigen Mitgliedstaaten unterscheiden.

Abbildung 3. Illustrativer Wert des Armutsgrenzwerts für einen erwachsenen Einpersonenhaushalt in KKS, 2000

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Quelle: Eurostat, ECHP-UDB, Stand Juni 2003

Aus der vorstehenden Analyse geht hervor, dass sich die Gefahr der Einkommensarmut in verschiedenen Formen gleichzeitig niederschlägt. Die Länder, die vom Pro-Kopf-Verhältnis her dem größten Armutsrisiko ausgesetzt sind - sowohl bei zeitlicher Verankerung der Erfassung als auch bei Erfassung über einen längeren Zeitraum hinweg -, weisen oft auch die höchste relative Armutslücke auf. Das ergibt sich aus der großen Streuung der Einkommensverteilung im unteren Bereich, verbunden mit einem relativ niedrigen allgemeinen Lebensstandard.

Die Erfassung des Armutsrisikos konzentriert sich auf den unteren Bereich der Einkommensverteilung. Interessant ist auch eine Betrachtung der Gesamteinkommensverteilung, etwa anhand des relativen Verhältnisses zwischen dem untersten Quintil und der obersten Gruppe. Im Jahr 2001 war das Gesamtäquivalenzeinkommen des einkommensstärksten Quintils 4,4-mal so hoch wie das des einkommensschwächsten Quintils. Dieses Verhältnis reicht von 3,1 in Dänemark bis 6,5 in Portugal (Tabelle 6 im Statistischen Anhang). Betrachtet man den Gini-Koeffizienten, der eine kumulative Erfassung der Gesamteinkommensverteilung vornimmt, ergibt sich eine ganz ähnliche Reihenfolge der einzelnen Länder (Tabelle 7). Dabei fällt auf, dass im Zeitraum 1995-2001 offensichtlich in allen Ländern die Ungleichheit der Einkommensverteilung abgenommen hat (oder stabil geblieben ist), wenn man einmal von den nordischen Ländern absieht, in denen traditionell ohnehin ein geringes Einkommensgefälle zu verzeichnen war.

Inzidenz des Armutsrisikos nach Geschlecht, Haushaltstyp und Alter

Für Frauen besteht generell eine größere Gefahr, in einem von Armut betroffenen Haushalt zu leben, denn 16 % der erwachsenen Frauen (im Alter von 16 Jahren und darüber) bezogen 2001 ein Einkommen unterhalb der Armutsgrenze, aber nur 13 % der Männer derselben Altersgruppe [5]. Dies trifft für alle Mitgliedstaaten zu, wobei die größte Diskrepanz für Österreich, Finnland und das Vereinigte Königreich registriert wurde. In Österreich und Finnland gibt es auch die größten geschlechtsbedingten Unterschiede bei der dauerhaften Armutsgefährdung (Tabelle 3), wogegen der Abstand zwischen den Geschlechtern in der EU insgesamt bei diesem Indikator recht klein ausfällt. Das Datenmaterial zur mittleren geschlechtsspezifischen Diskrepanz bietet ein unterschiedliches Bild (Tabelle 4), da in vielen Ländern Männer stärker betroffen sind als Frauen. Ein relativ höheres Armutsrisiko besteht für Frauen besonderer Altersgruppen, insbesondere für Frauen im fortgeschrittenen Alter (65 Jahre und älter: 21 % gegenüber 15 % bei den Männern im fortgeschrittenen Alter in der EU insgesamt).

[5] Abgesehen von den Einpersonenhaushalten sind die geschlechtsbedingten Unterschiede beim Armutsrisiko mit Vorsicht zu behandeln, da sie von einer gleichen Einkommensaufteilung innerhalb der Haushalte ausgehen.

Abbildung 4. Armutsgefährdungsquote für Personen im Alter von 16 Jahren und darüber nach Geschlecht, 2001

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Quelle: Eurostat, ECHP-UDB, Stand Juni 2003

Nach Haushaltstypen betrachtet, besteht für Haushalte von allein Erziehenden das größte Armutsrisiko (35 % im EU-Durchschnitt). Davon sind zumeist Frauen betroffen. Im Vereinigten Königreich ist das Armutsrisiko für Einpersonenhaushalte, die einen relativ großen Teil aller Haushalte ausmachen, besonders hoch (50 %, siehe Tabelle 9). Auch für Personen, die in großen Haushalten mit drei und mehr unterhaltsberechtigten Kindern leben, ist die Gefahr der Einkommensarmut besonders groß, wobei in Irland, Italien, Spanien und Portugal das größte Risiko verzeichnet wird (zwischen 34 % und 49 % gegenüber dem EU-Durchschnitt von 27 %).

Daher sind Kinder in den meisten Ländern einer größeren Einkommensarmut ausgesetzt als Erwachsene. Die materielle Unterversorgung von Kindern ist sehr bedenklich, da im Allgemeinen davon auszugehen ist, dass sie sich auf die Entwicklung und auf die Zukunftschancen dieser Kinder auswirken. In Spanien, Irland, Italien, Portugal und im Vereinigten Königreich lägen die Armutsgefährdungsquoten im Jahr 2001 bei 24 % und darüber. Außerdem bestehen signifikante Unterschiede, was die Dauerhaftigkeit der Armut von Kindern in Verhältnis zu der von Erwachsenen angeht (12 % gegenüber 9 % in der EU insgesamt). Das lässt darauf schließen, dass für das Armutsrisiko von Kindern, gemessen an dem der Gesamtbevölkerung, besondere Faktoren maßgeblich sind.

Abbildung 5. Armutsgefährdungsquote für Kinder (im Alter von 0-15 Jahren), 2001

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Quelle: Eurostat, ECHP-UDB, Stand Juni 2003

Am anderen Ende der Altersskala sind die Personen im Alter von 65 Jahren und darüber (Tabelle 2) ebenfalls von einem verhältnismäßig großen Armutsrisiko betroffen, insbesondere in Dänemark, Griechenland, Irland und Portugal. In Italien, Luxemburg, den Niederlanden und Schweden dagegen besteht für Personen im höheren Alter ein geringeres Armutsrisiko als für die Gesamtbevölkerung.

Die Analyse der Einkommenssituation von älteren Menschen kann durch den Umstand beeinträchtigt werden, dass unterstellte Mietwerte, d. h. die Geldbeträge, die jemand an Miete spart, wenn er in einem Eigenheim oder einer Eigentumswohnung lebt, nicht in die Datenquellen einfließen, die zur Errechnung der Einkommensarmutsquoten verwendet werden. Das könnte zur Unterbewertung des Lebensstandards in Haushalten älterer Menschen führen, die im Allgemeinen häufiger in ihren eigenen vier Wänden wohnen als Haushalte jüngerer Menschen. Darüber hinaus wird durch die Nichtberücksichtigung von Zinszahlungen zumeist das Einkommen der (im Allgemeinen jüngeren) Haushalte überschätzt, die noch Hypotheken abtragen. All das wirkt sich auch auf Gegenüberstellungen des Gesamtarmutsrisikos der einzelnen Länder aus, solange der Anteil der Personen mit Wohneigentum an der Gesamtzahl der von Armut gefährdeten Personen von Land zu Land stark voneinander abweicht. Das ist tatsächlich der Fall. Am höchsten fällt dieser Anteil in den südeuropäischen Ländern aus, wo er in Griechenland mit 93 % am höchsten ist, und am niedrigsten in Deutschland und den Niederlanden (35 % aller vom Armutsrisiko betroffenen Personen). Wenn daher die unterstellten Mietwerte mit in Betracht gezogen würden, fiele die Verteilung des Armutsrisikos auf die einzelnen Länder wahrscheinlich weniger krass aus als in Abbildung 1.

Die Analyse von Einkommendaten könnte auch darunter leiden, daß man Sachleistungen (z.B. Sozialwohnungen, häusliche Pflege, kostenlose Dienstleistungen) nicht in Betracht zieht. Diese sind für die Betrachtung der Nettoeinkommenssituation älterer Personen besonders relevant.

In den letzten Jahren beobachtete Tendenzen im Bereich Einkommensarmut

Die Bestimmung der das Einkommensarmutsrisiko betreffenden Tendenzen seit dem Jahr 2001 ist aufgrund der mit der Zusammenstellung und Validierung der statistischen Angaben verbundenen Verzögerungen nach wie vor problematisch [6], obschon die unlängst getätigten Investitionen in das statistische Capacity-building künftig gewisse Verbesserungen in puncto rechtzeitiger Verfügbarkeit mit sich bringen dürften. Daher lässt sich noch nicht genau sagen, welche Auswirkungen der neue Koordinierungsprozess in der EU auf die Einkommensarmut hatte. In den Jahren unmittelbar vor der Aufstellung der neuen Strategie bestand eine Tendenz zum Absinken des relativen Armutsniveaus, wobei der EU-Durchschnitt im Zeitraum 1995-2001 von 17 % auf 15 % zurückging.

[6] Ein weiteres Problem betrifft das Fehlen von Konfidenzintervallschätzungen zu den Änderungen im Zeitverlauf. Trends über längere Zeiträume sind daher mit Vorsicht zu analysieren.

Den relativen Charakter dieser Maßzahl des Armutsrisikos gilt es zu bedenken, wenn die Änderungen im Zeitverlauf ausgewertet werden. Ein Rückgang (Anstieg) des Bevölkerungsanteils, für den ein Armutsrisiko besteht, bedeutet, dass weniger (mehr) Personen mit einem Einkommen unterhalb der Armutsgrenze verzeichnet wurden, die ihrerseits im Zeitverlauf Unterschiede aufweist, da sie sich auf einen zentralen Einkommensverteilungswert im betreffenden Jahr bezieht. Wenn der Armutsgrenzwert ansteigt, insbesondere als Folge eines Wirtschafts- und Beschäftigungswachstums, und gleichzeitig die Armutsgefährdungsquote sinkt, dann hat sich das Einkommen einiger unterhalb der Armutsgrenze lebender Personen im Ausgangsjahr schneller erhöht als die Armutsgrenze.

In allen Ländern ist der Wert der Armutsgrenze nicht nur inflationsbedingt gestiegen, was Ausdruck des allgemeinen Wohlstandsniveaus ist. In welchem Zusammenhang zu dieser Verbesserung stehen die für das Jahr 2001 festgestellten Ergebnisse bei der Armutsgefährdungsquote? Abbildung 6 gibt Aufschluss über die prozentualen Veränderungen im Zeitraum 1998-2001 sowohl für die Standardquote der Armutsgefährdung als auch für das ,Armutsrisiko bei zeitlicher Verankerung", das für den Grenzwert im Jahr 1998 berechnet ist, für den lediglich eine Inflationsbereinigung vorgenommen wurde. In allen Ländern ist die 1998 verankerte Armutsgefährdungsquote in den drei Jahren bis zum Jahr 2001 zurückgegangen, in Spanien und Irland ganz besonders stark. Hingegen hat sich in Irland der Bevölkerungsanteil mit einem Äquivalenzeinkommen unterhalb des derzeitigen Grenzwertes erhöht, d. h., die Einkommensverhältnisse einiger Personen, die 1998 vom Armutsrisiko betroffen waren, haben sich verbessert, allerdings nicht genug, um mit dem allgemeinen Anstieg des Lebensstandards in ihrem Land Schritt zu halten.

Abbildung 6. Veränderungen zwischen 1998 und 2001 in der Armutsgefährdungsquote und der Armutsgefährdungsquote bei zeitlicher Verankerung des Armutsgrenzwertes (1998)

Prozentuale Veränderungen

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Quelle: Eurostat, ECHP-UDB, Stand Juni 2003

Messung der Auswirkungen des Sozialschutzes

Ein wichtiger methodischer Grundsatz bei der Auswahl der gemeinsamen Indikatoren lautet, dass sie soziale Folgewirkungen messen müssen und nicht die Mittel, mit denen diese erreicht werden. Das ergibt sich schon aus dem Charakter der offenen Koordinierungsmethode, bei der sich die Mitgliedstaaten auf Ziele einigen, ihnen jedoch die Wahl der Maßnahmen, mit denen diese Ziele umgesetzt werden sollen, freisteht. Ein Indikator, der als Gradmesser politischer Maßnahmen dient, ist außerdem wenig hilfreich, wenn keine Möglichkeit besteht zu erfahren, ob die Maßnahme ihr Ziel auch erreicht. In gewissem Maße eine Ausnahme von der Regel bildet der Indikator ,Armutsgefährdungsquote vor Sozialtransfers", der im Vergleich zu der Gefährdungsquote nach Sozialtransfers als Indikator dessen gelten kann, inwieweit Sozialtransfers die Armut verringern.

In der hypothetischen Situation, dass es gar keine Sozialtransfers und Renten gibt, wäre die Armutsgefährdung für die gesamte EU-Bevölkerung erheblich höher als in Wirklichkeit (39 % statt 15 % in 2001). Hier wäre der Einwand denkbar, dass die Hauptaufgabe der Altersrenten nicht in einer Einkommensumverteilung zwischen verschiedenen Personen besteht, sondern vielmehr in einer Umverteilung innerhalb der Lebensabschnitte eines Menschen. Wenn man also Renten als Primäreinkommen und nicht als Sozialtransfers ansieht, liegt die Armutsgefährdungsquote bei 24 %, also 9 Prozentpunkte höher als das im Anschluss an Sozialtransfers gemessene Armutsrisiko.

Abbildung 7 zeigt den prozentualen Rückgang (absoluter Wert) der Armutsgefährdungsquote vor und nach Sozialtransfers [7], wobei die Renten entweder unberücksichtigt blieben oder in den Begriff ,Sozialtransfers" einbezogen wurden. Wenn die Renten ausgeklammert und als Primäreinkommen betrachtet werden, ist in Griechenland, Italien, Portugal und Spanien der stärkste Rückgang zu verzeichnen. Am geringsten fällt der Unterschied in Dänemark, den Niederlanden, Luxemburg und insbesondere Schweden aus, was sowohl das höhere Niveau der Sozialschutzausgaben in diesen Ländern widerspiegelt als auch deren vorrangige Ausrichtung auf eine Einkommensumverteilung. Werden die Renten einbezogen, bietet sich ein ganz anderes Bild. Den größten Beitrag zur Verringerung der Gefahr der Einkommensarmut leisten nach wie vor die Sozialtransfers in Schweden, gefolgt von Deutschland, und in Italien und Griechenland steigen sie stark an. Das verdeutlicht die Struktur der Sozialschutzausgaben in diesen Ländern, die zu einem großen Teil in die Renten einfließen, wie auch die Altersstruktur der Bevölkerung.

[7] Bei diesem Indikator erscheint aus mehreren Gründen etwas Vorsicht geboten. Erstens bleiben Interventionen unbeachtet, die - wie die Sozialtransfers - dazu führen können, dass das verfügbare Einkommen von Haushalten und Einzelpersonen ansteigt, insbesondere die Sachtransfers sowie Steuergutschriften und Steuerfreibeträge. Zweitens erfolgt hierbei eine Gegenüberstellung des Armutsrisikos vor und nach den Transfers ,bei ansonsten gleichen Voraussetzungen".

Abbildung 7. Auswirkungen von Sozialtransfers (ohne und einschließlich Renten) auf die Armutsgefährdungsquote, 2001

Prozentualer Rückgang der Gesamtquote der Armutsgefährdung

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Quelle: Eurostat, ECHP-UDB, Stand Juni 2003

Die Auswirkungen der Sozialtransfers auf die Armutsgefährdungsquote fallen in den einzelnen Gruppen sowie geschlechtsspezifisch unterschiedlich aus (Tabelle 5). In der EU insgesamt wirken sich die Sozialtransfers ohne Renten bei Kindern am stärksten dahingehend aus, dass sie das Armutsrisiko verringern (der Rückgang betrug 2001 39 % gegenüber 32 % bei Personen im Alter von 16 Jahren und darüber). In den nordischen Staaten betrug dieser Rückgang bei Kindern ganze 65 % und mehr; in Griechenland, Spanien und Italien dagegen bilden die Kinder die Gruppe, die am wenigsten von der armutssenkenden Wirkung der Sozialleistungen profitieren (der Rückgang betrug weniger als 15 %). Unter den Erwachsenen senken die Sozialleistungen (ohne Renten) in allen Ländern (mit Ausnahme der Niederlande und Schwedens) das Armutsrisiko bei den Männern stärker als bei den Frauen; der Rückgang für die Gesamt-EU betrug 35 % bei den Männern und 33 % bei den Frauen). Werden die Renten mit einbezogen, fallen die geschlechtsspezifischen Unterschiede jedoch weniger deutlich aus, und in einigen Ländern sind die Frauen im Vorteil.

Bei der Auslegung des Indikators ,Armutsgefährdung vor Sozialtransfers" gilt es zu bedenken, dass der Sozialschutz die Armut abmildern kann, den Einzelnen und den Familien jedoch nicht an sich schon der Armut dauerhaft zu entgehen hilft. Wenn monetäre Sozialtransfers im Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung Wirkung zeigen sollen, müssen sie mit angemessenen Gesundheits-, Bildungs- und Sozialleistungen und mit der Einbeziehung erwerbsfähiger Personen in den Arbeitsmarkt einhergehen. Daher stellen auch viele Mitgliedstaaten zunehmend die Hilfe zur Selbsthilfe über ein beschäftigungsfreundliches Sozialschutzsystem, das die Teilhabe am Arbeitsmarkt fördert, in den Mittelpunkt ihres Wirkens.

Niedrigeinkommen sind nur ein Aspekt von Armut und sozialer Ausgrenzung. Um dieses Phänomen quantitativ zu erfassen und eingehender zu untersuchen, müssen auch die anderen, nicht minder wichtigen Aspekte berücksichtigt werden wie der Zugang zu Beschäftigung, Bildung, Wohnraum und gesundheitlicher Betreuung, der Grad der Befriedigung der Grundbedürfnisse und die Fähigkeit zur vollen Teilhabe an der Gesellschaft. Viele dieser Aspekte lassen sich in der Praxis sehr schwer messen, insbesondere auf EU-Ebene. Der nun folgende Teil dieses Abschnitts ist dem vorliegenden Datenmaterial auf der Grundlage der gemeinsamen EU-Indikatoren für den Bereich Armut und soziale Ausgrenzung gewidmet, das weitere wichtige Aspekte wie die Angemessenheit der Wohnverhältnisse, die Sterberaten oder den Zugang zum Gesundheitswesen in Abhängigkeit vom sozioökonomischen Status und der sozialen Teilhabe außer Acht lässt.

Die Arbeitsmarktdimension von Armut und sozialer Ausgrenzung

Erwerbstätigkeit ist ein maßgeblicher Faktor für die soziale Eingliederung - nicht nur, weil sie Einkommen schafft, sondern auch, weil sie der sozialen Teilhabe und der persönlichen Entwicklung förderlich sein kann.

Langzeitarbeitslosigkeit geht oft mit einem Gefühl sozialer Ohnmacht einher, da Personen, die über lange Zeit ohne Beschäftigung waren, oft die Kompetenzen und das Selbstwertgefühl einbüßen, die notwendig sind, um auf dem Arbeitsmarkt erneut Fuß zu fassen, sofern ihnen nicht rechtzeitig angemessene Hilfe zuteil wird. Von Langzeitarbeitslosigkeit waren 2002 in der EU 3 % der Erwerbsbevölkerung (und 39 % der Erwerbslosen) betroffen. Ungefähr zwei Drittel von ihnen waren tatsächlich schon sehr lange ohne Beschäftigung (mindestens 24 Monate, siehe Tabelle 19). Den vorliegenden Zahlenangaben für die EU für 2002 zufolge lag in Luxemburg, Österreich, Dänemark, den Niederlanden und Schweden die Langzeitarbeitslosigkeit bei 1 % oder darunter. Eine hohe Langzeitarbeitslosigkeit herrscht weiterhin in Griechenland und Italien, wo über 5 % der Erwerbsbevölkerung von ihr betroffen sind. Neben Spanien weisen diese zwei Mitgliedstaaten auch die größten geschlechtsspezifischen Unterschiede auf. In der EU insgesamt ist die Langzeitarbeitslosigkeit bei den Frauen größer als bei den Männern, obwohl für Finnland, Irland, Schweden und das Vereinigte Königreich das Gegenteil zutrifft.

Auf EU-Ebene ist die Langzeitarbeitslosigkeit, seit sie 1995 mit 4,9 % ihren Hoechststand erreichte, nach und nach auf 3 % (2002) gesunken, wobei der auffallendste Rückgang in Irland und Spanien verzeichnet wurde: Zwischen 1995 und 2002 konnte Spanien seine Langzeitarbeitslosigkeit auf knapp 4 % senken und damit mehr als halbieren, während sie in Irland von 8 % auf 1,3 % sank.

Abbildung 8. Langzeitarbeitslosigkeit 1995 und 2002

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Quelle: Eurostat, EU-Arbeitskräfteerhebung

Einer Beschäftigung nachzugehen ist die mit Abstand wirksamste Methode, die eigene Person gegen die Gefahr der Armut und sozialen Ausgrenzung abzusichern. Dies wird durch das Zahlenmaterial in Abbildung 9 klar belegt, wonach im Jahr 2002 in der EU nur 7 % der erwerbstätigen Bevölkerung (und 6 % der Angestellten), aber 38 % der Arbeitslosen und 25 % der nicht erwerbstätigen Personen unterhalb der Armutsgrenze lebten. In Irland, Italien und dem Vereinigten Königreich ist jeder zweite Arbeitslose von Armut bedroht. In Griechenland und Irland besteht für Personen im Ruhestand, in Dänemark, Irland und dem Vereinigten Königreich für andere wirtschaftlich inaktive Personen ein besonders großes Armutsrisiko.

Abbildung 9. Armutsgefährdungsquote und häufigster Erwerbsstatus, 2001

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Quelle: Eurostat, ECHP-UDB, Stand Juni 2003

Obwohl die Erwerbstätigen dem Armutsrisiko weniger stark ausgesetzt sind als andere Statusgruppen, machen sie aufgrund der Tatsache, dass weite Teile der Erwachsenenbevölkerung erwerbstätig sind, einen großen Anteil der durch Armut gefährdeten Personen aus. In der EU ist rund ein Viertel der Menschen, die 16 Jahre oder älter und dem Armutsrisiko ausgesetzt sind, in Arbeit; in Luxemburg, den Niederlanden und Portugal liegt dieser Anteil bei 40 % und darüber. Den von Armut betroffenen Erwerbstätigen muss daher die Sorge der Politiker gelten. Niedriglöhne sind offensichtlich ein wichtiger Risikofaktor für Armut unter Erwerbstätigen, jedoch können mangelnde Qualifikation und der Verbleib in unsicheren und zudem häufig mit Teilzeitbeschäftigung verbundenen Arbeitsplätzen [8] ebenfalls zu Armut und einer unzureichenden Altersversorgung in der Zukunft führen. Andere, ebenso wichtige Faktoren haben mit der Familiensituation der Arbeitnehmer zu tun: Alleinerziehende oder Alleinverdiener in einem Haushalt mit Kindern sind dem Armutsrisiko natürlich besonders ausgesetzt (siehe Tabelle 14).

[8] Es deutet alles darauf hin, dass die selbständige Erwerbstätigkeit einen weiteren ,Risikofaktor" darstellt. Aufgrund der unvollständigen Erfassung gibt es jedoch keine Garantien für die Zuverlässigkeit der Angaben zum Einkommen der selbständig Erwerbstätigen.

Der Begriff der Armut trotz Arbeit bezieht sich nur teilweise auf die Situation von Einzelpersonen, da das Armutsrisiko auf Haushaltsebene gemessen wird. Das wirtschaftliche Wohlergehen von Arbeitslosen, Nichterwerbstätigen oder Niedriglohnempfängern hängt somit von dem von sämtlichen Mitgliedern ihres Haushalts beigesteuerten Gesamtbetrag ab. Daher wird Arbeitslosigkeit auf der Ebene der privaten Haushalte zunehmend als maßgeblicher Faktor für das Armutsrisiko anerkannt.

In der EU insgesamt lebte 2002 rund jeder Zehnte im Alter zwischen 18 und 59 Jahren in einem Haushalt ohne Erwerbstätige (Abbildung 10). Am höchsten war dieser Anteil in Belgien (14 %), gefolgt vom Vereinigten Königreich (11 %). In ausnahmslos allen Fällen besteht für Frauen eine größere Wahrscheinlichkeit als für Männer, in einem erwerbslosen Haushalt zu leben.

Es gibt gewisse Anzeichen für Fortschritte in diesem Bereich. Der Anteil der Erwachsenen im erwerbsfähigen Alter, die in Haushalten ohne Erwerbstätige leben, ist im Zeitraum 1995 bis 2002/2003 in den meisten Ländern zurückgegangen, wobei dieser Rückgang in Irland, den Niederlanden und Spanien besonders stark ausfiel.

Abbildung 10. In erwerbslosen Haushalten lebende Personen der Altersgruppe 18-59 Jahre, 2002

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Quelle: Eurostat, EU-Arbeitskräfteerhebung

Besonderer Anlass zu Besorgnis besteht, wenn Kinder in erwerbslosen Haushalten heranwachsen, denn das Fehlen eines erwerbstätigen Erwachsenen als Leitbild könnte sich als Faktor erweisen, der die schulischen Leistungen der Kinder und ihren späteren Erfolg auf dem Arbeitsmarkt beeinflusst. Der Anteil der Kinder in Haushalten ohne Erwerbstätige lag 2002 etwas über dem der Erwachsenen im Haupterwerbsalter (9,9 %), doch fallen hier die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern deutlicher aus. In Luxemburg leben noch nicht einmal 3 % der Kinder in erwerbslosen Haushalten, im Vereinigten Königreich dagegen mehr als 17 %.

In vielen Ländern ist der Anteil der Kinder, die in erwerbslosen Haushalten leben, gesunken, am deutlichsten in Irland und Spanien.

Abbildung 11. In erwerbslosen Haushalten lebende Kinder, 1995 und 2002

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Quelle: Eurostat, EU-Arbeitskräfteerhebung

Regionaler Zusammenhalt

Alle bisher betrachteten Indikatoren werden auf nationaler Ebene berechnet. Territoriale Unterschiede wirken sich indes nicht nur über Grenzen hinweg, sondern auch innerhalb der Länder aus. Eine klare Vorstellung vom Wesen und Ausmaß der Armut und der sozialen Ausgrenzung auf der subnationalen Ebene ist wichtig für die Konzipierung und Durchführung von Maßnahmen zu ihrer Überwindung. Besonders relevant mag es beispielsweise sein, zwischen ländlichen und städtischen Gebieten zu unterscheiden. Statistische Zuverlässigkeitserwägungen stehen jedoch bei den meisten allgemeinen Indikatoren der sozialen Ausgrenzung und Armut einer Aufschlüsselung nach Regionen entgegen. Zudem gibt es auf EU-Ebene keine einheitliche Definition von Regionen außer solchen, die auf administrativen oder politischen Kriterien beruhen (d. h. die NUTS-Einteilung).

Zur Messung des sozialen Zusammenhalts in den Regionen dient die Streuung (Variationskoeffizient) der Beschäftigungsquoten auf NUTS-2-Ebene. Am weitaus niedrigsten ist der regionale Zusammenhalt in Italien, gefolgt von Spanien (mit einigem Abstand). In Italien sind auch seit 1996 kaum Verbesserungen festzustellen, während in der EU insgesamt offenbar eine gewisse Annäherung der regionalen Beschäftigungsquoten stattgefunden hat. In Ziel-1-Regionen sind die Beschäftigungsquoten schneller gestiegen als in anderen: Zwischen 1996 und 2002 ist die Zahl der Beschäftigten in den ersteren um über 5 % gestiegen, in der übrigen EU um 4 %. Dennoch bleibt der Anteil der Erwerbstätigen an der erwerbsfähigen Bevölkerung in den Ziel-1-Regionen deutlich niedriger (2002: 56,2 %) als in anderen (66,7 %).

Der Zusammenhang zwischen Qualifikation und Armut bzw. sozialer Ausgrenzung

Das Fehlen grundlegender Kompetenzen und fachlicher Qualifikationen zählt zu den größten Hindernissen für die Eingliederung in die Gesellschaft. Dies gilt für eine zunehmend wissensbasierte Gesellschaft und Wirtschaft umso mehr. Daher nimmt die Gefahr zu, dass sich in der Gesellschaft eine neue Kluft auftut zwischen denjenigen, die Zugang zu lebenslangem Lernen haben, das ihrer Beschäftigung und Anpassungsfähigkeit, ihrer Persönlichkeitsentwicklung und ihrem staatsbürgerlichen Engagement förderlich ist, und denen, die weiterhin im Abseits stehen. ,Einen Europäischen Raum des lebenslangen Lernens schaffen" [9] stellt daher für eine Gesellschaft, die soziale Integration anstrebt, nach wie vor eine Hauptaufgabe dar.

[9] (KOM (2001) 678 endg.).

Die Angaben der Arbeitskräfteerhebung 2002/2003 belegen, dass ungefähr 19 % aller Jugendlichen zwischen 18 und 24 Jahren nur über geringe Bildung verfügten (d. h. über einen Abschluss der unteren Sekundarstufe oder darunter) und in den vier Wochen vor der Erhebung nicht an einer Bildungs-/Berufsbildungsmaßnahme teilgenommen hatten. Die Werte lagen zwischen 10 % oder darunter in Österreich, Finnland und Schweden und 41 % in Portugal. Bei jungen Männern ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie aus dem Bildungssystem mit einer geringen Qualifikation ausscheiden, in allen Ländern größer als bei jungen Frauen (Tabelle 20).

Die zeitlichen Tendenzen lassen sich durch eine Betrachtung der verschiedenen Personengruppen feststellen. Was den Anteil der Personen mit niedrigem Bildungsniveau angeht, so besteht ein auffallender Unterschied zwischen jungen Menschen (18 bis 24 Jahre) und Menschen im höheren Alter (Altersgruppe 65+, Tabelle 21): In der EU insgesamt besaßen nicht weniger als 70 % der letztgenannten Gruppe im Gegensatz zu den bereits erwähnten 19 % aller 18-24-Jährigen keine Bildung, die über die untere Sekundarstufe hinausging. Die größten Fortschritte wurden offenbar in den südeuropäischen Ländern registriert, die anfangs für mehr als 80 % der älteren Bevölkerungsgruppen einen niedrigen Bildungsstand vermeldeten.

Gesundheit

Im Bereich Gesundheit kann ein Indikator als Ausdruck des Gesundheitszustands und des allgemeinen Wohlergehens der Völker verstanden werden: die Lebenserwartung bei der Geburt (Tabelle 22). Dabei handelt es sich um einen komplexen Indikator, der mehrere Dimensionen einschließt, denn er gibt nicht nur über den Gesundheitszustand einzelner Personen Aufschluss, sondern auch über den Zugang zur medizinischen Versorgung und deren Inanspruchnahme sowie über sozioökonomische Faktoren im weiteren Sinne.

Für die EU-Bevölkerung ist eine hohe Lebenserwartung bei der Geburt kennzeichnend. Die nationalen Zahlenangaben schwanken zwischen knapp 77 Jahren (in Dänemark, Irland und Portugal) und 79 Jahren (Spanien, Italien und Schweden). Zwar liegt die Lebenserwartung der Frauen aufgrund der durchweg höheren Männersterblichkeit in allen Altersstufen ungefähr sechs Jahre über der der Männer, doch geht dieser Unterschied jetzt zurück, da die Lebenserwartung der Männer in den vergangenen zehn Jahren in den meisten Mitgliedstaaten stärker zugenommen hat als die der Frauen.

Allgemein wird anerkannt, dass ein schlechter Gesundheitszustand sowohl Ursache als auch Folge sozioökonomischer Schwierigkeiten im weiteren Sinne ist. Daher weisen Bevölkerungsgruppen mit geringerem Einkommen zumeist einen schlechteren allgemeinen Gesundheitszustand auf. Der Anteil der Personen, die ihre Gesundheit als schlecht bzw. sehr schlecht bezeichnen, ist in der Union insgesamt bei unterhalb der Armutsgrenze lebenden Menschen erheblich größer als bei den anderen (16 % bzw. 7 %), und das trifft auch für sämtliche Mitgliedstaaten zu (Tabelle 23).

2. KERNTENDENZEN UND NEUE AUFGABENSTELLUNGEN IM ERGEBNIS DER NAP (EINGLIEDERUNG)

Der Versuch, die derzeitigen Tendenzen in Anlehnung an die NAP (Eingliederung) zu bestimmen, wird erschwert durch das Fehlen neuerer Daten (selbst auf nationaler Ebene) und durch die sehr unterschiedlichen Ansätze, die in den analytischen Abschnitten gewählt wurden. Im Großen und Ganzen belegen jedoch die NAP (Eingliederung) für 2003 ein weniger optimistisches Klima für die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung als zu Zeiten der ersten nationalen Aktionspläne im Juni 2001. Die meisten Mitgliedstaaten befürchten, dass der derzeitige Konjunkturabschwung, der mit einem Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit und einer Verschlechterung der Beschäftigungsaussichten einhergeht, womöglich noch mehr Menschen der Gefahr von Armut und sozialer Ausgrenzung aussetzt und die Lage der bereits davon betroffenen weiter verschlimmert. Zwischen den einzelnen Ländern bestehen jedoch erhebliche Unterschiede. Ungeachtet der schwieriger gewordenen weltwirtschaftlichen Lage ist eine Reihe von Ländern, in denen noch relativ viele Menschen von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, recht zuversichtlich, dass die erfreulichen wirtschaftlichen Tendenzen, die seit kurzem verzeichnet werden, fortbestehen und zu einer Verringerung der Armut und sozialen Ausgrenzung beitragen werden (EL, E, IRL, I, UK). Andere verweisen zwar auf eine gewisse Zunahme der Belastungen, sind aber dennoch überzeugt, dass sie das relativ hohe Niveau der sozialen Eingliederung, das sie schon erreicht haben, aufrechterhalten und mit ihren bereits bestehenden weit entwickelten Systemen den gestiegenen Anforderungen gerecht werden können, wobei aber vielleicht den am stärksten gefährdeten Gruppen zusätzliche Aufmerksamkeit zuteil werden sollte (B, DK, FIN, L, NL, A, S). Einige andere Mitgliedstaaten erwecken dagegen einen pessimistischeren Eindruck und verweisen auf die Zunahme der Probleme, insbesondere im Zusammenhang mit der steigenden Arbeitslosigkeit (D, F, P).

In den vergangenen beiden Jahren haben mehrere Länder viel getan und ihre Anstrengungen in mehreren Bereichen verstärkt. Dadurch beginnen sich einige erfreuliche Tendenzen abzuzeichnen. Manche Länder (IRL, UK) sind in der Praxis vorangekommen, was die Anzahl der von dauerhafter Armut gefährdeten Personen betrifft. Deutliche Fortschritte sind auch bei der Verringerung der Kinderarmut festzustellen (IRL, UK).

Negativ schlagen eine Reihe von Tendenzen zu Buche, die anscheinend in mehreren Ländern immer stärker um sich greifen. Der Stand der Arbeitslosigkeit ist allgemein im Ansteigen begriffen. In einigen Ländern bestehen trotz erfreulicherer Entwicklungen bei der Arbeitslosigkeit noch immer relativ hohe Einkommensunterschiede (IRL, UK). Die Zahl derer, die von Mindesteinkommensregelungen abhängig sind, weist eine steigende Tendenz auf. Im Wohnraumbereich gibt es Anzeichen dafür, dass die Wartelisten für Sozialwohnungen länger geworden sind und dass die Zahl der Obdachlosen steigt. Obwohl die allgemeinen Gesundheitsstandards im Großen und Ganzen aufrechterhalten wurden, deutet einiges darauf hin, dass die Anzahl der psychischen und suchtbedingten Probleme gestiegen ist.

Die weit reichenden strukturellen Veränderungen, auf die im Gemeinsamen Bericht 2001 hingewiesen wurde, gelten noch immer als maßgebliche Faktoren, die - positive oder negative - Auswirkungen auf Armut und soziale Ausgrenzung haben. Dies sind:

- die großen strukturellen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt durch den raschen wirtschaftlichen Wandel und die Globalisierung;

- die schnelle Ausbreitung der wissensbasierten Gesellschaft und der Informations- und Kommunikationstechnik;

- die zunehmende Verschiebung der Bevölkerungspyramide nach oben, woraus sich ein höherer Altenquotient und größere Anforderungen an die Pflegedienste ergeben;

- die verstärkte Migration und zunehmende ethnische Vielfalt;

- die anhaltenden Veränderungen in den Haushaltsstrukturen mit immer mehr gescheiterten Ehen und Familien, einer wachsenden Anzahl von allein Erziehenden und einer Tendenz zur Entinstitutionalisierung des Familienlebens;

- eine Tendenz zu mehr Gleichheit von Männern und Frauen und insbesondere zu einer höheren Erwerbsbeteiligung der Frauen.

Die 2001 festgestellten Risikofaktoren, die mit Armut und sozialer Ausgrenzung in Zusammenhang gebracht wurden, haben sich auch in den Nationalen Aktionsprogrammen 2003 bestätigt. Es sind dies: langfristige Abhängigkeit von niedrigen/unzureichenden Einkommen, Langzeitarbeitslosigkeit, Arbeitsplätze mit geringen Qualifikationsanforderungen oder Nichterwerbstätigkeit, niedriges Ausbildungsniveau und Analphabetentum, Aufwachsen in einer sozial schwachen Familie, Behinderungen, gesundheitliche Probleme und schwierige Lebensverhältnisse, Leben in mehrfach benachteiligten Gebieten, unzureichende Wohnverhältnisse und Wohnungslosigkeit, Zuwanderung, ethnische Zugehörigkeit, Rassismus und Diskriminierung.

Während jedoch das Spektrum noch immer die gleichen Risiken und Hindernisse umfasst, zeichnen die nationalen Aktionsprogramme 2003 doch ein nuancierteres und komplexeres Bild, und bei einigen Ausgangssituationen wird deutlicher sichtbar als zuvor, dass ein besonders enger Zusammenhang zwischen ihnen und sozialer Ausgrenzung besteht: Leben in einem Haushalt ohne Erwerbslosen, unzureichendes Einkommen, Überschuldung, psychische Krankheiten, Alkohol- oder Drogenmissbrauch, Behinderung, Pflegebedürftigkeit, Asylbewerber, Flüchtlinge und Zuwanderer sowie Leben in benachteiligten Gebieten, ob in der Stadt oder auf dem Lande.

Was den Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit, Armut und sozialer Ausgrenzung angeht, sind drei Aspekte ganz besonders erwähnenswert. Da ist zum einen die gewachsene Einsicht, dass die Arbeitslosen keine homogene Gruppe bilden und dass die Ursachen für die Schwierigkeiten, die beim Zugang zum Arbeitsmarkt auftreten können, von Person zu Person sehr unterschiedlich ausfallen. Dies gilt insbesondere für die Langzeitarbeitslosen, die zumeist ein ganzes Bündel von nachteiligen Faktoren wie funktionellen Analphabetismus, veraltete Qualifikationen, mangelnde Sprachkenntnisse, Behinderungen bzw. einen schlechten Gesundheitszustand, Suchtverhalten oder zu lange Nichtteilnahme am Erwerbsleben mit sich herumtragen. Diese Faktoren können zu dauerhafter Ausgrenzung aus dem Arbeitsmarkt führen, sofern nicht rechtzeitige angemessene Unterstützung greift. Darüber hinaus können derartige Nachteile weiter verschärft werden durch negative objektive Faktoren wie Arbeitsplätzemangel, fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten, nicht vorhandene Verkehrsmittel, das Leben in einer Region mit hoher Arbeitslosigkeit, fehlenden Wohnraum, das Nichtvorhandensein offener und flexibler Lernmöglichkeiten, die den bestehenden Bedürfnissen und Interessen gerecht werden, Vorurteile und Diskriminierung (z. B. gegen Zuwanderer, ethnische Minderheiten, ehemalige Strafgefangene, Menschen mit Lernschwierigkeiten, Männer oder Frauen aus Gründen des jeweiligen Geschlechts). Zweitens finden sich deutlichere Hinweise auf die besondere Anfälligkeit von erwerbslosen Haushalten, aber auch auf die gewachsenen Armutsrisiken für Haushalte mit nur einem statt zwei Erwerbstätigen. Drittens wird wiederholt auf die Gefährdung vor allem von drei Gruppen hingewiesen: ältere männliche und weibliche Arbeitnehmer, deren Fachkenntnisse nicht mehr gefragt sind, junge Männer und Frauen der Altersgruppe 16-25 ohne Berufsabschluss oder anerkanntes Qualifikationsprofil sowie Zuwanderer und ethnische Minderheiten.

In Verbindung mit dem Zusammenhang zwischen unterem Einkommensbereich und Armut erhalten fünf Gesichtspunkte größere Aufmerksamkeit. Erstens deutet einiges darauf hin, dass selbst in den Ländern, in denen die Einkommen der ärmsten Schichten real angestiegen sind, dieser Anstieg langsamer erfolgt ist als in der übrigen Gesellschaft, sodass die relative Einkommensarmut womöglich sogar noch zugenommen hat (UK, IRL). Zweitens wird deutlicher auf das sehr hohe Risiko verwiesen, dem Personen ausgesetzt sind, die über längere Zeit von niedrigen Einkommen leben (FIN, UK). Drittens ist man in einigen Ländern sehr bestrebt, jede Zunahme der Armut trotz Arbeit zu vermeiden. Der vierte Aspekt betrifft die Anerkennung des Ausmaßes, in dem Überschuldung zur Armutsfalle werden kann (A, B, FIN, F, IRL und UK). In mehreren Ländern schließlich (z. B. UK, IRL, D, I, L, P und S) bereitet die Situation, dass Kinder in Familen mit geringen Einkommen aufwachsen, besondere Sorgen.

Auf die Bedeutung von Benachteiligungen im Bildungs- und Ausbildungsbereich als Hindernis für die soziale Eingliederung sowie für die wissensbasierte Wirtschaft und Gesellschaft war bereits unmissverständlich hingewiesen worden, doch werden in den neuen NAP drei Aspekte ganz besonders herausgestellt: Das sind erstens der funktionelle Analphabetismus nicht nur unter Schülern, sondern auch im gesamten Erwachsenenbereich (D, F), zweitens das spezielle Problem der Schulabbrüche (D, FIN, IRL, NL) und drittens die gewachsene Bedeutung lebenslangen Lernens und neuer grundlegender Kulturtechniken wie Aneignung von Lernfähigkeiten, Sprachen, soziale Kompetenzen, IKT und Unternehmergeist.

Im Zusammenhang mit schlechtem Gesundheitszustand und Behinderungen setzt sich die Erkenntnis durch, dass Charakter und Ausmaß des Risikos je nach Art der Behinderung sehr unterschiedlich ausfallen (S). Im Allgemeinen wird in den NAP mit mehr Nachdruck auf die besonders hohe Gefährdung durch Langzeitarmut und Ausgrenzung für Menschen mit Behinderungen hingewiesen (A, IRL, NL, DK).

Die höhere Gefahr von Armut und sozialer Ausgrenzung für Zuwanderer oder Angehörige ethnischer Minderheiten wird von vielen Mitgliedstaaten in ihren NAP 2003 wesentlich stärker herausgestellt, gleichzeitig jedoch auf den komplexen Charakter und die Unterschiedlichkeit der Situationen aufmerksam gemacht. Als besondere Aspekte werden in diesem Zusammenhang die Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche und beim Finden einer gut bezahlten Stellung (F, FIN, S,) und die bestehenden Hindernisse beim Zugang zu lebenslangem Lernen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Erlernen von Sprachen, genannt. Mehr Beachtung wird darüber hinaus den älteren Zuwanderern (D), den erzwungenen/arrangierten Eheschließungen, dem schlechteren Gesundheitszustand (S) und dem niedrigeren Bildungsniveau (NL, DK) geschenkt. In einigen NAP (IRL, S) kommen auch geschlechtsspezifische Unterschiede zur Sprache. Mehrere Mitgliedstaaten erwähnen die besonderen Probleme der Roma und vieler Fahrender (IRL). Einige Mitgliedstaaten (UK, S, F, FIN, B und IRL) stellen einen direkten Zusammenhang zwischen Diskriminierung und Fragen des sozialen Zusammenhalts her.

Insgesamt wird in den Nationalen Aktionsprogrammen 2003 die Notwendigkeit betont, stärker die Lage der Personen in Betracht zu ziehen, die gleich mehreren Gefährdungen bzw. einer ganzen Reihe von Problemen ausgesetzt sind, da sie in die Fänge der Armut und sozialen Ausgrenzung geraten könnten (S, FIN). Immer wieder erwähnt werden in diesem Zusammenhang die folgenden Gruppen: ehemalige Strafgefangene, Wohnungslose, Personen, die aus bestimmten Einrichtungen entlassen werden, Alkohol- und Drogenabhängige, psychisch Kranke und Prostituierte.

Eine wichtige Besonderheit der Nationalen Aktionsprogramme 2003 ist das besondere Augenmerk, das den regionalen und lokalen Varianten im Grad der Armut und sozialen Ausgrenzung sowie der Tatsache gilt, wie sich die Ursachen für Armut und soziale Ausgrenzung von einer Region zur anderen unterscheiden können (B, F). Vor allem herrscht ein Gegensatz zwischen den im Niedergang begriffenen Regionen, die von Abwanderung, hoher Arbeitslosigkeit und steigenden Altenquotienten betroffen sind (FIN, P), und den Überlastungsproblemen in den aufstrebenden Regionen, in denen Wohnungsprobleme stärker im Vordergrund stehen. Ebenfalls angesprochen wird die Frage der ländlichen Randgebiete mit ihrer alternden Bevölkerung, ihrem mangelhaften Leistungsangebot und höheren Altenquotienten (IRL, EL, P, UK). Immer wieder werden die besondere Konzentration von Armut und die Mehrfachbenachteiligung in bestimmten Stadtvierteln erwähnt. In diesem Zusammenhang wird auf das Problem des rückläufigen Sozialkapitals verwiesen. In Gemeinwesen, die Mehrfachbenachteiligungen ausgesetzt sind, kam es häufig zu einer Verkümmerung der Beziehungsnetze, Unterstützungssysteme und Organisationen, die die aktive Teilhabe der Menschen an dem Geschehen in dem Gemeinwesen, in dem sie leben, fördern und die notwendige Elemente einer starken und lebendigen Zivilgesellschaft sind.

Ebenfalls stärker beachtet wird in den Nationalen Aktionsprogrammen 2003 die wichtige Rolle, die geschlechtsbedingte Unterschiede im Zusammenhang mit Armut und sozialer Ausgrenzung spielen können. Weniger klar ist jedoch, ob dies Ausdruck tatsächlich stärkerer Auswirkungen der Geschlechtszugehörigkeit ist oder lediglich einer stärkeren Sensibilisierung für diese Frage. Besonders thematisiert wird die Geschlechterproblematik, wenn allein erziehende Elternteile, häusliche Gewalt und die durch flexible Arbeitsregelungen und niedrigere Rentenansprüche verursachten Probleme zur Sprache kommen. Auch bei den am stärksten benachteiligten Personengruppen wird auf die geschlechtsspezifischen Unterschiede verwiesen, beispielsweise bei Wohnungslosen, ehemaligen Strafgefangenen und Alkohol- und Drogenabhängigen (DK).

Die Anerkennung des Ausmaßes, in dem Armut und soziale Ausgrenzung von einer Generation zur nächsten weitergereicht werden können, ist kein Novum der NAP 2003. Doch wird zunehmend erkannt, in welchem Maße Personen, die in Armut aufwachsen, Gefahr laufen, die nächste Generation der Armen und Arbeitslosen zu stellen. Die Art und Weise, in der die Weitergabe der Armut von Generation zu Generation stattfindet, und die speziellen Dimensionen der Kinderarmut, die es aufzugreifen gilt, damit dieser Kreislauf aufgebrochen werden kann, finden jedoch heute stärkere Beachtung.

Eine weitere wichtige Dimension von Armut und sozialer Ausgrenzung, der heute größeres Augenmerk gilt, ist der Weg in die Armut und aus ihr heraus. Einigen Nationalen Aktionsprogrammen (Eingliederung) zufolge kommt es darauf an, besser zu verstehen, was manche Menschen dauerhaft in die Armut abgleiten lässt oder weshalb manche wieder und wieder in Armut geraten, während andere (die Mehrheit) womöglich nur relativ kurze Zeitspannen in Armut verbringen.

Die größten Herausforderungen

Die übergreifende Herausforderung für die öffentliche Politik, die sich für die Mitgliedstaaten aus den NAP ergibt, besteht in der engen Verknüpfung der Strategien für die Bereiche Wirtschaft, Beschäftigung, lebenslanges Lernen, Kultur und Sozialpolitik. Außerdem ist dafür Sorge zu tragen, dass die Vermeidung und Beseitigung von Armut und sozialer Ausgrenzung zur Querschnittsaufgabe für all diese Bereiche wird. Wenn ein integrierter und koordinierter Ansatz zur Ausmerzung von Armut und sozialer Ausgrenzung gefunden werden soll, ist dies das A und O. Klar ist auch, dass Länder, die einen Sozialschutz auf hohem Niveau mit hochleistungsfähigen Volkswirtschaften und einem dauerhaft hohen Beschäftigungsniveau verbinden, am ehesten in der Lage sind, von sozialer Eingliederung geprägte Gesellschaften aufrechtzuerhalten. Wirksame Strategien für Bereiche wie Sozialschutz, lebenslanges Lernen, Gesundheit, Wohnungswesen, Verkehr sowie Kultur, Sport und Freizeit, die erschwingliche Leistungen für alle bieten, sind dabei entscheidend. Für sozial Schwache muss diese universelle Bereitstellung von Diensten jedoch oft durch gezielte und maßgeschneiderte Unterstützungsmaßnahmen ergänzt werden, die ihnen helfen, ihre speziellen Hindernisse für die Teilhabe am öffentlichen Leben zu überwinden.

Im ersten Gemeinsamen Bericht wurden acht große Herausforderungen genannt, denen sich alle Mitgliedstaaten - die einen mehr, die anderen weniger - stellen müssen. Eine Analyse der NAP 2003 und auch die im vorangegangenen Abschnitt vorgenommenen Überlegungen deuten darauf hin, dass sie für die Mitgliedstaaten weiterhin einen stabilen Rahmen darstellen. Jedoch haben einige Aspekte dieser Herausforderungen mittlerweile größeres Gewicht erlangt.

Schaffung eines integrativen Arbeitsmarkts und Förderung der Beschäftigung als Recht und Möglichkeit für alle Bürger: Alle Mitgliedstaaten sind sich einig über die Bedeutung der Erwerbstätigkeit für die Verhinderung und Überwindung von Armut. Hierzu gibt es ein breites Spektrum an Konzepten und Ansätzen, von denen viele auch in die jeweiligen NAP (Beschäftigung) eingeflossen sind. Besonderes Augenmerk in den NAP (Eingliederung) gilt jedoch der Aufgabe, Maßnahmen zur maßgeschneiderten individuelle Förderung der Personen zu entwickeln, die am stärksten benachteiligt sind und die geringsten Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben (wie z. B. Zuwanderer, ehemalige Strafgefangene, Personen, die aus bestimmten Einrichtungen entlassen wurden, oder Menschen mit Behinderungen). Darüber hinaus wird die Notwendigkeit unterstrichen, der Lage von Haushalten ohne Erwerbstätige und arbeitslosen Jugendlichen ohne fachliche Grundvoraussetzungen oder Berufsabschlüsse besondere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.

Ausreichendes Einkommen und ausreichende Ressourcen für ein menschenwürdiges Leben: Zwar ist die Erwerbstätigkeit für die meisten Menschen der Hauptweg zur Sicherstellung eines angemessenen Einkommens, doch stellt die Bedeutung wirksamer Einkommenshilferegelungen für Personen, die nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen, bzw. aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind, weiterhin eine zentrale Herausforderung dar. In dieser Hinsicht müssen einige Mitgliedstaaten künftig stärker in die Pflicht genommen werden. Als sehr wichtig gilt darüber hinaus eine enge Verknüpfung der Einkommenshilfen mit Strategien zur Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt und zur Überwindung der langfristigen Abhängigkeit. Außerdem muss sichergestellt werden, dass die Steuer-, die Einkommenshilfe- und die Mindestlohnpolitik exakt ineinander greifen und dafür sorgen, dass sich Arbeit auch lohnt, um die Menschen aus der Armut zu befreien.

Beseitigung von Nachteilen auf der Ebene der Bildung mittels Prävention und Möglichkeiten für lebenslanges Lernen: Im Rahmen dieses Gesamtkomplexes treten derzeit vier spezielle Herausforderungen besonders zutage: Erarbeitung koordinierter und integrierter Maßnahmen, um zu verhindern, dass Jugendliche die Schule ohne Abschluss verlassen; Lernmöglichkeiten für all jene, die unter funktionellem Analphabetismus leiden; Erweiterung des Zugangs zu lebenslangem Lernen für alle Randgruppen unter besonderer Beachtung älterer Arbeitnehmer, der Überalterung der Gesellschaft und der besonders von Ausgrenzung bedrohten Gruppen; verstärkte Konzentration auf den Erwerb von Bildung im frühen Kindesalter sowie frühzeitige und flexible individuelle Förderung im Rahmen der gesamten regulären allgemeinen und beruflichen Bildung (einschließlich Hochschulen), um auf diese Weise den Teufelskreis der Benachteilung im Bildungsbereich zu sprengen und Türen zu öffnen, durch die lebenslang ,zweite Chancen" wahrgenommen werden können. Wichtig ist auch die Einsicht, dass lebenslanges Lernen nicht nur wichtig ist, um den Weg ins Erwerbsleben zu erleichtern. In Anbetracht der Tatsache, dass mehr als 50 % aller Menschen über 25 Jahre außerhalb des Arbeitsmarktes stehen, sollte auch mehr getan werden, um die Menschen auf ein sinnvolles Leben in Würde außerhalb des Arbeitsmarktes vorzubereiten. Mangelnde Kenntnisse werden Männern wie Frauen bei der Haushaltsführung, bei der Wahrnehmung elterlicher Pflichten, beim Umgang mit Geld oder Schulden, in Bezug auf Gesundheitsrisiken im Haushalt und sachkundige Pflege von Kranken und alten Menschen sowie in den Bereichen Kultur und staatsbürgerliches Engagement nachgesagt. Da diese äußerst wichtigen Kompetenzen weder durch die Schulen noch in der Familie zuverlässig vermittelt werden, stellt sich eindeutig die neue Herausforderung, allen Menschen Möglichkeiten für ein lebenslanges Lernen zu bieten.

Erhalt der Solidarität innerhalb der Familie, verbunden mit Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern und Schutz der Rechte des Einzelnen, der Zuwendungen für Familienmitglieder und der Rechte des Kindes: Die Veränderung des Charakters der Familie und ihre Auswirkungen auf die Gewährleistung von Unterstützung und Fürsorge gelten in mehreren Mitgliedstaaten als besonders wichtiges Anliegen. In nahezu allen Mitgliedstaaten besteht nach wie vor das Problem, dass allein Erziehende und kinderreiche Familien stärker von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind als andere. Da die Gefährdung dieser Gruppen sogar zugenommen hat, wird auch betont, wie wichtig es ist, in Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten weiterhin für eine gerechte Lastenverteilung zu sorgen. Weitgehend anerkannt wird auch die Tatsache, dass es den Kreislauf der Kinderarmut zu durchbrechen gilt, wenn Armut und soziale Ausgrenzung langfristig zurückgedrängt werden sollen. In allen Plänen wird die Bedeutung anerkannt, die ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Erwerbs- und Familienleben für Familien hat. In diesem Zusammenhang wird auch darauf verwiesen, dass Bezieher niedriger Einkommen in den Genuss von Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf kommen sollten. Häufig heißt es, es komme darauf an, besonders hilfsbedürftigen Familien Hilfestellung zu geben und vor allem gegen häusliche Gewalt vorzugehen.

Gute Wohnmöglichkeiten für alle: Die Erarbeitung ganzheitlicher Konzepte, die die Obdachlosigkeit verringern und ihr vorbeugen, scheint zunehmend zum gemeinsamen Anliegen der Mitgliedstaaten zu werden. Darüber hinaus bringt der wirtschaftliche Wandel neue Belastungen im Wohnbereich mit sich, und einige Mitgliedstaaten sehen sich mit der Notwendigkeit konfrontiert, in einigen Städten mehr erschwinglichen Wohnraum bereitzustellen, um der immer länger werdenden Wartelisten für Sozialwohnungen und der Überbelegung von Wohnraum Herr zu werden. Eine besondere Herausforderung besteht in der Anerkennung der Tatsache, dass der Markt nicht dem gesamten Wohnraumbedarf von sich aus gerecht wird und dass einige Gruppen wie beispielsweise Behinderte oder Zuwanderer mit besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen haben.

Gleicher Zugang zu Qualitätsdienstleistungen (Gesundheit, Verkehr, Sozialwesen, Pflege, Kultur, Freizeiteinrichtungen, Rechtsdienste): Die gesicherte Erbringung angemessener Qualitätsdienstleistungen, die allen Bürgern offen stehen und für alle erschwinglich sind, zählt für einige Mitgliedstaaten weiterhin zu den größten Herausforderungen. Eine neue Betonung erfährt in vielen NAP insbesondere die schwierige Aufgabe, vor allem Menschen im fortgeschrittenen Alter und psychisch Kranken einen besseren Zugang zu Gesundheitsleistungen und Pflegediensten zu bieten, aber auch die Bedeutung des Zugangs zu Verkehrsangeboten. Nicht zu übersehen ist auch die Notwendigkeit, dem Zugang zur Kultur sowohl als Kerndimension der sozialen Eingliederung als auch als Beitrag zur Überwindung der sozialen Ausgrenzung zu mehr Gewicht zu verhelfen.

Verbesserung der Dienstleistungen: Die flexible Erbringung von Dienstleistungen, die den örtlichen Erfordernissen und den individuellen Bedürfnissen gerecht wird und dem speziellen Bedarf ausgegrenzter Gruppen und Gemeinschaften Rechnung trägt, ist für alle eine Herausforderung. Für einige Mitgliedstaaten besteht die Aufgabe darin, in Zeiten rückläufiger Konjunktur an einem guten Leistungsangebot festzuhalten, während andere bei knappen Ressourcen weiter in die Entwicklung und die Qualität der Leistungen investieren müssen. Es wird immer schwieriger, einkommensschwachen Familien den gleichen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Strom, Wasser und Verkehr zu garantieren, wenn ringsum eine zunehmende Liberalisierung dieser Grundversorgung erfolgt. Eine gemeinsame Herausforderung besteht in einer besseren Verfügbarkeit, einer wesentlich engeren Koordinierung und einem stärkeren Austausch von Informationen zwischen den verschiedenen Leistungsarten und den unterschiedlichen Verwaltungsebenen. Auf diese Weise wird eine Mehrzwecknutzung und bessere Abstimmung der Unterstützungsleistungen von Anfang an erleichtert. Im Rahmen der in einigen Mitgliedstaaten stattfindenden zunehmenden Akzentverschiebung hin zu gezielten oder maßgeschneiderten Leistungsangeboten für gefährdete Personen sollte vermieden werden, dass die Betreffenden auf Dauer aus den allgemeinen Regelungen herausfallen - etwa durch gesonderte allgemein- oder berufsbildende ,Maßnahmen". Dies ließe sich bewerkstelligen, indem dafür gesorgt wird, dass alle öffentlichen Einrichtungen die soziale Eingliederung in ihre eigenen Konzepte, ihre Verwaltungstätigkeit und ihre Verfahren einbeziehen und damit ihre gemeinsame soziale Verantwortung demonstrieren.

Sanierung von mehrfach benachteiligten Gebieten: Partnerschaften vor Ort zwischen allen Beteiligten und die Erarbeitung integrierter wirtschaftlicher, sozialer und beschäftigungsspezifischer Lösungswege für das Problem der Mehrfachbenachteiligung bestimmter Kommunen stellen eine Herausforderung dar, der sich viele zu stellen haben. Besonderes Augenmerk gilt in dabei auch der Aufgabe, Sozialkapital neu zu erzeugen sowie über kommunale Entwicklungsmaßnahmen und Ansätze unter dem Motto ,lernende Städte und Regionen" oder ,soziale Städte", die die Menschen zur Änderung ihres Lebens zu befähigen helfen, die Ortsansässigen selbst zu mobilisieren. Eine besondere Herausforderung im Rahmen des Sanierungsprozesses stellen die Bekämpfung von Kriminalität und die Eindämmung des Drogenmissbrauchs dar. Auffällig ist indes, dass das Thema der städtischen Quartiere mit Mehrfachnachteilen gut abgedeckt ist, die Probleme Armut und soziale Ausgrenzung in ländlichen Gebieten von nur wenigen Mitgliedstaaten angegangen werden. Diese wenigen betonen die Notwendigkeit multidimensionaler und integrierter Konzepte, die sich mit dem ganzen Problemspektrum auseinandersetzen, etwa der Landflucht, die zu Bevölkerungsrückgang und alternden Bewohnern führt, schrumpfende wirtschaftliche Grundlagen mit begrenzten Beschäftigungsmöglichkeiten, kleine nicht überlebensfähige Bauernhöfe, niedrige Einkommen und Abhängigkeit von der Sozialhilfe, Nichtverfügbarkeit bzw. Reduzierung wichtiger Dienstleistungen. Dieser Bereich verdient bei der Weiterentwicklung des Eingliederungsprozesses verstärkte Aufmerksamkeit.

Sechs Kernpunkte

Aus der vorstehenden Analyse ist deutlich geworden, dass eine wirksame Strategie zur spürbaren Eindämmung von Armut und sozialer Ausgrenzung einen mehrdimensionalen Langzeitansatz erforderlich macht, der insbesondere die soeben genannten acht zentralen Herausforderungen berücksichtigt. In Anbetracht der anhaltenden Unsicherheit des weltwirtschaftlichen und politischen Klimas sind die Mitgliedstaaten jedoch gehalten, in den nächsten zwei bis drei Jahren den sechs nachstehenden Kernpunkten besondere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Sie sind besonders wichtig, wenn mit unverändertem Elan auf das Ziel von Lissabon hingearbeitet werden soll, bis 2010 bei der Überwindung von Armut und sozialer Ausgrenzung einen entscheidenden Schritt voranzukommen, und wenn die am stärksten Gefährdeten nicht unverhältnismäßig stark unter der Konjunkturabschwächung oder den Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung leiden sollen.

1. Förderung von Investitionen in - zum Teil maßgeschneiderte - aktive Arbeitsmarktmaßnahmen, mit denen den Bedürfnissen derer entsprochen werden soll, denen der Zugang zum Arbeitsmarkt die größten Schwierigkeiten bereitet, und bessere Verknüpfung von Sozialschutz, lebenslangem Lernen und Arbeitsmarktpolitik, damit sich diese in ihrer Wirkung gegenseitig verstärken.

2. Gewährleistung angemessener Sozialschutzsysteme einschließlich Mindest einkommensregelungen, die allen ein für ein menschenwürdiges Leben hinreichendes Einkommen sichern und denen, die arbeiten können, wirksame Arbeitsanreize bieten.

3. Erweiterung des Zugangs der sozial Schwächsten und der am stärksten durch soziale Ausgrenzung Gefährdeten zu angemessenen Wohnverhältnissen, hochwertigen Gesundheitsleistungen und Pflegeleistungen sowie zu speziellen wie auch regulären allgemeinen Möglichkeiten für lebenslanges Lernen, kulturelle Aktivitäten eingeschlossen.

4. Konzertierte Maßnahmen zur Verhinderung des vorzeitigen Abbruchs des Besuchs von Schulen und anderen Einrichtungen der regulären allgemeinen und beruflichen Bildung und Bewältigung des Dauerproblems der geringen Einstellungschancen von Jugendlichen, die mit geringer Qualifikation von der Schule abgehen.

5. Überwindung der Kinderarmut als wichtiger Schritt zur Bekämpfung der Weitergabe der Armut von Generation zu Generation, vor allem durch früh einsetzende Maßnahmen und Bildungsinitiativen, in deren Rahmen die betreffenden Kinder und armen Familien ermittelt und unterstützt werden.

6. Konzertierte Maßnahmen zur Zurückdrängung von Armut und sozialer Ausgrenzung und zur Anhebung der Erwerbsbeteiligung von Zuwanderern und ethnischen Minderheiten auf ein ähnliches Niveau wie bei der Mehrheitsbevölkerung.

Bei der Umsetzung dieser Kernpunkte kommt es darauf an, dass die Mitgliedstaaten integrierte und koordinierte Strategien auf lokaler und regionaler Ebene verfolgen. Dies gilt insbesondere für mehrfach benachteiligte Gemeinwesen. Im Rahmen dieser Strategien gilt es die jeweiligen Konzepte an die Situation vor Ort anzupassen, die Mobilisierung und Einbeziehung sämtlicher Akteure zu fördern sowie besser zugängliche und hochwertige Dienstleistungen für mittellose und sozial ausgegrenzte Personen zu gewährleisten. Darüber hinaus ist bei all diesen Kernpunkten unter dem Gesichtspunkt der Förderung der Chancengleichheit die Gleichstellung von Mann und Frau sicherzustellen.

3. STRATEGISCHE ANSÄTZE (UND ZIELE) IN DEN NAP (EINGLIEDERUNG)

Die Mitgliedstaaten erarbeiten ihre Nationalen Aktionspläne vor allem deshalb, weil sie eine Möglichkeit haben möchten, ihre Konzepte und Programme zu überprüfen und weiter auszubauen und dabei einen neuen Grad an Wirksamkeit zu erreichen. Sie stellen sich dieser Aufgabe von ganz unterschiedlichen Ausgangspositionen her, und zwar sowohl in Bezug auf den Grad der Armut und sozialen Ausgrenzung als auch auf ihre höchst verschiedenen Wohlfahrtstraditionen und ihre voneinander abweichenden staatlichen Rahmenbedingungen. Deutliche Unterschiede bestehen zwischen den Mitgliedstaaten auch darin, wie sehr sie sich bei der Entwicklung von Strategien und Programmen bereits auf den Zugang zu Rechten, auch sozialen Rechten, als Kernprinzip stützen. All diese Faktoren wirken sich auf den Ansatz aus, den sie für die Ausarbeitung eines NAP wählen. Dabei lässt sich in mehreren NAP (Eingliederung) 2003 feststellen, dass die Mitgliedstaaten zunehmend den Rahmen, in den die Gemeinsamen Ziele eingebettet sind, übernehmen und ihn einem auf die eigenen Bedingungen zugeschnittenen Plan zugrunde zu legen, der stärker den nationalen Traditionen der Politikgestaltung entspricht. In gewissem Grade kann diese ,nationale Ausprägung" der Pläne als positiver Schritt gesehen werden, der die Einbindung in die allgemeine Politik des betreffenden Landes erleichtert. Dabei besteht jedoch die Gefahr, dass einige wichtige Dimensionen der Armut und sozialen Ausgrenzung, die in den Gemeinsamen Zielen enthalten sind, vernachlässigt werden.

Welchen Ausgangspunkt die Mitgliedstaaten auch immer wählen mögen, so steht doch fest, dass die Aufstellung wirksamer strategischer Pläne für die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung vor dem Hintergrund der von allen Mitgliedstaaten vereinbarten gemeinsamen Zielvorstellungen drei entscheidenden Anforderungen gerecht werden müssen:

- Die Pläne müssen erstens umfassend und mehrdimensional sein - sie sollten also all die verschiedenen politischen Bereiche umfassen (Wirtschaft, Beschäftigung, Sozialbereich und Kultur), die sich auf das Leben der Menschen auswirken, und sicherstellen, dass ihre Maßnahmen und Konzepte für diese verschiedenen Bereiche möglichst aufeinander abgestimmt sind und sich auf diese Weise in ihrer Wirkung gegenseitig verstärken.

- Zweitens müssen die Pläne in sich schlüssig und logisch aufgebaut sein, was bedeutet, dass zunächst eine gründliche Standortbestimmung erfolgt, dann klare Zielvorgaben und Prioritäten bestimmt und im Anschluss daran spezielle Maßnahmen zur Umsetzung dieser Ziele vorgeschlagen werden.

- Drittens müssen sie klare Ziele abstecken, die es zu erreichen gilt, wenn sich nennenswerte Fortschritte in Richtung auf das Erreichen des Gesamtziels - Beseitigung der Armut - einstellen sollen.

Der nun folgenden Bewertung eines jeden dieser drei Bereiche wurden nicht die Systeme in den einzelnen Mitgliedstaaten, sondern die NAP zugrunde gelegt.

Mehrdimensionaler Ansatz

In den Nationalen Plänen wird zumeist der mehrdimensionale Charakter der Armut und sozialen Ausgrenzung hervorgehoben. In welchem Maße dann jedoch der nächste Schritt erfolgt und das in den Gemeinsamen Zielen aufgeführte breite Spektrum an Politikbereichen umfassend und ganzheitlich behandelt wird, ist von Land zu Land höchst unterschiedlich.

Manche Länder haben in der Praxis zunächst die Erarbeitung eines mehrdimensionalen Ansatzes zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung in Angriff genommen. Beispielsweise entwickelt Belgien in dem Versuch, Maßnahmen für spezielle Bereiche (Recht, Kultur, allgemeine und berufliche Bildung, Sport und Freizeit, Familienpolitik) zu verabschieden und sich den Problemen der sozial Schwächsten (Wohnungslose, bei Pflegeeltern oder in Heimen lebende Kinder, Opfer von Menschenhandel, Analphabeten) zu stellen, einen echten mehrdimensionalen Ansatz zur sozialen Eingliederung. Der französische Plan ist ebenfalls recht breit angelegt und enthält ein weites Spektrum von Aktivitäten in den unterschiedlichen Politikbereichen, die Auswirkungen auf die soziale Eingliederung haben. Allerdings ist vom Ineinandergreifen und Zusammenspiel dieser Aktivitäten wenig zu erkennen. Der irische Plan bietet ebenfalls einen ausgewogenen und weit reichenden strategischen Ansatz. In ihm wird zwar die Erwerbstätigkeit als der wichtigste Weg, der aus der Armut herausführt, gesehen, gleichzeitig aber auch anerkannt, dass nicht jedermann den Arbeitsmarkt als Ausweg aus der Armut nutzen kann. Daher wird eine Reihe von Zielvorgaben für die Bereitstellung angemessener Einkommenshilfestrukturen formuliert, und für bestimmte Gruppen mit besonderen Schwierigkeiten (Behinderte, Fahrende, ehemalige Strafgefangene, Wohnungslose, Zuwanderer und ethnische Minderheiten) werden spezielle Programme aufgelegt. Das Vereinigte Königreich verfolgt eine weit reichende und umfassende Strategie zur Auseinandersetzung mit Problemen der Armut und sozialen Ausgrenzung. Sie basiert auf besseren Erwerbsmöglichkeiten sowie längerfristigen Investitionen in die öffentlichen Dienstleistungen mit dem Ziel, die Qualität dieser Dienstleistungen zu verbessern. Zu den Hauptzielen zählt die Ausmerzung der Kinderarmut. Portugal hat sich für eine ganzheitliche Strategie entschieden, die sich von bestimmten Grundsätzen der Umsetzung leiten lässt, von der Förderung strategischer Querschnittsbereiche ausgeht und auf einer recht gründlichen Analyse der Haupttendenzen der Armut und sozialen Ausgrenzung beruht. Ein übergeordnetes Ziel besteht darin, dass Portugal innerhalb einer Generation den Rückstand gegenüber anderen europäischen Ländern aufholt. Griechenland betrachtet den Sozialschutz als einen Baustein der Gesamtentwicklung. Es verknüpft, insbesondere auf dem Gebiet des Wirtschaftswachstums und Strukturwandels, die allgemeine Politik mit dem Ziel, die Sozialausgaben auch in Zukunft nicht minder rasch ansteigen zu lassen, und entwickelt parallel dazu besondere Konzepte für den Umgang mit Problemen der Armut und sozialen Ausgrenzung.

In anderen Ländern werden der mehrdimensionale Charakter der Armut und sozialen Ausgrenzung und die Vorgabe von Zielen in einer Strategie gebündelt, die über die Festsetzung begrenzter und angemessener politischer Zielvorgaben eine wirksame Eingliederungspolitik anstrebt. Während viele Maßnahmen vorgesehen werden, die dem weiteren Ausbau und der Stärkung eines universellen sozialen Sicherungssystems dienen, gibt es auch Aktivitäten für spezielle Bereiche und Versuche zur Bewältigung der Probleme der sozial Schwächsten. Was das angeht, haben offenbar die Neufassung der gemeinsamen Ziele und das Gemeinsame Konzept für die Aufstellung der NAP zu einem gründlichen Nachdenken über Schwerpunktgruppen wie Wohnungslose, Behinderte, Zuwanderer und ethnische Minderheiten, bei Pflegeeltern oder in Heimen lebende Kinder sowie Analphabeten geführt. Der deutsche Plan beruht auf dem multidimensionalen Ansatz, der in dem ersten Armutsbericht 2001 propagiert wurde. Seine Zielvorstellungen bewegen sich im Rahmen der politischen Zielvorgabe, über lebenslanges Lernen, die Beschäftigungspolitik, ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Beruf und Privatleben sowie angemessene Sozialschutzleistungen eine aktivere Teilhabe aller Bürger am öffentlichen Leben zu erreichen. Luxemburg unterscheidet fünf Aktionsfelder, die sich aus den vier Zielen von Nizza ergeben und für die allgemeinen Zielvorstellungen seines strategischen Rahmens stehen: Mobilisierung und Teilnahme am Erwerbsleben; Vereinbarkeit von Familienleben und Beruf; Zugang zu Wohnraum; Stärkung des Mechanismus zur Erkämpfung der sozialen Eingliederung von Jugendlichen unter 25 Jahren sowie Zugang der sozial Schwachen zu Ressourcen, Rechten und Dienstleistungen. Der finnische Plan untersetzt die gemeinsamen Ziele durch eine Reihe konkreter Maßnahmen, mit denen vor allem das Gesamtsystem verbessert werden soll. Gleichzeitig werden die zielgerichteten speziellen Aktivitäten verstärkt. Schweden hält sich an einen Mainstreaming-Ansatz, der das allgemeine Ziel, die gesamte Bevölkerung in ein flächendeckendes System der sozialen Sicherung und medizinischen Versorgung einzubeziehen (und zielgruppenorientierte Systeme zu vermeiden), mit verstärkter Beachtung der Tatsache verbindet, dass die volle Integration der sozial am stärksten benachteiligten Gruppen in das reguläre System sichergestellt werden muss.

Einige andere Länder, von denen einige über universelle Wohlfahrtsysteme verfügen und andere nicht, praktizieren einen stärker individualisierten Ansatz für die am stärksten gefährdeten Gruppen bzw. auf der Grundlage einer Analyse ihrer speziellen Situation und der zu bewältigenden Aufgaben. Dänemark hat es sich in seinem ersten Plan zum Hauptziel gemacht, den Arbeitsmarkt integrativer zu gestalten, was über eine verstärkte Hinwendung zu den am meisten benachteiligten Gruppen (Drogenabhängige, Familien mit Alkoholproblemen, psychisch Kranke, Wohnungslose und Prostituierte) geschehen soll. Im Mittelpunkt der sozialpolitischen Konzepte in Spanien stehen weiterhin zumeist spezielle Gruppen. Dadurch konnten die Leistungsempfänger hochgradig in die Planungs- und Durchführungsphasen einbezogen werden, jedoch wird die Einführung eines stärker integrativ ausgerichteten Ansatzes hierdurch erschwert. Der strategische Ansatz Italiens lehnt sich an das Weißbuch zur sozialen Sicherung an, in dem zwei Hauptthemen herausgestellt werden: die demografische Situation (Auswirkungen der niedrigen Geburtenrate in Verbindung mit dem hohen Alterungsquotienten) und die Rolle der Familie als Grundpfeiler des italienischen Sozialmodells. Die Niederlande ziehen eine schärfere Trennlinie zwischen Armut und sozialer Eingliederung und konzentrieren sich mehr auf die sozial schwächsten Gruppen, für deren Ermittlung ein innovatives Gefährdungsmodell entwickelt worden ist. Der österreichische Plan geht davon aus, dass eine Reihe spezieller Gruppen, auf die ein oder mehrere Risikomerkmale zutreffen, ganz besonders von sozialer Ausgrenzung und Armut bedroht sind.

Ungeachtet deutlicher Fortschritte, mangelt es in mehreren wichtigen Bereichen an einem umfassenden und strategischen Ansatz, insbesondere im Zusammenhang mit dem Zugang zu lebenslangen Lernmöglichkeiten, dem Zugang zur Kultur und dem Zugang zu Verkehrsmitteln und zur ,eInclusion". Tatsächlich schlägt sich die bedeutsame und wichtige Arbeit, die an der Basis häufig geleistet wird, vielfach nicht ausreichend nieder. Das Potenzial, das eine Schwerpunktsetzung auf den Zugang zu sozialen Rechten und deren Interdependenz bergen kann, wird an manchen Plänen, etwa denen von Belgien und Frankreich, deutlich. Es besteht hier jedoch noch Entwicklungsbedarf. In diesem Zusammenhang sind die jüngsten Arbeiten des Europarates zur Frage, wie sich der Zugang zu sozialen Rechten verbessern lässt, eine gute Hilfestellung.

Ein schlüssiger und planmäßiger Ansatz

Bei der Beurteilung dessen, inwieweit die Mitgliedstaaten die politischen Maßnahmen in ihren Plänen in einen inhaltlich geschlossenen und planmäßigen Ansatz einfließen ließen, wurden drei Kriterien angelegt: erstens die Qualität der Analyse und die Bestimmung der wichtigsten Risiken und Herausforderungen, die in den Plänen zu berücksichtigen sind; zweitens das Ausmaß, in dem in den Plänen diese Analyse und die bisherigen Erfahrungen bei der Formulierung klarer und detaillierter Prioritäten und Ziele in Betracht gezogen wurden; und drittens die Detailgenauigkeit der spezifischen politischen Maßnahmen und Aktivitäten, die eine Verbindung zu den Analysen und Zielsetzungen der Vergangenheit herstellen.

Alles in allem sind die Pläne für 2003 zumeist inhaltlich geschlossener als die Pläne der ersten Runde. Sie enthalten mehr ausführliche Analysen und eine eingehendere Bestimmung der am meisten gefährdeten Personen und deuten auf umfassendere Konsultationen im Zuge ihrer Aufstellung hin. Viele weisen klarer formulierte Ziele, enger gefasste Schwerpunkte und präzisere Vorgaben auf, die als Ausgangspunkt für die Einführung konkreter neuer Aktionen dienen. In mehr Plänen wird eine bessere Verbindung zur Politikgestaltung auf nationaler Ebene hergestellt. Manche Pläne erwecken jedoch immer noch mehr den Eindruck von Berichten als von Aktionsplänen. Obwohl sie eine gute Lagebeschreibung enthalten und die vorhandenen Programme und lokalen bzw. landesweiten Aktionen beschreiben, wird die Meßlatte oft nicht sehr hoch angesetzt und fehlt es an klaren und exakten detaillierten Auskünften dazu, mit welchen Maßnahmen die Wirksamkeit der nationalen Konzepte weiter verstärkt werden soll.

In einer Reihe von Nap werden klare und inhaltlich geschlossene Pläne entwickelt, in denen gute Analysen enthalten sind, strategische Zielsetzungen und Prioritäten entwickelt werden, die aus diesen Analysen logisch abgeleitet sind, und politische Maßnahmen zum Erreichen dieser Ziele und Vorgaben angeführt werden. Der Nationale Aktionsplan der Niederlande ist ein hervorragendes Beispiel hierfür. Er sieht politische Maßnahmen und Aktionen vor, die in engem Zusammenhang mit der Realisierung der gesteckten Ziele stehen. Die inhaltliche Geschlossenheit dieses Plans wird durch dessen relativ enge Ausrichtung erleichtert. Schweden, Dänemark und Finnland gelangen ebenfalls zu einem inhaltlich geschlossenen Ansatz im Rahmen zielgenauer Pläne, was zum Teil auch für Österreich und Deutschland zutrifft. Irland hat einen weiter gefassten Ansatz gewählt, der das Gesamtspektrum der gemeinsamen Ziele vollständiger abdeckt, versteht es aber zugleich, einen inhaltlich geschlossenen Ansatz zu erreichen, in dessen Rahmen eine gute Verbindung zwischen den beschriebenen Aktionen und den Analysen und Zielen hergestellt wird, was in gewissem Maße auch für Luxemburg und das Vereinigte Königreich zutrifft. Bestimmte Pläne enthalten interessante und ausführliche Analysen, gefolgt von einem breiten Spektrum politischer Aktionen, doch tritt das Verbindungsglied zwischen den beiden Dimensionen - den strategischen Prioritäten und Zielen - in den Nap Frankreichs, Belgiens, Italiens und Portugals weniger deutlich zutage. Griechenland und Spanien haben gute Analysen vorgelegt und eine klare Formulierung der Ziele und Prioritäten vorgenommen, doch sind die politischen Maßnahmen, mit denen diese Ziele erreicht werden sollen, weniger klar ausgearbeitet.

Neben den vorgenannten Kriterien gilt es eine weitere Dimension zu berücksichtigen, die das Ausmaß zeigt, in dem sich die Zuständigkeiten im Kampf gegen soziale Ausgrenzung auf die zentralen, regionalen und lokalen Stellen verteilen. In Anbetracht der zunehmenden Tendenz zur Dezentralisierung der Zuständigkeit für bestimmte soziale Maßnahmen, d. h. ihre Verlagerung auf eine subnationale Ebene, wird in den NAP häufig das Thema eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen den verschiedenen Zuständigkeitsebenen angesprochen. In mehreren Ländern mit dezentralen Strukturen (Belgien, Deutschland, Spanien, Italien, Frankreich, Vereinigtes Königreich) wird großes Augenmerk auf die Erarbeitung entsprechender integrierter Strategien gelegt. Oft wirft jedoch die Koordinierung der auf einen strategischen Ansatz abstellenden Integrationspolitik zwischen den verschiedenen Ebenen Schwierigkeiten auf.

Festsetzung von Zielvorgaben

In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rats von Barcelona werden die Mitgliedstaaten ersucht, ,in ihren nationalen Aktionsplänen Ziele festzulegen, um die Zahl der von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen bis 2010 erheblich zu senken". In der Folgezeit wurde diese Aufforderung bei der Überarbeitung der Gemeinsamen Ziele, die von den Mitgliedstaaten im Dezember 2002 abgestimmt worden sind, aufgegriffen und auch dem abgestimmten Gemeinsamen Konzept von Kommission und Mitgliedstaaten für die NAP (Eingliederung) 2003/2005 zugrunde gelegt. ,Es sollten quantifizierbare Ziele zur Verringerung der Zahl der Menschen, die mit dem Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung leben, formuliert werden. Diese Ziele sollten sich entsprechend an den gemeinsam festgelegten Indikatoren ausrichten, jedoch auch andere, im Bericht über die Indikatoren festgesetzte Ziele berücksichtigen, wie zum Beispiel Not, Wohnsituation und Obdachlosigkeit, Lese- und Rechenfähigkeit. Erforderlichenfalls sollten sie sich auch an den nationalen Daten ausrichten, die die Aspekte von Armut und sozialer Ausgrenzung, die für einen Mitgliedstaat von prioritärer Bedeutung sind, deutlicher zu erkennen geben. Es ist wichtig, dass vorhandene Daten zu Zielvorgaben nach Geschlecht aufgeschlüsselt werden." Ein beigefügter Anhang enthielt Vorschläge für Ansätze zur Festlegung der Ziele.

Überall in den NAP finden sich zahlreiche nichtquantifizierbare und weit gesteckte Zielsetzungen. Doch haben nur wenige Mitgliedstaaten für einige wichtige Politikbereiche ehrgeizige, erreichbare und zeitlich festgelegte quantifizierbare Ziele für die Verringerung der Zahl der von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen genannt. Häufiger wurde der Ansatz verwendet, entweder ergebnisbezogene Zwischenziele anzugeben, die indirekt mit der Verringerung von Armut und sozialer Ausgrenzung in Zusammenhang stehen, oder aber aufwandsbezogene Ziele für die politischen Maßnahmen (siehe Tabelle 1).

Tabelle 1. Verwendung quantifizierbarer Ziele in den NAP (Eingliederung)

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

1. Bei den direkten ergebnisbezogenen Zielen handelt es sich um Zielsetzungen, die sich auf eine unmittelbare Verringerung der Armut und sozialen Ausgrenzung in einem maßgeblichen Politikbereich beziehen (z. B. Arbeitslosigkeit, Niedrigeinkommen, schlechte Wohnverhältnisse/Obdachlosig keit, Nachteile im Bildungsbereich, schlechter Gesundheitszustand). Dabei werden Ziele unterschieden, die direkt auf den Indikatoren von Laeken beruhen, und Ziele, die sich auf andere nationale Maßgrößen stützen.

2. Bei den ergebnisbezogenen Zwischenzielen handelt es sich um ergebnisbezogene Ziele, die indirekt zur Verringerung der Armut und sozialen Ausgrenzung beitragen können (z. B. rückläufige Anzahl der Personen, die von Hilfezahlungen abhängig sind; allgemeine Erhöhung des Beschäftigungsniveaus oder Rückgang des Krankenstandes).

3. Bei den aufwandsbezogenen Zielen handelt es sich um Zielsetzungen, mit denen eine Ausweitung der politischen Maßnahmen angestrebt wird (z. B. wachsende Zahl von Obdachlosen, die Unterstützung erfahren, oder Sicherstellung der Möglichkeit zur Teilnahme an einem Integrationsprogramm für alle Zuwanderer).

Am weitesten vorangekommen bei der Festlegung klarer Gesamtziele für die Verringerung der Anzahl der Personen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, sind die NAP Griechenlands, Spaniens, Irlands und Portugals. Griechenland, Spanien und Portugal legen dabei den Laeken-Indikator von 60 % des Medianeinkommens zugrunde. Griechenland hat eine Reihe von Zielen vorgegeben, von denen sich die meisten quantifizieren lassen. Sie sollen bis 2010 erreicht werden und umfassen spezielle Zielvorgaben für ältere Menschen und Kinder, aber auch das übergeordnete Ziel, jedoch keine Vorgaben für die Geltungsdauer des Plans. Spanien legt nur ein Ziel fest: Die Armutsgefährdungsquote soll im Laufe des Plans 2003/2005 um 2 % gesenkt werden. Portugal hat vor, das Armutsrisiko im Jahr 2005 um 2 % zu verringern.

Irland hat sich das allgemeine Ziel gesteckt, die Anzahl der Personen, die in dauerhafter Armut leben (gemessen anhand einer Kombination von Einkommens- und Unterversorgungsindikatoren), unter 2 % zu senken und die dauerhafte Armut möglichst ganz zu beseitigen.

Das Vereinigte Königreich hat das quantifizierbare Ziel ausgegeben, die Anzahl der Kinder, die in Haushalten mit Niedrigeinkommen leben, bis 2004/05 um ein Viertel zu reduzieren. Das ist als Beitrag zu der umfassenderen Zielsetzung zu verstehen, die voll quantifiziert werden soll, sobald eine Langzeitmessung der Kinderarmut erfolgt ist: Halbierung der Kinderarmut bis 2010 und deren Beseitigung bis 2020.

Die Mitgliedstaaten, die am konsequentesten und systematischsten anhand der Prioritäten und Vorgaben, die in ihren Plänen niedergelegt sind, quantifizierbare Ziele bestimmen, sind Irland, Frankreich, die Niederlande, Portugal, Schweden und das Vereinigte Königreich. Irland und das Vereinigte Königreich legen umfassende Zielvorgaben für ein breites Spektrum von den Gemeinsamen Zielen betroffener Politikbereiche fest. Im Vereinigten Königreich gelten für die wichtigsten Bereiche, die in den Gemeinsamen Zielen genannt sind, zahlreiche Vorgaben (100). Sie erstrecken sich über die vier Landesteile, wobei jedoch einige Ziele jeweils nur einen Landesteil betreffen. Sie stellen vor allem auf die Messung konkreter Ergebnisse und Leistungen ab, so etwa des steigenden Niveaus im Bereich lebenslanges Lernen, der Verbesserung der gesundheitlichen Bedingungen und der Senkung der Kriminalität. Frankreich hat Ziele für eine Reihe von Politikbereichen abgesteckt, in deren Mittelpunkt jedoch zumeist aufwands- oder leistungsbezogene Vorgaben stehen (wie etwa die Anzahl bzw. der prozentuale Anteil der Personen, die durch die jeweiligen Maßnahmen zu erfassen sind) und nicht reale Ergebnisse in Sachen soziale Ausgrenzung, obwohl auch ein konkretes ergebnisbezogenes Ziel aufgenommen wurde. So soll die Anzahl der Jugendlichen, die ohne ein Diplom oder einen Berufsabschluss aus dem Bildungssystem ausscheiden, um 10 000 Personen gesenkt werden. Die Niederlande gehen zielorientierter vor, denn ihre Vorgaben (eine Kombination aus ergebnis- und leistungsbezogenen Vorgaben) beziehen sich durchgängig auf die in ihrem Plan genannten Prioritäten, lassen jedoch viele wichtige Aspekte der sozialen Ausgrenzung außer Acht. Schweden konzentriert sich ebenfalls auf recht ehrgeizige Zielsetzungen für einige wenige Schlüsselbereiche wie beispielsweise das Erreichen einer Beschäftigungsquote von 80 % oder die Halbierung der Abhängigkeit von Sozialhilfe im Zeitraum 1999 bis 2004 bzw. die Halbierung der Anzahl der Krankentage bis 2008. All das kann potenziell einen sehr wichtigen Beitrag zur Verringerung von Armut und sozialer Ausgrenzung leisten. Doch fehlen dabei direkte Messungen dieser Verringerung. Außerdem werden zwar zehn nationale Ziele für Bereiche ausgegeben, die - abgesehen von den bereits erwähnten allgemeinen Zielen - für die soziale Eingliederung von entscheidender Bedeutung sind, doch sind die meisten bisher nicht quantifiziert.

Einige Mitgliedstaaten gehen bei der Festlegung quantifizierbarer Ziele für das Gesamtspektrum der gemeinsamen Ziele weniger systematisch vor. Im Allgemeinen fallen die Zielvorgaben im Bereich Erwerbstätigkeit/Arbeitslosigkeit allgemeiner aus, was möglicherweise darauf zurückzuführen ist, dass im Beschäftigungsprozess bereits Ziele festgelegt wurden. Beispielsweise sind im italienischen NAP die Zwischenziele zur Erreichung der beschäftigungspolitischen Zielsetzungen von Lissabon die einzigen quantifizierten Vorgaben. Finnland hat in sein NAP quantifizierbare Ziele für einige wenige Sektoren aufgenommen, die zur Verringerung von Armut und sozialer Ausgrenzung beitragen könnten. Beispielsweise möchte es die Erwerbstätigenquote bis zum Ende der Dekade auf 75 % erhöhen und das effektive Rentenalter bis 2010 um mindestens 2-3 Jahre anheben. Außerdem hat es ein aufwandsbezogenes Ziel für den sozialen Wohnungsbau gesetzt. Die Zielvorgaben Deutschlands stammen zum Teil aus einem anderen Kontext, ohne dass ein Zusammenhang mit der Frage der Armut und Ausgrenzung hergestellt wird, und sind auch nur selten quantifiziert oder näher bestimmt. Deutschland gibt für eine Reihe von Politikbereichen ergebnisbezogene Zwischenziele vor, die wichtige Auswirkungen auf die Armut und soziale Ausgrenzung haben könnten. In einigen Fällen erfolgten aber doch quantifizierte und näher bestimmte Zielvorgaben, etwa die Vorgabe, bis 2010 die Anzahl der Jugendlichen ohne Berufsabschlüsse auf die Hälfte zu senken. Obwohl Spanien ein allgemeines Ziel für die Verringerung der Anzahl der durch Armut gefährdeten Personen festgelegt hat, fehlen Vorgaben für so wichtige Bereiche wie Gesundheit, Wohnverhältnisse oder lebenslanges Lernen.

Belgien hat in seinen NAP keine quantifizierbaren Ziele aufgenommen, es beabsichtigt jedoch, in Zukunft einen Anhang mit quantifizierbaren Zielen zu erstellen.

Nur wenige Mitgliedstaaten berücksichtigen bei der Entwicklung quantitativer Ziele Gleichstellungsfragen. Dadurch finden sich nur selten Beispiele für geschlechtsspezifische Zielsetzungen. Irland stellt unter seinen Zielvorgaben ganz besonders das Lissabonner Ziel heraus, die Erwerbsbeteiligung der Frauen bis 2010 auf einen Durchschnitt über 60 % anzuheben. Schweden strebt eine Verringerung der Zahl jener Männer und Frauen (unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit) an, deren Einkommen unter 60 % des Medianeinkommens liegt, nennt jedoch keine konkreten Zielvorgaben. Das Vereinigte Königreich möchte die Anzahl der unerwünschten Kinder von Müttern unter 20 Jahren um 20 % senken und bis 2007 erreichen, dass die Geburtenziffern bei den Müttern unter 17 Jahren um 40 % zurückgehen.

Die Armut und soziale Ausgrenzung benachteiligter Personen, die komplexe und mehrdimensionale Formen annimmt, macht es erforderlich, im Rahmen eines integrierten lokalen Ansatzes ein breites Spektrum an Konzepten zum Einsatz zu bringen. Was die Probleme benachteiligter Regionen angeht, haben die meisten Mitgliedstaaten gewiss einen derartigen Ansatz gewählt. Für andere Bereiche lässt sich den NAP jedoch nicht entnehmen, dass die Bedeutung einer durchgängigen Verknüpfung und Integration der verschiedenen Konzepte - vom Bestimmen der größten Risiken und Probleme bis hin zu einer klaren Prioritätensetzung im Anschluss an eine Bewertung der Wirksamkeit bereits eingeleiteter Maßnahmen und zur Festlegung von Zielvorgaben - vollständig erkannt wurde.

4. ZENTRALE POLITIKANSÄTZE FÜR ZIEL 1.1 ,FÖRDERUNG DER TEILNAHME AM ERWERBSLEBEN"

Im Rahmen der europäischen Beschäftigungsstrategie und insbesondere der Umsetzung der Leitlinien:

(a) Förderung des Zugangs zu einer langfristigen und qualifizierten Beschäftigung für alle arbeitsfähigen Frauen und Männer durch:

- die Erarbeitung von begleitenden Programmen für die Angehörigen der sozial schwächsten Bevölkerungsgruppen, bis diese eine Beschäftigung gefunden haben; dazu müssen die Möglichkeiten der Bildungspolitik ausgeschöpft werden;

- eine Politik, die die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Familienleben begünstigt; dazu gehört auch der Bereich der Betreuung von Kindern und Pflegebedürftigen;

- die Nutzung der Eingliederungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten im sozialen Sektor.

(b) Vermeidung von Unterbrechungen der beruflichen Laufbahn durch Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit, Humanressourcenmanagement, Organisation des Arbeitsablaufs und lebensbegleitende Weiterbildung.

Alle Mitgliedstaaten heben die große Rolle hervor, die die Teilnahme am Erwerbsleben bei der Förderung der sozialen Eingliederung spielt, ist sie doch ein wichtiges Mittel, um ein ausreichende Einkommen (während des Erwerbslebens und danach) sicherzustellen und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu erleichtern.

Die Verknüpfung der NAP (Eingliederung) mit den NAP (Beschäftigung)

Die NAP (Eingliederung) müssen eng mit den NAP (Beschäftigung) koordiniert werden, und beide Pläne sind in Zusammenhang zu sehen, sodass sich ein vollständigeres Bild der Maßnahmen ergibt, die zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung über die Teilhabe am Arbeitsmarkt ergriffen worden sind. Die NAP (Beschäftigung) liefern den Rahmen für die Erarbeitung besonderer Konzepte zur Einbeziehung benachteiligter Bevölkerungsgruppen in den Arbeitsmarkt, denn sie umfassen das gesamte Spektrum der politischen Maßnahmen, mit denen das Beschäftigungsniveau im Sinne der Ziele von Lissabon angehoben, die Effizienz der Arbeitsmärkte verstärkt und die Beschäftigungsfähigkeit verbessert werden soll. All das sind Grundvoraussetzungen für einen offeneren und integrativeren Arbeitsmarkt. Im Mittelpunkt der NAP (Eingliederung) stehen Aktionen zur Förderung der Teilnahme von Personen, Gruppen und Gemeinschaften am Erwerbsleben, die auf dem Arbeitsmarkt am schwersten zu vermitteln sind. In vielen Fällen gibt es starke und ganz natürliche Überschneidungen zwischen den beiden Plänen, mitunter im Rahmen unterschiedlicher Maßnahmen. Doch nur wenige NAP enthalten zusätzliche Elemente zu den Strategien zur Verhinderung und Bekämpfung sozialer Ausgrenzung auf dem Arbeitsmarkt.

In der Beschäftigungsstrategie selbst wird zunehmend ein integrativer Arbeitsmarkt zum Ziel erhoben. Im Jahr 1999 fanden gesonderte Leitlinien zur Integration benachteiligter Gruppen und Personen in den Arbeitsmarkt Eingang in die europäische Beschäftigungsstrategie. Vor kurzem nun, im Juni 2003, wurde eine neue europäische Beschäftigungsstrategie vorgestellt, in deren Mittelpunkt drei Zielsetzungen stehen: Vollbeschäftigung, die Förderung von Qualität und Produktivität im Erwerbsleben und die Stärkung des sozialen Zusammenhalts und der Eingliederung. Das letztgenannte übergeordnete Ziel orientiert auf die Teilnahme am Erwerbsleben, die erreicht werden soll über die Förderung des Zugangs zu qualifizierten Beschäftigungen für alle arbeitsfähigen Männer und Frauen, den Kampf gegen Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt und die Verhinderung der Ausgrenzung aus dem Arbeitsleben. Ebenfalls nicht außer Acht gelassen werden der Abbau der regionalen Unterschiede in Bezug auf Beschäftigung und Arbeitslosigkeit, die Beschäftigungsprobleme in benachteiligten Gebieten der Europäischen Union und die Unterstützung der wirtschaftlichen und sozialen Umstrukturierung.

In der neuen Strategie werden die übergreifenden Zielsetzungen in zehn Leitlinien umgesetzt, von denen viele das Ziel eines integrativen Arbeitsmarktes unterstützen. In einer speziellen Leitlinie werden eigens die Integration benachteiligter Personen in den Arbeitsmarkt und die Bekämpfung ihrer Diskriminierung auf diesem Markt gefördert und Ziele ausgegeben wie die Forderung nach einer erheblichen Reduzierung der Unterschiede zwischen den Arbeitslosenquoten von EU-Bürgern und Nicht-EU-Bürgern sowie anderen den nationalen Definitionen entsprechenden Gruppen. Speziell auf die Verringerung der Anzahl der Arbeitnehmer, deren Einkommen unter dem Existenzminimum liegt, wird im Zusammenhang mit der Leitlinie ,Dafür sorgen, dass Arbeit sich lohnt", hingewiesen. Auch andere spezielle Leitlinien wie die zum lebenslangen Lernen, zur Erhöhung des Arbeitskräfteangebots, zur Förderung des aktiven Alterns und zur Überführung von Schwarzarbeit in legale Arbeit tragen zur Förderung eines integrativen Arbeitsmarktes bei. Mehr Einzelheiten über die Umsetzung der Leitlinien und insbesondere über die Art und Weise, in der die Mitgliedstaaten sich für einen integrativen Arbeitsmarkt einsetzen, können dem Gemeinsamen Beschäftigungsbericht 2003/2004 entnommen werde, der auf den Nationalen Aktionsplänen für Beschäftigung beruht.

Förderung der Teilnahme am Erwerbsleben: Prioritäten, allgemeine Maßnahmen und institutioneller Rahmen

Mehrere Mitgliedstaaten unterstreichen die Bedeutung, die das makroökonomische Klima für hohe Wachstumsraten und Beschäftigungsziffern und für einen funktionstüchtigen Arbeitsmarkt haben. Einige sehen eine unverzichtbare Voraussetzung für das Erreichen dieser Ziele und für einen integrativen Arbeitsmarkt in einer besseren Koordinierung der Wirtschafts-, Finanz-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik.

Bei den neuen NAP sind drei Aspekte besonders erwähnenswert und gegenüber den ersten NAP als Verbesserung anzusehen. Da ist zum einen die gewachsene Einsicht, dass die Arbeitslosen und ganz besonders die Langzeitarbeitslosen keine homogene Gruppe bilden und dass die Hindernisse, die dem Zugang der einzelnen Personen zum Arbeitsmarkt entgegenstehen, stark voneinander abweichen. Zweitens steht die ungemein prekäre Lage von Haushalten ohne Erwerbstätigen, aber auch die gestiegene Armutsgefährdung von Haushalten mit nur einem Erwerbstätigen inzwischen stärker im Blickfeld. Drittens wird wieder und wieder die Schutzbedürftigkeit einiger besonderer Gruppen hervorgehoben: der Menschen mit Behinderungen, der Zuwanderer und ethnischen Minderheiten, der älteren Arbeitnehmer, deren Qualifikationen zu veralten drohen, und der Jugendlichen mit niedrigem Bildungsniveau. Außerdem werden Frauen als gesonderte Gruppe anerkannt, deren Teilhabe am Arbeitsmarkt sich nur über eine Kombination aus Dienst- und Betreuungsleistungen erhöhen lässt.

Zwar legen alle Mitgliedstaaten großen Wert auf die Förderung eines integrativen Arbeitsmarktes, doch gibt es Unterschiede bei den Handlungsschwerpunkten. Einige Länder (wie Luxemburg) konzentrieren sich auf die Senkung der Arbeitslosigkeit, insbesondere der Langzeitarbeitslosigkeit, und die für die sozial schwächsten Gruppen bestehenden Barrieren, wogegen für andere die Notwendigkeit im Mittelpunkt steht, die Teilnahme am Erwerbsleben generell und spezieller Gruppen im Besonderen zu erhöhen. Im letztgenannten Fall soll die wirksame Einbeziehung von Benachteiligten in den Arbeitsmarkt gleich mehrere Wirkungen entfalten, d. h. zur verstärkten sozialen Eingliederung, zu einer höheren Gesamterwerbsquote und zu einer größeren Nachhaltigkeit der Sozialschutzsysteme beitragen.

Beispielsweise spielt die Erarbeitung von Konzepten zur Verbesserung der Arbeitsmarktsituation älterer Arbeitnehmer unter mehreren Gesichtspunkten eine wichtige Rolle, allen voran die Tatsache, dass sich die Überalterung der Bevölkerung stark auf die Verfügbarkeit von Arbeitskräften, das Wirtschaftswachstum und die Finanzierbarkeit der Sozialschutzsysteme auswirken dürfte, sofern die Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer nicht angehoben wird. Die Förderung eines aktiven Alterns könnte dagegen zur Abmilderung der sozialen Auswirkungen des steigenden Altenquotienten beitragen. Mehrere Mitgliedstaaten (Österreich, Dänemark, Griechenland, Irland, Luxemburg und die Niederlande) denken über aktives Altern nach, was durch bessere Arbeitsbedingungen für ältere Arbeitnehmer, ein Zurückfahren der Frühverrentung bzw. über die Ankurbelung der Nachfrage seitens der Arbeitgeber sowie des Arbeitskräfteangebots erreicht werden soll.

Umsetzung: Besondere Beachtung schenken die Mitgliedstaaten weiterhin den Umsetzungsmechanismen als Mittel zur Aufstellung effektiverer Arbeitsmarktprogramme. Die bereits im ersten Gemeinsamen Bericht über die soziale Eingliederung vermerkte Tendenz zu verstärkter Dezentralisierung dauert nach wie vor an. Regionen, lokale Akteure und Kommunen werden mehr und mehr einbezogen, und den vor Ort bestehenden Voraussetzungen für Konzepte zu armutsbezogenen beschäftigungspolitischen Maßnahmen wird mehr Aufmerksamkeit zuteil. Die staatliche Arbeitsvermittlung wird dezentralisiert und/oder von der Zentralregierung mit größerer Autonomie ausgestattet, oft unter starker Einbeziehung der Sozialpartner, von NRO, sozialen Einrichtungen und anderen lokalen Akteuren.

In den Niederlanden kommt es zur funktionalen Integration auf der Ebene der Kommunen, denen die finanzielle Zuständigkeit sowohl für die Zahlung von Sozialleistungen als auch für Wiedereingliederungsmaßnahmen übertragen wurde. In Italien ist die Dezentralisierung der Arbeitsmarktpolitik und der staatlichen Arbeitsvermittlung Bestandteil eines umfassenderen politischen Konzepts, wobei jedoch auch die Suche nach effektiveren Arbeitsmarktstrategien eine wichtige Rolle spielt. Da jedoch eine straffe Koordinierung der Konzepte und Maßnahmen, die Zuweisung angemessener finanzieller Mittel und wirksame Strategien für den Informationsaustausch fehlen (z. B. durch Verwendung gemeinsamer Berichts- und Überwachungsstandards), besteht die Gefahr, dass die Ungleichgewichte zwischen den einzelnen Regionen, zwischen denen Unterschiede in der Dynamik bestehen können, aber nicht müssen, sogar noch zunehmen.

Niederlande: Experimente im Bereich soziale Mobilisierung (1996-2001)

Im Zeitraum 1996-2001 gestattete das Ministerium für Soziales und Arbeit den Kommunen auf deren Ersuchen, von einigen Bestimmungen des Allgemeinen Sozialhilfegesetzes (ABW) abzugehen, um durch den Einsatz neuer Mobilisierungsinstrumente die soziale Ausgrenzung von Leistungsempfängern zu verhindern, die auf dem Arbeitsmarkt sehr schwer zu vermitteln waren, und deren Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen.

Diese Experimente wurden einer eingehenden Langzeitevaluierung unterzogen. Das Ministerium für Soziales und Arbeit startete ein Unterstützungsprojekt, durch das die Ergebnisse erfasst und weiter verbreitet und gleichzeitig den Kommunen Hilfestellung gegeben wurde. Die Evaluierungsstudien lassen erkennen, dass die Experimente bei den Teilnehmern zum Rückgang ihrer sozialen Isolation und Stärkung ihrer Position auf dem Arbeitsmarkt beigetragen und ihnen zur einer aktiveren Einstellung verholfen haben. Die Experimente wurden zum Auslöser für die Erarbeitung langfristiger sozialer Mobilisierungsstrategien, die auch nach ihrem Auslaufen fortgesetzt wurden.

Als Erfolgsfaktoren der Experimente erwiesen sich der Umstand, dass dieses Konzept in den Kommunen auf breite Unterstützung stieß und dass sie mit der Entwicklung politischer Strategien zur Festigung des sozialen Zusammenhalts von Städten und Stadtvierteln zusammenfielen. Bei ihrer Umsetzung arbeiteten die Kommunen mit anderen kommunalen Zuständigkeitsbereichen, mehreren einschlägigen anderen Gremien und mitunter sogar mit Kundeneinrichtungen zusammen.

Bemerkenswerterweise wurden diese Experimente ohne zusätzliche Subventionen durchgeführt. Inzwischen finden soziale Mobilisierungsexperimente für andere Gruppen von Leistungsempfängern statt, insbesondere für Personen, die Leistungen wegen Erwerbsunfähigkeit beziehen. Darüber hinaus wurden Maßnahmen zur Stärkung des Konzepts ergriffen.

Ordnungspolitischer Rahmen: Innerhalb des umfassenden politischen Rahmens zur Verstärkung der Offenheit und Reagibilität des Arbeitsmarktes gegenüber ausgegrenzten Personen ist auf den ordnungspolitischen Rahmen zu achten, innerhalb dessen die Arbeitsmärkte und auch die dem betreffenden Arbeitsmarkt eigenen spezifischen Regelungen und Institutionen funktionieren. Zu den Maßnahmen in diesem Bereich zählen die Aufnahme von Sozialklauseln in die Tarifverträge oder die Einführung von Quotenregelungen für die Beschäftigung von Personen mit eingeschränkter Arbeitsfähigkeit (z. B. in Deutschland). Allgemeine gesetzliche Bestimmungen zur Förderung der Chancengleichheit ausgegrenzter Gruppen, insbesondere der Zuwanderer (siehe Abschnitt 5), erleichtern ebenfalls deren Zugang zum Arbeitsmarkt. Und schließlich wird auch die Ausdehnung des Sozialschutzes auf Arbeitnehmer mit atypischen Verträgen als Mittel zur Herbeiführung eines integrativeren Arbeitsmarktes angesehen. In Österreich wurde der Geltungsbereich von Abfindungen auch auf atypische Arbeitsverhältnisse ausgeweitet. In Spanien wird mit politischen Mitteln versucht, befristete Arbeitsverträge in unbefristete umzuwandeln.

Die meisten Mitgliedstaaten setzen in ihrem Bemühen, einen offeneren und integrativeren Arbeitsmarkt herzustellen, auf eine aktive Einbeziehung der Arbeitgeber. Abgesehen von dem klassischen Instrument der Beschäftigungsbeihilfen für Arbeitgeber, geschieht dies auf verschiedene Weise, vor allem über Beschäftigungskampagnen für bestimmte Zielgruppen, vornehmlich Menschen mit Behinderungen und Zuwanderer; über Maßnahmen zur Förderung der gemeinsamen sozialen Verantwortung (Österreich, Belgien, Italien und Spanien) und allgemeine Aktionen zur Bekämpfung von Diskriminierung. Nicht weniger als sechs Mitgliedstaaten verweisen jedoch in ihrer Strategie nicht auf eine derartige Einbeziehung der Arbeitgeber in den sozialen Eingliederungsprozess.

Der Leitlinie 9 der Europäischen Beschäftigungsstrategie entsprechend, räumen Griechenland und Italien auch der Überführung von Schwarzarbeit in legale Arbeit einen hohen Stellenwert ein. Von einer Zurückdrängung der Erwerbstätigkeit in der Schattenwirtschaft verspricht man sich eine Zunahme der sozialen Rechte und einen Beitrag zur Vermeidung negativer Anreizwirkungen und Verzerrungen auf dem Arbeitsmarkt; darüber hinaus würden damit die Lohnnebenkosten für die Erwerbsbevölkerung insgesamt eingedämmt. Bei der Umwandlung von Schwarzarbeit in reguläre Beschäftigungsverhältnisse baut Griechenland auf die Ausstattung der Sozialversicherungsanstalt mit EDV, auf die Legalisierung des Aufenthalts von Zuwanderern und auf die Modernisierung der Gewerbeaufsicht.

Ein weiterer wichtiger Fortschritt im Vergleich zu den ersten Nationalen Aktionsprogrammen besteht darin, dass in einer Reihe von Mitgliedstaaten eine Überwachung oder sogar Evaluierung der politischen Maßnahmen erfolgt bzw. angekündigt wurde. Dennoch muss diesem Aspekt noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Förderung des Zugangs zu langfristiger und qualifizierter Beschäftigung: Wege zur Erwerbstätigkeit

Die Mitgliedstaaten nutzen eine Vielzahl von Ansätzen zur Ausräumung von Hindernissen, die dem Zugang sozial schwächerer Gruppen zur Erwerbstätigkeit im Weg stehen, von einer hochwertigen und langfristigen Beschäftigung ganz zu schweigen.

Über mehrere Jahre hinweg war festzustellen, dass viele Mitgliedstaaten Arbeitslosen bzw. Stellungssuchenden eine persönliche Beratung anboten; d. h., dass mit einem auf die konkrete Person zugeschnittenen Maßnahmenpaket versucht wird, Wege zur Erwerbstätigkeit zu bahnen. Immer mehr Länder setzen auf derartige Pakete, bei denen die Arbeitsmarktinterventionen häufig mit Maßnahmen in anderen einschlägigen Bereichen - etwa Sozialleistungen, gesundheitliche Betreuung und Rehabilitation, Sprachkurse usw. - einhergehen. Dieser Ansatz erfordert eine enge und wirksame Zusammenarbeit der verschiedenen Stellen auf zentraler und örtlicher Ebene. Hier nur einige Beispiele:

- In Finnland wurde 2002 ein Pilotvorhaben zur Förderung der Erwerbstätigkeit von Langzeitarbeitslosen auf den Weg gebracht. Dabei sollen Pakete geschnürt werden, die die Arbeitsvermittlung, die Arbeitsmarktkonzepte, die kommunalen Sozialleistungen und Gesundheitsdienste und die Rehabilitationsleistungen der Sozialversicherungsanstalt umfassen. In Anlehnung an die Ergebnisse dieses Experiments soll 2004 eine Reform der staatlichen Arbeitsvermittlung stattfinden und ein Netz von Zentren zur Arbeitsförderung eingerichtet werden, das das Arbeitsamt, die örtlichen Behörden, die Sozialversicherungsanstalt und andere Leistungsanbieter umfasst.

- Die Niederlande bieten eine ,Wiedereingliederungsleiter" für Personen an, die auf dem Arbeitsamt schwer zu vermitteln sind. Den Anfang bilden soziale Mobilisierungsmaßnahmen, den Abschluss soll eine reguläre Erwerbstätigkeit bilden. Jeder einzelne Schritt auf dieser Leiter ist mit höheren Qualifikationsanforderungen verbunden. Die individuellen Zielvorgaben für den Einzelnen werden im Laufe der Zeit immer wieder angepasst. Personen mit Mehrfachproblemen (etwa einer Kombination aus Langzeitarbeitslosigkeit, problematischen Schulden und psychosozialen Schwierigkeiten) können ein integriertes Angebot mehrerer Dienste in Anspruch nehmen.

Obwohl das Hauptziel darin besteht, die Integration in den ,ersten" Arbeitsmarkt zu erleichtern, fällt dies bestimmten Gruppen mit gravierenden Problemen ausgesprochen schwer. Diesem Personenkreis werden unterschiedlicher Formen geschützter Arbeit angeboten. Diese sind im Allgemeinen mit der Gefahr verbunden, dass sie allzu spezifische Arbeitserfahrungen vermitteln, als ohne weiteres übertragbar zu sein, und so rückt der ,erste" Arbeitsmarkt in immer weitere Ferne. Daher müssen geschützte Arbeitsplätze wohlüberlegt Personen vorbehalten bleiben, deren Arbeitsvermögen auf Dauer stark eingeschränkt ist und denen es sehr schwer fallen würde, die in der freien Wirtschaft geforderte Leistungsnorm zu erbringen.

Mehrere Mitgliedstaaten haben vor, das Potenzial der Sozialwirtschaft zur Schaffung von Arbeitsplätzen weiter auszuschöpfen, die in vielen Ländern (Österreich, Deutschland) bereits jetzt einen großen Anteil des nationalen BIP ausmacht. In Belgien geschieht das über ein System der Kofinanzierung durch die Bundesregierung. In Schweden fließen Finanzhilfen an Informations- und Beratungszentren zur Förderung von Genossenschaftsgründern und unternehmerischem Engagement in der Sozialwirtschaft. Es liegt auf der Hand, dass die Sozialwirtschaft nicht nur als Mittel zur Schaffung von Arbeitsplätzen angesehen werden darf, sondern zugleich als Instrument zur Befriedigung des Bedarfs an Sozial- und Unterstützungsleistungen, auf den die Marktwirtschaft nicht eingeht.

Schließlich werden praktisch in allen NAP die Erwerbslosigkeit und die durch das Steuer- und Sozialleistungssystem erzeugten Armutsfallen als potenziell wichtiges Beschäftigungshindernis anerkannt. Daher haben die Mitgliedstaaten verschiedene Mobilisierungsmaßnahmen auf den Weg gebracht, bei denen über die Einführung von Mindesteinkommen für Arbeitnehmer, die Anhebung von Niedriglöhnen oder Steuerreformen die negativen Anreize für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder Ausbildung ausgeräumt werden sollten. Die Mobilisierung stellt in vielen Mitgliedstaaten, namentlich in Irland, den Niederlanden, Schweden und dem Vereinigten Königreich, wo sie mit Hilfestellung bei der Suche nach einem Arbeitsplatz bzw. beim Erwerb fachlicher Kompetenzen verbunden ist, in der Tat ein besonders wichtiges Ziel der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik dar. Andere Länder wie Griechenland und Italien sind erst vor kurzem zu einem Ansatz ,Arbeit statt Sozialhilfe" übergegangen. Weitere Einzelheiten zur Politik der Beschäftigungsanreize können dem nächsten Abschnitt entnommen werden, in dem es um die Förderung des Zugangs zu Ressourcen, Rechten, Gütern und Dienstleistungen geht.

Die auf Hilfe angewiesenen Bevölkerungsgruppen

In vielen Nationalen Aktionsprogrammen wird den besonders hilfsbedürftigen Bevölkerungsgruppen mehr Aufmerksamkeit geschenkt als in der ersten NAP-Runde. Zu den häufig erwähnten Gruppen zählen Zuwanderer, ethnische Minderheiten und Flüchtlinge, Menschen mit Behinderungen, Langzeitarbeitslose, benachteiligte Jugendliche, ältere Menschen, Personen mit niedrigem Qualifikationsniveau und Sozialhilfeempfänger. Darüber hinaus werden in einem oder zwei Mitgliedstaaten zahlreiche sehr unterschiedliche Gruppen wie Drogen- und Alkoholabhängige, (ehemalige) Strafgefangene, Bewohner benachteiligter Gebiete, allein Erziehende, Sozialhilfeempfänger usw. erwähnt. Die Maßnahmen für diese Gruppen werden häufig durch EQUAL und über ESF-Mittel kofinanziert.

Die Niederlande haben zur Ermittlung der am stärksten auf Hilfe angewiesenen Gruppen oder Einzelpersonen ein innovatives Gefährdungsmodell eingeführt, das Armut und soziale Ausgrenzung mit Risikofaktoren wie der Einkommenssituation, der Position auf dem Arbeitsmarkt, dem Gesundheitszustand und den Lebensverhältnissen in Zusammenhang bringt. Dieses Gefährdungsmodell ermöglicht ein besseres Erkennen von Gefahrenhäufungen und von Generation zu Generation weitergegebener Armut. In Spanien wurde das Ziel ausgegeben, ein System von Indikatoren zur Bestimmung der von der Ausgrenzung aus dem Erwerbsleben bedrohten Personen aufzubauen, mit dessen Hilfe der Übergang zu einem präventiven Ansatz erleichtert werden soll. In Luxemburg wurden zu diesem Zwecke Bewertungsstellen eingerichtet.

Luxemburg - Bewertungsstellen

Arbeitsfähige Bezieher des garantierten Mindesteinkommens (RMG) erhalten eine Eingliederungshilfe in Höhe des sozialen Mindestlohns, wenn sie an einer Mobilisierungsmaßnahme teilnehmen und als Arbeitssuchende gemeldet sind.

Die ,Bewertungsstellen" wurden eingerichtet, damit sie für jeden dieser Mittelempfänger eine Bewertung seiner Fähigkeiten und der Hindernisse, die seiner Eingliederung entgegenstehen, vornehmen. Auf der Grundlage dieser Bewertungen werden individuelle Eingliederungspläne aufgestellt, die auf die Wiederherstellung, Verbesserung oder Aufrechterhaltung der Beschäftigungsfähigkeit des Betreffenden abzielen. Auf diese Weise werden die Teilnehmer den Wiedereingliederungsmaßnahmen zugeführt, für die sie am besten geeignet sind (firmeninterne Schulungsphasen, gemeinnützige Tätigkeiten, Berufsbildung, Therapien).

Für die Teilnehmer einer solchen Maßnahme wird jeweils 3, 6 und 12 Monate nach Beginn der Bewertung eine Erfolgskontrolle vorgenommen. Die Ergebnisse sind vielversprechend, da mehr als 90 % der vorgeschlagenen Maßnahmen nach 3 bzw. 6 Monaten weiter fortgeführt werden.

Den Teilnehmern der Maßnahmen sind diese offenbar gleich mehrfach zugute gekommen: ihre sozialen Kompetenzen nahmen zu, neben einer Verbesserung ihres Zugangs zum Arbeitsmarkt können sie sich jetzt bei der Stellungssuche besser präsentieren, und darüber hinaus hat ihre fachliche Befähigung zugenommen.

Ethnische Minderheiten und Zuwanderer: Viele Mitgliedstaaten entwickeln Konzepte zur Integration von ethnischen Minderheiten, Flüchtlingen und Zuwanderern. In den Niederlanden wurde für die Erwerbsquote dieser Gruppen eine besondere quantifizierbare Zielvorgabe festgelegt. Zahlreiche Länder berücksichtigen die besonderen Bedürfnisse und Benachteiligungen dieser Gruppen, wobei sie sich gleichzeitig auf ihre arbeitsmarktpolitischen ,Verpflichtungen" bzw. ihre entsprechende Verantwortung berufen. In Dänemark wurde beispielsweise von den Behörden eine breite Palette von Initiativen und Maßnahmen auf den Weg gebracht, die sowohl den Arbeitsmarkt als auch den Sozial-, den Wohnungs- und den Bildungssektor umfassen. Um jedoch die Anreize für eine Arbeitsaufnahme zu verstärken, wurde gleichzeitig demonstrativ die Sozialhilfe für Erwerbslose gesenkt.

Menschen mit Behinderungen: Alle Mitgliedstaaten erarbeiten eine große Zahl von Maßnahmen und Instrumenten zur Verbesserung der Erwerbssituation von Behinderten. Es reicht nicht aus, sich mit Barleistungen lediglich um den Finanzbedarf von Behinderten zu kümmern, da dann viele weiter aus dem Arbeitsmarkt und aus der Gesellschaft im Allgemeinen ausgegrenzt blieben. Neben beruflichen Wiedereingliederungs- und Schulungsmaßnahmen werden Menschen mit Behinderungen verschiedenartige Beschäftigungshilfesysteme angeboten: Beschäftigungsbeihilfen, geschützte Arbeitsplätze und - sobald der Übergang von Sozialleistungen zur bezahlten Erwerbstätigkeit vollzogen ist - weitere Unterstützung mit Hilfsmitteln und Beteiligung an den Kosten.

Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben

Um die Erwerbstätigenquote, vor allem unter den Frauen, anzuheben, verweisen alle Mitgliedstaaten auf die Bedeutung, die der Ermöglichung der Vereinbarkeit einer Erwerbstätigkeit (oder Ausbildung) mit der Kindererziehung zukommt. Die Verfügbarkeit und Nutzung von Kinderbetreuungsstätten sollte jedoch nicht nur als Mittel zur Unterstützung der Wiedereingliederung ins Erwerbsleben gesehen werden, sondern auch als wichtiger Weg zur Förderung von Lernmöglichkeiten im frühen Kindesalter für alle Kinder, insbesondere Kinder, die in schwierigen Verhältnissen aufwachsen. Diese Frage wird von den Mitgliedstaaten im Allgemeinen außer Acht gelassen.

Es gibt ganz verschiedene Ansätze, darunter den Ausbau der Kinderbetreuungsstätten, Finanzbeihilfen für Familien mit kleinen Kindern, die Bereitstellung eines familienfreundlichen Arbeitsumfeldes, das verstärkte Angebot von flexiblen oder Teilzeit-Arbeitsregelungen, die Überprüfung der Regelungen für den Eltern- bzw. Mutterschaftsurlaub und schließlich eine stärkere Sensibilisierung der Arbeitgeber für die Bedeutung eines familienfreundlichen Arbeitsumfelds.

Während die Pflege- und Erziehungsleistungen im frühen Kindesalter ausgebaut werden, besteht nach wie vor eine Betreuungslücke bei den 10- bis 18-Jährigen, da die Jugendeinrichtungen auf immer mehr Personal und Betreuungsstätten verzichten müssen und für diese Altersgruppen zumeist nicht an allen Werktagen ein zuverlässiges Leistungsangebot bereitsteht. Lediglich der nordeuropäische umfassende Ansatz zu den schulischen Sozialleistungssystemen, insbesondere in Finnland, ist weit genug gespannt, um sämtlichen Betreuungsdefiziten Rechnung zu tragen.

Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit

In allen Nationalen Aktionsplänen wird die Bedeutung anerkannt, die dem Qualifikationsprofil als notwendige Voraussetzung für den Zugang zum Arbeitsmarkt zukommt. Daher werden in allen Mitgliedstaaten Ausbildungsmaßnahmen für besondere Zielgruppen wie Menschen mit Behinderungen, Zuwanderer, ältere Menschen oder benachteiligte Jugendliche entwickelt. Außerdem wird in einigen Mitgliedstaaten (Frankreich, Belgien, Luxemburg und Portugal) die Verwertung informell erworbener Kompetenzen gefördert. Besonders interessant ist dieser Ansatz für Arbeitnehmer mit geringen fachlichen Voraussetzungen oder für Zuwanderer bzw. Nicht-EU-Staatsangehörige, deren Erfahrungen aus ihrem Herkunftsland stammen.

Die Förderung lebenslangen Lernens geht ebenfalls mit organisatorischen Reformen und institutionellen Veränderungen einher. In Griechenland wurde eine neue Tochtereinrichtung des staatlichen Arbeitsvermittlungsdienstes gebildet und mit der Zuständigkeit für die Berufsbildung betraut. Darüber hinaus wurde eine neue Gesellschaft (Beobachtungsstelle für Beschäftigungsfragen) ins Leben gerufen, deren Hauptaufgabe es ist, die bestehenden Arbeitsmarkterfordernisse zu bestimmen und die aktiven Beschäftigungsstrategien zu evaluieren.

Hieran zeigt sich immer deutlicher die Bedeutung effektiver Systeme der Erwachsenenbildung für die Entwicklung beschäftigungsbezogener Weiterbildungsmaßnahmen. Die Entwicklung solcher Systeme muss auf einer sorgfältigen Bedarfsanalyse und der Formulierung kohärenter zielgruppenspezifischer Strategien beruhen. Das heißt beispielsweise, dass die Initiativen nationale Lösungen für die Zeugnisanerkennung mit unterschiedlichen Bewertungsverfahren, u. a. Anrechnung und Anerkennung früherer Lernabschnitte, schaffen sollten. Bei einer effektiven Erwachsenenbildung ist die Mitwirkung der wichtigsten Akteure gegeben und wird ein besonderes Augenmerk darauf gerichtet, dass in allen Phasen Aktivitäten, Orientierung, Beratung und Hilfestellung angeboten werden. Sollen Minderheitengruppen einbezogen werden, so kann sich der Einsatz von ,Lernmediatoren" zwischen der Zielgruppe und dem Anbieter als besonders nützlich erweisen. Wichtig kann auch sein, dass finanzielle Hindernisse für die Inanspruchnahme von Angeboten der Erwachsenenbildung ausgeräumt werden.

Obwohl eine bessere Beschäftigungsfähigkeit als maßgeblicher Faktor für den Zugang zum Arbeitsmarkt gilt, werden nicht genügend Strategien zur Aufrechterhaltung und Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit während des gesamten Erwerbslebens als Voraussetzung für den Verbleib in der Arbeitswelt und das berufliche Fortkommen entwickelt.

5. ZENTRALE POLITIKANSÄTZE FÜR ZIEL 1.2 ,FÖRDERUNG DES ZUGANGS ALLER ZU RESSOURCEN, RECHTEN, GÜTERN UND DIENSTLEISTUNGEN"

(a) Gestaltung der Sozialschutzsysteme, damit sie insbesondere dazu beitragen, dass

- jedem die für ein menschenwürdiges Dasein notwendigen Mittel zur Verfügung stehen

- die Hindernisse bei der Aufnahme einer Beschäftigung überwunden werden und sichergestellt ist, dass die Arbeitsaufnahme mit einem höheren Einkommen einhergeht und die Beschäftigungsfähigkeit gefördert wird

(b) Maßnahmen mit dem Ziel, jedermann den Zugang zu einer ordentlichen, die Gesundheit nicht beeinträchtigenden Wohnung und zu der für ein normales Leben in dieser Wohnung nach örtlichen Gegebenheiten erforderlichen Grundversorgung (Strom, Wasser, Heizung ... ) zu gewähren

(c) Maßnahmen mit dem Ziel, jedem - auch im Pflegefall - Zugang zur notwendigen medizinischen Versorgung zu gewähren

(d) Bereitstellung von Leistungen, Diensten oder begleitenden Maßnahmen für die Betroffenen, die ihnen den tatsächlichen Zugang zu Ausbildung, Justiz und anderen öffentlichen und privaten Leistungsangeboten wie Kultur, Sport und Freizeitaktivitäten ermöglichen.

5.1. Sozialschutzsysteme

Die Sozialschutzsysteme tragen entscheidend zur Aufrechterhaltung des sozialen Zusammenhalts bei, da sie Personen, die vorübergehend bzw. auf Dauer ohne Erwerbseinkommen sind, vor dem Absturz in die Armut bewahren. Das Verhältnis zwischen der Höhe der Ausgaben im Sozialschutzbereich und dem Armutsrisiko wurde auf empirischer Basis bestimmt. Wie aus Abbildung 12 hervorgeht, ist in Mitgliedstaaten mit überdurchschnittlich hohen Sozialausgaben pro Kopf der Bevölkerung zumeist das Armutsrisiko vergleichsweise geringer und umgekehrt. Dieser simple Zusammenhang sollte jedoch nicht als der einzige Anstoß für politisches Handeln dienen. Bei der Bestimmung des Bevölkerungsanteils, der unterhalb der Armutsgrenze lebt, spielen noch eine Reihe ebenso wichtiger Faktoren mit - etwa das Ausmaß, in dem das Steuersystem den Aufgaben der sozialen Verteilungsgerechtigkeit gerecht wird, die Art und Weise, in der das Leistungssystem strukturell von den wichtigsten Wirtschaftsbranchen geprägt ist, die Ausrichtung der Sozialleistungen, die Effizienz der Leistungserbringung, die Altersstruktur der Bevölkerung, der Konjunkturzyklus und das Gesamtmuster der Einkommensverteilung und des und allgemeinen wirtschaftlichen Wohlstands.

Abbildung 12. Verhältnis zwischen dem -Armutsrisiko und den Pro-Kopf-Sozialausgaben - 2000

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Der zunehmenden Alterung der Bevölkerung wegen müssen alle EU-Mitgliedstaaten ihre Sozialschutzsysteme modernisieren, um eine angemessene Altersversorgung und medizinische Versorgung für die Zukunft sicherzustellen, ohne die Stabilität der öffentlichen Finanzen zu untergraben. Mehrere Mitgliedstaaten (Italien, Portugal, Griechenland, Deutschland, Österreich, Frankreich) unterziehen ihre Sozialschutzsysteme weit reichenden Reformen, die Konsequenzen für die in den Aktionsplänen umrissenen Eingliederungskonzepte haben werden. Ganz allgemein gesprochen, stehen die Mitgliedstaaten in Zeiten zögerlichen Wachstums vor schweren Entscheidungen angesichts einerseits der Notwendigkeit, die steigenden Kosten (als Folge der zunehmenden Schwierigkeiten bei Sozialhilfeleistungen und Arbeitslosengeld) unter Kontrolle zu bekommen und andererseits der Notwendigkeit, für benachteiligte Randgruppen der Gesellschaft angemessen zu sorgen.

Mindesteinkommen

Für Personen, die auf Dauer aus dem Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind, muss über ein ,Sicherheitsnetz" ein grundlegender Schutz gegen Armut und Ausgrenzung gewährleistet werden, das immer dann als letztes Mittel dient, wenn die anderen Formen der sozialen Absicherung erschöpft bzw. nicht verfügbar sind. Fast alle Mitgliedstaaten garantieren für alle Personen mit rechtmäßigem ständigen Wohnsitz im Land ein Mindesteinkommen in irgendeiner Form. Diese Finanzhilfe wird ergänzt durch vielfältige Zuwendungen oder Leistungen auf lokaler Ebene zur Unterstützung der Empfänger bei der Finanzierung von Wohnraum, Bildung, Pflege oder Rechtsberatung. Zwei Mitgliedstaaten (Griechenland, Italien) arbeiten am alternativen Konzept eines ,Solidaritätsnetzwerks", das auf einer ausgeprägt präventiven Rolle der Familie beruht und eine Vielzahl dezentral verwalteter zielorientierter Systeme enthält. Die Mindesteinkommensgarantien haben zwar dazu beigetragen, in vielen EU-Staaten das Armutsrisiko beträchtlich zu senken, doch werden sie mehr und mehr genauen Prüfungen unterzogen, um sicherzustellen, dass sie einer wirksamen Integration in den Arbeitsmarkt nicht hinderlich, sondern förderlich sind und effizient verwaltet werden. Andererseits ist noch offen, ob der alternative Ansatz in Griechenland und Italien in der Praxis eine wirksame Auseinandersetzung mit dem in diesen Ländern gravierenden Problem der Armutsbekämpfung ermöglicht.

Die NAP (Eingliederung) dokumentieren eine Reihe politischer Reformen mit Auswirkungen auf Höhe, Anwendungsbereich, Inanspruchnahme und Empfängerkreis von Mindesteinkommensleistungen.

Verbesserung/Aufrechterhaltung der Angemessenheit: Zu diesem Thema gibt es in den NAP (Eingliederung) eine Vielzahl politischer Ansätze, die von Plänen zur Anhebung des realen Wertes des Mindesteinkommens auf eine vorgegebene Höhe (Spanien, Irland) bis hin zur Anerkennung der Notwendigkeit reicht, diese zu senken, um eine negative Anreizwirkung auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu vermeiden bzw. als Reaktion auf den derzeitigen Konjunkturabschwung (Dänemark, Niederlande). Andere versuchen dagegen, über irgendeine Form von Indexbindung die Kaufkraft vor dem Absinken zu bewahren (Frankreich, Belgien, Luxemburg).

Spanien gibt bekannt, dass es die Bereitstellung des ,Mindesteinkommens für die Integration" (RMI) in allen Autonomen Gemeinschaften nach und nach harmonisieren und die hierfür bereitgestellten Mittel auf durchschnittlich 70 % der Mindestlöhne anheben will. Irland hat sich das Ziel gestellt, bis 2007 als niedrigste Sozialleistung einen Wochensatz von 150 EUR (in Preisen von 2002) zu erreichen. Im Planzeitraum sollen die Sätze mehrfach angehoben werden, um diese Zielvorgabe zu erreichen. Beide Länder stellen einen strategischen Zusammenhang zwischen dem Anliegen, den Grad der Angemessenheit der Mindestsozialleistungen anzuheben, und ihren allgemeinen Armutszielen her. Österreich verkündet seine Absicht, die Sozialhilferegelungen in allen Ländern in Bezug auf Sätze, Zugang und Anspruchsvoraussetzungen zu harmonisieren.

Sicherung eines hinreichenden Mindesteinkommens im Alter: Das ist der Bereich, in dem besonders rege Reformbemühungen im Gange sind, da die Strategien zwecks Gewährleistung einer langfristigen finanziellen Tragfähigkeit und einer angemessenen Mindestaltersversorgung derzeit auf dem Prüfstand fast aller Mitgliedstaaten stehen. Das kann in gewissem Maße als ein Versuch gewertet werden, den Auswirkungen früherer Reformmaßnahmen vorzugreifen und die künftigen Altersversorgungslasten zu verringern, gleichzeitig aber die Lage der Niedrigverdiener bzw. der Personen ohne Rentenansprüche abzusichern. Als Begleiterscheinung der Reformen, mit denen die Bezahlbarkeit der Renten gesichert werden soll, könnte in vielen Ländern (Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, Schweden) die Ersatzleistungsquote der Altersrenten abgesenkt werden. In einigen NAP (Eingliederung) verkündete Maßnahmen sollen die Lage der sozial Schwächsten absichern, die von Mindestrenten oder (beitragsunabhängigen) Sozialrenten abhängig sind. Der österreichische Plan enthält eine Reihe von Regelungen zu diesem Zweck, einschließlich eines vorübergehenden Inflationsschutzes für Renten (für die Dauer von zwei Jahren), der Einrichtung von Härtefallfonds und der Festlegung einer 10 %-Obergrenze für den Verfall des Rentenwertes im Vergleich zum Jahr 2002 als Folge der Reform. Österreich will darüber hinaus die Zuschüsse für Rentnerehepaare erhöhen und die Steuerpflicht von Personen mit geringem Einkommen verringern. In Schweden wird ein zusätzlicher Versorgungszuschuss für ältere Menschen ohne Ansprüche (hauptsächlich Zuwanderer) eingeführt, und Belgien stellt die Einführung eines Anhebungssatzes für das garantierte Einkommen älterer Menschen in Aussicht.

Andere Länder dagegen (Irland, Vereinigtes Königreich, Portugal, Griechenland, Spanien), in denen die Gefahr der Altersarmut beträchtliche Größenordnungen angenommen hat, versuchen die reale Kaufkraft der Mindestrenten anzuheben, bisweilen über die Festlegung von Zielvorgaben. In Irland will die Regierung den Empfängerkreis der ergänzenden Altersversorgung von derzeit 50 % auf 70 % vergrößern und hat darüber hinaus das Ziel vorgegeben, die Sozialrenten bis 2007 auf 200 EUR anzuheben. Das Vereinigte Königreich hat jetzt sein staatliches Altersversorgungssystem durch eine neue Rentensicherung (Pension Credit) ergänzt und eine weitere 100-£-Zahlung für Rentner über 80 Jahren angekündigt. Durch diese Maßnahmen wird für das einkommensschwächste Drittel der Rentnerhaushalte mit einem realen Einkommenszuwachs von ungefähr 1600 £ jährlich gerechnet (zwei Drittel der Betroffenen sind Frauen). Spanien plant eine Anhebung der Hinterbliebenen- und Mindestrenten. In Griechenland hat die Einführung der Solidaritätszulage EKAS in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass die Renten rascher angestiegen sind als die Löhne und Gehälter. In Portugal sollen die Mindestalters- und die Mindesterwerbsunfähigkeitsrenten künftig 65-100 % des Mindestlohns entsprechen, und Paare im fortgeschrittenen Alter (über 75) sollen eine Sozialrente erhalten, deren Höhe der des Mindestlohns entspricht.

Ausrichtung des Unterstützungsregelungen auf spezielle Bedürfnisse: Einige NAP (Eingliederung) enthalten Maßnahmen, mit denen der Schutz für bestimmte Personengruppen verbessert bzw. spezielle Fragen aufgegriffen werden sollen. In Österreich wurde die Nettolohnersatzquote für die niedrigsten Arbeitslosenhilfen von 55 % auf 80 % (Empfänger mit unterhaltsberechtigten Personen) bzw. auf 60 % (Empfänger ohne unterhaltsberechtigte Personen) angehoben. Griechenland, das derzeit in Pilotversuchen drei Einkommenshilferegelungen für arme Haushalte in benachteiligten bzw. Gebirgsregionen, für ältere Langzeitarbeitslose und für arme Haushalte mit Kindern unter 18 Jahren erprobt, hat sich entschieden, diese Regelungen für die gesamte Laufzeit des Plans fortzuführen. Belgien (Region Flandern) will die Stromgrundversorgung für arme Haushalte gewährleisten. Frankreich konzentriert sich auf die finanziellen Schwierigkeiten kinderreicher Familien und hat die Kindergeldzahlung über die Vollendung des 20. Lebensjahres des ältesten Kindes hinaus verlängert. Finnland hat den Geltungsbereich der präventiven Sozialhilfe erweitert, um die Probleme abzumildern, die durch Mietrückstände, die Teilnahme an Beschäftigungsmaßnahmen oder Überschuldung verursacht werden und eine rapide Verschlechterung der finanziellen Lage des Betreffenden bzw. einer Familie nach sich ziehen. Außerdem hat es einen Sozialkredit für Personen eingeführt, die aufgrund ihres niedrigen Einkommens und ihrer begrenzten Mittel nicht zu angemessenen Konditionen in den Genuss eines regulären Kredits kommen können.

Manche politische Reformen zur Anhebung von Sozialleistungen für Schwangere lassen sich zum Teil auch als ein Mittel zur Steigerung der Geburtenziffern auslegen. Solange das Kindergeld jedoch in keiner Weise von der Stellung im Erwerbsleben abhängig gemacht wird, kann es eine negative Anreizwirkung auf die Erwerbsteilnahme ausüben. Österreichs neues Kindergeld bietet einen universellen Anspruch auf eine Barleistung, deren Anliegen es ist, jungen Familien selbst dann, wenn kein Erwerbstätiger vorhanden ist, zu einem über der Mindesteinkommensgrenze liegenden Einkommen zu verhelfen. Irland will das Kindergeld auf 33-35 % der Mindestsozialleistungen festlegen. Andere Länder denken darüber nach, wie sie in der Familienförderpolitik die Beschäftigungsanreize verstärken könnten. Finnland hat das Kindergeld und andere Familienbeihilfen angehoben und will die Anspruchskriterien entschärfen, um auf diese Weise zu erreichen, dass die Teilnahme am Erwerbsleben dem Leben von Sozialhilfe vorgezogen wird. Schweden hat eine Obergrenze für die Kinderbetreuungsgebühren eingeführt um zu verhindern, dass die Kinderbetreuungskosten ansteigen, weil die Eltern mehr Stunden arbeiten. Darüber hinaus sind Maßnahmen zum Schutz der Rentenansprüche von Eltern eingeführt worden, die ihr Erwerbsleben unterbrechen, um Kinder zu erziehen. Besonders forciert wurden derartige Maßnahmen in Deutschland und Österreich.

Die Berechnung der Mindesteinkommen bzw. Beihilfen ist noch nicht auf die Lissabonner Strategie abgestimmt, da der Zugang zur Wissensgesellschaft zunehmend durch die Gebühren begrenzt wird, die von sehr niedrigen Einkommen nicht bestritten werden können. Wenn die öffentlichen wissensbezogenen Dienstleistungen nicht mehr unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden, bleibt der Zugang zum e-Learning versperrt bzw. können die mit dem Lernen verbundenen Kosten für Verkehrsmittel, Bücher oder Bibliotheksleistungen nicht aufgebracht werden, sofern im individuellen Kostenrahmen keine Mittel dafür eingeplant werden.

Arbeiten soll sich lohnen

Die NAP 2003 zeugen vom Bestreben der Mitgliedstaaten, in Übereinstimmung mit den in der Europäischen Beschäftigungsstrategie niedergelegten Leitlinien Strategien für die Integration ins Erwerbsleben zu entwickeln. In diese Strategien werden zunehmend auch die Empfänger von Mindesteinkommen und anderen Sozialleistungen einbezogen. Die jüngste Hartz-IV-Reform in Deutschland, in deren Rahmen eine Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe für Erwerbsfähige erfolgt, ist ein typisches Beispiel hierfür. Anhand der Erfahrungen, die bei der Mobilisierung von Arbeitslosengeldempfängern gesammelt wurden, versuchen viele Mitgliedstaaten, die negative Anreizwirkung der Sozialhilfe für die Bereitschaft zur Suche nach einem Arbeitsplatz bzw. zur Teilnahme an Beschäftigungsmaßnahmen möglichst gering zu halten. Darüber hinaus werden in immer mehr Ländern finanzielle Anreize geschaffen bzw. bestehende Anreize verbessert, wobei das Ziel darin besteht, Sozialleistungen auch nach Aufnahme einer Erwerbstätigkeit weiter zu zahlen. Dabei geht es darum, Beschäftigungshindernisse aus dem Weg zu räumen, indem sichergestellt wird, dass sich die Annahme einer Stellung in jedem Fall positiv auf das persönliche Einkommen auswirkt.

Schweden gibt diesem Ziel einen strategischen Inhalt. Es hält fest an dem langfristigen Ziel des Erreichens ,sozialer Gerechtigkeit" durch Halbierung der Anzahl der Sozialhilfeempfänger bis 2004 über eine Kombination aus Arbeitsplätze schaffendem Wirtschaftswachstum und Beschäftigungsstrategien. Dieses Ziel wurde im NAP (Eingliederung) 2001 verkündet, in Anbetracht des härter gewordenen wirtschaftlichen Klimas dürfte es jetzt jedoch schwerer umzusetzen sein.

In einer Reihe von NAP (Eingliederung) werden Überprüfungen der Anspruchsvoraussetzungen für Mindesteinkommen und andere Sozialleistungen in Aussicht gestellt, mit denen Leistungsempfänger veranlasst werden sollen, sich an aktiven Arbeitsmarktprogrammen zu beteiligen, die Arbeitssuche nachdrücklicher zu betreiben und angebotene Arbeitsplätze auch anzunehmen (Österreich, Dänemark, Deutschland, Niederlande). Der Erfolg solcher Konzepte hängt jedoch vom Leistungsvermögen des Arbeitsmarktes ab.

Dänemark hat die Barleistungen für Antragsteller, die diese bereits seit mindestens sechs Monaten beziehen, gekürzt. Wenn ein Antragsteller kein ergänzendes Arbeitseinkommen bezieht, werden öffentliche Beihilfen wie Wohngeld nach sechs Monaten teilweise bzw. ganz gestrichen. Gleichzeitig wurde der finanzielle Anreiz dadurch verstärkt, dass ein geringerer Lohnabzug als Ausgleich für die Barleistung vorgenommen wird. Die Niederlande wollen die speziellen kommunalen Zuwendungen für Personen unter 65 Jahren abschaffen, und Langzeitarbeitslosen, die von Sozialhilfe leben, werden Mobilisierungsmaßnahmen angeboten. Gleichzeitig wird eine neue ,Mindesteinkommens-Dauerzulage" für diejenigen Langzeit-Sozialhilfeempfänger eingeführt, für die keine Aussichten für eine Rückkehr auf den Arbeitsmarkt bestehen. Daher wirken sich solche Leistungen nicht auf die Armutsfalle aus. In Deutschland besteht eine Konsequenz der Hartz-IV-Reform darin, dass ehemalige Sozialhilfeempfänger Zugang zu aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen erhalten und in die Sozialversicherungssysteme einbezogen werden. Die möglichen Auswirkungen der strengeren Anspruchsberechtigungsprüfungen und des niedrigeren Leistungsniveaus auf die Einkommen früherer Arbeitslosenhilfeempfänger müssen jedoch beobachtet werden. In diesem Zusammenhang trägt neben den örtlichen Behörden auch die reformierte öffentliche Arbeitsverwaltung eine besondere Verantwortung dafür, dass Personen, die den Anspruch auf Leistungen verlieren, nicht einfach ins Abseits gedrängt werden.

Frankreich hat in der Vergangenheit eine Reihe von Beschäftigungsmaßnahmen mit dem Ziel durchgeführt, individuelle Hilfe und Erwerbsmöglichkeiten für Personen zu bieten, die sich auf dem Arbeitsmarkt schwer vermitteln lassen. In einem neuen dezentralen Rahmen wird eine neuartige Leistungsform (,Mindest-Beschäftigungsbezüge" oder RMA) ins Leben gerufen, deren Anliegen es ist, den Beziehern von Sozialhilfe (,Übergangsgeld zur Eingliederung" oder RMI) einen 18 Monate dauernden Integrationsweg anzubieten, der Teilzeitarbeit mit individueller Betreuung verbindet. Luxemburg räumt neuen Antragstellern für garantiertes Mindesteinkommen (RMG) eine Vorzugsstellung bei Unternehmenspraktika und individuell zugeschnittenen Eingliederungsmaßnahmen ein (die für Personen der Altersgruppe 25-45 zur Pflicht erhoben werden).

Immer mehr Mitgliedstaaten sind bestrebt, die finanziellen Anreize für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu verbessern. Zu den entsprechenden Maßnahmen zählen die Weiterzahlung (eines Teils) der Leistungen nach erfolgter Arbeitsaufnahme, steuerliche Reformen, durch die Niedriglohnempfänger einen größeren Teil ihres Lohnes mit nach Hause nehmen, und die Anhebung der Mindestlöhne. Eine weitere Maßnahme zur Schaffung von Beschäftigungsanreizen ist eine bessere Anpassung der Sozialversicherungsvorschriften an atypische Arbeitsverhältnisse.

Einkommenssubventionen haben im Vereinigten Königreich und in Irland eine lange Tradition. Jetzt finden sie auch in anderen Staaten zunehmend Anklang. Die Niederlande haben die Steuergutschrift für Erwerbstätige und für berufstätige Eltern angehoben und wollen dies weiter tun, um den Wechsel vom Leistungsbezug zu bezahlter Arbeit zu fördern. Belgien führt mit dem ,bonus crédit d'emploi" (nach 2004) und Frankreich mit dem ,prime pour l'emploi" (seit 2001) Steuergutschriftensysteme ein, mit denen das Nettoeinkommen der Niedriglohnempfänger verbessert werden soll. In beiden Ländern sollen Teilzeitbeschäftigten bessere Konditionen geboten werden. Belgien hat darüber hinaus steuerliche Maßnahmen speziell für erwerbstätige alleinstehende Eltern eingeführt, um ihnen mehr Anreize für eine Erwerbstätigkeit zu bieten und ihnen aus der Armut herauszuhelfen. Finnland will drei Jahre lang die Regelung erproben, wonach mindestens 20 % des beruflichen Einkommens von Personen oder Familien, die Antrag auf Einkommenshilfe stellen, unberücksichtigt bleiben. Luxemburg wird den Anteil des Arbeitseinkommens von Personen oder Familien, die im Rahmen der garantierten Mindesteinkommensregelung Antrag auf Einkommenshilfe stellen, von 20 % auf 30 % anheben.

Das Vereinigte Königreich hat eine Reform seines Steuergutschriftensystems vorgenommen und den Working Tax Credit (WTC) sowie den Child Tax Credit (CTC) eingeführt. Der WTC bietet Finanzhilfen für Erwachsene in einkommensschwachen Haushalten sowie Unterstützung bei der zuschussfähigen Kinderbetreuung; beim CTC handelt es sich um eine von einer Bedürftigkeitsprüfung abhängige Beihilfe für Familien mit Kindern, durch die alle früheren einkommensbezogenen Kinderbeihilfen zusammengefasst werden. Sowohl der CTC als auch die Kinderbetreuungskomponente des WTC werden jetzt direkt an den Hauptversorger in der Familie gezahlt, häufig an eine Frau. Dadurch müsste sich ein Mitteltransfer von den Männern hin zu den Frauen in Höhe von bis zu 2 Mrd. £ ergeben. Darüber hinaus sollen im Vereinigten Königreich ab April 2004 mehr Mittel für Bewohner von Sozialwohnungen und Teilzeitbeschäftigte (im Allgemeinen allein erziehende Elternteile und Behinderte) bereitgestellt werden. Irland hat eine Familieneinkommenszulage eingeführt, aus der zusätzliche Einkommenshilfen für Niedriglohnempfänger und zusätzliche Zuwendungen für unterhaltsberechtigte Kinder gezahlt werden. Bedürftige allein erziehende Eltern erhalten Familiengeld für Alleinerziehende und haben jetzt Anspruch auf Nichtanrechnung eines erheblichen Teils ihres Verdienstes. Dadurch soll ihnen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erleichtert werden.

Die Anhebung der Nettomindestlöhne vergrößert die Schere zwischen Erwerbs- und Sozialleistungseinkommen und trägt zum Übergang zur Erwerbstätigkeit bei. Darüber hinaus hat sie einen wichtigen Differenzialeffekt auf die Einkommen von Frauen. Der nationale Mindestlohn (National Minimum Wage, NMW) im Vereinigten Königreich wird (zusammen mit den Steuergutschriften) ausdrücklich als Instrument verstanden, um ein Mindesteinkommen aus Arbeit zu ermöglichen, wobei die Löhne gleichzeitig den Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt entsprechen dürfen. Weitere NMW-Anhebungen sind für 2003-2004 geplant, und zwar doppelt so hoch wie der durchschnittliche Lohnanstieg. Über eine Ausdehnung des nationalen Mindestlohns auf Jugendliche im Alter zwischen 16 und 17 Jahren wird derzeit nachgedacht. Österreich hat einen monatlichen Bruttolohn von 1000 EUR für Vollzeitarbeit als Ziel ausgegeben, das über Tarifverträge erreicht werden soll, und bis zu diesem Einkommen soll keine Einkommensteuer erhoben werden. Deutschland hat die Grenze für die Befreiung von Sozialversicherungsabgaben bei so genannten Mini-Jobs auf 400 EUR monatlich angehoben, und zwischen 400 und 800 EUR wird nur ein abgestufter Arbeitnehmerbeitrag erhoben. Seit Einführung der Reform hat die Anzahl der versicherten geringfügig Beschäftigten spürbar zugenommen. Viele Neuzugänge waren zuvor in der Schattenwirtschaft tätig. Da sie jetzt von der Rentengrundversicherung erfasst werden, besteht für sie nun zumeist ein geringeres Risiko, in Armut zu geraten.

5.2. Wohnen und Grundversorgung

In den NAP (Eingliederung) 2003-2005 wird übereinstimmend hervorgehoben, dass ein menschenwürdiges, mit dem Einkommen der Hauhalte preislich vereinbares Wohnen in einem sicheren, dynamischen Umfeld, das einen angemessenen sozialen Halt und einen Rahmen bietet, in dem die Kinder in ordentlichen Verhältnissen aufwachsen können, eine zentrale Gegebenheit im Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung darstellt.

So hat der gesellschaftliche und wirtschaftliche Aufwand für die Wohnungslosigkeit, wenngleich sie noch nicht wie die soziale Schutzlosigkeit Gegenstand einer europaweiten Bewertung gewesen ist, offenbar schwer wiegende Konsequenzen für die Dynamik der Länder oder der Regionen.

Der im Dezember 2001 angenommene und dem Europäischen Rat von Laeken/Brüssel vorgelegte gemeinsame Bericht über die soziale Eingliederung betonte, dass für sämtliche Mitgliedstaaten die Notwendigkeit der Gewährleistung guter Wohnmöglichkeiten für alle eine der acht größten Herausforderungen in ihrer Politik zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung ist. In dem Bericht heißt es: ,Der Zugang zu bezahlbaren Wohnungen von guter Qualität zählt zu den Grundbedürfnissen und Grundrechten. Die Erfuellung dieses Bedürfnisses stellt in einigen Mitgliedstaaten noch immer eine enorme Herausforderung dar. Eine weitere wichtige Aufgabe besteht für einige Länder darin, geeignete integrierte Maßnahmen zur Vermeidung und Beseitigung der Wohnungslosigkeit zu entwickeln."

Da keine gemeinsamen Indikatoren vorhanden sind und trotz der vom Europäischen Rat in Laeken formulierten Forderung auch keine nationalen Indikatoren dokumentiert werden, sind die NAP(Eingliederung) 2003-2005 kaum mehr als Berichte, in denen bestimmte Aspekte der auf nationaler oder regionaler Ebene eingeleiteten Politik hervorgehoben werden. Zwar wird von der Mehrheit der Mitgliedstaaten (Belgien, Dänemark, Frankreich, Finnland, Griechenland, Irland, Luxemburg, Portugal, Vereinigtes Königreich) betont, wie akut der nicht gedeckte Wohnungsbedarf ist, doch Zielsetzungen zur vollständigen Bewältigung des dargelegten Problems bis 2005 oder auch 2010 oder zu einem noch späteren Zeitpunkt gibt es immer noch nicht. Bis auf eine Ausnahme: in England garantiert die Regierung, dass bis 2010 alle sozialen Wohnungen einen guten Zustand haben. Wenn Maßnahmen zur Überwindung der berichteten Situationen des Mangels, der Verschlimmerung oder der Gesundheitsbeeinträchtigung aufgeführt werden, dann ist es zumeist schwierig, sie an der Zielsetzung von Nizza zu messen, d. h. mit Blick auf den Zugang jedes Einzelnen zu einer ordentlichen, die Gesundheit nicht beeinträchtigenden Wohnung.

Für einige Mitgliedstaaten wie Belgien, Frankreich, Luxemburg und Irland, die ein starkes Ansteigen der unbefriedigten Nachfrage nach bezahlbaren Wohnungen für Einkommensschwache zu verzeichnen haben, ist dies eine besondere Herausforderung.

Für andere wie Griechenland, Portugal oder das Vereinigte Königreich besteht die Schwerpunktaufgabe bis 2010 darin, gegen die Verschlechterung bzw. sogar den gesundheitsgefährdenden Zustand eines großen Teils der Wohnungen einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen anzukämpfen und zugleich für die soziale Eingliederung der betroffenen Familien u. a. im Rahmen ihrer Neuunterbringung Sorge zu tragen. Auch Frankreich will dies zu einem Schwerpunktbereich in den kommenden fünf Jahren machen.

Weitere Mitgliedstaaten wie Schweden, Finnland, Dänemark, Spanien und die Niederlande sehen ihre Hauptaufgabe nach wie vor darin, bestimmte Zielgruppen wie Jugendliche, Alleinstehende, Ältere und Menschen mit Behinderungen, Zuwanderer, Roma, Reisende und Obdachlose mit Wohnraum zu versorgen, der ihren spezifischen Bedürfnissen entspricht. Dabei richten diese Mitgliedstaaten ihr besonderes Augenmerk auf eine Verbesserung der Nachbarschaft und des Umfelds insgesamt.

Verbraucherschutz

Die Einhaltung der Standards zur Definition des Begriffs 'annehmbare Wohnung' und die Sicherstellung einer richtigen Ausgewogenheit zwischen den Rechten und den Pflichten von Mietern und Eigentümern sind die erste Rechtfertigung für ein Eingreifen der Mitgliedstaaten.

Das Verhindern etwaiger Ausbeutung bzw. der Benachteiligung auf dem Grundstücksmarkt und das Verhindern von Situationen der Ausweisung von Mietern oder Eigentümern, die in soziale Schwierigkeiten geraten sind (Scheidung, Arbeitslosigkeit, Krankheit usw.), ist ein von den meisten Mitgliedstaaten (Deutschland, Österreich, Belgien, Frankreich, Finnland, Spanien, Schweden) betontes Anliegen. In den übrigen Ländern lässt sich die vorherrschende Situation allerdings nicht einschätzen.

Zu diesem Thema beinhalten die NAP(Eingliederung) 2003-2005 mehrere neue Initiativen.

- Begleitung der Mieter in allen Stufen eines Wohungsräumungsverfahrens: Verpflichtung zur Kontaktaufnahme mit den sozialen Diensten, Auflagen für die soziale Erhebung, Schulung von Sozialarbeitern in den rechtlichen und sozialen Aspekten eines Räumungsverfahrens, Verbindung zu den Beratungsstellen für Überschuldung, Zahlung von Mietrückständen für Personen, die zur Rückzahlung nicht in der Lage sind (Frankreich, Schweden, Deutschland).

- Gesetzlich festgeschriebene Pflicht des Versuchs einer gütlichen Einigung bei Streitfällen zu Mietänderungsforderungen, Eintreibung von Mietrückständen oder bei Wohnungsräumungsklagen. Aufbau von sozialen Vermittlungsstellen (Österreich, Belgien, Frankreich, Spanien).

- Anreize für Vermieter- und Mieterverbände zur Zusammenarbeit, um missbräuchlichen Mietpreiserhöhungen sowie der Einleitung von Räumungsverfahren vorzubeugen (Finnland).

- Einrichtung von Beratungs- und Informationsstellen zu Wohnungsfragen vor allem für Zuwanderer (Österreich, Frankreich).

- Verbesserung des Mietschutzes für Benachteiligte gegen unwürdigen Wohnraum und gegen ,Quartierwucherer" - Wohnungseigentümer, die möblierte Zimmer oder Schlafplätze in überfuellten Räumen oder in heruntergekommenen Gebäuden vermieten (Frankreich, Belgien).

Zugang zu bezahlbarem und annehmbarem Wohnraum

Für alle Mitgliedstaaten sind die Mängel im Wohnungsmarkt ein Erfordernis für ein staatliches Eingreifen, um der Ausgrenzung von sozial schwachen oder in bestimmten Wohnvierteln lebenden Einzelpersonen oder Familien entgegenzuwirken. Die entsprechenden staatlichen Beihilfen sind ein legitimer Bestandteil der staatlichen Politik, auch wenn sie nicht unterschiedslos gewährt werden. [10].

[10] Soweit sie auf das unbedingt Notwendige beschränkt bleiben (Prinzip der Verhältnismäßigkeit) und nicht den Handel in einem Ausmaß beeinträchtigen, das den gemeinschaftlichen Interessen zuwiderläuft, sind sie in voller Übereinstimmung mit den grundlegenden Zielen der Verträge und liegen im Interesse der Gemeinschaft. Entscheidung der Kommission: Staatliche Beihilfe N 209/2001 - Irland - Guarantee for borrowings of the Housing Finance Agency.

Die Mitgliedstaaten legen eine Reihe von Maßnahmen dar, die einkommensschwachen Haushalten bessere und größere Möglichkeiten bieten sollen, angemessenen, bedarfsgerechten Wohnraum zu erhalten. Diese Maßnahmen finden im Wesentlichen ihren Ausdruck in Sozialtransfers zugunsten der Bevölkerungsgruppen mit niedrigem oder bescheidenem Einkommen und tragen somit in bedeutendem Maße zum Abbau von Armut und sozialer Ausgrenzung bei.

- Beihilfen für den sozialen Wohnungsbau:

- Bedarfsgerechte Gewährung der Beihilfen für Sozialwohnungen, die von öffentlichen oder gemeinnützigen privaten Einrichtungen verwaltet werden:

- Weitere Subventionen an öffentliche oder gemeinnützige Einrichtungen für den sozialen Wohnungsbau mit immer stärkerer Orientierung auf Problemgebiete, auf kleine Wohnungen für Alleinstehende mit nicht erfuelltem Grundbedarf, auf Wohnraum für Jugendliche, für ältere Menschen, für Behinderte, für Zuwanderer (Österreich, Deutschland, Dänemark, Spanien, Finnland, Frankreich, Luxemburg, Schweden).

- Ausweisung von Grundstücken für den sozialen Wohnungsbau bzw. Verpflichtung der örtlichen Behörden zum Bau neuer Sozialwohnungen (Spanien, Frankreich, Portugal).

- Den lokalen Gebietskörperschaften gewährter Ausgleich der Kostendifferenzen für die Strukturen im Zusammenhang mit dem Bedarf an Dienstleistungen und besonderen Gegebenheiten wie Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur oder Zustrom von Migranten (Finnland).

- Transparenz der Bedingungen für die Vergabe von Sozialwohnungen mittels Einführung einer einheitlichen Meldenummer (Frankreich).

- Verkauf von Sozialwohnungen an deren Bewohner zur Ermöglichung weiterer Investitionen sowie einer größeren sozialen Vermischung (Frankreich, Vereinigtes Königreich).

- Berücksichtigung von Einkommensobergrenzen bei Mietern und von Vorschriften für eine Mietpreisbindung bei Sozialwohnungen (Dänemark, Spanien, Frankreich, Luxemburg).

- Beihilfe für Privatinvestitionen mit sozialer Zweckbestimmung:

- Beihilfe für Investitionen und gegebenenfalls für die Übernahme von Mietrisiken für private Eigentümer, die sich verpflichten, über eine gewisse Dauer und bis zu einer Mietpreishöchstgrenze Wohnraum an Einkommensschwache zu vermieten (Frankreich, Luxemburg).

- Steuerliche Maßnahmen für die Wiedervermietung freistehenden Wohnraums (Frankreich, Portugal).

- Staatliche Unterstützungen für einkommensschwache Mieter oder Neueigentümer:

- Einzelstaatliches Ziel: bei einkommensschwachen Haushalten Begrenzung des Anteils der Nettomiete am verfügbaren Einkommen sowie Feststellung des verfügbaren Einkommens nach Abzug der gesamten Wohnungskosten (Niederlande).

- Wohngeld oder Steuererleichterungen für einkommensschwache Personen oder für bestimmte Zielgruppen - u. a. Jugendliche, ältere Menschen (Deutschland, Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Schweden).

- Hilfsfonds für die Begleichung offenstehender Rechnungen der Grundversorgung und entsprechende Preisgestaltung für mittellose Personen - Strom, Wasser ( Belgien, Frankreich) [11].

[11] Die vor kurzem erlassenen Elektrizitäts- und Gasrichtlinien erfordern von den Mitgliedsstaaten, daß es einen ausreichenden Schutz für die schwächsten Kunden gibt, einschließlich Maßnahmen, um zu vermeiden, dass die Versorgung unterbrochen wird. Mitgliedsstaaten können auch Maßnahmen ergreifen, um Kunden in abgelegenen Gebieten zu schützen. Maßnahmen in diesem Bereich tragen auch zur Vermeidung sozialer Ausgrenzung bei.

- Staatliche Programme für Sanierung oder Abriss von Wohnraum mit anschließender Neuunterbringung der Mieter:

- Programme für die Sanierung oder den Abriss von Wohnungen, die nicht den Mindeststandards für angemessenen Wohnraum entsprechen, mit anschließender Neuunterbringung der Mieter (Belgien, Spanien, Frankreich, Portugal, Vereinigtes Königreich).

Unterstützung von Einzelpersonen und Familien, die Probleme haben mit dem Einkommen, mit einer Behinderung, mit der Gesundheit oder mit der sozialen Integration

Die Wohnungskomponente in den politischen Maßnahmen zum sozialen Schutz von Einzelpersonen und Familien, die aufgrund fehlenden Einkommens, einer Behinderung, beeinträchtigter Gesundheit oder ausbleibender sozialer Integration zu Problemgruppen geworden sind, bietet die dritte Rechtfertigung für das Eingreifen der Mitgliedstaaten in diesem Bereich.

In den NAP(Eingliederung) 2003-2005 ist die Orientierung der staatlichen Interventionen im Wohnungswesen auf die schwächsten Personengruppen und die größten Problemgebiete als ein Schwerpunktbereich zu erkennen.

Dazu kommt eine ganze Reihe neuer Initiativen:

- Programm zur Zusammenarbeit zwischen den für das soziale Wohnungswesen zuständigen Stellen, den Sozialdiensten und den Pflegediensten für die Integration von Menschen mit Behinderungen, älteren Menschen, Immigranten, Flüchtlingen, Reisenden, Roma, Obdachlosen (Finnland, Vereinigtes Königreich).

- Verstärkte Orientierung der Stadtentwicklungspolitik auf die schwächsten Gruppen und die benachteiligten Gebiete (Dänemark).

- Deckung der Mehrkosten für behindertengerechte Wohnungen (Österreich, Frankreich, Luxemburg)

- Programm zur Arbeit von Beratern im Wohnviertel (im Wohnhaus) für die Koordinierung der örtlichen sozialen Initiativen, die Unterstützung beim Aufbau von Netzwerken unter den Bewohnern sowie von Aktionen der sozialen Prävention (Dänemark, Finnland).

- Aufbau von ,Vermittlungsstellen" (öffentliche Einrichtungen, gemeinnützige Verbände, Genossenschaften), die schutzbedürftigen Personen Informations- und Maklerdienste für das Mieten von bezahlbaren Wohnungen anbieten (Luxemburg, Belgien, Frankreich).

- Bereitstellung von betreutem Wohnraum (mit Unterstützung durch eine Fachkraft aus dem Sozialwesen oder dem Gesundheitsdienst) für ältere Menschen, Behinderte , Obdachlose usw. (Frankreich, Dänemark, Schweden, Deutschland, Niederlande, Vereinigtes Königreich).

Soziale und haushaltsseitige Begleitung der Gas- und Stromverbraucher in Zahlungsschwierigkeiten (Belgien)

Zur Schuldenlast von Menschen gehören fast immer Schulden im Zusammenhang mit der Energieversorgung. Hier geht es immerhin um Lebensbedürfnisse. Die belgische Bundesregierung hat die Initiative ergriffen und den Staatlichen Zentren für Sozialhilfe (,Centres publics d'aide sociale" - CPAS) ermöglicht, sowohl vorbeugend als auch helfend verstärkt tätig zu werden; sie verabschiedete das ,Gesetz zur Übertragung der Aufgabe der Anleitung und finanziellen Sozialhilfe an die CPAS im Rahmen der Energieversorgung für Bedürftigste" (4. September 2002).

Dieses Gesetz ist eine Antwort auf die Notwendigkeit, zum einen die Auswirkungen der Liberalisierung des Strom- und des Gasmarktes abzufangen und zum anderen der wachsenden Nachfrage nach Hilfeleistung bei Überschuldung nachzukommen. Bei Öffnung des Strom- und des Gasmarktes wurde die Möglichkeit ins Auge gefasst, in Belgien einen aus einer Energietransportabgabe zu bildenden Fonds einzurichten, um bestimmte Pflichtleistungen des öffentlichen Dienstes zu finanzieren. Außerdem wurde beschlossen, im Vorhinein beim Gas- und Elektrizitätssektor Mittel zu erheben, die dann an die Staatlichen Zentren für Sozialhilfe (CPAS) gehen sollen, damit die in besagtem Gesetz vorgesehenen Aufgaben finanziert werden können.

Diese Aufgaben betreffen zwei Teilbereiche. Im ersten geht es um die Betreuung sowie die soziale und haushaltsseitige Begleitung der Gas- und Stromverbraucher, die in Zahlungsschwierigkeiten geraten sind. Dazu gehören die Aufstellung und Verhandlung von Rückzahlungsplänen sowie eine Möglichkeit der Anleitung für die tägliche Haushaltsführung. Im zweiten Bereich ist die Möglichkeit vorgesehen, eine finanzielle Hilfe zur Begleichung der Rechnungen zu gewähren, damit der Betroffene auf gesunder finanzieller Basis neu anfangen kann, und zugleich wird den CPAS angetragen, im Energiebereich eine präventive Sozialpolitik zu betreiben.

5.3. Zugang zur medizinischen Versorgung

Der tatsächliche Zugang aller Menschen zur notwendigen medizinischen Versorgung gilt bei allen Mitgliedstaaten als Priorität.

Gleichwohl bestehen in den meisten Ländern offenbar noch immer bestimmte Hindernisse für den Zugang zum Gesundheitswesen, unter denen schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen besonders stark zu leiden haben:

- Wartezeiten;

- zu hohe Kosten der medizinischen Versorgung und Behandlung für einkommensschwache Patienten;

- administrative, kulturelle oder territoriale Hindernisse für den Zugang zur medizinischen Versorgung;

- Unzulänglichkeiten in den Bereichen Voruntersuchung, Impfung, Sensibilisierung.

Im Übrigen lässt die Frage nach dem künftigen Umgang mit den von der Sozialversicherung zu übernehmenden Kosten in der medizinischen Versorgung die Befürchtung aufkommen, dass für Menschen mit geringem oder bescheidenem Einkommen der Zugang zur Versorgung immer schlechter wird, sofern ihn die Mitgliedstaaten nicht garantieren. Diese Kostenbewältigung wird zwar in vielen Mitgliedstaaten angekündigt, lässt sich aber in den NAP(Eingliederung) 2003-2005 nicht finden.

Schließlich geben die Studien, auf die sich die Mitgliedstaaten in ihren NAP(Eingliederung) berufen, Aufschluss darüber, dass bei den schutzbedürftigen sozialen Gruppen deutlich Situationen vorherrschen wie psychische Dekompensation, übermäßiger Genuss/Abhängigkeit von Tabak, Alkohol und Drogen, Atemwegserkrankungen, Fettleibigkeit, Unfallfolgen, Frühgeburten oder Geburt von untergewichtigen Kindern, Kindersterblichkeit (Frankreich, Irland, Deutschland, Portugal, Belgien).

Einige Mitgliedstaaten bevorzugen einen ganzheitlichen Ansatz für den Abbau der sozial-ökonomischen Ungleichheiten im Gesundheitswesen, (Niederlande, Belgien, Frankreich, Dänemark), wohingegen andere sich lediglich mit einigen besonderen Problemen näher befassen.

Die in den NAP(Eingliederung) 2003-2005 dargelegten Maßnahmen lassen sich in drei große Kategorien unterteilen.

Bessere Bezahlbarkeit und Erreichbarkeit der Gesundheitsdienste

Der Zugang zur Gesundheitsversorgung und zu medizinischer Behandlung bzw. zu Operationen kann durch finanzielle, institutionelle, administrative und kulturelle wie auch territoriale Hürden behindert werden.

Diese Hindernisse bringen für die benachteiligten Bevölkerungsgruppen Verzögerungen in der Erlangung von Versorgungsleistungen mit sich, die oftmals ein Faktor schwerwiegender Verschlechterung des Gesundheitszustands sind und zugleich einen erhöhten ökonomischen und sozialen Aufwand auslösen.

Es zeigt sich, dass vier Mitgliedstaaten auf der Grundlage bezifferter und terminierter Konzepte entschlossen mit dem Abbau der Wartezeiten in Sprechstunden bei Allgemeinmedizinern und Fachärzten sowie für medizinische Behandlungen und chirurgische Eingriffe beginnen (Finnland, Irland, Portugal, Niederlande, Schweden).

Zwei weitere Mitgliedstaaten (Frankreich, Belgien) haben vorgesehen, intensiver an der Abschaffung bzw. an der Reduzierung der finanziellen Behinderung des Zugangs zur medizinischen Versorgung und Behandlung zu arbeiten, und zwar durch folgende Maßnahmen:

- Anhebung der jährlichen Obergrenze für Ausgaben, die von den Haushalten zu tragen sind, und garantierter Anspruch auf gesundheitliche Versorgung für Personen mit illegalem Aufenthalt (Belgien).

- Pauschale Subventionierung der Krankenzusatzversicherung für Personen, deren Einkommen um 10% über der Obergrenze der allgemeinen Krankenversicherung liegt, die eine 100%ige Erstattung der Kosten für Versorgungs- und Behandlungsleistungen für Einkommensschwache übernimmt (Frankreich).

Eine Reihe von Mitgliedstaaten hat vorgesehen, den Zugang zu ihren Gesundheitsdiensten insbesondere für benachteiligte Personengruppen auszubauen. Folgende neue Maßnahmen werden in Aussicht gestellt:

- Bereitschaftsdienste für Bedürftige in den Krankenhäusern, besetzt mit medizinischen und sozialen Fachkräften, Schulung des Pflege-, Verwaltungs- und Sozialpersonals in der Problematik der Bedürftigkeit und der sozialen Ausgrenzung, Organisierung einer kontinuierlichen Betreuung von Menschen in finanzieller Not (Frankreich).

- Mobile Betreuungsteams, zu denen auch Psychiater gehören, für Menschen auf der Straße, und zwar in Partnerschaft mit den NGO (Dänemark).

- Umfassenderes Angebot an Diensten der grundlegenden Gesundheitsfürsorge insbesondere in ländlichen Gebieten und benachteiligten Stadtgebieten bzw. für besondere Zielgruppen wie Obdachlose und Zuwanderer (Österreich, Griechenland, Portugal, Belgien).

- Verbesserung der Notdienste (Frankreich, Portugal)

Anpassung der Leistungen an die Bedürfnisse der am stärksten benachteiligten Bevölkerungsgruppen

Die Anpassung der Gesundheitsfürsorge an die Grundbedürfnisse der am stärksten benachteiligten Bevölkerungsgruppen ist die zweite Schwerpunktaufgabe bei den politischen Maßnahmen, die darauf abzielen, jedem Einzelnen die für seinen Gesundheitszustand notwendige Versorgung, auch in Abhängigkeitssituationen, zugänglich zu machen.

Einige dieser Bedürfnisse werden besonders hervorgehoben und sind Gegenstand einer Ausweitung der bestehenden Systeme, u. a:

- Gesundheitsfürsorge für Kinder und Jugendliche (Deutschland)

- Behinderungen, Abhängigkeit älterer Menschen (Griechenland, Italien, Spanien, Niederlande und Schweden)

- Psychische Probleme (Spanien, Frankreich, Griechenland, Niederlande, Schweden, Vereinigtes Königreich)

- Behandlung von Alkoholismus und Drogenmissbrauch (Dänemark, Schweden, Deutschland).

Erweiterung der Voruntersuchungen, der Prophylaxe, der Sensibilisierung und der Gesundheitserziehung für alle unter besonderer Beachtung mittelloser Einzelpersonen und Gruppen.

Hierzu legen nur wenige Mitgliedstaaten umfassende Strategien vor:

- Frankreich sieht die Verlängerung seiner Regionalprogramme für den Zugang zur Gesundheitsvorsorge und Behandlung (PRAPS) vor, mit denen die Fachwelt, die NGO und die Institutionen mobilisiert und zugleich zahlreiche Kampagnen in Gang gesetzt werden sollen, so z. B. : Maßnahme zur Verringerung der Infektionsgefahren, Verhütung von Addiktionen, Bekämpfung der Bleivergiftung, bessere Berücksichtigung der Probleme mit geistiger Gesundheit bei Jugendlichen in Schwierigkeiten. Frankreich plant außerdem die Fortführung seines Programms ,Workshops Gesunde Stadt" zur Ermittlung der spezifischen Bedürfnisse in den Stadtvierteln unter Einbeziehung der Bevölkerung und zuständiger Fachkräfte auch im Hinblick auf eine stärkere Koordinierung.

- Belgien und Spanien entwickeln sektorübergreifende Strategien zur Prävention und Gesundheitserziehung für Risikogruppen.

Mehrere Staaten legen das Schwergewicht auf Aktionen für die Gesundheit von Kindern und Schwangeren mit nachfolgend aufgeführten Maßnahmen, die sich spürbar auf die am stärksten benachteiligten Personengruppen auswirken sollen:

- Angestrebte Verringerung der zwischen den sozioökonomischen Gruppen bestehenden Diskrepanz bei der Geburtenziffer untergewichtiger Kinder mit Hilfe von Gesundheitserziehungsaktionen während der Schwangerschaft (Ernährung, Alkohol, Tabak) und der Förderung von ärztlichen Untersuchungen vor der Geburt (Irland).

- Finanzieller Anreiz für regelmäßige ärztliche Untersuchungen für junge Kinder und deren Mütter (Österreich, Frankreich).

- Ausbau der vorbeugenden Medizin an den Schulen: Früherkennung, Impfungen, Erkennung von psychischer Dekompensation oder von Sprachproblemen (Frankreich, Österreich, Niederlande).

- Programm zur sexuellen Erziehung in der Schule mit Blick auf die Verringerung der Schwangerschaftsrate bei Jugendlichen - bedeutender Risikofaktor für Armut (Dänemark).

Die Niederlande bieten als einziger Mitgliedstaat eine Strategie zur Anhebung der Lebenserwartung von Menschen auf niedrigem sozioökonomischen Niveau an (von 53 auf 56 Jahre bis 2020). Sie setzen sich auch das Ziel, bei den abhängig Beschäftigten krankheitsbedingte Ausfälle um die Hälfte zu senken, und zwar durch den Ausbau der Arbeitsmedizin und die Ausweitung der Teilzeitbeurlaubung sowie die Anpassung der Arbeitsbelastung bei Rückkehr an den Arbeitsplatz.

Regionale Programme für den Zugang zur Gesundheitsvorsorge und Behandlung (Frankreich)

Mit den Regionalprogrammen für den Zugang zur Gesundheitsvorsorge und Behandlung (PRAPS) sollen durch den Anstoß einer dynamischen Bewegung auf regionaler Ebene die Ungleichheiten im Zugang der in finanzielle Not geratenen Bevölkerungsgruppen zur Prävention und zur medizinischen Versorgung abgebaut werden. Es ist gelungen, dadurch die Fachkräfte, Institutionen und NGO zu mobilisieren. Der Prozess löste mehr als 1 500 Maßnahmen in den vielfältigsten Bereichen aus: geistige Gesundheit von in Schwierigkeiten geratenen Jugendlichen, psychisches Kranksein von Menschen in finanzieller Not, Verhütung von Addiktionen, Maßnahme zur Verringerung von Infektionsgefahren, Vorgehen gegen gesundheitsgefährdendes Wohnen und Bekämpfung von Bleivergiftungen, Besorgung von Unterkünften und Zugang zu Wohnraum für Mädchen und Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind, usw. Im Rahmen dieser Programme wurden in mehr als 370 staatlichen Krankenhäusern Bereitschaftsdienste zur ärztlichen Versorgung der Bedürftigsten (PASS) eingerichtet. Es handelt sich hier um medizinisch-soziale Stellen, deren Zweckbestimmung darin besteht, diesen Menschen ärztliche Betreuung, Prävention und Vorsorgeuntersuchungen zugänglich zu machen, auf ihre Probleme zu reagieren und sie bei den notwendigen Schritten zur Durchsetzung ihrer sozialen Schutzansprüche zu begleiten. Diese Bereitschaftsdienste haben u. a. folgende Aufgabe: Erschließung sämtlicher Möglichkeiten für die Aufnahme und die Versorgung in Notlagen (Vor- und Nachsorge), Besorgung von geeigneten und gegebenenfalls mobilen Behandlungsstellen für die am stärksten Ausgegrenzten, Sensibilisierung und Schulung des Pflege-, Verwaltungs- und Sozialpersonals in der Problematik der Bedürftigkeit, Erkundung geeigneter Aufnahme- und Betreuungsbedingungen für Menschen, die nach Entlassung aus dem Krankenhaus eine schwere Behandlung durchmachen. Zwanzig Bereitschaftsdienste sind zwecks epidemiologischer Auswertungen mit einer Software für medizinisches, soziales und verwaltungstechnisches Monitoring ausgestattet worden.

5.4. Zugang zur Bildung

In allen NAP wird der Zugang zur Bildung als grundlegendes Recht und Hilfsmittel ausführlich beschrieben, das soziale Ausgrenzung verhindert, Risiken vermindert und die Wiedereingliederung in die Zivilgesellschaft und in das Erwerbsleben unterstützt. Ferner setzt sich immer stärker die Auffassung durch, dass schulische Bildung nicht etwa nur eine bestimmte Lebensphase betrifft, sondern im Rahmen des lebenslangen Lernens zu betrachten ist, wozu auch alle außerschulischen und informellen Lernmöglichkeiten zählen. Diese reichen über das Lernen in der frühen Kindheit (bewusste Anregung durch Eltern zu Hause sowie öffentliche Betreuungs- und Bildungsstätten), über die Vorschulerziehung bis hin zur Hochschulbildung, beruflichen Erstausbildung, allgemeinen Erwachsenenbildung, staatsbürgerlichen Erziehung und beruflichen Fortbildung. Alle diese Faktoren sind sehr wichtig, jedoch ist die erfolgreiche Absolvierung der Erst- und Grundausbildung für Menschen aus einem chancengeminderten Umfeld entscheidend, um einen Weg aus der familiär vorhandenen und Generationen übergreifenden Dimension der sozialen Ausgrenzung zu finden. Eine sorgfältige frühkindliche Erziehung und die Unterstützung der Eltern mit gezielten und interdisziplinären Hilfsangeboten, u. a. das Erlernen von Familienkompetenzen, können besonders aussichtsreiche Ansätze sein, um den Zyklus von Generationen übergreifender Armut zu durchbrechen und Kindern mit besonderen Erfordernissen zu helfen, bis zum Beginn der Schulpflicht zu den Gleichaltrigen aufzuschließen. Durch lebenslanges Lernen bieten sich Chancen für alle Altersgruppen, insbesondere für jene, die die Schule vorzeitig abgebrochen haben.

Obwohl das Thema Bildung breiten Raum einnimmt, wird nicht ganz deutlich, wie wichtig sie für die Überwindung von Ausgrenzung ist, noch ist ein allgemeiner strategischer Ansatz zur Frage des lebenslangen Lernens und der sozialen Ausgrenzung vorhanden. Das ist zum Teil in der Struktur der NAP begründet: viele der für das lebenslange Lernen im eigentlichen Sinne relevanten Maßnahmen sind auf unterschiedliche Abschnitte verteilt. Manche NAP lassen ferner die Tendenz erkennen, Bildung vorrangig vom Standpunkt der Zugangsmöglichkeiten zum Arbeitsmarkt aus zu betrachten und deren Bedeutung für die Integration in die Zivilgesellschaft zu vernachlässigen, insbesondere im Zusammenhang mit der aufkommenden wissensbasierten Gesellschaft und aktivem bürgerlichen Engagement. Die Zusammenhänge zwischen Lernfortschritten und anderen Faktoren, die das Leben der Menschen beeinflussen, so z. B. Gesundheit, Umwelt, Familie und Gemeinde, werden nicht überall optimal dargestellt. Ferner wird in den NAP nur wenig darauf eingegangen, welche Bedeutung die Mitgliedstaaten den Möglichkeiten einer aktiven Beteiligung junger Menschen an allen Bereichen der Gesellschaft sowie transparenten und partizipativen Strukturen für lebenslanges Lernen beimessen, was Bestandteil ihrer 2002 vorgelegten Berichte zur Umsetzung des Weißbuchs ,Jugend" war. Es gibt inzwischen einen großen Bestand an bewährten Verfahren in den Mitgliedstaaten, die dank der Gemeinschaftsprogramme, etwa Sokrates, Leonardo und JUGEND, zusammengekommen sind. Sie machen deutlich, welchen Beitrag Bildung und lebenslanges Lernen zur Vermeidung von sozialer Ausgrenzung leisten können. In den NAP werden sie allerdings nur selten genannt.

Trotz der vorstehend aufgeführten Vorbehalte lässt sich, ausgehend von den verschiedenen von den Mitgliedstaaten angeführten Aktionen und Ansätzen und aufgrund der mit Sokrates und anderen Programmen gesammelten Erfahrungen, ein Rahmen abstecken, mit dem sichergestellt wird, dass Möglichkeiten für lebenslanges Lernen und berufliche Bildung umfassend zur Errichtung einer sozial integrativen Wissensgesellschaft in Europa beitragen. Für einen umfassenden Ansatz haben sich folgende Elemente als wichtig herauskristallisiert:

- Öffnung aller Stufen der allgemeinen und beruflichen Bildung für alle Menschen ohne Diskriminierung aufgrund von Alter, Geschlecht, Behinderung, Kultur, Religion, Region oder Nationalität;

- Förderung der Mitwirkung der Lernenden sowie ihrer Rechte in allen Phasen des Lernprozesses;

- Verfolgung der sozialen Eingliederung als Querschnittsaufgabe während des gesamten lebenslangen Lernprozesses;

- Schaffung der notwendigen Voraussetzungen, damit jeder Mensch über Basiskompetenzen und über die für die wissensbasierte Gesellschaft erforderlichen neuen Kulturtechniken verfügt;

- Ausbau des Netzes spezialisierter Betreuungs- und Beratungsdienste, u. a. Beratung und Orientierung beim Wechsel der Bildungsebene;

- Entwicklung einer offenen Lernumgebung in der Gesellschaft und am Arbeitsplatz.

Einige Themen finden regelmäßige Erwähnung in den NAP (Einbeziehung).

Verstärkte frühzeitige Förderung: Es wird weithin anerkannt, dass dem Lernen in den ersten Lebensjahren eine entscheidende Bedeutung zukommt. Jedoch werden nur in wenigen Ländern systematische Betreuungs- und Lernkonzepte für Kinder im Vorschulalter verfolgt, während andere Länder dies lediglich als Unterstützung berufstätiger Mütter oder von Familien betrachten, insbesondere von Kindern aus benachteiligten Familien. Erforderlich ist die Schaffung eines Screeningsystems in allen Ländern, um (potenzielle) Lernschwierigkeiten zu erkennen und so Probleme zu vermeiden und eine rechtzeitige Förderung in der frühen Kindheit zu gewährleisten. Hierfür müssen die Gesundheits-, Bildungs- und Sozialeinrichtugnen kontinuierlich und strukturiert zusammenarbeiten.

In seinen NAP verweist Dänemark auf die Notwendigkeit, früh mit dem Lernen zu beginnen, um eine bestehende soziale Benachteiligung wettzumachen. Bereits in der frühen Kindheit werden Grundfertigkeiten wie Kommunikation durch frühes Erlernen der Sprache, Zahlenverständnis sowie soziale, kulturelle und staatsbürgerliche Kompetenz vermittelt. Schwerpunkt ist ein koordinierter frühzeitiger Ansatz in den Kindergärten. Im Vereinigten Königreich wird wiederum auf die Bedeutung integrierter lokaler Initiativen während der ersten Lebensjahre im Rahmen des Surestart-Programms verwiesen. Schweden hat sein Vorschulangebot erweitert, wodurch mehr Kinder arbeitsloser oder zugewanderter Eltern Zugang zu Vorschulen erhalten. In Deutschland soll vor allem das Angebot im Altersbereich 0-3 Jahre erweitert und die Qualität der Betreuung und Bildung von Vorschulkindern verbessert werden. Irland setzt auf sein Programm ,Early Start").

Verknüpfung von Kinderbetreuung und Primarbereich (Niederlande)

Im Jahre 2001 nahm die Stadt 's-Hertogenbosch Kinderbetreuungseinrichtungen für fünf Schulen innerhalb der Gemeinde unter Vertrag. Über die Stiftung ,Stichting Peuterspeelzaalwerk 's-Hertogenbosch" beteiligten sich fast alle schulischen Einrichtungen (ca. 93 %). Die Zusammenarbeit zwischen den Betreuungseinrichtungen und dem Primarbereich zielt darauf ab, für Kinder zwischen 0 und 12 Jahren einen durchgehenden Entwicklungsverlauf zu erreichen, d. h., es soll keine Brüche zwischen den vorhandenen (pädagogischen) Einrichtungen geben.

Zu diesem Zweck wird 's-Hertogenbosch in den kommenden Jahren alle Betreuungseinrichtungen in den Primarschulen selbst unterbringen. Bis Mai 2003 wurden bereits 70 % des Vorhabens umgesetzt. Im Rahmen der Vorschriften für Vorschul- und Frühschulbildungsprogramme (vve) wurden ferner Kooperationscluster zwischen Betreuungseinrichtungen und Primarschulen rund um die Umsetzung des vve-Programms gebildet. Diese Cluster sind in heruntergekommenen Stadtvierteln angesiedelt, da die vve-Vorschriften vor allem auf Kinder zwischen zwei und fünf Jahren aus dieser Zielgruppe abzielen (Kindergarten und Vorschulalter). Wichtigstes Ziel ist es, Benachteiligungen oder Lernbehinderungen von Kindern aus Familien ethnischer Minderheiten und auch von einheimischen Kindern rechtzeitig anzugehen, um (sprachliche) Nachteile in Gruppe 3 der Primarbildung zu verhindern.

Vermeidung von Bildungsnachteilen im Schulsystem: Die Gewährleistung gleicher Chancen für alle im Bildungssystem zieht sich als Thema durch alle Ansätze. Einerseits wird eine universelle und flächendeckende Gestaltung des vorhandenen Angebots erstrebt (FIN, F, S), andererseits sollen bestimmte Gruppen besser erreicht werden (A, D, DK, EL, E, I), wie z. B. Kinder von Migranten oder junge Menschen mit Behinderungen. Es werden eine Vielzahl von verschiedenen Ansätzen genannt:

- Besonderes Augenmerk gilt dem Übergang zwischen den einzelnen Schultypen, darunter auch zwischen Kindergarten und Primarbereich (F) bzw. zwischen Schule und Ausbildung (FIN);

- die Entwicklung der Schüler sollen intensiver verfolgt werden (DK), es sollen mehr persönliche Aktionsprogramme zur Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse von Schülern mit Schwierigkeiten entwickelt werden (E, S) und jene Schüler individuelle Hilfe erhalten, bei denen die Gefahr eines vorzeitigen Schulabbruchs besteht (IRL).

- Verstärkung der Anstrengungen zur Verhinderung von Analphabetismus unter Kindern (A, E, F, IRL, S, UK). In Frankreich setzt man beispielsweise in Problemgebieten auf kleinere Unterstufen-Klassenverbände zur Förderung von Lese- und Schreibfähigkeiten und Kenntnissen in der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) sowie zur Früherkennung und Behandlung von Legasthenie. Leseübungen sollten bei Bedarf bis zum Erreichen der Sekundarstufe fortgesetzt werden. In den Niederlanden wird die Bereitstellung von Zusatzmitteln an Schulen für Schüler mit Lernschwächen erwogen, besonders im sprachlichen Bereich. Über das Programm ,Frühe Leseförderung" (Early Literacy Measure) wird in Irland ein proaktiver Ansatz zur Vorbeugung vor Leseschwierigkeiten entwickelt. In Schweden wird zwecks Verbesserung der Lernziele in den höheren Jahren der Sekundarstufe der Anspruch der Schüler auf Unterstützung an der Schule gestärkt, so z. B. über die Einzahlung in einen Fonds, der der Förderung der Grundfähigkeiten der Schüler im Lesen, Schreiben und Rechnen dient.

- Ausbau der sonderpädagogischen Dienste (FIN, F, IRL) sowie des Angebots an pädagogischen Unterstützungs- und Beratungsleistungen (DK, FIN, F, IRL);

- Optimierung der außerschulischen Angebote, so z. B. durch Hausaufgabenbetreuungs dienste (DK), außerschulische Maßnahmen (UK) und Schulhorte;

- Ausbau der Schulungsmaßnahmen für Lehrer zum Thema soziale Eingliederung (DK, EL, P) und der Kontakte zwischen Elternhaus und Schule sowie der Elternbeteiligung (DK, E, I, IRL);

- Überwindung von Kostenschranken für eine umfassende Teilnahme am schulischen Leben, darunter Erwerb von Hilfs- und Lehrmitteln und Teilnahme an externen Aktivitäten (B, E, NL, UK);

- Erarbeitung integrierter Ansätze zu Bildungsnachteilen auf lokaler Ebene, z. B. über Bildungs-Aktionsbereiche (UK) oder Optimierung von Schulen in abgelegenen Gebieten (S).

Aus dem von den Mitgliedstaaten beschriebenen Maßnahmenspektrum geht deutlich hervor, dass sich die Aufgaben der Schulen wandeln und dass die Schulen eine weiter gefasste Unterstützungsfunktion übernehmen. Sie entwickeln sich zu Lerngemeinschaften, die offen für eine Vielzahl anderer Hilfestellungen sind. Dies setzt die Mitwirkung aller notwendigen Partner an ihrer Arbeit sowie die Entwicklung einer Vision der inklusiven Schule voraus. Die Verschiedenartigkeit der Maßnehmen unterstreicht zugleich die Notwendigkeit einer verstärkten Koordinierung zwischen den verschiedenen Verwaltungsebenen. Erforderlich sind kohärente Planungssysteme, um Ziele zu definieren, die Umsetzung zu überwachen und den Fortschritt zu bewerten; dies gilt insbesondere für das Problem des frühzeitigen Schulabbruchs, das verschiedene Bereiche berührt.

Umgang mit Schulabbruch: Viele Mitgliedstaaten widmen sich speziell der Problematik der Schulabbrecher. Im Vordergrund steht dabei die Prävention durch die vorstehend aufgeführten Maßnahmen, mit denen die gesellschaftliche und interkulturelle Dimension der Schulverwaltung und der verfolgten Strategien gefördert und eine bessere individuelle Kontrolle und Betreuung der Schüler, bei denen die Gefahr eines Schulabbruchs besteht, gewährleistet werden soll. Besonderes Augenmerk gilt der engeren Verknüpfung allgemeiner und berufsbezogener Bildungsmaßnahmen (F) sowie - bei Menschen, die nicht wieder in das normale Bildungssystem integriert werden können, - einer stärkeren Verbindung zwischen Lern- und Arbeitsprogrammen (NL). Die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes und die Mobilisierung verschiedener Einrichtungen ist für die Niederlande ebenso wichtig wie die Entwicklung integrierter Lösungskonzepte für Belgien. Ein Schulabschlussprogramm wendet sich in Irland direkt an alle potenziellen Schulabbrecher. Mit dieser wichtigen Initiative sollen schulabbruchgefährdete Schüler und Jugendliche bevorzugt gefördert werden.

Erweiterung des Zugangs zur Erwachsenenbildung und Verbesserung der Basiskompetenzen: Die Bedeutung der Erwachsenenbildung als zweite Chance für diejenigen, die die Schulbildung nicht ausgeschöpft haben, ist ein stetig wiederkehrendes Thema (DK, IRL). Die Bedürfnisse einzelner Gruppen wie Menschen mit Behinderungen, Zuwanderer oder Frauen werden häufig angesprochen. Schweden setzt auf die Ausweitung der Erwachsenenbildung für Migranten, so z. B. auf direkte Ansprache, Beratungs- und individuelle Lehrpläne. In vielen NAP (B, D, DK, F, NL, UK) wird auf die Verstärkung des Kampfes gegen Analphabetismus im Erwachsenenalter verwiesen. Das Ausmaß des Analphabetismus wird sehr unterschiedlich bewertet, wodurch der Eindruck entsteht, dass Europa einer umfassenden Alphabetisierungskampagne für Erwachsene bedarf. In diesem Bereich besteht ein dringender Bedarf an Untersuchungen über die Methoden zur Bewertung der Lese-, Schreib- und Rechenschwierigkeiten von Erwachsenen. Besondere Aufmerksamkeit wird in mehreren NAP integrierten Ansätzen auf lokaler und regionaler Ebene (D, F) sowie Sprachkursen für Migranten (DK, F, NL, S) gewidmet. Griechenland setzt als einziges Land auf die Möglichkeit, Bildungsschwächen im Rahmen einer breiter angelegten Sozialpolitik zu beseitigen und wendet sich mit Alphabetisierungsmöglichkeiten und Methoden des lebenslanges Lernens an Wehrpflichtige. Während Lese- und Rechenkompetenz regelmäßig Erwähnung finden, wird der systematische Zugang zu für die Wissensgesellschaft wichtigen Fertigkeiten (wie IKT-, Kommunikations- und staatsbürgerliche Kompetenz) auf lokaler, regionaler oder nationaler Ebene nur sporadisch gewährleistet. Dies gilt vor allem für diejenigen, die nicht mehr erwerbstätig sind. Es ist somit sicherzustellen, dass die Erwachsenenbildung ein breites Spektrum an Bildungs- und Weiterbildungsangeboten bereithält, die auf die individuellen Erfordernisse der Lernenden zugeschnitten sind; oft geht es dabei um die Vermittlung von Lebensfertigkeiten.

Finnland verweist auf die Bedeutung der Ausweitung von Möglichkeiten des lebenslangen Lernens für ältere Menschen. Trotz des Alterns der Bevölkerung schenken die meisten NAP der Erleichterung des Zugangs zur Lernmöglichkeiten für ältere Menschen nur wenig Beachtung. Dabei liegt in den Mitgliedstaaten ein stetig wachsender Erfahrungsschatz vor, aus dem man Informationen zu Generationen übergreifenden Möglichkeiten lebenslangen Lernens schöpfen könnte.

Vor allem herrscht der Eindruck vor, dass die in den NAP aufgeführten Bildungsmöglichkeiten größtenteils darauf gerichtet sind, den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu unterstützen. Da die Mehrheit der ausgegrenzten Bevölkerung nicht erwerbstätig ist, sollten die Möglichkeiten des lebenslangen Lernens auch optimale Lebensbewältigung, Überlebenskompetenz, staatsbürgerliches Engagement und soziale Kompetenz mit einschließen. Es wird zu wenig darauf eingegangen, wie man die Wissensgesellschaft für Menschen zugänglich machen kann, die in keinem Beschäftigungsverhältnis stehen und daher auf dem Arbeitsmarkt als ,nicht erwerbsorientiert" angesehen werden, wovon insbesondere Frauen betroffen sind.

Es fällt auf, dass die meisten NAP sich dem Zugang zu höherer Bildung nur am Rande widmen, obwohl die Maßnahmen für lebenslanges Lernen in Europa auf die Öffnung der Hochschulausbildung auch für nicht im herkömmlichen Sinne Lernende abzielen und vermehrt Angehörige ethnischer und kultureller Minderheiten an den Universitäten studieren sollen. In Schweden zählt jedoch der erleichterte Zugang zur Hochschulbildung für Frauen und Männer ungeachtet ihrer ethnischen Herkunft zu den Hauptzielen. Im Vereinigten Königreich wird ein Paket zur Unterstützung allein erziehender Eltern in der Weiter- und Hochschulbildung aufgeführt, im Rahmen dessen die Zusatzkosten für die Kinderbetreuung übernommen werden sollen. Irland nennt eine Vielzahl von Programmen zur vermehrten Einbeziehung benachteiligter Gruppen in die dritte Ausbildungsstufe, so z. B. den Sonderfonds für Studenten mit Behinderungen, den Studentischen Hilfsfonds und die Einrichtung eines Nationalen Büros für den Zugang zur Hochschulbildung.

5.5. Zugang zur Kultur

Kulturpolitik sollte ein zentraler Bestandteil eines jeden umfassenden und mehrdimensionalen Ansatzes zur Bekämpfung und Vermeidung von Armut und sozialer Ausgrenzung sein. Die Teilnahme an kulturellen Aktivitäten ist eine wichtige Möglichkeit, mit der Menschen und Gemeinschaften ihre eigene Identität bestimmen und ausgestalten und diese anderen vermitteln und nahebringen sowie sich in symbolischer Weise austauschen können. Somit ist Kultur ein Mittel für die aktive Teilhabe an der demokratischen Gesellschaft. Die Förderung des Zugangs zu kulturellen Aktivitäten und die Teilnahme daran ist ein ebenso bedeutsamer und gewichtiger Faktor bei der Errichtung einer integrativen Gesellschaft wie die Förderung der Teilnahme an den Bereichen Wirtschaft, Beschäftigung oder Soziales. Im Vergleich zur Sozialpolitik ist für kulturelle Aktivitäten entscheidend, dass diese einen positiven Ausgangspunkt haben: Menschen werden nicht als Problem, sondern als potenzielle und konkrete Bereicherung angesehen.

Zusätzlich zu den der Kultur immanenten Werten kann auf eine Vielzahl von Beispielen aus der Praxis verwiesen werden, die zeigen, dass die Teilnahme an kulturellen Aktivitäten einzelnen Menschen und Personengruppen dabei helfen kann, soziale Ausgrenzung zu überwinden. Es existieren zahlreiche Beispiele dafür, wie aktives Engagement in Kunst und Kultur vereinsamten oder ausgegrenzten Menschen ganz entscheidend dabei hilft, Kompetenzen und Selbstbewusstsein zu entwickeln. Auf diese Weise entstehen neue Wege ihrer Beteiligung an der Gesellschaft. Ferner werden hiermit wichtige Möglichkeiten zur Weiterbildung und Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt geschaffen. Ähnlich wichtig ist der Beitrag, den kulturfördernde Programme bei der Erneuerung benachteiligter Gemeinden und Regionen leisten können, indem ein positives Gemeinschaftsbewusstsein und soziales Kapital geschaffen werden, was ein Auslöser für wirtschaftliches und Beschäftigungswachstum sein kann.

Trotz des zentralen Platzes, den die Kultur im Prozess der sozialen Eingliederung in den NAP (Eingliederung) 2003 einnimmt, fehlt es dennoch an strategischen Ansätzen zur Entwicklung einer integrativen Kulturpolitik. In einigen NAP (Eingliederung) (DK, F, EL, IRL, L) wird der Kultur mehr Platz eingeräumt als im Jahre 2001. Trotzdem schenken viele Mitgliedstaaten diesem Thema wenig oder gar keine Beachtung. Wird der Zugang zur Kultur erwähnt, so beschränkt sich dies in vielen Fällen lediglich auf kulturelle Einrichtungen wie Museen und Bibliotheken, was zwar wichtig ist, aber nur einen Teil der notwendigen Maßnahmen ausmacht. Selbst hier werden bemerkenswerte Initiativen in den Mitgliedstaaten nicht erwähnt, so z. B. die Ausbildung von Mitarbeitern kultureller Einrichtungen wie Theatern, Museen und Bibliotheken zu Vermittlern für das lebenslange Lernen, die Lernmöglichkeiten zugänglicher und attraktiver machen, gerade für Wissbegierige im nicht herkömmlichen Sinne, oder auch die Ausbildung von Schauspielern mit multikulturellem Hintergrund für die Theaterarbeit mit sozial ausgegrenzten Menschen. Ebenso spärliche Erwähnung in den NAP vieler Länder findet die ähnlich wichtige und umfangreiche Arbeit an der Basis, insbesondere im Bereich der Gemeinschaftskunst sowie die Sozialarbeit mit Randgruppen und Gemeinden, die von kulturellen Einrichtungen wie Bibliotheken, Museen und Theatern geleistet wird. Möglicherweise wird in manchen NAP versäumt, den an der Basis gesammelten Erfahrungen genügend Bedeutung beizumessen und darauf aufzubauen. Dabei kooperieren hier Aktionspartner aus dem wirtschaftlichen, sozialen, Beschäftigungs- und Kulturbereich miteinander. In vielen Fällen liegt dies an mangelnder Einbeziehung der für die Kultur zuständigen Ministerien und Einrichtungen in die Erarbeitung der NAP (Eingliederung). Es kann jedoch auch Beleg dafür sein, dass in vielen Kulturministerien und -einrichtungen nicht verstanden wird, welche Bedeutung die soziale Eingliederung für ihre Tätigkeit hat, und dass keine ausreichende Abstimmung der übergeordneten sozialen und kulturellen Ziele erfolgt, also im kulturellen Bereich Armut und soziale Integration nicht als Querschnittsthema begriffen werden. Allgemein gesehen, fehlt es wahrscheinlich an einem wirklich mehrdimensionalen Verständnis sozialer Ausgrenzung, tendieren doch die NAP dazu, die Bedeutung des Zugangs zu Beschäftigung zum Nachteil anderer wichtiger Dimensionen überzubewerten, anstatt diese Faktoren als einander bedingend zu behandeln. Gerade in einer Zeit des wirtschaftlichen Abschwungs ist es besonders beunruhigend zu erleben, dass sich in der Politik nicht niederschlägt, in welchem Maße die Vielfalt kultureller Aktivitäten auf lokaler Ebene die soziale Eingliederung unmittelbar fördert. Ein Großteil der Bemühungen gegen soziale Ausgrenzung wird daher möglicherweise nicht gewürdigt und demzufolge nicht länger bevorzugt finanziell gefördert, beispielsweise aus den EU-Strukturfonds, die in diesem Bereich sehr viel leisten.

In den NAP Dänemarks, Finnlands, Griechenlands, Irlands und Luxemburgs finden Programme zur Förderung des Zugangs zu kulturellen Einrichtungen und die Einbeziehung von Kindern in kulturelle Aktivitäten Erwähnung. Dänemark betont, dass ein beträchtlicher Anteil kultureller Angebote, wie z. B. Bibliotheken und Museen, gratis oder gegen einen geringen Beitrag zur Verfügung stehen und somit der sozialen Ausgrenzung entgegenwirken sollen. Zur Förderung der Beteiligung am kulturellen Leben hat die Regierung Bemühungen unternommen, kulturelle Aktivitäten für Kinder durch die Vernetzung größerer Einrichtungen zu unterstützen, so z. B. die Agentur zum Schutz des kulturellen Erbes, die Nationale Bibliotheksbehörde, das Filminstitut und Danish Arts. In Griechenland findet ein Programm des Ministeriums für Beschäftigung und soziale Sicherheit besondere Erwähnung, in dessen Rahmen Gratisgutscheine für Theatervorstellungen, Open-Air-Kinoveranstaltungen, -Konzerte und andere kulturelle Veranstaltungen sowie kostenlose Eintrittskarten für Vorstellungen im Epidaurus und anderen antiken Theatern ausgegeben werden. Griechenland verweist ferner auf die Rolle der Bibliotheken, insbesondere in abgelegenen ländlichen Regionen. Auch Finnland erwähnt die weitere kostenlose Bereitstellung von Basisleistungen von Bibliotheken und deren Rolle beim Zugang zu Wissen und Kultur. Irland geht davon aus, dass mit einem verbesserten Zugang zu Kunst- und Kultureinrichtungen sowie verstärkter Beteiligung an künstlerischen und kulturellen Aktivitäten sozial benachteiligte Menschen und Gruppen insgesamt positiv beeinflusst werden.

Frankreich, Schweden und das Vereinigte Königreich gehen etwas ausführlicher auf Initiativen zur Verbesserung des Zugangs ein. Schweden verweist auf seine geplante Agenda für Kultur 2003-2006, die eine Vielzahl von Initiativen zur besseren Erschließung kultureller Angebote enthält. Im Vereinigten Königreich gilt der Zugang zur Kultur als besonderes politisches Ziel, und die entsprechenden Verwaltungen teilen dieses Ziel. In Schottland wurde beispielsweise die ,National Culture Strategy" mit dem Ziel aus der Taufe gehoben, die Anzahl unterrepräsentierter Gruppen zu erhöhen, insbesondere von Kindern und Jugendlichen. So soll die Teilnahme an kulturellen und sportlichen Aktivitäten bis 2006 um 5 % erhöht werden. England führt zahlreiche interessante Initiativen auf, so z. B. ,Kreative Partnerschaften', die auf die Entwicklung des schöpferischen Potenzials von Kindern in benachteiligten Gebieten abzielen. In Frankreich werden mehrere innovative Aktivitäten zur Steigerung der Teilnahme an kulturellen Aktivitäten und zu einem besseren gegenseitigen Verständnis von Kulturschaffenden und benachteiligten Bevölkerungsschichten vorgeschlagen. Angedacht ist ein Netzwerk im Kultursektor zur Bekämpfung der Ausgrenzung. Belgien und Portugal widmen sich dieser Thematik sehr ausführlich und verweisen auf die herausragende Bedeutung des Zugangs zu Kultur für die Förderung der sozialen Eingliederung. Portugal betont die Verbindung zwischen Bildung und Kultur sowie die Möglichkeiten für die persönliche Entwicklung und den Ausgleich struktureller Ungleichheiten in der allgemeinen Grundbildung. Belgien stellt Daten zur Teilnahme an kulturellen Aktivitäten bereit und verweist auf die niedrige Beteiligung von Personen, die an der Armutsgrenze leben. Der NAP Belgiens stellt ferner eine Reihe von Aktivitäten vor, mit denen das Risiko der Ausgrenzung aufgrund fehlender kultureller Angebote gemindert werden kann und Kulturinitiativen für die sozial am schwächsten gestellten Menschen gefördert werden. Die Verteilung von Kulturschecks an die Ärmsten wird als besonders gelungenes Beispiel für ein interessantes Projekt aufgeführt.

Die Kulturagenda 2003-2006 (Schweden)

Das Kulturministerium legte Anfang des Jahres 2003 eine Agenda für Kultur 2003-2006 vor. Zukünftig wird der Besuch mehrerer staatlicher Museen kostenlos sein, um noch mehr Menschen kulturelle Aktivitäten vermitteln zu können. Weitere Punkte der Agenda sind ständige Maßnahmen für Kinder, behinderte Menschen und Kultur am Arbeitsplatz sowie weitere regionale Programme. Außerdem wird eine von der Regierung eingesetzte Buchpreiskommission bis Ende 2005 die Auswirkungen der Absenkung der Mehrwertsteuer auf Bücher und Zeitungen von 25 % auf 6 % fortlaufend kontrollieren und bewerten. Eine weitere Möglichkeit zur Einbeziehung eines breiteren Personenkreises in kulturelle Aktivitäten besteht darin, professionelle Künstler und Kulturschaffende einzuladen, in Schulen, in Betrieben oder in einem ungewöhnlichen Rahmen aufzutreten. Im Zeitraum 2003-2006 wird das Kulturministerium gemeinsam mit Kulturschaffenden, Künstlerorganisationen und Arbeitgebern neue Rollen für Künstler außerhalb des normalen Kulturbetriebs erkunden.

Der Zugang zu Kultur beinhaltet die Annahme, dass ihre Bedeutung bei der Förderung der sozialen Eingliederung in Gesellschaften mit steigender Zuwanderung zunimmt, was zu größerer ethnischer und kultureller Vielfalt führt. Bei der Förderung sozialer Eingliederung und sozialen Zusammenhalts geht es nicht um Gleichförmigkeit, sondern vielmehr um eine sinnvolle Differenzierung und um die Würdigung unterschiedlicher Kulturen innerhalb einer Gesellschaft. Gleichzeitig kann ein verstärkter Zugang zu den kulturellen Aktivitäten der Mehrheitskultur ein besseres Verständnis sowie ein Zugehörigkeitsgefühl vermitteln, sofern keine Assimilierung angestrebt wird. In dieser Hinsicht wird im NAP Finnlands angesichts der voraussichtlichen Zunahme der Zuwandererzahl die Notwendigkeit anerkannt, die kulturelle Vielfalt zu fördern. Herausragendes politisches Ziel ist die Vermeidung der Eskalation kultureller Konflikte und die Förderung der sozialen Integration ethnischer Gruppen. Ferner plant die Regierung ein Zuwanderungsprogramm, mit dem die Sprache und die kulturellen Rechte von Kindern ethnischer Gruppen gefördert werden sollen.

5.6. Zugang zum Recht

Die Frage des Zugangs zum Recht und zur Justiz und seiner Problematik für bestimmte benachteiligte Gruppen wird in den NAP (Eingliederung) umfassend anerkannt. Die Mehrzahl der Mitgliedstaaten (Belgien, Dänemark, Frankreich, Spanien, Irland, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Schweden und Vereinigtes Königreich) haben in ihren Plänen ausdrücklich Maßnahmen zur Förderung des Zugangs zum Recht behandelt..

Das Thema hat gegenüber den NAP (Eingliederung) 2001-2003 zweifellos an Bedeutung gewonnen. Die diesen Bereich betreffenden Maßnahmen gehören im belgischen NAP (Eingliederung) zu den strategischen Maßnahmen, und die Niederlande verfolgen sogar als konkretes Ziel (,target") die Schaffung eines geeigneten Systems der Beratungs- und Prozesskostenhilfe für benachteiligte Personen, die juristischen Beistand benötigen, damit diese Personen die Rechtsberatung und Mediation unter vergleichbaren Bedingungen wie Personen mit höherem Einkommen in Anspruch nehmen können.

Die NAP (Eingliederung) legen die Betonung insbesondere auf:

- die Verstärkung und Erweiterung der kostenlosen Prozesskostenhilfe für einkommensschwache Bürger, insbesondere durch Lockerung der Einkommensvoraussetzungen für den Zugang;

- den Zugang zu hochwertigen Informationen, auch durch Aufklärungskampagnen über bereits verfügbare Angebote, der als wesentlich angesehen wird, um Rechtsstreitigkeiten beizulegen und Rechte durchsetzen zu können;

- die Mediation zugunsten benachteiligter Gruppen, die auch zur Lösung von Konflikten, darunter zwischen dem Staat und seinen Bürgern, angewendet wird.

Die in den NAP (Eingliederung) genannten Gruppen umfassen ethnische Minderheiten, Zuwanderer, Asylbewerber, ehemalige Straftäter und zur Miete wohnende einkommensschwache Bürger. Ein Rechtsschutz erweist sich außerdem als notwendig und ist vorgesehen für Opfer häuslicher Gewalt, Kinder, Behinderte, Opfer von Menschenhandel, Transsexuelle, unverheiratet zusammenlebende Personen und Prostituierte.

Spanien will z. B. ein Schiedssystem zur Klärung von Beschwerden und Ansprüchen von Behinderten schaffen und Maßnahmen zur Verteidigung vor Gericht treffen. Es plant auch die Verabschiedung eines Gesetzes über den Schutz des Vermögens von Behinderten.

Die NAP (Eingliederung) verweisen auch auf weitere Maßnahmen zur Verbesserung des Zugangs zu Recht und Justiz: Verbesserung der Opferbetreuung, Ausbildung von Polizei- und Justizbeamten, spezielle Beratungszentren für Asylbewerber, Einrichtung eines umfassenden Netzes dezentraler Ausschüsse für den Zugang zum Recht, die Aktionen für von Ausgrenzung bedrohte Gruppen durchführen, sowie Vereinfachung und bessere Verständlichkeit der Verfahren.

5.7. Zugang zu Sport und Freizeitaktivitäten

Wie in der Erklärung über die besonderen Merkmale des Sports und seine gesellschaftliche Funktion in Europa [12] hervorgehoben wird, spielen der Zugang zu Sport- und Freizeitaktivitäten und die Beteiligung an derartigen Aktivitäten eine entscheidende Rolle dabei, die Isolation sozial benachteiligter Gruppen zu verhindern und die Beteiligung an freiwilligen Aktivitäten zu erhöhen, was auf sozial benachteiligte Menschen, Gruppen und Gebiete einen positiven Einfluss hat. Allerdings werden in den NAP (Eingliederung) Sport- und Freizeitaktivitäten nicht vordringlich erwähnt.

[12] Anlage IV der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Nizza.

Sport

Lediglich im Vereinigten Königreich wurde (für Schottland) ein konkretes Ziel gesetzt, mit dem bis 2006 der Anteil der weniger repräsentierten Gruppen, z. B. Kindern und Jugendlichen, an kulturellen und Sportaktivitäten um 5 % erhöht werden soll.

In anderen NAP setzt man insbesondere darauf, Angebote zur sportlichen Betätigung kostengünstig oder gratis zur Verfügung zu stellen (Dänemark, Belgien, Griechenland, Frankreich). Weitere Aktionen sind:

Das Programm ,Sport Capital" Irlands stellt freien und kommunalen Trägern jährlich Mittel zur Verfügung, mit denen Sporteinrichtungen bereitgestellt werden können, um die Beteiligung zu erhöhen und das Leistungsangebot zu verbessern. Besonders bevorzugt werden Anträge von Organisationen aus sozial benachteiligten Gebieten behandelt.

Im belgischen Flandern wurde eine Kampagne zur Unterstützung des Sports in Gemeinden und Kreisen organisiert, an der 60 Gemeinden beteiligt sind. Sie zielt insbesondere auf Kinder ab, denen sonst sportliche Aktivitäten verwehrt blieben. Im Jahre 2003 wird ein konkretes Schulungsprogramm für Sportlehrer in solchen Regionen erarbeitet.

Griechenland fördert die Teilnahme von Menschen mit Behinderungen an Volkssportprogrammen. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Entwicklung von Spezialprogrammen, so z. B. Sport am Arbeitsplatz, an Zigeunerlagerplätzen, in Gebieten mit einem hohen Anteil von griechischstämmigen Rücksiedlern, Muslimen und Ausländern, in denen die Aktivitäten in Verbindung mit den jeweiligen Gruppen organisiert werden. Für die Paralympics werden besondere Vorbereitungen getroffen.

In Schweden läuft ein staatliches Projekt zur Erfassung und Verbreitung von Informationen darüber, wie durch den Einsatz öffentlicher Gelder für den Sport Menschen unterschiedlicher ethnischer Zugehörigkeit profitieren, wie behinderte Menschen diese Mittel nutzen können und wie sie zwischen Frauen und Männern bzw. Mädchen und Jungen aufgeteilt werden.

Freizeit

Initiativen zielen insbesondere auf die Förderung von Gruppen- und Einzelferienreisen für benachteiligte Menschen oder Menschen mit niedrigen Einkommen und deren Kinder ab (Belgien, Luxemburg). Weitere in den Programmen aufgeführte Maßnahmen sind:

Frankreich setzt Kulturprogramme für Menschen mit Behinderungen fort bzw. intensiviert diese. Mit der Plakette ,Tourismus und Behinderung" soll die Zugänglichkeit und behindertengerechte Ausstattung von Sehenswürdigkeiten gefördert werden (Ziel: 500 Plaketten im Jahr 2003). Die Plakette wird ferner für eine nationale Aufklärungskampagne und eine Wanderausstellung genutzt.

Die Organisation für Arbeitnehmergesundheit in Griechenland widmet sich insbesondere der Sicherung des Zugangs seiner Mitglieder zu Kulturgütern und Freizeitaktivitäten (Tourismusgutscheine, Exkursionen, Theaterkarten usw.)

Mit dem Nationalen Spielprogramm Irlands werden Spielmöglichkeiten für Kinder in Gemeinden und ländlichen Gebieten geschaffen, insbesondere für Kinder aus benachteiligten Gebieten.

Das Programm ,Grenzenlos" Portugals sichert den Zugang zu kulturellen Aktivitäten, Sport und Erholung für von Ausgrenzung bedrohte Kinder und Jugendliche. In den Jahren 2003-2006 werden 450 Bücher in Braille-Schrift veröffentlicht, damit Menschen mit Sehbehinderungen besser die Nationalbibliothek nutzen können. Portugal plant ferner, den Anteil behinderter Teilnehmer und deren Familien an kulturellen, Freizeit- und Sportaktivitäten um 10 % zu erhöhen.

5.8. Zugang zu Verkehrsdiensten

Einige wenige Mitgliedstaaten haben in ihren NAP für 2003 auf die äußerst wichtige Tatsache verwiesen, dass Verkehrspolitik entweder zu sozialer Ausgrenzung führen oder aber soziale Eingliederung fördern kann. Jedenfalls war insgesamt kein einheitlicher oder strategischer Ansatz zum Zusammenhang von sozialer Eingliederung und Verkehrspolitik auszumachen. Dies ist ein Schwachpunkt in den mehrdimensionalen Ansätzen der meisten Mitgliedstaaten und lässt erkennen, dass Armut und soziale Ausgrenzung nicht zu einem Querschnittsthema der Verkehrspolitik gemacht worden sind. Die meisten Mitgliedstaaten gehen auf die Verkehrsproblematik überhaupt nicht ein.

Anhand der Ausführungen jener Mitgliedstaaten, die sich diesem Thema widmen (B, EL, F, IRL, UK), lässt sich erahnen, wie verkehrsbedingte Faktoren die Primärrisiken der sozialen Ausgrenzung verschärfen, aber auch, wie eine positive Verknüpfung von Verkehr und sozialen Zielen die soziale Eingliederung fördern kann. Wegen eines begrenzten Zugangs zu Verkehrsdiensten - aus Gründen der Kosten oder des Angebots - kann die soziale Ausgrenzung durch folgende Faktoren verstärkt werden:

- Einschränkung des Zugangs von Arbeitslosen zu Arbeits- und/oder Ausbildungsmöglichkeiten;

- eingeschränkte Nutzbarkeit wichtiger Dienstleistungen, z. B. in den Bereichen Gesundheit, lebenslanges Lernen, Kultur, Sport und Erholung;

- Verringerung der Zugangsmöglichkeiten mancher Gruppen, z. B. Älterer oder Behinderter oder Frauen mit Kleinkindern, zu Einrichtungen und zur Pflege sozialer Kontakte;

- Beeinträchtigung sozialen Kapitals, Aufnötigung eines örtlich begrenzten und eingeschränkten Lebens für Menschen mit geringem Einkommen;

- Aufwendung eines überdurchschnittlich hohen Einkommensanteils von Menschen mit geringem Einkommen oder Sozialhilfeeinkommen für Transportkosten;

- Begrenzung der Möglichkeiten flexiblen Arbeitens und der Abstimmung von Arbeits- und Familienleben;

- Minderung der Chancen von in benachteiligten Gebieten lebenden Zuwanderern und Angehörigen ethnischer Minderheiten, sich in die Gesellschaft zu integrieren.

Durch eine fehlende gute Verkehrsinfrastruktur wird ferner die Möglichkeit benachteiligter Gemeinden beschnitten, sich wirtschaftlich und sozial zu erneuern, was zum weiteren Verfall abgelegener ländlicher Gebiete beiträgt. Arme Kommunen müssen regelmäßig einen übermäßig hohen Kostenanteil für Verkehrsdienste aufwenden, da sie sich häufig in der Nähe zu strategisch wichtigen Transportnetzen befinden, was sie von den Nachbargemeinden isolieren kann, zu einer höheren Luftverschmutzung und Lärmbelastung führt sowie das Risiko von Unfällen erhöht, insbesondere bei Kindern. Da sich das Mobilitätsgefälle zwischen Autobesitzern und Autolosen in den EU-Ländern immer weiter verstärkt, sofern nicht gezielte Maßnahmen den Zugang für alle zu Verkehrsdiensten verbessern, wird der Verkehr auch weiterhin zur Verschärfung der sozialen Ausgrenzung und Ungleichheit in der Gesellschaft beitragen.

Die in den NAP aufgeführten Politikansätze lassen sich im Großen und Ganzen in zwei Gruppen aufteilen: zum einen Maßnahmen zur Verbesserung des Zugangs für alle und zum anderen Aktionen, die speziell auf sozial ausgegrenzte Menschen abzielen. Griechenland verweist darauf, dass durch eine Verbesserung des öffentlichen Verkehrswesens und eine vernünftige Fahrpreispolitik vor allem jene profitieren, die an der Armutsgrenze leben. Gute Verkehrsverbindungen sind für ländliche Gegenden oder Inseln, insbesondere für einkommensschwächere Gruppen, äußerst wichtig. Im Abschnitt, der die Verbesserung des allgemeinen Zugangs zu Leistungen der Daseinsvorsorge zum Inhalt hat, verweist Frankreich auf verbilligte Fahrkarten für sozial und wirtschaftlich Benachteiligte zur Nutzung öffentlicher Verkehrsnetze. Frankreich plant ferner die Ausweitung seines Programms ,Reisen mit Handicap".

Irland verweist in seinem breit angelegten Ansatz auf sein Bestreben, die Verkehrspolitik mit anderen staatlichen Politikfeldern zu verknüpfen, und setzt insbesondere auf eine ausgewogene regionale Entwicklung und soziale Eingliederung. Zum einen werden allgemeine größere Investitionen in die Verkehrsstruktur zur Gewährleistung eines Zugangs zu Verkehrsdiensten in städtischen und ländlichen Regionen aufgeführt, zum anderen wird der Überwindung von Isolation und Ausgrenzung von Menschen mit niedrigen Einkommen besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Ferner sollen eine Reihe von Initiativen für Verkehrsdienste in ländlichen Gegenden, die 2001 in Angriff genommen wurden, weitergeführt werden. Wie auch Frankreich ist Irland daran interessiert, die Zugangsmöglichkeiten von Behinderten zu verbessern. Nach Ansicht Belgiens ist dringend zu gewährleisten, dass die Verkehrspolitik zu einer besseren Verbindung zwischen Wohnort und Arbeitsplatz führt und Hindernisse für Arbeitssuchende aus dem Weg räumt. Im Bericht des Vereinigten Königreichs findet ein aktueller Bericht über ,Verkehr und soziale Ausgrenzung" der Abteilung für soziale Ausgrenzung Erwähnung. Ferner werden kostenlose Schulbusdienste sowie die größeren Probleme älterer Menschen mit dem Verkehrsangebot angeführt.

6. WICHTIGSTE POLITISCHE ANSÄTZE FÜR ZIEL 2 ,VERMEIDUNG DER RISIKEN DER AUSGRENZUNG"

(a) Optimale Nutzung des Potenzials der Gesellschaft des Wissens und der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien, wobei zu gewährleisten ist, dass niemand davon ausgeschlossen bleibt, und unter anderem die Bedürfnisse von Behinderten besonders zu beachten sind.

(b) Politische Maßnahmen, damit gravierende Änderungen der Lebensbedingungen vermieden werden, die zu einer Ausgrenzung führen können, insbesondere Überschuldung, Verweis von der Schule oder Verlust der Wohnung.

(c) Maßnahmen zum Erhalt der Solidarität in der Familie in allen ihren Formen.

6.1. Förderung der ,eInclusion"

Den Auswirkungen der wissensbasierten Gesellschaft und der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) auf die Integration, also dem Thema ,eInclusion", wird von den Mitgliedstaaten wie schon in den NAP (Eingliederung) von 2001 große Bedeutung beigemessen.

Die Ausgangspunkte der Mitgliedstaaten sind jedoch sehr unterschiedlich, weil in einigen Ländern (insbesondere in den nordischen Ländern und den Niederlanden) die IKT wesentlich stärker verbreitet sind (z. B. gemessen an der Verbreitung des Internet, besonders auch in einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen) und deren Möglichkeiten zur sozialen Integration erheblich stärker genutzt werden als in anderen. Im Vergleich zu 2001 ist interessant zu vermerken, dass die Internetnutzung in der EU - gemessen an Internetnutzern als prozentualer Anteil an der Gesamtbevölkerung [13] - insgesamt von 34,3 % auf 43,5 % angewachsen ist; dieser Trend betrifft alle betrachteten Altersgruppen und sozioökonomischen Kategorien, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Insbesondere war bei Frauen (ca. 10,8 %) ein höherer Anstieg der Zugangsquote zu verzeichnen als bei Männern (ca. 7,5 %), woraus der Trend zu erkennen ist, dass sich das vorhandene Geschlechtergefälle im Rahmen der ,digitalen Kluft" schließt. Im Vergleich zu anderen Bevölkerungsschichten (ca. 10-12 %) hat sich der Zugang arbeitsloser und selbständiger Personen (ca. 14 %) erhöht. Hausfrauen und -männer (insbesondere erstere), Rentner und Bewohner ländlicher Regionen hinken allerdings in der Internetnutzung eindeutig hinterher. Die Statistik ergibt natürlich ein anderes Bild, wenn man Zahlen auf Landesebene oder speziell auf regionaler Ebene berücksichtigt. EU-weit ist die ,geografische" Verteilung der IKT-Nutzung und des Zugangs durch gravierende Unterschiede gekennzeichnet.

[13] Quelle aller Daten in diesem Abschnitt: Eurobarometer 59.2 - Frühjahr 2003

Luxemburg und das Vereinigte Königreich haben nunmehr zu den skandinavischen Ländern und den Niederlanden aufgeschlossen und eine Internetnutzungsrate über - bzw. sogar weit über - der 50 %-Marke erreicht. Mehrere Länder, darunter Italien, Belgien, Österreich und Deutschland, liegen im EU-Durchschnitt, während Irland, Spanien und Frankreich mit ca. 35 % noch immer unterdurchschnittlich vertreten sind, so wie auch Portugal und Griechenland (ca. 21 %). Im Zeitraum 2001-2003 war im Vereinigten Königreich, in Luxemburg, Deutschland, Belgien und Frankreich ein höherer Anstieg der Internetnutzung zu verzeichnen als im europäischen Durchschnitt (+10-12 %).

Da die Verbreitung der IKT innerhalb der (jeweiligen) Bevölkerung ein komplexes und vor allem marktabhängiges Phänomen ist, lassen sich aktuelle Trendentwicklungen nur schwer direkt zu den politischen Maßnahmen ins Verhältnis setzen, die z. B. im Zeitraum 2001-2003 von den Mitgliedstaaten umgesetzt wurden. Nichtsdestoweniger entsprechen die überdurchschnittlichen Zuwachsraten bei der Internetnutzung unter bestimmten benachteiligten Gruppen (Frauen, Arbeitslose) oder in einzelnen Ländern (Deutschland, Belgien, Luxemburg Vereinigtes Königreich) häufig den in den NAP 2001 gesetzten strategischen Zielen und den in weit reichende eInclusion-Programme eingeflossenen Bemühungen.

Auch für den Zeitraum 2003-2005 haben die Mitgliedstaaten Maßnahmen in Bezug auf den Zugang zu den neuen IKT und deren Möglichkeiten eingeplant. Manche Initiativen zielen noch auf die Gesamtbevölkerung ab (Strategien zur Erhöhung des Bekanntheitsgrades, zur Vermittlung von Medienkompetenz und zur Erschließung für breite Kreise der Gesellschaft). In Finnland und Frankreich ist ein innovativer Ansatz zu diesem Thema zu beobachten, wobei der Zugang zu den neuen Technologien hauptsächlich als Zugriff auf deren Inhalte und Dienstleistungen angesehen wird, insbesondere kulturelle Inhalte. So bilden die Verknüpfung von digitaler und traditioneller Bildung und der Kampf gegen kulturelle Ausgrenzung die Hauptinhalte der ,eInclusion"-Politik der jeweiligen NAP.

Andere Länder stellen konkrete, von Ausgrenzung bedrohte Gruppen in den Mittelpunkt, wie z. B. Jugendliche in benachteiligten Situationen (Luxemburg), Menschen mit geringem Einkommen, Arbeitslose oder Rentner (Belgien, Irland) und Frauen. Eine interessante Entwicklung ist - im Hinblick auf den Aufbau von Sozialkapital - die Bereitstellung von IKT-Ausrüstung und Vermittlung von Kenntnissen an Eltern und Kinder unter Beteiligung von Schulen, Familien und lokalen Kommunen (Belgien, Dänemark, Vereinigtes Königreich). Ferner sehen viele Mitgliedstaaten die schrittweise Einrichtung von öffentlichen Zugangsorten in Bibliotheken, Gemeindezentren oder Cybercafés vor. Es besteht kein zwingender Zusammenhang zwischen dem erreichten Nutzungsgrad des Internets in einem Land und den gewählten und umgesetzten allgemeinen bzw. gruppenspezifischen ,eInclusion"-Maßnahmen.

In den NAP (Eingliederung) für 2003 werden zwar IKT-bezogene Maßnahmen zur Unterstützung der Arbeitssuche aufgeführt, doch wurde diese Thematik bereits teilweise in den Nationalen Aktionsplänen (2002) für Beschäftigung behandelt. IKT werden als Hilfsmittel bei der Arbeitsplatzsuche, Orientierung und beruflichen Weiterbildung genutzt, ferner planen die meisten EU-Länder, IKT-Kenntnisse bei der gesellschaftlichen und beruflichen Integration der von Ausgrenzung bedrohten Gruppen zu vermitteln, und haben dies auch schon umgesetzt. Außerdem werden neue und flexible Lernmöglichkeiten, gestützt durch neue IKT (e-Learning), immer stärker bei Qualifizierungsmaßnahmen von Arbeitnehmern, bei der Einarbeitung von Leiharbeitnehmern sowie der Erwachsenenbildung genutzt.

Die Integrierung von IKT in Schullehrpläne aller Ausbildungsstufen und die Bereitstellung von Internetanschlüssen für alle Bildungseinrichtungen ist ein Ziel, das manche Länder bereits erreicht haben und viele andere noch verfolgen. Der Zugang zu IKT und die durch öffentliche Bildung vermittelte digitale Kompetenz wird nämlich von den Mitgliedstaaten als eines der wichtigsten Mittel angesehen, um die nachwachsenden Generationen in die wissensbasierte Gesellschaft zu integrieren. Die Beschreibung geplanter oder umgesetzter Konzepte und Maßnahmen in diesem Bereich ist oftmals in den NAP (Beschäftigung) 2002 und nur teilweise in den NAP (Eingliederung) 2003 enthalten.

Fast alle Länder setzen auf die Bereitstellung von IKT-Zugang und -Leistungen für Menschen mit Behinderungen. Durch europäische Initiativen [14] in diesem Bereich wurde zum einen die Annahme von WAI-Leitlinien für öffentliche Websites gefördert - mehrere Mitgliedstaaten haben die Annahme der Leitlinien gesetzlich vorgeschrieben - , zum anderen (nach der Errichtung des ,European Network on Design for All - EDEAN" [15]) die Entwicklung eines allgemeingültigen standardisierten Zugangs zu e-Diensten. Die Umsetzung von Spracherkennungsanwendungen zur Anpassung von IKT-Geräten an die Bedürfnisse verschiedener Behinderter ist in dieser Hinsicht ein innovativer Ansatz (Dänemark). Initiativen zur Integration behinderter Menschen in den Arbeitsmarkt mit Unterstützung von IKT sind ebenfalls ein beispielhaftes Modell (Österreich), genau wie Programme, die auf die Verbesserung des Zugangs Behinderter zu Dienstleistungen im Gesundheits- oder Bildungsbereich abzielen. Schweden widmet sich vor allem der Erfuellung der Bedürfnisse behinderter Menschen im Bereich effektiver Telekommunikations- und anderer Leistungen sowie bei von hoher Übertragungskapazität (Breitband) abhängigen Produkten und Leistungen.

[14] insbesondere im Rahmen des Aktionsplans eEurope 2002, Aktionslinie ,Teilhabe aller an der wissensbasierten Wirtschaft".

[15] EDEAN hat in jedem Mitgliedstaat ein nationales Netz errichtet, und in Europa sind mehr als 100 Organisationen beteiligt.

Tatsache ist, dass die von der wissensbasierten Gesellschaft eröffneten Möglichkeiten sehr stark von der - universellen - Bereitstellung von Inhalten und Leistungen abhängig sind, wobei der Zugang ein Mittel und nicht das Ziel an sich darstellt. Auf diesen Gesichtspunkt wird in den NAP 2003-2005 (mit wenigen Ausnahmen) nur am Rande eingegangen. Im Bereich online verfügbarer öffentlicher Dienstleistungen - Portale für soziale Dienste, Bereitstellung von Verwaltungsinformationen oder Rechtsberatung (Frankreich, Deutschland, Griechenland, Niederlande) - wurden mehrere Initiativen auf den Weg gebracht, in Griechenland wurde eine Arbeitsgruppe zu eHealth eingerichtet. In Frankreich ist ein Programm zur Ausbildung und zum Austausch bewährter Methoden im Bereich e-Government auf lokaler Ebene in Planung. Im Vereinigten Königreich und in Irland gilt dem IKT-Zugang und dessen Nutzung auf lokaler Ebene besondere Aufmerksamkeit. Griechenland widmet sich der Frage der Internetnutzung in ländlichen Gebieten und gewährt Beihilfen an junge Landwirte für den Erwerb von Computern und Internetanschlüssen.

Die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen an der wissensbasierten Gesellschaft wird u. a. in den NAP mit konkreten Initiativen angestrebt, so z. B. Weiterbildungs- und Berufsbildungsangebote im Bereich IKT, Unterstützung von Netzwerken und Förderung von Existenzgründerinnen.

Insgesamt wird der Eindruck vermittelt, dass es statt weit reichender Strategien eher vereinzelte Initiativen und Aktionen gibt. Letztlich kommt der ,eInclusion" in nur sehr wenigen NAP (Portugal, Griechenland, Spanien, Schweden) eine wirkliche strategische Bedeutung zu, während sich die übrigen Nationalen Aktionspläne anderen Schwerpunkten widmen. Häufig ist es so, dass in den Mitgliedstaaten zwar Programme und Aktionen für konkrete Zielgruppen umgesetzt werden, diese aber in den NAP (Eingliederung) keine Erwähnung finden. In einigen Fällen wird lediglich auf andere landesweite Strategien oder Dokumente verwiesen. So wird die Möglichkeit vertan, sich zu den gemachten Erfahrungen und zur politischen Vorgehensweise auszutauschen.

Vier Aktionen zur ,e-Inclusion" (Griechenland)

1. Frauen und die Informationsgesellschaft: Mit dem operationellen Programm ,Informationsgesellschaft" wird eine Doppelstrategie verfolgt. Es umfasst Maßnahmen allgemeiner Natur zur Ermöglichung der Verbreitung von Technologien und der Informationstechnologie (z. B. Ausbildung, in sehr kleinen Unternehmen) sowie Maßnahmen, die sich speziell an Frauen richten. Es wurden Projekte mit einer Frauen bevorzugenden Quote (70/30) entwickelt, so z. B. zur Vermittlung von Fertigkeiten in neuen Berufszweigen.

2. Im Jahre 2002 wurde eine Arbeitsgruppe ,Universeller Zugang zur Informationsgesellschaft und problemlose Handhabung" zur Einbeziehung behinderter Menschen eingerichtet, um einen allgemeinen Rahmen zu schaffen. Folgende Aktionen wurden vorgeschlagen: erweiterte Eurozonen-Dienste für Behinderte, spezielles Schulungsinstrumentarium, Förderung des gleichberechtigten Zugangs zu Gesundheitsdiensten und Entwicklung von Gesundheitsinformationsdiensten für ältere und behinderte Menschen, Entwicklung von Ausbildungsprogrammen, Bereitstellung von Telekommunikationsdiensten für Menschen mit Behinderungen, Engagement bei der Erstellung eines landesweiten Netzwerks ,e-accessibility.gr", das Teil des EDEAN ist.

3. Einführung neuer Technologien in die Bildung: Das Bildungsministerium koordiniert eine Reihe von Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass das Potenzial der IKT in den tagtäglichen Lehrprozess integriert wird. Die Initiative stützt sich auf drei Säulen: 1) Entwicklung von Geräten 2) Entwicklung digitaler Inhalte 3) Weiterbildung von Lehrern.

4. In ländlichen Gebieten erhalten junge Landwirte Beihilfen zum Erwerb von Computern und Internetanschlüssen.

Frankreich, Griechenland, Spanien und Portugal haben Indikatoren zu eInclusion vorgelegt. Insgesamt wurde dieses Thema intensiver behandelt als in den NAP 2001, jedoch sind wir noch weit von einem Indikatorsystem entfernt, das die Überwachung von Fortschritten auf einzelstaatlicher Ebene ermöglichen würde.

6.2. Verhinderung und Bekämpfung von Überschuldung

Die Verhinderung und Bekämpfung von Überschuldung wird in den meisten NAP (Eingliederung) als wichtiger Bestandteil der Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung und Armut angesehen. In einigen NAP (Eingliederung) wird hervorgehoben, dass die Folgen der Überschuldung für den Einzelnen und seine Familie gravierend sind und die Teilhabe am wirtschaftlichen und sozialen Leben erschweren (D). Überschuldung schränkt die Bewegungsfreiheit ein, versperrt den Weg aus der Armut (B) und führt zu Wohnungsverlust, was häufig dazu führt, dass die Zahl der Obdachlosen steigt (P), wobei Obdachlosigkeit die extreme Ausprägung sozialer Ausgrenzung ist. Überschuldung ist ein erhebliches Hindernis für den Zugang zur Beschäftigung, vor allem, weil sich die Arbeitgeber wegen der gesetzlichen und verwaltungsrechtlichen Verfahren der Lohnpfändung, für die sie haften, vor der Einstellung Überschuldeter scheuen (A).

In einigen Staaten war es in den 90er-Jahren aufgrund der Liberalisierung des Finanzsystems, der niedrigen Zinsen und des Wachstums des Werbemarktes zu einer beispiellose Zunahme der Konsumentenkredite gekommen, auch weil manchmal in unverantwortlicher Weise Anreize zu deren Inanspruchnahme gegeben wurden, um sofort Zugang zu Waren und Dienstleistungen zu erhalten (P).

Offenbar gibt es für Überschuldung, die in einigen Mitgliedstaaten - sei es gemessen an der Zahl der Fälle von Überschuldung oder an der Höhe der Überschuldung - zugenommen hat, folgende Hauptursachen: Arbeitsplatzverlust oder unsicheres Beschäftigungsverhältnis (FIN), Ereignisse in der Familie wie Trennung oder Scheidung (D), die Tatsache, dass bestimmte einkommensschwache Familien eine Mehrfachverschuldung kaum vermeiden können (UK) und sich vor allem einige Jugendliche der Gefahren der neuen Konsummöglichkeiten über Internet oder GSM nicht bewusst sind (B).

Es gibt zwei Arten von Maßnahmen, die je nach Mitgliedstaat unterschiedlich umgesetzt werden, nämlich präventive Maßnahmen (Information, Beratung und Erziehung) und Maßnahmen zur Bekämpfung der Überschuldung (Pfändungsrahmen, Maßnahmen, die die Rückzahlung von Schulden erleichtern sowie Schuldenerlass).

Information, Beratung und Erziehung:

- Luxemburg und Belgien teilen mit, dass sie Aufklärungskampagnen über die Risiken der Verschuldung durchführen werden.

- Portugal hat die Absicht, sein Netzwerk für Verbrauchererziehung durch die Aufnahme neuer Bildungseinrichtungen und die Schaffung lokaler Informations- und Bildungsdienste in Orten, wo es solche bisher nicht gibt, auszuweiten, und die wallonische Region in Belgien wird ihre 125 ,Verbraucherschulen" auch weiterhin fördern.

- Frankreich prüft Maßnahmen, durch die eine objektivere und ehrlichere Information der Verbraucher insbesondere im Bereich der Werbung erreicht werden soll.

- Belgien hat seit dem 1. Juni 2003 seine ,negative Zentrale" der Probleme bei der Rückzahlung von Darlehen durch eine ,positive Zentrale" der gewährten Darlehen ergänzt, während Frankreich eine Reform auf diesen Gebieten und einen Rahmen für Anschlussdarlehen/Verlängerungskredite ?? erwägt;

- In Österreich, Deutschland, Belgien, Finnland, Irland, Portugal und im Vereinigten Königreich ist vorgesehen, die Schuldnerberatungsstellen auszubauen.

- In Belgien (wallonische Region) soll nach dem Vorbild von Modellen, die es in anderen Ländern der Europäschen Union bereits gibt (z. B. ,Credit Union" in Irland) ein Modellversuch ,Groupes Épargne Crédit" durchgeführt werden. Dabei handelt es sich um Gruppen auf lokaler Ebene, deren Mitglieder zur besseren Deckung ihres Finanzbedarfs gemeinsam sparen und Darlehen aufnehmen und auch gemeinsam die Risiken und die Verantwortung tragen.

Bekämpfung der Überschuldung

- In Deutschland wird gemäß seinen mit dem NAP (Eingliederung) 2001-2003 eingegangenen Verpflichtungen seit 2002 ein neues Schuldenregulierungsverfahren angewandt, mit dem das Insolvenzrecht reformiert wurde.

- Deutschland hat sich in seinem NAP (Eingliederung) 2001-2003 verpflichtet, ein Gesetz zur Anhebung der Pfändungsfreigrenzen zu verabschieden. Auch Belgien will den Rechtsrahmen für Pfändungen verbessern (Pfändungsfreigrenzen, Verwertung der gepfändeten Sachen ...) und hat gleichzeitig ein neues Gesetz über das außergerichtliche Verfahren zur Eintreibung von Verbraucherschulden (Verbot von Verhaltensweisen, die die Privatsphäre des Verbrauchers, seine Ehre oder Menschenwürde verletzen) angekündigt.

- In Frankreich und Belgien wird für eine bessere Organisation der Fonds zur Unterstützung verschuldeter Personen, insbesondere von Mietschuldnern, gesorgt.

- In Deutschland kommt ein neues Verfahren zur Anwendung, das Schuldnern, bei denen aufgrund ihrer Finanzschwäche davon auszugehen ist, dass sie selbst bei bestem Willen auf Dauer nicht in der Lage sind, ihre Schulden zu begleichen, den Zugang zum Insolvenzverfahren und zur ,Restschuldbefreiung" ermöglicht. In Frankreich wurde mit einem noch druckfrischen Gesetz ein ähnliches Zivilkonkursverfahren, ,rétablissement personnel" genannt, eingeführt. In Belgien denkt man über ein solches Verfahren nach, und in Finnland wird diesbezüglich eine Reform vorbereitet, bei der es auch um eine Schuldenumstrukturierung und um die Pfändungsverfahren geht.

Money advice and budgeting service (Irland)

In Irland bietet der Money Advice and Budgeting Service (MABS) flächendeckend Hilfe bei finanziellen Problemen und der Haushaltsplanung an. Der MABS wird vom Ministerium für Soziale Angelegenheiten und Familien finanziert und umfasst 52 lokale Unternehmen, deren Vorstandsmitglieder aus staatlichen Einrichtungen und freien Wohlfahrtsverbänden kommen. Der MABS bietet unabhängige, freie und vertrauliche Beratung für einkommensschwachen Haushalte, die verschuldet sind oder von Verschuldung bedroht sind. Dabei liegt der Schwerpunkt auf praktischen, auf den Familienhaushalt bezogenen Maßnahmen, um die betreffenden Personen auf Dauer aus ihrer Abhängigkeit von Geldverleihern befreien und ihnen über zinsgünstige Darlehen ihrer lokalen Credit Unions alternative Finanzquellen eröffnen. Credit Unions sind Finanzgenossenschaften, die den Mitgliedern gehören und von diesen betrieben werden. Zwischen den Mitgliedern einer Credit Union besteht eine Verbindung, die in der Regel darauf beruht, dass sie in derselben Gegend wohnen (gleiches Gemeinwesen) oder in derselben Einrichtung arbeiten (berufliche Verbindung). Es besteht eine besondere Beziehung zwischen dem MABS und den Credit Unions, die ein System von ,Sonderkonten" für MABS-Kunden führen, um es diesen zu ermöglichen, ihre Schulden zurückzuzahlen und kleinere Beträge anzusparen. Außerdem steht ein Kreditbürgschaftsfonds zur Vergabe von ,Krisendarlehen" als Alternative zum Geldverleiher bereit. Ziel dieses Dienstes ist es, den Betroffenen dabei zu helfen, wieder die Kontrolle über ihre Finanzen zu erlangen und für die Zukunft zu planen. Sie erhalten Unterstützung, wenn es darum geht, einen Haushaltsplan aufzustellen und zur Vereinbarung einer Umschuldung an die Gläubiger heranzutreten. Ferner hilft ein Finanzberater den Kunden dabei, ein möglichst hohes Einkommen zu erzielen, eine Rangliste ihrer Schulden aufzustellen und sich, falls erforderlich, an andere Hilfsorganisationen oder Behörden zu wenden. Der MABS wird häufig tätig, um Zwangsräumungen oder die Abschaltung von Strom und Gas zu verhindern. Vor kurzem haben der MABS und die Irish Bankers' Federation ein Pilotprogramm zur Schuldenregulierung vereinbart, das auch von anderen wichtigen Gläubigern unterstützt wird. Dieses Pilotprogramm bietet eine außergerichtliche Alternative in Fällen von Mehrfachverschuldung von Verbrauchern, bei denen die Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Schulden nicht eingetrieben werden können, und die ansonsten vor Gericht enden würden. Damit wird eine Reihe innovativer Maßnahmen eingeführt, die es in diesem Bereich so bisher nicht gab, darunter eine bestimmte Zeitspanne für einen vereinbarten Schuldenrückzahlungsplan, die Herabsetzung oder das Einfrieren der Zinsen und der Erlass der Restschuld nach erfolgreicher Umsetzung des Rückzahlungsplans. Dabei ist die Hauptwohnung des Schuldners vor Zwangsräumung oder Zwangsversteigerung sicher.

6.3. Verhinderung und Bekämpfung von Obdachlosigkeit

,Obdachlos" oder ,ohne festen Aufenthalt" zu sein oder ,kein festes Dach über dem Kopf" zu haben, wie es je nach dem Sprachgebrauch der Mitgliedstaaten heißt, ist wohl die schlimmste Erscheinungsform von Armut und sozialer Ausgrenzung in Europa. Die Folgen sind besonders schwerwiegend, ob für die Gesundheit, den Zugang zur Beschäftigung bzw. die Weiterbeschäftigung, den Zugang der Kinder zur Bildung oder auch das Familienleben.

Im finnischen Plan werden folgende Personengruppen als obdachlos definiert: Menschen die draußen oder in vorübergehenden Unterständen schlafen; Menschen, die Obdachlosenheime nutzen, weil sie keine eigene Wohnung haben; Menschen, die in Einrichtungen unterschiedlicher Art untergebracht sind, weil sie keine eigene Wohnung haben; entlassene Häftlinge, die keine Wohnung haben; Menschen ohne Wohnung, die vorübergehend bei Freunden oder Verwandten leben; Familien, die getrennt oder in vorübergehenden Unterkünften leben, weil sie keine Wohnung haben; obdachlose Mütter, die in einem Heim für obdachlose Mütter leben; unverheiratete Paare, die bald ein Kind haben werden und keine gemeinsame Wohnung haben. Diese Definition, die die umfassendste ist, wird offenbar von den meisten mit den meisten Einrichtungen, die das Phänomen untersuchen, und von der Europäischen Beobachtungsstelle für Obdachlosigkeit anerkannt.

Aus den NAP (Eingliederung) 2003-2005 ergibt sich, dass die Ursachen der Obdachlosigkeit vielfältiger Natur sein können: Überschuldung, Trennung von der Familie, häufig im Gefolge häuslicher Gewalt, Arbeitslosigkeit, Drogenabhängigkeit, Alkoholismus, Entlassung aus der Haftanstalt, aber auch psychische Erkrankungen.

So heißt es im NAP (Eingliederung) Portugals: , Die Menschen, die auf der Straße leben, sind nicht mehr die typischen Randständigen von früher wie Bettler oder Landstreicher. Es entwickelt sich eine ganz neue Generation Obdachloser, darunter zunehmend Frauen und Jugendliche. Dazu zählen geistig verwirrte und drogenabhängige Personen, entlassene Strafgefangene sowie andere Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen struktureller oder individueller Natur mit der Gesellschaft gebrochen haben, in eine Situation geraten sind, in der die Institutionen und die geltenden Normen für sie bedeutungslos geworden sind. Sie wissen nicht mehr, was Arbeit ist, stumpfen immer mehr ab - und sie erhalten keinerlei soziale, psychologische oder wirtschaftliche Unterstützung."

Da es keine klaren gemeinsamen Begrifflichkeiten gibt, aber auch wegen der Schwierigkeit, Angehörige einer Bevölkerungsgruppe zu zählen, die sich den üblichen Erfassungsverfahren entzieht, ist es schwer, mit genauen, vergleichbaren Zahlenangaben aufzuwarten. Die seit 2001 von einigen Mitgliedstaaten (Belgien, Frankreich, Niederlande, Vereinigtes Königreich, Österreich und Finnland) und von Eurostat unternommenen Anstrengungen haben noch nicht zu harmonisierten Zahlenangaben geführt, und entgegen den Empfehlungen des Europäischen Rates von Laeken legen viele Mitgliedstaaten in ihren NAP (Eingliederung) keine Indikatoren der dritten Ebene vor.

Hinzu kommt, dass die Schätzungen mehr oder weniger auf Verwaltungsdaten beruhen (Anzahl der Personen, die sich bei Obdachlosenhilfe-Stellen gemeldet haben) und die Daten nicht vollständig sind. Gleichfalls erschwerend wirkt sich in einigen Mitgliedstaaten der starke Zustrom von Asylbewerbern oder illegalen Migranten ohne festen Aufenthalt aus.

Obdachlosigkeit ist ein vielschichtiges Problem, das umfassende, integrierte Ansätze verlangt, die sowohl die Wohnsituation als auch die Aspekte Gesundheit (insbesondere geistige), Beschäftigung, Bildung, Recht und Sozialschutz berücksichtigen.

Zwar stellen alle Mitgliedstaaten in ihren NAP (Eingliederung) Maßnahmen vor, um die Aufnahme von Obdachlosen in Notfällen und ihre zeitweilige Unterbringung zu verbessern, und betonen einige von ihnen auch die Notwendigkeit der Prävention (Deutschland), aber nur vier Mitgliedstaaten (Österreich, Finnland, Irland, Vereinigtes Königreich) haben Strategien zur völligen Beseitigung von Obdachlosigkeit verabschiedet; drei weitere (Frankreich, Belgien, Portugal) bereiten solche vor.

Diese Strategien zur Verhinderung und Bekämpfung von Obdachlosigkeit beruhen nicht nur auf einer Verbesserung der sozialen Nothilfesysteme, auf einer Ausweitung der zeitweiligen Unterbringung, auf interdisziplinär zusammengesetzten mobilen Teams, die die Menschen auf der Straße aufsuchen, auf der Vernetzung von staatlichen Behörden, medizinischen und psychiatrische Einrichtungen sowie Obdachlosenhäusern und anderen Sozialdiensten zur Beherbergung Obdachloser, auf Zusammenarbeit mit den NRO und auf von den staatlichen Stellen vorgehaltenen Unterbringungsmöglichkeiten, sondern auch auf dem ständigen Bemühen von Fachkräften und freiwilligen Helfern um soziale Eingliederung bzw. Wiedereingliederung.

Obdachlosigkeitsstrategie in Schottland (Vereinigtes Königreich)

1999 wurde von der schottischen Exekutive eine Task Force Obdachlosigkeit geschaffen, die 59 Empfehlungen aussprach. Alle diese Empfehlungen wurden angenommen, und sämtliche angenommenen Empfehlungen wurden berücksichtigt. Dies bedeutet, dass ab 2012 alle Obdachlosen einen Anspruch auf ständige Unterbringung haben und diejenigen, die auf eigenen Wunsch obdachlos bleiben wollen, Unterstützung erhalten. Alle lokalen Behörden sind verpflichtet, Obdachlosigkeitsstrategien vorzulegen, in denen die Notwendigkeit berücksichtigt wird, dass Risikogruppen entsprechende Beratung und Unterstützung erhalten. Diese Strategien wurden im März 2003 von allen schottischen lokalen Behörden vorgelegt und werden zurzeit überprüft.

Außerdem konzentriert die schottische Exekutive beträchtliche Mittel auf die Lösung dieses Problems. Sie hat sich zusammen mit den kommunalen Behörden verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ab 2003 niemand mehr auf der Straße leben muss. Die Rough Sleepers Initiative (RSI), mit der dies erreicht werden soll, hat schon erhebliche Fortschritte gemacht, indem in einem Zeitraum von fünf Jahren Finanzmittel in Höhe von 36 Millionen Pfund Sterling beschafft wurden. Über den Rate Support Grant werden jetzt in Form von Direktzahlungen öffentliche Zuschüsse zu den laufenden Kosten in Höhe von jährlich 11 Millionen Pfund gezahlt, damit die Finanzausstattung der öffentlichen Behörden dem Bedarf vor Ort entspricht. Darüber hinaus wurde für 2002/2003 und 2003/2004 eine Kapitalfinanzierung in Höhe von 2 Millionen Pfund bereitgestellt. Ein wichtiges Bestandteil ist das Hostels Decommissioning Programme der Stadt Glasgow, ein Programm, in dessen Rahmen schrittweise alle großen Obdachlosenhäuser (Hostels) der Stadt abgerissen und durch speziell für Obdachlose errichtete Gebäude mit auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Diensten ersetzt werden sollen. Die finanziellen Mittel dafür kommen aus dem RSI-Programm des Stadtrats; zusätzlich stellt die Exekutive hierfür in den kommenden drei Jahren insgesamt 47 Millionen Pfund bereit.

6.4. Erhalt der Solidarität in der Familie

Überall in Europa finden sich Belege für Veränderungen und neue Tendenzen im Familienbereich. So wird beispielsweise seltener und später geheiratet, und die Zahl der gescheiterten Ehen steigt. Im Jahr 2001 kamen in der EU-15 auf 1 000 Einwohner gerade einmal fünf Eheschließungen; im Vergleich dazu waren es 1970 noch knapp acht. Zudem wurden Schätzungen zufolge 15 % der 1960 geschlossenen Ehen geschieden; demgegenüber hatte sich die Scheidungsrate bei den 1980 geschlossenen Ehen mit 28 % nahezu verdoppelt. Die Tendenz zu kleineren Haushalten und mehr allein lebenden Personen in allen Altersgruppen setzt sich ebenfalls fort. Darüber hinaus steht einem deutlichen Anstieg der Zahl der Kinder, die mit nur einem Erwachsenen in einem Haushalt leben, eine sinkende Zahl von Paaren mit Kindern gegenüber. Im Jahr 2000 lebten bereits 10 % der Kinder und Jugendlichen im Alter bis zu 14 Jahren in Einelternfamilien, während sich ihr Anteil 1990 erst auf 6 % belief. Die überwiegende Mehrheit der allein Erziehenden sind Frauen.

Gleichzeitig vollzieht sich eine Vielzahl gesellschaftlicher Veränderungen, die an die Familie neue und erhebliche Anforderungen stellen wie z. B. längere Bildungs- und Ausbildungszeiten, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, steigende Arbeitslosigkeit (auch unter Jugendlichen), Unterstützung pflegebedürftiger älterer Familienangehöriger, Beteiligung an der Langzeitpflege und den Unterbringungskosten. An diesen Tendenzen ist der übergreifende Charakter und die Wichtigkeit von Familienfragen in den Mitgliedstaaten ablesbar. Zudem verdeutlichen sie, dass sich Maßnahmen in verschiedenen Bereichen wie Beschäftigung, Sozialschutz und Gesundheit nicht nur auf die Fähigkeit der Familie auswirken, den an sie gestellten Anforderungen gerecht zu werden, sondern dass es auch zu überwachen gilt, wie sich diese Maßnahmen konkret auf die Familie auswirken.

Trotz aller Unterschiede, die in den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Gegebenheiten und Lösungsansätze bestehen, sehen sich alle bis zu einem gewissen Grad mit denselben Herausforderungen konfrontiert. So stellt beispielsweise die große Mehrheit der Mitgliedstaaten die Tatsache heraus, dass die Familiengröße - gemessen an der Anzahl der Kinder und der Erwachsenen - Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit der sozialen Ausgrenzung hat. Im Allgemeinen sind in den meisten Mitgliedstaaten neben Familien mit drei und mehr Kindern Einelternfamilien offenbar vergleichsweise öfter von sozialer Ausgrenzung bedroht. Zudem sind diese Gruppen in Zeiten relativ schlechter Wirtschaftslage noch stärker gefährdet. Dieses Problem greifen zum Beispiel die Niederlande und Luxemburg ganz gezielt auf, indem sie ausführen, wie wichtig die Wahrung der Gerechtigkeit gerade in Krisenzeiten ist.

In Anbetracht der großen Bandbreite der vorstehend genannten Fragen und Probleme im Familienbereich gibt es erwartungsgemäß eine Vielzahl von Maßnahmen zur Problemlösung; dies können sowohl gezielte familienpolitische Maßnahmen als auch Maßnahmen allgemeinerer Art in anderen Politikbereichen sein. Die Mitgliedstaaten vertreten einhellig die Meinung, dass das Ziel der Familienpolitik darin bestehen muss, Eltern so zu unterstützen, dass sie finanziell nicht benachteiligt werden und für das Wohl ihrer Kinder sorgen können. In dieser Frage verfolgen die Mitgliedstaaten unterschiedliche Strategien. Sie nutzen ein umfangreiches Instrumentarium zur Förderung der Familiengründung, das von Maßnahmen für alle Familien wie Mindesteinkommensgarantien über die Anpassung des Anspruchs auf Elternurlaub und des Erziehungsgeldes oder die Ausweitung von flexiblen Arbeitszeitmodellen und Teilzeitarbeitsmodellen (alle Mitgliedstaaten) bis hin zu Instrumenten für bestimmte Untergruppen reicht, z. B. eine höhere Geburtenbeihilfe bei Zwillingsgeburten (Irland) oder für das erste Kind (z. B. Finnland), ein höheres Karenzgeld für Mehrlingsgeburten (Österreich) oder ein niedrigeres Schulgeld für größere Familien (Spanien). Zudem wird in allen NAP (Eingliederung) auf die Bedeutung der Familien für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie hingewiesen, zumal die Beschäftigung gemeinhin als wichtige Voraussetzung für die Gewährleistung der sozialen Eingliederung gilt und alle Mitgliedstaaten bestrebt sind, die Frauenerwerbsquoten anzuheben. Dazu wird in den Aktionsplänen unter folgenden zwei Hauptüberschriften Stellung bezogen: Vereinbarkeit von Familiengründung und Beruf sowie Altenpflege.

Im Punkt Familiengründung betonen alle Mitgliedstaaten, wie wichtig es ist, die Vereinbarkeit von Beruf bzw. Studium und Elternschaft zu ermöglichen. Neben dem Anspruch auf Elternurlaub gehört die Verfügbarkeit von Plätzen in Kinderbetreuungseinrichtungen daher zu den wichtigsten Kriterien. Im Übrigen erklärte der Europäische Rat von Barcelona (2002) unter anderem, die Mitgliedstaaten müssten ,...bestrebt sein, nach Maßgabe der Nachfrage nach Kinderbetreuungseinrichtungen und im Einklang mit den einzelstaatlichen Vorgaben für das Versorgungsangebot bis 2010 für mindestens 90 % der Kinder zwischen drei Jahren und dem Schulpflichtalter und für mindestens 33 % der Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze zur Verfügung zu stellen". Die Mitgliedstaaten (insbesondere die Mittelmeerländer und das Vereinigte Königreich) hoben hervor, dass die Verfügbarkeit von Betreuungsangeboten allein nicht ausreicht, um mehr Mütter in das Erwerbsleben einzugliedern; vielmehr muss die Kinderbetreuung (gerade für große Familien und allein Erziehende) finanzierbar sein und zu Zeiten, die mit der jeweiligen Arbeitszeit vereinbar sind, und in hoher Qualität angeboten werden.

Die Kosten der Kinderbetreuung sind nur eine Facette der allgemeinen Diskussion, in der es zu klären gilt, wie gewährleistet werden kann, dass Eltern aus der Berufstätigkeit oder einem Studium kein finanzieller Nachteil erwächst. Erwartungsgemäß haben alle Mitgliedstaaten eine Palette finanzieller Anreize (steuerlicher und/oder geldlicher Art) geschaffen, die auf dieses äußerst wichtige Anliegen abzielen. So wurde beispielsweise in Schottland ein Kinderbetreuungszuschuss für allein Erziehende eingeführt; von 2001 bis 2004 wurden 24 Mio. GBP (34 Mio. EUR) bereitgestellt, um allein Erziehenden, die eine Weiterbildung oder Hochschulausbildung absolvieren, einen Zuschuss zu den zusätzlichen Aufwendungen für die Kinderbetreuung und -versorgung zu zahlen. Damit erhalten allein Erziehende die Möglichkeit, ein Studium zu absolvieren und so ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern, zugleich aber auch die Zukunft ihrer Kinder besser abzusichern, wobei dieser Punkt in allen NAP (Eingliederung) angeführt wird. Die Tendenz, soziale Mittel zur Förderung der Weiterbildung und des lebenslangen Lernens auf der dritten Bildungsebene einzusetzen, steht im Einklang mit der Lissabonner Strategie und dem hohen Stellenwert des Zugangs zur Wissensgesellschaft. In der Vergangenheit beschränkte sich die Förderung des Zugangs zum lebenslangen Lernen auf die Basisqualifikationen. Als weiteres Beispiel kann Schweden genannt werden; dort wurde das Platzangebot im Bereich der Kinderbetreuung erweitert und eine Obergrenze für die Kinderbetreuungsgebühren eingeführt.

Ein weiterer interessanter Punkt ist die Wahlfreiheit. So hatten beispielsweise die örtlichen Behörden in Dänemark ab Juli 2002 die Möglichkeit, Eltern, die ihre Kinder nicht in einer Kindertagesstätte unterbrachten, sondern die Betreuung selbst übernahmen, für einen befristeten Zeitraum einen finanziellen Zuschuss zu zahlen. Für Eltern, die nach einer Phase der Kinderbetreuung wieder in den Arbeitsmarkt einsteigen möchten, bestehen in allen Mitgliedstaaten Regelungen, die ihnen diesen Schritt erleichtern.

Die Sicherstellung des Angebots an qualitativ hochwertigen und angemessenen Leistungen, die für alle Bürger zugänglich und finanzierbar sind, stellt für einige Mitgliedstaaten nach wie vor eine große Herausforderung dar. In vielen NAP wird insbesondere der Ausweitung der Zugangs zu Gesundheits- und Pflegeleistungen, vor allem für ältere Menschen und psychisch Kranke, größere Bedeutung beigemessen. Im Bereich der Altenpflege bestehen hinsichtlich des Grades der ,Institutionalisierung" der Pflege Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten. So steht in Griechenland das Anliegen im Mittelpunkt, ,die Voraussetzungen zu schaffen, damit ältere und behinderte Menschen in ihrem gewohnten physischen und sozialen Umfeld bleiben können, der Zusammenhalt in ihren Familien bewahrt bleibt (und) die Inanspruchnahme institutioneller Pflegeleistungen ebenso vermieden wird wie die soziale Ausgrenzung...". Grundsätzlich sind sich alle Mitgliedstaaten jedoch einig, dass eine gewisse Formalisierung des Angebots an Pflegeleistungen zunehmend als Ergänzung, nicht jedoch als Ersatz für die Rolle der Familie erforderlich ist. Zu diesem Zweck gibt es in der Mehrzahl der Mitgliedstaaten mittlerweile die Instrumente des Pflegeurlaubs/der Pflegefreistellung und/oder des Pflegegeldes, die die Pflege älterer Menschen durch Familienangehörige ermöglichen, wobei die Entrichtung von Sozialbeiträgen und steuerliche Maßnahmen einer finanziellen Benachteiligung der Pflegepersonen entgegenwirken. In Österreich genießen Arbeitnehmer, die diese Aufgabe übernehmen, beispielsweise Schutz vor Entlassung und Kündigung, und für die Zeit der Pflege werden für sie Krankenkassen- und Rentenbeiträge gezahlt. In Irland wurde ein ,Pflegegeld für Pflegepersonen" eingeführt; nach Maßgabe der diesbezüglichen Regelung besteht ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung, Geldleistungen der Sozialversicherung und Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Dauer von 65 Wochen.

Bannung der Gefahr des generationenübergreifenden Abgleitens in die Armut

Hinweise darauf, in welchem Umfang Armut und soziale Ausgrenzung von einer Generation auf die nächste übergehen können, finden sich in den NAP 2003 nicht zum ersten Mal. Zunehmend wächst jedoch die Erkenntnis, in welch hohem Maße Personen, die in Armut aufwachsen, Gefahr laufen, der nächsten Generation Armer und Arbeitsloser anzugehören. Stärkeres Augenmerk liegt auf den Mechanismen, die dem generationenübergreifenden Abgleiten in die Armut zugrunde liegen, und auf der besonderen Dimension der Kinderarmut, die es zu überwinden gilt, damit dieser Teufelskreis durchbrochen werden kann.

In den meisten NAP wird es für erforderlich gehalten, die Gefahr des generationenübergreifenden Abrutschens in die Armut zu bannen; die Mitgliedstaaten führen neue Maßnahmen zur Bewältigung dieser Problematik ein bzw. verfolgen bereits bestehende Strategien weiter. Diese Strategien werden von den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich ausgestaltet. Beispielsweise gehen Österreich, Dänemark, Finnland, Spanien und das Vereinigte Königreich auf die Notwendigkeit ein, armutsgefährdete Kinder frühzeitig zu ermitteln und entsprechend zu handeln. So werden in benachteiligten Gebieten im Vereinigten Königreich Kinderzentren eröffnet, und in Schweden wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die die Lage von Jugendlichen in sozial besonders schwachen Familien analysieren soll, um die Gefahr des generationenübergreifenden Abgleitens in die Armut zu bannen.

Projekt zur häuslichen und finanziellen Unterstützung von Familien in Schwierigkeiten (Berggemeinde Cigno, Valle Biferno, Italien)

Im Rahmen dieses Projekts sollen Familien unterstützt werden, die aus einer Vielzahl von Gründen von sozialer Ausgrenzung bedroht sind und Probleme haben, die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern richtig zu gestalten. Insbesondere werden mit dem Projekt folgende prioritäre Ziele verfolgt:

- Verhinderung der Herauslösung von Kindern aus dem häuslichen Umfeld und Wiederherstel lung normaler Familienbeziehungen;

- Erweiterung und Reaktivierung der erzieherischen Möglichkeiten der Familien;

- Verbesserung der Fähigkeit der Eltern, den Haushalt zu führen und ihre Kinder zu beaufsichti gen;

- Aufbau eines Kontaktnetzes zwischen der Familie und dem Umfeld;

- Unterstützung beim Finden tragfähiger Lösungen für Familienprobleme;

- Vermeidung psychologischer und sozialer Störungen bei Minderjährigen durch Förderung einer harmonischen und umfassenden Entwicklung ihrer Persönlichkeit.

Diese Ziele sollen im Zuge der gemeinsamen Bemühungen mit verschiedenen Sozialpartnern um den Aufbau eines Solidaritätsnetzes im Umfeld der Familien erreicht werden. Die Unterstützungsmaßnahmen umfassen die Auseinandersetzung mit Problemen bei der Betreuung und Pflege der Kinder in den ersten drei Lebensmonaten, Schwierigkeiten der Kinder in der Schule und Begleitung an den schwierigsten Punkten im Tagesablauf. Wirtschaftliche Hilfe in Form eines Fonds, die Familien beantragen können, ist ebenfalls vorgesehen. Dieser Ansatz gilt als tragfähige Alternative zu der Lösung, die eine Familientherapie in einer Einrichtung vorsieht.

7. Zentrale Politikansätze für Ziel 3 ,Für die sozial Schwachen handeln"

(a) Förderung der sozialen Eingliederung von Männern und Frauen, die insbesondere aufgrund einer Behinderung oder ihrer Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe mit besonderen Eingliederungsschwierigkeiten (z. B. Zuwanderer) Gefahr laufen, in dauerhafte Armut zu geraten;

(b) Maßnahmen zur Vermeidung von Fällen sozialer Ausgrenzung von Kindern, die diesen Kindern die besten Chancen für eine reibungslose soziale Eingliederung bieten;

(c) Erarbeitung umfassender Maßnahmen für Gebiete, die mit den Problemen der Ausgrenzung konfrontiert sind.

Diese Ziele können in alle übrigen Ziele integriert und/oder durch spezifische Politiken und Aktionen umgesetzt werden.

7.1. Förderung der Eingliederung von dauerhaft armutsgefährdeten Personen

Menschen mit Behinderungen

Zentrale Trends und Herausforderungen

Auch wenn alle Mitgliedstaaten in den NAP (Eingliederung) feststellen, dass eine Behinderung offenbar ein ausschlaggebender Faktor für Armut und Ausgrenzung ist, muss angemerkt werden, dass nur einige Mitgliedstaaten einen speziellen Hinweis auf Menschen mit Behinderungen in den Abschnitt ,Herausforderungen" aufgenommen haben. Behinderte tauchen hauptsächlich in der Kategorie ,Benachteiligte" auf, sodass ungewiss ist, inwieweit bestimmte Maßnahmen für ,gefährdete" Gruppen auf Menschen mit Behinderungen zutreffen. Gleichwohl listen die meisten Mitgliedstaaten in Kapitel 4 (Strategische Maßnahmen) ihrer NAP (Eingliederung) eine beträchtliche Zahl von Strategien und Maßnahmen für Menschen mit Behinderungen auf; darin spiegeln sich vermutlich die Vorbereitungen auf das Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen (2003) wider.

Die Mitgliedstaaten führen in den NAP (Eingliederung) beispielsweise folgende Herausforderungen an:

Daten und Indikatoren

Die NAP (Eingliederung) enthalten nur wenige Daten und Indikatoren. Diese beziehen sich zumeist auf die Beschäftigung und den Gesundheitssektor. Deutschland hat auch statistische Angaben aus Erhebungen zu Armutsquoten, Behinderung und Lebensqualität in den Aktionsplan aufgenommen. Der griechische Aktionsplan umfasst einen Statistikanhang, dessen Angaben auf einer 2002 durchgeführten Erhebung zu Behinderungen basieren. Es ist zu beachten, dass die Mitgliedstaaten aufgrund von Unterschieden bei der Wahrnehmung von Behinderungen und dem Umgang damit den Begriff ,Behinderung" und die Kriterien für eine Behinderung unterschiedlich definieren. Dies erschwert die Erfassung vergleichbarer Daten. Daher müssen unbedingt geeignete Indikatoren aufgestellt und Vergleichsdaten erhoben werden, um Fortschritte bei der Überwindung von Armut und sozialer Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen zu ermitteln.

Zentrale Politikansätze

* Im Allgemeinen verfolgen die Mitgliedstaaten im Behindertenbereich einen auf den bürgerlichen Rechten beruhenden Ansatz: Sie sehen Menschen mit Behinderungen als passive Leistungsempfänger, erkennen aber auch ihre berechtigten Forderungen nach rechtlicher Gleichstellung an. Dementsprechend streben sie politische Lösungen an, die auf die umfassende Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben abzielen. Dabei geht es um solche Fragen wie Chancengleichheit, selbstbestimmtes Handeln und staatbürgerliches Engagement.

* Die Mitgliedstaaten befürworten Maßnahmen im Zusammenhang mit der Zugänglichkeit von Waren, Dienstleistungen und Infrastrukturen, die der Eingliederung aller, also auch der Behinderten, in das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben dienen. Gleichwohl bleiben mehrere Hürden bestehen, die vor allem physischer, rechtlicher und administrativer Art sind, aber auch neue Technologien und Verhaltensweisen betreffen; dort müssen wesentlich größere Anstrengungen als bisher unternommen werden.

* Im Kampf gegen die Armut vieler Behinderter haben alle Mitgliedstaaten die Förderung der sozialen Eingliederung durch Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen als vorrangiges Ziel festgelegt. Augenmerk legen sie auch auf die Bedeutung der Zusammenarbeit mit Wirtschaftsunternehmen und deren soziale Verantwortung.

* Nur ,moderne" Konzepte fördern das selbstständige Leben in den eigenen vier Wänden als Alternative zur Heimunterbringung. In den Mitgliedstaaten zeichnet sich eine allgemeine Tendenz zur Förderung der Langzeitpflege und Hilfe in der gewohnten häuslichen Umgebung oder in der Familie ab. Allerdings führt das Vorhandensein eines angemessenen oder teuren Pflegesystems in vielen Fällen dazu, dass die Familie die Last der Hilfeleistung trägt.

Rechtsgrundlage

Die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf stellt einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer Antidiskriminierungspolitik dar. Einige Mitgliedstaaten haben bestehende Antidiskriminierungsgesetze bereits an die EU-Richtlinie angepasst bzw. werden dies demnächst tun. Andere gingen in ihren Rechtsvorschriften über den Bereich der Beschäftigung hinaus, um insbesondere Antidiskriminierungsmaßnahmen in anderen Bereichen einzuführen, bzw. haben dies vor. Griechenland nahm 2002 in die überarbeitete Verfassung einen speziellen Artikel auf, der die Rechte behinderter Menschen schützt.

Zudem stellen die Mitgliedstaaten Aktionspläne für Menschen mit Behinderungen auf und legen spezielle Maßnahmen in sektoralen Bereichen fest, wobei sie Verbesserungen im Bereich der Beschäftigung von Behinderten besonderes Gewicht beimessen. Schweden nahm im Jahr 2000 einen nationalen Aktionsplan an, in dem die zentralen Regierungsstellen aufgefordert werden, die Belange von Behinderten zu berücksichtigen. Portugal beabsichtigt 2005 einen nationalen Rehabilitierungsplan und ein Gesetz über die Vertretung von Menschen mit Behinderungen durch NRO vorzulegen. Spanien wird einen neuen Aktionsplan für Menschen mit Behinderungen genehmigen, der vorrangig die Förderung der Selbstständigkeit Behinderter, die bei ihren Familien leben, vorsieht.

Einige Mitgliedstaaten erstellen Übersichtsberichte über die Lage von Menschen mit Behinderungen, die mittel- bis langfristig als Grundlage für politische Entscheidungen herangezogen werden sollen (Österreich, Deutschland (2004)).

ESF- und EQUAL-Mittel werden von den Mitgliedstaaten neben eigenen finanziellen Ressourcen für die Beschäftigung und Ausbildung von Behinderten sowie deren Zugang zu neuen Technologien eingesetzt. Österreich stellte 2002 104 Mio. EUR für Beschäftigungsförderungsprogramme für Menschen mit Behinderungen bereit. Dieser Fonds wird 2003 und 2004 um weitere 36 Mio. EUR aufgestockt.

Durchgängige Berücksichtigung der Behindertenproblematik

Für den Ausschluss von Menschen mit Behinderungen von der umfassenden Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sind mehrere Faktoren verantwortlich, sodass Maßnahmen in vielen Politikbereichen erforderlich sind.

Auch wenn einige Entwicklungen in der Behindertenpolitik der Mitgliedstaaten (hauptsächlich in den nordischen Ländern) eine steigende Tendenz zur Einbindung der Behindertenproblematik in die einschlägigen Politikbereiche erkennen lassen, spiegelt sich dies nicht in ausreichendem Maße in den NAP (Eingliederung) wider. In Schweden beruht der anstehende nationale Aktionsplan zur Behindertenpolitik auf einem integrativen Ansatz. Er betrifft demzufolge alle sozialen Bereiche, und darin ergeht insbesondere die Aufforderung an die zentralen Regierungsstellen, die Belange von Behinderten zu berücksichtigen. Daher ist es durchaus als Herausforderung zu verstehen, wenn die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, in diesem Bereich mehr zu tun, wie in der Entschließung des Rates vom 15. Juli 2003 über die Förderung der Beschäftigung und der sozialen Eingliederung der Menschen mit Behinderungen [16] geschehen.

[16] 2003/C 175/01, ABl. C 175 vom 24.7.2003.

Die Einbeziehung der Behindertenperspektive in alle wichtigen Politikbereiche erfordert die Berücksichtigung der Bedürfnisse behinderter Menschen bei der Aufstellung allgemeiner politischer Konzepte. Dieser Ansatz bedingt ein frühzeitiges Handeln in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten, darunter auch mit denjenigen, die von den Maßnahmen betroffen sein werden. In vielen Ländern sollen spezielle Strukturen die einheitliche Ausrichtung nationaler Aktionen gewährleisten. Häufig wird die Beteiligung von NRO befürwortet. Allerdings konzentrieren sich diese Strukturen in der Regel auf Maßnahmen zur Unterstützung von Menschen mit Behinderungen; es fehlt jedoch ein integrativer Ansatz. In Schweden gibt es zudem einen Behindertenausschuss unter Vorsitz des Ministers für Kinder und Familien (der auch für die Behindertenpolitik zuständig ist), in dem Staatssekretäre aus allen Ministerien, die mit der Behindertenproblematik befasst sind, und Vertreter von Behindertenorganisationen mitarbeiten. In Italien wurde ein nationaler Ausschuss für Behindertenfragen eingesetzt.

Bilanz der seit der Umsetzung der NAP (Eingliederung) 2001 erzielten Fortschritte

Im Allgemeinen haben die Mitgliedstaaten für die Behindertenpolitik keine im eigentlichen Sinne konkreten Zielvorgaben und Ziele festgelegt. Hinzu kommt, dass Armut und soziale Ausgrenzung ein so umfassender Problemkreis sind, dass zwei Jahre nicht ausreichen, um Aussagen über eventuelle Auswirkungen von Veränderungen treffen zu können. Aus diesem Grund können auch Fortschritte nur schwer eindeutig beurteilt werden. Aussagekräftige Rückmeldungen zu den wenigen in den ersten NAP angekündigten Zielen und den konkreten Ergebnissen von Maßnahmen liegen nicht vor. In der Regel fehlen Indikatoren und Daten zur Behindertenproblematik. Es müssen also konkretere Zielvorgaben und Ziele definiert werden, anhand derer die nationalen Konzepte beurteilt und systematischer bewertet werden können.

* In vielen Mitgliedstaaten genießen die Konzipierung von Maßnahmen und das Angebot an Leistungen zur Förderung der sozialen Eingliederung von Menschen mit Behinderungen zunehmend größere Aufmerksamkeit; dies gilt insbesondere für die Integration Behinderter in das Arbeitsleben. Allgemein wirken sich Beschäftigungsmaßnahmen unterschiedlich aus.

* Das Gros der aktiven Maßnahmen der Mitgliedstaaten, die auf eine Bekämpfung der Arbeitslosigkeit abzielen, bilden inzwischen stärker auf den jeweiligen Fall abgestimmte Maßnahmen, die den Bedürfnisses Einzelner Rechnung tragen. Einige Länder haben Ziele bezüglich der Teilnahme von Menschen mit Behinderungen und schwersten Behinderungen am Arbeitsleben aufgestellt. In Deutschland ging die Zahl der schwerbehinderten Arbeitslosen um etwa 24 % zurück (ursprünglich waren 25 % angestrebt worden). Irland hat sich die Senkung der Arbeitslosigkeit sozial schwacher Gruppen auf den nationalen Durchschnitt bis 2007 vorgenommen.

* Einführung innovativer Rechtsvorschriften zur Beschäftigung und zum Einkommen behinderter Menschen (Luxemburg).

* Maßnahmen im Bereich der Sozialversicherung und des Sozialschutzes für Menschen mit Behinderungen werden in bestimmten Mitgliedstaaten neu ausgerichtet, wobei es hauptsächlich um die Förderung der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen geht. Belgien: neuer Modus zur Verrechnung von Arbeitseinkommen und Krankengeld.

* In den meisten Mitgliedstaaten hat sich die Situation hinsichtlich der Unterrichtung von Kindern mit Behinderungen in Regelschulen verbessert. In Irland wurden Programme zur Erhöhung des Anteils benachteiligter Gruppen in der Hochschulbildung ausgebaut; sie umfassen nunmehr einen Sonderfonds für Studenten mit Behinderungen.

* Viele Mitgliedstaaten haben Maßnahmen zum selbstständigen Leben konzipiert. Sie greifen die familiäre Probleme ebenso auf wie Probleme im Zusammenhang mit dem Anspruch und der tatsächlichen Möglichkeit, ein Leben wie jeder andere Bürger zu führen, usw. In Österreich werden Leistungen für Menschen mit Behinderungen angeboten, und die Lage von Personen, die auf Langzeitpflege angewiesen sind, hat sich verbessert. Die Bürde, die auf den die Pflege leistenden Familienangehörigen lastet, bei denen es sich überwiegend um Frauen handelt, wird verringert, sodass ihre Beschäftigungsmöglichkeiten steigen. Die Ziele, die sich auf Leistungen für Menschen beziehen, bei denen Langzeitpflegebedarf besteht, und die nach den Plänen der Länder bis 2010 erreicht werden sollen, sind teilweise heute schon erfuellt.

Fazit: Auch wenn die Beschäftigung ein entscheidender Faktor für die soziale Eingliederung von Menschen mit Behinderungen ist, wächst die Erkenntnis, dass soziale Ausgrenzung weit mehr ist als nur Arbeitslosigkeit. Es sollte nicht vergessen werden, dass die Auswirkungen einer Behinderung von einigen Mitgliedstaaten in zentralen Politikbereichen wie schulische und berufliche Ausbildung, Informationsgesellschaft, Pflege, Wohnungsbau, Verkehr und Teilnahme am kulturellen und sportlichen Leben, um nur einige zu nennen, nicht ausreichend berücksichtigt wurden.

Zielvorgaben und Ziele

Im Einklang mit den in den NAP 2001-2003 festgelegten Strategien schlagen alle Mitgliedstaaten ein breites Spektrum von Maßnahmen zur sozialen Eingliederung von Menschen mit Behinderungen vor, die hauptsächlich ihre Beschäftigungsfähigkeit betreffen. Gelegentlich sind die Zielstellungen recht vage formuliert, und es ist kein klarer Zusammenhang zu erkennen.

Nur einige Länder haben Ziele festgelegt, die vielfach nicht einmal ehrgeizig sind (siehe Abschnitt 5).

Nur in Ausnahmefällen erfolgen Angaben zur Bereitstellung finanzieller Ressourcen für diese Maßnahmen. Etliche Länder machen Angaben zur Bewilligung von Mitteln für einige Beschäftigungsmaßnahmen, die hauptsächlich aus dem ESF und EQUAL stammen.

Clearing: Hilfestellung für behinderte Jugendliche beim Übergang Schule-Beruf (Österreich)

Mit dem Abgang aus der Pflichtschule ist für viele Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen die Gefahr gegeben, dass die Betreuungskontinuität abbricht. Diese Personengruppe mündet nach dem Verlassen der Grundschule zum Teil in verschiedenen Einrichtungen und Maßnahmen, ein nicht unbeträchtlicher Teil verbleibt im Familienverband ohne jegliche Unterstützungs- und Berufsperspektive. Ein flächendeckendes Auffangnetz bzw. Fördersystem für die nachschulische Phase von behinderten SchülerInnen fehlte bislang.

Mit ,Clearing" wurde eine neue Leistung entwickelt, die direkt an der Nahtstelle Schule/Beruf ansetzt. Clearing-Einrichtungen haben die Aufgabe, im letzten bzw. vorletzten Schuljahr gemeinsam mit den Betroffenen das individuell am besten geeignete Maßnahmenpaket zur beruflichen Integration festzulegen. Die Leistung beinhaltet insbesondere: die Erstellung eines Neigungs- und Eignungsprofils; die Durchführung einer Stärken-/Schwächen-Analyse; das Feststellen bzw. Umreißen eines allfälligen Nachschulungsbedarfs; das Aufzeigen von beruflichen Perspektiven auf der Grundlage des Neigungs- und Eignungsprofils und darauf aufbauend die Erstellung eines Karriere-/Entwicklungsplans. Den Jugendlichen bzw. ihren Eltern sollen nach dem Prinzip ,Hilfe zur Selbsthilfe" die bestehenden Probleme nicht abgenommen werden, sondern die notwendige Unterstützung zur möglichst selbstständigen Lösung der auftretenden Fragen geboten werden. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist das aktive Einbeziehen der Jugendlichen, ihrer Eltern und LehrerInnen. Die Bedürfnisse, Möglichkeiten und Interessen der Jugendlichen sind dabei die Grundlage für das Handeln der Clearingstellen.

Clearing hat auch eine wesentliche koordinierende Funktion bei der bestehenden Kompetenzverteilung von Unterstützungsangeboten, die für die Betroffenen verständlicherweise nicht immer klar durchblickbar sind. Kooperationspartner sind unter Federführung des Bundessozialamtes der Landesschulrat, das Arbeitsmarktservice, KlassenlehrerInnen, Eltern und Behinderteneinrichtungen. Mit 1450 Jugendlichen wurde 2004 ein Clearingverfahren erfolgreich abgeschlossen. Da mit diesem Projekt für viele behinderte Jugendliche bedarfsgerechte Lehrstellen, Dienstverhältnisse, Maßnahmen des Arbeitsmarktservice oder weitere schulische Fortbildungen zur Verfügung gestellt werden konnten, sollen die Clearingmaßnahmen weiter ausgebaut werden.

Zuwanderer und ethnische Minderheiten (einschließlich Roma und Fahrende)

Wie die erste Runde nationaler Aktionspläne zur sozialen Eingliederung (NAP (Eingliederung)) 2001 zeigte, muss die Frage der Einbeziehung von Zuwanderern im Rahmen eines umfassenderen, integrierten und strategischen Ansatzes betrachtet werden. In den überarbeiteten gemeinsamen Zielsetzungen für die zweite Runde des Prozesses der sozialen Eingliederung (Europäischer Rat vom Dezember 2002 in Kopenhagen) wurde daher die Forderung bekräftigt, stärkeres Gewicht auf die Lage ethnischer Minderheiten und Zuwanderer [17] zu legen. Die Mitgliedstaaten vereinbarten Folgendes: ,Es ist deutlicher hervorzuheben, dass einige Männer und Frauen infolge der Zuwanderung in hohem Maße durch Armut und soziale Ausgrenzung gefährdet sind".

[17] Der Begriff ,ethnische Minderheit" bezieht sich auf Staatsbürger einer anderen ethnischen Herkunft als die Mehrheit der Bevölkerung. Dazu können auch Bürger aus ehemaligen Kolonien gehören. Der Begriff kann aber auch auf Gruppen angewandt werden, die zur zugewanderten Bevölkerung gehören und eine andere ethnische Herkunft haben als die Mehrheit der Bevölkerung.

Wie schon in den früheren nationalen Aktionsplänen stufen die Mitgliedstaaten ethnische Minderheiten und Migranten mehrheitlich als von sozialer Ausgrenzung besonders bedrohte Gruppen ein. In Deutschland ist die Arbeitslosenquote von Zuwanderern doppelt so hoch wie die der Bevölkerung allgemein, und die Wahrscheinlichkeit, dass Zuwanderer in Haushalten mit niedrigen Einkommen leben, ist gut zweimal höher. In Dänemark erreichen Migranten durchgängig niedrigere Erwerbs-, Beschäftigungs- und Einschulungsquoten; dies gilt insbesondere für die erste Generation. In Frankreich liegt die Armutsquote von Ausländerhaushalten erheblich über dem nationalen Durchschnitt. Die Armutswahrscheinlichkeit ist für Zuwanderer in Finnland viermal so hoch wie für die Bevölkerung insgesamt und die Wahrscheinlichkeit der Arbeitslosigkeit dreimal höher.

Trotzdem stellen die meisten Länder das Thema ,Zuwanderer und ethnische Minderheiten" nach wie vor nur recht allgemein dar und führen die Bereiche Gesundheit, Wohnung und Beschäftigung als besonders wichtig an. In vielen Fällen wird nur kurz auf gefährdete Migranten und ethnische Gruppen hingewiesen und kaum einmal der Versuch unternommen, ihre Situation oder Faktoren zu analysieren, die zu Ausgrenzung und Armut führen. Lediglich einige wenige Länder bemühen sich, positive wie negative Tendenzen im Hinblick auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen dieser Gruppen aufzuzeigen. Bedauerlicherweise finden sich nur in wenigen Aktionsplänen Belege für eine Verbesserung der Lage der zugewanderten Bevölkerung seit der Vorlage der ersten Aktionspläne im Jahr 2001.

Lediglich eine Minderheit der Mitgliedstaaten (UK, S, FIN, B, IRL, F) stellte einen direkten Zusammenhang zwischen Diskriminierung und sozialem Zusammenhalt her. So beruht die Arbeit in Bezug auf gefährdete Gruppen in Schweden beispielsweise eindeutig auf den Grundsätzen der Menschenrechte und der Gleichbehandlung; die Tätigkeit des Ombudsmanns wird eingehend dargestellt. Nur wenige Länder verknüpfen die Bekämpfung der Diskriminierung mit rechtlichen Maßnahmen. Die Richtlinie des Rates zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft [18], die 2003 in nationales Recht umzusetzen war, wurde nur in einigen nationalen Aktionsplänen (darunter Schweden, Dänemark, Italien und Irland) hervorgehoben.

[18] Richtlinie 2000/43/EG des Rates zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft.

Vielfach steht die Notwendigkeit im Mittelpunkt, dass sich Zuwanderer insbesondere durch Maßnahmen der beruflichen Bildung und Fördermaßnahmen anpassen müssen. In Österreich und Italien bilden Sprachkurse für Migranten einen Schwerpunktbereich. Darüber hinaus fördert Österreich eine Vielzahl von Projekten, die einerseits die Zielgruppen in sozialen und rechtlichen Angelegenheiten beraten und ihnen andererseits die Integration erleichtern. Obwohl diese Initiativen vor allem in der Anfangsphase der Eingliederung wichtig sind, besteht weiterhin Bedarf an Maßnahmen gegen potenziell diskriminierende Verhaltensweisen, Einstellungen und Praktiken der Bevölkerungsmehrheit, die verhindern können, dass Zuwanderer trotz ausreichender Sprachkenntnisse Zugang zu einer Beschäftigung oder Leistung bzw. einer Ausbildungsmaßnahme erhalten. Zudem wird nur in einigen wenigen Plänen ausdrücklich der Beitrag von Ausländern und Migranten zum wirtschaftlichen Wohlstand und zur kulturellen Vielfalt des jeweiligen Landes gewürdigt.

Interkultureller sozialer Mediationsdienst (SEMSI) - Stadtrat von Madrid

Der SEMSI (Spanischer Interkultureller Sozialer Mediationsdienst) des Madrider Stadtrates ist ein staatlicher Dienst, der die interkulturelle Koexistenz fördern und neue Formen der Sozialbeziehungen auf der Grundlage der kulturellen Vielfalt entwickeln soll. Er erleichtert der zugewanderten Bevölkerung den Zugang zu öffentlichen Ressourcen, fördert ihre Teilnahme am sozialen Leben und eröffnet der Kommune die Möglichkeit der Nutzung angemessener Kenntnisse über die Lage, Bedürfnisse und Probleme dieser Gruppe. Die Gründung des Dienstes erfolgte durch eine Vereinbarung mit der Allgemeinen Stiftung der Autonomen Universität Madrid, die Personal für den Aufbau und die Koordinierung des Dienstes (Sozialmediatoren) zur Verfügung stellt. Die technische Arbeit wird in Absprache mit den Sozialdiensten für Primärbetreuung des Stadtrates geleistet.

SEMSI ist die Antwort auf die Notwendigkeit, auf die Probleme und Bedürfnisse der zugewanderten Bevölkerung zu reagieren, wobei es nicht nur darum geht, ihre Schwierigkeiten beim Zugang zu öffentlichen Ressourcen zu beheben, sondern auch den Kenntnisstand über die Probleme und Erfordernisse dieser Gruppe zu verbessern, um letztlich eine vollständige Integration zu erreichen. Insbesondere muss die Teilnahme der zugewanderten Bevölkerung am Leben der Gemeinschaft gefördert werden. Es geht auch darum, über soziale Ressourcen für die Erfuellung ihrer Bedürfnisse zu informieren; dies sind Ressourcen für die Sozial-, Bildungs-, Gesundheits- und Jugendarbeit, für Frauen, Erholung und Freizeit sowie die soziale Interaktion. Des Weiteren ist die Zusammenarbeit mit Fachleuten in den städtischen Sozialdiensten als Grundlage für eine interkulturelle Sichtweise und die Schaffung eines für die Bekundung der kulturellen Vielfalt günstigen Klimas in der Gemeinschaft vorgesehen.

SEMSI arbeitet unter anderem mit verschiedenen NRO zusammen, die Lösungen für Probleme bieten, mit denen sich Zuwanderer bei der Ankunft in Madrid konfrontiert sehen (rechtliche Probleme, Probleme in den Bereichen Wohnen und Beschäftigung), und Maßnahmen zur Förderung der interkulturellen Koexistenz unterstützen.

Fehlen von Daten und Indikatoren

Schon im letzten Gemeinsamen Beschäftigungsbericht wurde das Fehlen von Angaben zu gefährdeten Gruppen, insbesondere Migranten und ethnische Gruppen, bemängelt; dies ist nach wie vor ein großes Problem. Es fehlen allgemeine Daten und gemeinsame Indikatoren für Menschen, die zur zugewanderten Bevölkerung gehören. Nur wenige Länder (darunter das Vereinigte Königreich, Belgien, die Niederlande, Spanien und Frankreich) führen Daten oder Indikatoren in der Absicht an, sich ein reales Bild von der Situation und den Erfordernissen in ihren Ländern zu verschaffen. Das Vereinigte Königreich verfügt unverändert über die umfassendste Sammlung von statistischen Angaben und Indikatoren, beispielsweise zu den prozentualen Anteilen verschiedener ethnischer Gruppen an Niedrigeinkommenshaushalten, Qualifikationen usw.

Gewisse Fortschritte sind dennoch erkennbar. So wurde in einer Studie jüngeren Datums zu Armut, Migration und Gesundheit, die in Deutschland durchgeführt wurde, das Fehlen von Daten und Forschungen auf diesem Gebiet herausgestellt. Um hier zumindest teilweise Abhilfe zu schaffen, soll im Rahmen einer nationalen Erhebung zum Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen, die von der Bundesregierung in Auftrag gegeben wurde, ein Modul zur Erfassung des Gesundheitszustands von Kindern und Jugendlichen mit anderer ethnischer Herkunft (Zuwanderer) entwickelt werden. Diese Angaben dürften 2006 erstmals zur Verfügung stehen.

Zielvorgaben und Ziele

Trotz der Erkenntnis, dass Zuwanderer in besonders hohem Maße von sozialer Ausgrenzung bedroht sind, dominiert ein enger integrationistischer Ansatz, der hauptsächlich Sprachkurse und andere Schulungsmaßnahmen umfasst. Nur aus wenigen Ländern liegen eindeutige und konkrete Angaben zu Zielsetzungen in Bezug auf die Förderung von Migranten vor. Folgende Beispiele können genannt werden:

- Die Niederlande haben ein konkretes Ziel für die Erhöhung des Anteils der Erwerbsarbeit bei ethnischen Minderheiten um jährlich 0,75 % bis zum Jahr 2005 festgelegt.

- Der irische Plan sieht eine Reihe konkreter Ziele für die Fahrenden vor, einschließlich einer Verringerung des Abstands in der Lebenserwartung zwischen den Fahrenden und der Bevölkerung insgesamt um mindestens 10 % bis 2007 und Verdopplung des Anteils benachteiligter Spätstudierender, darunter Fahrende und Flüchtlinge, an Einrichtungen der Hochschulbildung bis 2006.

- Griechenland will bis Ende 2005 erreichen, dass keine griechische Roma-Familie mehr in Zelten oder Notunterkünften lebt; zu diesem Zweck werden Fertighäuser als ständige Unterkünfte bereitgestellt.

- Die Schweden verweisen in ihrem Plan auf den ganzheitlichen Charakter ihres Ansatzes, wonach alle Ziele unabhängig von der ethnischen Herkunft für Frauen und Männer gleichermaßen gelten.

- Dänemark hat recht allgemein festgelegt, dass Menschen nichtdänischer ethnischer Herkunft so integriert werden müssen, dass sie am beruflichen und gesellschaftlichen Leben gleichberechtigt mit der übrigen Bevölkerung teilhaben können.

Anstelle spezieller Maßnahmen streben viele Mitgliedstaaten die Berücksichtigung gefährdeter Gruppen im Rahmen aller relevanten Initiativen an, wobei allgemein die Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit, der Zugang zu Wohnraum, Maßnahmen des lebenslangen Lernens usw. im Mittelpunkt stehen.

Nationale Programme zur Integration von Zuwanderern umfassen in der Regel folgende drei Hauptkomponenten: Sprachunterricht, Orientierungs- bzw. Einführungskurse und professionelle Arbeitsmarktschulungen. Die Programme, bei denen es sich in bestimmten Ländern um Pflichtprogramme handelt, sind entweder allgemeiner Natur oder auf die spezifischen Bedürfnisse Einzelner zugeschnitten. Obwohl derartige spezifische Maßnahmen konkret angeführt wurden, erfolgten kaum Angaben zur Bereitstellung finanzieller Mittel für die Förderung entsprechender Aktionen.

Zu den spezifischen Maßnahmen, die sich insbesondere auf die Beschäftigungsfähigkeit konzentrieren, gehören folgende:

* Im Vereinigten Königreich stellt der National Asylum Support Service den lokalen Behörden Gelder zur Förderung des Sprachunterrichts für Flüchtlinge und zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt zur Verfügung.

* In Schweden führen die lokalen Behörden in Zusammenarbeit mit dem nationalen Integrationsamt Einführungsprogramme und Sprachschulungen durch und unterstützen Neuzuwanderer bei der Stellensuche.

* In Dänemark wurden Betreuersysteme für Frauen aufgebaut, die ethnischen Minderheiten angehören, wobei die Zielgruppe junge Frauen sind, die Zwangsehen eingehen und den Kontakt zu ihren Familien verlieren; dazu gehört auch ein Hilfsnetzwerk. Die Frauen erhalten praktische Hilfestellung und werden über Möglichkeiten der schulischen und beruflichen Bildung sowie bei Stellenbewerbungen beraten. 2002 legte die dänische Regierung zudem das Programm ,Städtische Gebiete für jedermann" mit fünf Projekten auf, die eine Laufzeit von vier Jahren haben und sich schwerpunktmäßig mit der Einbeziehung neu angekommener Flüchtlinge und Migranten in Wohnungsprogramme befassen.

* Die belgische Bundesregierung fördert ,Diversitätspläne" in Unternehmen und bestimmten Bereichen des öffentlichen Dienstes.

* Seit Juni 2002 läuft im Bundesland Nordrhein-Westfalen (Deutschland) die Informationskampagne ,Zugewanderte: Chance für Wirtschaft und Verwaltung". Ziel der Kampagne ist es, die Situation von Jugendlichen aus zugewanderten Familien in Ausbildung und Arbeit zu verbessern. Ein zweites Vorhaben ist in Berlin angelaufen. Es trägt den Titel ,Berlin - Stadt der Vielfalt" und soll den Schul- und Gesundheitsbehörden Qualifikationen in den Bereichen Vielfalt und Antidiskriminierung vermitteln.

* Griechenland plant ein operationelles Programm für Zuwanderer (2003-2006), für das 260 Mio. EUR vorgesehen sind. Im Rahmen des Programms werden Informationen bereitgestellt, Beratungs- und Hilfeleistungen für Zuwanderer angeboten, Möglichkeiten für die Eingliederung in den Arbeitsmarkt und die kulturelle Integration erschlossen und gefördert, das Angebot an Gesundheitsleistungen und präventiven medizinischen Leistungen für bestimmte Zuwanderergruppen verbessert und Hilfsstrukturen aufgebaut, die in Notfällen im Rahmen des Aufnahmeverfahrens oder im Zusammenhang mit der vorläufigen Unterbringung tätig werden.

* In Frankreich wird für jeden ausländischen Neuankömmling ein ,contrat d'accueil et intégration" (Aufnahme- und Integrationsvereinbarung) geschlossen, der Französischkurse und Gemeinschaftskundeunterricht vorsieht.

* In den Niederlanden werden ,Integrationsprogramme" für Neuankömmlinge und schon länger im Land lebende Migranten angeboten.

* In Luxemburg werden im Vorfeld der nächsten Kommunalwahlen Einführungsprogramme und eine Sensibilisierungskampagne durchgeführt, um die Teilnahme von Zuwanderern am gesellschaftlichen und politischen Leben zu fördern.

In einigen Fällen bedarf es einer engmaschigen Überwachung der festgelegten Maßnahmen, um ihre Wirkung beurteilen zu können. So sieht beispielsweise der dänische Plan eine Kombination aus einer neuen Geldleistung für Zuwandererhaushalte und einer Reihe von Initiativen vor, die der Anhebung ihres Bildungsniveaus und der besseren Nutzung von Qualifikationen dienen. Dazu gehört die Verpflichtung, einen bindenden Vertrag zwischen ausländischen Neuankömmlingen und den örtlichen Behörden zu schließen und ein planvolles Integrationsprogramm aufzustellen, das in erster Linie zu einer Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit führt. Bei Nichteinhaltung der Vereinbarungen werden die Sozialleistungen gekürzt. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob diese Regelung tatsächlich bewirkt, dass mehr Menschen in den Arbeitsmarkt integriert werden.

Berlin - Stadt der Vielfalt

(Einführung von Ausbildungsmaßnahmen im Bereich Nichtdiskriminierung in der öffentlichen Verwaltung)

Ziel des Projekts ,Berlin - Stadt der Vielfalt" ist es, der Verwaltung in den Bereichen Schule und Gesundheit mit Diversity- und Antidiskriminierungs-Qualifizierungen ein effektives Instrument zur Förderung von Gleichbehandlung und Abbau von Diskriminierung an die Hand zu geben. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf Migrant/innen, sondern im Hinblick auf alle Minderheitengruppen. Ein Umdenken im Verhalten von Bediensteten der Verwaltung gegenüber Minderheitenangehörigen in ihrer Eigenschaft als Kunden und als Kollegen soll erreicht werden.

,Introduction of Anti-Discrimination Training Measures to Public Administration" ist ein Projekt im Rahmen des EU-Aktionsprogramms zur Bekämpfung von Diskriminierung. Das Projekt wird in drei europäischen Städten umgesetzt: Berlin, Bangor (Nordirland) und Altea (Spanien). In Berlin trägt das Projekt den Titel ,Berlin - Stadt der Vielfalt". Das Konzept des Projekts wurde vom Centre européen juif d'information (CEJI) [Europäisches Jüdisches Informationszentrum] in Zusammenarbeit mit dem nordirischen Council for Ethnic Minorities in Northern Ireland (NICEM) entwickelt.

In Berlin sind neben der Integrations- und Migrationsbeauftragten Vertreter der Verwaltung sowie mehrere Nichtregierungsorganisationen am Projekt beteiligt. Das Büro der Integrations- und Migrationsbeauftragten des Senats von Berlin übernimmt in Zusammenarbeit mit Eine Welt der Vielfalt e. V. die regionale Koordination des Projekts.

Von September 2002 bis August 2004 werden die Diversity- und Antidiskriminierungs-Trainer geschult. Im Anschluss daran geben sie ihr Wissen in acht Qualifizierungen weiter. In Vorbereitung auf die Qualifizierungen erfolgt eine profunde Bedarfsanalyse, bestehend aus einer allgemeinen Recherche und Datensammlung, einer Reihe von Einzelinterviews, einer Befragung mittels Fragebögen und von mehreren Fokusgruppen. In der nächsten Phase (Januar 2005 - Juni 2005) werden die Aktivitäten der Phase II evaluiert. Das Ziel besteht darin, die Ergebnisse und Erkenntnisse des Projekts in die Verwaltungsreform mit einfließen zu lassen. Auf diese Weise werden die Erkenntnisse effektiv genutzt, sie werden internalisiert.

Im Rahmen des Projekts werden Schulungsprogramme für Bedienstete der Schul- und Gesundheitsverwaltungen konzipiert und verschiedene Formen der Ungleichbehandlung aufgegriffen. Der Schwerpunkt liegt auf der Beseitigung der Mehrfachdiskriminierung. In den Schulungen soll die Bedeutung kultureller und ethnischer Vielfalt für die Politikgestaltung, Arbeitspraktiken, die Personalpolitik und die Verbesserung der Beziehungen in der Gemeinschaft herausgearbeitet werden. Außerdem soll ein Schulungshandbuch erstellt werden, das europaweit von lokalen Behörden zur Aufstellung eigener Programme unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und Erfordernisse genutzt werden kann.

Roma, Sinti und Fahrende

Neben den genannten Zielen für Irland und Griechenland beinhalten einige NAP (Griechenland, Spanien, Finnland, Irland, Portugal) spezifische Maßnahmen zur sozialen Eingliederung von Roma, Sinti und Fahrenden, wobei besonderes Augenmerk auf den Kriterien Gleichbehandlung und Chancengleichheit liegt. Gleichwohl fallen nähere Angaben zur Umsetzung der geplanten Maßnahmen in einigen Fällen eher spärlich aus. Kein einziger NAP (Eingliederung) gibt Auskunft über Maßnahmen, die der besonderen Lage von zu den Roma gehörenden Migranten in den Mitgliedstaaten Rechnung tragen.

In Griechenland wird weiter an der Umsetzung des integrierten Aktionsprogramms zur sozialen Eingliederung griechischer Sinti gearbeitet, das zwei Handlungslinien vorsieht: Schaffung der für die Lösung des Wohnungsproblems der Roma erforderlichen Infrastruktur und Bereitstellung von Leistungen in den Bereichen Ausbildung, Beschäftigung, Kultur, Gesundheit und Wohlfahrt. Obwohl sich diese Maßnahme auch im NAP (Eingliederung) 2001 findet, fehlen Angaben zur Bewertung ihrer Auswirkungen.

In Spanien soll der Lebensstandard sozial ausgegrenzter und von sozialer Ausgrenzung bedrohter Sinti durch Gewährleistung des Zugangs zu Sozialschutzsystemen und deren Inanspruchnahme angehoben werden. Darüber hinaus müssen integrierte soziale Förderprogramme aufgestellt werden, die Aktivitäten in den Bereichen Bildung, Wohnen und Umwelt, Gesundheit, Ausbildung und Beschäftigung sowie Sozialeinrichtungen beinhalten.

In Irland wird weiter an der Umsetzung des seit Februar 2002 laufenden Programms ,Traveller Health - A National Strategy 2002-2005" gearbeitet. Es wurde eine Studiengruppe eingesetzt, die eine irlandweite Studie zur Bewertung der Bedürfnisse und des Gesundheitszustands von Fahrenden durchführen soll. Im Bereich der Bildung wird eine verbesserte Strategie angewandt, bei der der Schwerpunkt auf Maßnahmen liegt, die einem frühen Verlassen der Schule entgegenwirken. Ein Beraterausschuss zu Fragen der Bildung von Fahrenden berät das Ministerium für Bildung und Wissenschaft zu Maßnahmen in diesem Bereich.

Neue Maßnahmen

Einige wenige Mitgliedstaaten nutzen offenbar die Gelegenheit, in den NAP 2003-2005 neue Maßnahmen zur Unterstützung benachteiligter Gruppen aufzunehmen.

Folgende Beispiele für neue Maßnahmen können genannt werden:

- In Deutschland wird das derzeit im Parlament erörterte Zuwanderungsgesetz Integrationsinitiativen auf eine neue gesetzliche Grundlage stellen; danach müssen die Länder einen Mindestrahmen für Integrationsangebote festlegen. Dem geplanten Bundesamt für Migration und Flüchtlinge kommt bei der Wahrnehmung der Integrationsaufgaben eine zentrale koordinierende Funktion zu. Nach den Bestimmungen des Gesetzes sollen Neuzuwanderinnen und Neuzuwanderer mit einer Daueraufenthaltsperspektive unmittelbar nach der Einreise an Integrationskursen (Basis- und Aufbausprachkurse, Orientierungskurse) teilnehmen.

- In Finnland wurde das Gesetz über spezielle Beihilfen für Zuwanderer eingeführt, um berenteten oder pensionierten Rückkehrern und anderen Zuwanderern in vergleichbarer Position eine dauerhafte Einkommensbeihilfe zu bewilligen. Die speziellen Beihilfen stellen eine freiwillige Sozialleistung im Rahmen des sozialen Sicherungssystems dar, die die Sozialversicherungsanstalt KELA gewährt. 2003 werden schätzungsweise 3 700 Personen zum Kreis der Empfänger dieser speziellen Beihilfen gehören. Das neue Gesetz tritt am 1. Oktober 2003 in Kraft. Schätzungen zufolge werden sich die Kosten auf etwa 20 Mio. EUR pro Jahr belaufen.

- Die schwedische Regierung hat den schwedischen Unternehmerverband aufgefordert, sich an der Erarbeitung von Maßnahmen zu beteiligen, die vom Arbeitsmarkt ausgeschlossenen Zuwanderern helfen. Eine Arbeitsgruppe wird prüfen, wie staatliche Stellen die Bemühungen der Wirtschaft um eine Integration von Zuwanderern in den Arbeitsmarkt besser nutzen können, und Maßnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit in diesem Bereich vorschlagen. Die Arbeitsgruppe wird am 30. Dezember 2003 Bericht erstatten. Schweden hat auch einen Aktionsplan gegen Rassismus erstellt.

- Ende 2003 wird die irische Regierung einen nationalen Aktionsplan gegen Rassismus veröffentlichen; ab 2004 sollen dann diesbezügliche Maßnahmen durchgeführt werden. Zusätzlich arbeitet der Gesundheitssektor mit der Behörde für Gleichstellungsfragen zusammen, um die Dimension der Gleichbehandlung nach Maßgabe der neun Gründe des Gleichstellungsgesetzes von 2000 (Geschlecht, Familienstand, Stellung in der Familie, sexuelle Orientierung, Religion, Alter, Behinderung, Rasse und Zugehörigkeit zur Bevölkerungsgruppe der Fahrenden) im Gesundheitssektor zu verankern, wobei besonderes Gewicht auf dem Nachweis der Gleichbehandlung liegt.

Fazit

Politische Maßnahmen auf dem Gebiet der sozialen Eingliederung betreffen die ganze Bandbreite der in den Plänen aufgegriffenen Themen. Obwohl allen Mitgliedstaaten die Gefährdung von Migranten und ethnischen Minderheiten durch Armut und Ausgrenzung bekannt ist, wurden nur in einigen wenigen Fällen spezifische Ziele und Zielvorgaben festgelegt.

Nur geringes Augenmerk liegt auf der Förderung des Zugangs von Migranten und ethnischen Minderheiten zu Ressourcen, Rechten, Waren und Dienstleistungen, insbesondere zu den Sozialschutzsystemen, zu geeignetem und hygienisch einwandfreiem Wohnraum, angemessener Gesundheitsfürsorge und Bildung. In Anbetracht der Tatsache, dass sich der Europäische Rat von Tampere bereits im Oktober 1999 für eine ,schlagkräftigere Integrationspolitik" aussprach, die ,darauf abzielt, rechtmäßig ansässigen Drittstaatsangehörigen Rechte und Pflichten vergleichbar denen von EU-Bürgern einzuräumen", überrascht die fehlende Betonung von Rechten ganz besonders. In diesem Zusammenhang ist die mögliche Einbeziehung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in den neuen Vertrag ein wichtiger Bezugspunkt, denn ein Großteil ihrer Bestimmungen gilt für alle Menschen unabhängig von ihrer Nationalität.

Künftig dürfte eine stärkere Konzentration auf die Rechte eine wesentliche Voraussetzung für das Handeln sein, denn sie bildet die erforderliche Grundlage, auf der alle weiteren Integrationsmaßnahmen aufbauen müssen.

Das Fehlen detaillierter Daten und Indikatoren, ganz zu schweigen von gemeinsamen Indikatoren, erschwert jede gründliche Analyse der Situation dieser gefährdeten Gruppen. Geplante und angenommene Maßnahmen müssen genauestens überwacht und bewertet werden, um ihre Folgen abschätzen zu können.

Die besondere Lage, in der sich mit Armut und Ausgrenzung konfrontierte Zuwanderer und ethnische Minderheiten befinden, erfordert größere Anstrengungen und weitere Analysen, wenn es gelingen soll, ihre Arbeitsmarktbeteiligung auf dasselbe Niveau anzuheben wie für die Mehrheit der Bevölkerung. Zugleich muss ihre Teilnahme am sozialen, kulturellen und politischen Leben gefördert werden.

Weitere dauerhaft armutsgefährdete Personen

Suchtmittelabhängige

Die soziale Chancengleichheit von Menschen mit Drogenproblemen ist überproportional vermindert. Drogen- und Alkoholprobleme sind oftmals gleichbedeutend mit Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit und niedrigem Bildungsstand. Hinzu kommt, dass viele von illegalen Drogen Abhängige von strafrechtlichen Sanktionen und der nachfolgenden Ausgrenzung betroffen sind. In den NAP (Eingliederung) wird betont, wie wichtig die Einführung bzw. Verstärkung geeigneter Maßnahmen und Programme zur Schließung der teilweise erheblichen Lücken im schulischen und beruflichen Werdegang für das Gelingen der sozialen Reintegration ist.

Die Anstrengungen sind hauptsächlich auf Wiedereingliederungsprogramme für ehemals Suchtkranke gerichtet, wobei es um die Verbesserung der sozialen Chancen der Betroffenen, insbesondere ihre Wiedereingliederung in das Erwerbsleben geht (siehe zum Beispiel den deutschen Plan). Italien führt zahlreiche Maßnahmen im Bereich der Prävention des Drogenmissbrauchs und der Wiedereingliederung Suchtkranker in die Gesellschaft und die Arbeitswelt durch. Dazu zählen die Lenkung, Planung und Koordinierung von Aktivitäten auf zentraler und regionaler Ebene; die Koordinierung der Maßnahmen der verschiedenen Beteiligten; gezielte Maßnahmen für Suchtmittelabhängige in Haftanstalten.

Ein weiterer Schwerpunkt sind Präventionsmaßnahmen. In Finnland wurde 2001 ein neues Schulungsprogramm für Lehrer aufgelegt, das sie befähigen soll, Probleme von Schülern und Anzeichen für Drogenkonsum besser zu erkennen. Im Kern betrifft der Inhalt pädagogischer Studien die ethische und gesellschaftliche Grundlage der Lehrtätigkeit, die zwischenmenschlichen Beziehungen, die Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Kommunikation mit anderen Menschen, das Verständnis von Lernprozessen und die Vermeidung von Lernschwierigkeiten und Ausgrenzung.

In einigen Ländern werden Programme zur Drogenprävention im Rahmen einer aktiven und integrativen Stadtentwicklungspolitik ausgebaut und intensiviert, um Stadtteilen mit wachsenden sozialen, wirtschaftlichen und die Stadtentwicklung betreffenden Problemen aus ihrer Lage herauszuhelfen und sie zu stabilisieren. In Deutschland zielt das Programm ,Die soziale Stadt" auf eine integrierte Förderung der Stadt- und Ortsteile mit besonderem Entwicklungsbedarf in solchen Bereichen wie Wohnungs-, Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik ab. Im Vereinigten Königreich, insbesondere in England, wird den Zusammenhängen zwischen Drogen und Verelendung von Wohnvierteln durch enge Zusammenarbeit zwischen dem Innenministerium und der Neighbourhood Renewal Unit entgegengewirkt. Irland geht ebenfalls gegen das Problem der Konzentration des Drogenmissbrauchs in benachteiligten Gebieten und Stadtteilen vor.

In mehreren Ländern (Irland, Italien, Österreich, Finnland, Schweden) richten sich die Bemühungen auf eine stärkere interdisziplinäre, ressortübergreifende Zusammenarbeit aller mit der Drogenproblematik befassten Stellen. Räte für Drogenberatung wurden eingesetzt, um die Umsetzung von Drogenprogrammen zu überwachen und gezielt Probleme zu lösen, die mit dem Drogenmissbrauch zusammenhängen. Nationale Aktionspläne und Strategieprogramme, die der Verknüpfung der verschiedenen Dimensionen der Drogenproblematik (Prävention, Verringerung, Behandlung, Rehabilitation, Forschung) dienen sollen, bestehen in einigen Mitgliedstaaten (Griechenland, Irland, Italien, Portugal, Schweden).

Der Bedarf an weiteren Forschungen muss unter besonderer Berücksichtigung der Datenerfassung und -analyse ermittelt werden, wobei Forschungsprojekte (mit deren Hilfe auch die Bedürfnisse bestimmter Zielgruppen ermittelt werden sollen) wichtige Elemente von Maßnahmen der einzelstaatlichen Politik, unter anderem in Irland und Schweden, sind. Belgien plant die Einrichtung einer nationalen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, die Daten erfassen und analysieren und die Wirksamkeit bestehender Maßnahmen in diesem Bereich untersuchen soll.

Verbesserung der beruflichen Integration suchtkranker Menschen ,Netzwerk Sucht"

In RESTART haben sich sieben Projektträger zu einer Berliner Entwicklungspartnerschaft im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative EQUAL zusammengeschlossen, um durch ihre jeweiligen Kompetenzen ein Netzwerk zur Verbesserung der beruflichen Integration und persönlichen Entwicklung aufzubauen und jeglicher Diskriminierung und Ungleichbehandlung im Arbeitsleben vorzubeugen.

Unterstützt wird diese Entwicklungspartnerschaft von strategischen Partnern aus verschiedenen Bereichen der Wirtschaft, sozialen Trägern und der Verwaltung (u. a. aus den Bereichen Drogen und Sucht sowie Politik für Menschen mit Behinderungen in der Verwaltung). Das ebenfalls auf dem Gebiet der beruflichen Integration und Qualifizierung von benachteiligten Menschen, d. h. Suchtmittelabhängigen, tätige Berliner Netzwerk Sucht ist einer der strategischen Partner und hat sich an dieser Entwicklungspartnerschaft mit einem Teilprojekt beteiligt. Vertreter des Berliner Netzwerks Sucht ist der Berliner Suchthilfeträger BOA e. V., der seit vielen Jahren Beratungs-, Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahmen für medikamentengestützt lebende drogenabhängige Menschen im Bereich EDV und neue Technologien durchführt.

Im Rahmen des RESTART-Teilprojekts will BOA e. V. 30 arbeitsuchenden substituiert lebenden Frauen durch passgenaue Hilfen und Qualifizierung eine berufliche Eingliederung in den Arbeitsmarkt ermöglichen. Durch Vernetzung, Durchlässigkeit und den abgestimmten Aufbau der Maßnahmen innerhalb der Entwicklungspartnerschaft sollen unter Einbeziehung der am Prozess der beruflichen Integration beteiligten Institutionen sowie der klein- und mittelständischen Betriebe langfristige strukturelle Veränderungen zur optimalen beruflichen (Wieder-)Eingliederung dieser Zielgruppe erreicht werden.

Strafgefangene und Haftentlassene

Viele Straftäter gehören zur Gruppe der Benachteiligten, und bei Strafgefangenen besteht die Gefahr, dass sie ohne die für das Finden einer Anstellung und einer Wohnung erforderlichen Qualifikationen und Mittel aus der Haft entlassen werden. Demzufolge fällt es vielen Haftentlassenen schwer, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden, mit der Folge, dass sie rückfällig werden. In den NAP (Eingliederung) wird besonderes Gewicht auf die Erarbeitung wirksamer Regelungen zur Wiedereingliederung von Strafgefangenen in die Gesellschaft gelegt, womit die Gefahr der Armut und sozialen Ausgrenzung sinkt. Die Erarbeitung bzw. Intensivierung von Maßnahmen, die eine Alternative zu Freiheitsstrafen bieten, wird ebenfalls in vielen Plänen herausgestellt.

Als besonderes und allgemein akzeptiertes Anliegen gilt die Verhinderung von Rückfällen bzw. die Senkung der Rückfallquote (Österreich, Belgien, Irland, Finnland, Schweden). Irland berichtet über eine sehr hohe Rückfallquote (etwa 70 %). In Schweden läuft ein dreijähriges Pilotprojekt, das intensivere Entlassungsvorbereitungen und die Möglichkeit vorsieht, dass Langzeitinhaftierte die letzten Monaten ihrer Freiheitsstrafe in ihrer Wohnung verbüßen können, wobei sie elektronisch überwacht werden. Das finnische Projekt ,Yhteistyössä rikoksettomaan elämään" (Für ein Zusammenleben ohne Straftaten) ist ein Gemeinschaftsprojekt, das von nationalen, lokalen und regionalen Behörden unterstützt wird und darauf ausgerichtet ist, Straftäter auf dem Weg in ein Leben ohne Straftaten zu begleiten und regionale Kooperationsmodelle zu entwickeln.

Ein vorrangiges Ziel der Reintegration von Strafgefangenen besteht darin, ihnen bei der Entlassung aus der Haft einen Arbeitsplatz zu sichern. In Österreich werden sie daher gegen Ende ihrer Freiheitsstrafe vermehrt im Wege des Freigangs an Arbeitsplätze außerhalb des Strafvollzugs vermittelt, die sie auch nach ihrer Entlassung beibehalten können. Spanien sieht ein Programm für den Eintritt von Strafgefangenen in den Arbeitsmarkt vor. Griechenland setzt Programme um, die Zuschüsse für neue Arbeitsplätze und Unternehmensgründungen für Haftentlassene und jugendliche Straftäter bzw. sozial gefährdete Jugendliche vorsehen. In Italien werden in einem Erlass aus dem Jahr 2000 praktische Maßnahmen für die Anwendung des Instruments des Strafvollzugs dargelegt und neue Überlegungen zur Beschäftigung im Strafvollzug angestellt, wobei es darum geht, Arbeitsplätze für Strafgefangene, Haftentlassene und Straftäter zu schaffen, die andere Strafen verbüßen.

Österreich und Frankreich planen spezifische Schulungen für Strafgefangene, wobei sich Frankreich insbesondere auf die Bekämpfung des Analphabetismus konzentriert. Maßnahmen der schulischen und beruflichen Bildung gehören auch zu den Schlüsselelementen der irischen Strategie, die Strafgefangenen praktische Qualifikationen vermitteln sollen, die ihnen einen Arbeitsplatz sichern und die Wiedereingliederung nach der Entlassung erleichtern. Besonderes Augenmerk wird auch auf Hilfsangebote für suchtmittelabhängige Strafgefangene gelegt. Maßnahmen zur besseren Integration von Strafgefangenen und Straftätern, die andere Strafen ableisten, in das Arbeitsleben und die berufliche Bildung wurden in Italien beschlossen.

Die Förderung einer besseren Widereingliederung nach der Entlassung und das Ziel, die Rückfallquote zu senken, schließen auch das Ziel ein, Nöte von den Kindern Strafgefangener möglichst fernzuhalten. Im belgischen Plan wird über eine Initiative der französischen Gemeinschaft berichtet, einen Rechtsrahmen für die Anerkennung bestimmter Regelungen (,Services-Liens") zu schaffen, die zu einer Haftstrafe verurteilten Eltern die Möglichkeit eröffnen, den Kontakt zu ihren Kindern aufrechtzuerhalten. Spanien wird ein Sonderprogramm für weibliche Strafgefangene mit Kindern, die sich in ihrer Obhut befinden, auflegen. Darüber hinaus sieht der spanische Plan eine Anpassung der gesundheitlichen Betreuung Strafgefangener an die üblichen Bedingungen durch Einbeziehung in das nationale Gesundheitssystem vor.

Weitere Gruppen

Maßnahmen, die auf die spezifische Lage weiterer Gruppen zugeschnitten sind, finden sich in den NAP (Eingliederung) eher selten. Sie konzentrieren sich vor allem auf die Probleme von chronisch Kranken, insbesondere von Menschen mit psychischen Störungen, Prostituierten, Opfern von Menschenhandel und Personen mit sozialen Belastungen. Dabei handelt es sich in der Regel nicht um breit angelegte Maßnahmen, sondern vielfach um Pilotprojekte, die teilweise auf lokaler und regionaler Ebene und von freien Trägern durch zielgruppenorientierte Leistungen, Prävention und Beratung durchgeführt werden.

7.2. Beseitigung der sozialen Ausgrenzung von Kindern

Kinderarmut stellt in vielen Mitgliedstaaten ein ernstes Problem dar, und in den NAP (Eingliederung) 2003 ist häufig von Maßnahmen zu ihrer Verhinderung und Linderung enthalten. In der Tat gehören die Armut und Ausgrenzung von Kindern in einer Reihe von NAP (D, IRL, I, L, P, S, UK) mit zu den Schlüsselprioritäten. Die Mitgliedstaaten betonen wiederholt, dass es zur langfristigen Beseitigung von Kinderarmut wichtig ist, den Teufelskreis der Weitervererbung von Armut auf nie nächste Generation zu durchbrechen. Dies bedeutet eine Schwerpunktverlagerung auf die soziale Eingliederung von Kindern und, wo immer notwendig, auf Maßnahmen, die der Reproduktion von Armut entgegenwirken.

Einige Mitgliedstaaten verweisen auf die Rechte der Kinder im Rahmen der UN-Kinderrechtskonvention und das Recht der Kinder, in einer physisch und psychisch sicheren Umwelt aufzuwachsen. Schweden beispielsweise betont, dass der Kinderrechtskonvention in allen Politikfeldern Rechnung getragen werden sollte und die Interessen der Kinder bei allen sie betreffenden Entscheidungen und Maßnahmen zu berücksichtigen sind. Das Parlament hat vor kurzem als weiteren Schritt zur Erfuellung des Übereinkommens entsprechende Bestimmungen verabschiedet. Österreich will die Kinderrechtskonvention in seine Verfassung aufnehmen und bis 2004 einen ,NAP Kinder und Jugend" erarbeiten. Die Rechte der Kinder finden mit der Ernennung eines Ombudsman für Kinder auch im griechischen NAP Berücksichtigung. Einen Ombudsman will auch Irland ernennen, und zwar zusätzlich zur Schaffung des National Children's Office, von dem man sich eine bessere Ausrichtung und Effizienz der Maßnahmen der Regierung zugunsten der Kinder erhofft. Dabei spielen auch Fragen der sozialen Eingliederung eine Rolle. Im französischen NAP wird die Rolle des Kommissars für Kinderrechte beim Schutz und bei der Förderung der Rechte der Kinder, insbesondere bei den Kinderschutzmaßnahmen, betont. Gleichwohl wird in vielen Ländern eine Agenda Kinder und Jugend, die sich an deren Rechten orientiert, nicht als notwendig anerkannt, d. h. man lässt sich bei den Maßnahmen für Kinder und Jugendliche davon leiten, was diese nach dem Verständnis Erwachsener benötigen - und nicht von universell geltenden ,Ansprüchen" der Kinder und Jugendlichen auf die Erbringung bestimmter Leistungen. Offenbar deshalb gibt es hier besonders große Unterschiede, was die Grundleistungen wie Gesundheit und Bildung, aber auch weitergefasste Konzepte wie die ,Schutzaltersgrenze" oder den Umgang mit ausgegrenzten Gruppen anbelangt. Länder, in denen die Rechte der Kinder weniger hervorgehoben werden, betonen in Bezug auf Kinder und Jugendliche eher, dass diese die Arbeitnehmer von morgen sind, und weniger die Notwendigkeit, ihre Lebensqualität schon heute zu verbessern.

Dass auf die Rechte von Kindern und Jugendlichen in vielen NAP nur begrenzt eingegangen wird, kann angesichts der Tatsache, dass diese kaum in die Ausarbeitung der NAP einbezogen wurden, nicht verwundern. Dies ist auch mit eine Erklärung dafür, dass keine oder kaum Indikatoren verwendet wurden, die etwas dazu aussagen, wie Kinder und Jugendliche Armut und soziale Ausgrenzung aus ihrer Perspektive erleben. Die Länder, die Kinderarmut als maßgeblichen Indikator verwenden, arbeiten in der Regel mit der Einkommensschwelle von 60 % des nationalen durchschnittlichen Äquivalenzeinkommens und nicht mit weiter gefassten Indikatoren der Deprivation (Unterversorgung). Nur Irland verwendet einen in sich schlüssigen Armutsindikator, der sowohl das Einkommen als auch die Deprivation berücksichtigt. Es ist bestürzend zu sehen, dass man in vielen NAP bei anderen Themen sogar noch über die Indikatoren von Laeken hinausgegangen ist, sich aber beim Thema Kinder und Jugendliche für ein anderes Konzept entschieden hat. Hier besteht nach wie vor Handlungsbedarf. [19] Eine ermutigende Entwicklung wird aus Irland gemeldet, wo flächendeckend mit einer Langzeitstudie über Kinder begonnen werden soll.

[19] In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass Generationen übergreifende Armut und Ausgrenzung sowie die Lage der Kinder und die ständige Exposition gegenüber Gefahren ebenfalls im Mittelpunkt von Überlegungen einer Taskforce der Kommission stehen, die derzeit Indikatoren für die Strategie für nachhaltige Entwicklung auf mitgliedstaatlicher und EU-Ebene entwickelt.

Aus den NAP (Eingliederung) ergibt sich ein klarer Konsens darüber, dass zur Verhinderung und Linderung von Kinderarmut Maßnahmen in vielen verschiedenen Politikfeldern erforderlich sind. Insofern kann auch nicht überraschen, dass sich dieses Thema wie ein roter Faden durch die NAP zieht. Wichtige Maßnahmen werden mit den Abschnitten über Beschäftigung, Kinderbetreuung, Sozialschutz, Bildung, Gesundheit und Familie abgedeckt.

Förderung des Wohls von Kindern und Jugendlichen (Finnland)

Im Mittelpunkt der ,Turku-Strategie" stehen Kinder, Jugendliche und Familien mit Kindern. Ihre Umsetzung erfolgt über ein Netzwerk, das von einer ,Managementgruppe für das Wohl der Kinder und Jugendlichen" verwaltet und kontrolliert wird. Der Managementgruppe gehören Sachverständige aus allen zuständigen Stellen, darunter auch ein Experte für Stadtplanung, an. Zusammen mit dem nationalen Forschungs- und Entwicklungszentrum für Wohlfahrt und Gesundheit (STAKES) wurden Indikatoren zur Beobachtung der relevanten Faktoren entwickelt. Neben den Indikatoren gibt es einen dreijährigen"Kinderhaushalt", ein Instrument, mit dem die Höhe der jährlichen Ausgaben der einzelnen Behörden für Kinder und Jugendliche nachgeprüft werden kann. Zusätzlich zur Überwachung der Indikatoren und des Mitteleinsatzes im Rahmen des Kinderhaushalts wird ein Modell der Umweltverträglichkeitsprüfung aus der Sicht des Kindes (Kinder-UVP) entwickelt, um sicherzustellen, dass bei der Flächennutzungs- und Städteplanung auch den Belangen der Kinder Rechnung getragen wird.

Es zeichnen sich deutlich drei große Herangehensweisen an Kinderarmut ab: Man ist darum bemüht, erstens ein umfassendes, ganzheitliches Konzept zu entwickeln, zweitens früh einzugreifen und drittens Kinder möglichst im Rahmen der Familie und des Gemeinwesens zu unterstützen. Kernstück der Strategie des Vereinigten Königreichs ist die Bekämpfung der Kinderarmut; dass die Politik hierfür große Anstrengungen unternimmt, auch durch den Einsatz zusätzlicher Mittel in einem sehr erheblichen Umfang, ist unverkennbar. Im Vereinigten Königreich hat man sich das anspruchsvolle Ziel gesetzt, die Kinderarmut bis 2010 zu halbieren und bis 2020 ganz zu beseitigen, und legt dabei den Schwerpunkt auf partnerschaftliche und behördenübergreifende Zusammenarbeit sowie ein frühes Eingreifen. Eine wichtige Initiative ist das Programm ,Sure Start", in dessen Rahmen sich ein Netzwerk von Kinderbetreuungszentren der Probleme besonders benachteiligter Kinder im Alter bis zu drei Jahren annimmt, die in sozialen Brennpunkten leben. Kennzeichnend für das Vereinigte Königreich ist ferner, dass man an der Basis ansetzt, um die Probleme vor Ort zu lösen und die Eltern und die Kinder bei der Planung und Erbringung von Dienstleistungen einzubeziehen. Dieser Bottom-up-Ansatz ist typisch für den Children's Fund, der mit Kindern von fünf bis 13 Jahren, die Frühsymptome drohender sozialer Ausgrenzung erkennen lassen, arbeitet. Schweden betont, dass Regelungen, die für alle Kinder gut sind - universelle Systeme und breit angelegte Lösungen, die der großen Mehrheit zugute kommen sind - auch und erst recht gut für sozial gefährdete Kinder sind. Das Land hat erst vor kurzem sein Regelwerk zum Schutz sozial gefährdeter Kinder ausgebaut und eine Arbeitsgruppe geschaffen, die sich mit der Lage der Jugendlichen in benachteiligten Familien befassen soll, um Bereiche zu ermitteln, in denen weitere Maßnahmen erforderlich sind. Um zu erreichen, dass Kinder nicht mehr geschlagen werden, sollen Maßnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen der Polizei, den Schulen, Vorschulen, Gesundheitseinrichtungen und den Sozialdiensten erfolgen. Deutschland, das den Schwerpunkt auf die Schaffung einer kinder- und familienfreundlichen Gesellschaft und das Programm ,Entwicklung und Chancen junger Menschen in sozialen Brennpunkten" legt, betont die Wichtigkeit eines Konzepts, das die Verbindung zwischen Kinder- und Jugendhilfe, Schule, Arbeitsverwaltung, Städteplanung sowie Sozial-, Gesundheits- und Kulturpolitik herstellt und alle diese Bereiche abdeckt. Finnland setzt vor allem auf ein frühes Eingreifen und auf die Entwicklung gemeinsamer Dienste und berufsgruppenübergreifender Zusammenarbeit. Das Land will unter anderem sein Modell von Frühmaßnahmen durch die Zusammenarbeit zwischen Einrichtungen der Sozialhilfe und der Gesundheitsfürsorge, der Polizei, den Schulbehörden und NRO stärken und weiterentwickeln und Kindern mit psychischen Gesundheitsproblemen besondere Aufmerksamkeit zuwenden. Portugal betont eine Reihe von Prioritäten wie frühes Eingreifen und Unterstützung der Familien und führt in 39 Stadtgemeinden lokale Pläne zum Schutz sozial gefährdeter Kinder und Jugendlicher ein. Griechenland hebt hervor, wie wichtig es für die Entwicklung von Kindern ist, dass sie Zugang zu Dienstleistungen wie Bildung, Gesundheit und Kultur haben und einkommensschwache Familien mit Kindern unterstützt werden. Spanien will eine nationale Strategie für Kinder und Jugendliche, die in Schwierigkeiten geraten und sozial gefährdet sind, vorlegen und zusammen mit NRO ein integriertes Präventions- und Maßnahmenprogramm für sozial gefährdete Minderjährige entwickeln.

Plan zur Beseitigung der Kinderarbeit (Portugal)

Der Plan zur Beseitigung der Kinderarbeit (PEETI) entstand 1998 in Portugal im Rahmen einer aktiven Sozialpolitik, deren Grundlage das Engagement und die Verantwortung des Einzelnen (der Minderjährigen und ihrer Familienangehörigen) und der gesamten Gesellschaft für die Bekämpfung von Kinderarbeit ist.

Der PEETI hat folgende Ziele: (i) Ermittlung und Kennzeichnung der Situation von Kindern, die Opfer der Ausbeutung durch Arbeit sind oder als Schulabbrecher davon bedroht sind; (ii) Reaktion auf die dem PEETI gemeldeten Situationen, unter anderem durch Maßnahmen im Rahmen eines individuellen Erziehungs- und Bildungsplans (PIEF), durch flexible, abgestufte Strategien und durch die weitere Umsetzung des Schulferienprogramms; (iii) Bekämpfung der schlimmsten Formen von Kinderarbeit (Übereinkommen Nr. 182 und Empfehlung Nr. 190 der IAO, die von Portugal ratifiziert wurden); (iv) Förderung der Integration von Kindern und Jugendlichen, die durch Arbeit ausgebeutet werden, in das Bildungssystem und die Gesellschaft.

Die Adressaten sind Minderjährige in folgenden Situationen: Schulabbruch vor Ablauf der Schulpflicht; Risiko des vorzeitigen Eintritts in den Arbeitsmarkt; Kinderarbeit und schlimmste Formen der Ausbeutung. Zur Erreichung der vorstehend beschriebenen Ziele ist die Methodik des PEETI wie folgt: Meldung/Diagnose/Begleitung von Situationen von Kinderarbeit und des Schulabbruchs; integriertes Programm und individuelle Pläne für Erziehung und Bildung; Ferienprogramm und -projekte; Gewährung von Stipendien, Betreuung der Opfer der schlimmsten Formen von Kinderarbeit. Der PEETI verfügt über fünf regionale PIEF-Koordinierungsstrukturen, denen Vertreter des PEETI sowie von EEFP, DER und ISSS angehören. In allen fünf Regionen gibt es einen PEETI-Regionalkoordinator.

Deutlich betont wird die Notwendigkeit, Maßnahmen für besonders gefährdete Kinder, die unter schwierigen Verhältnissen aufwachsen, zu ergreifen. Dänemark richtet einen Ministerausschuss für die Koordinierung solcher Maßnahmen ein. Hier legt man viel Wert darauf, die Fähigkeiten der Kinder durch ein frühes Eingreifen und unterschiedliche Formen der Unterstützung zu stärken. Ferner wird hervorgehoben, dass es wichtig ist, die besondere Problemlage bestimmter Kinder - minderjährige Flüchtlinge, Kinder, die von ihren Eltern geschlagen werden oder deren Eltern psychisch krank sind, sexuell missbrauchte Kinder, behinderte Kinder - anzuerkennen. Finnland betont den hohen Stellenwert einer qualitativen und quantitativen Entwicklung der Betreuung durch Pflegeeltern und der Integration auch besonders betreuungsbedürftiger Kinder in das normale Schulsystem. Im Vereinigten Königreich hat die walisische Regierung einen Hilfsfonds für Kinder und Jugendliche eingerichtet, der über Partnerschaften in allen lokalen Behörden tätig wird, um gezielt Unterstützung für Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Familien zu leisten, damit auch sie eine Chance haben. In Italien liegt der Schwerpunkt auf der Förderung der Betreuung in Pflegefamilien und der Adoptionspolitik; hier sollen im Rahmen des ,Kinder-Programms 2002-2004" verschiedene Formen der Betreuung in Pflegefamilien eingeführt werden. In Irland wird eine ganze Reihe von bürgernahen Diensten eingeführt, um sich der Kinder in besonderer Notlage anzunehmen.

7.3. Förderung von Maßnahmen zugunsten der von Ausgrenzung gekennzeichneten Gebiete

Der regionalen Dimension von Armut und sozialer Ausgrenzung - und vor allem solchen Maßnahmen, die auf die Stärken und Möglichkeiten in benachteiligten Gebieten abstellen - wird in den NAP (Eingliederung) 2003 erhöhte Aufmerksamkeit zuteil.

Die großen Herausforderungen sind die gleichen wie in den früheren NAP.

Bekämpfung regionaler Ungleichheiten

Die Notwendigkeit, regionale Ungleichheiten zu überwinden, wird zwar von einigen Mitgliedstaaten hervorgehoben, aber nur von wenigen in ihren Plänen als Schlüsselthema genannt.

Griechenland beispielsweise führt als besondere Priorität an, das Gefälle bei der Lebensqualität zwischen ländlichen und städtischen Gebieten zu verringern. Der Plan enthält integrierte Entwicklungskonzepte für den städtischen wie für den ländlichen Raum.

Benachteiligungen ländlicher Gebiete

Ländliche Gebiete sehen sich nach wie vor unterschiedlichen Problemen gegenüber, z. B. Bevölkerungsschwund, mangelndes Angebot an Einrichtungen und sozialen Diensten, Druck wegen der aktuellen Umstrukturierung der Landwirtschaft, ökologische Anliegen. Andere Gebieten leiden unter dem Zuzug von Bewohnern aus städtischen Ballungsräumen.

Griechenland ist das einzige Land, für das Maßnahmen im ländlichen Raum eine Schlüsselstrategie darstellen. Im griechischen Plan ist ein breites Spektrum an Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung vorgesehen. Die integrierte Entwicklung ländlicher Gebiete zielt insbesondere auf die Beseitigung der Unterschiede ab, die hinsichtlich der Lebensqualität zwischen den Städten und dem Land bestehen. Das Gesamtkonzept ist dreigleisig: wirtschaftlich mit Hilfe einer qualitativen Weiterentwicklung im Einklang mit den Grundsätzen der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes; Renten; Zugang zu sozialen Diensten, insbesondere zu Gesundheits- und Pflegediensten.

Der irische Plan umfasst ein gezieltes Investitionsprogramm für benachteiligte ländliche Gebiete (CLÁR - Ceantair Laga Árd-Riachtanais), das seit Oktober 2001 läuft. Hauptziele sind die Verbesserung des Verkehrsangebotes und des Zugangs zu Beschäftigungs-, Gesundheits-, Bildungs- und Wohnungsdiensten für Landbewohner.

Der österreichische NAP nennt die ausgewogene regionale Entwicklung als wichtiges Ziel im Sinne eines stärkeren gesellschaftlichen Zusammenhalts und enthält einige Maßnahmen zur Minderung von Armut und sozialen Ungleichheiten im ländlichen Raum.

Im portugiesischen NAP wird vor allem das wachsende Gefälle zwischen abgelegenen ländlichen Gebieten und der ländlichen Küstenregionen herausgestellt; Grund hierfür ist die wirtschaftliche Entwicklung, die zu einer Entvölkerung der ländlichen Binnenregionen geführt hat. Es soll folglich ein Integrations- und Entwicklungsprogramm aufgelegt werden, um in den entwicklungsschwachen ländlichen Gebieten u. a. gegen Isolation, Bevölkerungsschwund und Ausgrenzung anzugehen.

In Frankreich sieht eine Gesetzesvorlage zur Aufwertung des ländlichen Raums vor, die Leistungen für Familien und ältere Menschen auszubauen und die Gesundheitspolitik weiter zu ,regionalisieren".

In Spanien sollen integrierte Planungen zur Verbesserung der Wohnverhältnisse in ländlichen Gebieten gefördert werden. Außerdem werden im NAP Zuschüsse für NRO-Programme zugunsten gefährdeter ländlicher Gebiete erwähnt.

Im Vereinigten Königreich hat man sich zum Ziel gesetzt, die besonders leistungsschwachen ländlichen Gebiete bis 2006 stärker an den landesweiten Produktivitätsdurchschnitt heranzuführen und den Zugang der Landbevölkerung zu den Dienstleistungen zu verbessern.

Maßnahmen zur Unterstützung benachteiligter Gebiete und Stadtviertel

In Deutschland ist die Förderung einer aktiven und integrierten Stadtentwicklungspolitik seit 1999 durch das Programm ,Die soziale Stadt" intensiviert worden. Das Programm will erreichen, dass städtische Gebiete mit besonderem Entwicklungsbedarf im Rahmen eines integrierten Vorgehens (Wohnungs-, Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik) unterstützt werden.

Die Niederlande haben sich zum Ziel gesetzt, ab 2005 30 Städte bei der Ausarbeitung integrierter Stadtentwicklungskonzepte für benachteiligte Stadtteile zu unterstützen, um diese Stadtteile wiederzubeleben.

Im Rahmen des spanischen NAP sollen integrierte Planungen für benachteiligte Stadtviertel und Gebiete gefördert und NRO-Programme zugunsten gefährdeter städtischer Gebiete bezuschusst werden.

Ein wichtiges Anliegen für Frankreich ist die wirtschaftliche Wiederbelebung von 751 heruntergekommenen Stadtgebieten. Ein anderer Schwerpunkt des französischen Plans ist das unlängst verabschiedete Orientierungs- und Programmgesetz für die Stadt und die Stadterneuerung. Für die überseeischen Gebiete ist offenbar keine spezifische Aktion vorgesehen.

Dänemark will an seinen bisherigen Initiativen für Stadt- und Wohngebiete mit hoher Problemdichte festhalten. Eine erste Bewertung zeigt, dass sich die materiellen Erscheinungen des Verfalls und die finanziellen und sozialen Probleme in diesen Gebieten verringert haben. In Zukunft will man sich verstärkt auf besondere soziale Brennpunkte und Risikogruppen konzentrieren.

In Portugal soll im Rahmen des oben erwähnten Integrations- und Entwicklungsprogramms auch die Einbeziehung von marginalisierten und heruntergekommenen Stadtgebieten gefördert werden. Ein weiteres Projekt ist geplant, um die Organisation und Entwicklung der Kommunen der Stadt Lissabon voranzubringen; hierzu sollen ständige Beobachtungsstellen eingerichtet werden.

Im Vereinigten Königreich sorgt ein nationaler Aktionsplan für Stadtteilsanierung (,National Strategy for Neighbourhood Renewal"), der im Januar 2001 aufgelegt wurde, für eine stärkere Ausrichtung der allgemeinen Programme auf die spezifischen Bedürfnisse der besonders benachteiligten Gebiete; langfristiges Ziel ist es, die Ungleichheiten und räumlichen Nachteile in den kommenden 10 bis 20 Jahren auszuräumen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf einer Verzahnung aller verfügbaren Maßnahmen anstelle von rein lokalen Initiativen in einem bestimmten Feld.

Verträge über Lokale Entwicklung als Instrument zur Überwindung der Segregation in Grossstädten (Schweden)

Das schwedische Parlament verabschiedete 1998 eine neue Politik für große Städte. Als Instrument zur Umsetzung dieser neuen Politik wurden gleichzeitig die ,Verträge über lokale Entwicklung" eingeführt. Um Segregationserscheinungen in einem Bezirk erfolgreich zu bekämpfen, bedarf es umfassender Maßnahmen über einen längeren Zeitraum. Weitere Erfordernisse sind das Engagement und die Beteiligung sowie eine systematische Zusammenarbeit aller - Bürger, Unternehmen, freie Träger, Interessenvertretungen, lokale Behörden, zentrale Institutionen, aber auch der Medien usw. Damit diese Zusammenarbeit nachhaltig ist, müssen die Entwicklungsmaßnahmen auch strukturelle Effekte haben. d. h. die Arbeitsweise der beteiligten Einrichtungen muss sich ändern. Anders ausgedrückt: Positive Veränderungen verlangen eine Strategie, die alle Ebenen einbezieht, die lokale ebenso wie die regionale und die nationale.

Eine wichtige Aufgabe schwedischer Stadtentwicklungspolitik besteht darin, die Verträge über lokale Entwicklung - die strategischen Instrumente der Zusammenarbeit - auszuarbeiten und zu verfeinern. Diese Verträge stehen für einen zielorientierten Lern- und Verbesserungsprozess, der das Entwicklungspotenzial des Einzelnen wie auch des Bezirks fördert. Die Entwicklungsmaßnahmen müssen dem Bezirk bzw. seinen Einwohnern zugute kommen. Daher können für bestimmte Aufgaben auch außenstehende Personen oder Organisationen hinzugezogen werden, solange nur ihre Arbeit zu positiven Veränderungen im Bezirk führt. Es hat sich gezeigt, dass es aufgrund der starken Verschiebungen innerhalb der lokalen Bevölkerung schwierig ist, die Wirkung der Anstrengungen einzelner Personen zu messen. Es gibt Fortschritte bei der Arbeit (einschließlich der Arbeit an den Indikatoren), die darauf gerichtet ist, die Überwachung der Entwicklung im Hinblick auf die Personen und auf die Bezirke zu verbessern. Zu einem Vertrag über lokale Entwicklung gehören neben dessen Hauptteil viele Anhänge. Der Hauptteil regelt die Verpflichtungen der lokalen Behörde und der Zentralregierung, die Ziele der Parteien und die Verantwortlichkeit für die Evaluierung. Die Anhänge enthalten Maßnahmenpläne, Kooperationsvereinbarungen, eine Anlage über künftige Themen und Bewertungsprogramme usw. Diese Maßnahmenpläne stellen im Grunde die Entwicklungsprogramme der Bezirke dar und enthalten eine Beschreibung der Ist-Situation, Analysen, eine Strategie und eine Auswahl von Maßnahmen. Der Vertrag beinhaltet eine zusammenhängende Kette von Zielen. Er enthält sowohl die nationalen Querschnittsaufgaben, die das Parlament beschlossen hat, als auch die lokalen Ziele, die die lokale Behörde zusammen mit anderen Gremien festgelegt hat. Die Evaluierung erfolgt auf nationaler und auf lokaler Ebene.

8. Zentrale Politikansätze für Ziel 4 ,Alle Akteure mobilisieren"

a) Förderung - je nach nationalen Gepflogenheiten - der Beteiligung der ausgegrenzten Personen an den zu ihren Gunsten erarbeiteten Politiken und Maßnahmen und Förderung ihres Mitspracherechts.

b) Gewährleistung der Einbeziehung der Bekämpfung der Ausgrenzung in alle politischen Maßnahmen, insbesondere

- durch Mobilisierung der nationalen, regionalen und lokalen Behörden im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten;

- durch die Erarbeitung geeigneter Koordinierungsverfahren und -strukturen;

- durch Anpassung der Verwaltungs- und Sozialdienste an die Bedürfnisse der ausgegrenzten Menschen und durch Sensibilisierung der Akteure vor Ort für diese Bedürfnisse.

c) Förderung des Dialogs und der Partnerschaft zwischen allen beteiligten öffentlichen und privaten Stellen, insbesondere

- durch die Beteiligung der Sozialpartner, der Nichtregierungsorganisationen und der Sozialdienste im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten an der Bekämpfung der Ausgrenzung;

- durch Förderung der Verantwortung und des Handelns aller Bürger bei der Bekämpfung der Armut und der sozialen Ausgrenzung;

- durch größere soziale Verantwortung der Unternehmen.

Bei einem Vergleich der NAP (Eingliederung) von 2003 mit denen des Jahres 2001 fällt auf, dass viele Mitgliedstaaten eine engere Verbindung zwischen dem Prozess des NAP (Eingliederung) und den bestehenden politischen Entscheidungsprozessen hergestellt und ihre Maßnahmen zur Mobilisierung aller Akteure sowie zur besseren Koordinierung der Bemühungen im Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung erweitert und vertieft haben. Davon zeugen die Modalitäten der Erarbeitung der Aktionspläne ebenso wie die Tatsache, dass auch längerfristige Maßnahmen getroffen wurden, um die Ziele und Grundwerte des Prozesses der sozialen Eingliederung in der EU in die politischen Entscheidungssysteme einzubinden. Allerdings ist in einigen Fällen noch viel zu tun, damit eine wirklich in sich geschlossene Strategie zur Verhinderung und Beseitigung von Armut und sozialer Ausgrenzung verwirklicht werden kann. Mehrere Mitgliedstaaten haben von sich aus erkannt, dass der Status quo unbefriedigend ist. Bei der Durchführung und Überwachung der laufenden wie auch bei der Erarbeitung der nächsten NAP muss die Zusammenarbeit und Konsultation mit den verschiedenen Partnern ausgebaut werden. Glücklicherweise gibt es überall in der EU immer mehr Beispiele für eine gute Praxis, auf die sich die Mitgliedstaaten bei der Verbesserung ihrer Strategien stützen können.

8.1. Förderung der Beteiligung von Menschen, die selbst unter Ausgrenzung leiden

Sehr wichtig ist, dass an der Entwicklung einer Politik zur Bekämpfung der Ausgrenzung auch die Menschen beteiligt werden, die aus eigener leidvoller Erfahrung wissen, was Ausgrenzung bedeutet, und gerade wenn es um die Frage geht, was funktioniert und was nicht, Wertvolles beisteuern können. Dadurch gelangt man zu Maßnahmen, die gezielter eingesetzt werden können und mehr Erfolg versprechen. Dabei besteht die eigentliche Schwierigkeit darin, Wege zu finden um sicherzustellen, dass diese Beteiligung in einem geordneten Rahmen erfolgt. Bei der Ausarbeitung der NAP 2003 haben die meisten Länder die Einbeziehung ausgegrenzter Menschen ausgeweitet; einige Länder haben sich ferner verstärkt darum bemüht, Interessenvertretungen Ausgegrenzter zu konsultieren. Bei einigen anderen Ländern (vor allem EL, NL und PT) hätte im NAP (Eingliederung) eingehender beschrieben werden können, wie die Konsultationsprozesse zur dessen Erarbeitung abgelaufen sind, und bei Italien sagt der NAP kaum etwas über Art und Umfang der Einbeziehung aus.

Am häufigsten wurde der Sicht der Betroffenen Rechnung getragen, indem man sie zu Beratungsseminaren einlud oder indem den Lenkungsgruppen auch NRO-Vertreter angehörten. Letzteres funktioniert offenbar dort am besten, wo es von den nationalen Behörden anerkannte (und zuweilen auch finanzierte) Netze von NGO gibt, die sich mit Armut befassen. Wo hier gute Ergebnisse erzielt wurden, will man zumeist auch bei der Durchführung des NAP und bei der Überwachung der Fortschritte an diesem Konzept festhalten. In einigen wenigen Ländern gab es interessante Versuche, es noch besser zu machen, indem man den am meisten Ausgegrenzten half, sich selbst in die politische Debatte einzubringen. Belgien berichtet über eine interessante Untersuchung über die Beteiligung Ausgegrenzter, Deutschland plant eine Untersuchung über Menschen in extremer Armut, und im Vereinigten Königreich wurde eine ,Participation Working Group" geschaffen, die Möglichkeiten für eine breitere Teilnahme an der Ausarbeitung des NAP untersucht. In den Niederlanden hat sich die Anzahl der Städte, in denen von der Stadtverwaltung Gremien zur Konsultation der Sozialhilfeempfänger eingerichtet wurden, verdoppelt. Gleichwohl ist in den meisten Mitgliedstaaten die Konsultation und Einbeziehung nach wie vor unterentwickelt, wenn es um Kinder und Jugendliche geht. Man findet kaum Hinweise darauf, wie sie in den NAP-Prozess einbezogen wurden oder ob sie überhaupt daran mitwirkten. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der NAP-Prozess mit bestehenden Einrichtungen für Kinder und Jugendliche - wie Schulen, Jugendparlamente oder Jugendräte - verbunden worden wäre. Dies ist schon recht verwunderlich, zumal Kinderarmut in vielen NAP einen besonderen Schwerpunkt darstellt.

Es besteht deutlich die Tendenz, die Einbeziehung von Ausgegrenzten für wichtiger zu halten, wenn es um Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung auf der lokalen Ebene geht. Dies ist in der Tat wichtig, denn es hilft den Betroffenen bei der Entwicklung ihrer Persönlichkeit, indem sie an Selbstvertrauen gewinnen, ihre soziale Isolation überwinden und neue Verbindungen und Netzwerke aufbauen können. Folglich wird in Spanien die Beteiligung an Foren der öffentlichen Verwaltung betont. In Schweden legt man großen Wert auf partizipative Demokratie vor Ort und darauf, dass der Sichtweise der Nutzer Rechnung getragen wird. In Irland liegt ein Schwerpunkt auf der Förderung von Projekten zur Entwicklung des Gemeinwesens und auf Bürgerforen; hier findet mit Blick auf die Notwendigkeit, den Zusammenhalt im Gemeinwesen zu festigen und sicherzustellen, dass die Bürger hinter den Programmen der lokalen Entwicklung stehen, ein umfassender Konsultationsprozess statt. Ein auf die Entwicklung des Gemeinwesens abzielender Ansatz ist auch kennzeichnend für viele Bestandteile des EU-Programms PEACE, das in Irland und Nordirland durchgeführt wird. Und auch in den NAP Belgiens, Finnlands, Luxemburgs und Deutschland sind Beispiele einer solchen Einbeziehung zu finden.

Das flämische Dekret zur Bekämpfung der Armut (Belgien)

Nachdem in den 80er Jahren die ersten Armenverbände entstanden waren und durch politische Maßnahmen sowohl auf Bundesebene als auch in der flämischen Region eine Öffnung in dieser Richtung erfolgt war, forderten die Verbände bald eine strukturelle Anerkennung ihrer Tätigkeit ein. Sie nahmen nun an der Ausarbeitung und Bewertung der politischen Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen teil, und dabei zeigte sich deutlich, dass sie hierfür finanzielle und fachliche Unterstützung benötigten. Damals wurde in Frankreich gerade ein umfassendes Gesetz über die Armut vorbereitet. Aufgrund der Impulse, die vom französischen Beispiel ausgingen, führte die Forderung der Verbände 1993 dazu, dass der Gedanke an ein Dekret über die Armut aufkam.

1993 wurde von dem damals zuständigen Minister erstmals ein Erlass über Fördermittel zur Bekämpfung von großer Armut genehmigt, was bedeutete, dass fünf Verbände unter bestimmten Bedingungen in den Genuss von Fördermitteln kamen. Als ein Jahr später die Förderregelung verlängert wurde, gab es eine weitere Auflage an diese fünf Verbänden: Sie sollten Vorschläge für ein Papier vorlegen, das Grundlage für die Ausarbeitung eines Dekrets über die Armut sein sollte. Daher wurde eine Lenkungsgruppe aus Vertretern der Verbände und der Administration gebildet, die fünfmal zusammentrat, was schließlich 1996 zu einer Note an den für die Koordinierung der Maßnahmen zur Bekämpfung der Armut zuständigen Minister und an den Ministerpräsidenten führte, in der es darum ging, dass Verbände, ,in denen die Armen zu Wort kommen", anerkannt und durch Fördermittel unterstützt werden. In dieser Note waren dafür sechs Kriterien aufgeführt, die in das jetzige Dekret übernommen wurden.

All dies führte letztendlich dazu, dass am 21. März 2003 das Dekret über die Politik zur Bekämpfung der Armut verabschiedet wurde. Das Dekret sorgt für eine strukturelle Verankerung der verschiedenen Initiativen zur Armutsbekämpfung in der einschlägigen Politik der flämischen Regierung: Einführung eines Aktionsplans zur Bekämpfung der Armut; Schaffung eines ständigen Abstimmungsmechanismus; finanzielle und inhaltliche Unterstützung der ,Verbände, in denen die Armen zu Wort kommen", sofern sie folgende sechs Kriterien erfuellen: Sie bewirken, dass sich Arme in einer Gruppe zusammenzuschließen, lassen die Armen zu Wort kommen, wirken für die soziale Emanzipation der Armen, arbeiten an den sozialen Strukturen, organisieren den Dialog und Bildungsmaßnahmen und bemühen sich fortgesetzt darum, Arme aufzufinden. Ferner regelt das Dekret die Förderung des flämischen Netzes dieser Verbände, dessen Aufgabe darin besteht, die Tätigkeiten der Verbände, in denen die Armen zu Wort kommen, zu unterstützen, sowie die Ausbildung und Eingliederung von Sachverständigen im Armutsbereich.

Für die Umsetzung des Dekrets werden 2003 1.170.000 EUR bereitgestellt. Dieser Betrag wird 2004, 2005 und 2006 jeweils um 406.000 EUR pro Jahr erhöht.

Während auf der einen Seite unbedingt betont werden muss, dass es bei der Beteiligung im Vergleich zu den Vorgängerberichten Fortschritte gegeben hat, liegen in der Regel keine Hinweise dafür vor, dass sich die gewachsene Einbeziehung unmittelbar auf das Konzept und die Qualität der daraus resultierenden politischen Maßnahmen ausgewirkt hätte. Es ist daher recht schwierig, die Auswirkungen zu bewerten. Dabei kann jedoch angenommen werden, dass sie - außer in einigen wenigen Fällen, in denen es um sehr spezifische Fragen geht - wohl ziemlich gering sind.

8.2. Einbeziehung der Bekämpfung der Ausgrenzung in alle politischen Maßnahmen

Nationale Ebene

In einigen Mitgliedstaaten wie beispielsweise Finnland und Schweden, wo die Förderung einer integrativen Gesellschaft sowie die Verhinderung von Armut und sozialer Ausgrenzung schon jetzt einen zentralen Platz in der Politik einnehmen, lag die Betonung auf der weiteren Entwicklung in dieser Richtung. In anderen Ländern wurden beachtliche Fortschritte bei der Festigung der institutionellen Voraussetzungen für die Verwirklichung dieser politischen Querschnittsaufgabe erzielt. Zu nennen sind unter anderem

- Ministerausschüsse für die Koordinierung und umfassende Einbindung der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung (A, B, F, FIN, E, IRL, L, P, UK);

- Koordinierungs- bzw. Lenkungsausschüsse aus hochrangigen Beamten (IRL, D), die mit Unterstützung von Agenturen oder Büros (B, IRL, UK) die laufenden Koordinierungsarbeiten und Fördermaßnahmen durchführen;

- grundlegende Maßnahmen, durch die sichergestellt wird, dass das Thema Armut und soziale Ausgrenzung bei der Konzipierung bzw. Überprüfung politischer Strategien stets Berücksichtigung findet; so etwa die Sozialverträglichkeitsprüfung in Irland und das Programm ,Targeting Social Need" im Vereinigten Königreich;

- interministerielle Vereinbarungen über die Durchführung spezifischer Aktionen zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung, wie sie z. B. in Italien getroffen wurden.

Institutionelle basis und Sozialverträglichkeitsprüfung (Irland)

Es wurden eigens verschiedene institutionelle Einrichtungen geschaffen, um die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung zur politischen Querschnittsaufgabe zu machen und einen einheitlichen, ressortübergreifenden und koordinierten Ansatz auf Seiten aller Ministerien und staatlichen Stellen durchzusetzen. Dazu zählen unter anderem der vom Taoiseach (Ministerpräsident) geleitete Kabinettsausschuss für soziale Eingliederung, Drogenbekämpfung und ländliche Entwicklung, ein Ausschuss hochrangiger Beamter für soziale Eingliederung, eine Konsultationsgruppe für soziale Eingliederung sowie Referate für soziale Eingliederung bei maßgeblichen staatlichen Stellen. Die Zuständigkeit für die Gesamtkoordinierung der Erarbeitung und Durchführung der NAP und der NAP (Eingliederung) liegt beim Amt für soziale Eingliederung (Office for Social Inclusion - OSI), das durch Jahresberichte an die Regierung Rechenschaft über die Fortschritte bei den NAP und NAP (Eingliederung) ablegt. Unterstützt wird das OSI von der Agentur für Armutsbekämpfung, einem eigens geschaffenen gesetzlichen Gremium, das als Berater für die Regierung fungiert und zur Verhinderung und Beseitigung von Armut und sozialer Ausgrenzung beiträgt, indem es auf der Grundlage von Forschungsarbeiten und politischen Analysen innovative Armutsbekämpfungsmaßnahmen entwickelt und die Öffentlichkeit stärker für das Thema sensibilisiert.

Ein weiteres Instrument zur Einbeziehung von Fragen der sozialen Ausgrenzung in die gesamtstaatliche Politik ist die 1998 eingeführte Sozialverträglichkeitsprüfung, d. h. bei der Konzipierung bzw. Überarbeitung aller politischen Strategien und Programme werden die Auswirkungen auf die armen Bevölkerungsschichten beurteilt, damit diese gebührend berücksichtigt und gegebenenfalls Abhilfemaßnahmen getroffen werden können. Im Ergebnis der unlängst vorgenommenen Bewertung dieses Verfahrens wurde das Amt für soziale Eingliederung mit der Beseitigung einiger Schwachstellen beauftragt, um den Ablauf zu rationalisieren und eine ordnungsgemäße praktische Umsetzung bei allen zuständigen staatlichen Einrichtungen sicherzustellen. Auch bei anderen Mechanismen dieser Art wird eine verstärkte Koordinierung angestrebt. Daher soll das Amt für soziale Eingliederung in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Justiz, Gleichstellung und Rechtsreform sowie mit der Gleichstellungsbehörde ein Modell erarbeiten und testen, um ein einheitliches Konzept für die Prüfung der Auswirkungen politischer Maßnahmen auf die Armut, die Gleichstellung der Geschlechter und die Gleichstellung im allgemeinen Sinne einzuführen. Diese Arbeiten sollen noch während der Laufzeit des aktuellen Nationalen Aktionsplans durchgeführt werden. Vorgesehen ist außerdem die Einführung einer Sozialverträglichkeitsprüfung bei den lokalen Behörden und anderen staatlichen Stellen.

Obwohl mehrere Mitgliedstaaten eine stärkere Verbindung zwischen den NAP und den bestehenden politischen Entscheidungsprozessen herstellen konnten, bestehen nach wie vor nur wenige konkrete Anhaltspunkte für eine unmittelbare Einflussnahme der NAP auf die nationalen Haushaltsverfahren und somit auf die Verteilung der Haushaltsmittel. Insbesondere gibt es kaum Hinweise auf eine wesentliche Aufstockung der Mittel für soziale Eingliederung, die Voraussetzung für eine erhebliche Steigerung der Wirksamkeit der NAP wäre, auch wenn dem Thema Armut und soziale Ausgrenzung inzwischen ein etwas höherer Stellenwert beigemessen wird. Finnland räumt dem NAP einen festen Platz in seinem neuen Regierungsprogramm ein und verweist auf entsprechende Maßnahmen im Rahmen des Haushaltsplans für 2003 und des von der Regierung beschlossenen Haushaltsrahmens für den Zeitraum 2004-2007. Irland unterzieht die jährlichen Haushaltspläne einer Sozialverträglichkeitsprüfung, deren Wirkung aber nicht klar ersichtlich ist. In Ermangelung einer finanziellen Gesamtübersicht kann außerdem nicht beurteilt werden, ob die konkret angekündigten Ausgabenerhöhungen in einigen Bereichen durch Kürzungen in anderen Bereichen kompensiert wurden. Spanien allerdings hat die globalen Mittelzuweisungen für den NAP 2001-2003 in Form einer Tabelle dargestellt, in der jeweils die Ziele des NAP und die jährliche prozentuale Erhöhung der Mittel sowie Ausgabenschätzungen für 2003-2004 angegeben werden. Dadurch werden Steigerungen in bestimmten Bereichen erkennbar, was wiederum die Verfolgung politischer Trends erleichtert. Verglichen mit der ersten Runde von NAP haben sich diesmal mehr Mitgliedstaaten bemüht, einen Überblick über die Mittelplanung für spezifische Aktionen zu geben. In vielen NAP wird die finanzielle Ausstattung der Programme in einer Tabelle oder einem finanztechnischen Anhang dargestellt, wobei jedoch häufig keine Aufschlüsselung nach einzelnen Maßnahmen erfolgt und nicht ersichtlich wird, inwieweit es sich um neu oder zusätzlich bereitgestellte Mittel handelt. Im Allgemeinen gilt, dass diejenigen NAP, die eine ganz konkrete Aufstellung spezifischer Maßnahmen zur Erreichung spezifischer Zielsetzungen enthalten, größtenteils auch die Mittelausstattung für die einzelnen Maßnahmen erkennen lassen (FIN, IRL, L, UK). Ganz gewiss wäre es für künftige NAP von Vorteil, wenn von nun an eine umfassendere und bessere Analyse der Ausgabenentwicklung erfolgte und besser erkennbar wäre, wem die Ausgaben zugute kommen. Auf diese Weise ließe sich ermitteln, ob die Veränderungen in der Ausgabenentwicklung wirklich den sich wandelnden Bedürfnissen und Herausforderungen entsprechen und ob die Ausgaben in bestimmten Bereichen, die für die soziale Eingliederung von entscheidender Bedeutung sind, steigen oder sinken.

Verlagerung der Zuständigkeit auf die regionale Ebene

Ein zentrales Merkmal mehrerer NAP besteht darin, dass größere Betonung auf die Notwendigkeit gelegt wird, das Thema soziale Eingliederung nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auf allen Ebenen staatlichen Handels durchgängig zu berücksichtigen. Besonders auffallend ist die Berücksichtigung der regionalen Ebene in Ländern mit starken Regionalregierungen. Beispiele dafür:

- Österreich hat ein Koordinierungsgremium für die Bundesländer geschaffen, deren Maßnahmen und Pläne nunmehr in den NAP stärkeren Niederschlag finden.

- Belgien will dem komplexen föderalen Aufbau des Landes Rechnung tragen und hat daher die Mitwirkung der Regionen in Arbeitsgruppen für die Erarbeitung von Indikatoren und Maßnahmen gefördert. Großes Gewicht wird auf die Verknüpfung von regionalen Plänen und Aktionen (z. B. ,le Plan d'Action flamand de lutte contre la pauvreté") mit dem landesweiten Plan gelegt. Die meisten Regionen verfügen über eigene Aktionspläne, die in den NAP einfließen. Allerdings besteht dadurch die Gefahr, dass kein effektiver strategischer Ansatz zustande kommt, da das Schwergewicht auf der Berichterstattung liegt.

- Spanien hat nennenswerte Fortschritte bei der Ausweitung der Strategie zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung auf die regionale und die lokale Ebene vorzuweisen, denen die meisten Zuständigkeiten übertragen wurden. Bislang wurden 13 regionale Pläne bestätigt, und die übrigen vier dürften ebenfalls in Kürze grünes Licht erhalten. Auch die Provinzhauptstädte und bedeutendsten Großstädte haben eigene Pläne vorgelegt bzw. stehen kurz vor deren Umsetzung. Außerdem ist eine noch aktivere Mitwirkung der regionalen Parlamente vorgesehen.

- Die deutsche Bundesregierung hat den Dialog mit den Ländern, Städten und Gemeinden über die NAP (Eingliederung) verstärkt. Eine noch weiter gehende Einbeziehung der Arbeit der Bundesländer würde dem NAP zugute kommen. Italien legt große Betonung auf die Übertragung von Zuständigkeiten auf die Regionen und Kommunen, die ihre Fähigkeiten zur Integration von sektorübergreifenden, dezentralen, betroffenenorientierten und partnerschaftlichen Ansätzen größtenteils verbessern konnten. Andererseits sind offenbar eine intensive Koordinierung von Konzepten und Maßnahmen sowie Überwachungs- und Bewertungsmaßnahmen erforderlich, damit vorhandene Ungleichheiten zwischen Regionen mit unterschiedlichem oder gar gegensätzlichem Entwicklungsverlauf nicht noch zunehmen.

- Das Vereinigte Königreich unterstreicht in seinem NAP die Erarbeitung neuer strategischer Ansätze durch die Regionalregierungen von Nordirland (neuer Ansatz gegen soziale Not, Initiative zur Förderung der sozialen Eingliederung), Schottland (Überwindung von Chancenungleichheit) und Wales (Taskforce ,Kinderarmut"). Bei der Erarbeitung dieser Programme wurde großer Wert auf die Einbeziehung der Kommunen gelegt, doch muss diese noch weiter verstärkt werden.

Die Dezentralisierung stellt die lokalen und regionalen Verwaltungen vor neue fachliche Herausforderungen. Kommunalpolitiker, Entscheidungsträger und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes müssen sich ständig über neue Entwicklungen bei der Förderung der sozialen Eingliederung auf dem Laufenden halten. Dieser Aufgabe des lebenslangen Lernens widmen die politischen Strategien nicht immer die nötige Beachtung.

Die lokale Ebene

Es wird allgemein anerkannt, dass Maßnahmen zur Bekämpfung der Armut und sozialen Ausgrenzung auch auf lokaler Ebene in alle Strategien eingebunden und koordiniert werden müssen. Daher gehen viele Mitgliedstaaten auf die diesbezügliche Verantwortung der Städte und Kommunen ein.

Schweden beispielsweise betont die Rolle der örtlichen Gebietskörperschaften und die Notwendigkeit der Förderung der horizontalen Zusammenarbeit bei der Umsetzung lokaler Aktionspläne. Irland verweist auf das ,Lokale Lernnetzwerk für Armutsbekämpfung" und das Vereinigte Königreich hebt die Erarbeitung kommunaler Strategien in England und Wales hervor. In Frankreich werden Staat, Kommunen, Sachverständige und betroffene Bürger auf der Grundlage des neuen Verfassungsgesetzes über die Dezentralisierung künftig gemeinsam neue Methoden zur Umsetzung und Bewertung von Maßnahmen gegen finanzielle Unsicherheit und soziale Ausgrenzung erarbeiten, und in Zukunft werden die Départements für die Durchführung des RMI-Programms (RMI: revenue minimum d'insertion, Übergangsgeld zur Eingliederung) sowie die Mobilisierung aller Akteure verantwortlich sein. In Dänemark sind die Kommunen ein wichtiger Bestandteil des institutionellen Rahmens für die Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung. Griechenland betont die Bedeutung der Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen allen Ebenen. Hervorgehoben werden ferner die Schlüsselrolle der lokalen Ebene (Präfekturen) bei der Berücksichtigung des sozialen Zusammenhalts und bei der globalen Ausrichtung des Leistungsangebots sowie die Schaffung von Konsultationsgremien für sozialpolitische Fragen, in denen auch NRO vertreten sind. Deutschland vertritt den Grundsatz, dass die Problembehandlung möglichst nah an der Problemlage - vor Ort - gesucht werden muss. Die föderale Struktur und die verfassungsrechtlich geschützte kommunale Selbstverwaltung bewirken, dass regional und lokal unterschiedliche Strategien bei der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung verfolgt werden. In einem ,Ständigen Beraterkreis" sind auch die Kommunen aktiv in den Prozess der Erstellung des NAP eingebunden. Die Bundesregierung will den Dialog mit den Akteuren weiter ausbauen. In Finnland spielen die kommunalen Selbstverwaltungen eine ganz entscheidende Rolle bei der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung. Luxemburg unterstreicht die Rolle der Kommunen bei der Erarbeitung und Durchführung des NAP. In Portugal fördert das Soziale Netzwerk (,Rede Social") die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung durch den Aufbau partnerschaftlicher Strukturen mit wesentlicher Beteiligung der Kommunen, die sich für die soziale Entwicklung auf lokaler Ebene und die gemeinsame Planung der strategischen Mitwirkung einsetzen. Irland verweist auf die Rolle der Gremien für Stadt- und Gemeindeentwicklung, die ergänzend und begleitend zu den nationalen Aktionen eigene Strategien zur sozialen Eingliederung erarbeiten.

Fraglich ist, ob ärmere und besser gestellte Kommunen und Regionen finanziell gleichermaßen gut für die Erfuellung dieser Aufgabe gerüstet sind, denn der Abstand zwischen den ärmeren und wohlhabenderen Regionen hat sich im Verlaufe der letzten zehn Jahre verdoppelt.

Der Europäische Sozialfonds und die Gemeinschaftsinitiative EQUAL

Der Europäische Sozialfonds ist das wichtigste Finanzierungsinstrument für die praktische Umsetzung der strategischen beschäftigungspolitischen Ziele der Europäischen Union. Seine Aufgabe ist es, Arbeitslosigkeit zu verhüten, Arbeitnehmer und Unternehmen in Europa besser auf die neuen Herausforderungen vorzubereiten, und zu verhindern, dass die Menschen den Kontakt zum Arbeitsmarkt verlieren.

Aufschlüsselung der ESF-Zuweisungen für die Initiative EQUAL und den Politikbereich ,Soziale Eingliederung"

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

Anmerkung: Diese Zahlenangaben entsprechen dem derzeitigen Kenntnisstand der Kommissionsdienst stellen. Sie sind jedoch als Näherungswerte anzusehen, da sich Überschneidungen zwischen verschiedenen Politikbereichen nicht vermeiden lassen. Eine bestimmte Maßnahme kann von einem Land unter der Rubrik ,soziale Eingliederung" geführt werden, während ein anderes Land sie beispielsweise dem Politikbereich ,Beschäftigungsfähigkeit" zuordnet. Daher ist bei einem direkten Ländervergleich des Anteils der Mittel für ,soziale Eingliederung" Vorsicht geboten.

Alle Mitgliedstaaten nehmen Bezug auf den Europäischen Sozialfonds und seinen Beitrag zur Umsetzung politischer Maßnahmen im Rahmen des NAP (Eingliederung). Spanien, Dänemark, die Niederlande und das Vereinigte Königreich haben Anhänge beigefügt, aus denen der Beitrag der EU-Strukturfonds und der Gemeinschaftsinitiative EQUAL ersichtlich wird. In vielen Mitgliedstaaten gibt es indes kaum Anzeichen dafür, dass zwischen den Aufgaben und Prioritäten in den NAP (Eingliederung) und den Aufwendungen der Strukturfonds eine enge strategische Verbindung hergestellt wird. In den meisten Fällen ist nicht klar, wie die institutionellen Regelungen für die Verknüpfung des NAP-Prozesses mit dem Verfahren für die Zuteilung und Überwachung von Strukturfondsmitteln aussehen. Ebenso wenig wird deutlich, wie die Prioritäten der NAP (Eingliederung) bei der Halbzeitbewertung der Fonds berücksichtigt werden. Dies bietet allerdings eine günstige Gelegenheit, eine engere Abstimmung herzustellen. Des weiteren gilt es, die im NAP-Verfahren festgelegten Prioritäten in der Debatte über die Zukunft der Strukturfonds nach 2006 umfassend zu berücksichtigen. Diese sollten darauf abzielen, einen entscheidenden Beitrag zu dem Lissabon-Ziel zu leisten, Armut und soziale Ausgrenzung zu beseitigen.

Im spanischen NAP wird der Zusammenhang zwischen den geplanten ESF-Mitteln für den Zeitraum 2000-2006 und der europäischen Strategie für soziale Eingliederung beleuchtet. Ferner enthält es eine Tabelle mit Schätzungen des Bedarfs an Haushaltsmitteln für die Umsetzung des NAP im Zeitraum 2003/04, aufgeschlüsselt nach Hauptzielbereichen. Auch Schweden hebt die Bedeutung der ESF-Förderung hervor. Eine Komponente des ESF-Ziel 3-Programms für Kompetenzentwicklung heißt ,Integration und Vielfalt". Für diese Initiative sollen im Programmzeitraum 2000-2006 EU-Mittel im Wert von 130 Mio. SEK bereitgestellt werden.

Die Gemeinschaftsinitiative EQUAL erprobt und fördert neue Mittel zur Bekämpfung von Diskriminierung und Ungleichheit im Arbeitsleben. Die Grundprinzipien dieses teilweise vom ESF finanzierten Programms lauten: transnationale Zusammenarbeit, Innovation, Kompetenzstärkung und Verfolgung eines partnerschaftlichen Ansatzes mit dem Ziel, die Ergebnisse in die allgemeine politische Entscheidungsfindung und Praxis zu integrieren. EQUAL ist in mehrere Themenbereiche untergliedert, die alle mit der Europäischen Beschäftigungsstrategie im Zusammenhang stehen; ein Schwerpunktbereich ist die Unterstützung von Flüchtlingen und Asylbewerbern.

Mehrere Mitgliedstaaten (E, UK, A, IRL, D, EL, FIN, B, S, L) sind in ihren NAP (Eingliederung) auf EQUAL-Projekte eingegangen. In Irland wurden mit EQUAL-Fördermitteln 21 Entwicklungspartnerschaften gegründet, die sich der Bekämpfung von Diskriminierung und Ungleichheit im Berufsleben verschrieben haben. In Österreich laufen im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative EQUAL 58 Entwicklungspartnerschaften, wobei in drei Fällen Asylbewerber die Hauptadressaten sind. Ein bedeutender Anteil der ESF-Mittel wird für die stärkere Integration von Menschen mit Behinderungen eingesetzt.

Anpassung der Verwaltung und der lokalen Dienste

Ein weiterer Schwerpunktbereich neben der Koordinierung und der Verlagerung von Dienstleistungsaufgaben auf die lokale Ebene ist bei mehreren Mitgliedstaaten die Weiterentwicklung aller Dienstleistungen mit dem Ziel einer besseren Zugänglichkeit, integrativeren Gestaltung und größeren Nutzerfreundlichkeit. Frankreich plant unter anderem Qualitätsvorgaben für die Empfangsdienste in sozialen Einrichtungen, ein System von ressortübergreifenden Erstanlaufstellen und die Einrichtung öffentlicher Dienstleistungszentren in benachteiligten städtischen Gebieten. Dänemark verweist auf seine Nutzerbeiräte, betont aber zugleich die Notwendigkeit einer verbesserten Nutzerbeteiligung. Im belgischen NAP (Eingliederung) wird besondere Betonung auf konkrete Maßnahmen zur Beschleunigung der Auszahlung von Sozialleistungen und zur Verbesserung der Aufklärung über Rechte und Ansprüche gelegt. Ferner beginnt die Rentenzahlung automatisch bei Erreichen der Regelaltersgrenze (Kafka-Plan). Spanien will die Einrichtung ,zentraler Anlaufstellen" für die Bearbeitung verschiedener einkommensabhängiger Sozialleistungen fördern. Irland wird durch Einführung von Standards und Leitlinien für die Leistungserbringung auch weiterhin für die Anpassung der Verwaltungs- und Sozialdienste an die Bedürfnisse der ausgegrenzten Menschen sorgen. Griechenland will ein ,Dienstleistungsnetzwerk" aufbauen, um das System der Dienstleistungen für die Nutzer übersichtlicher zu gestalten.

In vielen NAP wird das Problem angesprochen, dass Sozialleistungsberechtigte ihre Ansprüche nicht geltend machen. Die Niederlande merken an, dass dies insbesondere bei Selbständigen, ethnischen Minderheiten und älteren Menschen der Fall ist. In Deutschland scheuen sich ältere Menschen oftmals vor der Inanspruchnahme von Sozialhilfe, weil sie sich schämen oder befürchten, dass ihre Kinder zur Unterhaltszahlung herangezogen werden. Die neu eingeführte soziale Grundsicherung im Alter wird den Leistungszugang vereinfachen. Außerdem werden Rentner, deren monatliche Rente weniger als 844 EUR beträgt, vom Rentenversicherungsträger schriftlich auf die Möglichkeit zur Beantragung der Grundsicherung aufmerksam gemacht.

Dieser Trend könnte auch Rückwirkungen auf die Erbringung von Sozialleistungen haben, die von Transferzahlungen durch regionale und zentrale Stellen sowie durch die Europäische Union abhängig sind. Diese Zahlungen könnten auf lokaler Ebene genutzt werden, um die Integrationsfähigkeit der regulären Institutionen - beispielsweise im Bereich des lebenslangen Lernens oder der Wohnraumversorgung -zu verbessern, anstatt Ausgegrenzte durch spezielle Einrichtungen und kostenaufwändige ,Maßnahmen" noch mehr von der übrigen Bevölkerung abzusondern und vor zusätzliche Probleme zu stellen.

Rechtliche Unterstützung für sozial Schwache - projekt ,Aufsuchende hilfe" der Stadt Kopenhagen (Dänemark)

Ziel dieses Projekts ist die Erarbeitung von Methoden, die sozial schwachen Gruppen die praktische Inanspruchnahme ihrer Rechte entsprechend dem Anliegen des Gesetzgebers ermöglichen sollen. In vier der größten Kommunen Dänemarks (Kopenhagen, Odense, Aarhus und Aalborg) wurden Modellprojekte eingeleitet. Die Stadt Kopenhagen will durch das Projekt ,Aufsuchende Hilfe" Kontakte zu Menschen herstellen, die aus Scheu vor dem Umgang mit öffentlichen Ämtern keine Unterstützung beantragen. Mitunter muss der Anspruchsberechtigte seine Anforderungen und Erwartungen an das Sozialschutzsystem konkret formulieren, um in den Genuss der ihm rechtlich zustehenden Sozialleistungen zu kommen. Die sozial schwächsten und am stärksten ausgegrenzten Gruppen, die damit oftmals überfordert sind, stehen im Mittelpunkt des Projekts. Durch die Entwicklung neuer Methoden soll diesem Personenkreis die gleichberechtigte Nutzung sozialer Unterstützungsangebote ermöglicht werden.

Das Projekt kombiniert aufsuchende Sozialarbeit mit Einzelfallhilfe in lokalen Zentren. Zunächst wird ein Dialog mit den Zielgruppen hergestellt, durch den die Voraussetzungen für die anschließende Inanspruchnahme der lokalen Zentren geschaffen werden sollen. Dies geschieht durch Straßenarbeit, deren Vorteil darin liegt, dass die Klienten in der gewohnten Umgebung und im Freien meist aufgeschlossener für Gespräche über ihre Belange sind. Es ist vorgesehen, im weiteren Verlauf des Projekts Einzelfallhilfe auf der Straße anzubieten. Durchgeführt wird das Projekt von Mitarbeitern der lokalen Zentren, die die aufsuchende Arbeit in ihren Zeitplan integriert haben. Die Projektträger arbeiten mit Obdachlosenheimen, Einrichtungen der Drogenhilfe, Einrichtungen für psychisch Kranke, Bezirkspsychiatrien und Gesundheitsbehörden zusammen. Ein Zwischenbericht wurde bereits erarbeitet, und die abschließende Bewertung soll im September 2003 vorliegen. Die ersten Erfahrungen haben gezeigt, dass durch aufsuchende Einzelfallhilfe gute Kontakte zur Zielgruppe hergestellt werden können. Außerdem haben diese Kontakte für die am Projekt beteiligten Klienten eine günstige Entwicklung genommen, sodass sowohl die Projektmitarbeiter als auch die Projektnutzer das Ergebnis positiv bewerten.

Begleitung und Evaluation

Die durchgehende Begleitung und Bewertung der Umsetzung der NAP ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sie auch weiterhin im Mittelpunkt der politischen Debatte stehen. Die Einbeziehung ausgegrenzter Personen in die Begleitung und Bewertung von Maßnahmen, Zielsetzungen und Zielvorgaben würde ihre aktive Teilhabe am öffentlichen Geschehen und ihre Selbstachtung fördern und zugleich zur Anhebung der Qualität beitragen, da persönliche Sichtweisen eingebracht werden. Die Vorkehrungen für die systematische Begleitung und Evaluation der NAP von 2003 fallen recht unterschiedlich aus. Einige Mitgliedstaaten haben jedoch konkrete Festlegungen getroffen.

In Belgien wird der F.Ö.D. Sozialeingliederung einen Halbzeitbericht erarbeiten. In Frankreich führt der Interministerielle Ausschuss zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung eine Studie durch, um geeignete Methoden und Instrumente für die Begleitung und Bewertung des NAP zu ermitteln. Deutschland führt wissenschaftliche Untersuchungen zur Begleitung und Bewertung durch. In Finnland fand im Zuge der Erarbeitung des neuen NAP eine umfassende Bewertung der Wirksamkeit sowie der Stärken und Schwachpunkte des ersten NAP statt, an der sich zahlreiche Akteure sowie Forschungsinstitute beteiligten. Die Ergebnisse sind im NAP detailliert aufgeführt und verdeutlichen den Wert einer effektiven Begleitung und Bewertung. In Irland muss das Amt für soziale Eingliederung der Regierung jährliche Fortschrittsberichte vorlegen. In Spanien ist der Interministerielle Ausschuss für das NAP (Eingliederung) für die Begleitung und Evaluation zuständig und der Wirtschafts- und Sozialrat legt einen Bericht über die Auswirkungen des NAP vor. Außerdem erfolgt eine Begleitung und Bewertung auf kommunaler Ebene durch die Kommission für Sozialdienste des FEMPL (Verband der Städte und Gemeinden). Dänemark hat den Rat für sozial Benachteiligte mit dieser Aufgabe betraut. Zuverlässige Daten und Analysen sind eine wichtige Grundlage für die Fortschrittsbewertung, und mehrere Mitgliedstaaten verweisen auf Initiativen zur Verbesserung der Datenerfassung. Irland setzt unter Mitwirkung verschiedener Akteure eine spezielle Datenstrategie um. In Portugal verfolgen ein interministerieller Ausschuss und ein NRO-Forum die Umsetzung und Bewertung des NAP. In Luxemburg trat eine ,Koordinations- und Konsultationsgruppe" viermal zusammen, um die Umsetzung des NAP 2001-2003 zu bewerten und das neue NAP vorzubereiten.

8.3. Förderung des Dialogs und der Partnerschaft

Intensivierung des Dialogs auf nationaler Ebene

Als ermutigendes Zeichen ist die Tatsache zu werten, dass mehrere Mitgliedstaaten erhebliche Anstrengungen unternommen haben bzw. derzeit unternehmen, um einen strukturierten und ständigen Dialog zwischen den verschiedenen Akteuren über die Themen Armut und soziale Ausgrenzung auf nationaler Ebene dadurch zu gewährleisten, dass Kommissionen oder Beraterausschüsse eingesetzt werden, in die die verschiedenen Akteure eingebunden sind.

Dazu gehören: Österreich (Bundesplattform für soziale Eingliederung), Belgien (La Commission d'Accompagnement du Service de Lutte contre le pauvreté, la Precarité et l'Exclusion sociale), Dänemark (Rat für sozial Benachteiligte), Finnland (Ständiger Unterausschuss 25 für EU-Angelegenheiten), Frankreich (Nationaler Rat für Maßnahmen gegen Ausgrenzung), Deutschland (Ständiger Beraterkreis), Griechenland (Kommission für Sozialschutz), Irland (Social Inclusion Forum, National Economic and Social Council, National Economic and Social Forum und Social Inclusion Consultative Group), Luxemburg (Groupe de Concertation et Coordination), Schweden (Ausschuss für Nutzereinfluss in Fragen der gesellschaftlichen Entwicklung).

In Italien führt die Untersuchungskommission zu Fragen der Armut und sozialen Ausgrenzung Studien durch und erarbeitet Bewertungen und Politikvorschläge. Obwohl die Niederlande keine Angaben zu den institutionellen Regelungen machen, leisten sie einen ermutigenden und aktiven Beitrag durch die enge Zusammenarbeit mit und zwischen allen Beteiligten an einem der fünf strategischen Hauptziele des Plans. Frankreich plant 2004 ein nationales Treffen aller am Kampf gegen soziale Ausgrenzung Beteiligten und ein europäisches Seminar für Minister und wichtige europäische soziale Netzwerke. Um den Nutzereinfluss bei der Umsetzung des nationalen Aktionsplans zu verstärken, hat Schweden einen im Ministerium für Gesundheit und Soziales angesiedelten Ausschuss für Nutzereinfluss in Fragen der gesellschaftlichen Entwicklung eingesetzt, in dem das Netzwerk gegen soziale Ausgrenzung und Vertreter des schwedischen Verbands der Kommunalbehörden sowie das Nationale Gesundheits- und Wohlfahrtsamt eine wichtige Rolle spielen werden. Dieser Ausschuss fungiert als Gremium für Konsultationen zwischen dem öffentlichen Sektor und freiwilligen Nutzerorganisationen zum Zweck der Mobilisierung aller relevanten Stellen für den Kampf gegen wirtschaftliche und soziale Risiken.

Förderung der Partnerschaft auf lokaler Ebene

In den NAP wird stärkeres Gewicht darauf gelegt sicherzustellen, dass der ganzheitliche Ansatz auf nationaler Ebene in integrierte und mehrdimensionale Maßnahmen an der Basis umgesetzt wird. Dabei steht insbesondere die Bündelung der Kenntnisse und Ressourcen der verschiedenen Akteure als Voraussetzung für die Integration und gegenseitige Verstärkung ihrer Bemühungen im Vordergrund. Österreich (Entwicklungspartnerschaften), Dänemark (Sozialrat), Finnland (lokale Partnerschaften). Deutschland (z. B. Jugendliche in sozial benachteiligten Stadtteilen), Irland (Gebietspartnerschaften, die vom Local Development Social Inclusion Programme unterstützt werden), Schweden (z. B. Gemeinsame Ausschüsse der örtlichen Behörden und der Bezirksräte für Gesundheit und Sozialleistungen und Vereinbarungen über die lokale Entwicklung mit Behörden der Hauptstadt) und Vereinigtes Königreich (lokale strategische Partnerschaften).

Einige dieser Initiativen (u. a. in Österreich und Finnland) werden aus EU-Mitteln finanziert und fußen auf Programmen wie dem Programm für territoriale Beschäftigungspakte, dem Europäischen Sozialfonds und der Initiative EQUAL.

Programm Sozialnetzwerk (Portugal)

Ziel des Programms Sozialnetzwerk ist es, durch Verknüpfung der sozialen Aktionen der verschiedenen Akteure (öffentliche und private Organisationen ohne Erwerbszweck) leistungsfähige dynamische Partnerschaften aufzubauen, die sich auf Gleichheit und einheitliche Zielsetzungen bei der Bekämpfung der Armut und der sozialen Ausgrenzung gründen und die bei der sozialen Entwicklung mehr erreichen können als punktuelle Aktionen.

Es fördert eine systemische und partizipative integrierte Planung und verstärkt die Synergieeffekte, das Fachwissen und die Ressourcen auf lokaler Ebene (lokale Diagnosen, Informationssysteme und Sozialentwicklungspläne). Mit ihm kann eine größere Effizienz aller Maßnahmen und sozialen Aktionen in den Städten und den freguesias (Gemeinden) gewährleistet werden.

Das Programm wurde Anfang 2000 in 41 Pilot-Städten gestartet, die bereits einige Erfahrungen mit Partnerschaftsarbeit hatten, insbesondere über die lokale Umsetzung der Bekämpfung der Armut und die Einführung des garantierten Mindesteinkommens. So zeichneten sich die ersten Parallelen zum ,Mainstreaming" der sozialen Eingliederung ab. Im Jahre 2003 waren bereits 176 Städte mit einem sozialen Netz ausgestattet und befanden sich in unterschiedlichen Phasen der Umsetzung der vorgesehenen Maßnahmen (2001 waren 31 Städte dem Programm Sozialnetzwerk beigetreten; 2002 kamen weitere 45 Städte hinzu, weitere 60 folgten im Jahre 2003), sodass durchschnittlich 50-60 Partner pro lokalem Projekt aktiv an diesen Aktionen beteiligt waren.

Das Hauptziel dieses Programms besteht darin, durch eine abgestimmte Planung sozialer Maßnahmen eine Entwicklung anzustreben, die in jeder Stadtgemeinde die von Armut und/oder sozialer Ausgrenzung betroffenen Personen und Gruppen als Akteure einbezieht, um die Lebensqualität schrittweise zu verbessern und so für sozialen Zusammenhalt zu sorgen. Die zu erreichenden Ergebnisse sind unterschiedlicher Art: Die Partner (und ihre innere Verfasstheit), die sich im Netzwerk zusammenschließen, festigen sich allmählich durch das zielgerichtete und konsensorientierte gemeinsame Wirken für soziale Diagnosen (und ihre jeweils erforderliche Aktualisierung), für Informationssysteme, Sozialentwicklungspläne und durchführbare Aktionspläne für eine Entwicklung, die die Lösung der Probleme und die Befriedigung der Bedürfnisse, insbesondere in Fällen von Armut und sozialer Ausgrenzung, einschließt.

NRO und die Zivilgesellschaft

Die wichtige Rolle von NRO im Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung wird allgemein anerkannt. Mehrere Mitgliedstaaten stellen ihre Traditionen und Konzepte zur Förderung der Aktivitäten von NRO und Freiwilligen heraus. In zunehmendem Maße werden in die oben beschriebenen Dialoge und Partnerschaften nicht nur Sachverständige, sondern auch Akteure und NRO, die soziale Randgruppen vertreten, sowie Wissenschaftler einbezogen. Insbesondere wird in mehreren Plänen der wesentliche Anteil von NRO-Netzwerken an Fortschritten in der Debatte über die richtigen Handlungskonzepte hervorgehoben. Spanien verweist darauf, wie wichtig die Unterstützung von NRO in ihrer Eigenschaft als strategische Vermittler im Bereich der sozialen Eingliederung ist, und teilt seine Absicht mit, Programme zur Förderung von NRO-Netzwerken zu finanzieren, die sich mit der Verhinderung der Ausgrenzung und dem Informationsaustausch über erprobte Methoden befassen. Spanien wird sich in Zusammenarbeit mit dem EAPN auch künftig für die Schaffung eines landesweiten Netzwerks und autonomer regionaler Netzwerke von Sozialverbänden einsetzen. Das Vereinigte Königreich berichtet über die Rolle der regionalen Netze gegen Armut (Poverty Alliance in Schottland, Anti-Poverty Network Cymru) sowie einiger auf dem Gebiet der Politikentwicklung tätiger nationaler Organisationen. Finnland hebt die Rolle des Finnischen Verbandes für soziale Wohlfahrt und des EAPN-Fin für die Nutzung der Erfahrungen seiner Mitglieder als Grundlage für die Teilnahme an der politischen Diskussion hervor. Die Bedeutung, die Irland dem Anliegen beimisst, den Stimmen der von Armut und sozialer Ausgrenzung Betroffenen in Debatten über nationale und lokale Politiken Gehör zu verschaffen, spiegelt sich in den Geldern wider, die das Land für die Arbeit von zehn nationalen Netzwerken zur Bekämpfung der Armut zur Verfügung stellt. Unter dem Dach dieser Netzwerke, die als Vertreter von Menschen mit besonders hohem Armutsrisiko fungieren, ist ein breites Interessenspektrum versammelt. Deutschland betont die Einbindung von Nichtregierungsorganisationen (Wohlfahrtsverbände, Selbsthilfeinitiativen, Nationale Armutskonferenz usw.) und anderen Akteuren (Gewerkschaften, Kirchen, Behörden der Länder und Kommunen) in den Prozess der regelmäßigen Konsultationen und Beratungen, der weiter entwickelt und institutionalisiert wurde. Schweden verweist darauf, dass das Netzwerk gegen soziale Ausgrenzung bei der Erarbeitung des Plans ständig konsultiert wurde. Einige Länder (u. a. Griechenland, Finnland, Deutschland und Schweden) betonen die Beteiligung von Kirchen und religiösen Organisationen an der Festlegung politischer Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung und ihre Einbeziehung in die Erarbeitung des NAP (Eingliederung).

Finnland geht näher auf den großen Anteil von NRO an einem erheblichen Teil des finnischen Leistungs- und Hilfssystems ein und legt Schätzzahlen zur Größenordnung des Sektors vor. Zudem wird die Rolle von NRO bei der Wahrung und Vertretung der Rechte und Interessen der Bürger herausgestrichen. Auch der bedeutende Beitrag der Evangelisch-Lutherischen Kirche Finnlands und ihrer Gemeinden wird betont. In den meisten NAP finden sich jedoch kaum Angaben zum Finanzvolumen und dazu, welcher Art die Maßnahmen sind; dasselbe gilt für die Zahl der Ausgegrenzten und Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft, die NRO und die Sozialwirtschaft erreichen. In künftige Aktionspläne müssen diese Details einfließen, denn nur so kann beurteilt werden, welche NRO in welchen Bereichen effektiv arbeiten und wo noch strategische Probleme bestehen.

Obwohl im Allgemeinen erhebliche Fortschritte erzielt wurden, muss ein echter Konsultationsprozess erst noch gefördert und verstetigt werden, für den genügend Zeit eingeplant wird und Mittel in angemessener Höhe bereitgestellt werden. Es geht also um die Frage, wie die Qualität der Einbeziehung der verschiedenen Akteure verbessert und wie eine stärker auf Gleichberechtigung beruhende ständige Partnerschaft geschaffen werden kann.

Sozialpartner

Die Sozialpartner werden in vielen Ländern in die mit der Erarbeitung des NAP einhergehenden Konsultationsprozesse einbezogen. Sie machen ihren Einfluss in der Regel durch die Mitarbeit in den Gruppen, die die Entwürfe der NAP erstellen, und in Ausschüssen geltend (dies trifft u. a. auf Belgien, Finnland, Deutschland, Irland, Luxemburg, Portugal, Spanien und Schweden zu). In anderen Ländern ist nicht eindeutig erkennbar, welche Rolle sie spielen. Österreich verwies auf die Beteiligung der Sozialpartner an der Arbeit der im Rahmen von EQUAL gebildeten Entwicklungspartnerschaften.

Im Allgemeinen kann nur schwer eingeschätzt werden, ob und in welchem Maße diese Einbeziehung wirklich zum Tragen kommt und inwieweit sie auch Bereiche betrifft, die traditionell nicht Bestandteil des sozialen Dialogs sind.

Sensibilisierung der Öffentlichkeit

Mehrere Mitgliedstaaten verweisen auf die Notwendigkeit, Armut und soziale Ausgrenzung sowie den Prozess der NAP (Eingliederung) stärker ins Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken, und schlagen dazu interessante Maßnahmen vor. Gleichwohl fehlen bei den meisten Mitgliedstaaten klare Angaben zu spezifischen Instrumenten für eine bessere Aufklärung der Öffentlichkeit.

In Belgien erfolgen Festlegungen zu verschiedenen Formen des Dialogs, es werden Publikationen und ein Zweijahresbericht erarbeitet, der für die breite Öffentlichkeit zugänglich ist. Frankreich plant eine medieninterne und -externe Kampagne mit dem Ziel, Veränderungen im Denken der Öffentlichkeit herbeizuführen und besser über den Kampf gegen soziale Ausgrenzung aufzuklären. Schweden betont, dass eine bessere Information über den Eingliederungsprozess zu den Kernpunkten des Plans 2003 gehört und begründet dies damit, dass er in vielen Kreisen noch nicht ausreichend bekannt ist. Außerdem wird vorgeschlagen, alle lokalen Behörden mit erfolgreichen horizontalen Eingliederungsstrategien bekannt zu machen. Spanien führt ein breites Spektrum von Maßnahmen an (Verbreitung von NAP, bessere Darstellung sozialer Angelegenheiten in den Medien, Veranstaltungen, Kampagnen und Debatten, Meinungsumfragen, Einbindung von Schulen), mit denen das Thema stärker ins Bewusstsein der Allgemeinheit gerückt und eine Debatte über die Notwendigkeit von Maßnahmen zur sozialen Eingliederung in Gang gesetzt werden soll. Im Vereinigten Königreich ist der Bekanntheitsgrad des NAP 2003 erheblich gestiegen, denn er wurde in englischer und walisischer Sprache gedruckt und veröffentlicht. Mehrere andere NAP wurden ebenfalls veröffentlicht (D, DK, IRL, NL). So stellt die britische Social Exclusion Unit ihre Forschungsergebnisse in allen Landesteilen zur Verfügung. In Irland besteht eine der wichtigsten Aufgaben der Combat Poverty Agency darin, Armut und soziale Ausgrenzung und die diesbezüglichen Gegenmaßnahmen stärker ins Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken.

Als weitere Möglichkeit zur Sensibilisierung wird in einigen NAP (E, IRL) die Förderung von Debatten und Diskussionen über Maßnahmen gegen die soziale Ausgrenzung in den nationalen Parlamenten angeführt. Ungeachtet dessen werden die nationalen Parlamente nicht in ausreichendem Maße in den Prozess eingebunden.

Soziale Verantwortung der Unternehmen

Nur einige wenige NAP (DK, E, F, IRL, I, S) verweisen auf die Förderung der sozialen Verantwortung der Unternehmen. So rief beispielsweise die schwedische Regierung 2002 die Schwedische Partnerschaft für globale Verantwortung ins Leben, deren allgemeines Ziel darin besteht, die Lebensbedingungen armer Menschen zu verbessern und die Menschenrechte zu verwirklichen. In Schweden gehört zudem die soziale Verantwortung der Unternehmen zu den Prioritäten des Programms EQUAL. In Irland gibt es einen Mechanismus zur Förderung der sozialen Verantwortung der Unternehmen, der von der Foundation for Investing in Communities angewandt wird. In Dänemark werden zahlreiche Möglichkeiten genutzt, um die soziale Verantwortung der Unternehmen zu stärken; so werden beispielsweise Preise für die Beschäftigung von Menschen mit besonderen Anforderungen an die Arbeitsbedingungen vergeben. Ein weiteres Instrument ist die Entwicklung des Selbsteinschätzungswerkzeugs zur sozialen Verantwortung, der Sozialindex.

9. Gender Mainstreaming

,Gender Mainstreaming" besteht in der (Re-)Organisation, Verbesserung, Entwicklung und Evaluierung der Entscheidungsprozesse mit dem Ziel, dass die an politischer Gestaltung beteiligten Akteure den Aspekt der Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen und auf allen Ebenen berücksichtigen. Dies ist eine anspruchsvolle Aufgabe, auf die sich etliche Mitgliedstaaten stärker konzentrieren. Auch wenn die Gleichstellung der Geschlechter nur in wenigen Fällen das gesamte NAP durchzieht, entwickeln doch einige Mitgliedstaaten ihre Instrumente und ihr Know-how allmählich weiter.

Die Einbeziehung der Geschlechterperspektive ermöglicht die Ermittlung von Bereichen, in denen sich soziale bzw. finanzielle Ungleichheit mit geschlechtsspezifischer Ungleichheit überschneidet, und trägt somit auf zweierlei Weise zur Entwicklung der Gesamtstrategie bei:

- durch die Verstärkung der Wirksamkeit politischer Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung,

- durch die Herbeiführung der Gleichstellung von Mann und Frau in den niedrigen Einkommensgruppen.

Die Einbindung der Geschlechterdimension als Instrument der Armutsbekämpfung spielt in den meisten NAP eine vorrangige Rolle. Daher erscheint die Gleichstellung der Geschlechter auch nicht eigens unter den Prioritäten, die in der Mehrzahl der NAP festgelegt wurden. Schweden, Irland, Österreich, Luxemburg, Dänemark und Portugal berichten in unterschiedlich starkem Umfang über die Weiterentwicklung ihrer NAP mit Blick auf die Armutsbekämpfung und Gleichstellungsförderung. Schweden führt aus, dass ,Maßnahmen unter Berücksichtigung der Bedürfnisse, Pflichten, Rollen, Prioritäten und Chancen beider Geschlechter getroffen werden, wodurch sie wiederum an Qualität und Wirksamkeit gewinnen".

Große länderspezifische Unterschiede bei der Organisation des Gender Mainstreaming

Im September 2002 nannte der Ausschuss für Sozialschutz folgende Voraussetzungen für die Einbeziehung der Geschlechterdimension in die NAP:

(a) Schaffung eines Umfeldes, das Rechtsvorschriften, politischen Willen und die Formulierung klarer Zielsetzungen miteinander vereint

(b) Kompetenzstärkung, so u. a. durch Bildung und Erwerb von Sachkompetenzen, während des gesamten Prozesses

(c) Schaffung angemessener institutioneller Mechanismen unter Berücksichtigung der Tatsache, dass neue Methoden für die Arbeit, die Planung und die Politikumsetzung die besten institutionellen Mechanismen sind.

Zum Umfeld ist zu sagen, dass alle Mitgliedstaaten über entsprechende Rechtsvorschriften verfügen. Der politische Wille wird zwar häufiger zum Ausdruck gebracht als in den vorangegangenen NAP, aber nicht systematisch mit eindeutigen Zielsetzungen unterlegt. Wie bereits ausgeführt, wird die Einbindung der Geschlechterdimension in vielen NAP als Instrument zur Verwirklichung solcher Schwerpunktziele wie Bekämpfung von Kinderarmut oder Verhütung familiärer Notlagen genutzt, wobei die Gefahr besteht, dass die Geschlechtergleichstellung als eigenständige Thematik vernachlässigt wird. Nur sehr wenige Mitgliedstaaten erklären, dass die Gleichstellung der Geschlechter als eigenständiges Ziel im Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung anzusehen ist.

Was die Kompetenzstärkung anbetrifft, so gibt es einige vielversprechende Beispiele für die Hinzuziehung von Gleichstellungsexperten und die Nutzung von Gender-Know-how. In Luxemburg haben die Mitglieder des interministeriellen Ausschusses an einem Gender-Training teilgenommen. Österreich stützte sich bei der Gender-Analyse auf die Experten der Territorialen Beschäftigungspakte. In Deutschland unterstützt ein Gender-Kompetenzzentrum die Einführung des Gender Mainstreaming durch Ausbildungsangebote und Forschungsarbeiten. Griechenland hat ein neues Handbuch für die Evaluation des Gender Mainstreaming im Rahmen operationeller Programme herausgegeben.

Die Entwicklung institutioneller Mechanismen geht, soweit aus den NAP ersichtlich, offenbar in drei Richtungen, wobei auch Kombinationen möglich sind:

- Einführung einer neuen Arbeitsweise dahingehend, dass Gender-Kompetenz in der Arbeit der für Armutsbekämpfung zuständigen Stellen eine zentrale Rolle spielt. In Dänemark, Finnland und Schweden ist die Einbeziehung und Förderung der Geschlechtergleichstellung für alle öffentlichen Behörden Pflicht.

- Partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Stellen für Gender Mainstreaming und für Armutsbekämpfung, um Ersteren eine aktive Beteiligung in den entscheidenden Phasen der Erarbeitung der NAP zu ermöglichen. Für dieses Herangehen haben sich Irland, Luxemburg und Dänemark entschieden.

- Konsultation zwischen den zuständigen Stellen für Gender Mainstreaming und für Armutsbekämpfung, die jeweils spezifische Aktionspläne erarbeiten. Dieses Konzept findet in Portugal und Spanien Anwendung. Auch wenn dabei die Gefahr besteht, dass jede Seite lediglich ihre eigenen Aktivitäten auflistet, kann die gezielte Entwicklung dieses Ansatzes zur Einbeziehung der Geschlechterdimension in die Armutsbekämpfung und Berücksichtigung der Armutsproblematik in der Gleichstellungspolitik beitragen.

Einige Mitgliedstaaten kündigten neue institutionelle Mechanismen für das Gender Mainstreaming an, die jedoch in den derzeitigen NAP anscheinend noch nicht greifen. Frankreich beispielsweise sieht einen nationalen Gleichstellungsrat sowie eine nationale Charta für die Gleichstellung der Geschlechter vor, und Belgien will 2003 ein Institut für die Chancengleichheit von Männern und Frauen eröffnen.

In den NAP der übrigen Mitgliedstaaten kommen die Mechanismen für die Einbeziehung der Geschlechterdimension nicht zur Sprache, sodass sich die Nachhaltigkeit ihres Engagements schwer beurteilen lässt.

Von der Erfuellung der genannten Voraussetzungen für das Gender Mainstreaming hängt es ab, ob die im Gemeinsamen Konzept geforderte Einbeziehung der Dimension der Gleichstellung in jeder Phase des NAP gelingt.

Mehr Statistiken, aber Mangel an Gender-Analysen und Bewertungen geschlechtsspezifischer Auswirkungen

Nach Geschlecht aufgeschlüsselte Statistiken geben auf zweierlei Weise Aufschluss über die Situation der Geschlechter:

- Sie zeigen Unterschiede in der Situation von Männern und Frauen auf, die im Lichte der aktuellen Strategien eingehender untersucht werden sollten.

- Auf der Grundlage der statistischen Überwachung kann sichergestellt werden, dass die Strategien und Maßnahmen zur Armutsbekämpfung Frauen und Männern gleichermaßen zugute kommen und nicht zur Verstärkung geschlechtsbedingter Diskrepanzen führen, sondern im Gegenteil die Gleichstellung der Geschlechter fördern.

Neun Mitgliedstaaten haben Verbesserungen bei der geschlechtsspezifischen Datenerfassung eingeführt. Sechs Mitgliedstaaten (Griechenland, Frankreich, Irland, Portugal, die Niederlande und Luxemburg) legen nur eine partielle Aufschlüsselung nach Geschlechtern vor, obwohl in den meisten Fällen Daten vorhanden sind. Frankreich und Luxemburg planen Weiterentwicklungen bei ihren nationalen statistischen Ämtern.

Der zweite Schritt besteht in der aktiven Nutzung von Statistiken für die Gender-Analyse. Schweden und Österreich haben sich in vielen Abschnitten ihrer NAP auf geschlechtsspezifische Daten gestützt. Die von Belgien, Dänemark, Deutschland, Spanien und dem Vereinigten Königreich vorgelegten Statistiken boten diesen Ländern mehr Gelegenheiten zur Entwicklung der Gender-Analyse, als sie letztlich nutzten. Irland, das Vereinigte Königreich und die Niederlande beschränken ihre Untersuchungen weitgehend auf den Arbeitsmarkt. Deutschland brachte die Nutzung des Internet ein Stück weiter voran. Dänemark richtete sein Augenmerk auf geschlechterspezifische Probleme in einigen sozial besonders schwachen Gruppen, die statistisch nur ungenügend erfasst sind und daher Gegenstand neuer Erhebungen sein sollten.

Somit besteht oft keine ausreichende Verbindung zwischen den Problemen, die aus den NAP-Statistiken hervorgehen, und den festgelegten Aufgaben. Die Daten zu den gemeinsamen Indikatoren (vgl. Anhang) deuten darauf hin, dass das nach Alter, Haushaltstyp und Bildungsstand aufgeschlüsselte Armutsrisiko bei Männern und Frauen unterschiedlich ausfällt. Angesichts dieser Unterschiede sollten weitere geschlechtsspezifische Analysen vorgenommen werden, bei denen auch andere Faktoren wie Nichtzugehörigkeit zur Erwerbsbevölkerung, Erwerbsstatus, Gesundheit und Kinderbetreuung sowie der zunehmende Bedarf an häuslichen Betreuungsdiensten für Menschen mit Behinderungen, Schwerkranke und Senioren zu berücksichtigen sind.

Nach der Gender-Analyse folgt als Drittes die Bewertung der geschlechtsspezifischen Auswirkungen von Strategien und Maßnahmen. Sie trägt zu einem wirksamen Gender Mainstreaming bei und ermöglicht gezieltere politische Korrekturen. Bei eingeschränkter Bewertung der geschlechtsspezifischen Auswirkungen fallen diese Korrekturen oft oberflächlich aus. Nur drei Mitgliedstaaten arbeiten an der Erweiterung des Erfassungsbereichs dieser Bewertung. In Schweden und Dänemark ist sie für die lokalen Behörden Pflicht. Irland hat im Rahmen des Nationalen Entwicklungsplans bei 130 Maßnahmen eine Bewertung der geschlechtsspezifischen Auswirkungen vorgenommen.

Fast keine geschlechtsspezifischen quantitativen Zielvorgaben

Nur sehr wenige Mitgliedstaaten haben ihre quantitativen Zielvorgaben nach Geschlechtern aufgeschlüsselt, wenn man von den bereits vorhandenen Vorgaben der Europäischen Beschäftigungsstrategie einmal absieht. Schweden nimmt bei den meisten Zielvorgaben eine Trennung nach Männern und Frauen vor. In Deutschland bestehen geschlechtsspezifische Zielvorgaben für die IT-Ausbildung und die Internetnutzung. Österreich will geschlechtsspezifische Versorgungsdefizite durch Einführung einer Mindestpension schließen. Griechenland hat eine indirekte geschlechtsspezifische Zielvorgabe in Bezug auf Kinderbetreuungsangebote eingeführt, die über die Vorgabe des Europäischen Rates von Barcelona hinausgeht. Luxemburg hat vor, für Migrantinnen entsprechend ihrem Anteil an der Gesamtheit der Migranten Möglichkeiten zum Erlernen der Landessprache zu schaffen. Das Vereinigte Königreich hat quantitative Zielvorgaben für die Unterstützung allein Erziehender und die Senkung der Schwangerschaftsquote bei Jugendlichen festgelegt.

Es gibt fast keine quantitativen Zielvorgaben für die sozial schwachen Gruppen, die in den NAP vieler Mitgliedstaaten im Mittelpunkt der Geschlechterpolitik stehen.

Berücksichtigung der Geschlechterperspektive bei den gemeinsamen Zielen - nach wie vor auf den Bereich Beschäftigung beschränkt, jedoch verstärkte Beachtung der bedürftigsten Gruppen von Männern und Frauen

Gender Mainstreaming bedeutet, das Thema Geschlechtergleichstellung fest in alle politischen Strategien einzubauen. Zusätzlich dazu können spezifische Maßnahmen zur Verhinderung bzw. Kompensation noch verbleibender geschlechtsbedingter Benachteiligungen getroffen werden. Die Finanzierbarkeit solcher Maßnahmen sollte sorgfältig geprüft werden, da die Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie im Falle von Budgetkürzungen eingestellt werden.

Im Bereich Beschäftigung ist das Gender Mainstreaming dank der Europäischen Beschäftigungsstrategie weiter entwickelt, was auch schon für die vorangegangenen NAP galt. Die aktuellen NAP gehen etwas stärker auf die Probleme von Frauen in den unteren Einkommensgruppen ein. Auch die Probleme allein Erziehender sind in den meisten NAP auch diesmal ein immer wieder auftretendes Thema.

Spezifische Maßnahmen werden zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ergriffen, wobei die Kinderbetreuungseinrichtungen und die Erschwinglichkeit der Kinderbetreuung stärker in den Blickpunkt gerückt sind. (vgl. Kapitel über Beschäftigung). Die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein Bereich, in dem die fehlende oder unzureichende Bewertung geschlechtsspezifischer Auswirkungen rasch dazu führen kann, dass Maßnahmen miteinander in Konflikt geraten. Es zeichnen sich einige Rückschritte gegenüber den NAP von 2001 ab, so beispielsweise im Hinblick auf die Rechte erwerbstätiger Väter in Portugal.

Zu wenig Beachtung finden die geschlechtsspezifischen Unterschiede beim Zugang zu Einkommen und Ressourcen und Maßnahmen zu ihrer Überwindung. Oft fehlt es an einer Gesamtbewertung der geschlechtsspezifischen Auswirkungen von Maßnahmen in den Bereichen Beschäftigung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Altersversorgung, die jedoch eine wichtige Voraussetzung für die Verbesserung der Lage der - besonders armutsgefährdeten - älteren Frauen wäre.

Wenn man vom Bereich Beschäftigung einmal absieht, spielt das Gender Mainstreaming in den meisten NAP eine untergeordnete Rolle. Geschlechtsspezifische Probleme werden in erster Linie durch spezifische Maßnahmen in Angriff genommen, die oftmals auf die Unterstützung sozial schwacher Gruppen von Frauen (mitunter auch Männern) abstellen.

Zu den spezifischen Maßnahmen zählen auch Initiativen zur Bekämpfung von Problemen in den Geschlechterbeziehungen an sich, wie z. B. häusliche Gewalt (alle außer Belgien und Niederlande), Frauenhandel und Prostitution (Finnland, Frankreich, Griechenland, Dänemark), und Schwangerschaften bei Jugendlichen (nur Vereinigtes Königreich). Die Maßnahmen richten sich überwiegend auf die Opfer, während eine Prävention unter Einbeziehung der Akteure noch nicht weit verbreitet ist.

In Österreich, Deutschland, Dänemark und Frankreich werden die Geschlechterproblematik und die Behindertenproblematik gemeinsam betrachtet. Österreich, Griechenland, Frankreich, Dänemark und Luxemburg legen größeres Augenmerk auf MigrantInnen (vgl. Abschnitt 4.4.1). Die Niederlande haben ältere allein lebende Frauen, (ältere) weibliche Angehörige ethnischer Minderheiten und allein Erziehende als Risikogruppen identifiziert. Im Allgemeinen jedoch greifen Eingliederungspolitik und Geschlechterpolitik in den NAP nur wenig ineinander, und die Geschlechterdimension hat in den vorgesehenen Strategien keinen großen Stellenwert.

Einbeziehung der Gleichstellungsakteure in vielen NAP nur am Rande behandelt

Die Mitgliedstaaten sind angehalten, die Dimension der Gleichstellung auch bei der Mobilisierung der jeweiligen Akteure zu berücksichtigen. Nur Spanien und Irland verweisen ausdrücklich auf die Konsultation von Gleichstellungsgremien. Irland hat einen ausgereiften institutionellen Rahmen geschaffen, in dem die Gleichstellungsbehörde und die nationalen Frauenorganisationen Beratungsaufgaben wahrnehmen. Es ist anzunehmen, dass Gleichstellungsreferate bzw. -gremien auch in einigen anderen Mitgliedstaaten zu Rate gezogen wurden, in denen ein solches Vorgehen gang und gäbe ist. Eine Einbeziehung von NRO, die sich mit Geschlechterfragen befassen, findet sehr selten statt (nur von Irland und Spanien erwähnt). In Irland werden die Gleichstellungsakteure offenbar in alle Phasen des NAP einbezogen - von der Erarbeitung über die Umsetzung bis hin zur Begleitung und Bewertung der verschiedenen Maßnahmen. Das Vereinigte Königreich führte Konsultationen zu geschlechtsspezifischen Fragen durch, bei denen auch die von Armut und Ausgrenzung betroffenen Männer und Frauen einbezogen wurden. Zur Sprache kamen solche Themen wie bedürftigkeitsabhängige Sozialleistungen, Kinderbetreuung, Pflege- und Betreuungsleistungen, gering bezahlte Arbeit, unsichere Arbeitsplätze, informelle Arbeit und Heimarbeit.

10. Verwendung von Indikatoren

Hintergrund

Indikatoren spielen bei der Offenen Koordinierungsmethode eine maßgebliche Rolle, da sie dazu beitragen, die Fortschritte bei der Verwirklichung der gemeinsamen Zielsetzungen zu überwachen und die noch anstehenden Herausforderungen zu beurteilen. Die Bedeutung von Indikatoren wurde bereits in Lissabon hervorgehoben, als der Rat die Kommission ersuchte, einen jährlichen Bericht über die Fortschritte bei der Verwirklichung der strategischen Ziele der Union zu erstellen. Der Europäische Rat von Nizza ersuchte die Mitgliedstaaten und die Kommission, einvernehmlich Indikatoren zu entwickeln, um die Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele im Kampf gegen soziale Ausgrenzung und Armut zu überwachen. Im März 2001 verlieh der Europäische Rat von Stockholm diesem Anliegen noch größeren Nachdruck, indem er dem Rat das Mandat erteilte, die Überwachung der Maßnahmen gegen Armut und soziale Ausgrenzung durch die Festlegung von Indikatoren zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung bis Ende 2001 zu verbessern. Die Entwicklung dieser Indikatoren übernahm der Ausschuss für Sozialschutz, der dazu im Februar 2001 eine ,Untergruppe Indikatoren" bildete.

Im Dezember 2001 billigte der Europäische Rat von Laeken die ersten 18 Indikatoren im Bereich soziale Ausgrenzung und Armut, die in zwei Ebenen eingestuft wurden - zehn Leitindikatoren, die die großen Bereiche abdecken, die als wichtigste Ursachen sozialer Ausgrenzung gelten, und acht Sekundärindikatoren, die die Leitindikatoren unterstützen und andere Dimensionen des Problems darstellen.

Bei der Darlegung der methodischen Grundsätze für die Auswahl der Indikatoren hob der Ausschuss für Sozialschutz zunächst hervor, dass die EU-Indikatoren als Gesamtpaket anzusehen sind, das unter verschiedenen Gesichtspunkten ausgewogen sein sollte. Der wichtigste inhaltliche Grundsatz lautete, dass die gemeinsamen Indikatoren soziale Ergebnisse messen müssen und nicht die Mittel, mit denen diese erreicht werden. Ein Indikator, der lediglich Auskunft über den politischen Aufwand gibt, ist nämlich kaum von Nutzen, wenn nicht in Erfahrung gebracht werden kann, ob die betreffende Maßnahme ihr Ziel auch erreicht. Außerdem entspricht es ja gerade dem Anliegen der offenen Koordinierungsmethode, dass die Mitgliedstaaten zwar Indikatoren für die Messung der erzielten Leistungen vereinbaren, jedoch die Maßnahmen zur Verwirklichung der jeweiligen Ziele selbst wählen können. Zwei weitere wichtige Prinzipien bestehen darin, dass ein Indikator auf politische Interventionen reagieren sowie eine klare und akzeptierte normative Interpretation ermöglichen muss. Demnach ist die Form der Indikatoren so zu wählen, dass ein Bezug zu politischen Initiativen hergestellt werden kann; und es sollte vereinbart werden, dass eine Bewegung in eine bestimmte Richtung eine Verbesserung bzw. Verschlechterung der sozialen Ergebnisse anzeigt. Die restlichen methodischen Grundsätze sind naheliegend - ein Indikator sollte unter anderem solide und statistisch validiert sein, in vergleichbarer Weise in allen Mitgliedstaaten messbar sein, zeitgemäß sein und Korrekturen erlauben.

Ausgehend von den genannten methodischen Grundsätzen hat die Untergruppe Indikatoren im vergangenen Jahr weiter an der Präzisierung und Konsolidierung der Liste der ,Laekener Indikatoren" gearbeitet. Sie hob hervor, dass Kinder bei der Auswertung der gemeinsamen Indikatoren besonders im Blickpunkt stehen müssen und die Laekener Indikatoren daher standardmäßig nach Alter aufgeschlüsselt werden sollten, soweit dies sachdienlich und sinnvoll ist (und die statistische Zuverlässigkeit nicht beeinträchtigt). Außerdem überarbeitete die Untergruppe die Definition des Indikators ,Bevölkerung in erwerbslosen Haushalten" und einigte sich auf den neuen Indikator ,Armut trotz Arbeit". Die vom Ausschuss für Sozialschutz im Juli 2003 bestätigte Liste gemeinsamer Indikatoren befindet sich im statistischen Anhang.

Die Verwendung der gemeinsamen Indikatoren in den NAP

Die Mitgliedstaaten waren angehalten, in den NAP die gemeinsamen Indikatoren zu verwenden und außerdem tertiäre, d. h. auf einzelstaatlicher Ebene festgelegte Indikatoren heranzuziehen, um besondere Aspekte in bestimmten Bereichen darzustellen, die von den gemeinsamen Indikatoren nicht ausreichend erfasst werden, und um zur Interpretation der Primär- und Sekundärindikatoren beizutragen. Da der Ausschuss für Sozialschutz bislang keinen Vorschlag für einen gemeinsamen Indikator zu dem maßgeblichen Aspekt ,Wohnungssituation" vorlegen konnte, wurde vereinbart, diesen Aspekt in den NAP durch tertiäre Indikatoren zu den Themenbereichen ,angemessene Wohnung", ,Wohnkosten" ,Obdachlosigkeit" und ,sonstige ungesicherte Wohnverhältnisse" zu erfassen.

Die gemeinsamen Indikatoren fanden in allen NAP Anwendung, allerdings auf unterschiedliche Weise und in unterschiedlichem Umfang. Viele Mitgliedstaaten (Belgien, Griechenland, Spanien, Italien, Luxemburg, Portugal und Finnland) stützten sich bei der umfassenden Analyse von Armut und sozialer Ausgrenzung sowohl auf die gemeinsamen Indikatoren als auch auf nationale Indikatoren, die Erstere ergänzen oder aber die landestypische Situation beleuchten. Allerdings finden die Ergebnisse dieser Untersuchungen in den eigentlichen Aktionsplänen, d. h. den politischen Strategien zur Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung und Armut, kaum Niederschlag. Zwar haben Griechenland, Spanien und Portugal quantitative Gesamtvorgaben für die Senkung der Armutsgefährdungsquote eingeführt; Griechenland nutzt die Indikatoren überdies zur Ermittlung der nationalen Hauptaufgaben und hat spezifische quantitative Ziele in Bezug auf ältere Menschen und Kinder festgelegt. Dennoch ist festzustellen, dass die Indikatoren nicht für die politische Überwachung oder Planung eingesetzt werden und dass auch keine Zwischenziele für die Laufzeit des Planes vorhanden sind.

Irland und das Vereinigte Königreich machen hingegen regen Gebrauch von den gemeinsamen Indikatoren und auch von nationalen Armutsdefinitionen, die sie in ihrer eigenen nationalen Strategie zur Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung und Armut verwenden. Diese beiden Länder haben auch die umfangreichsten quantitativen Zielvorgaben in einem Großteil der von den gemeinsamen Zielen abgedeckten Politikbereiche vorzuweisen. Dies geschieht jedoch überwiegend auf der Grundlage nationaler Indikatoren, die sich an den herkömmlichen nationalen Strategien und Überwachungsmodalitäten im Bereich der sozialen Eingliederung orientieren. Im französischen NAP ist ebenfalls die Anwendung von Indikatoren vorgesehen: Beim Follow-up des Plans soll ein breites Spektrum von gemeinsamen und nationalen sowie Ergebnis- und Maßnahmenindikatoren zum Einsatz kommen.

In Dänemark, Deutschland, den Niederlanden und Österreich werden die gemeinsamen Indikatoren aus unterschiedlichen Gründen nur beschränkt verwendet. Der dänische NAP ist sehr stark auf die sozial besonders gefährdeten Gruppen ausgerichtet, die durch die Indikatoren von Laeken kaum oder gar nicht erfasst werden. In dem deutschen und dem österreichischen NAP wiederum werden die Indikatoren lediglich als Eckwerte für die Analyse angesehen. Im niederländischen NAP schließlich dienen die Laekener Indikatoren lediglich dem Leistungsvergleich mit anderen EU-Ländern; für die Strategieentwicklung werden größtenteils nationale maßnahmenspezifische Indikatoren verwendet. Selbst die Armutsgefährdungsquote wird mit Bezug auf das nationale Mindesteinkommensniveau berechnet (Schwellenwert mit 101 % dieses Niveaus festgelegt).

Die Verwendung der Indikatoren im niederländischen NAP wirft die Frage nach der klaren Verbindung zwischen den gemeinsamen Indikatoren und dem politischen Instrumentarium auf. Beispielsweise wird im NAP darauf hingewiesen, dass die Ergebnisse vom Konjunkturzyklus beeinflusst werden, den die politischen Entscheidungsträger nicht steuern können. Außerdem haben sich die Niederlande in Bereichen mit geringem staatlichen Einfluss für maßnahmenspezifische Indikatoren hauptsächlich qualitativer Natur entschieden. Diese Einwände gegen die Verwendung gemeinsamer Indikatoren sind nur bedingt berechtigt. Im Bereich der Beschäftigungsstrategie tritt weitgehend dasselbe Problem auf wie bei der Eingliederungsstrategie: wirtschaftliche und demografische Entwicklungen haben starken Einfluss auf die Beschäftigungsleistung und die Zunahme der Erwerbsbevölkerung. Dennoch hat sich die Verwendung von Ergebnisindikatoren (und Ergebnisvorgaben) im Beschäftigungsbereich schon weitgehend durchgesetzt und ist theoretisch gründlich untermauert, weswegen ihre Verwendung in der politischen Entscheidungsfindung weniger in Frage gestellt wird und auch die statistischen Kapazitäten in diesem Bereich solider sind.

Zugegebenermaßen sind noch gravierende praktische Probleme zu lösen, ehe die gemeinsamen Indikatoren in vollem Umfang für die Leistungsbewertung eingesetzt werden können. Wesentliche Bedeutung kommt der Zuverlässigkeit und der rechtzeitigen Verfügbarkeit sachdienlicher Daten zu. Ein Großteil der Angaben zur Armut und sozialen Ausgrenzung stammt aus dem Haushaltspanel der Europäischen Gemeinschaft (ECHP), einer EU-weiten harmonisierten Erhebung über Einkommen und Lebensbedingungen. Die Verwendung der aus dieser Quelle stammenden Daten für diese Zwecke wurde 2001 vom Europäischen Rat in Laeken ausdrücklich anerkannt. Ein neues Datenerfassungsinstrument, EU-SILC, wird schon bald das ECHP als Referenzquelle für Statistiken über Einkommen und Lebensbedingungen in der EU ablösen. Dank erheblicher Investitionen in das statistische Capacity Building dürften einige der bekannten Schwachpunkte des ECHP ausgemerzt werden können. Wichtig ist beispielsweise, dass in Zukunft bei der Berechnung der Armutsquoten auch die unterstellte Miete für Wohneigentum berücksichtigt werden kann; außerdem sollten die Angaben zu den Komponenten des Bruttoeinkommens so verbessert werden, dass der Indikator ,Armutsgefährdung vor Sozialtransfers" auf Brutto- statt auf Nettobasis berechnet werden kann; nicht zuletzt muss die Aktualität der Daten erhöht werden.

Die Verwendung tertiärer bzw. nationaler Indikatoren

In den NAP kamen mehrere tertiäre Indikatoren zur Anwendung.

Einige Mitgliedstaaten haben neben den Definitionen der gemeinsamen Indikatoren abweichende Definitionen und/oder alternative Datenquellen für die Messung und Beschreibung der Armut und sozialen Ausgrenzung verwendet. Deutschland, Frankreich, Italien und das Vereinigte Königreich beispielsweise greifen bei der Berechnung des Risikos der Einkommensarmut auf nationale Datenquellen zurück, weil diese aktueller sind. Es werden auch Sensitivitätsanalysen zur Verwendung dieser unterschiedlichen Quellen und Definitionen vorgelegt. Griechenland und Italien ermitteln die relative Armutsgefährdung auf der Grundlage von Einkommen (Laekener Definition) und Verbrauch, was sie damit begründen, dass die Verbrauchsmuster stabiler sind und der Verbrauch bessere Rückschlüsse auf den tatsächlichen Lebensstandard der Haushalte zulässt. Als weitere Gründe für die Verwendung verbrauchsbezogener Kennziffern werden der hohe Anteil der Selbstständigen in diesen Ländern sowie die Bedeutung des Wohneigentums auch bei armen Haushalten genannt. Die Nutzung von Haushaltsverbrauchsdaten für die Messung des Armutsrisikos ist jedoch ausführlich auf EU-Ebene erörtert und letztlich aus theoretischen wie praktischen Gründen verworfen worden. Ausgaben spiegeln Entscheidungen und nicht Möglichkeiten wider und geben somit keinen Aufschluss über das einem Haushalt zur Verfügung stehende Einkommen. Haushaltserhebungen sind zudem nicht vollständig harmonisiert.

Einige Länder verwenden auch nationale Indikatoren für die absolute Armut (Italien), nichtmonetäre Indikatoren für die Lebensbedingungen (Belgien, Italien, Frankreich) oder Kennziffern für die subjektiv empfundene Armut oder Benachteiligung (Belgien, Italien). Irland nutzt den Indikator ,dauerhafte Armut", eine Kombination aus Maßzahlen für relatives Einkommen und Unterversorgung, von der man meint, dass sie besser als die ,Einkommensarmut" für sich genommen anzeigt, welche Bevölkerungsschichten eine generelle Unterversorgung aufgrund des Mangels an Ressourcen erfahren. Selbstredend sind solche Indikatoren eine nützliche Ergänzung zum Indikator ,relative Armutsgefährdung". Irland vergleicht die Entwicklung der Quote der dauerhaften Armutsgefährdung mit der Entwicklung der relativen Armutsgefährdung, um das mitunter prozyklische Verhalten der letztgenannten Kennziffer zu verdeutlichen (siehe auch Kapitel 1, Abb. 7).

Das subnationale Ausmaß von Armut und sozialer Ausgrenzung wird in einigen Fällen (Belgien, Griechenland, Frankreich, Italien) durch eine regionale Aufschlüsselung der gemeinsamen Indikatoren ermittelt. Interessanterweise unterscheidet beispielsweise Griechenland zwischen ländlichen und städtischen Gebieten, womit den unterschiedlichen Merkmalen von Armut und sozialer Ausgrenzung in diesen Gebietstypen Rechnung getragen wird.

Die meisten Mitgliedstaaten verwenden maßnahmespezifische Indikatoren, die sich leichter für die Erarbeitung politischer Strategien nutzen lassen. Beispiele dafür sind die Zahl der Arbeitslosen bzw. Langzeitarbeitslosen, denen eine bestimmte beschäftigungspolitische Maßnahme zugute kommt, der vorhandene Sozialwohnungsbestand oder die Höhe des Mindesteinkommens. Anzumerken ist, dass die Unterscheidung zwischen aufwandsbezogenen und leistungsbezogenen Indikatoren nicht immer leicht fällt und einige Indikatoren eigentlich ,zwischenergebnisbezogene Indikatoren" sind. Letztere messen einerseits den politischen Aufwand zugunsten armutsgefährdeter Gruppen und andererseits die Auswirkungen von sozialpolitischen Maßnahmen sowie gesamtwirtschaftlichen Bedingungen. Ein Beispiel dafür sind die in den NAP häufig genutzten Indikatoren für die Sozialleistungsabhängigkeit. Selbst der Laekener Indikator ,Früh-Schulabgänger" ist streng genommen kein Leistungsindikator, sondern eher ein zwischenergebnisbezogener Indikator.

Auch in den Bereichen Gesundheit und Wohnen kamen einige interessante Indikatoren zur Anwendung. In einigen NAP wurde auf Fragen wie angemessene Wohnung, Wohnkosten und Obdachlosigkeit eingegangen. Im Bereich Gesundheit nehmen viele Mitgliedstaaten eine Aufschlüsselung der Lebenserwartung nach sozioökonomischem Status vor (der ersatzweise anhand einer groben Berufsklassifikation bestimmt wird). Im belgischen wie auch im französischen NAP finden sich verschiedene Indikatoren für gesundheitliche Ergebnisse sowie Angaben über den Zugang zu gesundheitlicher Betreuung, die nach sozioökonomischem Status aufgeschlüsselt sind. Die Grundlage dafür bildete eine spezielle Gesundheitserhebung, die vielleicht auch in anderen Mitgliedstaaten durchgeführt werden könnte, was gründlich geprüft werden sollte.

Hinweise für künftige Entwicklungen auf EU-Ebene

In der zweiten Runde von NAP (Eingliederung) sollten die Mitgliedstaaten erstmals einvernehmlich festgelegte Indikatoren verwenden, um die Analyse der sozialen Lage zu untermauern und die Fortschritte bei der Verwirklichung erklärter politischer Zielsetzungen zu überwachen. Die Betrachtung der tatsächlichen Verwendung der Indikatoren in den NAP gibt dem Ausschuss für Sozialschutz und insbesondere seiner Untergruppe Indikatoren Gelegenheit, wertvolle Lehren für die künftige Arbeit im Bereich der sozialen Eingliederung zu ziehen.

Zwar lässt sich mit Fug und Recht sagen, dass die Liste der Indikatoren die obigen Erwartungen im Allgemeinen gut erfuellt hat, doch ist andererseits nicht zu bestreiten, dass die EU-Indikatoren überwiegend für internationale Vergleiche des Standes der Armut und der sozialen Ausgrenzung und erst in zweiter Linie zur Überwachung politischer Maßnahmen genutzt werden.

Dies ist eindeutig auf das Fehlen einer klaren Verbindung zwischen den gemeinsamen Indikatoren und dem politischen Instrumentarium zurückzuführen, und die Anwendung nationaler bzw. tertiärer maßnahmespezifischer Indikatoren war zur Schließung dieser Lücke erforderlich. Es steht allerdings außer Frage, dass die derzeitige Liste gemeinsamer Indikatoren verbesserungsbedürftig ist und dass vor allem die statistischen Kapazitäten für die Berechnung dieser Indikatoren ausgebaut werden müssen.

Schaut man sich die aktuelle Liste gemeinsamer Indikatoren in ihrer Gesamtheit an, so scheint der Begriff soziale Ausgrenzung mit mangelndem Einkommen, Einkommensungleichheit, Erwerbslosigkeit und unzureichendem Bildungsstand in Verbindung gebracht zu werden. Dies sind zwar unbestreitbar einige der Schlüsselmerkmale von sozialer Ausgrenzung und Armut, doch werden andere wichtige Bereiche wie Gesundheit, Lebensbedingungen und Wohnsituation noch nicht ausreichend erfasst; hier besteht weiterer Handlungsbedarf. Außerdem wäre es wichtig, mehr über Armut und soziale Ausgrenzung auf der subnationalen Ebene zu wissen. Allerdings ist es in all diesen Bereichen aufgrund verschiedener Faktoren - länderspezifische Unterschiede in der Datenerfassung sowie institutionelle Unterschiede - immer noch schwierig, gemeinsame Indikatoren festzulegen, die in allen 15 Mitgliedstaaten zur Anwendung kommen können.

Somit ist der Ausbau der statistischen Kapazitäten als wichtigste konkrete Herausforderung zu nennen. Fest steht, dass die Datenerfassung auf Gemeinschaftsebene wie auch auf nationaler Ebene große Lücken aufweist. Dies gilt insbesondere für sozial schwache Bevölkerungsgruppen, da eine Reihe von NAP (Eingliederung) nicht einmal grundlegende quantitative Daten zu Bevölkerungsgruppen enthalten, die durch die herkömmlichen Haushaltserhebungen nicht erfasst werden können, so beispielsweise Alkohol- und Drogenabhängige, Obdachlose und ethnische Minderheiten.

Auf europäischer Ebene besteht die wichtigste Aufgabe in der Optimierung der vorhandenen europäischen Datenbanken. Vor allem kommt es darauf an, dass die neue EU-SILC aktuelle und zuverlässige statistische Angaben liefert und von allen nationalen statistischen Diensten mit der Unterstützung der politischen Stellen (als Nutzer) aktiv implementiert wird. Wichtig ist zugleich ein möglichst reibungsloser Übergang vom ECHP zur EU-SILC.

11. Ermittlung von Beispielen für bewährte Verfahren

Die Verbreitung von Beispielen für bewährte oder verbesserte Verfahren ist ein Schlüsselelement der offenen Koordinierungsmethode für die soziale Eingliederung. Sie ermöglicht einen gegenseitigen Lernprozess zwischen den Mitgliedstaaten, der auf dem systematischen Erfahrungsaustausch über neue oder gründlich erneuerte Konzepte bzw. institutionelle Regelungen beruht. Einhergehend mit der Darstellung der Ergebnisse der durchgeführten Evaluierungen und mit Informationen über das Vorgehen zur Erreichung dieser Ergebnisse dürfte sie die Vorbereitung von Reformen oder die Umsetzung von als besonders effizient angesehenen ,Modellen" multidimensionaler integrierter Ansätze zur Mobilisierung aller Akteure erleichtern.

Die NAP (Eingliederung) 2003-2005 bieten die Möglichkeit, jene Bereiche hervorzuheben, in denen die Mitgliedstaaten im Laufe der letzten Jahre auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene anscheinend die größten Anstrengungen unternommen haben, um die Umsetzungsmodalitäten oder den Inhalt ihrer Konzepte zu erneuern.

An erster Stelle der Bereiche, in denen neue Erfahrungen mit ,bewährten Verfahren" vorgestellt wurden, stehen die Maßnahmen zur Unterstützung von Personen, die sich bei der Rückkehr ins Erwerbsleben bzw. Aufnahme einer Erwerbstätigkeit mit großen Schwierigkeiten konfrontiert sehen. So werden dreizehn Erfahrungen beschrieben, die Behinderte, Personen, die insbesondere aus Krankheitsgründen lange Zeit keiner Arbeit nachgehen konnten, Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger sowie Jugendliche betrafen.

Die Erfahrungen bei der lokalen Mobilisierung aller Akteure und staatlichen Stellen zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und der Armut werden ebenfalls von zahlreichen Mitgliedstaaten besonders in den Vordergrund gestellt. Es werden zehn derartige Mobilisierungsorganisationen beschrieben:

In Bezug auf den Schutz der Kinder und die Verhütung der Gefahren der Ausgrenzung von Familien werden ebenfalls besonders viele bewährte Verfahren angeführt. Sieben Erfahrungen bzw. neue Konzepte werden besonders hervorgehoben.

Die Hilfe und häusliche Pflege für abhängige ältere Menschen wird ebenfalls nicht vergessen. Hierzu werden drei Programme vorgestellt.

Die Maßnahmen zur Betreuung, Orientierung, Unterbringung oder Wiederunterbringung von Obdachlosen werden in vier Darstellungen behandelt.

Die Vermeidung und Handhabung der Überschuldung wird in drei NAP (Eingliederung) als bewährte Praxis dargestellt.

Die Integration von Zuwanderern ist Gegenstand von zwei Regelungen.

Der verstärkte Zugang zum Recht und zu den öffentlichen Verwaltungen wird in vier vorgestellten Programmen behandelt.

Die Verstärkung des Dialogs und der Partnerschaft mit den NRO und mit den von Ausgrenzung und Armut betroffenen Menschen wird in drei vorgestellten Regelungen hervorgehoben.

Andere bewährte Verfahren waren nur in einer einzigen Darstellung enthalten und betrafen die Gebiete kulturelle Beteiligung, Bildung und Sozialforschung, Nahrungsmittelhilfe, Gewalt gegen Frauen, Betreuung von Drogenabhängigen und Umgestaltung von Campingplätzen.

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

TEIL II - Die Mitgliedstaaten

BELGIEN

Situation und wichtige Tendenzen: Die seit dem Jahr 2001 anhaltende schwierige Wirtschaftslage hat zu einem Anstieg der Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit geführt und damit die von der belgischen Regierung mit der Umsetzung ihres Programms des ,aktiven Wohlfahrtsstaats" erreichten Erfolge de facto wieder ausgeglichen. Trotzdem hat Belgien den Sozialschutz verbessert und diese Verbesserungen mit aktiven Arbeitsmarktmaßnahmen gekoppelt. Im Jahr 2001 bestand für 13 % der Bevölkerung ein Armutsrisiko, während der Durchschnitt in der EU bei 15 % liegt. Ohne die gesamten Transferleistungen läge diese Quote bei 38 %. Vor kurzem trat die neu gewählte belgische Regierung ihr Amt an, und im April 2004 soll eine aktualisierte Fassung des NAP vorgelegt werden.

Fortschritte im Zeitraum 2001-2003: Von den 300 Maßnahmen im NAP 2001 wurden zwei Drittel umgesetzt oder sind derzeit in Vorbereitung, obgleich eine quantitative Bewertung schwierig ist. Ein neues Indikatorensystem wurde eingeführt, das die Festlegung strategischer Prioritäten zukünftig unterstützen wird. Derzeit werden erhebliche politische Anstrengungen unternommen, um die Aufnahme einer Beschäftigung im Niedriglohnbereich gegenüber dem Bezug von Leistungen attraktiver zu machen und sozial schwache Bevölkerungsgruppen mit gezielten Maßnahmen zu unterstützen. In der Gesundheitspolitik wurden durch Innovationen im Pflegeangebot Fortschritte erreicht. Die Wohnsituation einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen verschlechtert sich dagegen zunehmend, und in diesem Bereich sind keine klaren Erfolge zu erkennen. Es wurden Anstrengungen unternommen, um die Mittel für die vorrangigen Bildungsziele aufzustocken. Für viele Ziele stehen jedoch weiterhin nur begrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung und der Bereich der lebensbegleitenden Weiterbildung ist nach wie vor unterentwickelt. Maßnahmen gegen Diskriminierung wurden durchgeführt und neue dezentrale Stellen für Gleichstellungsfragen eingerichtet.

Strategischer Ansatz: Der Ansatz Belgiens beruht auf den zehn Grundrechten, die im Allgemeinen Armutsbericht von 1995 festgelegt wurden, auf den Zielen des Europäischen Rates von Nizza und auf einem verbesserten Indikatorensystem. Im NAP selbst ist allerdings eine strategische Planung auf nationaler Ebene kaum zu erkennen, wenngleich es auf regionaler Ebene offenbar eine solche Planung gibt. Ein integriertes Überwachungssystem könnte bei der Bewertung der Wirksamkeit der NAP-Aktionen Hilfestellung leisten. Zentrale Zielvorgaben und quantifizierte Ziele sind kaum auszumachen, wurden aber für die aktualisierte Fassung des NAP, die im April 2004 vorliegen soll, zugesagt. In Belgien bestehen gute institutionelle Rahmenbedingungen für den sozialen Dialog, die für den NAP stärker genutzt werden könnten. Dennoch sind neue Denkansätze und die Bereitschaft erkennbar, in neuen Politikbereichen aktiv zu werden. Der vorliegende NAP stellt einen echten Fortschritt gegenüber dem NAP 2001 dar.

Wichtige politische Maßnahmen: Neben den zahlreichen Maßnahmen, mit denen die ,Strategie des aktiven Wohlfahrtsstaats" fortgeführt wird, beziehen sich andere Maßnahmen auf den Zugang zu Justiz und Kultur, die Rechte atypischer Familien und die Probleme der sozial Schwachen. Für die Gleichstellungsthematik gibt es keinen strategischen Ansatz, sie wird vielmehr in einer Vielzahl unterschiedlichster Maßnahmen berücksichtigt. Das neue Indikatorensystem liefert jedoch umfangreiche neue Daten, die die Basis für einen strategischen Ansatz bilden könnten. Fragen, die die Immigration betreffen, werden ebenfalls erörtert. Derzeit werden erhebliche Anstrengungen unternommen, um das Problem der Überschuldung armer Bevölkerungsgruppen in den Griff zu bekommen.

Künftige Herausforderungen: Die Gefahr, in die Langzeitarbeitslosigkeit abzugleiten, ist weiterhin relativ groß, und die erwerbslosen Haushalte sind nach wie vor ein zentrales Problem. Das Wohnungswesen ist ein Bereich, in dem dringend innovativere Maßnahmen getroffen werden müssen. Die Leistungsfähigkeit des Überwachungssystems, mit dem die Wirkung politischer Maßnahmen und die Festlegung von Zielvorgaben verfolgt wird, ist verbesserungsfähig. Der Anfang für die Entwicklung eines mehrdimensionalen kohärenten Ansatzes für die soziale Eingliederung ist gemacht. Nun gilt es, darauf aufzubauen und bei der Gestaltung der Politik der sozialen Eingliederung die guten institutionellen Rahmenbedingungen in Belgien besser zu nutzen.

1. Situation und wichtige Tendenzen

Mit einem BIP-Zuwachs von nur 0,7 % im Jahr 2002 durchläuft Belgien seit 2000 eine Phase der Konjunkturschwäche. Zwar wird nun mit einer leichten konjunkturellen Erholung gerechnet, doch wird es einige Zeit dauern, bis diese sich am Arbeitsmarkt bemerkbar macht. Die Arbeitslosigkeit, die in den Jahren 2001 und 2002 zugenommen hat, wird den Prognosen zufolge dieses Jahr auf 7,8 % steigen. Die Erwerbsquote in Belgien liegt weiterhin unter dem EU-Durchschnitt. Dies gilt insbesondere für die Erwerbsquote der Frauen und in noch stärkerem Maße für die älterer Arbeitnehmer. In der Gruppe der 55- bis 64-Jährigen ist die Erwerbsquote mit 26,3 % gegenüber 37,8 % im EU-Durchschnitt außergewöhnlich gering (2000). Aus den im September 2003 veröffentlichten nationalen Daten (RVA-ONEM) geht hervor, dass die Langzeitarbeitslosigkeit, die seit 1995 deutlich gesunken war, erneut ansteigt, vor allem bei Frauen und Jugendlichen. Trotz einer umfassenden Mobilisierungsstrategie hat Belgien innerhalb der Europäischen Union mit 16,5 % weiterhin den höchsten prozentualen Anteil von Personen in erwerbslosen Haushalten. Die Armutsgefährdung liegt in Belgien (13 %) leicht unter dem Durchschnitt der Europäischen Union (15 %). Nicht alle Bevölkerungsgruppen sind im gleichen Umfang betroffen. Im Jahr 2001 war das Armutsrisiko der über 65-Jährigen mit 26 % höher als im EU-Durchschnitt mit 19 %, und das Armutsrisiko von Frauen ist im Allgemeinen größer als das der Männer. Allein Erziehende und junge Erwachsene, die alleine leben, sind mit 25 % sehr viel häufiger von Armut betroffen als andere. In der Gruppe der Arbeitslosen liegt das Armutsrisiko bei 32 %.

Belgien verfügt über ein gut ausgebautes Sozialschutzsystem, und das Dilemma, dass einerseits die Armut bekämpft, andererseits aber Nichterwerbstätigkeitsfallen beseitigt werden sollen, gehört zu den zentralen politischen Themen. Während die Sozialschutzausgaben im Zeitraum zwischen 1999 bis 2000 real um 2,75 % gestiegen sind, ist ihr prozentualer Anteil am BIP ebenso wie in den übrigen Ländern der EU zurückgegangen (von 27,4 % im Jahr 1999 auf 26,7 % im Jahr 2000 und damit geringfügig unter den EU-Durchschnitt von 27,3 %). Ohne die Transferleistungen läge die Armutsgefährdung in Belgien jedoch bei 40 %. Für ein Land, in dem das vorzeitige Ausscheiden aus dem Erwerbsleben weit verbreitet ist, wird es in einer Zeit des geringen Wirtschaftswachstums schwieriger werden, ein gutes Sozialschutzsystem für eine älter werdende Bevölkerung aufrechtzuerhalten.

2. Bewertung der Fortschritte gegenüber dem NAP (Eingliederung) 2001

Die belgische Regierung hat ein umfangreiches System zur Überwachung der 300 Maßnahmen geschaffen, aufgrund von Problemen bei der Zeitplanung hat es sich jedoch als schwierig erwiesen, dieses System auf dem aktuellen Stand zu halten. Das verbesserte Indikatorensystem, das nun in Belgien eingeführt wurde, soll die Bewertung der langfristigen Entwicklung erleichtern. Eine wirklich aussagekräftige quantitative Bewertung des letzten NAP ist zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht möglich.

Ein wichtiges Element des letzten NAP war die breit angelegte politische Initiative zur Beseitigung von Nichterwerbstätigkeitsfallen und zur gleichzeitigen Anhebung der Mindesteinkommen, um die wachsende Armut zu lindern. Unterstützungsleistungen werden zunehmend mit Mobilisierungsmaßnahmen verknüpft, ein Vorgehen, das nicht immer unumstritten ist. Darüber hinaus werden gezielte steuerliche und steuerähnliche Maßnahmen getroffen, um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit attraktiver zu machen. Im Zeitraum von 1999 bis 2002 sank die Zahl der Personen, die das garantierte Mindesteinkommen bezogen, um 13,4 %, während die Zahl der Bezieher in Mobilisierungsmaßnahmen um 57 % stieg. Dies kann angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen als echter Erfolg gewertet werden. Im Zeitraum von 2000 bis 2006 wird Belgien 69,1 Millionen EUR für Mobilisierungsmaßnahmen aus dem Europäischen Sozialfonds erhalten.

Belgien verfügt über ein sehr gutes Gesundheitswesen und ein ebenso gutes Krankenversicherungssystem, auch wenn weiterhin Unterschiede in der gesundheitlichen Versorgung bestehen. Im letzten NAP wurden Maßnahmen zur Lösung dieses Problems vorgestellt, unter anderem die Limitierung der Aufwendungen für Leistungen der Gesundheitsfürsorge. Diese Regelung, bei der mit Hilfe modernster elektronischer Behördendienste die Aufwendungen oberhalb einer bestimmten Grenze erstattet werden, wird nun angewandt. Die Maßnahmen im Bereich der Bildung waren darauf ausgerichtet, die Zahl der Schulabbrecher zu verringern und Jugendlichen den Übergang ins Erwerbsleben zu erleichtern. Einige der guten Initiativen, die im letzten NAP vorgestellt wurden, sind mittlerweile durchgeführt worden, bei der Reduzierung der Ausbildungskosten für Eltern sind jedoch keine nennenswerten Fortschritte zu verzeichnen. Obgleich der Zugang zu angemessenen und bezahlbaren Wohnungen ein Bereich ist, in dem eindeutig Handlungsbedarf besteht, wurden im NAP keine ehrgeizigen Ziele festgelegt, und es ist nicht klar, welche Ergebnisse erreicht wurden.

Es hat sich gezeigt, dass die Arbeitslosigkeit unter Immigranten keineswegs nur auf ein niedriges Bildungsniveau zurückzuführen ist, daher werden über die Arbeitsverwaltungen Anstrengungen unternommen, um eine Diskriminierung dieser Gruppe durch die Arbeitgeber zu verhindern. Im Bildungsbereich wurden vorrangige Maßnahmen für Kinder von Immigranten durchgeführt. Außerdem wurde ein weitreichendes neues Antidiskriminierungsgesetz erlassen. In der Frage, wie Asylbewerber und Personen, die keine gültigen Papiere besitzen, zu behandeln sind, wurde noch immer keine einheitliche Linie gefunden. Da der enge Terminplan es nicht ermöglichte, ein intensives und zeitaufwendiges Konsultationsverfahren mit den von sozialer Ausgrenzung Betroffenen durchzuführen, wurde der erste NAP als von oben vorgegebenes Konzept empfunden. Seit dem letzten NAP wurden partizipative Bewertungsstudien für den Gesundheitsbereich durchgeführt und an den Taskforces zu den Indikatoren und an NAP-Aktionen sind Anspruchsgruppen beteiligt. Es wird nun darauf ankommen, dass der im April 2004 vorzulegende Nachfolgeplan zum NAP 2001 ihrer Arbeit Rechnung trägt.

3. Strategischer Ansatz: Vorrangige Ziele und zentrale Zielvorgaben

Um der föderalen Struktur Rechnung zu tragen, werden sämtliche Initiativen nach Regionen gegliedert aufgeführt. Der Nachteil ist, dass dadurch im Wesentlichen nur eine Auflistung der einzelnen Maßnahmen erfolgt und kein echter strategischer Ansatz vorgestellt wird. Soweit eine klare Gesamtstrategie vorliegt, wird im NAP ein auf Rechten basierender Ansatz zur Bekämpfung der Armut verfolgt (beruhend auf dem belgischen Allgemeinen Armutsbericht 1995), in den ausdrücklich alle Akteure einbezogen werden. Der deutlichste Unterschied zwischen dem ersten und zweiten NAP ist sicher die Ausweitung auf nahezu alle Bereiche des sozialen Lebens, auch wenn die Beschäftigung weiterhin eine zentrale Rolle spielt. Wichtige neue Bereichen sind unter anderem Justiz, Kultur, Sport und Freizeit sowie die Familienpolitik. Das neue NAP-Konzept hat zu einer stärkeren Berücksichtigung der vorrangig benannten Gruppen beigetragen, zu denen zum Beispiel Wohnungslose, Kinder, die in Heimen aufwachsen, Opfer von Menschenhandel, Analphabeten und andere sozial Schwache zählen.

Zielvorgaben sind nicht auf den ersten Blick erkennbar, da sie im Dokument nicht systematisch aufgeführt werden, sondern erst in einem separaten Prüfbericht zusammengefasst werden sollen, der derzeit noch nicht vorliegt. Was die finanziellen Auswirkungen und den Zugang zu Mitteln des Sozialfonds anbelangt, werden im NAP zwar einzelne Zahlen genannt, für weitere Einzelheiten wird jedoch auf das Überwachungssystem verwiesen. Der NAP zeigt, dass wichtige Maßnahmen im Bereich der Indikatoren getroffen wurden, um eine mehrdimensionale Betrachtungsweise zu ermöglichen. Der statistische Anhang liefert sehr aufschlussreiche Daten, aus denen Zusammenhänge zwischen Lebensbedingungen und Armutsgefährdungsquoten ersichtlich werden.

4. Die wichtigsten politischen Ansätze: Stärken und Schwächen

Im Rahmen des Gesamtprogramms wird eine umfangreiche Liste von Maßnahmen vorgelegt, in der unter jeder Rubrik sämtliche Regionen aufgeführt sind. Mit einer Reihe von Maßnahmen sollen der Zugang zum Arbeitsmarkt verbessert und der soziale Sektor unterstützt werden. Viele dieser Maßnahmen werden die bereits laufenden Aktionen, zum Beispiel im Beschäftigungsprozess, verstärken. Verschiedene Zielgruppen sollen höhere Nettoleistungen erhalten, und mit dem ,Kafka"-Plan soll erreicht werden, dass Gelder zügiger an Leistungsempfänger ausgezahlt und die Verfahren vereinfacht werden.

Die neue Regierung misst dem Zugang zur Justiz besondere Aufmerksamkeit bei und will einige Bereiche verbessern, unter anderem den Zugang zur Justiz, die zügige Durchführung von Verfahren, die Behandlung von Jugendlichen in Strafverfahren und die Rechte von Opfern. Entsprechend dem auf Rechten basierenden Gesamtansatz werden Anstrengungen unternommen, um den Zugang zur Kultur sicherzustellen, insbesondere für Kinder und sozial schwache Bevölkerungsgruppen. Im Kapitel über die Familienpolitik wird die Wahrung der Rechte atypischer Haushalte als wichtige Aufgabe genannt. Es wurde ein stärker strategisch ausgerichteter Ansatz aufgestellt, mit dem die Heimunterbringung von Kindern aus sozial ausgegrenzten Familien vermieden werden soll, wichtig ist jedoch die Überwachung der Wirkung dieser Strategie. In einem Abschnitt des NAP werden Projekte zur Alphabetisierung, für die lebensbegleitende Weiterbildung als Brücke zum Arbeitsmarkt und einige interessante neue Maßnahmen im Bereich der elektronischen Eingliederung (,eInclusion") vorgestellt. Maßnahmen zur Bekämpfung des Schulversagens und Schulabbruchs sind ebenso vorgesehen wie Projekte zur Integration von Schülern mit speziellen Bedürfnissen in das allgemeine Bildungssystem. Im Gesundheitswesen soll das System der Limitierung der Aufwendungen für Leistungen der Gesundheitsfürsorge ausgeweitet werden.

Im NAP wird eingeräumt, dass das Angebot an Sozialwohnungen weit unter dem bestehenden Bedarf liegt und dringend Anstrengungen unternommen werden müssen, um über den Privatsektor innovative und wirksame Lösungen für dieses Problem zu finden. Programme zur Integration von Menschen ohne festen Wohnsitz wurden entwickelt. Weitere konkrete Maßnahmen beziehen sich auf die Sicherung einer Grundversorgung mit Elektrizität in Flandern, auf der Bundesebene wurde eine Einrichtung geschaffen, die Unterstützung leistet, wenn Haushalte die Energiekosten nicht mehr bezahlen können. Im Rahmen der Maßnahmen zur Reduzierung der Überschuldung wurden die Finanzinstitute verpflichtet, bei der Kreditvergabe alle bereits bestehenden Kredite eines Kunden zu berücksichtigen - eine Maßnahme, die zeigt, dass die Regierung entschlossen ist, dem Problem zu begegnen.

5. Gleichstellung von Frauen und Männern

Im letzten NAP wurden allein Erziehende, vor allem Frauen, als Zielgruppe genannt. Inzwischen wurde das System von der Regierung verbessert, um die Unterhaltszahlung für Kinder zu gewährleisten. Die Erwerbsbeteiligung von Müttern hängt davon ab, ob bezahlbare und gute Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung stehen. Zwar konnte die Zahl dieser Einrichtungen gesteigert werden, doch das Angebot liegt noch immer weit unter der Nachfrage. Indikatoren für die Gleichstellung der Geschlechter wurden ausführlich erörtert und könnten bei der Erarbeitung eines strategischen Ansatzes hilfreich sein, wie zukünftig bei Überschneidungen zwischen den Bereichen Gleichstellung von Frauen und Männern und soziale Eingliederung vorgegangen werden soll. Die Indikatoren scheinen hier allerdings nicht zu diesem Zweck genutzt worden zu sein. Es gibt ein breites Spektrum spezieller Maßnahmen für Frauen in unterschiedlichen Bereichen, wie etwa der Alphabetisierung, im Sozial- und Gesundheitswesen, und es wurden erneut Anstrengungen zur Schaffung von mehr Kinderbetreuungsplätzen unternommen. Ein Institut für die Gleichstellung von Frauen und Männern wurde gegründet.

6. Aktuelle Fragen und künftige Herausforderungen

Die unmittelbare Herausforderung besteht darin, die Versprechen des aktiven Wohlfahrtsstaats, nämlich die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Verbesserung des Sozialschutzes, zu erfuellen. Auf der nationalen Beschäftigungskonferenz im September 2003 wurde deutlich, wie schwierig es ist, die Arbeitskosten zu senken und die finanzielle Stabilität des Sozialschutzes zu sichern. Obwohl die Beschäftigung weiterhin als zentrales Element der sozialen Eingliederung angesehen wird, enthält der NAP weder ein strategisches Konzept zur Reaktion auf neue Entwicklungen noch zentrale quantitative Zielvorgaben. Ein Überwachungssystem besteht zwar, doch liegen noch keine Ergebnisse vor.

In Belgien wird es für einkommensschwache Haushalte immer schwieriger, angemessenen und bezahlbaren Wohnraum zu finden. Bei der Liberalisierung des Energiemarkts ist dafür Sorge zu tragen, dass Menschen, die in schwierigen Wohnverhältnissen leben, nicht noch weiter benachteiligt werden. Das Einkommen der belgischen Bevölkerung liegt in allen Altersgruppen über dem Durchschnitt in der Europäischen Union, lediglich das Einkommen der über 65-Jährigen ist niedriger als in den übrigen EU-Mitgliedstaaten und diese Tatsache kann angesichts einer alternden Gesellschaft nicht hingenommen werden. Das bestehende Gesundheitssystem stellt zwar die Versorgung des größten Teils der Bevölkerung sicher, doch bestehen in der Versorgung erhebliche Unterschiede. Die lebensbegleitende Weiterbildung ist nicht nur im Hinblick auf den Arbeitsmarkt von entscheidender Bedeutung, und die sehr ungleiche Beteiligung in Belgien kann sich später als problematisch erweisen.

Es bestehen gute institutionelle Rahmenbedingungen für die Gestaltung politischer Maßnahmen zur sozialen Eingliederung, so wurde z. B. ein Ressourcenzentrum für die Armutsbekämpfung eingerichtet, an dem viele Anspruchsgruppen mitwirken, daneben wurden die interministerielle Konferenz und verschiedene Taskforces ins Leben gerufen. Die genannten Einrichtungen hatten jedoch nur in wenigen Bereichen direkten Einfluss auf die Erarbeitung der NAP, und keiner dieser Akteure wurde angehalten, geschlechtsspezifische Fragen stärker zu berücksichtigen. Alle Beteiligten sind sich darin einig, dass der erste Schritt getan ist und noch zahlreiche Anstrengungen nötig sind, um eine echte Beteiligung am NAP-Prozess zu erreichen. Dennoch wurde bei der Entwicklung eines echten mehrdimensionalen Ansatzes zur sozialen Eingliederung der Anfang gemacht, und es ist klar erkennbar, dass die innovativen Konzepte auf administrativer Ebene weiterentwickelt werden. Die Herausforderung besteht nun darin, auf diesen Initiativen aufzubauen, um eine bessere Koordinierung der verschiedenen Politikbereiche, die die soziale Eingliederung betreffen, zu erreichen.

DÄNEMARK

Situation und wichtige Tendenzen: Das dänische Sozialsystem beruht auf dem Grundsatz der Kollektivität: Allen Gebietsansässigen werden bestimmte Grundrechte für den Fall garantiert, dass sie mit sozialen Problemen, wie etwa Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Hilfe- und Pflegebedürftigkeit konfrontiert werden. Die Sozialgesetzgebung erfolgt auf nationaler Ebene, aber es sind die lokalen Steuererhebungsbehörden, die einen großen Teil der sozialen Aktivitäten praktisch umsetzen. Daher sind es die Kommunen, die aus ihren eigenen Haushaltsmitteln, die in unterschiedlichem Umfang vom Staat mitfinanziert werden, Unterstützungsleistungen bezahlen, einen persönlichen Sozialplan mit den Betroffenen erarbeiten und festlegen, und die über die Höhe der Gelder entscheiden, die für die Umsetzung der Strukturen der nationalen Behörden und die administrative Unterstützung zurückgestellt werden. Das dänische Modell basiert in weiten Teilen auf einer ,partnerschaftlichen" Kultur, die durch die Beteiligung der Sozialpartner, der lokalen Gebietskörperschaften und sonstiger relevanter Organisationen einschließlich Nutzerorganisation gekennzeichnet ist. Dänemark gehört zu den Mitgliedstaaten mit dem geringsten monetären Armutsrisiko und einer ausgewogeneren Einkommensverteilung. Was die Lebenserwartung anbelangt, bildet Dänemark jedoch das Schlusslicht. Darüber hinaus verzeichnete Dänemark zwischen 1960 und 2000 den geringsten Anstieg der Lebenserwartung in EU-15.

Fortschritte im Zeitraum 2001-2003: Das übergeordnete Ziel des ersten nationalen Aktionsplans war die Förderung eines integrativen Arbeitsmarkts. Die Schaffung flexibler Arbeitszeitregelungen und betreuter Arbeitsplätze, die Vorruhestandsregelung und die Einführung der ,Arbeitsfähigkeitsmethode" sind die wichtigsten Erfolge in diesen Bereichen. Es wird erwartet, dass die lokalen Koordinationsausschüsse eine zentrale Rolle bei der Umsetzung spielen werden. Eine umfassendere Gesamtbewertung, inwieweit die Ziele des ersten NAP erreicht wurden, im zweiten NAP wäre allerdings hilfreich gewesen.

Strategischer Ansatz: Der zweite NAP ist gezielter auf die am stärksten benachteiligten Gruppen ausgerichtet als dies im ersten nationalen Aktionsplan 2001 der Fall war. Beim Vergleich des ersten und zweiten NAP wird deutlich, dass im ersten NAP ein allgemeinerer politischer Ansatz verfolgt wurde und der mögliche positive Einfluss der aktiven Sozialpolitik und des offenen Arbeitsmarkts auf die Eindämmung der sozialen Ausgrenzung stärker im Vordergrund stand. Im zweiten NAP erfolgt eine Änderung der Strategie in dem Sinne, dass das Spektrum eingegrenzt und stärker auf die Bevölkerungsgruppen konzentriert werden soll, die bereits von sozial Ausgrenzung betroffen sind und am Rande der Gesellschaft stehen. Die Hauptziele dieses Plans bestehen darin, den sozial schwächsten Bevölkerungsgruppen Priorität einzuräumen, die Maßnahmen an die spezifischen Bedürfnisse anzupassen, die Nutzer verstärkt einzubeziehen, die ehrenamtliche Arbeit zu fördern und dafür zu sorgen, dass die lokalen Gebietskörperschaften der Unterstützung dieser Bevölkerungsgruppen weiterhin Vorrang einräumen.

Wichtige politische Maßnahmen: Eine Reihe von Initiativen zur Erarbeitung politischer Konzepte für Flüchtlinge und Immigranten wurde auf den Weg gebracht. Dazu gehören unter anderem die Verpflichtung, einen verbindlichen Vertrag zwischen neu ankommenden Ausländern und den lokalen Gebietskörperschaften zu schließen und ein gezieltes Integrationsprogramm zur Erhöhung der Erwerbsquote zu erarbeiten. Als weiterer Schritt zur Verringerung der negativen Anreizwirkungen für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit wurden die Regelungen für die Unterstützung mit Geldleistungen erheblich verschärft: Die Sozialleistungen, die Immigrantenfamilien in den ersten sieben Jahre in Dänemark erhalten, wurden auf das Niveau der staatlichen Unterstützung für Studenten abgesenkt. Die Auswirkung dieser Maßnahmen wird genau zu beobachten sein.

Künftige Herausforderungen: Dänemark will die deutlich unter dem Durchschnitt liegende Erwerbsquote und Erwerbsbeteiligung ethnischer Minderheiten erhöhen. Die Höhe der Sozialleistungen darf nicht so bemessen sein, dass Betroffene ihre Existenz aus der Unterstützung der öffentlichen Hand bestreiten. Die wichtigste künftige Herausforderung ist die Entwicklung von Arbeitsmarktinstrumenten, mit denen die Maßnahmen für ethnische Minderheiten so koordiniert werden können, dass gezielte Initiativen und Anreize gefördert werden.

1. Situation und wichtige Tendenzen

2002 stieg das reale BIP um 2,1 % und für 2003 wird ein weiterer Anstieg um 0,8 % erwartet. Die Erwerbsquoten in Dänemark liegen weiterhin deutlich über den Zielvorgaben der EU, auch bei Frauen und älteren Arbeitnehmern. Die Beschäftigung ging 2002 jedoch um 0,6 % zurück. 2003 wird mit einem weiteren Rückgang der Beschäftigung um etwa 0,6 % gerechnet. Während die Zahl der Langzeitarbeitslosen im vergangenen Jahr anstieg, blieb sie gegenüber 2001 weitgehend unverändert. Zudem ging sie in den 90-er Jahren und bis 2001 deutlich zurück und zählt zu den niedrigsten in der EU. Den ESSOSS-Daten zufolge gibt Dänemark 28,8 % seines BIP für den Sozialschutz aus, während der EU-15-Durchschnitt bei 27,3 % liegt (Daten für das Jahr 2000). Ausgedrückt als Pro-Kopf-Ausgaben in Kaufkraftstandards (KKS) gibt Dänemark mit 7 754 KKS mehr für den Sozialschutz aus als alle anderen Mitgliedstaaten.

Nach den Daten des ECHP für das Jahr 2001 bezogen 11 % der dänischen Bevölkerung ein Einkommen von weniger als 60 % des Medianeinkommens. In Dänemark liegt die Quote der dauerhaften Armutsgefährdung bei 5 % und gehört damit zu den niedrigsten in der EU. An dieser Quote lässt sich die sehr ausgewogene Einkommensverteilung erkennen, die in Dänemark besser ist als in vielen anderen EU-Ländern. Immigranten und Langzeitarbeitslose sind in den niedrigeren Einkommensgruppen überdurchschnittlich stark vertreten. Diese Tendenz dürfte durch die vorstehend erwähnte Kürzung der Geldleistungen für Immigrantenfamilien, abhängig von der Beschäftigungswirksamkeit dieser Kürzung, beeinflusst werden. Die Erwerbsquote von Personen, die nicht dänischer Herkunft sind, lag 2002 unverändert bei 45 %, während die durchschnittliche Erwerbsquote 53 % betrug. In den vergangenen zehn Jahren sind diese Zahlen im Wesentlichen auf demselben Niveau geblieben.

2. Bewertung der Fortschritte gegenüber dem NAP (Eingliederung) 2001

Im NAP wird auf eine Reihe von Erfolgen bei der Umsetzung der Ziele des ersten Aktionsplans verwiesen: Eine wichtige Entwicklung, die zur Entstehung eines integrativen Arbeitsmarkts beitrug, war die Schaffung von neuen, flexiblen Arbeitszeitregelungen und fast 12 000 betreuten Arbeitsplätzen seit dem Jahr 2000, durch die deren Zahl von 13 100 auf 24 800 im Jahr 2002 erhöht werden konnte. Durch eine gemeinsame Aktion auf der Basis von Partnerschaften zwischen öffentlichen Stellen und privaten Unternehmen konnten die Beschäftigungschancen von Personen verbessert werden, für die ohne diese Anstrengungen die Gefahr der Ausgrenzung vom Arbeitsmarkt und in der Folge der sozialen Ausgrenzung bestanden hätte. Dieser Ansatz wurde durch die 2001 beschlossene Reform der Vorruhestandsregelung unterstützt. Die Einführung der ,Arbeitsfähigkeitsmethode" ab Januar 2003 ist Teil dieser Reform. Diese neue Methode konzentriert sich auf die tatsächliche Arbeitsfähigkeit des Einzelnen und nicht auf seine Defizite. Eine gezieltere gemeinsame Beurteilung der Fähigkeiten des Einzelnen bildet die Grundlage für einen offenen und direkten Dialog über sein Potenzial und seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Auf nationaler Ebene wurde ein Programm initiiert, das einen neuen Ansatz vorsieht, den Sozialarbeiter künftig bei der Beurteilung des sozialen Potenzials und der Arbeitsmarktchancen der zu Beratenden anwenden. Die ersten Berichte zeigen, dass mit dieser Methode gute Ergebnisse erreicht werden. Welche Wirkung die Reform zeitigt - auch die potenzielle Auswirkung auf die Zahl der Bezieher von Vorruhestandsgeldern - bleibt abzuwarten.

Auch die Einrichtung lokaler Koordinationsausschüsse ist für die Öffnung des Arbeitsmarkts zunehmend von Bedeutung. Seitdem diese Ausschüsse 1999 obligatorisch geworden sind, beteiligen sie sich in zunehmendem Maße an der Prüfung und Verabschiedung lokaler Initiativen zur Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten von Bevölkerungsgruppen, für die es schwierig ist, einen Arbeitsplatz zu finden oder zu behalten. Die Koordinationsausschüsse setzen sich aus Vertretern der Sozialpartner, der Behindertenorganisationen, des Ärztebundes, der öffentlichen Arbeitsverwaltungen, der Kommunen oder anderer sozialer Akteure auf lokaler Ebene zusammen. Ihre Rolle besteht darin, lokale Maßnahmen für Personen zu erörtern, die in ihrer Arbeitsfähigkeit eingeschränkt sind und durch diese Einschränkung am Zugang zum Arbeitsmarkt gehindert werden oder nicht über längere Zeit im Arbeitsmarkt verbleiben können. Zwar verfügen die Ausschüsse über gewisse finanzielle Mittel, mit denen sie ihre Initiativen unterstützen können, wodurch ihre Rolle gestärkt wurde, doch treten sie nicht an die Stelle der öffentlichen Hand, sondern übernehmen vielmehr eine ergänzende Rolle, die dazu beitragen soll, die Zusammenarbeit zwischen den maßgeblichen Akteuren am Arbeitsmarkt zu verbessern.

Initiativen zur Verbesserung der Maßnahmen für die am stärksten benachteiligten Gruppen, zum Beispiel von psychisch Kranken, Drogen- und Alkoholabhängigen oder Wohnungslosen, sind unter anderem die Schaffung von mehr Unterbringungsmöglichkeiten für psychisch Kranke und eine Sozialtherapiegarantie für Drogenabhängige.

In einem Anhang des NAP wird die Bedeutung des ESF hervorgehoben und Beispiele für Projekte angeführt, die mit ESF-Unterstützung durchgeführt wurden. Einzelheiten über die Verwendung der Mittel werden jedoch nicht genannt.

3. Strategischer Ansatz: Vorrangige Ziele und zentrale Zielvorgaben

Die Verlagerung des Schwerpunkts im neuen NAP spiegelt sich im Aktionsplan ,Die gemeinsame Verantwortung" wider, mit dem die Anstrengungen für die am stärksten benachteiligten Gruppen (Drogenabhängige, Familien mit Alkoholproblemen, psychisch Kranke, Wohnungslose und Prostituierte) koordiniert werden sollen. Das Ziel der Maßnahmen, mit denen die ,Übertragung von Benachteiligungen von einer Generation zur nächsten" verhindert werden soll, besteht in einem individuelleren Ansatz für die am stärksten gefährdeten Gruppen, bei dem die Verantwortung der Familie und die Rolle der öffentlichen Einrichtungen im Vordergrund stehen. Von den öffentlichen Institutionen sollen klare Vorgaben festgelegt werden, die auf messbaren Lernzielen für alle Kinder beruhen, beginnend im Kindergarten mit der Beurteilung der dänischen Sprachkenntnisse. Besondere Priorität sollen frühzeitige und gezielte Maßnahmen erhalten, verbesserte Lernangebote für kleinere Kinder, der Abbau von Hindernissen beim Wechsel von der Vorschule in die Schule, die Entwicklung sozialer Kompetenzen und die stärkere Förderung von Schulabschlüssen, um den Teufelskreis zu durchbrechen, den die Übertragung von Benachteiligungen von einer Generation zur nächsten darstellt. Es sollte jedoch alles getan werden, um eine Stigmatisierung dieser Kinder zu vermeiden.

4. Die wichtigsten politischen Ansätze: Stärken und Schwächen

Um für Immigranten aus Drittländern verstärkte Anreize für die Aufnahme einer Arbeit zu schaffen, wurde im Juli 2002 eine so genannte ,Wartefrist" eingeführt. Ab jetzt haben nur Personen, die sich während sieben der vorangegangenen acht Jahre in Dänemark aufgehalten haben, Anspruch auf Sozialhilfe in voller Höhe. Trifft dies nicht zu, wird die Sozialhilfe entsprechend gekürzt. Hiermit gekoppelt ist eine Reihe von Initiativen zur Unterstützung der Ausbildung und zur Nutzung der Fähigkeiten der Immigranten. Die Kommunen sind daher für die Erarbeitung individueller Aktionspläne für jeden Einzelnen verantwortlich, mit dem Ziel, dass die Betroffenen möglichst schnell entweder eine Arbeit aufnehmen oder an einer Weiterbildungs- oder Ausbildungsmaßnahme teilnehmen. Wenn die Vorgaben des Plans nicht eingehalten werden, kann dem Betroffenen die Sozialhilfe entzogen werden. Es wurden allerdings Fragen laut, wie Familien, die sieben Jahre lang nur noch die neuen gekürzten Leistungen erhalten, die notwendigen Mittel für eine echte Integration aufbringen sollen. Als wichtigste Initiative zur Vorbeugung der Risiken sozialer Ausgrenzung wird der Kampf gegen die Übertragung von Benachteiligungen von einer Generation zur nächsten bezeichnet. Die Grundbildung wird in diesem Zusammenhang als wichtig angesehen, und auch hier geht es vorrangig um die Festlegung von mehr Zielvorgaben und den systematischeren Kompetenzaufbau. Verbunden mit einer gezielteren Förderung des einzelnen Schülers wird dies durch Tests und Maßnahmen unterstützt, um verstärkt die Gruppen anzusprechen, die besondere Probleme haben und spezielle Hilfsangebote benötigen. Was die Integration von Flüchtlingen und Immigranten betrifft, beinhaltet der Ansatz ein starkes normatives Element, um die Notwendigkeit einer engen Beziehung und eines Dialogs mit der jeweiligen Familie zu betonen und sicherzustellen, dass die Grundwerte einer offenen Gesellschaft sowohl vom Schüler als auch von der Familie akzeptiert und angewandt werden. Als problematisch wird die Tatsache betrachtet, dass der größte Teil der eigentlichen Umsetzung in den Händen der Sozialarbeiter, Lehrer, Kindergartenpädagogen und anderer Personen vor Ort liegen wird, die den Schwerpunkt ihres Ansatzes ändern müssen. Es kommt nun darauf an, wie ein solcher individualisierter Ansatz eingeführt werden kann, während gleichzeitig andere Sozialkosten reduziert werden, um ein ausgeglichenes Sozialbudget zu gewährleisten. Der Schwerpunkt hat sich auf die Unterstützung der sozial Schwachen verlagert. Künftig werden sich die Anstrengungen darauf konzentrieren, den schwächsten Bevölkerungsgruppen ein erfuellteres Leben zu ermöglichen, die Bedürfnisse und Wünsche der schwächsten Bevölkerungsgruppen zu berücksichtigen und zu respektieren und ihre Möglichkeiten zu verbessern, an der Gemeinschaft teilzunehmen und einen Beitrag für die Gemeinschaft zu leisten. In Dänemark leben schätzungsweise 14 000 Drogenabhängige, etwa 22 000 psychisch Kranke, rund 8 500 Wohnungslose und die Zahl der Prostituierten wird mit etwa 5 000-7 000 angegeben. Diese Gruppen sollen direkt angesprochen werden. Ziel des Plans ist es, die spezifische Bedürfnisse stärker zu berücksichtigen, die Nutzer umfassender zu beteiligen und den gesetzlichen Schutz zu verbessern. Für den Zeitraum 2002-2005 wurden erhebliche Ressourcen zur Entwicklung neuer Initiativen bereitgestellt. Dazu gehören unter anderem neue Behandlungsangebote für Drogenabhängige, ein breiteres Behandlungsangebot für Alkoholabhängige sowie die Ausweitung und qualitative Verbesserung der Unterstützung psychisch Kranker. Für die Gruppe der Wohnungslosen ist vorgesehen, dass von den lokalen Gebietskörperschaften vorübergehende Unterbringungsmöglichkeiten mit 300 Betten eingerichtet werden, bis genügend Plätze zur dauerhaften Unterbringung vorhanden sind. Darüber hinaus ist geplant, dass 75 Betten in anderen Betreuungseinrichtungen für Drogen- und Alkoholabhängige mit dringendem Behandlungsbedarf bereitgestellt werden.

Im Winter 2002/2003 wurde ein ,Weißbuch über benachteiligte Inuit in Dänemark" veröffentlicht. Maßnahmen zur Unterstützung dieser Bevölkerungsgruppe laufen.

Die Einrichtung des ,Rats für sozial benachteiligte Personen" im April 2002 ist eine neue Entwicklung, die die Ziele des Plans ,Die gemeinsame Verantwortung" unterstützen wird. Der Rat für sozial benachteiligte Personen wurde als ein unabhängiges Gremium geschaffen, das die Entwicklungen in Dänemark und die Auswirkungen der Regierungspolitik überwachen soll. Der Rat wird eine Beratungsfunktion bei der Gestaltung politischer Maßnahmen für Personen wahrnehmen, die am Rande der Gesellschaft leben. Die schrittweise Erweiterung der Rolle der lokalen Koordinationsausschüsse hat außerdem dazu geführt, dass die Debatte über einen Arbeitsmarkt, der die soziale Integration fördert, nun die lokale Ebene erreicht hat, auf der die Chancen für eine erfolgreiche Umsetzung der Initiativen am größten sind. Schließlich hat in Dänemark die Zusammenarbeit in sozialen Fragen zwischen Wohlfahrtsverbänden und dem öffentlichen Sektor eine lange Tradition. Weitere Initiativen wurden entwickelt, um die ehrenamtliche Arbeit im sozialen Bereich zu stärken, unter anderem durch die Verabschiedung der Charta über die Zusammenarbeit zwischen dem ehrenamtlichen Sektor und den öffentlichen Verwaltungen.

5. Gleichstellung von Frauen und Männern

Im Allgemeinen bemüht sich die Regierung, bei ihren Initiativen zur Wiedereingliederung die unterschiedlichen Ausgrenzungsmuster bei Frauen und Männern zu berücksichtigen. Männer sind zum Beispiel häufiger von Wohnungslosigkeit betroffen als Frauen. Weitere geschlechterspezifische Initiativen sind die Unterstützung von Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind, sowie ein neuer Aktionsplan zur Verhütung des Menschenhandels und zur Unterstützung der Opfer.

6. Aktuelle Fragen und künftige Herausforderungen

Weitgehende Einigkeit besteht darin, dass die vorgesehene Steigerung der Erwerbsquote im Zeitraum bis 2010 erreicht werden muss, damit die öffentlichen Finanzen angesichts der Bevölkerungsalterung langfristig gesichert werden können. Die Regierung hat die Einrichtung einer Wohlfahrtskommission angekündigt, die bis November 2005 Vorschläge für tiefgreifende Reformen bei den Sozialleistungen und in der Sozialpolitik vorlegen soll.

Die Kommunen und Bezirke sind für den größten Teil der Umsetzung der Ziele der Regierung verantwortlich. Die Haushaltspläne unterliegen derzeit Beschränkungen seitens der Zentralregierung, doch werden neue Initiativen mit Mitteln verbunden, die die Kommunen erhalten.

DEUTSCHLAND

Situation und wichtige Tendenzen: Dank seines umfassenden Sozialschutzsystems zählt Deutschland dem ECHP zufolge zu den Mitgliedstaaten mit der niedrigsten Armutsgefährdung. 11 % der Bevölkerung lebten im Jahr 2001 in Haushalten, deren Einkommen unterhalb der nationalen Armutsgrenze lag, und 6 % der Bevölkerung waren dauerhaft vom Armutsrisiko betroffen. Nationale Daten belegen jedoch, dass die Armutsquote in den neuen Bundesländern (16 % gegenüber 10 % in den alten Bundesländern) und unter Ausländern (22 % gegenüber 10 % bei deutschen Staatsbürgern) deutlich höher liegt.

Fortschritte im Zeitraum 2001-2003: Das Job-AQTIV-Gesetz und die vier gesetzlichen Regelungen zur Förderung der Beschäftigung und zur Reform der Arbeitslosenunterstützung (Hartz I-IV) wurden erlassen, um auf die wichtigsten Herausforderungen des Arbeitsmarkts reagieren zu können. Das Ziel, die Arbeitslosigkeit in der Gruppe der Menschen Behinderungen um 25 % zu verringern, ist nahezu erreicht. Durch die Einführung eines Systems zur Grundsicherung kann die Altersarmut und die Armut von Personen mit einer Erwerbsminderung wirksamer bekämpft werden. Das Programm ,Soziale Stadt" leistet weiterhin einen Beitrag zur Überwindung komplexer Benachteiligungen im Leben. Bei der Überwachung und Bewertung der Durchführung des ersten NAP wurden Fortschritte erreicht, eine weitere Stärkung und Weiterentwicklung im Verlauf der Umsetzung des NAP 2003 wäre wünschenswert.

Strategischer Ansatz: Ein Ziel des NAP besteht darin, die aktive Beteiligung aller Bürger am gesellschaftlichen Leben sicherzustellen. Dies soll durch die Bildungs- und Beschäftigungspolitik, durch die bessere Vereinbarkeit von Arbeitsleben und Privatleben sowie durch angemessene soziale Dienste erreicht werden. Die Entwicklung einer nachhaltigen Armutsbekämpfungsstrategie wird mit vier politischen Leitzielen verknüpft: die Verwirklichungschancen verbessern, Armut und soziale Ausgrenzung verhindern, die Eigenverantwortung stärken und vorhandene Potenziale aktivieren, und die soziale Sicherung armutsfest machen. Im NAP wird außerdem versucht, eine Verbindung zum ,Armuts- und Reichtumsbericht" herzustellen, um so einen analytischen und empirischen Rahmen für eine Politik gegen die soziale Ausgrenzung schaffen zu können.

Wichtige politische Maßnahmen: Im NAP wird ein Zielprogramm festgelegt. Es besteht allerdings auch die Zusage, eine Bewertung der möglichen Risiken einer sozialen Ausgrenzung und des Eingliederungspotenzials der verschiedenen Politikbereiche (Agenda 2010, Reform des Steuersystems usw.) mit Blick auf eine Absicherung gegen Verarmung vorzunehmen, sobald die Maßnahmen umgesetzt wurden. Zu Recht wird auf die Bedeutung sozialpolitischer Maßnahmen auf lokaler und regionaler Ebene und die damit verbundene Kompetenzverteilung hingewiesen. Unklar bleibt jedoch, ob und inwieweit die erwähnten regelmäßigen Konsultationsprozesse auf horizontaler und vertikaler Ebene tatsächlich im notwendigen Umfang erweitert werden. Dieser Aspekt ist besonders wichtig, weil die mehrdimensionale Armutssituation einen umfassenden integrierten Ansatz erfordert.

Künftige Herausforderungen: Im NAP wird klargestellt, dass die aktive Teilnahme am Erwerbsleben von zentraler Bedeutung ist, und die Sicherungsfunktion des bestehenden Sozialversicherungssystems hervorgehoben. Zukünftig werden größere Anstrengungen notwendig sein, um die Nachhaltigkeit des Systems weiterhin sicherzustellen, damit es diese Funktion wirksam erfuellen kann. Die im NAP erwähnten Probleme im Hinblick auf die Versorgungslücken im System der sozialen Grundsicherung müssen angepackt werden. Die bestehenden regionalen Unterschiede und die Probleme der Ausgrenzung von Immigranten müssen beseitigt werden. Die vier im NAP formulierten Ziele einer nachhaltigen Armutsbekämpfungsstrategie müssen operationeller werden.

1. Situation und wichtige Tendenzen

2002 wuchs das reale BIP um 0,2 %, für 2003 wird mit keiner Änderung gerechnet. Das Beschäftigungswachstum ging 2002 um 0,6 % zurück. Für 2003 wird von einem weiteren Rückgang der Beschäftigung um etwa 1,5 % ausgegangen. 2002 sank die Gesamterwerbsquote um 0,5 Prozentpunkte auf 65,3 %. Die Frauenerwerbsquote blieb jedoch unverändert (58,8 %). Die Gesamtarbeitslosenquote stieg 2002 auf 8,6 % und wird den Prognosen zufolge 2003 weiter ansteigen auf einen Wert von 9,4 %. 2002 war die Arbeitslosenquote in Ostdeutschland mehr als doppelt so hoch wie in Westdeutschland. Den Daten von ESSOSS zufolge gibt Deutschland 29,5 % seines BIP für den Sozialschutz aus, während der EU-15-Durchschnitt bei 27,3 % liegt (Daten für das Jahr 2000). Ausgedrückt als Pro-Kopf-Ausgaben in Kaufkraftstandards (KKS) liegen die Ausgaben für den Sozialschutz in Deutschland mit 7 025 KKS über dem EU-15-Durchschnitt von 6 155 KKS.

Die größten Herausforderungen sind dem NAP zufolge die anhaltende Arbeitslosigkeit, fehlende schulische und berufliche Qualifikationen, die unzureichende Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Familie, gesundheitliche Beeinträchtigungen und schließlich die Immigration. Angesichts des sozialen und demografischen Wandels wird die Weiterentwicklung des derzeitigen Sozialschutzniveaus als Herausforderung betrachtet.

2. Bewertung der Fortschritte gegenüber dem NAP (Eingliederung) 2001

Im NAP wird berichtet, dass bei der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung im Zeitraum zwischen 2001 und 2003 Fortschritte erreicht wurden und auf zahlreiche beschäftigungspolitische Maßnahmen verwiesen. Erfolge werden auch aus den sozialen Projekten zur Berufsvorbereitung von Immigranten und Jugendlichen gemeldet. Trotz einer Verpflichtung im letzten NAP, die gleichberechtigte Teilnahme von Immigranten an Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen sicherzustellen, ist den empirischen Erkenntnissen zufolge die Teilnahme von Personen mit ausländischem Pass, zum Beispiel im Programm JUMP zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, jedoch weiterhin rückläufig. Mit einer neuen Verordnung in der Rentengesetzgebung werden die Rentenansprüche von Teilzeitbeschäftigten erhöht, die Kinder erziehen. Die Reform des sozialen Wohnungsbaus, die vor allem einkommensschwachen Haushalten zugute kommen soll, ist abgeschlossen. Es wurden Maßnahmen getroffen, um den Schutz vor Überschuldung zu verbessern. Seit dem Beginn der neuen Strukturfondsprogramme im Jahr 2000 hat Deutschland (Bund und Länder) über 650 Millionen EUR aus dem ESF, einschließlich Equal, zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung erhalten. Ferner wurden aus dem ESF bereits mehr als 1,750 Millionen EUR zur Unterstützung aktiver Arbeitsmarktmaßnahmen im Bereich A der ESF-Politik an Deutschland ausgezahlt. Ein großer Teil der Mittel wurde für Maßnahmen verwendet, mit denen der Gefahr der sozialen Ausgrenzung vorgebeugt werden soll.

3. Strategischer Ansatz: Vorrangige Ziele und zentrale Zielvorgaben

Im NAP wird ein breit angelegter strategischer Ansatz vorgestellt, bei dem die Strategie nicht mehr vorrangig auf die Beteiligung am Arbeitsmarkt ausgerichtet, sondern um vier zusätzliche Aspekte erweitert wird: Bildung, Beschäftigung, Familie und Sozialschutz. Gleichwohl konzentrieren sich die Ansätze der politischen Maßnahmen weiterhin stark auf die Steigerung der Erwerbsquote. Ein System der ,Grundsicherung" soll geschaffen werden, und dabei sollen die Lücken und Hindernisse für den Zugang zum Sozialschutz ermittelt und beseitigt werden. Die zentrale Bedeutung des Sozialschutzes soll gewahrt und an die neuen Anforderungen hinsichtlich der Nachhaltigkeit, der Generationengerechtigkeit und der Zuverlässigkeit des Systems bei der Absicherung der größten Lebensrisiken angepasst werden. Besonders benachteiligte Personen, die durch den Wohlfahrtsstaat nur schwer zu erreichen sind, werden als Zielgruppe genannt. Ein wesentlicher Fortschritt gegenüber dem ersten NAP ist, dass für eine Reihe von Maßnahmen und problematische Bereiche eine Bewertung oder begleitende Untersuchung durchgeführt wurde oder geplant ist und angegeben wird, wann mit den Ergebnissen der jeweiligen Projekte zu rechnen ist.

Die Gesamtstrategie, die im NAP vorgestellt wird, umfasst ein breites Spektrum unterschiedlicher politischer Ansätze, Maßnahmen und Konzepte, die kurz-, mittel- und langfristig durchgeführt werden sollen. Eine bessere Koordinierung zwischen den verschiedenen Behörden würde sich positiv auf die Strategie auswirken. Die Strategie mündet nicht in einen ,Aktionsplan", sondern besteht vielmehr aus vielen Einzelmaßnahmen.

4. Die wichtigsten politischen Ansätze: Stärken und Schwächen

Die wichtigsten Reformbereiche sind die Arbeitslosenunterstützung, personenbezogene (Beratungs-)Dienstleistungen und neue Organisationsstrukturen der öffentlichen Arbeitsverwaltung, die eine engere Zusammenarbeit mit den Sozialämtern einschließen. Ziel all dieser Maßnahmen ist eine schnellere Wiedereingliederung von Arbeitslosen ins Erwerbsleben. Zum jetzigen Zeitpunkt können der Nutzen und die Kosten der vorgeschlagenen Reformen noch nicht umfassend beurteilt werden. Die Auswirkungen des demnächst zur Umsetzung anstehenden ,Arbeitslosengeldes II" und der verbesserten Vermittlungsaktivitäten der JobCenter auf von Armut bedrohte Menschen bedarf der genauen Beobachtung. Es besteht eine Verpflichtung, nach der alle Arbeitslosen zwischen 15 und 25 Jahren einen Arbeitsplatz erhalten sollen oder an einer Qualifizierungsmaßnahme teilnehmen können. Angesichts des Mangels an Ausbildungsplätzen, der sich in den letzten Jahren noch verschärft hat, erscheint das Ziel, die Zahl der Jugendlichen und jungen Erwachsenen ohne Berufsabschluss bis zum Jahr 2010 um die Hälfte zu reduzieren, sehr ehrgeizig.

Die Bundesregierung will den Integrationsprozess der nichtdeutschen Bevölkerung stärken, insbesondere in den Bereichen sprachliche Kompetenz, allgemeine Vorschul-, Schul- und Berufsausbildung sowie bei der gezielt auf die Betroffenen ausgerichteten Arbeitsvermittlung (,Profiling"). Im NAP wird eingeräumt, dass Immigranten in diesen Bereichen noch immer stark benachteiligt sind. Selbst Kinder und Jugendliche aus ausländischen Familien, die seit langem in Deutschland leben, sind gegenüber deutschen Kindern und Jugendlichen noch immer erheblich benachteiligt. Dies zeigt sich zum Beispiel bei der Bereitstellung von Kindergartenplätzen, bei der Einschulung, dem Besuch verschiedener Schularten sowie den erreichten Schulabschlüssen, bis hin zur Bereitstellung von Ausbildungs- und Studienplätzen. Während im NAP 2001-2003 noch zugesagt worden war, den Anteil von ausländischen Jugendlichen in Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen sowie in Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung entsprechend ihrem Anteil an der Arbeitslosenquote zu erhöhen, ist diese Zusage im neuen NAP nicht mehr enthalten. Im Wesentlichen ist der Integrationsansatz für Immigranten eng begrenzt und umfasst meist nur Sprachkurse und Weiterbildungsmaßnahmen. Es wird ausdrücklich hervorgehoben, dass Immigranten gleichberechtigt Zugang zu Sozialleistungen haben. Allerdings beziehen Asylbewerber seit 1996 während der ersten drei Jahre nach ihrem Asylantrag niedrigere Sozialhilfesätze.

Die Gesellschaft soll kinder- und familienfreundlicher gestaltet werden. Die geplante Steuerreform wird einkommensschwache Haushalte entlasten, jedoch nur, wenn sie ihr Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit beziehen. Die Abschaffung des Steuerfreibetrags für allein Erziehende wird zu einer höheren steuerlichen Belastung führen. Die Regierung hat allerdings die Einführung eines neuen Entlastungsbetrags beschlossen, mit dem die zusätzliche Belastung für allein erziehenden Elternteile ausgeglichen werden soll. Familien in prekären Lebenslagen sollen durch ein familienpolitisches Armutspräventionsprogramm unterstützt werden. Die Zahl der sozialhilfeabhängigen Kinder soll bis 2006 deutlich reduziert werden. Die Einführung der Pflegeversicherung bringt Fortschritte bei der sozialen Eingliederung, auf die Probleme der Pflegeversicherung (Refinanzierung, Personalmangel im Bereich der Altenpflege, Versorgungslücken bei der Betreuung von Demenzkranken) wird jedoch nicht eingegangen. Die Auswirkungen der Gesundheitsreform, insbesondere für chronisch Kranke, müssen genau überwacht werden. Es wird hervorgehoben, dass das Netz der Schuldnerberatungszentren ausgeweitet und die Erarbeitung bundeseinheitlich geltender Qualitätsstandards für die Beratung, in die alle Akteure einbezogen werden sollen, vorangetrieben werden muss.

Die soziale Ausgrenzung aus der Wissensgesellschaft soll vor allem dadurch verhindert werden, dass die Zahl der Internetanschlüsse in den Einrichtungen der Jugendhilfe erhöht wird. Bis 2005 soll der Anteil der Internetnutzer an der Bevölkerung ab 14 Jahren auf 70 % gesteigert werden.

Im NAP werden einige kritische, aber auch positive Anmerkungen verschiedener Teilnehmer am ersten und zweiten Konsultationsverfahren wiedergegeben, vor allem die Forderung nach der besseren finanziellen Ausstattung von Schuldnerberatungsstellen. Der NAP belässt es bei einem Hinweis auf eine interministerielle Koordinierungsgruppe und dem Versprechen, einen regelmäßigen Dialog mit Vertretern der Wissenschaft und einem ständigen Beraterkreis zu führen. Aufklärung, Sensibilisierung und Anregung eines öffentlichen Diskurs müssen noch verstärkt werden.

5. Gleichstellung von Frauen und Männern

Im Rahmen des ersten NAP wurden Maßnahmen für einen besseren Schutz gegen häusliche Gewalt getroffen. Im neuen NAP wird die Gleichstellung von Frauen und Männern stärker berücksichtigt. Dem NAP zufolge wurden mehr Kindertagesstätten für Kinder unter drei Jahren geschaffen, um die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben zu fördern. Das Nürnberger Projekt zur Armutsprävention bei allein Erziehenden ist ein Versuch, die Maßnahmen der Armutsprävention zu bündeln. Das Programm ,Berufliche Qualifizierung für Zielgruppen mit besonderem Förderbedarf" wurde speziell für die Weiterbildung junger Frauen geschaffen. Der Frauenanteil in IT-Berufen soll auf 40 % erhöht werden, die Qualität dieser Arbeitsplätze sollte jedoch nach Maßgabe der Leitlinien der europäischen Beschäftigungsstrategie überwacht werden.

6. Aktuelle Fragen und künftige Herausforderungen

Der NAP soll gemeinsam mit den Armutsberichten das ,Fundament für Strategien zur Stärkung der sozialen Integration und zur Armutsbekämpfung in Deutschland" bilden. Um die vier Hauptziele zu erreichen, müssen jedoch konkrete operationelle Maßnahmen getroffen werden. Insbesondere bei den arbeitsmarkt- und bildungspolitischen Maßnahmen und bei der Integration von Immigranten muss noch mehr getan werden, um den sozialen Zusammenhalt sicherzustellen. Die bestehenden regionalen Unterschiede müssen abgebaut werden. Die soziale Grundsicherung wird dem Ziel der Armutsprävention durchaus gerecht, doch müssen die im NAP genannten Probleme der Lücken bei der Absicherung angepackt werden. Die Koordinierung zwischen den verschiedenen Regierungsebenen muss verbessert werden. Die Fortschritte bei der Sicherung der kontinuierlichen Beteiligung der Akteure an der Gestaltung politischer Maßnahmen im Kontext des NAP müssen konsolidiert werden.

GRIECHENLAND

Situation und wichtige Tendenzen: Seit 1996 haben sich die makroökonomischen Bedingungen in Griechenland kontinuierlich verbessert. Der reale Zuwachs des BIP (4,1 % im Jahr 2001 und 4 % im Jahr 2002) liegt weiterhin über dem EU-Durchschnitt (1,6 % im Jahr 2001 und 1 % im Jahr 2002). Bei der Beschäftigung ist ein leichtes Wachstum zu verzeichnen und die Arbeitslosenquote geht weiter zurück. In Griechenland werden ernsthafte Anstrengungen zur Ausweitung und Verbesserung des Sozialschutzsystems unternommen, die sich im deutlichen Anstieg des prozentualen Anteils der Sozialschutzausgaben am BIP widerspiegeln. Die Armutsquote lag 2001 mit 20 % über dem EU-15-Durchschnitt von 15 %, wenngleich sich in jüngster Zeit eine leichte Besserung abzeichnet. Es wird damit gerechnet, dass das hohe Wirtschaftswachstum der letzten Jahre, verbunden mit steigenden Aufwendungen für die soziale Sicherheit und der Schaffung weiterer Arbeitsplätze, zum Entstehen eines Umfeldes beitragen wird, das günstigere Voraussetzungen für die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung durch geeignete politische Maßnahmen bietet.

Fortschritte im Zeitraum 2001-2003: Die Maßnahmen des NAP (Eingliederung) 2001-2003 werden derzeit umgesetzt und teilweise aus dem ESF finanziert. Inwieweit sie erfolgreich sind, bleibt abzuwarten, allerdings gibt es Anzeichen, dass ihre Effektivität zunimmt. Fortschritte sind bei den Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit sozial schwacher Bevölkerungsgruppen zu verzeichnen, und durch die Erweiterung des Angebots an sozialen Diensten für betreuungsbedürftige Haushaltsmitglieder soll die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben erleichtert werden. Die Politik der finanziellen Unterstützung wurde mit dem Ziel ausgeweitet, weitere von Armut bedrohte Bevölkerungsgruppen zu erfassen. Außerdem wurden verschiedene Gesetzesreformen vorgenommen und im September 2003 wurde eine Konvergenzcharta verabschiedet - Maßnahmen, durch die diese Bemühungen weiter verstärkt werden sollen.

Strategischer Ansatz: Der neue NAP (Eingliederung) ist fester Bestandteil der griechischen EU-Konvergenzstrategie, der Sozialschutz wird dabei als ein Baustein im Zuge der Gesamtentwicklung gesehen. Der strategische Ansatz beruht auf: a) allgemeinen politischen Maßnahmen, insbesondere im Bereich des Wirtschaftswachstums und der Strukturänderung, damit die Sozialausgaben im gleichen Tempo wie bisher gesteigert werden können, und b) spezifischen politischen Maßnahmen zur Bewältigung der Probleme der Armut und der sozialen Ausgrenzung. Vier strategische Bereiche werden vorgeschlagen, in denen gezielte politische Maßnahmen getroffen werden sollen: a) der ländliche Raum, b) ältere Menschen, c) die Förderung der Teilnahme am Erwerbsleben, d) die Qualität des Verwaltungsmanagements. Das wichtigste sozialpolitische Ziel ist die deutliche Verringerung der Zahl der Menschen, die von Armut bedroht sind. Zu diesem Zweck werden zehn nationale Ziele festgelegt, die bis 2010 erreicht werden sollen.

Wichtige politische Maßnahmen: Die politischen Ansätze und Maßnahmen des NAP (Eingliederung) spiegeln die Anstrengungen wider, die zur Stärkung und Erweiterung des Sozialschutzsystems unternommen werden. Die Schwerpunktsetzung auf die Notwendigkeit eines besseren Verwaltungsmanagements wird mit Blick auf die Sozialpolitik begrüßt. Die bestehenden Maßnahmen erfordern bessere Mechanismen in den Bereichen Koordination, Überwachung und Umsetzung, insbesondere auf lokaler Ebene. Die Initiative zur Errichtung eines Netzes von Sozialdiensten auf lokaler Ebene wird mit dazu beitragen, Koordination und Synergie zwischen Programmen verschiedener Institutionen zu verbessern. Die neu eingesetzte ,Nationale Sozialschutzkommission" wird im NAP (Eingliederung) als das Instrument für die Mobilisierung aller Beteiligten genannt. Ihre Leistungen müssen genau verfolgt werden.

Künftige Herausforderungen: Die Mobilisierung aller maßgeblichen Beteiligten bleibt weiterhin eine wichtige Aufgabe. Die sozioökonomische Integration der Immigranten stellt ebenfalls eine Herausforderung dar, zu deren Bewältigung mehrdimensionale politische Konzepte und anhaltende Maßnahmen notwendig sind. Auch Initiativen in den Bereich digitale Kompetenzen und lebenslanges Lernen kommt große Bedeutung zu. Außerdem muss die dauerhafte Anwendung eines ,Gender Mainstreaming"-Ansatzes und die Erweiterung des Zugangs zu allen Bereichen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens für die unterschiedlichen Gruppen von Menschen mit Behinderungen gestärkt werden.

1. Situation und wichtige Tendenzen

Seit 1996 ist in Griechenland ein starker Produktionszuwachs zu verzeichnen, der auf eine kontinuierliche Verbesserung der makroökonomischen Bedingungen zurückzuführen ist. Im Jahr 2000 wuchs das reale BIP um 4,2 %, und auch in den Jahren 2001 und 2002 wurde ein ähnlich hohes Wachstum (4,1 % bzw. 4,2 %) erreicht. Auch für 2003 bestehen gute Aussichten. Diese Wachstumsraten liegen beträchtlich über dem jeweiligen Durchschnitt in der Europäischen Union (3,5 % im Jahr 2000, 1,6 % im Jahr 2001 und 1 % im Jahr 2002). Den nationalen Daten zufolge verbesserte sich das Gesamtbeschäftigungswachstum 2002 (Q2) um 0,76 % und 2003 (Q2) um 1,38 %. Allerdings verzeichnet Griechenland laut Eurostat-Daten für 2002 im dritten Jahr in Folge eine negative Beschäftigungsentwicklung. Die Gesamterwerbsquote ist steigend und trägt damit dazu bei, den Abstand zum EU-Durchschnitt etwas zu verringern. Die relativen Unterschiede bei den Erwerbsquoten verringern sich allerdings, wenn man Vollzeitäquivalente zugrunde legt, was dem geringeren Umfang der Teilzeitbeschäftigung in Griechenland Rechnung trägt.

Die Arbeitslosenquote geht seit dem Jahr 2000 zurück und dürfte noch weiter sinken. Dennoch liegt sie weiterhin deutlich über dem EU-Durchschnitt (9,6 % gegenüber 7,6 % im Jahr 2002). Sie konzentriert sich weiterhin hauptsächlich auf Jugendliche und Frauen und ist damit Ausdruck einer Vielzahl von institutionellen Inkompetenzen und strukturellen Ungleichgewichten. Die Langzeitarbeitslosenquote und die Arbeitslosenquote bei Jugendlichen sind rückläufig, liegen aber noch immer über dem EU-Durchschnitt. Eine leichte Besserung zeichnet sich auch bei der Arbeitslosenquote der Frauen ab.

Griechenland hat seit 1996 erhebliche Anstrengungen unternommen, um sein Sozialschutzsystem sowohl quantitativ als auch qualitativ zu erweitern und zu verbessern. Dies spiegelt sich unter anderem im deutlichen Anstieg des prozentualen Anteils der Sozialschutzausgaben am BIP wider: 1990 wurden 22,9 % (gegenüber 25,5 % im EU-Durchschnitt) des BIP für den Sozialschutz ausgegeben, im Jahr 2000 waren es bereits 26,4 % (gegenüber 27,3 % im EU-Durchschnitt). Diese Entwicklung zeigt, dass eine Annäherung an den EU-Durchschnitt stattfindet. Die Armutsquote ist in Griechenland weiterhin hoch (20 % gegenüber 15 % im EU-Durchschnitt für das Jahr 2001), obgleich in den letzten Jahren ein Rückgang zu verzeichnen ist. Berücksichtigt man die unterstellte Miete, so wäre das Armutsrisiko vermutlich geringer. Zur Verstärkung dieses Abwärtstrends wäre eine Zunahme der Erwerbsbeteiligung erforderlich.

Die ECHP-Daten für 2001 belegen eine deutliche Auswirkung von Renten und sonstigen Sozialtransferleistungen auf die Verringerung der Armutsgefährdung (19 Prozentpunkte), die sogar noch zunimmt - ohne diese Transferleistungen läge das Armutsrisiko bei 39 %. Die Auswirkung der Transferleistungen liegt damit aber immer noch unter dem EU-Durchschnitt (24 Prozentpunkte). Die Auswirkung der Sozialtransferleistungen ohne Rentenzahlungen betrug in Griechenland nur 3 Prozentpunkte, im EU-Durchschnitt dagegen 9 Prozentpunkte. Unabhängig hiervon erfahren auch die Bevölkerungsgruppen, die den Schwellenwert von 60 % nicht erreichen, durch die Transfers eine beträchtliche Einkommensaufbesserung. In Griechenland wurde kein allgemeines garantiertes Mindesteinkommen für die gesamte Bevölkerung festgelegt, doch existieren verschiedene Einkommensbeihilfen für bestimmte Bevölkerungsgruppen mit höherem Armutsrisiko (vor allem alte Menschen, Arbeitslose und Menschen mit Behinderungen). In den letzten Jahren wurde der Erfassungsbereich dieser Systeme aufgestockt und der Kreis der Anspruchsberechtigten erweitert.

2. Bewertung der Fortschritte gegenüber dem NAP (Eingliederung) 2001

Der Schwerpunkt der beschäftigungspolitischen Maßnahmen für sozial Schwache hat sich in den letzten Jahren deutlich zugunsten aktiver Maßnahmen verlagert. Weitgehend unter dem Einfluss der Europäischen Beschäftigungsstrategie konzentrieren sich die Maßnahmen nun zunehmend auf die Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit statt auf die Verbesserung von Einkommensbeihilfen und andere herkömmliche passive Maßnahmen. Darüber hinaus bemüht sich Griechenland um die Einführung eines präventiven und auf den Einzelnen bezogenen Ansatzes. Bei der Erweiterung des Angebots an sozialen Diensten (Tagesstätten, Kinderbetreuungseinrichtungen, häusliche Hilfsdienste usw.) für Haushaltsmitglieder, die auf Betreuung angewiesen sind (ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und Kinder), wurden ebenfalls Fortschritte erreicht, die unter anderem eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen sollen. Durch die Kofinanzierung verschiedener Maßnahmen durch die EU werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass nach Auslaufen der Kofinanzierung Aktionen in den Zuständigkeitsbereich der lokalen Gebietskörperschaften verlagert werden können, wobei diese dann die für die Fortführung der Aktivitäten erforderliche Finanzierung sicherstellen müssen.

Derzeit werden grundlegende Änderungen in der Sozialpolitik und anderen angrenzenden Bereichen vorgenommen, vor allem über gesetzgeberische Reformen und Regelungen, die in den letzten Jahren verabschiedet wurden. Diese Änderungen scheinen in die richtige Richtung zu gehen und können, sobald sie vollständig umgesetzt worden sind, zweifellos zu einer besseren Förderung der sozialen Eingliederung beitragen, insbesondere zur sozioökonomischen Integration sozial schwacher Bevölkerungsgruppen der griechischen Gesellschaft.

Durch eine Politik der Geldleistungen für bestimmte Anspruchsgruppen, bei der die besonderen Erfordernisse dieser Gruppen berücksichtigt werden, und durch die Nutzung kategorisierter nicht wirtschaftlicher Informationen, durch die die Gefahr einer ,Verwässerung" weitgehend ausgeschlossen werden soll, soll ein ,Sicherheitsnetz" geschaffen werden. Ein allgemeines Sicherheitsnetz wird in der gegenwärtigen Situation für nicht praktikabel und kontraproduktiv erachtet, was vor allem damit begründet wird, dass die genaue Zahl der Anspruchsberechtigten nicht sicher festgestellt werden kann. Der NAP (Eingliederung) 2001 enthielt drei neue Initiativen für Einkommensbeihilfen. Nach einer Anfangsphase mit einer begrenzten Zahl von Beziehern wurden die Programme jetzt ausgeweitet.

Statistische Daten über die Fortschritte bei der Realisierung der vier Ziele von Nizza sind naturgemäß zum geforderten Zeitpunkt schwer zu beschaffen. Das Fehlen eines Berichts mit detaillierten Angaben über die Durchführung der Maßnahmen des ersten NAP mit den zugehörigen Daten und Indikatoren macht eine genaue Bewertung der Durchführung schwierig. Das im ersten NAP vorgesehene Überwachungssystem nimmt allmählich Gestalt an. Zwischenzeitlich werden Maßnahmen des NAP umgesetzt, teilweise mit Finanzmitteln des ESF.

3. Strategischer Ansatz: Vorrangige Ziele und zentrale Zielvorgaben

Der neue NAP (Eingliederung) ist Teil griechischen Konvergenzstrategie zur Annäherung an den EU-Durchschnitt. Er spiegelt die Bedeutung wider, die der Erhaltung des sozialen Zusammenhalts beigemessen wird und hebt die Entwicklungsfunktion der Sozialpolitik in der Lissabonner-Gesamtstrategie hervor. Der strategische Ansatz beruht auf: a) allgemeinen politischen Maßnahmen, insbesondere im Bereich des Wirtschaftswachstums und der Strukturänderung, um ein kontinuierliches Wachstum sicherzustellen, das die Grundlage für eine allmähliche Steigerung der Sozialausgaben bildet; und b) spezifischen politischen Maßnahmen zur Bewältigung bestehender und neuer Probleme der Armut und der sozialen Ausgrenzung.

Innerhalb dieses Rahmens werden vier untereinander zusammenhängende strategische Bereiche vorgeschlagen, in denen gezielte politische Maßnahmen getroffen werden sollen. Diese Bereiche sind: a) der ländliche Raum: Beseitigung der Unterschiede im Hinblick auf die wirtschaftlichen Möglichkeiten und die Lebensqualität der städtischen und ländlichen Bevölkerung im Kontext der integrierten Entwicklung des ländlichen Raums; b) ältere Menschen: Sicherung der Einkommensbeihilfen für Bezieher niedriger Renten und Förderung des Zugangs zu allen sozialen Diensten; c) Förderung der Teilnahme am Erwerbsleben: fünf Bevölkerungsgruppen (Frauen, ältere Arbeitnehmer, Jugendliche, Menschen mit Behinderungen und Immigranten) sollen gezielt gefördert werden, wobei die vorrangigen Ziele darin bestehen, Arbeit lohnender zu machen und Schwarzarbeit in reguläre Beschäftigungsverhältnisse umzuwandeln; d) Qualität des Verwaltungsmanagements: Dieser Punkt umfasst vier Prioritäten: strategische Maßnahmen, den strukturierten Dialog mit der Zivilgesellschaft, die Dezentralisierung von Maßnahmen sowie Spektrum und Qualität des Dienstleistungsangebots.

Ein besonderes Merkmal dieser Strategie ist, dass die Notwendigkeit des Verwaltungsmanagements anstelle einer reaktiven Verwaltung hervorgehoben wird. Dies sollte in folgenden Bereichen zum Tragen kommen: bei der Koordinierung zwischen den Politikbereichen, der Vereinbarkeit der Ziele der unterschiedlichen Bereiche, einem breiten sozialen Konsens und gemeinsamen Anstrengungen zur Erreichung dieser Ziele und schließlich bei der Aufgabe engstirniger persönlicher und sektoraler Interessen.

Das wichtigste sozialpolitische Ziel ist es, die Zahl der Menschen, die in Armut leben, deutlich zu verringern. Zu diesem Zweck werden zehn quantifizierte nationale Ziele in Bereichen vorgeschlagen, die für die soziale Eingliederung von entscheidender Bedeutung sind. Vier dieser Zielvorgaben beziehen sich auf die Verbesserung der Situation bestimmter Bevölkerungsgruppen mit hoher Armutsgefährdung, während die übrigen Zielvorgaben sechs andere vorrangige Bereiche betreffen. Diese Zielvorgaben sollen allerdings - wie die übrigen Ziele von Lissabon - erst bis 2010 erreicht werden, und nicht im Bezugszeitraum des NAP (Eingliederung) 2003-2005. Mit Blick auf das Erreichen der Zielvorgaben für den sozialen Bereich ist allerdings unabdingbar, dass insbesondere die Beschäftigungsziele realisiert werden.

4. Die wichtigsten politischen Ansätze: Stärken und Schwächen

Der neue NAP (Eingliederung) umfasst ein breites Spektrum an Maßnahmen, wie Geldleistungen, Beschäftigungsförderungs- und Weiterbildungsprogramme, Programme im Bereich der sozialen Unterstützung, integrierte Maßnahmen, institutionelle Regelungen usw. Diese Maßnahmen zeigen, dass die Anstrengungen fortgesetzt werden und die Verpflichtung besteht, das Sozialschutzsystem weiter zu stärken, um die bereits vorhandenen und neu auftretenden Probleme und Anforderungen im Bereich der Armut und sozialen Ausgrenzung bewältigen zu können. Auf strategischer Ebene ist die soziale Eingliederung in den gesamten Konvergenzprozess integriert, der in der im September 2003 angenommenen Konvergenzcharta festgelegt wurde, während ein Paket von neuen Interventionen im sozialen Bereich die Maßnahmen des NAP (Eingliederung) ergänzt. Besonders betont wird die Notwendigkeit eines besseren Verwaltungsmanagements, das in Griechenland in Bereichen, die die Sozialpolitik betreffen, besonders wichtig ist. Die bestehenden Maßnahmen, die zum Teil erweitert und verstärkt werden, erfordern vor allem auf der lokalen Ebene bessere Mechanismen für Koordinierung, Überwachung und Durchführung, die aber erst noch entwickelt werden müssen. Die Initiativen zur Errichtung eines Netzes von Sozialdiensten auf lokaler Ebene wird mit zu einer Verbesserung von Koordination und Synergie zwischen Programmen beitragen, die von verschiedenen Institutionen durchgeführt werden. Die neu eingesetzte ,Nationale Sozialschutzkommission" wird im NAP (Eingliederung) als das Instrument für die Mobilisierung aller Beteiligten und die Förderung eines strukturierten Dialogs mit der Zivilgesellschaft sowie die wechselseitige Übernahme von Verantwortlichkeiten unter den beteiligten Institutionen genannt. Die Leistungen dieser wichtigen Kommission müssen genau verfolgt werden.

5. Gleichstellung von Frauen und Männern

Seit einigen Jahren werden bei den meisten Beschäftigungs- und Weiterbildungsprogrammen vermehrt bestimmte Prioritätskriterien für die Teilnahme von Frauen angewandt. Dadurch konnte der Frauenanteil gesteigert werden. In den letzten Jahren wurden verstärkt Investitionsprojekte gefördert, bei denen finanzielle Mittel zur Unterstützung bei der Gründung und/oder Modernisierung bestehender Unternehmen ausschließlich Frauen vorbehalten waren. Diese Förderung soll fortgesetzt werden. Darüber hinaus wurde die Zahl der begleitenden sozialen Dienste erhöht, die Frauen die Vereinbarkeit von Familie und Berufstätigkeit erleichtern sollen. Die Effektivität der politischen Maßnahmen könnte durch eine bessere Koordinierung der einzelnen Initiativen deutlich verbessert werden. Insbesondere müssen Maßnahmen, mit denen das Angebot an und die Nachfrage nach weiblichen Arbeitskräften erhöht werden soll, besser koordiniert werden, um Synergien optimal zu nutzen.

6. Aktuelle Fragen und künftige Herausforderungen

Das vor kurzem eingeführte Gesetz über den ,Sozialen Dialog zur Förderung von Beschäftigung und Sozialschutz" stellt eine begrüßenswerte Initiative dar. Trotzdem bleibt die Mobilisierung aller relevanten Akteure, mit dem Ziel, sie stärker einzubeziehen und die Koordinierung von Maßnahmen durch einen strukturierten Dialog und wechselseitige Übernahme von Verantwortlichkeiten sicherzustellen, weiterhin eine Herausforderung. Hier ist richtiges Handeln der Kommissionen für Beschäftigung und Sozialschutz bei der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung von entscheidender Bedeutung. Eine weitere Herausforderung für die Zukunft, die mehrdimensionale Strategien und integrierte Maßnahmen erfordert, ist die sozioökonomische Integration von Immigranten. Die Umsetzung des Aktionsplans für die Integration von Immigranten und die Arbeit des Instituts für Immigrationspolitik (IMEPO) bilden wichtige Schritte für die Bewältigung dieser Herausforderungen. Von entscheidender Bedeutung sind auch die Initiativen auf den Gebieten digitale Kompetenzen und lebenslanges Lernen, die auf bestehende und erwartete Beschäftigungserfordernisse sozial schwacher Bevölkerungsgruppen eingehen und die helfen, das Entstehen von Problemen zu verhindern. Die im NAP (Eingliederung) vorgenommene Schwerpunktsetzung darauf, einen ,Gender Mainstreaming"-Ansatz sicherzustellen und den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu allen Bereichen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens zu verbessern, muss über den gesamten Zeitraum des Aktionsplans tatkräftig verfolgt werden. Nicht zuletzt erfordern die Strukturanpassungsmaßnahmen, mit denen sich die landwirtschaftlich geprägten ländlichen Gebiete allen Erwartungen zufolge auseinander setzen müssen, die durchgängige Anwendung eines ganzheitlichen politischen Ansatzes bei der Entwicklung des ländlichen Raums.

SPANIEN

Situation und wichtige Tendenzen: In den vergangenen zwei Jahren lag das jährliche BIP-Wachstum in Spanien bei über 2 % und damit über dem EU-Durchschnitt. Die wirtschaftliche Lage und die aktive Beschäftigungspolitik haben zu einem Rückgang der Langzeitarbeitslosenquote und der Extrem-Langzeitarbeitslosenquote geführt. Die Lage der Frauen auf dem Arbeitsmarkt ist trotz einer Annäherung an den EU-Durchschnitt in fast allen Altersgruppen und Bildungsstufen nach wie vor durch eine sehr viel höhere Arbeitslosenquote als bei Männern gekennzeichnet. Der Anteil der befristeten Arbeitsverhältnisse (30,2 %) ist weiterhin hoch. Bei den beschäftigungsbezogenen Indikatoren ist in Spanien eine deutliche Annäherung an den EU-Durchschnitt zu erkennen. Bei einigen Indikatoren sind die Fortschritte jedoch weiterhin unzureichend.

Fortschritte im Zeitraum 2001-2003: Die Ausweitung der Strategie zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung auf die regionalen Verwaltungen und lokalen Gebietskörperschaften verläuft sehr positiv. Mit der Einführung neuer Rechtsvorschriften (die als Maßnahmen im ersten NAP enthalten waren) wurde der Grundstein für die Entwicklung der nun vorhandenen konkreteren Maßnahmen gelegt. In der Zusammenarbeit zwischen den Sozialämtern und den Arbeitsverwaltungen sind einige Verbesserungen bei der Bereitstellung von Leistungen für sozial Schwache und im Bereich der Gesundheitspolitik zu erkennen. Weniger erfolgreich waren dagegen die Maßnahmen in anderen wichtigen Bereichen, wie etwa bei der Bekämpfung der hohen Schulabbrecherquoten.

Strategischer Ansatz: Im Plan wird ein breites Spektrum von Maßnahmen beschrieben, wobei unklar ist, wie diese Maßnahmen miteinander verknüpft werden sollen. Eine der strategischen Schwachstellen des ersten NAP (Eingliederung), das Fehlen von Zielvorgaben, ist weiterhin ein Problem, insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Wohnung und Bildung. Der Ansatz zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung konzentriert sich auf spezifische sozial schwache Bevölkerungsgruppen. Die Beschäftigung ist auch zukünftig das wichtigste Instrument zur Verwirklichung der Eingliederung. Darüber hinaus sollen jedoch besondere Anstrengungen unternommen werden, um gefährdeten oder von Armut betroffenen Gruppen den Zugang zu Gesundheit, Bildung und Wohnung zu garantieren. Erwähnenswert ist das Ziel, den Anteil der Bevölkerung mit einem Einkommen von weniger als 60 % des Medianeinkommens um 2 % zu verringern.

Wichtige politische Maßnahmen: Die Senkung der Einkommensteuer für Bezieher geringer Einkommen, die Erhöhung der Renten und Anreize für Arbeitgeber sollen dem spanischen NAP zufolge den Trend zu einer Steigerung des Einkommensniveaus stabilisieren. Maßnahmen zur Unterstützung von Familien, zur Beseitigung regionaler Ungleichgewichte und zum Abbau von Hindernissen für den Zugang zu IKT werden eingesetzt, um die Ausgrenzung zu verhindern. Auf der Grundlage des ersten Gemeinsamen Berichts über die soziale Eingliederung wurden Maßnahmen (die auch im NAP für Beschäftigung enthalten sind) zur Beseitigung der Hindernisse aufgenommen, die einer Beteiligung von Frauen aus sozial schwachen Bevölkerungsgruppen und mit niedrigem Bildungsniveau am Arbeitsmarkt entgegenstehen. Darüber hinaus sollen Opfer von häuslicher Gewalt finanzielle Unterstützung erhalten.

Künftige Herausforderungen: Die Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Verwaltungsebenen muss noch verbessert werden, und die Überwachung der Fortschritte auf lokaler und regionaler Ebene ist eine Herausforderung. Für einige der zentralen Bereiche (wie die Krankenversicherung) wurde das Fundament gelegt. Nun müssen Mechanismen für den Informationsaustausch geschaffen und umgesetzt werden. Angesichts der Bedeutung der Beschäftigung als Instrument zur sozialen Eingliederung ist die stärkere Beteiligung der Sozialpartner erforderlich. Durch die steigende Zahl der Immigranten könnte sich der Druck auf verschiedene Sozialdienste und Sozialleistungssysteme noch zusätzlich erhöhen, wenn dies bei der Haushaltsplanung nicht berücksichtigt wird.

1. Situation und wichtige Tendenzen

In den vergangenen zwei Jahren lag das jährliche BIP-Wachstum in Spanien bei über 2 % und damit über dem EU-Durchschnitt. Die bemerkenswerteste Entwicklung in der spanischen Wirtschaft war in den letzten acht Jahren der kontinuierliche Rückgang der Arbeitslosenquote von 18,8 % im Jahr 1995 auf 11,3 % im Jahr 2002 (harmonisierte AKE). Obwohl Spanien unverändert zu den Ländern mit der höchsten Arbeitslosenquote in der EU gehört (vor allem aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen und Frauen), ist eine deutliche Annäherung erkennbar.

Durch diese positiven Beschäftigungstendenzen und die schrittweise Erhöhung der Renten konnte in einigen Bereichen der Abstand zur EU verringert werden. Die meisten einkommensabhängigen Indikatoren zeigen eine Annäherung, auch wenn Spanien weiterhin eines der EU-Länder ist, in denen der Anteil der armen Bevölkerung mit einem Einkommen von weniger als 60 % des Medianeinkommens am höchsten ist. Laut ECHP-Daten für 2001 liegt das Armutsrisiko in Spanien bei 19 %.

Wie der Gini-Koeffizient zeigt, haben sich die Werte für Spanien zwar gebessert, doch bleibt der Abstand zum EU-Durchschnitt unverändert (32 % im Jahr 2000 in Spanien gegenüber 29 % in der EU). Noch wichtiger ist, dass die Wirkung der sozialen Transferleistungen in Spanien geringer ist, wie die Zahlen vor und nach Transferleistungen belegen.

Nach dem letzten ,Gemeinsamen Bericht über die soziale Eingliederung" gehört Spanien zu den Ländern, die den geringsten Anteil ihres BIP für den Sozialschutz aufwenden: Im Jahr 2000 lagen die Sozialschutzausgaben in Spanien bei 20 % des BIP (EU-15 bei 27,1 %). 91 % der für den Sozialschutz zur Verfügung stehenden Mittel (in der EU 83 %) werden für Altersrenten, Gesundheitsfürsorge, für Menschen mit Behinderungen und für die Arbeitslosenunterstützung aufgewendet und nur 9 % können für andere Bereiche eingesetzt werden.

Bei den Indikatoren für die Arbeitslosigkeit ergibt sich im Hinblick auf die erreichten Fortschritte ein uneinheitliches Bild. Beispielsweise gehört Spanien, trotz einer leichten Besserung seit 1995, weiterhin zu den Ländern mit dem höchsten Anteil an Schulabbrechern. In der Gruppe der sozial schwachen Bevölkerung ist der Anteil der Immigranten stark gestiegen.

2. Bewertung der Fortschritte gegenüber dem NAP (Eingliederung) 2001

Die wirtschaftliche Lage und Fortschritte bei aktiven beschäftigungspolitischen Maßnahmen haben zu einem Rückgang der Langzeitarbeitslosenquote und der Extrem-Langzeitarbeitslosenquote geführt, auch wenn der hohe Anteil der befristeten Arbeitsverhältnisse (30,2 %) weiterhin ein Problem darstellt. Die großen regionalen Ungleichgewichte bestehen trotz einer leichten Verbesserung der Situation weiter.

Von den Regionalverwaltungen wurden die Leistungen zur Absicherung eines garantierten Mindesteinkommens ausgeweitet und alle autonomen Regionen verfügen nun über ihre eigenen Regelungen. Diese Leistungen werden verstärkt mit Maßnahmen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt gekoppelt. Bei der jüngsten Reform des Rentensystems wurden die Bevölkerungsgruppen mit den niedrigsten Einkommen ebenfalls besonders berücksichtigt.

2002 wurde ein Gesetz über die Qualität der Bildung verabschiedet, zu dessen wichtigsten Zielen es gehört, die Zahl der Schulabbrecher zu verringern und das Problem des Schulversagens anzugehen.

Im Bereich des Wohnungswesens wurden unter anderem Maßnahmen getroffen, um den Zugang zu Mietwohnungen und die finanzielle Unterstützung beim Erwerb von Wohneigentum zu verbessern. Die bisher erreichten Fortschritte sind jedoch gering, und durch den kontinuierlichen Anstieg der Wohnraumpreise hat sich die Situation verschlechtert.

Der bedeutendste Fortschritt im Gesundheitsbereich ist die Anerkennung von Gesundheitssozialleistungen im nationalen Gesundheitssystem. Dies ist ein positiver Schritt, der zu einer Verbesserung des Gesundheitswesens beitragen wird und vor allem den sozial Schwachen zugute kommen dürfte. Dies wird jedoch davon abhängen, in welchem Umfang die Umsetzung durchgeführt wird. Der wirksame Zugang für sozial schwache Bevölkerungsgruppen und ein besserer Zugang zu fachärztlichen Leistungen (Abbau der Wartelisten) sind weiterhin wichtige Anliegen.

Beachtliche Fortschritte wurden bei der Ausweitung der Strategie zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung auf die regionalen Verwaltungen und lokalen Gebietskörperschaften erreicht. Bislang wurden 13 Regionalpläne angenommen, vier weitere Pläne stehen kurz vor der Verabschiedung, und auch einige Städte haben eigene Pläne vorgelegt oder wollen ihre eigenen Pläne umsetzen.

Das Angebot an IKT-Programmen für besonders benachteiligte Bevölkerungsgruppen konnte ebenso verbessert werden wie der Einsatz der IKT im Bildungssystem.

Für Menschen mit Behinderungen wurden verschiedene Pläne in den Bereichen Bildung, Beschäftigung und Zugänglichkeit vorgelegt, die gemeinsam mit Behindertenorganisationen erarbeitet wurden.

Was die Mobilisierung aller Akteure betrifft, wurden wichtige Fortschritte bei der Einbeziehung der Regionalverwaltungen und lokalen Gebietskörperschaften sowie einer aktiveren Beteiligung der NRO und der Leistungsempfänger erreicht. Eine stärkere Beteiligung der Sozialpartner wäre jedoch wünschenswert.

Die Rolle des ESF bei der Unterstützung der Ziele der sozialen Eingliederung wird im NAP in einem aufschlussreichen und anschaulichen Anhang zum Hauptbericht gut dargestellt. Die Umsetzung der aus ESF-Mitteln unterstützten Aktivitäten wird einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung in Spanien leisten.

3. Strategischer Ansatz: Vorrangige Ziele und zentrale Zielvorgaben

Eine der strategischen Schwachstellen des ersten NAP (Eingliederung), das Fehlen von Zielvorgaben, stellt auch im vorliegenden neuen Plan ein Problem dar, insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Wohnung und Bildung. Die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Familie, wirksamere Maßnahmen gegen häusliche Gewalt und zur Förderung des IKT-Zugangs für sozial schwache Bevölkerungsgruppen gehören zu den Hauptzielen des Plans.

Die Mobilisierung der Akteure sollte fortgesetzt werden, um die Wirksamkeit der Eingliederungspolitik zu erhöhen. Zwei der zehn Hauptziele des neuen NAP (Eingliederung) beziehen sich speziell auf diesen Bereich und sehen die Einrichtung von Diskussionsforen mit den NRO und den Austausch von Informationen und bewährten Praktiken vor. Die Beteiligung der regionalen und lokalen Verwaltungen ist ebenso wie im NAP 2001 Teil des strategischen Ansatzes. Drei der zehn vorrangigen Ziele des NAP (Eingliederung) 2003-2005 beziehen sich auf diese Beteiligung, die durch Koordinierung, den Zusammenhalt zwischen den Regionen - mit Hilfe von Eingliederungsplänen auf regionaler und lokaler Ebene (bis 2005 sollen mindestens 50 % der Bevölkerung in diesen Plänen erfasst werden) - und eine aktivere Einbeziehung der Regionalparlamente erreicht werden soll.

Erwähnenswert ist das Ziel, den Anteil der Bevölkerung mit einem Einkommen von weniger als 60 % des Medianeinkommens um 2 % zu verringern. Dieses Ziel könnte durch eine höhere Erwerbsbeteiligung und durch die kontinuierliche Anhebung der Renten sowie durch konkrete steuerliche Maßnahmen zur Senkung der Einkommensteuersätze für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen erreicht werden.

Wie im ersten NAP (Eingliederung) erläutert, sind die sozialpolitischen Maßnahmen in Spanien nach wie vor stark nach spezifischen Gruppen gegliedert. Dies ermöglicht einerseits die intensive Einbeziehung der Leistungsempfänger in die Planung und Umsetzung, erschwert aber anderseits die Berücksichtigung horizontaler Aspekte. Der Plan stellt jedoch ebenfalls eine Möglichkeit dar, diese Aspekte zu berücksichtigen und so einen integrierten und umfassenderen Ansatz zu erreichen.

Die Koordinierung der Nationalen Aktionspläne für soziale Eingliederung und Beschäftigung wird im neuen NAP (Eingliederung) nicht ausdrücklich als Teil der vorgesehenen Strategie erwähnt. Einige spezifische Maßnahmen des NAP für Beschäftigung sind jedoch als Ziele in den NAP (Eingliederung) aufgenommen worden, wie etwa die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Familie, die Verbesserung der Koordinierung von Sozialschutz, Beschäftigung und sozialer Eingliederung sowie die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge für Menschen, die von sozialer Ausgrenzung bedroht sind oder am Rande der Gesellschaft stehen.

4. Die wichtigsten politischen Ansätze: Stärken und Schwächen

Dieser neue Plan enthält 269 Maßnahmen (84 Maßnahmen mehr als der erste NAP), von denen sich die meisten auf die ersten drei gemeinsamen Ziele konzentrieren. Der größte Teil der Maßnahmen (die noch umgesetzt werden müssen oder bereits laufen) wurde aus dem ersten NAP übernommen. Mit weiteren Maßnahmen werden die Aktionen des ersten NAP weiterentwickelt, die zur Einführung neuer gesetzlicher Regelungen geführt haben und die Grundlage für die Erarbeitung konkreter Programme bilden. Die wichtigsten Instrumente für den Zugang zur Beschäftigung, die im NAP für Beschäftigung ebenfalls enthalten sind, sind Eingliederungspläne, Anreize für Arbeitgeber durch eine Absenkung der Sozialversicherungsbeiträge und die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen NRO und dezentralen öffentlichen Arbeitsverwaltungen.

Was den Zugang zu anderen Ressourcen anbelangt, können die im ersten Plan geschaffenen Grundlagen nun weiterentwickelt und umgesetzt werden. Dazu sollen unter anderem umfassende Studien über die Bedürfnisse und den Umfang der Bevölkerungsgruppen durchgeführt werden, die erreicht werden sollen. Eine Reihe neuer Maßnahmen mit dem Ziel, den Zugang zum Recht sicherzustellen, wurden vorgestellt. Außerdem sind verschiedene Maßnahmen zur Beseitigung von Faktoren vorgesehen, die den Zusammenhalt von Familien gefährden, zur Korrektur sozialer Probleme auf territorialer Ebene und zum Abbau spezifischer Hindernisse für den Zugang zu neuen Technologien.

Gegenüber dem ersten NAP (Eingliederung) sind in diesem zweiten Aktionsplan einige Maßnahmen erweitert und andere verbessert worden. Im zweiten NAP werden die Anstrengungen zur Mobilisierung und Koordinierung aller relevanten Akteure auf administrativer Ebene fortgesetzt. Die Sammlung aller notwendigen Informationen über die stark dezentralisierten Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung gehört ebenfalls zu den Prioritäten dieses neuen Plans.

5. Gleichstellung von Frauen und Männern

Die Situation von Frauen auf dem Arbeitsmarkt, ein Bereich, der bei den spanischen Zahlen besonders auffällt, ist verglichen mit der Situation der Männer weiterhin durch eine sehr hohe Arbeitslosenquote gekennzeichnet. Die verbesserte geschlechterspezifische Analyse im neuen Plan ermöglicht es, die Maßnahmen für bestimmte Zielgruppen daraufhin zu überprüfen, ob sie unterschiedliche Ergebnisse für Frauen und Männer erbracht haben. Ein integrierter Aktionsplan gegen häusliche Gewalt wurde vorgestellt, in dem die soziale Ausgrenzung anerkannt wird, die die Opfer häuslicher Gewalt häufig erfahren.

Der neue Aktionsplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern wurde ebenfalls in den Hauptteil des NAP (Eingliederung) integriert und soll zur Beseitigung der Hindernisse beitragen, die einer Erwerbsbeteiligung von Frauen aus sozial schwachen Bevölkerungsgruppen und mit geringem Bildungsniveau entgegenstehen. Eine neue Herausforderung könnte die Zunahme der von sozialer Ausgrenzung bedrohten allein Erziehenden (in der Mehrzahl Frauen) sein.

6. Aktuelle Fragen und künftige Herausforderungen

In vielen Bereichen konnte die Koordinierung und Zusammenarbeit der verschiedenen Verwaltungsebenen noch nicht verwirklicht werden, die erforderlich ist, um einen Mindeststandard für Maßnahmen im Bereich der Eingliederungspolitik sicherzustellen. Obgleich in einigen zentralen Bereichen (wie der Gesundheit) das Fundament bereits gelegt worden ist, müssen die Mechanismen für die Aufklärung und den direkten Zugang der Leistungsempfänger nun geschaffen und umgesetzt werden, um sicherzustellen, dass diejenigen, für die diese Dienste geschaffen wurden, auch davon profitieren können.

Angesichts der Bedeutung der Beschäftigung als Instrument zur sozialen Eingliederung ist die stärkere Beteiligung der Sozialpartner erforderlich.

Um der zunehmenden Alterung der spanischen Bevölkerung Rechnung zu tragen, wurden spezifische Maßnahmen zur Versorgung besonders benachteiligter älterer Bürger getroffen, doch der Pflegebedarf dieser Bevölkerungsgruppe gehört zu den größten Herausforderungen in naher Zukunft. Weitere Untersuchungen über die Gesundheitssituation von Menschen, die in Armut leben oder für die ein Armutsrisiko besteht, wären nützlich. Der stark gestiegene Anteil der Immigranten stellt ebenfalls eine große Herausforderung dar, da ihre Integration viele oder nahezu alle Bereiche des Plans betrifft. Dieser Anstieg könnte zum Beispiel dazu führen, dass verschiedene Sozialdienste und Sozialleistungssysteme zusätzlich unter Druck geraten, wenn dies bei der Haushaltsplanung nicht berücksichtigt wird.

FRANKREICH

Situation und wichtige Tendenzen: Nach einer mehrjährigen Phase anhaltenden Wirtschaftswachstums und sinkender Arbeitslosigkeit geht die seit Mitte 2001 eingetretene sehr niedrige Wachstumsrate einher mit einer geringeren Zahl neuer Arbeitsplätze und einem Anstieg der Arbeitslosigkeit, die mit 9,6 % im Juli 2003 ihren höchsten Stand seit drei Jahren erreichte. Vor diesem Hintergrund hat die ,administrative" Armut zugenommen, die Zahl der RMI-Bezieher (Bezieher der Mindesteinkommensbeihilfe für die Eingliederung in der Arbeitsmarkt) zeigt seit dem zweiten Halbjahr 2002 wieder steigende Tendenz. Die von Eurostat im Juni 2001 mit 15 % gemessene Armutsgefährdung entspricht dem europäischen Durchschnitt, wobei die französischen Statistiker (INSEE) für das Jahr 2000 allerdings auf eine niedrigere Quote von 12,7 % kommen.

Fortschritte im Zeitraum 2001-2003: Da die im Gesetz von 1998 vorgesehene Gesamtbewertung der Maßnahmen gegen soziale Ausgrenzung dem NAP (Eingliederung) nicht beigefügt ist, muss eine Analyse der Ergebnisse naturgemäß lückenhaft bleiben. Trotz der ermutigenden Ergebnisse verschiedener Beschäftigungsförderungsprogramme ist die Arbeitslosigkeit nach wie vor hoch. Im Wohnungsbereich haben sich die politischen Maßnahmen als für die Bedarfsdeckung unzureichend erwiesen. Während die politischen Maßnahmen, mit denen ein Auseinanderbrechen von Familien verhindert werden soll, verbesserungsfähig sind, sind in den Bereichen Gesundheit, Justiz und im weiter gefassten Sinne beim Rechtszugang deutliche Fortschritte zu verzeichnen.

Strategischer Ansatz: In dem Plan werden zwei Strategien zusammengeführt. Im Rahmen der ersten Strategie werden die seit 1998 eingeführten Maßnahmen fortgeführt, die Schwerpunktsetzung liegt hierbei auf dem Beschäftigungszugang und dem Rechtszugang. Bei der zweiten Strategie geht es um die Mobilisierung der Solidarität auf regionaler Ebene zur Erreichung dieser Zwecke im Wege der Dezentralisierung und über den privaten Sektor, der sich auf diesem Gebiet bislang relativ untätig gezeigt hat. Einen besonderen Schwerpunkt des NAP bilden Verfahren zur Mobilisierung der Beteiligten und zu einer besseren Überwachung der Maßnahmen. Der NAP verzichtet auf eine allgemeine übergeordnete Zielsetzung bei der Armutsbekämpfung und konzentriert sich stattdessen auf eine begrenzte Zahl realistischer konkreter Ziele für die wichtigsten Politikfelder des Plans (Beschäftigung, Wohnung, Bildung, Gesundheit). Große Sorgfalt wurde auf die Aufstellung von Indikatoren verwendet, die die Intensität der Maßnahmen in den verschiedenen Bereichen widerspiegeln.

Wichtige politische Maßnahmen: Die strategische Dimension des NAP (Eingliederung) verliert durch dessen mehrdimensionalen Charakter etwas an Kontur, da die nach den Zielen von Nizza nummerierten Maßnahmen die Mobilisierung eines umfangreichen Spektrums unterschiedlicher staatlicher Sektoren betreffen. Unter den neu aufgelegten Maßnahmen wecken die Dezentralisierung des RMI und der beruflichen Bildung, der Vorschlag für eine Arbeitslosenversicherung, der Privatkonkurs (,rétablissement personnel") und das Fünfjahresprogramm zur Stadtsanierung hohe Erwartungen. Das vom NAP erfasste Personenspektrum wurde gegenüber dem vorherigen Plan auf behinderte Menschen und Ausländer erweitert. In Bezug auf das ,Gender Mainstreaming" bleibt zwar noch viel zu tun, doch sind spezielle Maßnahmen zur Unterstützung von Frauen im neuen NAP besser gekennzeichnet.

Künftige Herausforderungen: Die größten Herausforderungen bestehen weiterhin in der Verbesserung des Arbeitsmarktzugangs, dem Abbau der Beschäftigungsunsicherheit und der Verbesserung der Situation am Wohnungsmarkt, hinzu kommen die Beseitigung regionaler Disparitäten und - im Hinblick auf spezifische Bevölkerungsgruppen - die Schaffung besserer Unterstützungsmöglichkeiten für Asylbewerber. Auf das Problem des effektiven Rechtszugangs oder auch der Schaffung neuer Rechte wird nur partiell eingegangen. Die soziale Eingliederung von Menschen ausländischer Herkunft und der Eintritt armer Bevölkerungsschichten in das Rentenalter sind weitere zentrale Fragen, mit denen man sich zukünftig auseinander setzen muss. Das mit Spannung erwartete ,koordinierte Projekt für eine ministerienübergreifende Politikgestaltung" (PCPI) dürfte zu einer klareren Sicht der finanziellen Aspekte verhelfen. Darüber hinaus würde es dem im NAP zugesagten bestimmten Eintreten für Integration, Überwachung und Bewertung von politischen Maßnahmen Rechnung tragen, zumal sich die Zusagen hinsichtlich Überwachung und Bewertung auch auf dezentralisierte politische Maßnahmen beziehen. In diesem Zusammenhang müssen die quantifizierten Zielvorgaben detaillierter dargestellt werden.

1. Situation und wichtige Tendenzen

Nach einer Phase anhaltenden Wachstums von Mitte 1997 bis 2000 hat sich das Wachstum der französischen Wirtschaft seit Mitte 2001 deutlich verlangsamt (1,2 % im Jahr 2002, voraussichtlich 0,2 % im Jahr 2003, für 2004 werden 1,7 % vorhergesagt), neue Arbeitsplätze werden kaum geschaffen und die Arbeitslosigkeit hat zugenommen (8,8 % im Jahr 2002, 9,6 % im Juli 2003), wobei Jugendliche mit geringer Qualifikation besonders stark betroffen sind. Der allmähliche Rückgang der Zahl der über einen extrem langen Zeitraum (d. h. länger als drei Jahre) Arbeitslosen seit 1999 wird überdeckt durch den erneuten Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit (2,9 % im Jahr 2002), von der rund 700 000 Arbeitsuchende, vor allem über 50 Jahre, betroffen sind. Die Arbeitslosenquote der Frauen ist mit 10 % höher als die der Männer, und es bestehen weiterhin deutlich regionale Unterschiede, wobei der Schwankungskoeffizient den nationalen Zahlen für 2001 zufolge 8,8 % betrug. Die Arbeitsplatzunsicherheit nimmt zu, immer mehr Menschen melden sich nach dem Auslaufen von Zeitarbeitsverträgen oder befristeten Arbeitsverhältnissen arbeitslos. Die Erwerbsvita vieler junger Menschen besteht aus einer Aneinanderreihung kurzzeitiger Arbeitsverhältnisse, immer wieder unterbrochen durch Phasen der Arbeitslosigkeit - dies belegen die Zugangs- und Abgangsregister der französischen Arbeitsämter für die Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen.

Den Angaben von Eurostat zufolge lag die Quote für die Armutsgefährdung (Prozentsatz der Bevölkerung mit einem Einkommen von weniger als 60 % des nationalen Medianeinkommens) im Jahr 2001 bei 15 % (laut französischen Statistiken 12,7 %) und damit im europäischen Mittel, das Risiko dauernder Armut betrug 9 %. Ungeachtet des Konjunkturaufschwungs der Jahre 1997 bis 2001 gibt es keine Anzeichen für einen deutlichen Rückgang der Armut. Aus den nationalen Daten lässt sich ein leichter Rückgang der Quote der finanziellen Armut im Zeitraum zwischen 1996 und 2000 ablesen, lediglich die Zahl der Bezieher der Beihilfe zum Mindesteinkommen ging stärker zurück, zieht jedoch seit der zweiten Jahreshälfte 2002 wieder an.

Weiterhin sind dieselben Bevölkerungsgruppen in besonderem Maße von Armutsgefährdung und sozialer Ausgrenzung besonders betroffen: Arbeitslose, unterhalb der Armutsgrenze lebende Erwerbstätige (,Working Poor"), Kinder unter 18 Jahre, Jugendliche mit geringer Qualifikation, kinderreiche Familien, allein Erziehende, Frauen über 65 und - an spezifischen Bevölkerungsgruppen - Asylbewerber und Landfahrer, die allerdings erwiesenermaßen keine einheitliche Kategorie bilden. Die bereits im ersten NAP (Eingliederung) genannten Herausforderungen blieben weitgehend unverändert bestehen: die unsicheren Lebensverhältnisse weiter Teile der Bevölkerung, die Existenz marginalisierter Bevölkerungsgruppen, der Zugang zu Beschäftigung und die Verbesserung der Erwerbseinkommen, der wirksame Zugang zu zugesicherten Rechten und Disparitäten zwischen verschiedenen Gebieten, seien es nun heruntergekommene städtische Wohngebiete oder ländliche Gebiete.

2. Bewertung der Fortschritte gegenüber dem NAP (Eingliederung) 2001

Während die Aufstellung des NAP (Eingliederung) in eine Zeit des Wirtschaftswachstums fiel, erfolgte die Umsetzung in einem wirtschaftlich weniger günstigen Umfeld, konnte jedoch - trotz Schwächung der politischen Führung und einem Mehrheitswechsel 2002 - ohne größerer Diskontinuität realisiert werden. Der NAP ermöglichte die Einbindung und Erweiterung bereits seit 1998 laufender Maßnahmen wie des Programms TRACE, das junge Menschen bei der Arbeitsuche unterstützt, oder der regionalen Gesundheitsprogramme. Einige dieser Instrumente erbrachten zwar durchaus interessante Ergebnisse, doch blieb ihre Beschäftigungswirksamkeit aufgrund der Größenordnung des Problems und der verschlechterten Wirtschaftslage begrenzt. Am größten ist die Lücke zwischen dem Bedarf und den Ergebnissen allerdings im Wohnungsbereich. Das Instrumentarium zur Entschuldung der Haushalte ist ebenfalls verbesserungsfähig. Die Mechanismen der kollektiven Krankenversicherung und die regionalen Instrumente im Gesundheitsbereich zeigten hingegen beim Zugang zur Gesundheitsfürsorge gewisse Wirkung. Darüber hinaus konnten mit den NAP (Eingliederung) eine Reihe von Pilotversuchen in den Bereichen Kultur, Kinderbetreuung, Justiz und generell zum Rechtszugang realisiert werden. Im März 2003 wurde der nationale Plan zur verstärkten Bekämpfung von Existenzunsicherheit und Ausgrenzung auf der Grundlage eines effektiven Rechtszugangs und der Unterstützung für besonders von Ausgrenzung betroffene Menschen eingeführt, der die Priorität dieser Zielsetzung noch deutlicher macht.

Leider blieb die Außenwirkung des NAP (Eingliederung) 2001 gering. Zudem erwiesen sich die Integration der verschiedenen Komponenten, die direkte Mitwirkung der Betroffenen und die Weiterbildungsinitiativen für die Beteiligten in ihrer Wirkung als begrenzt. Was die Überwachung anbelangt, so wurden beträchtliche Anstrengungen zur Verwirklichung von Indikatoren unternommen. Die im Gesetz von 1998 vorgesehene Gesamtbewertung dürfte Ende 2003 vorliegen.

3. Strategischer Ansatz: Vorrangige Ziele und zentrale Zielvorgaben des NAP (Eingliederung) 2003

Ausgehend vom mehrdimensionalen Charakter des Phänomens der Ausgrenzung und der Dominanz des Faktors Beschäftigung stellt die vorgeschlagene Strategie eine direkte Fortführung der seit 1998 verfolgten Politik dar; sie untergliedert die vier Ziele von Nizza in ein breites Spektrum von Maßnahmen. Die neu gestaltete Rolle der lokalen Gebietskörperschaften mit dem Dezentralisierungsprojekt und die Schwerpunktsetzung auf den Marktsektor und dessen Rolle für die Beschäftigung sind die deutlichsten Veränderungen der Strategie. Innovativ ist der Plan mit der Breite seines Spektrums, weniger ausgeprägt ist der Detaillierungsgrad der Aktionen, von denen es sich bei vielen um Fortführungen bestehender Maßnahmen oder wieder aufgegriffene Praktiken handelt. Bereiche, die 2001 relativ unberücksichtigt geblieben waren, wie Behinderung, ausländische Bevölkerungsgruppe und Gleichstellungsfragen, sind Gegenstand neuer Entwicklungen. Der Brückenschlag zwischen der Strategie und den bestehenden Herausforderungen kann in einigen Fällen nur mit freiwilliger Initiative gelingen, auf die die Autoren des Plans freilich wenig Einfluss haben, so z. B. die Mobilisierung lokaler Gebietskörperschaften nach der Dezentralisierung oder der Appell an private Unternehmen.

Zu dem Plan wurde eine Vielzahl von Indikatoren aufgestellt. Eine positive Neuerung ist die Festsetzung genau quantifizierter Zielvorgaben, wenn deren Anzahl auch begrenzt ist. Die anhand ihrer Relevanz und ihrer Realitätsnähe ausgewählten Zielvorgaben decken die verschiedenen Politikfelder nur teilweise ab, das übergeordnete Ziel der Armutsverringerung wird nicht erfasst, in der Mehrzahl betreffen die Vorgaben die Einführung neuer Instrumentarien und weniger die erwartete Wirkung auf die Zielgruppen. Die Quantifizierung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel kann zwar derzeit noch nicht mit hinreichender Detailgenauigkeit erfolgen, stellt aber einen Schritt in die richtige Richtung dar. Allerdings kann sich das finanzielle Engagement des Staates und der Kommunen in Zeiten knapper Haushalte als stark eingeschränkt erweisen, so dass eine genaue Beobachtung erforderlich ist. Die vereinzelt angesprochenen Maßnahmen, die aus dem ESF kofinanziert werden sollen, sollten im Zusammenhang mit der Haushaltsmittelüberwachung genauer bestimmt werden.

Der NAP legt großen Wert auf eine integrierte Vorgehensweise in Verbindung mit den Maßnahmen zur Dezentralisierung mit neuen Formen von Beziehungen, Management und Bewertung der betroffenen politischen Maßnahmen. Diese Integration erfordert auch eine bessere Abstimmung unter den Ministerien (mit verschiedenen vorgesehenen umfangreichen Überwachungs- und Bewertungsmaßnahmen), eine Modernisierung der Verwaltung und eine verstärkte Sensibilisierung aller Akteure und der Allgemeinheit.

4. Die wichtigsten politischen Ansätze: Stärken und Schwächen

Die meisten der im NAP beschriebenen Maßnahmen betreffen das erste Ziel von Nizza, die Förderung der Teilnahme am Erwerbsleben, wobei die Politik der Verringerung der Beiträge der Geringverdienenden zur sozialen Sicherheit verstärkt, die ,geförderten Arbeitsverträge" für Jugendliche mit geringer Qualifikation überarbeitet und die berufliche Bildung reformiert werden soll. Die Frage der Beihilfe zum ,sozialen Minimum" wird vorrangig im Zusammenhang mit der Dezentralisierung des RMI behandelt. Der Bereich Wohnungen ist Gegenstand zahlreicher Maßnahmen, darunter ein auf fünf Jahre angelegtes Stadtsanierungsprogramm. Weitere Schwerpunkte bilden die Bekämpfung des Analphabetentums, die Schaffung von Bildungsangeboten für sozial schwache Bevölkerungsgruppen und der Bereich Schule und Gesundheit. Die Maßnahmen in den Bereichen Gesundheitswesen, psychische Gesundheit und Programme für einen besseren Zugang zur Justiz werden fortgeführt und ausgebaut. Eher am Rande befasst sich der Plan mit dem Zugang zu Kultur, Sport und Freizeit.

Die Maßnahmen, mit denen verhindert werden soll, dass Menschen wohnungslos werden, wurden geringfügig verbessert, die Unterstützung für Mieter wurde verstärkt. Besondere Erwähnung verdient die Einführung des Privatkonkursverfahrens (,procédure de rétablissement personnel") für Fälle von Überschuldung. Da das Thema ,eInclusion" keinen Schwerpunkt bildet, gibt es auf diesem Gebiet nur wenige Initiativen. Ein erwähnenswertes Beispiel ist indes der Vorschlag für die Einführung eines Internet-Portals für soziale Dienste als erste Anlaufstelle und als zentrale Stelle für die Zusammenführung beispielhafter Verfahren.

An Maßnahmen zur Unterstützung der schwächsten Mitglieder der Gesellschaft sind insbesondere die Integrationspläne für Immigranten und die allgemein gültige Vorgehensweise bei besonders gravierenden Ausgrenzungssituationen zu nennen. Die Bereitstellung von mehr Unterkünften kann allerdings nicht verhindern, dass der Markt durch Asylbewerber überlaufen ist. Bessere Betreuungsregelungen und das Gesetz über die Chancengleichheit dürften zu einer besseren Integration von Menschen mit Behinderungen beitragen. Die Initiativen zur Wohnraumbeschaffung und wirtschaftlichen Entwicklung in heruntergekommenen Stadtgebieten wurden verstärkt, ein Projekt zur Wiederbelebung ländlicher Gebiete sieht Pläne zum Aufbau von Dienstleistungen für die Bürger und für den Bereich der Gesundheitspolitik vor. Die Durchführungsmodalitäten all dieser Instrumente müssen allerdings mit Blick auf eine Bewertung ihrer potenziellen Wirkung überprüft werden. Die französischen Überseegebiete, ein weiterer Brennpunkt, sind über die im Anhang mit den Haushaltsdaten genannten Mittelzuweisungen implizit in den NAP eingebunden.

Mit Blick auf die Mobilisierung aller Beteiligten sieht der Plan vor, Menschen, die sich in schwierigen Situationen befinden, mehr Mitspracherecht zu gewähren und die Koordinierung zwischen sämtlichen Interventionsebenen zu verbessern. Besondere Aufmerksamkeit gilt auch der Kommunikation und der Verbesserung des Dienstleistungsangebots für die Nutzer.

5. Gleichstellung von Frauen und Männern

Diese Dimension hat im neuen NAP geringere Priorität als im NAP (Beschäftigung) 2002. Als Herausforderungen werden genannt: Ungleichbehandlung im Zusammenhang mit Arbeitslosigkeit, Situation der Familien, ethnische Zugehörigkeit und Gewalt in der Ehe. Auf diese Problemstellungen geht der Plan mit einem transversalen und spezifischen Ansatz ein, durch Maßnahmen unterschiedlicher Intensität sollen die allgemeine und berufliche Bildung, Erwerbstätigkeit und Wahrung der Menschenwürde gefördert werden. Der Plan geht auch auf die Situation von Frauen mit Behinderungen und Immigrantinnen ein. Der ,Gender Mainstreaming"-Ansatz wird mit der Einsetzung eines Nationalen Rates für Gleichstellungsfragen, dem Entwurf für eine nationale Gleichstellungscharta und einem Vorschlag zur Nutzung von beispielhaften Verfahren fortgeführt. Die französischen Behörden haben angekündigt, dass die Gleichstellungsdimension in praktisch alle quantifizierten Zielvorgaben aufgenommen und eine bessere Aufgliederung der Indikatoren nach Geschlecht vorgenommen werden soll, insbesondere was die finanzielle Armut betrifft.

6. Aktuelle Fragen und künftige Herausforderungen

Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und des Phänomens der ,Working Poor" bildet zwar nach wie vor eine der wichtigsten Herausforderungen, doch hängen hier Verbesserungen hauptsächlich von der wirtschaftlichen Lage ab. Im Gegensatz hierzu sind die Vorschläge für den Wohnungsbereich der Größenordnung des Problems einfach nicht angemessen [20]. Es ist bedauerlich, dass der NAP neben den Gruppen, die bereits im Rahmen städtepolitischer Maßnahmen erfasst werden, keine größeren Maßnahmen für bestimmte Bevölkerungsgruppen wie Asylbewerber, Landfahrer und Bewohner von sozial schwachen Gebieten vorsieht. Die Folgen von Zeiten der Arbeitsplatzunsicherheit und die Abhängigkeit einer alternden Bevölkerung von Sozialhilfe betreffen weniger konkrete Problemstellungen.

[20] Ganz offenkundig leiden über 3 Millionen Menschen unter schlechten Wohnbedingungen (mangelnder Komfort, Überbelegung, unsichere Mietverhältnisse), obwohl sich der nationale Indikator für Armut in Bezug auf die Lebensbedingungen, der auch Unterbringungsprobleme erfasst, seit 1998 rückläufig entwickelt (vgl. 8. Bericht des Haut Comité pour le Logement des Personnes Défavorisées, Oktober 2002).

Die Einführung eines ,koordinierten Projekts für eine ministerienübergreifende Politikgestaltung" (PCPI) gegen soziale Ausgrenzung wäre ein Beitrag dazu, die finanziellen Zusagen eindeutiger zu gestalten und eine genauere Überwachung zu ermöglichen, die sich bei der gegenwärtigen Haushaltsstruktur schwierig gestaltet. Damit würde auch dem Charakter des NAP (Eingliederung) als einem Bezugsrahmen Rechnung getragen, indem dieser zu einem echten Programmplanungsdokument gemacht würde. Eine Verfeinerung des Überwachungs- und Bewertungsverfahrens ist unerlässlich, damit die Wirkung der zahlreichen Maßnahmen und insbesondere der geplanten Maßnahmen, bewertet werden kann - unabhängig davon, ob es um finanzielle Anpassungsmaßnahmen, die Wiederaufnahme bestimmter Programme oder wichtige Entwicklungen geht, die die Annahme von Rechtsvorschriften mit allen Unwägbarkeiten der Zeitplanung und möglicher Änderungen erfordern. Hiervon besonders betroffen sind die Dezentralisierung und die Einführung des RMA [21], die Wohnungspolitik, die Politik für den ländlichen Raum, die Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen und das Konzept der Arbeitslosenversicherung im Zusammenhang mit der Reform der beruflichen Bildung.

[21] RMA = Revenu Minimum d'Activité (Mindest-Erwerbseinkommen), ein neues Förderkonzept für RMI-Bezieher.

IRLAND

Situation und wichtige Tendenzen: Die weltweite Konjunkturschwäche hatte auch Folgen für das Wirtschaftswachstum in Irland - die Arbeitslosigkeit stieg leicht an, und das Finanzministerium sieht sich wachsendem Druck ausgesetzt. Die Analyse der Armutsentwicklung ergibt eine weiter rückläufige Tendenz bei der nationalen Meßgröße der ,konsistenten" oder andauernden Armut von 8,2 % im Jahr 1998 auf 5,2 % im Jahr 2001. Im selben Zeitraum stieg jedoch die Indikator Armutsgefährdungsquote von 19 % auf 21 %, was auf ein Fortbestehen der Einkommensunterschiede hindeutet, unter denen insbesondere ältere Menschen, kinderreiche Familien und allein erziehende Elternteile zu leiden haben.

Fortschritte im Zeitraum 2001-2003: Die nationale Strategie zur Armutsbekämpfung wurde einer Überprüfung unterzogen, und es wurden ehrgeizige neue Zielvorgaben und institutionelle Regelungen aufgestellt. Die aktive Betreuung aller Arbeitslosen bereits in einem frühen Stadium erweist sich weiterhin als erfolgreich, und auch beim Vorgehen gegen vorzeitigen Schulabbruch und Analphabetismus unter Erwachsenen konnten sind Fortschritte zu verzeichnen. Die Aufwendungen für die soziale Sicherheit sind real gestiegen, die Investitionen in Infrastrukturmaßnahmen liegen weiterhin über dem EU-Durchschnitt. Nach wie vor ist allerdings die Lebenserwartung im EU-Vergleich niedrig, ein nicht unwesentlicher Teil der Bevölkerung findet keinen bezahlbaren Wohnraum, und Wohnungslosigkeit ist weiterhin ein Problem.

Strategischer Ansatz: Der vorliegende NAP verfolgt einen deutlich verbesserten strategischen Ansatz, der von einer komplexeren Sichtweise der Ursachen der sozialen Ausgrenzung ausgeht und besser als bisher auf die gemeinsamen Ziele ausgerichtet ist. Es wurden in großer Anzahl quantifizierbare und zeitlich definierte Zielvorgaben aufgestellt. Mit der Errichtung eines Amtes für soziale Eingliederung (Office for Social Inclusion), das die Gesamtverantwortung trägt und für die Koordination aller Maßnahmen zuständig ist, wurde ein neuer Rahmen für die Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung geschaffen, allerdings ist fraglich, ob die Mittelausstattung des neuen Amtes dessen vorgestelltem ambitioniertem Arbeitsprogramm angemessen ist. Mit einem umfangreichen Konsultationsprozess und der Einrichtung eines Forums für soziale Eingliederung wurde die Einbindung der Zivilgesellschaft verbessert. Wichtigstes Ziel ist die Konsolidierung der wirtschaftlichen Erfolge der jüngsten Zeit, damit das hohe Beschäftigungsniveau gehalten werden kann und Disparitäten in der Gesellschaft abgebaut werden.

Wichtige politische Maßnahmen: Irland setzt sich aktiv mit allen vier Zielen auseinander, die Schwerpunkte liegen auf der Teilnahme am Erwerbsleben und der Anhebung der Bildungsstandards. Zwar wird Erwerbstätigkeit als wichtigster Weg aus der Armut gesehen, doch wird auch erkannt, dass dies nicht für alle Betroffenen ein gangbarer Weg ist. Für die Schaffung angemessener Einkommensbeihilfen wurde daher eine Reihe von Zielvorgaben aufgestellt. Für Bevölkerungsgruppen mit besonderen Problemen, wie z. B. Menschen mit Behinderungen, Immigranten, Travellers und Strafentlassene, wurden Sonderprogramme aufgelegt. Bei anderen Gruppen wie Wohnungslosen und ethnischen Minderheiten wird eine besondere Gefährdung festgestellt. Verschiedene soziale Problemfelder rücken verstärkt in das Blickfeld, so z. B. häusliche Gewalt, die Verschuldungsproblematik sowie Alkohol- und Drogenkonsum. Die Bedeutung von Betreuungssystemen und der Förderung des familiären Zusammenhalts werden ebenfalls hervorgehoben.

Künftige Herausforderungen: Die wichtigste Herausforderung wird darin bestehen sicherzustellen, dass die für die Umsetzung der vereinbarten Ziele nötigen Mittel auch dann bereitgestellt werden, wenn die Konjunkturschwäche weiter anhält. Priorität werden dabei die Verbesserung der Infrastruktur und des Zugangs zu Dienstleistungen auch in den ländlichen Gebieten haben. Die Anstrengungen zum Abbau von Bildungsnachteilen und zur Integration von Flüchtlingen und Immigranten müssen fortgeführt werden. Die wachsenden Einkommensdisparitäten erfordern verstärkte Aufmerksamkeit, daher wäre eine Zielvorgabe für diesen Bereich sinnvoll. Die Zusage, das Problem der hohen relativen Einkommensarmut zu untersuchen, ist zu begrüßen. Der Plan zeigt zwar signifikante Probleme bei der Gleichstellung von Frauen und Männern auf, enthält jedoch kaum Zielvorgaben und Perspektiven für die Entwicklung politischer Antworten. Überwachung und Bewertung des NAP sind noch nicht zufriedenstellend geregelt. Außerdem muss die Koordination der sozialen Eingliederung auf lokaler und regionaler Ebene verstärkt werden, damit ein integrierter Ansatz gewährleistet ist.

1. Situation und wichtige Tendenzen

Das hohe Wirtschaftswachstum in Irland setzte sich fort, allerdings aufgrund der weltweiten Konjunkturschwäche mit deutlich verlangsamtem Tempo. Das BIP wuchs 2002 gegenüber dem Vorjahr um 6,9 % und erreichte damit den höchsten Wert in der EU, in der der Jahresdurchschnitt lediglich bei 1,1 % lag. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der Zuwachs des BSP demgegenüber nur 0,1 % betrug. Das Pro-Kopf-Einkommen der Iren in KKS belief sich 2001 auf 118 % des EU-Durchschnitts. Die Konjunkturschwäche hatte einen geringfügigen Anstieg der Arbeitslosigkeit auf insgesamt 4,4 % und auch der Langzeitarbeitslosigkeit auf 1,3 % (2002) zur Folge und schlägt sich auch in der jüngsten Vereinbarung zur Sozialpartnerschaft nieder, die im sozialen Bereich deutlich bescheidener ausfällt als in den Vorjahren.

Die Analyse der Armutsentwicklung ergibt, dass der EU-einheitliche Indikator für das Armutsrisiko (definiert als ein Schwellenwert von 60 % des nationalen Medianeinkommens) im Zeitraum von 1998 bis 2001 von 19 % auf 21 % gestiegen ist und damit den höchsten Wert in der gesamten EU erreicht hat. Diese Tendenz deutet auf ein Fortbestehen der Einkommensunterschiede hin, unter denen insbesondere ältere Menschen, kinderreiche Familien und allein erziehende Elternteile zu leiden haben. Besorgnis erweckt auch die hohe Rate dauernder Armut, die mit 13 % im Jahr 2001 einen der höchsten Werte in der EU erreichte. Die nationale Messgröße für die ,konsistente" Armut, eine kombinierter Indikator, der sich aus Messgrößen für relatives Einkommen und Verarmung zusammensetzt, zeigt allerdings rückläufige Tendenz - von 8,2 % im Jahr 1998 auf 5,2 % im Jahr 2001. Die Ausgaben für Sozialleistungen stiegen von 1999 bis 2001 um 25 %, doch ist dies nach wie vor der niedrigste BIP-Anteil in der EU.

2. Bewertung der Fortschritte gegenüber dem NAP (Eingliederung) 2001

Irland konnte in den zurückliegenden zwei Jahren deutliche strategische Fortschritte verzeichnen. Die nationale Strategie zur Bekämpfung der Armut wurde einer Überprüfung unterzogen und um ehrgeizige neue Zielvorgaben und institutionelle Regelungen ergänzt. Bei der Förderung der Erwerbsbeteiligung konnte Irland beträchtliche Erfolge verbuchen. Als ein herausragender Erfolg kann die Steigerung der Erwerbsbeteiligung der Frauen im Zeitraum von 1998 bis 2003 um 26 % bezeichnet werden. 2003 wurde mit dem ,High Supports Process" ein Beihilfeverfahren eingeführt, mit dem besonders benachteiligte Bevölkerungsgruppen gezielt unterstützt werden sollen. Es existieren zwar spezifische Programme für einzelne benachteiligte Gruppen wie Travellers, Menschen mit Behinderungen, Flüchtlinge und allein Erziehende, doch ist das Zahlenmaterial über diese Gruppen unzureichend, so dass eine Beurteilung der Wirkung der politischen Maßnahmen schwer fällt.

Die Bildungsausgaben sind zwar in den letzten Jahren deutlich gestiegen, doch investiert Irland nach wie vor einen geringeren Teil seines nationalen Einkommens in das Bildungswesen als die übrigen Mitgliedstaaten der EU. Für die Verringerung der Analphabetenquote und der Zahl der Schulabbrecher wurden Zielvorgaben aufgestellt, wobei bei der Reduzierung der Zahl der Schulabbrecher mit einem Rückgang von 18,9 % im Jahr 1999 auf 14,7 % im Jahr 2002 ein überaus positives Ergebnis zu verzeichnen war. Die Teilnahme an Alphabetisierungskursen ist angestiegen, und mit einem speziellen Rundfunk- und Fernsehprogramm konnten 2002 wöchentlich über 146 000 Zuhörer bzw. Zuschauer erreicht werden. Zudem wird ein erfolgreiches Pilotprogramm zur Alphabetisierung am Arbeitsplatz zwischenzeitlich landesweit umgesetzt.

Die Zusagen, die Aufwendungen für soziale Sicherheit zu erhöhen, wurden weitgehend eingehalten - die Gesamtausgaben für diesen Bereich nahmen zwischen 2000 und 2002 um 42 % zu. Bei allen Leistungen waren reale Zuwächse zu verzeichnen, wobei die Altersrenten den deutlichsten Anstieg verzeichneten, da die Armutsgefährdung der Rentner als besonders hoch erkannt wurde. Die Zielvorgaben sehen hier eine Anhebung der Beihilfen für die niedrigsten Einkommensgruppen auf 150 EUR pro Woche bis 2007 (zu den Konditionen von 2002) und die Anhebung der Mindestrenten auf 200 EUR vor; die Einkommensbeihilfen für Kinder sollen auf 33 bis 35 % der Mindestsozialhilfe für Erwachsene angehoben werden. Die Kindergeldausgaben stiegen zwischen 2000 und 2002 um 129 %, die monatlichen Leistungen wurden von 54,00 EUR auf 117,60 EUR angehoben. Die Wirkung dieser Erhöhungen wurde allerdings zum Teil durch die im Vergleich mit den übrigen Mitgliedstaaten hohe Inflation und die Anhebung indirekter Steuern und sonstiger Gebühren für Versorgungs- und Dienstleistungen mit regressivem Charakter aufgehoben. Für die Beschäftigten der Niedriglohngruppen gilt ab Februar 2004 ein Mindestsatz von 7 EUR/Stunde, dies entspricht einer Anhebung um 25 % seit Einführung des gesetzlichen Mindestlohns im Jahr 2000.

Im Gesundheitsbereich fällt auf, dass die irischen Frauen die niedrigste Lebenserwartung in der EU haben, bei den Männern haben die Iren die zweitniedrigste. Diese Zahlen fallen für die Bevölkerungsgruppe der Travellers oder Landfahrer, die 0,6 % der irischen Bevölkerung ausmachen, noch deutlich schlechter aus. 2001 wurde eine nationale Gesundheitsstrategie vorgelegt, in der das Ziel vorgegeben ist, die Differenz bei der vorzeitigen Sterblichkeit zwischen den am niedrigsten und den am höchsten angesiedelten sozioökonomischen Gruppen für bestimmte Krankheiten bis 2007 um mindestens 10 % zu verringern. Trotz beträchtlicher Erhöhungen der Gesundheitsausgaben ist noch nicht klar, ob genügend Ressourcen zur Verfügung stehen werden, um die Mängel bei Infrastruktur und Dienstleistungsangebot im irischen Gesundheitswesen zu beheben.

Die Benachteiligung der ländlichen Gebiete stellt in Irland ein besonderes Problem dar, das insbesondere den Zugang zu Dienstleistungen betrifft. Im Rahmen von Pilotprojekten wurden rund 1 800 neue Nahverkehrsdienste auf 300 neuen Strecken eingerichtet, doch steht noch nicht fest, wie viele davon auf Dauer beibehalten werden können. Außerdem wurde eine Reihe von Initiativen eingeführt, mit denen die Qualität der Kundendienstleistungen verbessert werden soll, und es besteht die Zusage der Regierung, ,stärker formalisierte Anspruchsberechtigungen für das gesamte Spektrum der öffentlichen Dienstleistungen" zu entwickeln. Wenngleich bei der Aufstellung von Zugangsstandards bereits die richtige Richtung zur Realisierung des im Konsultationsprozess geforderten, auf Rechten basierenden Ansatzes eingeschlagen wurde, erfasst der NAP die Problematik nicht in ihrer gesamten Dimension. Weiter ist festzustellen, dass auf diesem Gebiet nur wenige Zielvorgaben festgelegt wurden.

Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum und Wohnungslosigkeit sind für nicht wenige Menschen ein Problem, was unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass der Anstieg der Wohnungskosten den Verbraucherpreisindex weit übersteigt. Für diesen Bereich wurden Vorgaben aufgestellt, die Zielvorgabe für ein Sozialwohnungsprogramm für den Bau von 25 000 Wohneinheiten war bis Ende 2002 bereits zu 65 % erreicht. Auch die Wohnsituation der Travellers konnte verbessert werden: die Zahl der Travellers mit festem Wohnsitz stieg von 3 805 im Jahr 2000 auf 4 522 im Jahr 2002. Noch immer aber leben rund 1 000 Traveller-Familien auf illegalen Standplätzen ohne Versorgungseinrichtungen. Eine integrierte Strategie gegen Wohnungslosigkeit, in deren Rahmen lokale Aktionspläne erarbeitet werden sollten, erwies sich als ebenso ehrgeizig wie lohnend. Spezifische Zielvorgaben für die Beseitigung oder Verringerung der Wohnungslosigkeit enthält die Strategie allerdings nicht, was die Einhaltung und Messung von Langzeitzielen erschwert.

Bei einer Reihe von Programmen zur Unterstützung sozial schwacher Bevölkerungsgruppen sind Entwicklungen zu beobachten. Die unter der Bezeichnung ,Springboard" (Sprungbrett) zusammengefassten Pilotprojekte, bei denen sozial schwache Familien eine intensive Betreuung erhalten, wurden in allgemeine Programme übernommen. Der Finanzberatungs- und Haushaltsplanungsdienst (Monetary Advice and Budgeting Service) der über 11 000 Klienten pro Jahr betreut, vereinbarte ein neues Pilotprogramm, mit dem Verbrauchern mit schwierigen Schuldenverhältnissen und Mehrfachverschuldung außergerichtliche Alternativen aufgezeigt werden sollen. Dieser Service wird insbesondere Frauen zugute kommen, die mehr als 66 % der Klienten stellen. Ein weiteres Zeichen für die verstärkten Anstrengungen, die Problematik der sozialen Eingliederung möglichst breit gefächert anzugehen, sind die geplanten zusätzlichen Ausgaben für Sport- und Freizeitangebote in sozial benachteiligten Gegenden.

3. Strategischer Ansatz: Vorrangige Ziele und zentrale Zielvorgaben

Der NAP verfolgt einen deutlich verbesserten, gut ausgewogenen und breit gefächerten strategischen Ansatz, der von einer komplexeren Sichtweise der Ursachen der sozialen Ausgrenzung ausgeht und besser als bisher auf die gemeinsamen Ziele ausgerichtet ist. Es wurden in großer Anzahl quantifizierbare und zeitlich definierte Zielvorgaben aufgestellt. Der NAP ist auch insofern ausgewogener als bisher als er sowohl auf übergeordnete Problemfelder als auch auf spezifischere Gruppen eingeht und zudem mit seinem breiten Themenspektrum (juristische Dienstleistungen, Gleichstellungsfragen, Beteiligung an künstlerischen und kulturellen Aktivitäten) umfassender angelegt ist als der frühere Plan. Ein neu errichtetes Forums für soziale Eingliederung (Social Inclusion Forum) bietet von Armut Betroffenen, aber auch Bürgern, die soziale Eingliederung erfahren haben, eine Möglichkeit, sich direkt und aktiv einzubringen. Nach einem umfangreichen Konsultationsprozess prüfte die irische Gleichstellungsbehörde den NAP nach einem innovativen Konzept unter Mitwirkung von Gruppen von neun verschiedenen Diskriminierungsgründen gemäß dem Gleichstellungsrahmen Betroffener. Diese Vorgehensweise soll über die gesamte Laufzeit des Plans beibehalten werden.

Allerdings muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass Irland nach einem landesweit zentral organisierten Modell der Politikformulierung und -durchführung vorgeht, das die Förderung integrierter Strategien mit lokalem Bezug erschwert. Dies machen auch die geringen Fortschritte bei der Umsetzung des Programms RAPID deutlich, mit dem im Rahmen eines strategischen Konzepts die Entwicklung der 25 sozial schwächsten städtischen Gebiete Irlands gefördert werden soll. Der Aufbau des Lern-Netzwerks der lokalen Gebietskörperschaften zur Armutsbekämpfung (Local Government Anti-Poverty Learning Network) und die vermehrte Anwendung des ,Poverty Proofing", also der Prüfung unter dem Gesichtspunkt der Armut, auf lokaler Ebene könnten dazu beitragen, die Kapazitäten der Beteiligten vor Ort zu verbessern. Eine weitere positive Entwicklung ist die Einrichtung regionaler Bildungsbüros. Weitere Empfehlungen, die im Rahmen einer unlängst durchgeführten Überprüfung der Mechanismen zur Koordination von Maßnahmen zur sozialen Eingliederung abgegeben wurden, dürften gleichfalls Verbesserungen auf lokaler und regionaler Ebene nach sich ziehen.

Wichtigstes Ziel ist die Konsolidierung der wirtschaftlichen Erfolge der jüngsten Zeit, damit das hohe Beschäftigungsniveau gehalten werden kann und Disparitäten in der Gesellschaft abgebaut werden. Zwar wird Erwerbstätigkeit als wichtigster Weg aus der Armut gesehen, doch wird auch erkannt, dass dies nicht für alle Betroffenen ein gangbarer Weg ist, daher wurde auch eine Reihe von Zielvorgaben für angemessene Einkommensbeihilfen formuliert. Als eine zentrales Ziel wird die Verringerung der Zahl der von ,dauernder" Armut Betroffenen von 5,2 % im Jahr 2001 auf 2,0 % im Jahr 2007 angestrebt.

4. Die wichtigsten politischen Ansätze: Stärken und Schwächen

Der NAP ist deutlich fokussiert und enthält eine große Zahl von Zielvorgaben - wesentlich mehr als sein Vorläufer. Mit der Errichtung eines Amtes für soziale Eingliederung, des Office for Social Inclusion, dürfte eine ministerien- und organisationsübergreifende Vorgehensweise gefestigt werden, wobei allerdings fraglich ist, ob die Mittelausstattung des neuen Amtes dessen vorgestelltem ambitioniertem Arbeitsprogramm angemessen ist. Besondere Stärken zeigt der NAP in den Bereichen Beschäftigung, Einkommensbeihilfen und Bildung, Schwächen hingegen offenbart er im Wohungsbereich, und auch auf regionale Ungleichgewichte geht er kaum ein. Auf die Anforderungen des Konsultationsprozesses für einen auf Rechten basierenden Ansatz der Politik gegen soziale Ausgrenzung geht der Plan lediglich in Bezug auf die Entwicklung von Standards für den Zugang zu qualitativ hochwertigen öffentlichen Dienstleistungen ein. Besondere Aufmerksamkeit sollte angesichts der festgestellten Rassismusproblematik der Stellung von Flüchtlingen und Asylbewerbern gewidmet werden, die in besonderem Maße von sozialer Ausgrenzung betroffen sind. Die Politik, Asylbewerbern anstelle von finanziellen Leistungen Sachleistungen in Form von Unterkunft, Lebensmitteln und kleinen Geldbeträgen zur Verfügung zu stellen, behindert deren soziale Eingliederung und verstärkt die Isolation von Menschen mit anderem rassischem und kulturellem Hintergrund als die übrige Bevölkerung. In Form von sprachlicher Förderung und der Zuweisung zusätzlicher Lehrkräfte an den Schulen wurden allerdings auch aussichtsreiche Maßnahmen zur Integrationsförderung ergriffen. Eine weitere wichtige Initiative stellt ein landesweites Programm zur Rassismusbekämpfung dar, mit dem eine integrative Gesellschaft geschaffen werden soll.

5. Gleichstellung von Frauen und Männern

Der NAP enthält eine Reihe spezifischer Zielsetzungen und Vorgaben mit Blick auf die Gleichstellung von Frauen und Männern, die insbesondere den Bereich der Erwerbstätigkeit betreffen. Bei der Schaffung eines größeren Angebots an bezahlbaren Kinderbetreuungseinrichtungen, vor allem auch in benachteiligten Gebieten, wurden zwar Fortschritte erzielt, doch reicht das bestehende Angebot noch nicht aus. Insgesamt gesehen wird die Gleichstellungssituation (Gender Mainstreaming) nur in begrenztem Umfang analysiert, für viele Bereiche fehlen Zielvorgaben. Was besonders auffällt, ist die Tatsache, dass Frauen in Entscheidungsgremien nach wie vor stark unterrepräsentiert sind. Der Vorschlag, eine nationale Frauenförderungsstrategie zu entwickeln, sollte zu einer Verbesserung der Gleichstellungssituation genutzt werden.

6. Aktuelle Fragen und künftige Herausforderungen

Obgleich das Niveau öffentlicher Investitionen in Irland mit 5 % besonders hoch ist (fast doppelt so hoch wie im EU-Durchschnitt), ist festzuhalten, dass die Infrastruktur und zahlreiche öffentliche Dienstleistungen im Lande aufgrund der historisch bedingt niedrigen Ausgangsbasis nach wie vor relativ schwach entwickelt sind. Entsprechend groß sind die Aufgaben, die es zu bewältigen gilt, um die Defizite bei Infrastruktur und sozialen Dienstleistungen/Sozialleistungen zu überwinden. Bildungsnachteile und die Integration von Flüchtlingen und Immigranten müssen weiterhin zu den Prioritäten zählen. Wachsende Einkommensdisparitäten stellen ein zentrales Problem dar, das verstärkter Aufmerksamkeit bedarf, eine Zielvorgabe für diesen Bereich wäre sinnvoll. Die Zusage, das Problem der relativen Einkommensarmut zur untersuchen und zu beobachten, ist zu begrüßen - insbesondere unter dem Aspekt, dass bei der Messgröße der ,konsistenten" Armut starke Rückgänge zu verzeichnen sind, die im Widerspruch zum Anstieg beim Indikator für die Armutsgefährdung stehen. Mit den Arbeiten zur Entwicklung einer Datenerhebungsstrategie für die Überwachung der Fortschritte mit Blick auf die Zielvorgaben wurde begonnen. Insbesondere die Politik ist auf Daten angewiesen, um sich über die Situation bestimmter benachteiligter Bevölkerungsgruppen wie Wohnungslose, Immigranten und sonstige Gruppen, für die die nationalen Statistiken keine spezifischen Daten liefern, zu informieren. Weiter kommt es darauf an, die Mechanismen zur Koordination der sozialen Eingliederung auf lokaler und regionaler Ebene zu stärken, damit die erfolgreiche Vermittlung und Umsetzung der Ziele des NAP in einem integrierten Ansatz gewährleistet werden kann.

ITALIEN

Situation und wichtige Tendenzen: Den jüngsten Erhebungen des Europäischen Haushaltspanels (ECHP) aus dem Jahr 2000 zufolge liegt die Armutsgefährdung in Italien mit 19 % leicht über dem Vorjahreswert. Die Quote für das Risiko dauernder Armut stieg ebenfalls auf 13 %. Die nationalen Daten (auf der Grundlage der Ausgaben anstelle der Einkommen) für 2002 ergeben ein differenzierteres Bild: die Quote für das gesamte Land sank von 13,6 % im Jahr 2001 auf 12,4 %, die Quoten für Süd- und Mittelitalien verbesserten sich leicht, während der Wert für den Norden weitgehend stabil blieb. Das Armutsprofil hat sich allerdings nicht verändert: hauptsächlich betroffen sind größere Haushalte (mit fünf oder mehr Haushaltsmitgliedern; ihr Armutsrisiko lag 2002 bei 24,6 %) und Haushalte, deren Haushaltsvorstand arbeitslos ist (Armutsrisiko 32,3 %), wobei die Armutsgefährdung im Süden mit 23,6 % mehr als viermal höher ist als im Norden Italiens (5,4 %).

Fortschritte im Zeitraum NAP 2001-2003: Aus dem italienischen NAP 2003 geht hervor, dass die Mehrzahl der Regionalparlamente bereits ihre Regionalsozialpläne angenommen hat, die durch von den Kommunalbehörden aufgestellte lokale Pläne ergänzt werden. Die meisten Regionen und lokalen Gebietskörperschaften sind dem NAP zufolge besser als bisher in der Lage, in ihre Planung für sozialpolitische Maßnahmen sektorübergreifende, dezentral organisierte, partnerschaftliche und auf die Belange der Anspruchsgruppen ausgerichtete Konzepte zu integrieren. Die Statistik lässt eine leichte Verbesserung gegenüber dem letzten NAP erkennen, der insgesamt zu verzeichnende leichte Rückgang der Armutsquote dürfte dabei hauptsächlich auf die Steuererleichterungen für größere Haushalte und auf den sich allmählich abzeichnenden, jedoch stabilen positiven Trend am Arbeitsmarkt zurückzuführen sein.

Strategischer Ansatz: Der strategische Ansatz folgt weitestgehend dem italienischen Weißbuch zum Sozialstaat 2003, in dem zwei grundlegende Problemfelder aufgezeigt werden: die demografischen Auswirkungen der sehr niedrigen Geburtenrate in Italien im Zusammenwirken mit der stark zunehmenden Bevölkerungsalterung und die Rolle der Familie als einer Säule des italienischen Sozialmodells. Die Dezentralisierung soll weiter vorangetrieben werden. Den Regionen wurden zwischenzeitlich auch Koordinationsaufgaben übertragen, Verwaltung und Umsetzung von Maßnahmen liegen mittlerweile voll in Händen der lokalen Gebietskörperschaften.

Wichtige politische Maßnahmen: Die folgenden politischen Prioritäten - formuliert in einer Reihe von Grundsätzen und Leitlinien, jedoch ohne spezifische Zielvorgaben - bestimmen die italienische Sozialagenda für den Zeitraum 2003-2005: Förderung der Familien und Steigerung der nationalen Geburtenrate, Schaffung eines besseren Dienstleistungsangebots für Menschen mit Behinderungen, Bekämpfung der extremen Armut, Beschleunigung der Entwicklung des Südens durch Aufnahme von aus ESF-Mitteln unterstützten ,territorial integrierten Plänen", Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern und Bekämpfung von Drogensucht und Drogenabhängigkeit. Ein weiteres wichtiges Merkmal des italienischen NAP ist die Schwerpunktsetzung auf eine größere Flexibilität der Arbeitsmärkte, die durch die unlängst erfolgt Annahme eines Reformpakets erreicht wird.

Künftige Herausforderungen: Angesichts knapper Haushalte sowohl auf der nationalen als auch auf der kommunalen Ebene dürfte es den Regionen mit den größten Entwicklungsrückständen schwer fallen, mit der rasch fortschreitenden Dezentralisierung Schritt zu halten. Vor dem Hintergrund einer größeren Flexibilität der Arbeitsmärkte könnten selbst großzügigere (allerdings an Erwerbstätigkeit gebundene) Beihilfen für Familien möglicherweise an den Bedürfnissen der vom Armutsrisiko besonders Betroffenen vorbeigehen, solange nicht die Gefahr einer drohenden Zweiteilung des Arbeitsmarktes durch die Verabschiedung einer umfassenden Reform des Sozialsystems verringert wird. Zugleich bleibt die absolute Priorität bestehen, alle Maßnahmen zu realisieren, die darauf abzielen, den derzeitigen Mangel an Kinderbetreuungseinrichtungen zu beheben - auch mit Blick darauf, dass das Risiko vermieden werden muss, dass sich Anreize zur Steigerung der Geburtenrate negativ auf die ohnehin niedrige Erwerbsquote der Frauen auswirken.

1. Situation und wichtige Tendenzen

Den jüngsten Erhebungen des Europäischen Haushaltspanels (ECHP) aus dem Jahr 2001 zufolge stieg die Armutsgefährdung in Italien von 18 % im Jahr 2000 auf 19 %. Die Quote für das Risiko dauernder Armut stieg ebenfalls von 11 % auf 13 %. Die nationalen Daten (auf der Grundlage der Ausgaben anstelle der Einkommen) für 2002 ergeben ein differenzierteres Bild: die Quote für das gesamte Land sank von 13,6 % im Jahr 2001 auf 12,4 %, wobei sich die Quoten für Süd- und Mittelitalien leicht verbesserten, während der Wert für den Norden weitgehend stabil blieb. Das Armutsprofil hat sich allerdings nicht verändert: hauptsächlich betroffen sind größere Haushalte (mit fünf oder mehr Haushaltsmitgliedern; ihr Armutsrisiko lag 2002 bei 24,6 %) und Haushalte, deren Haushaltsvorstand arbeitslos ist (Armutsrisiko 32,3 %), wobei die Armutsgefährdung im Süden mit 23,6 % viermal höher ist als im Norden Italiens (5,4 %). Die Sozialausgaben als Prozentsatz des BIP sind 2002 um einen halben Prozentpunkt gestiegen, liegen jedoch mit 26,2 % noch immer unter dem Durchschnitt von EU-15. Die Zusammensetzung der Sozialausgaben hat sich allenfalls geringfügig verändert: 62,2 % der Ausgaben entfallen auf Altersruhegelder und Hinterbliebenenrenten. Durch den hohen Anteil der Renten an den Sozialausgaben steht offenkundig für andere Leistungen weniger Geld zur Verfügung, was erklärt, weshalb in Italien die Quoten für die Armutsgefährdung vor und nach Sozialtransferleistungen (bei denen die Renten ausgenommen sind) die geringste Differenz innerhalb EU-15 aufweisen. Aus den jüngsten Zahlen für die Kaufkraftparitäten je Einwohner für das Jahr 2000 ergibt sich, dass Italien weiterhin gegenüber EU-15 im Rückstand liegt, wobei dieser Rückstand allerdings kleiner wird.

Der insgesamt zu verzeichnende leichte Rückgang der Armutsquote dürfte hauptsächlich auf den sich allmählich abzeichnenden, jedoch stabilen positiven Trend am Arbeitsmarkt (insbesondere zugunsten der Frauen) zurückzuführen sein: die Erwerbsquote stieg im Jahr 2002 auf 55,4 % gegenüber 54,6 % im Jahr 2001 und 52,7 % im Jahr 1999. Die regionalen Unterschiede sind immer noch gravierend - mit 63,3 % liegt die Erwerbsquote im Norden um 20 Prozentpunkte über der Quote für den Süden. Die Gesamt-Erwerbstätigenquote der Frauen beträgt 42 %; hier fällt der regionale Unterschied noch deutlicher aus, denn der Süden liegt gegenüber dem Norden um rund 25 Prozentpunkte zurück. Die Arbeitslosenquote sank 2002 auf 9 % (gegenüber 9,5 % im Vorjahr), im Süden (18,3 %) und hier vor allem bei den Frauen (26,4 %) ist sie allerdings deutlich schlechter. Auch die Langzeitarbeitslosenquote, die 2002 bei 59,1 % lag, gibt Anlass zur Sorge. Auch hier wieder ist der Süden unverhältnismäßig stark betroffen: 15,3 % der Bevölkerung im Alter zwischen 15 und 59 Jahren leben in erwerbslosen Haushalten.

2. Bewertung der Fortschritte gegenüber dem NAP (Eingliederung) 2001

Die Leistungsindikatoren lassen eine leichte Verbesserung gegenüber dem letzten NAP erkennen (wenngleich die Durchschnittsausgaben der Haushalte, auf deren Grundlage die ,relative Armut" berechnet wird, in Italien im Laufe des Jahres 2002 durchweg zurückgegangen sind, wodurch sich naturgemäß die Armutsgrenze ebenfalls nach unten verschoben hat), doch ist es schwierig, zwischen diesen positiven Trends und den politischen Maßnahmen während des Bezugszeitraums einen eindeutigen Zusammenhang herzustellen - ausgenommen die Wirkung der Steuererleichterungen für größere Haushalte und die positiven Trends am Arbeitsmarkt (wobei letztere der höheren Flexibilität zugeschrieben werden) -, da Wirkungsindikatoren, insbesondere auf regionaler Ebene, nur spärlich vorliegen. Auf der legislativen Seite wurde mit der Reform von Titel V der italienischen Verfassung der Prozess der Dezentralisierung in der Verfassung verankert, der in Italien in den letzten Jahren aufgenommen wurde und der mit der Annahme des Gesetzes 328/00 begann, mit dem die meisten Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Sozialpolitik den Regionen übertragen wurden. Aus dem italienischen NAP 2003 geht hervor, dass in der Mehrzahl der Regionen zwischenzeitlich Sozialpläne angenommen wurden, die außerdem durch entsprechende lokale Pläne der Kommunalverwaltungen ergänzt werden.

3. Strategischer Ansatz: Vorrangige Ziele und zentrale Zielvorgaben des NAP (Eingliederung) 2003

Der strategische Ansatz folgt weitestgehend dem italienischen Weißbuch zum Sozialstaat, in dem zwei grundlegende Problemfelder aufgezeigt werden: die demografischen Auswirkungen der sehr niedrigen Geburtenrate in Italien im Zusammenwirken mit der stark zunehmenden Bevölkerungsalterung und die Rolle der Familie als einer Säule des italienischen Sozialmodells. Der italienische NAP betrachtet die Familie als proaktiven Hauptfaktor für das Gebiet der Sozialpolitik, dessen Rolle wegen seiner Bedeutung für die besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen, nämlich alte Menschen, Menschen mit Behinderungen und Kinder und Jugendliche, nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Die Regierung ist sich durchaus der Tatsache bewusst, dass die Familien auch dazu herangezogen werden, mangelnde Sozialleistungen auszugleichen, daher ist beabsichtigt, durch direkte Beihilfen und durch steuerliche Erleichterungen die Familien finanziell besser zu stellen. Jung verheiratete Paare sollen ebenfalls Beihilfen zum Erwerb von Wohneigentum erhalten und (wie alle verheirateten Paare) von Maßnahmen zur Steigerung der Geburtenrate profitieren.

Die Dezentralisierung soll weiter vorangetrieben werden. Den Regionen wurden zwischenzeitlich auch Koordinationsaufgaben übertragen, Verwaltung und Umsetzung von Maßnahmen liegen mittlerweile voll in Händen der lokalen Gebietskörperschaften. Stattdessen werden Leitlinien und Zielvorgaben auf nationaler Ebene im Rahmen eines Prozesses vorgegeben, der, wenn er erst voll eingeführt ist, der offenen Koordinierungsmethode nicht unähnlich sein wird, wobei sich die Regierung die Befugnis vorbehält, die Prioritäten für das gesamte Land vorzugeben: Im NAP 2003 sind 10 % der Finanzmittel, die den Regionen zur Verfügung gestellt werden, Initiativen zur Familienförderung und zur Erhöhung der Geburtenrate vorbehalten. Eine weitere Besonderheit des italienischen NAP bildet die Schwerpunktsetzung auf aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen (nach der Formel ,Welfare to Work") und auf die mit der Annahme des als ,legge Biagi" bekannten Reformpakets erreichte höhere Flexibilität. Als Zwischenziele bei der Umsetzung der Beschäftigungsziele von Lissabon sind die einzigen konkreten Zielvorgaben im NAP. Für das Jahr 2005 wurde als Beschäftigungsziel eine Quote von 58,5 %, für Frauen von 46 % und für ältere Arbeitnehmer von 40 % vorgegeben.

4. Bewertung der wichtigsten politischen Ansätze: Stärken und Schwächen

Der NAP 2003 geht auf ein breites Spektrum von Trends ein: Die andauernde Konzentration der Armut im Süden, in großen Haushalten, in Haushalten, in denen ältere Menschen leben, und in Haushalten, deren Haushaltsvorstand arbeitslos ist, die bereits angesprochenen Auswirkungen der Bevölkerungsalterung in Verbindung mit einer niedrigen Geburtenrate, die jüngste Zunahme der geografischen Mobilität der Arbeitskräfte vom Süden in den Norden Italiens und der Zustrom von Einwanderern, das beträchtliche Ausmaß der Schattenwirtschaft, die geringe Erwerbsquote behinderter Menschen (insbesondere von Frauen mit Behinderungen) und die Entwicklung im ehrenamtlichen und im dritten Sektor. Die Analysen sind im Allgemeinen gründlich, und die politischen Prioritäten sind eindeutig definiert (so z. B. die Entwicklung des Südens und eine verstärkte Unterstützung kinderreicher Familien), wobei allerdings die vorgesehenen Maßnahmen angesichts der Größenordnung der Probleme (insbesondere im Süden) und der gegenwärtigen angespannten Haushaltslage, die eine Kürzung der Transfers an die Regionen erforderlich machen könnte, möglicherweise nicht ausreichen werden. An spezifischen Maßnahmen sind zu nennen: Familienförderung durch ,Solidaritätsnetzwerke", die Liberalisierung im Dienstleistungssektor und die Verbesserung des Zugangs zu Dienstleistungen durch Betreuungsgutscheine, Finanzhilfen und steuerliche Erleichterungen, die Einrichtung von Familienhilfenetzen und bei den Familien ansetzende Initiativen, die auf psychische und physische Hilfestellung angewiesenen Menschen helfen sollen. Um die Lebensqualität von Kindern zu verbessern (für die eine intakte Familie als besonders wichtig angesehen wird), wurde eine Ad-hoc-Plan aufgestellt. Weitere spezifische Initiativen sehen ein größeres und verbessertes Dienstleistungsangebot für behinderte Menschen, die Bildung einer mit qualifizierten Ärzten und Fachleuten auf dem Gebiet der Drogensucht besetzten Kommission, die Aufnahme aus ESF-Mitteln unterstützter ,territorial integrierter Pläne" für die Entwicklung Süditaliens und die Einrichtung von Überwachungssystemen vor. Die soziale Integration von Immigranten wird durch das Angebot von Sprachkursen auf direktem Wege gefördert. Die Zahl der legalen Immigranten ist seit 2003 aufgrund der Legalisierung von über 700 000 zuvor nicht registrierten ausländischen Arbeitskräften deutlich gestiegen. Die Bereitstellung sonstiger sozialer Dienstleistungen wie Unterkunft und interkulturelle Mediation fällt komplett in die Zuständigkeit der lokalen Gebietskörperschaften und könnte sich für viele davon als eine schwierige Aufgabe erweisen.

Die Regierung hat die Notwendigkeit eines umfassenden Konzepts zur Bekämpfung der extremen Armut erkannt und festgestellt, dass das bisherige Konzept, das in einer Reihe von Kommunen erprobt wurde, sind allerdings als anfällig für Missbrauch und zu teuer erwies, unzureichend war und beabsichtigt daher stattdessen die Einführung eines neuen ,Bedürftigkeitseinkommens", dessen endgültige Konditionen (Höhe, Zielgruppe und Kofinanzierungsanteil des Staates) allerdings noch mit den Regionen ausgehandelt werden müssen. Abschließend enthält der NAP eine ausführliche Aufstellung all der komplizierten institutionellen Regelungen, die notwendig waren, um den Plan umsetzbar zu machen.

Die wesentliche Stärke des italienischen NAP, aber zugleich die größte Herausforderung für den Plan, ist das hohe Tempo, mit dem die Dezentralisierung bislang voranschreitet und weiter voranschreiten soll. Die meisten Regionen und lokalen Gebietskörperschaften sind dem NAP zufolge besser als bisher in der Lage, in ihre Planung für sozialpolitische Maßnahmen sektorübergreifende, dezentral organisierte, partnerschaftliche und auf die Belange der Anspruchsgruppen ausgerichtete Konzepte zu integrieren. Was jedoch zum Teil noch fehlt, ist eine straffe Koordination von Politiken und Maßnahmen sowie von Überwachung und Bewertung, denn Bewertungsstrukturen für das gesamte Land werden gerade erst aufgebaut, und nicht alle Regionen haben bereits geeignete Strukturen für die Überwachung geschaffen. Es muss auch festgestellt werden, dass die ,territorial integrierten Pläne" vor schwierigen Aufgaben stehen, da sie das Haupt-, wenn nicht gar das einzige Instrument sind, das speziell auf die Problematik der Regionen im Süden Italiens ausgerichtet ist. Zudem müssen flankierend zu einem derart ambitionierten Projekt im Sinne einer verschiedene Ebenen umspannenden ,Governance" sämtlicher sozialpolitischer Maßnahmen entsprechende Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden. Diesbezüglich enthält der italienische NAP nur vage Angaben. De facto könnte die vorgesehene Aufstockung der Mittel für sozialpolitische Maßnahmen, die den Regionen zur Verfügung gestellt werden sollen, durch Haushaltskürzungen an anderer Stelle schnell wieder zunichte gemacht werden. Einen weiteren Schwachpunkt stellt das Fehlen quantifizierter Zielvorgaben für alle - mit Ausnahme der beschäftigungspolitischen - Maßnahmen dar, das die Bewertung der Ergebnisse des NAP 2003 erschweren wird.

5. Gleichstellung von Frauen und Männern

Der Grundsatz der Gleichstellung von Frauen und Männern wurde im italienischen NAP insgesamt gesehen offenbar nur begrenzt umgesetzt. Davon abgesehen enthält der Plan Analysen, Indikatoren und Statistiken mit Aufgliederung nach Geschlecht in ausreichender Zahl, die belegen, dass trotz positiver Tendenzen der jüngsten Zeit Frauen sowohl in puncto Erwerbstätigkeit als auch bei der Arbeitslosigkeit nach wie vor deutlich benachteiligt sind. Die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern wird im italienischen NAP als Priorität anerkannt, und viele Maßnahmen (insbesondere solche, die bessere und besser zugängliche Betreuungsdienstleistungen vorsehen, wie sie in den Finanzgesetzen der jüngsten Zeit bereits enthalten sind und auch im NAP 2003 nicht fehlen) werden, wenn sie denn adäquat umgesetzt werden, mit Sicherheit dazu beitragen, die Defizite bei Erwerbs- und Arbeitslosenquoten abzubauen. Allerdings werden die meisten politischen Maßnahmen geschlechtsneutral präsentiert, während beispielsweise bei der Verteilung verdeckter Erwerbstätigkeit vermutlich deutliche Unterschiede bestehen und bei der Erwerbsquote im Alter ältere Frauen wiederum sehr wahrscheinlich vor anderen Problemen stehen als ältere Männer, die einen Großteil ihres Lebens erwerbstätig waren.

6. Aktuelle Fragen und künftige Herausforderungen

Die Verringerung des Gefälles zwischen dem Süden und dem Norden des Landes bleibt weiterhin die größte Herausforderung. Auch erscheint es notwendig sorgfältig zu beobachten und zu überwachen, wie die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften die ihnen übertragenen Pflichten und Verantwortlichkeiten wahrnehmen. Vor dem Hintergrund einer größeren Flexibilität der Arbeitsmärkte könnten selbst großzügigere (allerdings an Erwerbstätigkeit gebundene) Beihilfen für Familien möglicherweise an den Bedürfnissen der vom Armutsrisiko besonders Betroffenen vorbeigehen, solange nicht die Gefahr einer drohenden Zweiteilung des Arbeitsmarktes durch die Verabschiedung einer (derzeit noch in einem sehr frühen Entwurfsstadium befindlichen) umfassenden Reform des Sozialsystems verringert wird. Die soziale Integration von Immigranten könnte sich auch als eine größere Herausforderung herausstellen als im Plan angenommen. Als weitere absolute Priorität bleibt bestehen, dass alle Maßnahmen realisiert werden, die darauf abzielen, den derzeitigen Mangel an Kinderbetreuungseinrichtungen zu beheben - auch mit Blick darauf, dass das Risiko vermieden werden muss, dass sich Anreize zur Steigerung der Geburtenrate negativ auf die ohnehin niedrige Erwerbsquote der Frauen auswirken. Die italienische Regierung sollte auch dafür Sorge tragen, dass zwischen dem NAP und den regionalen und lokalen Sozialplänen stärkere Wechselbeziehungen geschaffen werden und dass die wichtigsten Anspruchsgruppen ebenso wie die Sozialpartner in angemessener Weise und systematisch eingebunden werden, wie in der Rahmengesetzgebung 328/2000 vorgesehen.

LUXEMBURG

Situation und wichtige Tendenzen: Während des Durchführungszeitraums des ersten NAP (Eingliederung) wurde auch die luxemburgische Volkswirtschaft von der weltweiten Konjunkturabschwächung betroffen, was einen deutlichen Rückgang der BIP-Zuwachsrate und einen Anstieg der Arbeitslosenzahlen zur Folge hatte. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen stieg nur geringfügig, bei den Frauen allerdings stärker als bei den Männern. Die Zahl der Erwerbstätigen stieg zwar stetig, allerdings langsamer als bisher. Die Quote für die Armutsgefährdung (nach Sozialtransfers) liegt konstant bei 12 %, ist aber bei den jungen Menschen höher. Die luxemburgischen Behörden gehen von einer raschen Wiederbelebung der Wirtschaft aus und prognostizieren für das Jahr 2005 einen Anstieg des BIP um 3,5 %. Allerdings wird - als Folge der vorausgegangenen Rezession - auch mit einer weiteren Zunahme der Arbeitslosigkeit gerechnet.

Fortschritte im Zeitraum 2001-2003: Von den 81 im ersten NAP (Eingliederung) beschriebenen Maßnahmen zu den vier Zielen von Nizza waren 21 zum Ende des Zeitraums abgeschlossen. Die verbleibenden 60 Maßnahmen werden über den Zeitraum 2003 bis 2005 fortgeführt. Die wichtigsten Ergebnisse wurden in den Bereichen Betreuungsstrukturen, Zugang zu Wohnraum, Einkommen für Menschen mit Behinderungen und Bewertung der Qualifikationen junger Menschen erreicht. Verschiedene legislative und regulatorische Verfahren sind noch nicht abgeschlossen. Ansonsten enthält der Bericht Luxemburgs zwar ausführliche Beschreibungen der erzielten Ergebnisse, jedoch keine hinreichend genauen Angaben darüber, inwieweit die Zielsetzungen realisiert wurden oder welche Perspektiven die Ergebnisse für die Zukunft eröffnen.

Strategischer Ansatz: Der Plan enthält zwar keine umfassende Analyse der Ausgangssituation und der bisherigen Ergebnisse und es wird auch keine systematischen Quantifizierung der Zielsetzungen vorgenommen, doch geht die Strategie Luxemburgs von fünf genau definierten Aktionsbereichen aus: Aktivierung und Teilnahme am Erwerbsleben, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Zugang zu Wohnraum, Aufstockung von Maßnahmen zur Förderung der sozialen Eingliederung der unter 25-Jährigen und Förderung des Zugangs benachteiligter Bevölkerungsgruppen zu Ressourcen, Rechten und Dienstleistungen.

Wichtige politische Maßnahmen: Die ersten drei Ziele von Nizza sind gut abgedeckt, und die meisten im ,Gemeinsamen Bericht über die soziale Eingliederung" 2001 genannten ,künftigen Herausforderungen" wurden in Angriff genommen. Mit Blick hierauf wurden die 60 aus dem vorhergehenden NAP übernommenen Maßnahmen durch 54 neue Maßnahmen ergänzt. Bedauerlich ist vielleicht, dass die partnerschaftliche Dimension und die Gleichstellungsdimension, die in der luxemburgischen Eingliederungspolitik durchaus präsent sind, bei der Vorstellung der Maßnahmen nicht deutlicher hervorgehoben werden.

Künftige Herausforderungen: Das Großherzogtum Luxemburg wird ermutigt, auf den erzielten Fortschritten, insbesondere in den Bereichen Wohnung, Verhinderung von vorzeitigem Schulabbruch und generell der Ausgrenzung von jungen Menschen aufzubauen. Außerdem sollte baldmöglichst eine Bewertung der neuen Rechtsvorschriften vorgenommen werden. Die wichtigste Herausforderung bleibt allerdings die Entwicklung eines echten Bewertungsprozesses und die Schaffung des hierfür erforderlichen Instrumentariums: genaue und vollständige Indikatoren, Begründung der getroffenen strategischen Entscheidungen, quantifizierte Zielvorgaben, Bestimmung der finanziellen Ressourcen und Analyse der Ergebnisse.

1. Situation und wichtige Tendenzen

Auch in Luxemburg war der Zeitraum 2001 bis 2003 durch die weltweite Konjunkturabschwächung geprägt. Der jährliche Zuwachs des BIP erreichte 2001 nur 1,2 % und 2002 nur 1,1 % gegenüber 8,9 % im Jahr 2000. Nach einer Phase kontinuierlichen Rückgangs stieg die Arbeitslosigkeit im Jahr 2002 auf 2,8 % der Erwerbsbevölkerung, und dieser Aufwärtstrend setzt sich fort (laut den Zahlen der staatlichen Arbeitsverwaltung, ADEM, mit 3,6 % im August 2003). Die Langzeitarbeitslosigkeit nahm dagegen im Zeitraum zwischen 2000 und 2002 mit + 0,2 Prozentpunkten nur geringfügig zu, wobei Frauen stärker betroffen sind als Männer.

Den ECHP-Daten zufolge ist die Quote für die Armutsgefährdung (nach Sozialtransfers) mit 11 % im Jahr 1996 und 12 % im Jahr 2001 stabil, mit 20 % für junge Menschen jedoch höher. Die Zahl der Bezieher des garantierten Mindesteinkommens (RMG) ist seit 1999 gestiegen, was allerdings vor allem auf weniger strikte Anspruchskritieren zurückzuführen sein dürfte.

In Luxemburg rechnet man mit einem raschen Wiederanziehen der Konjunktur, prognostiziert wird ein BIP-Zuwachs von 2 % im Jahr 2003, 3,2 % im Jahr 2004 und 3,5 % im Jahr 2005; für die Inlandsbeschäftigung wird von einem Anstieg um insgesamt 1,4 % im Jahr 2003, 1,6 % im Jahr 2004 und 2,8 % im Jahr 2005 gerechnet, gleichzeitig wird von einem Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 3,3 % im Jahr 2003, 3,5 % im Jahr 2004 und 3,6 % im Jahr 2005 ausgegangen. Es besteht die Gefahr, dass es in Luxemburg zu einem Wandel von einer einen harten Kern von Personen, auf die bisherige Eingliederungsmaßnahmen ausgerichtet waren, betreffenden Restarbeitslosigkeit zu einer auch konkjunkturabhängigen Arbeitslosigkeit kommt.

2. Bewertung der Fortschritte gegenüber dem NAP (Eingliederung) 2001

Nach Angaben des Ministeriums waren 21 der 81 im NAP (Eingliederung) 2001-2003 beschriebenen Maßnahmen und damit zwischen 10 % und 54 % der Maßnahmen gemäß den jeweiligen Zielen von Nizza zum Ende dieses Zeitraums abgeschlossen. Die verbleibenden 60 Maßnahmen werden entsprechend den langfristigen Zielsetzungen der Eingliederungspolitik Luxemburgs und deren Verbindungen zu den ESF-Programmen über den Zeitraum 2003 bis 2005 fortgeführt.

Neben verschiedenen Erfolgen auf dem Gebiet von Betreuungsstrukturen, Zugang zu Wohnraum und Bewertung der Qualifikationen von jungen Menschen wurden im fraglichen Zeitraum mehrere legislative und regulatorische Verfahren auf den Weg gebracht, von denen einzelne bereits verabschiedet wurden oder demnächst verabschiedet werden sollen (Wohngeldgesetz vom 8. November 2002, Gesetz zur Förderung der wirtschaftlichen Absicherung und Unabhängigkeit von Menschen mit Behinderungen vom 15. Juli 2003), für eine Bewertung der Umsetzung ist es allerdings noch zu früh. Im NAP (Eingliederung) werden zwar die Ergebnisse aller bereits abgeschlossenen Maßnahmen genannt, doch wird nicht hinreichend genau erkennbar, ob die gesetzten Ziele erreicht wurden bzw. welche Perspektiven diese Ergebnisse für den zweiten NAP (Eingliederung) eröffnen.

Die Anknüpfungspunkte zwischen dem ersten NAP (Eingliederung) und den aus dem ESF geförderten Programmen sind deutlich dargestellt, sowohl was das Ziel 3 (35 % der Aktionen des NAP sind der Komponente ,Soziale Eingliederung/Chancengleichheit" des Ziel-3-Programms zuzurechnen) als auch was die Gemeinschaftsinitiative Equal anbelangt, die noch breiter aus Eingliederungsmaßnahmen hin angelegt ist und bei der 50 % der Haushaltsmittel dazu bestimmt sind, den am weitesten vom Arbeitsmarkt entfernten Bevölkerungsgruppen (im Wesentlichen Straffällige und Strafentlassene, Drogenabhängige und Wohnungslose) den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen.

3. Strategischer Ansatz: vorrangige Ziele und zentrale Zielvorgaben des NAP (Eingliederung) 2003

Der NAP (Eingliederung) weist fünf Aktionsbereich aus, mit denen die vier Ziele von Nizza verwirklicht werden sollen und die sich auf die gesetzlichen Systeme Luxemburgs für soziale Sicherheit, Sozialhilfe und Sozialfürsorge stützen:

* Aktivierung und Teilnahme am Erwerbsleben. Luxemburg will seine Anstrengungen auf den harten Kern der Arbeitslosigkeit konzentrieren und setzt dazu im Wesentlichen auf die Rechtsvorschriften zum garantierten Mindesteinkommen (RMG) und den am 25. Mai 2003 vorgelegten Gesetzentwurf zur ,sozial bedingten Arbeitslosigkeit". Mit diesem Gesetzentwurf sollen Aktivierungsmaßnahmen für alle Arbeitslosen nach spätestens sechs Monaten Arbeitslosigkeit gewährleistet werden und er soll eine engere Zusammenarbeit zwischen Arbeitsverwaltung und Sozialämtern bewirken. Auch im RMG-System ist eine Aktivierungskomponente vorgesehen, die dadurch erweitert werden soll, dass der Praktikantenanteil der RMG-Bezieher, insbesondere in der Altersgruppe der 25- bis 35-Jährigen, auf 4 % im Jahr verdoppelt wird.

* Besserer Zugang zu Wohnraum. Vorgesehen ist eine aktive Wohnraumbeschaffungspolitik auf der Grundlage beträchtlicher finanzieller Beihilfen. Die drei Hauptachsen dieser Politik werden sein: die Förderung des Zugangs zu Wohnraum durch finanzielle Beihilfen des Staates, die Errichtung einer Wohnraumerfassungsstelle und die Förderung neuer Pilotprojekte und neuer Strategiekonzepte (Untersuchungen zu einem sektoralen Wohnraumbeschaffungsplan, Studie zu den Konditionen einer Partnerschaft zwischen der öffentlichen Hand und den Eigentümern von nicht belegtem Wohnraum, Rückgriff auf langfristige Mietverträge für öffentliche Wohnungsträger, Errichtung einer bereits vorgeschlagenen ,Sozialwohnungs-Vermittlungsagentur", um Wohnraum für benachteiligte Personen zu beschaffen).

* Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die luxemburgische Regierung beabsichtigt, die Errichtung von Ganztages-Betreuungseinrichtungen zu fördern, den Zugang zu solchen Einrichtungen für die Bezieher niedriger Einkommen zu verbessern und diesen Einrichtungen eine größere Rolle bei Erziehung und Sozialisierung der betreuten Kinder zuzuweisen.

* Aufstockung von Maßnahmen zur Förderung der sozialen Eingliederung der unter 25-Jährigen. Hier sind zwei Arten von Maßnahmen geplant: zum einen soll ein Arbeitsplatzverlust vermieden werden (durch entsprechende Anpassung des Bildungssystems für Jugendliche mit schulischen Problemen, durch Konsolidierung der Mechanismen zur sozialen und beruflichen Integration für junge Menschen außerhalb des Schulsystems und durch Schwerpunktsetzung auf die Entwicklung sozialer Kompetenzen), zum anderen sind spezielle Maßnahmen für junge Menschen in sozialen Notlagen geplant.

* Förderung des Zugangs benachteiligter Bevölkerungsgruppen zu Ressourcen, Rechten und Dienstleistungen. Der zweite NAP (Eingliederung) setzt hier besondere Schwerpunkte auf folgende Gruppen:

- Drogenabhängige, deren verändertes Profil (höhere Konsumraten und häufigere tödliche Überdosierung, jüngeres Einstiegsalter usw.) machte eine Anpassung der bisherigen Strategie notwendig;

- Menschen mit psychischen Problemen, für die die im vorhergehenden NAP (Eingliederung) geplanten Maßnahmen unverändert beibehalten werden;

- ältere Menschen, für die Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt und für den Zugang zu Kommunikationstechnologien sowie für den Bereich Gesundheit und zur Verhinderung sozialer Isolation geplant sind;

- Menschen mit Behinderungen, für die Maßnahmen in Bezug auf den Zugang zu Dienstleistungen und Einkommen (im Gefolge des im Juli angenommenen neuen Gesetzes) und zur Koordinierung von Hilfen geplant sind;

- Menschen in einer sozialen Notlage, für die verschiedene, bereits im ersten NAP (Eingliederung) vorgesehene Maßnahmen fortgeführt werden, flankierend hierzu eine Reform des Gesetzes über das ,domicile de secours" (den für die Zwecke des Anspruchs auf Sozialversicherungsleistungen als Wohnsitz geltenden Ort) und die für die Sozialhilfe maßgeblichen Rechtsvorschriften;

- Ausländer, deren Integration durch eine Kampagne, mit der diese Bevölkerungsgruppe auf ihr Wahlrecht bei den bevorstehenden Kommunalwahlen aufmerksam gemacht werden soll, sowie durch Bemühungen zur Verbesserung der Aufnahmeeinrichtungen und der Betreuung von Asylbewerbern gefördert werden soll.

Bedauerlicherweise stützt sich dieser strategische Ansatz nicht eindeutig auf eine eingehende Analyse der Ausgangssituation (genaue Ursachen von Ausgrenzung, Auswirkungen von wirtschaftlichen Veränderungen, Maßnahmen gegen die Gefahren strukturbedingter Arbeitslosigkeit) und bisheriger Ergebnisse. Auch fehlt eine systematische Quantifizierung der Zielvorgaben für die ausgewählten Aktionsbereiche.

4. Die wichtigsten politischen Ansätze: Stärken und Schwächen

Prävention (durch Aufklärung und Zugang zu Informationen), eine proaktive Arbeitsmarktpolitik (für vermittlungsfähige Personen) und Sozialschutz (für nicht vermittlungsfähige Personen) bilden die drei Eckpfeiler des vorliegenden Plans. Die Abdeckung der ersten drei Ziele von Nizza ist gut ausgewogen, die meisten im ,Gemeinsamen Bericht über die soziale Eingliederung" 2001 genannten ,künftigen Herausforderungen" wurden in Angriff genommen (Wohnung, Vorgehen mit Blick auf die Immigrationsproblematik und Verknüpfung der NAP (Eingliederung) mit den ESF-Programmen). Mit Blick hierauf wurden die 60 aus dem vorhergehenden NAP (Eingliederung) übernommenen Maßnahmen durch 54 neue Maßnahmen ergänzt.

Wenngleich die NRO bei der Aufstellung des aktuellen NAP eine bedeutende Rolle spielten und auch bei der Umsetzung wichtige Funktionen übernehmen werden, ist doch festzustellen, dass der partnerschaftlichen Dimension (das vierte Ziel von Nizza) bei den fünf gewählten Aktionsbereichen nicht der ihr zustehende Stellenwert beigemessen wird, wiewohl sie mit Sicherheit für zahlreiche der vorgestellten Maßnahmen ein wichtiges Element darstellt.

5. Gleichstellung von Frauen und Männern

Luxemburg wird für die Mitglieder des mit der Überwachung des Programms betrauten interministeriellen Ausschusses ein ,Gender Training" durchführen. Ansonsten wird die Gleichstellungsdimension in den Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf erkennbar. Die gegenwärtigen Schwachpunkte bei den diesbezüglichen Indikatoren dürften mit der Einführung von Aufgliederungen der nationalen statistischen Daten nach Geschlecht (Maßnahme 54) behoben sein.

6. Aktuelle Fragen und künftige Herausforderungen

Das Großherzogtum Luxemburg wird ermutigt, auf den erzielten Fortschritten in den Bereichen Wohnung, Verhinderung der Ausgrenzung junger Menschen (einschließlich Prävention von vorzeitigem Schulabbruch) und Aufnahme von Immigranten aufzubauen. Die Armutsgefährdung in der Altersgruppe der unter 25-Jährigen, die weiterhin höher ist als bei der übrigen Bevölkerung, bedarf einer genauen Beobachtung. Außerdem sollte baldmöglichst eine Bewertung der neuen Rechtsvorschriften vorgenommen werden.

Die wichtigste Herausforderung bleibt allerdings die Entwicklung eines echten Bewertungsprozesses und die Schaffung des hierfür erforderlichen Instrumentariums: genaue und vollständige Indikatoren, Begründung der getroffenen strategischen Entscheidungen, quantifizierte Zielvorgaben, Bestimmung der finanziellen Ressourcen und Analyse der Ergebnisse.

NIEDERLANDE

Situation und wichtige Tendenzen: Die Armutsgefährdung ist im Jahr 2001 mit 11 % eine der geringsten in der EU. Wie in anderen Ländern auch, hat die Armutsgefährdung in den Niederlanden eine geschlechts- und altersspezifische und ethnische Dimension. Die Erwerbsquoten liegen mit insgesamt 74,4 % und 66,2 % bei den Frauen deutlich über den Zielen von Lissabon, allerdings ist auch die Erwerbslosenquote nach wie vor hoch. Erwerbsquote von Angehörigen ethnischer Minderheiten beträgt 50 % insgesamt und bei den Frauen 36 %. Seit dem vergangenen Jahr hat die Arbeitslosigkeit um 40 % zugenommen.

Fortschritte im Zeitraum 2001-2003: Aktivierungsmaßnahmen in Verbindung mit einem günstigen Wirtschaftsklima haben in den letzten Jahren zu einer stärkeren Erwerbsbeteiligung von Angehörigen ethnischer Minderheiten und älterer Arbeitnehmer geführt. Wie in der Beschäftigungsempfehlung an die Niederlande, Arbeitnehmer gegenüber Sozialhifeempfängern besser zu stellen, bekräftigt, bieten die ,Arbeitslosigkeitsfallen" trotz aller Anstrengungen weiterhin Anlass zur Sorge. Insbesondere Ehepaaren und allein Erziehenden drohen beträchtliche Einkommensverluste, wenn sie einen Niedriglohnjob annehmen und keine Sozialhilfe mehr beziehen. Programme zur sozialen Aktivierung, die die Distanz der Teilnehmer zum Arbeitsmarkt verringern, zeitigen gute Erfolge. Die Schulabbrecherquote liegt insgesamt unter dem EU-Durchschnitt, erreicht jedoch bei bestimmten ethnischen Minderheiten weiterhin Werte über 30 %. Wartelisten im Gesundheitswesen stellen für behinderte und alte Menschen nach wie vor ein Problem dar. Die Zahl der Kommunen, in denen ein mit Sozialhilfeempfängern besetztes Beratungsgremium existiert, hat sich mit über 50 % gegenüber 2001 (22 %) mehr als verdoppelt. Der Dialog mit der Zivilgesellschaft, der durch die Regierungswechsel beeinträchtigt gewesen war, wurde unlängst wieder aufgenommen.

Strategischer Ansatz: Während die Kohärenz nach wie vor sehr stark ausgeprägt ist und Zielvorgaben sehr effektiv in politische Maßnahmen mit entsprechender finanzieller Unterstützung aus dem Haushalt umgesetzt werden, hat sich der Fokus der niederländischen Strategie verengt. Ein innovatives Risikomodelle, das Risikoakkumulation und generationenübergreifende Armut besser identifizieren hilft, dürfte dazu beitragen, dass die Maßnahmen besser auf die zentralen Risikofaktoren ausgerichtet werden. Die Risikobelastung bestimmter Bevölkerungsgruppen (Frauen, ethnische Minderheiten, alte Menschen) als solche wird nicht analysiert. Dies könnte der Grund dafür sein, dass Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern und zur sozialen Eingliederung schlecht vernetzt sind.

Wichtige politische Maßnahmen: Ein neues System, das finanzielle Anreize schafft, sorgt dafür, dass die Kommunen ein direktes Interesse daran haben, Sozialhilfeempfänger in ein Arbeitsverhältnis zu vermitteln. Allein Erziehende mit kleinen Kindern müssen jetzt für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zur Verfügung stehen, zusätzliche Vergünstigungen für Erwerbstätige mit Kindern sollen dafür sorgen, dass sich die Erwerbstätigkeit lohnt. Nach wie vor bestehen jedoch Engpässe bei der Kinderbetreuung. Nach der jüngst vereinbarten Nullrunde bei den Löhnen wird auch das mit der allgemeinen Lohnentwicklung gekoppelte Niveau der Sozialhilfebezüge nicht steigen. Den Kommunen vorgegebene Hoechstgrenzen für Einkommensbeihilfen dürften dazu beitragen, die Arbeitslosigkeitsfallen abzubauen. Pläne, die Teilnahme an Eingliederungskursen für ehemalige Immigranten zur Pflicht zu machen, erscheinen angesichts der Wartelisten und der Besorgnis erregend hohen Aussteigerquoten wenig realistisch. Es besteht die Sorge, dass diejenigen, die ganz besonders auf Gesundheitsleistungen angewiesen sind (chronisch Kranke, Menschen mit Behinderungen und alte Menschen) von den Gesundheitsreformen am stärksten betroffen sind. Über Initiativen zur Stärkung des Dialogs mit der Zivilgesellschaft macht der NAP keine Angaben.

Künftige Herausforderungen: Das angespannte Wirtschaftsklima wird für die ehrgeizigen Aktivierungsmaßnahmen zur Nagelprobe werden. In die ansonsten solide Strategie zur sozialen Eingliederung sollten Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern einbezogen werden. Die Engpässe bei der Kinderbetreuung sollten dringend beseitigt und dabei allein erziehenden Eltern Vorrang eingeräumt werden. Die Wartelisten für Eingliederungskurse für ehemalige Immigranten sollten abgebaut und die Aussteigerquoten aus diesen Kursen deutlich verringert werden. Maßnahmen, mit denen das vorzeitige Abbrechen der Schulausbildung verhindert werden soll, sollten besser auf ethnische Minderheiten ausgerichtet werden. Besonders betroffene Bevölkerungsgruppen, die nicht beeinflussen können, wie stark sie das Gesundheitssystem in Anspruch nehmen müssen, sollten einen Ausgleich für die Belastungen durch die Gesundheitsreformen erhalten.

1. Situation und wichtige Tendenzen

Die Erholung der niederländischen Wirtschaft bleibt mit 0,2 % deutlich hinter dem EU-Durchschnitt von 1,1 % im Jahr 2002 zurück. Für 2003 wird ein weiterer Rückgang des BIP-Wachstums um 0,9 % erwartet. Aufgrund des Arbeitskräftemangels der letzten Jahre sind die Löhne in den Niederlanden deutlicher gestiegen als in der übrigen Union. Um das Haushaltsdefizit unter der Maastricht-Grenze von 3 % zu halten, beschloss die Regierung für 2004 zusätzliche Haushaltskürzungen von 1,1 Mrd. EUR, die hauptsächlich die Bereiche soziale Sicherheit und Gesundheit betreffen. Von einem historischen Tiefststand im Jahr 2001 stieg die Arbeitslosigkeit in den Jahren 2002 und 2003 um insgesamt 40 %, für das kommende Jahr wird mit einem Fortbestehen dieses Trends gerechnet. Betroffen sind in erster Linie Jugendliche, Frauen, gering qualifizierte Arbeitskräfte und Angehörige ethnischer Minderheiten. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt mittlerweile bei über 10 %. An den Eurostat-Daten für 2002 lassen sich diese Trends noch nicht ablesen. In diesem Jahr wiesen die Niederlande mit einer Arbeitslosenquote von insgesamt 2,7 % und 3 % bei den Frauen die niedrigsten Arbeitslosenzahlen der gesamten EU auf. Auch die Quoten der Langzeitarbeitslosigkeit waren mit 0,7 % insgesamt und 0,8 % bei den Frauen sehr niedrig.

Die Erwerbsquoten liegen mit insgesamt 74,4 % und 66,2 % bei den Frauen deutlich über den Zielen von Lissabon. Die Erwerbsquote älterer Arbeitnehmer hat sich deutlich verbessert und liegt mit 42,2 % für das Jahr 2002 über dem EU-Durchschnitt. Die Erwerbsquote von Angehörigen ethnischer Minderheiten beiträgt bei den Männern 50 % und bei den Frauen 36 % (Angaben der Niederlande). Die Erwerbslosenquote ist anhaltend hoch; rund 1,7 Mio. Menschen leben von Sozialhilfe.

Die Armutsgefährdung ist mit 11 % insgesamt eine der geringsten in der Union (Zahlen für 2001). Allerdings weist die Armutsproblematik - wie in anderen Ländern auch - eine ethnische, geschlechts- und altersspezifische Dimension auf. Der Bevölkerungsanteil der Einwohner aus nicht-westlichen Ländern beträgt 10 % (8,9 % im Jahr 2000), in den vier größten Städten liegt er über 30 %. Aus den von den Niederlanden vorgelegten Zahlen geht hervor, dass allein stehende Frauen über 65 Jahre in der Gruppe der Langzeitbezieher von Sozialhilfe überrepräsentiert sind. Das Armutsrisiko allein Erziehender lag 2001 bei 45 % (EU-Durchschnitt: 35 %). Lediglich 38 % der Alleinerziehendenhaushalte erwirtschaften ein Einkommen über dem sozialen Minimum. Angehörige ethnischer Minderheiten stellen 30 % aller Haushalte, die Sozialhilfe beziehen.

2. Bewertung der Fortschritte gegenüber dem NAP (Eingliederung) 2001

Die durch die wiederholten Regierungswechsel in gewisser Weise beeinträchtigte Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen (NRO) wurde vor kurzem wieder aufgenommen. Die Allianz für soziale Gerechtigkeit, eine Plattform, in der neben den Sozialpartnern eine große Zahl von NRO vertreten ist, trifft sich in der Regel zweimal jährlich mit der Regierung zu Gesprächen über die Prioritäten bei der sozialen Eingliederung.

In den Niederlanden wird viel Wert darauf gelegt, die Fortschritte anhand aussagefähiger Indikatoren zu messen. Das Ziel, die Differenz bei den Arbeitslosenzahlen zwischen Niederländern und Angehörigen ethnischer Minderheiten bis 2002 zu halbieren, wurde bereits 2001 erreicht, doch beginnt - bedingt durch die verschlechterte Wirtschaftslage - die Schere sich wieder zu öffnen (2002 um 1 %). Das Ziel, die Erwerbsquote älterer Arbeitnehmer um 0,75 % zu steigern, wurde 2002 ebenfalls erreicht. Gemäß den vorläufigen Zahlen für 2002 erzielen die Kommunen bei der Aufstellung der zugesagten Wiedereingliederungspläne für 300 000 Langzeitarbeitslose bis 2006 mit einer Erfolgsquote von 40 % (Arbeitsplatzvermittlungen) zufriedenstellende Fortschritte. Die Zahl der realisierten Übergänge erreichte noch nicht die Vorgaben, die Zahl der Arbeitsplatzvermittlungen liegt jedoch bei 76 % (vorläufige Angaben). Durch Programme zur sozialen Aktivierung wird die Distanz der Teilnehmer zum Arbeitsmarkt verringert, 2002 wurden entsprechende Programme auch für Menschen mit Behinderungen geöffnet.

Wie bereits in den Vorjahren richtete sich das Sozialhilfeniveau 2002 nach der allgemeinen Entwicklung bei Löhnen und Gehältern. Dieser Eckpfeiler der niederländischen Einkommenspolitik garantiert auch den niedrigsten Einkommensgruppen den Erhalt ihrer Kaufkraft. Wie in der Beschäftigungsempfehlung an die Niederlande, Arbeitnehmer gegenüber Sozialhifeempfängern besser zu stellen, bekräftigt, bieten die ,Arbeitslosigkeitsfallen" weiterhin Anlass zur Sorge. Insbesondere Ehepaaren und allein Erziehenden drohen beträchtliche Einkommensverluste, wenn sie einen Niedriglohnjob annehmen und keine Sozialhilfe mehr beziehen. Für Haushalte mit Kindern wurden daher 2002 zusätzliche Steuererleichterungen eingeführt. Das Ziel, die Zahl der überschuldeten Haushalte bis 2005 um 10 % zu reduzieren, erwies sich als schwierig zu messen und wurde daher aufgegeben. Die Nachfrage nach Schuldnerberatung hat deutlich zugenommen, und das System zur Beobachtung der Verschuldungsentwicklung wurde zwischenzeitlich verbessert, um Besonderheiten und Größenordnung des Problems genauer bestimmen zu können.

Kommunen mit einem hohen Anteil an Angehörigen ethnischer Minderheiten erhalten zusätzliche Haushaltsmittel für Eingliederungsmaßnahmen, die vorrangig für Eltern und Arbeitsuchende bestimmt sind. Der Anteil der Schulabbrecher lag 2002 bei 15 % insgesamt, bei den Mädchen bei 14,3 %, erreichte jedoch bei einigen ethnischen Minderheiten mehr als 30 %. Im Durchschnitt weisen Grundschulkinder, die einer ethnischen Minderheit angehören, gegenüber den niederländischen Kindern einen Sprachentwicklungsrückstand von zwei Jahren auf (der bis 2006 auf 1,5 Jahre verringert werden soll). Während sich die Situation bei Kindern aus ethnischen Minderheiten allmählich verbessert, verschlechtert sich das Bildungsniveau der niederländischen Kinder aus sozial schwachen Bevölkerungsgruppen.

Die Wartelisten im Gesundheitswesen konnten seit 2001 zwar generell abgebaut werden, doch bestehen weiterhin Engpässe in der Versorgung derjenigen, die am meisten darauf angewiesen wären, nämlich behinderter und alter Menschen. Die Zielsetzungen für den IKT-Zugang wie ,Internet-Anschlüsse für alle Schulen und Kommunen" wurden realisiert. In über 50 % der Kommunen existiert ein mit Sozialhilfeempfängern besetztes Beratungsgremium (2001 noch 22%).

3. Strategischer Ansatz: Vorrangige Ziele und zentrale Zielvorgaben

Die Problemfelder der Armut und der sozialen Ausgrenzung werden deutlicher herausgearbeitet und die sozial Schwachen stärker als bisher als Zielgruppe herausgestellt. Ein innovatives Risikomodell hilft dabei, die Gruppen mit der höchsten Armutsgefährdung genauer einzugrenzen. Dieses Modell verknüpft spezifische Merkmale von Armut und sozialer Ausgrenzung mit Risikofaktoren wie Einkommenssituation, Stellung am Arbeitsmarkt, Gesundheit und Lebensumständen und ermöglicht dadurch eine genauere Bestimmung von Risikohäufungen und von generationenübergreifender Armut. Die Risikobelastung bestimmter Bevölkerungsgruppen (Frauen, ethnische Minderheiten, alte Menschen) als solche wird nicht analysiert. Die Strategie ist sehr gut ausgeprägt, was Kohärenz und die effiziente Umsetzung von Zielvorgaben in politische Maßnahmen mit entsprechender Unterstützung aus dem Haushalt betrifft. Wichtige Politikfelder wurden ausgelassen, so etwa die Vermeidung von Arbeitslosigkeit, die zwar im NAP (Beschäftigung) behandelt wird, dort allerdings nicht unter der Perspektive der sozialen Eingliederung. Zudem sind die Zielvorgaben des NAP 2001 für die Mobilisierung aller Akteure weggefallen. Als gute Beispiele für ergebnisorientierte Zielvorgaben wären zu nennen: ,Steigerung der Erwerbsquote bei ethnischen Minderheiten auf 54 % im Jahr 2005", ,Erhöhung der Zahl der ohne gesundheitliche Beschwerden verbrachten Jahre für Menschen mit niedrigem sozioökonomischem Status um drei Jahre (auf 56 Jahre) im Jahr 2020".

4. Die wichtigsten politischen Ansätze: Stärken und Schwächen

Das neue Gesetz zu ,Arbeit und Unterstützung" überträgt den Kommunen die Verantwortung für Sozialhilfe und Wiedereingliederungsmaßnahmen; Kommunen die bei der Vermittlung von Sozialhilfeempfängern in ein Arbeitsverhältnis besonders hohe Erfolgsquoten erzielen, erhalten finanzielle Vergünstigungen. Dieses leistungsorientierte System ermöglicht zwar weitaus effektiver als das bisherige System maßgeschneiderte Konzepte, doch birgt es die Gefahr, dass schwer vermittelbare Personen durch das Raster fallen. Zudem besteht die Gefahr, dass die Dezentralisierung die Möglichkeiten einer strategischen Lenkung und begleitenden Beobachtung auf nationaler Ebene verringert. Alle unter 65-jährigen Sozialhilfeempfänger, auch allein Erziehende mit kleinen Kindern, müssen jetzt für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zur Verfügung stehen. Zusätzliche Vergünstigungen für Erwerbstätige mit Kindern sollen dafür sorgen, dass sich die Erwerbstätigkeit lohnt. Mit diesen positiven Maßnahmen soll verhindert werden, dass allein Erziehende aus dem Arbeitsmarkt abdriften. Überraschenderweise enthält der NAP jedoch kaum Aussagen zu dem fortdauernden Mangel an Kinderbetreuungsplätzen. Der Erwerbsbeteiligung von Frauen aus ethnischen Minderheiten wird weiterhin nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet.

Nach der jüngst vereinbarten Nullrunde bei den Löhnen wird auch das mit der allgemeinen Lohnentwicklung gekoppelte Niveau der Sozialhilfebezüge nicht steigen. Die Abstimmung zwischen gesetzlichen und lokalen Einkommensbeihilfen/Sozialhilfe dürfte durch die Begrenzung der von den Kommunen gezahlten zusätzlichen Einkommensbeihilfen verbessert werden. Langzeit-Sozialhilfeempfänger ohne Vermittlungsperspektive werden einen jährlichen Einkommenszuschuss (für Ehepaare 454 EUR) erhalten. Dies dürfte auch dazu beitragen, das Ziel der Einkommenstransparenz besser mit jenem der Armutsbekämpfung in Einklang zu bringen.

Die Integrationsmaßnahmen sind nachdrücklicher formuliert und auf die vollständige Eingliederung in die Gesellschaft und die Vermittlung niederländischer Kultur und Gebräuche ausgerichtet. Die Teilnahme an Eingliederungskursen für ehemalige Immigranten scheitert jedoch vielfach an langen Wartelisten, und die Abbrecherquoten sind Besorgnis erregend hoch, was die Frage nach der Realisierbarkeit von Plänen zur Einführung weiterer Pflichtelemente für diese Bevölkerungsgruppe aufwirft. Obwohl die Schulabbrecherquote unter den Angehörigen bestimmter ethnischer Minderheiten über 30 % beträgt, werden diese Jugendlichen im NAP nicht als besondere Zielgruppe berücksichtigt.

Die Einführung einer Eigenbeteiligung für Gesundheitsleistungen und eine Erhöhung der Selbstbeteiligung an der Krankenversicherung um 25 % verdeutlichen den Trend, den Versicherten mehr Eigenverantwortung zu übertragen. Es besteht die Sorge, dass nicht alle, die in besonderem Maße auf Gesundheitsleistungen angewiesen sind, wie alte Menschen, chronisch Kranke und Menschen mit Behinderungen, einen vollen Ausgleich für diese Maßnahmen erhalten werden. Zu Initiativen, mit denen der Elan in dem traditionell stark ausgeprägten Dialog mit der Zivilgesellschaft erhalten werden soll, schweigt sich der NAP aus. Der ESF leistet Hilfestellung bei der Umsetzung wichtiger Integrationsziele wie Programme zur Wiedereingliederung und zur sozialen Aktivierung für (Extrem-) Langzeitarbeitslose und dem Vorgehen gegen vorzeitigen Schulabbruch.

5. Gleichstellung von Frauen und Männern

Nachdem in den Niederlanden schon seit jeher auf die Entwicklung von integrierten politischen Maßnahmen geachtet wird, erstaunt die Trennung von Maßnahmen zur sozialen Eingliederung und Gleichstellungsmaßnahmen. Ungeachtet der etwas kritischen Bewertung von 2001 wird der geschlechtsspezifischen Dimension von Armut und sozialer Ausgrenzung im neuen NAP noch weniger Beachtung geschenkt. Bis auf einige Ausnahmen wird bei den Indikatoren nicht nach Geschlecht unterschieden, während doch die geschlechtsspezifischen Statistiken der Niederlande zu den besten der EU zählen; geschlechtsspezifische Zielvorgaben fehlen völlig. Dem ,Gender Mainstreaming" wird wenig Aufmerksamkeit gewidmet, es soll bei der Umsetzung des NAP ,nach Bedarf" berücksichtigt werden.

6. Aktuelle Fragen und künftige Herausforderungen

Das angespannte Wirtschaftsklima wird für die ehrgeizigen Aktivierungsmaßnahmen zur Nagelprobe werden. In der ansonsten soliden Strategie zur Armutsbekämpfung sollte die Einbeziehung der geschlechtsspezifischen Dimension der Armut und der sozialen Ausgrenzung Priorität haben. Die Indikatoren sollten konsequent nach Geschlecht aufgegliedert werden. Engpässe bei der Kinderbetreuung sollten dringend beseitigt und dabei allein erziehenden Eltern Vorrang eingeräumt werden. Die Wartelisten für Eingliederungskurse für ehemalige Immigranten sollten abgebaut und die Aussteigerquoten aus diesen Kursen verringert werden. Bei Maßnahmen zur Verhinderung und Beseitigung hoher Schulabbrecherquoten muss verstärkt auf ethnische Minderheiten eingegangen werden. Personen, die nicht beeinflussen können, wie stark sie das Gesundheitssystem in Anspruch nehmen müssen, wie z. B. behinderte, alte und chronisch kranke Menschen, sollten einen Ausgleich für die Belastungen durch die Gesundheitsreformen wie die Einführung höherer Selbstbehalte und höherer Eigenbeiträge für Gesundheitsleistungen erhalten.

ÖSTERREICH

Situation und wichtige Tendenzen: Im Zeitraum von 1997 bis 2001 ging die Armutsgefährdungsquote geringfügig auf 12 % zurück, während die Quote für die dauerhafte Armutsgefährdung auf 7 % stieg. Die Gesamtaufwendungen für den Sozialschutz erreichten im Jahr 2001 28,5 % des BIP und lagen damit geringfügig über dem Wert für 1998. Die Jugendarbeitslosigkeit verzeichnet seit 2000 eine zunehmende Tendenz, ist jedoch immer noch sehr niedrig. Die Langzeitarbeitslosenquote, die zu den niedrigsten in der EU zählt, bleibt bislang weitgehend stabil. Für das Jahr 2000 weist Österreich den höchsten Bevölkerungsanteil (der 25- bis 64-Jährigen) mit einem Abschluss der Sekundarstufe II auf, wohingegen der Bevölkerungsanteil mit einem Hochschulabschluss zu den niedrigsten der EU zählt. Die Schulabbrecherquote war 2002 mit 9,5 % die niedrigste in der EU. Die Frauenerwerbsquote steigt - überwiegend in Form von Teilzeitbeschäftigung - weiter an.

Fortschritte im Zeitraum 2001-2003: Auf dem Gebiet von Renten und Arbeitslosenhilfe wurden verschiedene Maßnahmen für die Bezieher der niedrigsten Sätze eingeleitet. Bei den Maßnahmen für Menschen mit Behinderungen sind zunehmende Erfolge zu verzeichnen. Die Maßnahmen zugunsten von Immigranten wurden verstärkt, doch die Maßnahmen zugunsten von Asylbewerbern zeigen offensichtlich nur begrenzte Wirkung. Ebenfalls verstärkt wurden die Wiedereingliederungsmaßnahmen am regionalen Arbeitsmarkt und die sozialen Dienstleistungen.

Strategischer Ansatz: Im NAP wurde ein breites Spektrum von Zielsetzungen für den nächsten Zeitraum formuliert. Sie betreffen die Verringerung der Zahl der Schulabgänger mit geringer Lesekompetenz um 20 % in den kommenden Jahren, einen Mindestlohn in Höhe von 1000 EUR für Vollzeittätigkeiten und keine Besteuerung von Einkommen bis zu dieser Höhe, die weitere Ausweitung des Mindestrentenkonzepts und die verstärkte Integration von Immigranten und von Pflegediensten.

Wichtige politische Maßnahmen: Kennzeichnend für den NAP ist eine Vielzahl von Maßnahmen, die auf spezifische, von allgemeineren Sozialschutzmaßnahmen noch nicht hinreichend abgedeckte Problemstellungen ausgerichtet sind. In verschiedenen Bereichen wurden ,Gender Mainstreaming"-Aktionen eingeleitet, mit denen bessere Rahmenbedingungen geschaffen und die Belastung der Frauen durch Betreuungsaufgaben verringert werden soll. Einige dieser Maßnahmen, darunter insbesondere das System der Kinderbetreuungsbeihilfen und die auf Immigranten und Asylbewerber ausgerichteten Maßnahmen, müssen genau beobachtet werden.

Künftige Herausforderungen: Der NAP vermittelt einen Überblick über ein breites Spektrum an interessanten und wichtigen Maßnahmen, die allerdings keinen echten Aktionsplan bilden. Die vorgestellten Zielsetzungen sind zwar überaus wichtig, werden in weiten Teilen jedoch nicht durch konkrete Zielvorgaben und die Entwicklung einer finanziellen Perspektive zur Untermauerung des Prozesses konkretisiert. Das Betreuungsangebot für Kinder unter 3 Jahre und schulpflichtige Kinder sollte weiter ausgebaut werden. Zwar sind weitere Maßnahmen in Bezug auf eine verbesserte Mindestrente geplant, doch sollten deren Auswirkungen, insbesondere auf Frauen, einer Bewertung unterzogen werden. Besonders die Situation der Haushalte mit Langzeitarbeitslosen muss mit Blick auf die hohe Armutsgefährdung beobachtet werden. Die Diskussion über politische Maßnahmen unter dem Aspekt des ,Gender Mainstreaming" sollte ebenfalls aufgewertet werden. Angesichts der Reaktionen der wichtigsten Anspruchsgruppen muss die Mobilisierung aller maßgeblichen Stellen deutlich verstärkt werden.

1. Situation und wichtige Tendenzen

Die Jahre, auf die sich der vorherige NAP bezog, waren durch eine schwache Wirtschaftsentwicklung und das Ansteigen der Arbeitslosigkeit von 3,7 % im Jahr 2000 und 3,6 % im Jahr 2001 auf 4,3 % im Jahr 2002 geprägt. Die Langzeitarbeitslosenqoute sank auf 0,8 %. Die Gesamterwerbsquote stieg 2002 auf 69,3 %, auch die Erwerbsquote der Frauen stieg kontinuierlich an und erreichte 2002 63,1 %. Die Erwerbsquote älterer Arbeitnehmer verzeichnete einen Anstieg von 28,9 % im Jahr 2001 auf 30,0 % im Jahr 2002.

Gegenüber 1997 zeigen die ECHP-Daten für 2001 einen Rückgang der Armutsgefährdung um einen Prozentpunkt auf 12 %. Die Quote für das dauerhafte Armutsrisiko war jedoch 20011 auf 7 % gegenüber nur 4,7 % im Zeitraum 1995 bis 1997 gestiegen.

Das Bildungs- und Qualifikationsniveau der Bevölkerung (25 bis 64 Jahre) ist im Jahr 2000 gekennzeichnet durch den höchsten Bevölkerungsanteil (61,9 % = höchster Wert für EU-15) mit einem Abschluss der Sekundarstufe II, wohingegen der Bevölkerungsanteil mit einem Hochschulabschluss mit 14,2 % zu den niedrigsten der EU zählt. Die Schulabbrecherquote lag 2002 bei 9,5 %, dem niedrigsten Prozentsatz in der EU, bei einem Gemeinschaftsdurchschnitt von 19 %. Die Sozialschutzaufwendungen Österreichs beliefen sich im Jahr 2000 auf 28,5 % des BIP, was einem geringfügigen Anstieg um 0,2 Prozentpunkte gegenüber 1998 entspricht. Das allgemeine Sozialschutzniveau ist in Österreich im Vergleich mit dem EU-Durchschnitt weiterhin relativ hoch. Der Verteilungseffekt der Sozialtransfers liegt in Österreich über dem EU-Durchschnitt. Die Einkommensverteilung ist weniger ungleich, woraus sich für Österreich eine gegenüber dem EU-Durchschnitt geringere Armutsgefährdung ergibt. Das Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung konzentriert sich damit offenkundig auf eine Anzahl spezifischer Gruppen, auf die ein oder mehrere Gefährdungsmerkmale zutreffen.

2. Bewertung der Fortschritte gegenüber dem NAP (Eingliederung) 2001

Es wurden Anstrengungen unternommen, um den Status der ärmsten Bevölkerungsgruppen in Bezug auf Altersruhegelder zu schützen, insbesondere durch die erste Stufe der Steuerreform und höhere Zusatzleistungen für Bezieher niedriger Renten. Die Arbeitslosenbezüge für Personen, die davor der niedrigsten Einkommensgruppe zuzurechnen waren, wurden angehoben. Ein größerer Personenkreis als bisher - insbesondere Arbeitnehmer in flexiblen Arbeitsverhältnissen - fällt unter die neue Abfindungsregelung. Regionale Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt wurden verstärkt.

Das 2002 eingeführte Erziehungsgeld hat dazu beigetragen, das Einkommensniveau von Familien mit kleinen Kindern zu erhöhen. Es wurde ein Überwachungssystem eingeführt, mit dem die Auswirkungen auf die Erwerbsbeteiligung der Frauen beobachtet werden soll. Bislang lassen die Beobachtungen unterschiedliche Ergebnisse erkennen.

Generell hat sich die Stellung der Frauen in einigen Bereichen verbessert, so z. B. bei Erwerbsquote und Bildungsniveau. Außerdem wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die allgemeinen Rahmenbedingungen für Frauen zu verbessern und die Belastung durch familiäre Pflichten und Betreuung zu verringern. Mit Blick auf Menschen mit Behinderungen und die Verbesserung von Langzeit-Betreuungseinrichtungen ist eine ganze Anzahl interessanter und zunehmend erfolgreicher politischer Maßnahmen und Aktionen zu verzeichnen, die überwiegend auf Aktivitäten der Länder zurückgehen. An weiteren wichtigen Maßnahmen sind die gezieltere Ausrichtung von Beihilfen für Bedürftige sowie Unterstützungseinrichtungen und Aktionen für Wohnungslose zu nennen. Durch eine Änderung des Insolvenzgesetzes wurde der Zugang zu Entschuldungsverfahren erweitert.

Weiter wird auf eine Reihe von politischen Maßnahmen in Bezug auf Immigranten und Asylbewerber hingewiesen, die verstärkte Anstrengungen und verbesserte Ergebnisse erkennen lassen (vermehrte Erwerbsbeteiligung, Verbesserungen im Bildungsangebot, Deutschkurse, spezielle Wohnraumbeschaffungsprogramme und Eingliederungsstellen).

3. Strategischer Ansatz: Vorrangige Ziele und zentrale Zielvorgaben

Die österreichische Regierung unterstreicht die Notwendigkeit eines ,Policy Mix", bestehend aus einer soliden Wirtschaftspolitik auf der Grundlage der Ziele des EU-Stabilitätspakts, verbunden mit einer besseren Abstimmung der Fiskal-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik. Umfassende Reformen sollen die Tragfähigkeit des Sozialschutzsystems auf lange Sicht sicherstellen. Die Regierung betrachtet eine Politik der Vollbeschäftigung als tragende Säule für den Abbau der Armutsgefährdung.

Die Zielsetzungen des NAP für die nächsten Jahre im Einzelnen:

* Reduzierung der Zahl der Schulabgänger mit geringer Lesekompetenz um 20 % in den nächsten Jahren und Verringerung des Anteils der 18- bis 24-Jährigen mit max. Pflichtschulabschluss sowie eine weitere Erhöhung der Bildungs- und Ausbildungsbeteiligung der ausländischen Jugendlichen sowie der Jugendlichen insgesamt.

* Erweiterung des Zugangs zur Arbeitslosenversicherung auf ,atypische Arbeitsverhältnisse" wie z. B. freie Dienstnehmer, Selbstständige und Landwirte, und der Aufruf an die Sozialpartner, in ihren Kollektivverträgen Bestimmungen dahingehend zu verankern, dass alle Vollzeitbeschäftigten ein Erwerbseinkommen von mindestens 1000 EUR monatlich verdienen können.

* Verringerung des Anteils der Substandardwohnungen am Wohnungsbestand und Reduzierung der Zahl wohnungsloser Menschen.

4. Die wichtigsten politischen Ansätze: Stärken und Schwächen

Die herausragende positive Entwicklung am Arbeitsmarkt ist der anhaltende Anstieg der Frauenerwerbsquote. Bei den meisten neu geschaffenen Arbeitsplätzen handelt es sich um Teilzeitarbeitsplätze. Nach den bislang gemischten Ergebnissen sollte weiterhin beobachtet werden, inwieweit die Zielsetzungen des Kinderbetreuungsgelds erreicht werden, ohne dabei jedoch die Bemühungen um einen verstärkten Ausbau des Angebots an Kinderbetreuungseinrichtungen, vor allem für Kinder unter drei Jahren, in den Regionen, in denen Bedarf besteht, zu vernachlässigen. Ein Beispiel für eine gelungene politische Maßnahme sind die fortdauernden Bemühungen, die Beteiligung von Frauen und Mädchen auf dem Gebiet der IKT zu fördern. Auch bei der Situation der behinderten Menschen sind auf einer ganzen Anzahl von Gebieten (Beschäftigung, Langzeitbetreuungseinrichtungen usw.) Fortschritte zu verzeichnen. Mit Blick auf Immigranten zeigt eine Reihe von Maßnahmen positive Ergebnisse, doch besteht hier noch ein Entwicklungspotenzial. In Bezug auf Asylbewerber bleibt die tatsächliche Wirkung verschiedener positiver Maßnahmen eher unbestimmt, die Schwerpunktsetzung auf diese Gruppen im NAP ist damit nicht ausreichend dokumentiert. Der Bund und die Länder werden aufgefordert, funktionierende Verfahren zu entwickeln, mit denen die beiderseitigen Einschränkungen beseitigt werden können.

Dem Europäischen Haushaltspanel (ECHP) zufolge sind 4 % der österreichischen Bevölkerung, überwiegend ältere Menschen, als akut arm zu bezeichnen. Der NAP nennt zur Verbesserung dieser Situation verschiedene Maßnahmen, die weiter intensiviert werden sollten. Die Neuordnung des Sozialhilfe- und des Arbeitslosenhilfesystems, die derzeit geprüft wird, muss im Kontext eines möglichen Anstiegs der Armutsgefährdung für eine größere Zahl von Haushalten mit Langzeitarbeitslosen betrachtet werden.

Die ECHP-Daten belegen ein recht hohes Armutsrisiko für Frauen ab 65 Jahre (29 % im Jahr 1999). Es wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen, um potenzielle negative Nebenwirkungen der Rentenreform abzufangen, so z. B. eine verbesserte Anrechnung von Kindererziehungszeiten und die Einrichtung eines speziellen Härtefonds. Es bleibt abzuwarten, ob mit diesen Maßnahmen alle Bezieher niedriger Renten, insbesondere allein stehende Frauen mit Rentenfehlzeiten und/oder längeren Zeiten in atypischen Arbeitsverhältnissen, erfasst werden. Die im letzten Bericht angesprochene Frage der Stärkung der individuellen Rentenansprüche von Frauen wurde mit der jüngsten Rentenreform nur am Rande berührt.

Vor dem Hintergrund, dass der Zugang zum Arbeitsmarkt, angemessener Schutz durch Sozialgesetzgebung und Arbeitsrecht sowie bessere Bildungschancen als zentrale Bestandteile einer Politik gegen Armut betrachtet werden, wird Beschäftigungs- und Bildungsmaßnahmen besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Zwar wurde bereits eine Anzahl spezifischer Maßnahmen für besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen eingeleitet, doch sollten Querschnittsmaßnahmen kohärent weiterentwickelt werden, um die Gefahr der sozialen Ausgrenzung zu verhindern.

Die österreichische Regierung hebt die verstärkte Zusammenarbeit von Organen des Bundes und der Länder hervor. Allerdings sollte die Mitwirkung der Wohlfahrtsverbände und der Sozialpartner aktiv gefördert werden.

5. Gleichstellung von Frauen und Männern

Es wurde eine große Zahl von Aktionen auf den Weg gebracht, um die Chancengleichheit von Frauen und Männern zu verbessern, doch muss die tatsächliche Wirkung der jüngsten Maßnahmen, vor allem der Rentenreform, genau überwacht werden. Es besteht weiterhin Bedarf an zusätzlichen Kinderbetreuungseinrichtungen, und die Auswirkungen des Kinderbetreuungsgeldes auf die Erwerbsbeteiligung der Frauen müssen weiter aufmerksam beobachtet werden. Im Kontext der Gemeinschaftsinitiative Equal und der Territorialen Beschäftigungspakte laufen Maßnahmen, mit denen ein Abbau der geschlechtsspezifischen Segmentierung erreicht werden soll.

6. Aktuelle Fragen und künftige Herausforderungen

Die im vorliegenden NAP formulierten zentralen Ziele sind für sich genommen sehr wichtig und sollen richtigerweise mit einem breiten politischen Instrumentarium angegangen werden. Aus dem NAP geht hervor, dass ein breites Spektrum an spezifischen Maßnahmen für verschiedene Risikogruppen existiert und - abhängig von der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln - weiterentwickelt und auch neu konzipiert wird. Allerdings enthält der NAP bis auf wenige Ausnahmen keine konkreten Aussagen zu Zielvorgaben, Indikatoren, Zeitrahmen und - in weiten Teilen - einer Haushaltsperspektive wie die Zahl der von sozialer Ausgrenzung und Armutsrisiken bedrohten Menschen bis 2010 verringert werden soll. Die Anforderungen an einen richtigen Aktionsplan, wie die Ziele für 2010 auf strukturierte und umfassende Weise erreicht werden sollen, untermauert mit verbindlichen quantitativen Zusagen, erfuellt der NAP nur zum Teil.

Eine umfassendere Strategie zur Chancengleichheit als ein ,Mainstreaming"-Thema in allen relevanten Politikfeldern muss erst noch entwickelt werden.

,Gender Mainstreaming" ist zwar in verschiedenen Initiativen zu Beschäftigung und Bildung erkennbar, doch bedarf es einer weiter gehenden und intensiveren Wirkungsanalyse, damit die geschlechtsspezifischen Unterschiede in den einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen effektiv abgebaut werden können. Auch das Thema einer verbesserten Eingliederungspolitik für Nicht-EU-Bürger muss weiterhin ganz oben in der Agenda angesiedelt bleiben.

PORTUGAL

Situation und wichtigste Tendenzen: Angesichts der Konjunkturabschwächung und wachsender Arbeitslosigkeit sowie eines weiterhin niedrigen Qualifikationsniveaus eines beträchtlichen Teils der Erwerbsbevölkerung und einer niedrigen Gesamtproduktivität bestehen die Strukturprobleme des Landes unverändert fort. Die Situation in Bezug auf Armut und soziale Ausgrenzung ist nach wie vor Besorgnis erregend: 2001 waren 20 % der Bevölkerung vom Armutsrisiko bedroht, 15 % vom Risiko dauerhafter Armut. Mit seiner Armutsquote zählt Portugal trotz einer deutlicher Besserung gegenüber 1995 (23 %) immer noch zu den ärmsten Ländern der EU.

Fortschritte im Zeitraum 2001-2003: Bedingt durch das Fehlen von Informationen zu bestimmten Indikatoren gestaltet sich die Bewertung der Ergebnisse wichtiger politischer Maßnahmen trotz verschiedener Überwachungsanstrengungen schwierig. Bereiche, in denen Fortschritte erzielt wurden, sind die Entwicklung des Mindesteinkommenssystems (mit Modifikationen), Beschäftigungsförderungsmaßnahmen und die Erweiterung des ,Sozialnetzes".

Strategischer Ansatz: Der NAP (Eingliederung) 2003-2005 bildet im Wesentlichen eine kontinuierliche Fortführung der 2001 vorgestellten übergeordnete Strategie, wobei allerdings die zahlreichen Zielsetzungen hinsichtlich der Verringerung der Armutsgefährdung und der Kinderarmut etwas zurückgenommen wurden. Da der Ansatz auf sehr weit gefassten Grundsätzen, Ansätzen und strategischen Zielen beruht, außerdem zahlreiche Prioritäten genannt werden und das Instrumentarium ein sehr breites Spektrum umfasst (dessen Zielsetzungen nicht immer genau spezifiziert werden), ist nur sehr schwer festzustellen, wo die tatsächlichen Handlungsprioritäten liegen und wie die strategischen Zielsetzungen mit der Umsetzung der Maßnahmen in Einklang zu bringen sind. Verschärfend kommt hinzu, dass Angaben zu den Finanzierungsquellen ebenso wie die Haushaltsansätze für die wichtigsten Maßnahmen fehlen.

Wichtige politische Maßnahmen: Eine zentrale Maßnahme des NAP (Eingliederung) ist das ,Sozialnetz", das im Hinblick auf die Mobilisierung aller Beteiligten weiter gespannt und verstärkt werden soll. Außerdem sind Maßnahmen im Bereich der allgemeinen und der beruflichen Bildung sowie Maßnahmen zur Anhebung der Mindestrenten vorgesehen. Die besondere Aufmerksamkeit gilt bestimmten sozial schwachen Bevölkerungsgruppen (gefährdete Kinder und Jugendliche, Wohnsitzlose und Immigranten), daneben enthält der Plan auch Maßnahmen, die einen einfacheren Zugang der Bürger zu Informationen über ihre sozialen Rechte sowie den Zugang zu Beratungsleistungen in schwierigen Lebenssituationen gewährleisten sollen. Im Einklang mit den 2001 angekündigten Langzeitzielen enthält der NAP (Eingliederung) 2003-2005 keine innovativen politischen Maßnahmen (er beinhaltet vielmehr bereits laufende Maßnahmen und neue Instrumente, mit denen Projekte, die durch mangelnde Fortschritte auffielen, neu belebt werden sollen).

Künftige Herausforderungen: Die größte Herausforderung betrifft die Verfügbarkeit der erforderlichen Finanzmittel für die Realisierung der Zielsetzungen des NAP (Eingliederung) in einer Zeit der Haushaltsbeschränkungen. Auf der operationellen Ebene stellt die Überwachung der Ergebnisse weiterhin ein Problem dar, dringend sollten auch Instrumente zur Bewertung der erzielten Fortschritte geschaffen werden, insbesondere ein Informationssystem, das auf geeigneten Indikatoren für die zu erreichenden Zielsetzungen und Prioritäten aufbaut. Angesichts der geringen Beteiligung der Zivilgesellschaft und der Sozialpartner gilt es, die Voraussetzungen und Mechanismen für einen wirksamen partnerschaftlichen Ansatz zu schaffen.

1. Situation und wichtige Tendenzen

Durch die Maßnahmen zur Bekämpfung sozialer Ausgrenzung konnte die Armutsgefährdungsquote verringert werden (den ECHP-Daten von Eurostat zufolge von 23 % im Jahr 1995 auf 20 % im Jahr 2001). Dennoch ist dies mit 5 % über dem EU-Durchschnitt immer noch eine der höchsten Quoten in der EU. Für ältere Menschen (über 65 Jahre) und Kinder (0-15 Jahre) ist das Armutsrisiko mit 31 % bzw. 27 % am höchsten, außerdem für allein stehende ältere Menschen (46 %, wobei Frauen stärker betroffen sind), allein erziehende Elternteile (39 %) und kinderreiche Familien (49 % bei Haushalten mit zwei und mehr Erwachsenen mit drei und mehr Kindern). Die Quote für das Risiko dauerhafter Armut beträgt 15 % und ist damit trotz eines leichten Rückgangs Besorgnis erregend hoch - im Jahr 2001 waren 22 % aller Kinder dieser Kategorie zuzuordnen. Die Disparität bei der Einkommensverteilung, gemessen nach dem Einkommensquintilverhältnis, lag in Portugal 2001 mit 6,5 ebenfalls höher als in allen anderen EU-Ländern - trotz eines deutlichen Rückgangs gegenüber 1995 (7,4).

Die Situation des Landes spiegelt die großen ungelösten Strukturprobleme Portugals wider: (a) die Mängel des Sozialschutzsystems, dessen Pro-Kopf-Aufwendungen zu den niedrigsten der EU zählen (ungeachtet seiner positiven Wirkung auf die Armutsgefährdung, die ohne Sozialtransfers einschließlich Renten bei 37 % liegen würde); (b) das niedrige Bildungsniveau (2002 hatten nur 20,6 % der 25- bis 64-Jährigen mindestens einen Abschluss der Sekundarstufe II und die Schulabbrecherquote von 45,5 % fällt gegenüber dem EU-Durchschnitt von 18,8 % deutlich ab); (c) das geringe Qualifikationsniveau großer Teile der Erwerbsbevölkerung in einer auf arbeitsintensiven, gering bezahlten Tätigkeiten (,Working Poor") basierenden Wirtschaft in Verbindung mit der geringen Beteiligung an Weiterbildungsmaßnahmen (2,9 % im Jahr 2002) behindert die sektorale Umstrukturierung und liefert die Erklärung für die geringe Produktivität (0,3 % im Jahr 2002, unverändert gegenüber 2001).

Ungeachtet der jüngsten Zunahme der Arbeitslosigkeit ist der portugiesische Arbeitsmarkt durch eine Erwerbsquote über dem EU-Durchschnitt (68,2 % im Jahr 2002) und eine Arbeitslosenquote unter dem EU-Durchschnitt (5,1 %) gekennzeichnet, wobei die Langzeitarbeitslosigkeit 34,4 % der Gesamtarbeitslosenquote ausmacht. Allerdings nehmen die Anzeichen für ein Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt zu, wie z. B. an der wachsenden Arbeitslosigkeit unter jungen Hochschulabsolventen abzulesen ist. Zudem hat die gegenwärtige Abschwächung des Wirtschaftswachstums (der reale Zuwachs des BIP sank 2002 auf 0,5) und bei den Investitionen der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft die neue, im März 2002 gewählte Regierung veranlasst, den Abbau des Staatsdefizits an die erste Stelle ihrer Prioritätenliste zu setzen. Auf dem Gebiet der Sozialpolitik betreibt die Regierung eine umfangreiche Reform des Systems der sozialen Sicherheit (Mindestrenten, differenzierte Familienbeihilfen, Mindesteinkommen zur sozialen Eingliederung), des Gesundheitssystems und des Bildungssystems, daneben hat sie ein neues Arbeitsgesetzbuch angenommen.

2. Bewertung der Fortschritte gegenüber dem NAP (Eingliederung) 2001

Die mit dem ersten NAP (Eingliederung) - einem mit dem Mainstreaming der sozialen Eingliederung und der Entwicklung einer mittel- bis langfristigen Perspektive für Portugal neuartigen Instrument - geschaffene Chance behält weiterhin Bedeutung, wenngleich eine abschließende Bewertung der Umsetzung des Plans noch nicht möglich ist. Die Schwierigkeiten bei der Überwachung der Indikatoren lassen keinen Schluss dahingehend zu, ob und in welchem Umfang bei vielen der Maßnahmen die Zielsetzungen erreicht wurden - entweder weil Informationen fehlen oder weil die verfügbaren Informationen nicht ausreichen. Besonders augenfällig wird dies unter anderem bei der Bewertung der Strategie zur Verhinderung der ,informationellen Ausgrenzung", die im ersten NAP (Eingliederung) einen besonderen Stellenwert hatte.

Die Analyse der Fortschritte mit Blick auf die vier gemeinsamen Ziele ergibt Folgendes: (a) die Maßnahmen zur Förderung der Teilnahme am Erwerbsleben zeitigten in Kombination mit dem NAP (Beschäftigung) beachtliche Erfolge; (b) die Bestrebungen zur Reformierung des Sozialschutzsytems hatten keine Auswirkung auf die Ziele des Systems der garantierten Mindesteinkommen (bei dem finanzielle Leistungen mit einem Plan zur sozialen und beruflichen Integration kombiniert werden); (c) das Ziel, dass alle von Ausgrenzung Betroffenen innerhalb eines Jahres einen ,Vertrag über ihre soziale Eingliederung" unterzeichnen sollten, erwies sich als zu ehrgeizig und zu schwierig sowohl in der Umsetzung als auch in der Bewertung, da dieses Ziel die Mitwirkung verschiedener Beteiligter erfordert und da nach wie vor nicht festgelegt wurde, welcher Personenkreis hier einbezogen werden soll (gleiches gilt für das individualisierte Follow-up bei Kindern und Jugendlichen innerhalb von drei Monaten); (d) die Einrichtung einer landesweiten Sozialfürsorge-Notrufnummer erleichtert bestimmten Prioritätsgruppen den Zugang zu Informationen und gibt ihnen die Möglichkeit, schnell Antworten auf ihre Probleme zu bekommen; (e) auf die Realisierung der ,Verträge über sozio-urbane Entwicklung" und des Projekts ,Ländliche Gebiete und Sozialentwicklung", mit denen das Problem der Ausgrenzung auf regionaler Ebene angegangen werden sollte, wurden aus finanziellen und politischen Gründen verzichtet; (f) was die Mobilisierung der Beteiligten an dem Prozess anbelangt, so trat die ausdrücklich für die Überwachung des NAP (Eingliederung) eingesetzte interministerielle Überwachungskommission nur unregelmäßig zusammen und musste aufgrund des Regierungswechsels in ihrer Zusammensetzung geändert werden, so dass sie ihre Wirksamkeit als ein institutionelles Koordinationsforum nur schrittweise entfalten konnte; was die Zivilgesellschaft anbelangt, so machen die vage Bezugnahme auf den Kooperationspakt für soziale Solidarität und das Projekt für die Errichtung eines NRO-Forums das geringe Maß an Beteiligung dieser Akteure deutlich.

3. Strategischer Ansatz: Vorrangige Ziele und zentrale Zielvorgaben des NAP (Eingliederung) 2003

Der NAP (Eingliederung) 2003-2005 bildet in Bezug auf die übergeordneten Grundsätze und Ansätze eine kontinuierliche Fortsetzung des ersten NAP (Eingliederung). Die strategischen Ziele wurden im Wesentlichen beibehalten: Kopplung von wirtschaftlicher Entwicklung und sozialem Zusammenhalt, Mainstreaming der Eingliederung in die maßgeblichen Sektorpolitiken, Modernisierung der Sozialschutzsysteme, Entwicklung von integrierten Programmen für bestimmte Zielgruppen und Regionen, Ausweitung des Netzes der Sozialdienste und von deren Ausstattung, Gleichstellung von Frauen und Männern, Beteiligung der Akteure auf staatlicher/regionaler/lokaler Ebene. Bezüglich des mehrdimensionalen Ansatzes nimmt der neue NAP (Eingliederung) auf weitere, damit zusammenhängende Pläne (in den Bereichen Beschäftigung, Drogenbekämpfung, häusliche Gewalt, Informationsgesellschaft, Gesundheit, Chancengleichheit usw.) Bezug, wobei die angesprochene Koordination und Komplementarität noch einer genaueren Beschreibung bedarf.

Die vorrangigen Ziele sind sehr unterschiedlich gelagert: neben den auf der europäischen Ebene angenommenen Zielsetzungen sind unter anderem folgende Ziele besonders zu nennen: Senkung der Armutsgefährdungsquote um 2 % bis 2005 und deutliche Verringerung der Kinderarmut bis 2010, was mit einer Herabsetzung der höher gesteckten Ziele des ersten NAP (Eingliederung) gleichzusetzen ist. Weitere wichtige Zielsetzungen sind die Anhebung der Mindestrenten bis 2006, die Errichtung eines Sozialauditsystems, mit dem Betreuungseinrichtungen für bestimmte sozial schwache Gruppen überprüft werden sollen, die Sicherung des Zugangs aller Bürger zur gesundheitlichen Grundversorgung und/oder allgemeinmedizinischen Versorgung. Das Prinzip eines vertraglichen Systems für die soziale und berufliche Integration wird beibehalten, allerdings ohne feste Terminvorgabe. Auch die regionale Dimension steht offenbar weniger stark im Vordergrund (50 lokale Pläne für gefährdete Kinder und Jugendliche in Problemgebieten), allerdings dürfte das Programm PROGRIDE für soziale Eingliederung und Entwicklung (das das Programm zur Armutsbekämpfung ablösen wird und sich derzeit im Entwicklungsstadium befindet) diese Dimension abdecken.

4. Die wichtigsten politischen Ansätze: Stärken und Schwächen

Von den 200 Instrumenten, mit denen die 60 Prioritäten des NAP (Eingliederung) umgesetzt werden sollen, wurden für weniger als ein Fünftel aufgrund unzureichender Informationsgrundlagen keine Zielsetzungen aufgestellt. Allerdings muss hervorgehoben werden, dass Portugal sich um eine Quantifizierung der Zielvorgaben bemüht. Generell sind die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht neu, das vorgesehene Instrumentarium beinhaltet die Wiederaufnahme der wichtigsten Merkmale bereits abgeschlossener Projekte oder anderer Vorhaben, deren Potenzial eine Wiederaufnahme rechtfertigt.

Neben Maßnahmen zur Förderung eines integrativen Arbeitsmarktes mit Schwerpunktsetzung auf der beruflichen Bildung und einer vermehrten Förderung des lebenslangen Lernens, setzen Maßnahmen für einen besseren Zugang zur Gesundheitsversorgung, die - vor dem Hintergrund der 2002 eingeleiteten Reform des portugiesischen Gesundheitssystems - den Schwerpunkt auf die am stärksten benachteiligten Gesellschaftsgruppen. Da sich das Phänomen der Wohnungslosigkeit offenbar ausbreitet und zunehmend Frauen und junge Menschen davon betroffen sind, soll 2005 eine auf einer Diagnose der Situation basierende ,integrierte Interventionsstrategie zugunsten wohnungsloser Menschen" fertig gestellt sein. Unter dem Ziel der Förderung des ,digitalen Zusammenhalts" wird der Zugang von Frauen, Menschen mit Behinderungen, ethnischen Minderheiten, Immigranten und Bewohnern sozialer Brennpunkte zur Informationsgesellschaft gefördert werden. Die Unterstützung im Rahmen einer ,globalen Altersstrategie" beinhaltet auch Initiativen zur Familienzusammenführung für Immigranten. Das vielfältige Maßnahmenpaket zugunsten der Kinder basiert auf einer auf Kinder und Familien ausgerichteten Doppelstrategie und sieht die Konsolidierung des institutionellen Unterstützungsnetzes (Kommissionen zum Schutz Minderjähriger) und die Aufstellung auf dieser Zielgruppe ausgerichteter lokaler Aktionspläne vor. Bezüglich der Mobilisierung der Beteiligten wurde mit dem ,Sozialnetz" ein sinnbildhaftes Programm aufgestellt, das eine Methodik für die partnerschaftliche Planung von sozialen Interventionen durch Städte und Gemeinden beinhaltet und somit eine lokale Dimension aufweist.

Die Strukturfonds spielen für Portugal eine wichtige Rolle, und die vom ESF im Rahmen des GFK III 2000-2006 und der Gemeinschaftsinitiative Equal kofinanzierten operationellen Programme werden häufig als Instrumente genannt, die zum Erreichen der Zielsetzungen beitragen, und auch als beispielhafte Verfahren zitiert. Allerdings enthält auch der neue NAP wie bereits der NAP (Eingliederung) 2001-2003 keine Quantifizierung der Zielvorgaben, wodurch der operationelle Charakter des NAP (Eingliederung) als ein Instrument zur Rationalisierung nationaler und gemeinschaftlicher Operationen geschwächt wird.

5. Gleichstellung von Frauen und Männern

Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist eine der strategischen Säulen des NAP (Eingliederung) 2003-2005, und Bezugnahmen auf diesen Themenkomplex sind überall NAP zu finden, doch sind nach wie vor Schwierigkeiten bei der Implementierung des ,Gender Mainstreaming"-Ansatzes im Hinblick auf die Festlegung der Zielvorgaben und von deren erwarteter Wirkung erkennbar. Angleichung und Erweiterung der Unterstützungsstrukturen nehmen einen wichtigen Stellenwert ein, und auch der im ersten NAP vorgesehene ,soziale Geschlechtervertrag" ist etwas aus dem Blickfeld geraten. Nicht zuletzt erfordern die angesprochenen Zusammenhänge mit dem ,Nationalen Gleichstellungsplan" und dem ,Plan zur Bekämpfung häuslicher Gewalt" eine echte Integration der geplanten Maßnahmen in die genannten Pläne und den NAP (Eingliederung).

6. Aktuelle Fragen und künftige Herausforderungen

Die zentrale Herausforderung für ein Land, das bestrebt ist, aufgelaufene Defizite schrittweise zu beheben, besteht in der Zuweisung der für das Erreichen der Zielsetzungen des NAP (Eingliederung) benötigten Mittel in einer wirtschaftlichen Lage, in der die Finanzierung sozialpolitischer Maßnahmen Probleme aufwirft. Vor dem Hintergrund der Entwicklung der Strukturfonds kommt es entscheidend darauf an, die Haushaltsmittel zu quantifizieren und die Finanzierungsquellen festzulegen, damit die Kontinuität der Strategie gesichert werden kann.

Auf der Ebene der Programmplanung bestehen verschiedene Herausforderungen: (a) angesichts der beim NAP (Eingliederung) 2001-2003 festgestellten Probleme bei der Überwachung müssen beträchtliche Anstrengungen unternommen werden, um ein effizientes Informationssystem aufzubauen und zu konsolidieren; (b) aus Sicht der Inhalte der Maßnahmen ist eine sorgfältigere Zielausrichtung der Prioritätsbereiche notwendig, wobei es zu berücksichtigen gilt, dass die Ausgrenzung vom Arbeitsmarkt nur eine von vielen Dimensionen von Armut und sozialer Ausgrenzung darstellt (zudem macht die Situation der ,Working Poor" in Portugal deutlich, dass die Armutsgefährdung ein weit über den Beschäftigungszugang hinausreichendes Problem darstellt); (c) hinsichtlich der anzuwendenden Methodik scheinen in Netzwerken kooperierende lokale Partnerschaften, die nach einer Methode der ,Sozialplanung" arbeiten (die auch den Austausch bewährter Verfahren vorsieht), die ,Trumpfkarte" des ,Sozialnetzes" zu bilden; die Dimension der operationellen Herausforderung des vertraglichen Konzepts zur Unterstützung der sozial schwächsten Bevölkerungsgruppen hängt vor allem davon ab, inwieweit die fraglichen Zielgruppen erfasst werden und wie schnell die Maßnahmen umgesetzt werden.

Mit Blick auf die Umsetzung und in Anbetracht der geringen Beteiligung nicht-institutioneller Akteure an der Vorbereitung des NAP (Eingliederung) 2003-2005 besteht die Herausforderung darin, durch die Errichtung spezifischer Strukturen für eine möglichst breit angelegte und kontinuierliche Beteiligung (z. B. ein ,NRO-Forum") einen partnerschaftlichen Ansatz für die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft, den Sozialpartnern und den von Ausgrenzung Betroffenen selbst zu entwickeln. Gleichzeitig müssen im Rahmen der interministeriellen Überwachungskommission Schritte weitergeführt werden, mit denen die Rechenschaftspflicht der betroffenen Ministerien verstärkt wird.

FINNLAND

Situation und wichtige Tendenzen: Das finnische Sozialschutzsystem basiert auf den Grundprinzipien kollektiver Sozial- und Gesundheitsdienste und eines umfassenden Systems der Einkommenssicherheit. Ziel des Systems ist es, die gesamte Bevölkerung mit überwiegend aus Steuern finanzierten Diensten zu versorgen, wobei die organisatorische Verantwortung dezentral bei den Kommunen liegt. Der Schwerpunkt des Systems liegt auf der Prävention. Im Jahr 2000 wendete Finnland 25,2 % seines BIP für den Sozialschutz auf (EU-15: 27,3%). Im Jahr 2001 mussten 11 % der finnischen Bevölkerung mit einem Einkommen von weniger als 60 % des Medianeinkommens auskommen (EU-15: 15 %).

Finnland erwartet für 2003 einen Gesamtproduktionszuwachs von knapp über 1 %. Für 2004 wird eine Wachstumsrate von 2,5 % prognostiziert. Das abgeschwächte Wirtschaftswachstum seit 2001 macht sich allmählich bei der Arbeitsmarktnachfrage bemerkbar. Für 2003 wird von einem Anstieg der Arbeitslosenquote auf 9,3 % und einem Rückgang der Erwerbsquote auf 67,4 % ausgegangen. Allerdings erhofft man sich hier von dem für 2004 erwarteten Wirtschaftswachstum eine Trendumkehr.

Fortschritte im Zeitraum 2001-2003: Die im NAP (Eingliederung) beschriebenen Politiken und Maßnahmen wurden von Finnland umgesetzt. Der neue Plan enthält eine Übersicht über die Umsetzung aller Maßnahmen des Vorläuferplans, Angaben über die Ergebnisse liegen allerdings noch nicht vor. Unabhängig hiervon wurde eine umfassende Liste mit Indikatoren mit langen Zeitreihen und - soweit möglich - mit Aufgliederung nach Geschlecht erstellt. Die Indikatoren lassen erkennen, dass die Entwicklung in Finnland im Großen und Ganzen in die richtige Richtung verläuft. Diese Entwicklung lässt sich nicht eindeutig dem NAP (Eingliederung) zuschreiben, doch wurde durch den Prozess die Vernetzung unter den Beteiligten gestärkt und der politische Diskurs auf Landesebene systematisiert.

Strategischer Ansatz: Die Strategie des NAP (Eingliederung) für das nächste Jahrzehnt lässt sich in vier allgemeinen Politiklinien zusammenfassen: Förderung der Gesundheit und der Fähigkeit zu einem aktiven Leben, Erhöhung der Attraktivität des Erwerbslebens, Vorbeugung und Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung und Sicherung effektiver Dienste und der Einkommenssicherheit auf einem angemessenen Niveau. Ausgangspunkt hierfür ist die Erhaltung der grundlegenden Struktur des finnischen Systems der sozialen Sicherheit und ein Vorgehen, das dieser Struktur in den wesentlichen Punkten Rechnung trägt, durch Schwerpunktsetzung auf den Primat der Arbeit. Gefordert wird eine verbesserte Absicherung des Basiseinkommens. Die von sozialer Ausgrenzung bedrohten Bevölkerungsgruppen werden überwiegend im Rahmen der für die gesamte Bevölkerung vorgesehenen Dienstleistungen und Sozialleistungen betreut, es wird allerdings auch hervorgehoben, dass das kollektive System durch spezifische zielgerichtete Maßnahmen ergänzt werden muss. Der NAP enthält eine Anzahl hinreichend explizit formulierter politischer Zielsetzungen für verschiedene Bereiche. Es ist eine Überwachung und Evaluierung des Prozesses durch die finnischen Behörden vorgesehen, auf die Zielvorgaben hierfür nimmt der NAP (Eingliederung) allerdings nicht ausführlich Bezug.

Wichtige politische Maßnahmen: Der NAP geht auf die allgemeinen Zielsetzungen mit einer Reihe von konkreten Maßnahmen ein, die in der Mehrzahl darauf ausgerichtet sind, das kollektive System weiter zu verbessern, zugleich werden zielgerichtete Sondermaßnahmen intensiviert. Zu den Maßnahmen zählt unter anderem die Schaffung von Möglichkeiten zur Gründung von sozialwirtschaftlichen Unternehmen, ein landesweites Projekt, das das Funktionieren des Gesundheitssystems gewährleisten soll, die Schaffung von zusätzlichen preisgünstigen Mietwohnungen, die Verringerung der Zahl der Schul- und Ausbildungsabbrecher durch eine leistungsbezogene Finanzierung, die Aufstockung der präventiven Sozialhilfe, Organisation von Vormittags- und Nachmittagsaktivitäten für Schulkinder und Integrationsförderungsmaßnahmen für Immigranten. Haushaltsrelevante Auswirkungen wurden - soweit möglich - identifiziert. Aus dem Plan wird ersichtlich, dass die Anerkennung von und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren auf zentraler und lokaler Ebene deutlich intensiviert wurde.

Künftige Herausforderungen: Finnland ist es gelungen, sein Leistungsniveau bei der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung zu halten, wenngleich der BIP-Anteil der Aufwendungen für soziale Zwecke unter dem EU-Durchschnitt liegt. Ob diese Formel auch bei einer längeren Konjunkturschwäche trägt, muss sich zeigen.

1. Situation und wichtige Tendenzen

Finnland erwartet für 2003 einen Anstieg der Gesamtproduktion um knapp über 1 %. Für 2004 wird eine Wachstumsrate von 2,5 % vorhergesagt. Das abgeschwächte Wirtschaftswachstum seit 2001 macht sich allmählich bei der Arbeitsmarktnachfrage bemerkbar. Für 2003 wird von einem Anstieg der Arbeitslosenquote auf 9,3 % und einem Rückgang der Erwerbsquote auf 67,4 % ausgegangen. Allerdings erhofft man sich hier von dem für 2004 erwarteten Wirtschaftswachstum eine Trendumkehr.

Im Jahr 2001 mussten 11 % der finnischen Bevölkerung mit einem Einkommen von weniger als 60 % des Medianeinkommens auskommen (EU-15: 15 %). Für den Sozialschutz wendete Finnland im Jahr 2000 25,2 % seines BIP auf (EU-15: 27,3%).

Die strukturbedingte Arbeitslosigkeit stellt weiterhin eine große Herausforderung dar, die Zahl der allein Stehenden mit erhöhtem Armutsrisiko ist im zurückliegenden Jahrzehnt deutlich gestiegen, der Anteil der allein Erziehenden hat innerhalb von zehn Jahren von 10 % auf 17 % zugenommen, die dünn besiedelte Regionen stehen vor anderen Problemen als die Wachstumszentren, zwischen verschiedenen sozialen Gruppen treten Unterschiede bei der Sterblichkeitsrate zu Tage, eine wachsende Zahl von Kindern wird von den Jugendämtern betreut.

Zu den Risikogruppen, für die zielgerichtete Maßnahmen aufgestellt werden müssen, gehören Langzeitarbeitslose und wiederholt arbeitslos Gewordene, Menschen mit Behinderungen, Kinder in instabilen Lebensverhältnissen, Immigranten, chronisch Kranke, psychisch Kranke, Suchtmittelabhängige, von Gewalt und Prostitution betroffene Frauen, überschuldete Menschen, Wohnungslose, Straffällige und die Roma.

2. Bewertung der Fortschritte gegenüber dem NAP (Eingliederung) 2001

Mit dem letzten NAP wurde die Zielsetzung verfolgt, dafür zu sorgen, dass das Armutsniveau in Finnland weiterhin zu den niedrigsten in der EU zählt und dass bewährte Handlungsmodelle und angemessene Mittel bereitstehen, um Ausgrenzung zu verhindern. Diese Ziele wurden beibehalten. Finnland hat nach wie vor eine - gemessen am EU-Durchschnitt - sehr niedrige Armutsquote, und für die vorgesehenen Maßnahmen wurden die benötigten Mittel bereitgestellt. Praktisch alle angekündigten Maßnahmen wurden im Durchführungszeitraum realisiert. Bedingt durch die Tatsache, dass einzelne Maßnahmen noch nicht abgeschlossen sind und es in der Regel 1 bis 1 1/2 Jahre dauert, bis entsprechende Daten vorliegen, können über die Ergebnisse noch keine konkreten Angaben gemacht werden.

Finnland hat aussagefähige Indikatoren mit Zeitreihen ab 1990 vorgelegt, die alle wesentlichen Laeken-Indikatoren sowie zusätzlich landesspezifische Indikatoren umfassen, um die für Finnland wichtigen Aspekte besser erfassen zu können. Im Plan wird darauf hingewiesen, dass ergänzende Indikatoren entwickelt werden sollten, aus denen hervorgeht, wie sich Risiken innerhalb einzelner Familien oder bei bestimmten Personen akkumulieren.

Aus den Indikatoren wird ersichtlich, dass unter anderem die Zahl der Empfänger von Einkommensbeihilfen und der überschuldeten Personen zurückgegangen ist und die Bevölkerung ihren Gesundheitszustand als verbessert wahrnimmt, während die Zahl der Langzeitarbeitslosen und der Wohnungslosen leicht zugenommen hat; das Problem der von Armut betroffenen Erwerbstätigen (,Working Poor") ist gering ausgeprägt. Im Zeitraum 1995 bis 2001 hat die relative Einkommensarmut zeigt leicht zugenommen, doch ist das inflationsbereinigte ,feste" Armutsniveau von 7,3 % auf 5,7 % zurückgegangen (nationale Daten). Trotz der deutlichen Zunahme der Zahl von den Jugendämtern betreuter Kinder und beträchtlicher Herausforderungen bei jedem der gemeinsamen Ziele scheint Finnland im Großen und Ganzen die richtige Entwicklung vollzogen zu haben. Es lässt sich nicht nachweisen, dass diese Entwicklung auf den NAP zurückzuführen ist, doch vertritt unter anderen EAPN-Finnland die Auffassung, dass durch den NAP-Prozess die Vernetzung unter den Beteiligten gestärkt und der politische Diskurs auf Landesebene systematisiert wurde.

Für die Bewertung des NAP 2001 wurden im Jahr 2002 strukturierte Gutachten von 50 Sachverständigen für soziale Eingliederung eingeholt, außerdem wurden öffentliche Anhörungen für NRO und lokale Gemeinschaften durchgeführt. Dem neuen Plan liegt eine Zusammenfassung der Gutachten bei, die Empfehlungen der Sachverständigen wurden, wo dies möglich war, bei der Ausarbeitung des Plans berücksichtigt. Die organisierte Heranziehung von externen Beurteilungen ist ein Zeichen der Offenheit und demonstriert die Bereitschaft Finnlands, sich mit Rückmeldungen zu seinen politischen Maßnahmen zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung auseinander zu setzen.

3. Strategischer Ansatz: Vorrangige Ziele und zentrale Zielvorgaben

Der Plan beinhaltet eine eingehende Analyse der Herausforderungen unter den Gesichtspunkten finanzielle Armut, Wirtschaft und Beschäftigung, Wohnung, Bildung und strukturelle Tendenzen und berücksichtigt in besonderem Maße den Standpunkt der von Ausgrenzung besonders bedrohten Bevölkerungsgruppen. Er gibt politische Zielsetzungen für Einkommensbeihilfen, die Entwicklung des Dienstleistungssystems, Beschäftigung, Wohnung und Bildung vor und nennt komplementäre Zielsetzungen für eigens ausgewiesene spezifische Maßnahmen. Die Zielsetzungen werden im Rahmen eines Follow-up überprüft, genaue Angaben dazu, welche quantifizierten Zielvorgaben hierfür verwendet werden, enthält der Plan allerdings nicht. Die Zielsetzungen sind jedoch in der Mehrzahl so eindeutig, dass anhand der Indikatoren verfolgt werden kann, ob die Tendenz positiv oder negativ ist.

Der Plan enthält eine Zielvorgabe für die Wohnraumbeschaffung (zusätzlich rund 10 000 preisgünstige Mietwohnungen jährlich in den Jahren 2004 bis 2007). Auf die von der Regierung genannten Beschäftigungsziele wird ebenfalls Bezug genommen (Schaffung von 100 000 Arbeitsplätzen bis zum Ende der Wahlperiode, Erhöhung der Erwerbsquote auf 75 % bis 2010, Erhöhung des durchschnittlichen tatsächlichen Renteneintrittsalters um mindestens zwei bis drei Jahre bis 2010). Es wird zur Kenntnis genommen, dass das letztgenannten Ziel überwacht werden soll, wenngleich darüber diskutiert werden könnte, inwieweit eine derartige Zielvorgabe einen direkten Beitrag zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung leisten kann.

Trotz fehlender konkreter Zielvorgaben fällt der neue Plan in vielerlei Hinsicht überzeugender aus als der alte, so z. B. bei der Analyse der Situation, der Festlegung politischer Zielsetzungen, der Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse der Risikogruppen, der Vorstellung bewährter Verfahren und umfassender Indikatoren sowie der Auseinandersetzung mit bestimmten Themen wie Kinder, regionale Konzepte und Immigranten. Interessanterweise erläutert der neue Plan auch die Strategien anderer Akteure als dem Staat.

4. Die wichtigsten politischen Ansätze

Die Teilnahme am Erwerbsleben fördern. Der Plan verfolgt das Ziel, die Langzeitarbeitslosigkeit abzubauen, die Erwerbsquote verschiedene Altersgruppen zu erhöhen, die Lebensarbeitszeit bis 2010 um mindestens zwei bis drei Jahre zu verlängern und mit Blick auf die soziale Sicherheit zusätzliche Anreize für die Aufnahme einer Arbeit zu schaffen. Erreicht werden soll dies im Wesentlichen durch die Reformierung des beschäftigungspolitischen Systems, die Entwicklung neuer Arbeitsmarktförderungsmaßnahmen, die Schaffung von Möglichkeiten zur Gründung von sozialwirtschaftlichen Unternehmen, Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt, eine Bewertung des Wiedereingliederungspotenzials oder die Verrentung von Langzeitarbeitslosen und Beschäftigungsförderungsmaßnahmen für behinderte Menschen.

Den Zugang aller zu Ressourcen, Rechten, Gütern und Dienstleistungen fördern. An Zielen für das System der Gesundheits- und Sozialdienstleistungen nennt der Plan den Abbau von gesundheitlichen Disparitäten zwischen einzelnen Bevölkerungsgruppen, die Verbesserung der Verfügbarkeit und der Qualität von Dienstleistungen, die Verringerung der Auswirkungen des Alkoholkonsums auf die Volksgesundheit, die Schaffung besserer Möglichkeiten für ältere Menschen, in der eigenen Wohnung zu bleiben, und Förderung der Möglichkeiten für Menschen mit Behinderungen zur Beteiligung an der Gesellschaft. An Maßnahmen sind vorgesehen: ein gesundheitspolitisches Programm ,Gesundheit für alle - Gesundheit 2015", das auf die lokale Ebene abzielt, ein landesweites Projekt, das das Funktionieren des Gesundheitssystems gewährleisten soll (im Rahmen des Projekts soll unter anderem hinterfragt werden, ob in der Vergangenheit die erhobenen Gebühren chronisch kranke Bezieher niedriger Einkommen davon abgehalten haben, medizinische Versorgung in Anspruch zu nehmen), und ein paralleles landesweites Projekt für den Bereich der Sozialleistungen.

Die Zielsetzungen für den Bereich Wohnung betreffen eine Verringerung der Zahl der Wohnungslosen, die Schaffung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Angebot und Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum in Wachstumszentren und die Wahrung des sozialen Gleichgewichts in Wohngebieten bei gleichzeitiger Diversifizierung der Struktur der Bewohner. Zu den vorgesehenen Maßnahmen zählen eine Aufstockung des Wohnraumangebots um zusätzlich rund 10 000 preisgünstigen Mietwohnungen jährlich in den Jahren 2004 bis 2007, die Entwicklung der Wohnbauförderung sowie verschiedene Maßnahmen zur Wahrung der Vielfalt der Bevölkerungsstruktur.

Im Bildungssektor ist beabsichtigt, den Übergang von der Gesamtschule zur beruflichen Bildung effizienter und schneller zu gestalten, Elemente der Schülerberatung zu stärken, die dazu beitragen, soziale Ausgrenzung zu verhindern, und die Zahl der Schul- und Ausbildungsabbrecher zu verringern. Erreicht werden soll dies durch verbesserte Sozialleistungen für Schüler, die Weiterentwicklung der Lehrerausbildung, die Förderung des berufsbegleitenden Lernens (ESF), die Weiterentwicklung der Studienberatung, ein Programm zur Entwicklung des Förderunterrichts im Bereich der beruflichen Bildung, die Verringerung der Zahl der Schul- und Ausbildungsabbrecher durch eine leistungsabhängige Finanzierung und die Anhebung des Bildungsniveaus der erwachsenen Bevölkerung.

Den Risiken der Ausgrenzung vorbeugen. Durch Einkommensumverteilung wird die relative Armut in Finnland sehr wirksam eingedämmt, wodurch Krisensituationen, die zu sozialer Ausgrenzung führen könnten, verhindert werden (das Ungleichheitsverhältnis war mit 3,3 im Jahr 2000 das zweitniedrigste der EU nach Dänemark). Mit dem Plan wird angestrebt, die Abhängigkeit von Einkommensbeihilfen zu verringern, ein ausreichendes Mindestniveau der Sozialleistungen und eine angemessene Existenzgrundlage zu schaffen, eine umfassende Absicherung durch die Sozialversicherung zu gewährleisten, die Armut unter Familien mit Kindern zu verringern und das Tradieren von sozialer Ausgrenzung zu verhindern, die Gebühren für medizinische Leistungen auf ein angemessenes Niveau zu bringen und die Transparenz des Gebührensystems zu erhöhen. Erreicht werden soll dies mit folgenden Maßnahmen: Anhebung des Rentenniveaus, Einführung einer gesetzlichen Regelung für Sozialkredite, Koordinierung von Einkommensbeihilfen und Erwerbseinkommen, Aufstockung der präventiven Sozialhilfe, Verbesserung des Einkommensstatus von Familien mit Kindern, Weiterentwicklung des Krankenversicherungssystems und Einführung einer speziellen Unterstützung für Immigranten.

Für die sozial Schwachen handeln. Der NAP beschreibt verschiedene Arten von integrierten Maßnahmen für bestimmte Risikogruppen: frühzeitiges Erkennen von und Eingehen auf Probleme von Kindern und Jugendlichen, die Organisation von Vormittags- und Nachmittagsaktivitäten für Schulkinder, ein Beteiligungsprojekt für Jugendliche, ein Integrationsförderungsprogramm für Immigranten, die Umsetzung des landesweiten Programms gegen Alkoholkonsum, die Bekämpfung des Drogenproblems, Programme gegen Wohnungslosigkeit, ein Projekt zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen sowie von Prostitution und Menschenhandel im Rahmen des Gleichstellungsprogramms der Regierung, ein freiwilliges Programm zum Schuldenabbau, Verbrechensprävention, Täter-Opfer-Ausgleich, das Projekt ,Für ein Zusammenleben ohne Kriminalität", verschiedene Projekte der evangelisch-lutherischen Kirche gegen soziale Ausgrenzung sowie die Bestimmung der Schwerpunktsetzung für Aktivitäten von NRO.

Alle Akteure mobilisieren. Die betroffenen Anspruchsgruppen wurden angemessen an der Aufstellung des Plans beteiligt und werden auch an dessen Umsetzung mitwirken. Aus dem Plan ist ersichtlich, dass die Anerkennung von und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren auf zentraler und lokaler Ebene in den vorangegangenen Jahren intensiviert wurde. Für die aktiv vorangetriebenen lokalen Partnerschaftsprojekte werden ESF-Mittel zur Verfügung gestellt.

5. Gleichstellung von Frauen und Männern

In dem Plan ist die Aufgliederung der Indikatoren nach Geschlecht zufriedenstellend berücksichtigt. Der Gleichstellungsaspekt hätte in Bezug auf allein erziehende Elternteile und allein stehende Rentner, bei denen es sich in der Mehrzahl um Frauen handelt, eingehender analysiert werden können. Wohnungslosigkeit, Langzeitarbeitslosigkeit, Schulabbruch und Alkoholismus sind unter Frauen weiter verbreitet und hätten unter diesem Aspekt eingehender untersucht werden können.

6. Aktuelle Fragen und künftige Herausforderungen

Die aktuellen Fragen betreffen unter anderem das Vorgehen gegen verschiedene Formen der sozialen Ausgrenzung in ländlichen Gebieten und städtischen Ballungsräumen, die Beseitigung der höheren Ausgrenzungsgefahr für Immigranten, wenngleich Finnland 2001 mit 1,2 % die zweitniedrigste Netto-Zuwanderungsrate der EU aufwies (EU-15: 3,1 %). In den kommenden Jahrzehnten wird die Bevölkerungsalterung den Druck zur Ausgabensteigerung, insbesondere für Altersruhegelder, erhöhen, während sich die Steuerbasis rückläufig entwickelt.

SCHWEDEN

Situation und wichtige Tendenzen: Der schwedische Wohlfahrtsstaat basiert auf den Grundprinzipien eines kollektiven Sozial- und Gesundheitssystems und eines umfassenden Systems der Einkommenssicherheit. Das System ist stark individualistisch geprägt. Übergeordnetes Ziel ist es, die gesamte Bevölkerung in ein allgemeines sozialpolitisches System einzubinden und spezifische Systeme zu vermeiden. Schweden wendete mit 32,2 % den höchsten BIP-Anteil (2000) aller EU-Länder für den Sozialschutz auf. Der BIP-Zuwachs belief sich 2002 auf 1,9 %. Die Armutsquote ist mit 10 % im Jahr 2001 die niedrigste der gesamten EU, die Einkommensverteilung ist relativ gleichmäßig. Diese Zahlen bilden zusammen mit der hohen Erwerbsquote von 73,6 % (EU: 64,3 %) für 2002 und der niedrigen Arbeitslosenquote von 4,9 % eine gute Ausgangsbasis für den Erhalt und den weiteren Ausbau der Maßnahmen zur sozialen Eingliederung.

Fortschritte im Zeitraum 2001-2003: Die bisherige Sozialpolitik wird fortgeführt, und es werden in verschiedenen Politikbereichen Aktionspläne sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierungen ausgearbeitet, mit denen neue Initiativen und die Bereitstellung zusätzlicher Finanzmittel für die jeweiligen Bereiche vorgeschlagen werden. Fortschritte sind auch beim Abbau der Zahl der Sozialhilfeempfänger zu verzeichnen. Doch obwohl die Entwicklung in die vorgesehenen Richtung verläuft, dürfte es schwer werden, die vorrangigen Ziele - eine Erwerbsquote von 80 % bis 2004 und die Halbierung der Zahl der Sozialhilfeempfänger bis 2004 - zu erreichen.

Strategischer Ansatz: Eine hohe Erwerbsbeteiligung ist einer der Eckpfeiler des Wohlfahrtsstaates. Kostenloser Bildungszugang auf allen Ebenen und eine aktive Arbeitsmarktpolitik sind wichtige Elemente einer Politik, mit der die Bürger fit für den Arbeitsmarkt gemacht werden sollen. Die Regierung setzt sich dafür ein, die Zahl der von wirtschaftlicher Ausgrenzung Bedrohten bis 2010 deutlich zu verringern und die Zahl der Krankheitstage bis 2008 zu halbieren. Die bereits früher gesetzten Ziele, bis 2004 die Erwerbsquote auf 80 % zu erhöhen und die Abhängigkeit von der Sozialhilfe zu halbieren, bleiben weiterhin bestehen. Für sämtliche Ziele wurden zentrale Zielvorgaben aufgestellt. Das ,Gender Mainstreaming" ist in der Struktur des Wohlfahrtssystems verankert.

Wichtige politische Maßnahmen: Der Grundsatz des ,Primats der Arbeit" beinhaltet ein breites Spektrum von Maßnahmen, mit denen den Menschen angemessene Mittel an die Hand gegeben werden sollen, die es ihnen ermöglichen sollen, Arbeit zu finden und auf eigenen Füßen zu stehen. Die Aktivierungsmaßnahmen wurden verstärkt und die Regelungen der Arbeitslosenversicherung dahingehend geändert, dass verstärkte Anreize zur Aufnahme einer Arbeit und für mehr Mobilität geschaffen wurden. Durch die Rentenreform wird ein weiter verstärkter Bezug zwischen Erwerbsbeteiligung und sozialer Sicherheit geschaffen. Die allgemeine Sozialversicherung ermöglicht es, im Krankheitsfall, bei Arbeitslosigkeit, Elternschaft und vorübergehender Kinderbetreuung das Einkommensniveau zu halten. Die Sozialhilfe ist die letzte Stufe des Einkommenssicherungssystems, die zum Tragen kommt, wenn alle anderen Einnahmequellen wegfallen. Für das gesamte System der sozialen Sicherheit gilt ein auf den Einzelnen ausgerichteter Ansatz, der die Gleichstellung von Frauen und Männern fördert.

Künftige Herausforderungen: Eine der wichtigsten Herausforderungen für die Zukunft besteht darin, mit Blick auf eine ausgewogene wirtschaftliche und soziale Entwicklung die langfristige Tragfähigkeit der Sozialpolitik zu gewährleisten und die soziale Eingliederung weiter zu stärken. Trotz einer Verbesserung der Arbeitsmarktsituation der Immigranten bestehen nach wie vor bei allen Indikatoren für Armut und soziale Ausgrenzung Unterschiede zwischen gebürtigen Schweden und Immigranten, die es abzubauen gilt. Es muss ein hoher Standard an sozialen Dienstleistungen für alle, insbesondere aber für sozial schwache Bevölkerungsgruppen, gewährleistet und die Kooperation zwischen den verschiedenen Ebenen (lokale, regionale und nationale Ebene) verbessert werden, die Entwicklung bei den krankheitsbedingten Fehlzeiten muss gestoppt und umgekehrt werden, Langzeitkranke müssen wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert und die Kontakte mit allen Beteiligten intensiviert werden.

1. Situation und wichtige Tendenzen

Schweden wendete im Jahr 2000 mit 32,2 % den höchsten BIP-Anteil aller EU-Länder für den Sozialschutz auf (ESSOSS) (EU: 27,3 %). Für die Pro-Kopf-Aufwendungen für den Sozialschutz in KKS wurde für das Jahr 2000 ein Index von 120 angesetzt (EU: 100). Das Wirtschaftswachstum verlangsamte sich in den letzten Jahren deutlich auf 1,1 % des BIP im Jahr 2001, zeigt jedoch mit 1,9 % im Jahr 2002 wieder steigende Tendenz. Die Prognosen für die Jahre 2003 und 2004 lauten auf 1,4 % bzw. 2,7 %. Die Arbeitslosenquote sank von 6,7 % im Jahr 1999 bis 2002 auf 4,9 % (Männer 5,3 % und Frauen 4,5 %). Die Erwerbsquote lag 2002 mit 73,6 % deutlich über dem EU-Durchschnitt von 64,3 %, die Frauenerwerbsquote von 72,2 % übertraf den EU-Durchschnitt von 55,6 % sogar sehr deutlich. Eine schwedische Besonderheit ist die hohe Erwerbsquote älterer Arbeitnehmer, die 2002 68 % betrug (EU: 40,6 %). Die Langzeitarbeitslosigkeit, in Schweden ohnehin kein verbreitetes Phänomen, geht langsam zurück, 2002 lag sie bei 1,0 % (EU: 3,0 %). Die Arbeitslosenquote unter den Jugendlichen (15-24 Jahre) betrug 2002 6,4 % (EU: 7,2 %).

Armut ist in Schweden selten, die Armutsgefährdungsquote (weniger als 60 % des Medianeinkommens) lag 2001 bei 10 % (Eurostat-Daten). Die anhand des Einkommensquintilverhältnisses gemessene Einkommensdisparität zählt mit 3,1 zu den geringsten in der EU. Der Gini-Koeffizient 2001 betrug 0,24 (Eurostat-Daten). Aus den nationalen Daten geht hervor, dass andauernde Armut relativ wenig verbreitet ist, nur 0,1 % der Bevölkerung über 5 Jahre sind von dieser Form der Armut betroffen. Langfristig ist allerdings ein Trend zu wachsender Einkommensdisparität erkennbar.

Zu den wichtigsten Trends zählt die Zunahme der krankheitsbedingten Fehlzeiten um 46 % seit 1997. Besonders stark zugenommen hat die Zahl der längerfristigen Fehlzeiten von einem Jahr und länger (3 % der Erwerbstätigen). Diese Entwicklung steht nicht nur im Widerspruch zur steigenden Erwerbsquote, sie stellt auch ein nicht zu unterschätzendes Problem auf der gesamtwirtschaftlichen wie auf der individuellen Ebene dar.

Ein Fünftel der Bevölkerung Schwedens sind Immigranten oder Personen, bei denen mindestens ein Elternteil zugewandert ist; die Eingliederungssituation für Immigranten und insbesondere für Neuimmigranten hat sich nicht gebessert. Wenngleich ihre Situation am Arbeitsmarkt besser geworden ist, sieht sich diese Bevölkerungsgruppe nach wie vor mit Benachteiligungen am Arbeitsmarkt, Armut und Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche konfrontiert. Neben den Immigranten hat die Wirtschaftsrezession der 90er Jahre vor allem allein Erziehende und Jugendliche getroffen - die Situation dieser Bevölkerungsgruppen in Bezug auf Armut und Arbeitslosigkeit ist unverändert.

2. Bewertung der Fortschritte gegenüber dem NAP (Eingliederung) 2001

Schweden trennt den Prozess des NAP (Eingliederung) vom politischen Prozess der Sozialpolitik des Landes, denn die nationale Politik wird in einem politischen Prozess entwickelt, der sich vom Prozess für den Aktionsplan unterscheidet. Somit ist nach Auffassung Schwedens der Sachverhalt nicht so, dass der NAP (Eingliederung) Richtung und Anwendungsbereich der schwedischen Sozialpolitik bestimmt. Demzufolge stellt der NAP (Eingliederung) eher ein beschreibendes Werkzeug dar, das die politischen Maßnahmen Schwedens wiedergibt, und weniger ein Dokument, das politische Leitlinien vorgibt.

Zwar war die schwedische Regierung um eine Verbesserung des Dialogs zwischen verschiedenen staatlichen Stellen und den NRO bemüht, doch lag der Schwerpunkt des ersten NAP (Eingliederung) auf der Politik der Regierung aus der zentralstaatlichen Perspektive. Für den jetzt vorgelegten NAP (Eingliederung) wurden die Kontakte weiter intensiviert.

Beide NAP (Eingliederung) von 2001 und 2003 führen die bestehende Politik des Wohlfahrtsstaats fort, der grundlegende strategische Ansatz besteht in der langfristigen Verpflichtung zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Die Entwicklung belegt eindeutig den engen Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Entwicklung und der Entwicklung der Sozialpolitik. In Schweden wurden in verschiedenen Politikbereichen Aktionspläne für die soziale Eingliederung aufgestellt, so für alte Menschen, Gesundheitswesen, Behinderung, Bekämpfung von Alkohol- und Drogenkonsum sowie Maßnahmen gegen Diskriminierung. In diesen Aktionsplänen werden neue Initiativen und die Bereitstellung zusätzlicher Finanzmittel für die jeweiligen Bereiche vorgeschlagen. Der NAP (Eingliederung) ist mit dem Aufzeigen der Intentionen, die die Leitlinien für die Politik der sozialen Eingliederung bestimmen, und mit der Aufstellung zentraler Zielvorgaben und Ziele ehrgeiziger als sein Vorläufer.

Eine günstige Wirtschaftsentwicklung und das Beschäftigungswachstum tragen zu weiterhin sinkenden Kosten für Einkommensbeihilfen bei. Der Anteil der Sozialhilfeempfänger an der Gesamtbevölkerung ist von 8,1 % im Jahr 1997 auf 4,9 % im Jahr 2002 deutlich zurückgegangen. Nicht zurückgegangen ist hingegen der Anteil der über einen längeren Zeitraum (mindestens 10-12 Monate) auf Sozialhilfe angewiesenen Haushalten.

Obwohl die Entwicklung in die erwarteten Richtung geht, dürfte es schwierig werden, die Ziele des NAP (Eingliederung) 2001,nämlich 1) eine Erwerbsquote von 80 % bis 2004 und 2) die Halbierung der Zahl der Sozialhilfeempfänger im Zeitraum von 1999 bis 2004, zu erreichen. Die beiden letztgenannten Ziele haben nach wie vor Gültigkeit, allerdings wurde die gesetzte Frist für die Erwerbsquote von 80 % fallen gelassen. Auf dem Weg zu einer Halbierung der Abhängigkeit von Sozialhilfe ist mit einem Rückgang um 25 % bis 2002 bereits ein deutlicher Fortschritt zu verzeichnen.

3. Strategischer Ansatz: Vorrangige Ziele und zentrale Zielvorgaben

Der schwedische Wohlfahrtsstaat basiert auf den Grundprinzipien eines kollektiven Sozial- und Gesundheitssystems und eines umfassenden Systems der Einkommenssicherheit. Das gesamte System ist stark individualistisch geprägt. Übergeordnetes Ziel ist es, die gesamte Bevölkerung in ein allgemeines sozialpolitisches System einzubinden und spezifische Systeme zu vermeiden. Für Schweden ist diese Politik im Hinblick auf die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung hochgradig effizient. Ein besonderer Schwerpunkt dieser Politik liegt auf Antidiskriminierungsmaßnahmen, die besonders betroffenen Bevölkerungsgruppen einen besseren Zugang ermöglichen sollen.

Ein neues Hauptziel, die deutliche Verringerung der Zahl der von wirtschaftlicher Ausgrenzung bedrohten Menschen bis 2010, soll mit den folgenden zentralen Zielvorgaben, soweit möglich aufgegliedert nach Geschlecht und ethnischer Zugehörigkeit, realisiert werden: 1) Verringerung des Anteils an Einzelpersonen mit einem Einkommen von weniger als 60 % des Medianeinkommens, 2) Verringerung des Anteils an Einzelpersonen und Familien mit Kindern mit einem Einkommen unterhalb des Sozialhilfestandards, 3) Verringerung der Zahl der Schüler, die die Pflichtschule ohne Abschluss verlassen, 4) Erhöhung des Anteils an Personen mit Hochschulzugangsberechtigung, 5) Verringerung des Anteils Jugendlicher, die mit Drogen, Alkohol und Tabak experimentieren, 6) Aufstockung der Zahl der Therapieplätze für Suchtstoffabhängige (Alkohol und Drogen) und 7) Abbau der Wohnungslosigkeit.

Ebenfalls ein neues Ziel ist die Halbierung der Zahl der Krankheitstage bis 2008. Da hier ein enger Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt besteht, erfordert das Erreichen dieses Ziels die Mitwirkung der Arbeitgeber und des Gesundheitssystems und Änderungen bei der Krankenversicherung.

Die vorrangigen Ziele Erreichen einer Erwerbsquote von 80 % und Halbierung der Zahl der Sozialhilfeempfänger im Zeitraum von 1999 bis 2004 behalten weiterhin Gültigkeit.

4. Die wichtigsten politischen Maßnahmen: Stärken und Schwächen

Der beschriebene grundlegende strategische Ansatz zur Verringerung von Armut und sozialer Ausgrenzung ist im NAP (Eingliederung) 2003 eindeutig dargelegt, weniger präzise ist der Plan allerdings bei der Beschreibung der politischen Maßnahmen, mit denen die Zielsetzungen realisiert werden sollen. Die Stärke des NAP (Eingliederung) besteht darin, dass für die vorrangigen Ziele konkrete Zielvorgaben aufgestellt wurden, die es ermöglichen zu bewerten, inwieweit die einzelnen Zielsetzungen erreicht wurden oder nicht. Die Schwäche des NAP (Eingliederung) hingegen besteht darin, dass der Plan nicht in jedem Fall Mechanismen erkennen lässt, die spezifische Maßnahmen einem spezifischen Ziel zuordnen und dass auch nicht deutlich wird, wie die Prioritäten unter den einzelnen Maßnahmen zu setzen sind. Damit wird oft nicht deutlich, wie bestimmte politische Maßnahmen dazu beitragen sollen, konkrete Zielsetzungen voranzubringen bzw. inwieweit dies überhaupt der Fall ist.

Die Teilnahme am Erwerbsleben fördern

Schweden tritt für das Prinzip der Aktivierung und der Qualifizierung ein. Der Grundsatz des ,Primats der Arbeit" beinhaltet ein breites Spektrum von Maßnahmen, mit denen den Menschen angemessene Mittel an die Hand gegeben werden sollen, die es ihnen ermöglichen sollen, Arbeit zu finden und auf eigenen Füßen zu stehen. Die Regelungen der Arbeitslosenversicherung wurden dahingehend geändert, dass verstärkte Anreize zur Aufnahme einer Arbeit und für mehr Mobilität geschaffen wurden. Die Familienpolitik ist ein zentraler Faktor für die Erwerbsbeteiligung von Männern und Frauen und stärkt die Familie mit Blick auf die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Familie.

Den Zugang aller zu Ressourcen, Rechten, Gütern und Dienstleistungen fördern

Schweden verfügt über ein entwickeltes System der allgemeinen Einkommenssicherheit. Die allgemeine Sozialversicherung ermöglicht es, im Krankheitsfall, bei Arbeitslosigkeit, Elternschaft und vorübergehender Kinderbetreuung das Einkommensniveau zu halten. Die bereits eingeführte Rentenreform basiert auf lebenslangem Einkommen mit einer zusätzlichen garantierten Grundrente für Bezieher niedriger Einkommen oder Arbeitslose. Die Sozialhilfe gewährleistet die letzte Stufe des Einkommenssicherungssystems, die zum Tragen kommt, wenn alle anderen Einnahmequellen wegfallen. Der Bildungszugang ist auf allen Ebenen des Bildungssystems kostenlos. Die Wohnungspolitik wurde dahingehend reformiert, dass die Kommunen verpflichtet sind, angemessenen Wohnraum für alle zur Verfügung zu stellen. Zur Bekämpfung der Wohnungslosigkeit werden zusätzliche Mittel bereitgestellt. Die gesamte Bevölkerung hat Anspruch auf Leistungen der allgemeinen Krankenversicherung - Kinder sind beitragsfrei, für Erwachsene besteht eine Beitragshöchstgrenze.

Den Risiken der Ausgrenzung vorbeugen

Für besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen wie Kinder aus sozial schwachen Verhältnissen, Menschen, die von Alkohol- und Drogenmissbrauch, Wohnungslosigkeit und besonders beengten Wohnverhältnissen, Kriminalität und Prostitution betroffen sind, sowie Langzeitarbeitslose, behinderte und alte Menschen sowie Immigranten wurden in Schweden zahlreiche Pläne und Maßnahmen entwickelt. Der nationale Aktionsplan gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Homophobie und Diskriminierung dürfte die Aussichten für allgemein gültige Rechtsvorschriften gegen Diskriminierung verbessern.

5. Gleichstellung von Frauen und Männern

Das ,Gender Mainstreaming" ist in der Struktur des Wohlfahrtssystems verankert. Kollektive Systeme, die Anspruch auf die Wahrnehmung von Individualrechten gewähren, tragen zur Verbesserung der Gleichstellung von Frauen und Männern bei. Bei den zentralen Zielvorgaben wird - ebenso wie bei den Indikatoren - soweit möglich eine Aufgliederung nach Geschlecht vorgenommen. Die Familienpolitik ist ein wichtiges Instrument zur Herstellung der Chancengleichheit. Kritische Punkte sind die Bereiche Frauengesundheit und die hohen krankheitsbedingten Fehlzeiten von Frauen.

6. Aktuelle Fragen und künftige Herausforderungen

Da die bisherige Entwicklung enge Zusammenhänge zwischen den Entwicklungen der Wirtschaft und in der Sozialpolitik erkennen lässt, besteht eine grundlegende Herausforderung für die Zukunft darin, die Weiterführung der bewährten Interaktion zwischen Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik zu gewährleisten und die Maßnahmen zur sozialen Eingliederung zu verstärken, um eine ausgewogene wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu fördern.

Aktuelle Fragen, die weitere Herausforderungen darstellen: Verringerung der Unterschiede zwischen gebürtigen Schweden und Immigranten bei allen Indikatoren für Armut und soziale Ausgrenzung, Gewährleistung eines hohen Standards an sozialen Dienstleistungen für alle, insbesondere auch für besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen, und vermehrte Kooperation zwischen den verschiedenen Ebenen (lokale, regionale und nationale Ebene), Stopp und Umkehr der Entwicklung bei den krankheitsbedingten Fehlzeiten und Wiedereingliederung von Langzeitkranken in den Arbeitsmarkt, weitere Intensivierung der Kontakte mit anderen Beteiligten am politischen Prozess, insbesondere NRO, auf regionaler und lokaler Ebene.

VEREINIGTES KÖNIGREICH

Situation und wichtige Tendenzen: Seit dem letzten Nationalen Aktionsplan konnte durch die starke gesamtwirtschaftliche Leistung ein anhaltend hohes Beschäftigungsniveau bei gleichzeitig niedriger Arbeitslosigkeit erreicht werden. Der Schwerpunkt der Strategien zur Armutsbekämpfung und zur sozialen Eingliederung im Vereinigten Königreich liegt zunehmend auf bestimmten besonders benachteiligten Bevölkerungsgruppen mit hoher Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung wie z. B. allein Erziehende, Langzeitarbeitslose, alte Menschen, gering qualifizierte und ungelernte Arbeitskräfte, ethnische Minderheiten, kranke und behinderte Menschen und Bewohner von sozialen Brennpunkten. 2001 waren 17 % der Bevölkerung vom Armutsrisiko betroffen, der EU-Durchschnitt liegt bei 15 %; ohne Sozialtransfers würde die Quote 40 % betragen.

Fortschritte im Zeitraum 2001-2003: Das Vereinigte Königreich setzt weiter auf eine breit angelegte und umfassende Strategie zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung. So wurden im Zeitraum 2001 bis 2003 zahlreiche neue Maßnahmen eingeführt bzw. bereits bestehende Maßnahmen zur Armutsbekämpfung weiter verbessert. Durch die vorgenommenen Änderungen stehen damit für sozial schwache Bevölkerungsgruppen, insbesondere für Familien mit Kindern, zusätzliche Mittel in erheblichem Umfang zur Verfügung. Die Wirksamkeit zahlreicher Initiativen bleibt allerdings noch abzuwarten. Immer noch ist der Anteil der Haushalte mit niedrigen Einkommen vergleichsweise hoch und es bestehen deutliche Einkommensdisparitäten, wobei diese Problematik im Kontext des insgesamt zunehmenden Wohlstands zu sehen ist. Landesspezifische ,tertiäre" Indikatoren für Kinder, Erwachsene im erwerbsfähigen Alter, alte Menschen und Gemeinschaften sowie direkte Armutsindikatoren, Indikatoren für das Risiko sozialer Ausgrenzung und Indikatoren für die Unterstützung der sozial Schwachen belegen auf den meisten Gebieten Fortschritte. An der Ausarbeitung des NAP 2003 war ein breiteres Spektrum von Akteuren beteiligt als bei dessen Vorläufer, und die Beteiligung der autonomen Regierungen und von Einzelpersonen mit direkter Armutserfahrung trug ebenfalls zur Verbesserung der Qualität des NAP bei.

Strategischer Ansatz: Im NAP 2003 wird hervorgehoben: ,Der Kampf gegen Armut steht im Mittelpunkt des gesamten Sozial- und Wirtschaftsprogramms der Regierung des Vereinigten Königreichs." Die Regierung verfolgt bei der Sozialreform den Ansatz, denjenigen, die arbeiten können, Arbeit zu bieten, und diejenigen, die nicht arbeiten können, zu unterstützen; ihre Strategie zur Erwerbsbeteiligung steht unter dem Motto ,Making work possible ... making work pay ... making work skilled" (etwa: ,Arbeit schaffen ... Arbeit angemessen entlohnen ... Arbeit qualifizieren). Ihr wichtigstes Ziel für den Arbeitsmarkt sieht sie darin, ein möglichst hohes und stabiles Beschäftigungsniveau zu erreichen, das jedem Bürger Teilhabe an einem steigenden Lebensstandard und besseren Erwerbsmöglichkeiten bietet.

Wichtige politische Maßnahmen: Ein Eckpfeiler des Ansatzes für die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung ist ein qualitativ hochwertiges öffentliches Dienstleistungsangebot. Die Ausgabenpläne für den Zeitraum 2003/4 bis 2005/6 sehen beträchtliche Ausgabensteigerungen bei öffentlichen Dienstleistungen vor, die sich auf die Bereiche Bildung, Gesundheit und Verkehr konzentrieren. Der Abbau der Kinderarmut steht im Mittelpunkt der Strategie zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung der britischen Regierung, die das Versprechen abgegeben hat, die Kinderarmut bis 2020 zu beseitigen. Ebenfalls hervorgehoben werden sollte die Einführung und Verbesserung verschiedener Steuererleichterungen, darunter die neue Rentengutschrift (,Pension Credit"), die dazu beitragen dürfte, die Rentnerarmut zu verringern.

Künftige Herausforderungen: Trotz rekordverdächtiger Erwerbsquoten und niedriger Arbeitslosenzahlen sind die Einkommendisparitäten weiterhin stark ausgeprägt und die Zahl erwerbsloser Haushalte bleibt ein Problem, von dem vor allem die sozialen Brennpunkte betroffen sind, und der Anteil der Menschen, die Langzeit-Erwerbsunfähigkeitsleistungen oder sonstige Leistungen beziehen, ist besonders hoch. Beim Abbau der Kinderarmut sind zwar Fortschritte zu verzeichnen, doch müssen die konkreten Wirksamkeit auf dem Weg zu den für 2004/2005 gesetzten zahlenmäßigen Zielvorgaben erst noch beurteilt werden.

1. Situation und wichtige Tendenzen

Das Vereinigte Königreich verzeichnete 2002 mit einer Wachstumsrate von 1,9 % weiterhin eine gute Wirtschaftsleistung, die über dem EU-Durchschnitt von 1 % liegt und den Erwartungen zufolge auch 2004 und 2005 weiter anhalten wird. Die starke gesamtwirtschaftliche Leistung brachte mit einer Erwerbsquote von 71,7 % (2002) auch ein anhaltend hohes Beschäftigungsniveau mit sich, während die inoffizielle Zahl der ,Eingliederungswilligen" (nicht Erwerbstätige, die eine Erwerbstätigkeit aufnehmen wollen, Teilnehmer an staatlichen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Teilzeitbeschäftigte, die eine Teilzeittätigkeit annehmen, weil sie keine Vollzeitstelle bekommen) bei 4 Millionen liegt (Mai 2003). Unabhängig hiervon gibt die relativ hohe Zahl an erwerbslosen Haushalten weiterhin Anlass zur Sorge, und beispielsweise die Zahl der Erwerbslosen, die Erwerbsunfähigkeitsleistungen beziehen, ist mit 7,6 % der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter besonders hoch.

Die Aufwendungen für den Sozialschutz lagen mit 26,8 % des BIP im Jahr 2000 leicht unter dem EU-Durchschnitt von 27,3 %. Die realen Sozialschutzaufwendungen pro Kopf der Bevölkerung 2000 lagen allerdings 4,7 % über dem EU-Durchschnitt und auch deutlich über den Vorjahren. Trotzdem waren die Einkommensdisparitäten 2001 gemessen am Einkommensquintilverhältnis im Vereinigten Königreich mit 4,9 höher als in der EU (4,4). Im Jahr 2001 sank das Armutsgefährdungsquote (nach Sozialtransfers) zwar auf 17 % (gegenüber 20 % im Jahr 1995 und 19 % im Jahr 2000), lag jedoch weiterhin über dem EU-Durchschnitt von 15 % (ohne Sozialtransfers hätte die Quote für das Armutsrisiko im Vereinigten Königreich 40 % betragen, im EU-Durchschnitt 39 %). Die Quote für das Risiko dauerhafter Armut betrug im selben Jahr 10 % gegenüber 9 % im EU-Durchschnitt. Auch landesspezifisch ausgewählte Indikatoren zeigen leichte Verbesserungen bei Armutsrisiken und relativ niedrigen Einkommen, während der Gini-Koeffizient einen leichten Anstieg ausweist. In diesem Kontext sollten die Zusammenhänge zwischen Einkommenslücken und Armutsgefährdung einer eingehenderen Bewertung unterzogen werden.

2. Bewertung der Fortschritte gegenüber dem NAP (Eingliederung) 2001

Aus dem NAP (Eingliederung) 2003 wird deutlich, dass einige der Kritikpunkte am vorherigen Plan berücksichtigt wurden, so geht der Plan nun stärker als bisher auf die eigentlichen Ursachen der sozialen Ausgrenzung ein und beleuchtet ein breites Spektrum an Politikfeldern. Zudem wird bei der Ausarbeitung und Überwachung des NAP (Eingliederung) ein offenerer Ansatz mit der Beteiligung eines größeren Spektrums an Akteuren verfolgt - ,mit der Anerkennung der Tatsache, dass Menschen mit direkter Armutserfahrung viel einzubringen haben, wandelt sich durch eine erfolgreiche Strategie zur Armutsbekämpfung allmählich die Vorgehensweise im Vereinigten Königreich".

Ergänzend zu den vereinbarten gemeinsamen Indikatoren bewertet das Vereinigte Königreich die Fortschritte anhand einer Anzahl tertiärer Indikatoren. Während die Fortschritte mit Blick auf die gemeinsamen Indikatoren enttäuschend ausfallen (allerdings schwerer zu beurteilen sind, da für die Zeit nach 2000 noch keine Daten vorliegen), sind die anhand der landesspezifischen, aktuelleren tertiären Indikatoren gemessenen Fortschritte durchaus ermutigend und weisen in ihrer Mehrheit in die richtige Richtung. Es könnte argumentiert werden, dass dieser Trend die Folge der Gesamtleistung der britischen Wirtschaft ist, doch lässt sich der Erfolg teilweise auch den Auswirkungen der zur Bekämpfung der Armut eingeführten steuer- und sozialpolitischen Maßnahmen zuschreiben, wenngleich es bei einigen Maßnahmen der jüngeren Zeit möglicherweise noch zu früh ist, als dass sich Verbesserungen in den statistischen Daten niederschlagen könnten.

Während bei der Verringerung der absoluten Armut ganz offenkundig Fortschritte zu verzeichnen sind, schreitet der Abbau der relativen Armut langsamer voran. Selbst wenn sich der Arbeitsmarkt weiterhin so positiv entwickeln sollte wie prognostiziert, kann unter Umständen doch nicht auf politische Umverteilungsmaßnahmen verzichtet werden, will man die Disparitäten verringern.

Die Zahl der von Armut betroffenen Kinder zu verringern, wurde im NAP 2001 als eine der wichtigsten Aufgaben genannt. Der Abbau der Kinderarmut steht im Mittelpunkt der Strategie der britischen Regierung, die das Versprechen abgegeben hat, die Kinderarmut bis 2020 zu beseitigen. Die konkreten Fortschritte auf dem Weg zu den für 2004/2005 gesetzten zahlenmäßigen Zielvorgaben müssen erst noch beurteilt werden; derzeit laufen Arbeiten für eine langfristige genauere Messung der Kinderarmut, an denen auch Anspruchsgruppen beteiligt sind.

Die Rolle des ESF bei der Unterstützung der Ziele der sozialen Eingliederung ist in einem informativen und anschaulichen Anhang zum Hauptbericht im NAP gut dokumentiert. Die Umsetzung der aus dem ESF geförderten Aktivitäten wird einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung im Vereinigten Königreich leisten. Zudem sehen die Strukturfondsprogramme für das Vereinigte Königreich den konzentrierten Einsatz von Mitteln für als ,Community Economic Development Areas" ausgewiesene Wohngegenden an sozialen Brennpunkten vor, allerdings hat sich in der Vergangenheit erweisen, dass es manchmal lange dauert, bis diese Mittel ihrer Bestimmung zugeführt werden können.

3. Strategischer Ansatz: Vorrangige Ziele und zentrale Zielvorgaben des NAP (Eingliederung) 2003

,Der Kampf gegen Armut steht im Mittelpunkt des gesamten Sozial- und Wirtschaftsprogramms der Regierung des Vereinigten Königreichs." Die Regierung verfolgt bei der Sozialreform den Ansatz, denjenigen, die arbeiten können, Arbeit zu bieten, und diejenigen, die nicht arbeiten können, zu unterstützen; ihre Strategie zur Erwerbsbeteiligung steht unter dem Motto ,Making work possible ... making work pay ... making work skilled" (etwa: ,Arbeit schaffen ... Arbeit angemessen entlohnen ... Arbeit qualifizieren). Ihr wichtigstes Ziel für den Arbeitsmarkt sieht sie darin, ein möglichst hohes und stabiles Beschäftigungsniveau zu erreichen, das jedem Bürger Teilhabe an einem steigenden Lebensstandard und besseren Erwerbsmöglichkeiten bietet.

Die Strategie zur Bekämpfung der Probleme der Armut und der sozialen Ausgrenzung umfasst nationale Aktionen in Zusammenarbeit mit den autonomen Regierungen und Regionalbehörden sowie Aktionen auf lokaler Ebene und im Wohnumfeld zusammen mit lokalen Gebietskörperschaften und dem ehrenamtlichen und gemeinwirtschaftlichen Sektor; die Einführung eines wirtschaftlich orientierten Managements zur Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten; Maßnahmen, die es für die Bürger einfacher machen sollen, einen Arbeitsplatz zu finden, ihren Arbeitsplatz zu behalten und sich beruflich weiter zu entwickeln; eher kurzfristig angelegte politische Maßnahmen, die dafür sorgen sollen, dass sich Arbeit lohnt, und die den Lebensstandard derjenigen Bürger verbessern sollen, die nicht in der Lage sind, eine Erwerbstätigkeit auszuüben, und längerfristige Investitionen in öffentliche Dienstleistungen wie Bildung und Gesundheitswesen, um die Chancen aller zu verbessern.

Das vorrangige Ziel und die damit verbundene Zielvorgabe des NAP 2003 ist die Beseitigung der Kinderarmut bis 2020, Zwischenziele sind deren Halbierung bis 2010 bzw. die Verringerung um ein Viertel bis 2004. Insgesamt 100 weitere Zielvorgaben wurden - geordnet nach Gruppen - rund um die vier Ziele von Nizza festgesetzt. Allerdings ist festzuhalten, dass es sich bei diesen Zielvorgaben um die bereits angekündigten, die soziale Ausgrenzung betreffenden Zielvorgaben handelt, die zusammen die Vereinbarungen zwischen der Regierung und den lokalen öffentlichen Dienstleistern (UK Government and Local Public Service Agreements) bilden, oder aber um von den autonomen Regierungen festgesetzte Zielvorgaben.

4. Die wichtigsten politischen Ansätze: Stärken und Schwächen

Niedrige Einkommen sind im Vereinigten Königreich ein vergleichsweise weit verbreitetes Phänomen. Die Erwerbseinkommen von Familien mit Kindern wurden durch die Einführung des Mindestlohns, die Heraufsetzung des Schwellenwerts für Beiträge zur Arbeitnehmerversicherung (National Insurance) und Kindergelderhöhungen sowie Steuervergünstigungen verbessert. Die Einkommen der Rentner wurden durch eine Aufstockung der realen staatlichen Grundrente und der Sozialhilfe aufgebessert. Auch die Lohnersatzleistungen für Familien mit Kindern sind durch reale Zuwächse bei Einkommensbeihilfen und Kinderfreibeträgen gestiegen. Die Lohnersatzleistungen für allein Stehende und kinderlose Ehepaaren wurden nicht durch reale Verbesserungen der Bezüge aufgestockt, ihre Einkommen sind im Verhältnis zu den Erwerbseinkommen weiter gesunken. Trotz der bei den garantierten Mindesteinkommen (Minimum Income Guarantee, MIG) vorgenommenen realen Verbesserungen liegt die staatliche Grundrente deutlich unter dem MIG, so dass die Einkommen der Rentner, die Sozialhilfe beziehen, noch nicht wieder das Verhältnis zu den Erwerbseinkommen des Jahres 1979 erreichten.

Das Vereinigte Königreich verweist auf die finanzielle Nachhaltigkeit seines strategischen Ansatzes, der eine Basisunterstützung durch den Staat biete, während die ärmsten Rentner durch einkommensabhängige Maßnahmen zielgerichtet zusätzliche Hilfe erhalten. Es gibt ein garantiertes Mindesteinkommen, und das Ansparen im Wege betrieblicher und privater Rentenprogramme wird gefördert. Als Folge dieser Vorgehensweise wendet das Vereinigte Königreich lediglich 5,1 % seines BIP für Altersruhegelder auf, dies entspricht weniger als der Hälfte des EU-Durchschnitts.

Die Nichtinanspruchnahme von Sozialleistungen bleibt weiterhin ein Problem. Ein Beispiel dafür, wie hiergegen vorgegangen wird, ist die vor kurzem eingeführte Rentengutschrift (,Pension Credit"), durch die Rentnerhaushalten jährlich 2 Mrd. GBP zusätzlich zur Verfügung stehen und die von Maßnahmen flankiert wird, die gewährleisten sollen, dass diese Leistung möglichst von allen Berechtigten in Anspruch genommen wird. Die Zielvorgabe sieht vor, dass bis 2006 3 Mio. Rentnerhaushalte die Rentengutschrift in Anspruch nehmen.

Auch bei dem zentralen Ziel der Verringerung und Beseitigung der Kinderarmut sind Fortschritte zu verzeichnen, wenngleich eine Bewertung der konkreten Wirksamkeit der Maßnahmen in Bezug auf das vorgegebene Ziel für 2004/05 noch aussteht. Um diese Zielvorgabe zu erreichen, müssen wohl noch in erheblichem Umfang Vorleistungen erbracht werden, so z. B. Maßnahmen gegen die schlechtere Entlohnung von Frauen (die geschlechtsspezifische Gehaltslücke im Vereinigten Königreich zählt nach wie vor zu den größten in der gesamten EU) sowie Maßnahmen zur Verbesserung von Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit von Kinderbetreuung. Zusätzliche Mittel für die Kinderbetreuungsstrategie wurden bisher hauptsächlich für die Finanzierung als ,Nursery Classes", Betreuungseinrichtungen an den Grundschulen, eingesetzt. Hier kann argumentiert werden, dass dieses überwiegend auf die Zeit außerhalb der Ferien beschränkte Teilzeit-Betreuungsangebot sicherlich kein sonderlich effektives Mittel ist, um (armen) allein Erziehenden den Zugang zu einer Erwerbstätigkeit zu erschließen. Die Kinderbetreuungskomponente des als ,Working Tax Credit" bezeichneten Steuerbonus für Geringverdiener deckt lediglich maximal 70 % der Kinderbetreuungskosten bis zu einer Obergrenze. Kinderbetreuung ist im Vereinigten Königreich immer noch relativ teuer, es sind nicht ausreichend Plätze vorhanden und die Qualität ist gelegentlich umstritten. Die Regierung hat sich ehrgeizige Ziele für die Erhöhung von Angebot und Qualität von Kinderbetreuungseinrichtungen gesteckt, die Fortschritte lassen jedoch auf sich warten, denn dieser Sektor genießt geringes gesellschaftliches Ansehen und die Konditionen sind schlecht. Das Fehlen bezahlbarer und guter Kinderbetreuungsplätze in erreichbarer Nähe ist einer der Gründe für die relativ niedrige Erwerbsquote allein Erziehender und den relativ hohen Anteil von Kindern, die in erwerbslosen Haushalten leben. Derzeit wird eine (zweite) Überprüfung der Kinderbetreuungssituation durchgeführt, was darauf schließen lässt, dass auch die Regierung der Auffassung ist, dass der ,Policy Mix" so nicht ideal ist. Im NAP wird allerdings die Problematik im Zusammenhang mit der Pflege und Betreuung von Familienmitgliedern, einschließlich alter und behinderter Familienmitglieder, nicht angemessen zum Ausdruck gebracht. Pflege- und Betreuungsaufgaben werden zumeist von den Frauen wahrgenommen, was sich auf deren Erwerbsbeteiligung auswirkt. Eine wichtige neue Entwicklung ist die Schaffung eines neuen Ministeriums für Kinder, Jugend und Familien.

Im Vereinigten Königreich bestehen erhebliche regionale Unterschiede in Bezug auf Armut und soziale Ausgrenzung. Es wurden Versuche unternommen, die zahlreichen gebietsbezogenen Initiativen zugunsten einer Umstellung auf das Erreichen eines Mindeststandards beim Dienstleistungsangebot für die Bewohner benachteiligter Gebiete zu vereinfachen und die wichtigen Dienstleistungen an die Bedürfnisse dieser Bewohner anzupassen und Basis-Zielvorgaben einzuführen.

Rund ein Viertel der staatlichen Ausgaben wird für Dienstleistungen aufgewendet. Ein Eckpfeiler des Ansatzes der britischen Regierung für die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung ist ein qualitativ hochwertiges öffentliches Dienstleistungsangebot. Die Ausgabenpläne für den Zeitraum 2003/2004 bis 2005/2006 sehen eine reale Ausgabensteigerung von insgesamt 3,3 % jährlich vor. Der Anteil der Staatsausgaben am BIP wird von 39,9 % im Jahr 2002/2003 auf 41,9 % im Jahr 2005/6 steigen. Bei der Entwicklung einer mehrdimensionalen übergreifenden Strategie wurden zwar Fortschritte erzielt, doch müssen zu deren Umsetzung noch weitere Anstrengungen unternommen werden.

5. Gleichstellung von Frauen und Männern

Gleichstellungsfragen werden im NAP generell angemessen behandelt, insbesondere was die gestiegene Armutsgefährdung der Frauen und die Hervorhebung von politischen Maßnahmen zur Beseitigung der ungleichen Entlohnung von Frauen und Männern angeht, die nach wie vor ein Problem darstellt, aber auch die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Schaffung eines besseren Kinderbetreuungsangebots. Allerdings sind - wie bereits beim NAP 2001 - Mängel beim ,Gender Mainstreaming" und bei geschlechtsspezifischen Maßnahmen festzustellen, stattdessen werden geschlechtsspezifische Maßnahmen eingeführt, wenn diese sich in die Zielsetzungen der Verringerung der Kinderarmut und der Zahl der erwerbslosen Haushalte einfügen.

6. Aktuelle Fragen und künftige Herausforderungen

Die in Lissabon gesetzten Beschäftigungsziele für 2010 wurden bereits erreicht, die Arbeitslosenzahlen liegen deutlich unter dem EU-Durchschnitt, dennoch ist es für bestimmte Bevölkerungsgruppen nach wie vor schwierig, Arbeit zu finden. Der zielgerichtete Einsatz von Ressourcen und Initiativen wird ausschlaggebend dafür sein, ob die Lebenschancen dieser Gruppen verbessert werden können. Hinzu kommt, dass im Vereinigten Königreich die Zahl der Bezieher niedriger Einkommen immer noch vergleichsweise hoch ist. Verschuldung und finanzielle Ausgrenzung werden als Probleme erkannt, und im NAP wird der Prozess der Ermittlung von Lösungen für diese Probleme aufgenommen.

Die Schaffung von mehr Arbeitsplätzen kommt allen Bevölkerungsgruppen zugute, und durch Veränderungen bei Sozialleistungen und Steuervergünstigungen konnte die Situation von Kindern, insbesondere aus einkommensschwachen Familien, verbessert werden.

Während die Arbeitslosigkeit insgesamt rückläufig ist und die Erwerbsbeteiligung unter den besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen zunimmt, ist nach wie vor eine Konzentration der Arbeitslosigkeit in bestimmten Gebieten festzustellen. Betroffene, die aufgrund von Sozialleistungen nicht auf Arbeit angewiesen sind, werden jetzt als besonders gefährdet angesehen. Anlass zur Sorge bieten auch weiterhin die Zahl der erwerbslosen Haushalte und einzelne Aspekte der Qualität der Arbeit. Verschiedene Basisorganisationen sind der Auffassung, dass die Menschen zur Aufnahme einer nicht langfristig tragfähigen Arbeit gedrängt werden, während das Sozialhilfesystem nicht flexibel genug ist und ein schwacher Beschäftigungsrahmen nicht in der Lage ist, Würde und Fairness zu gewährleisten.

Im gesamten NAP finden sich Bezugnahmen auf die Aktivitäten der autonomen Regierungen und sonstiger Akteure. Dabei wird jedoch nicht deutlich, inwieweit die Ambitionen des NAP für alle Bereiche gelten oder sich in den Ausgabenprioritäten der einzelnen Ministerien und auf der regionalen und lokalen Ebene in ausreichendem Umfang widerspiegeln. Es wird vorgeschlagen zu untersuchen, wie die politischen Maßnahmen bei der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung ineinander greifen und welches die potenziellen künftigen Triebkräfte für weitere Fortschritte sein könnten. Die Erfahrung aus Versuchen mit der partizipativen Mitwirkung von Menschen, die Armut direkt erfahren haben, an der Aufstellung des NAP ließe sich sinnvoll auf weitere Gebiete staatlicher Politikgestaltung übertragen.

COMMISSION STAFF WORKING PAPER - "DRAFT JOINT INCLUSION REPORT" Statistical Annex {COM(2003)773 final}

COMMISSION STAFF WORKING PAPER

Statistical Annex to the Draft Joint Inclusion Report

The Common Indicators of Poverty and Social Exclusion: background, definitions, methodological notes

The common indicators of poverty and social exclusion: statistical tables

Table 1: At-risk-of-poverty rate by broad age group and gender1, selected years (%)

Table 2: At-risk-of-poverty rate for individuals aged 16 years and over by age group and gender1, 2001 (%)

Table 3: Persistent risk of poverty by broad age group and gender1, 2001 (%)

Table 4: Relative median at-risk-of-poverty gap by age group and gender1, 2001 (%)

Table 5: At-risk-of-poverty threshold (illustrative values in PPS1), 2001

Table 6: Income quintile ratio (S80/S20), selected years (%)

Table 7: Gini coefficient, selected years (%)

Table 8: Dispersion around the at-risk-of-poverty threshold1, 2001 (%)

Table 9: At-risk-of-poverty rate by household type,1 2001 (%)

Table 10: At-risk-of-poverty rate by accommodation tenure status, 2001 (%)

Table 11: At-risk-of-poverty rate anchored at one moment in time (1998), 1998-2001

Table 12: At-risk-of-poverty rate after and before social cash transfers, by broad age group and gender1, 2001 (%)

Table 13: At-risk-of-poverty rate by gender1 and most frequent activity status, 2001 (%)

Table 13bis: Distribution of the adult population (aged 16 years and over) at risk of poverty by gender1 and most frequent activity status, 2001 (%)

Table 14: In- work poverty risk by main characteristics of the employed population

Table 15: Dispersion of regional employment rates1, selected years (%)

Table 16: People living in jobless households: children and working-age women and men, selected years (%)

Table 17: Long-term unemployment rate by gender, selected years (%)

Table 18: Long-term unemployment share by gender, selected years (%)

Table 19: Very long-term unemployment rate by gender, selected years (%)

Table 20: Early school leavers not in education or training, by gender, selected years (%)

Table 21: Persons with low educational attainment by age and gender, 2003 (%)

Table 22: Life expectancy at birth by gender, 1990 and 2000 (%)

Table 23: Self defined health status by income quintile1, 2000 (%)

Context information: population

Context information: social protection expenditure

The Common Indicators of Poverty and Social Exclusion: background, definitions, methodological notes

Background

In December 2001, the Laeken European Council endorsed a first set of 18 indicators of social exclusion and poverty, organised in a two-level structure of primary indicators - consisting of 10 lead indicators covering the broad fields that have been considered the most important elements in leading to social exclusion - and 8 secondary indicators - intended to support the lead indicators and describe other dimensions of the problem.

After that date, the Indicators Sub-Group has continued working with a view to refining and consolidating the original list of indicators. The list of common indicators as approved by the Social Protection Committee in July 2003, together with their definition, is included in the table below. Those indicators that have been re-defined can be identified thanks to the * sign that has been added in the first column. Similarly, new indicators can be identified thanks to the mention "new" that has been added in this column.

Breakdowns of the common indicators by age and gender

As far as possible, children must be given a special focus within the common indicators of social exclusion and poverty. In particular, it is recognised that it is especially important not to base the examination of child poverty and social exclusion on one single at-risk-of-poverty indicator. It is therefore recommended to apply a standard breakdown by broad age groups to all the Laeken indicators, wherever relevant and meaningful. In deciding the degree of disaggregation by age, considerations of statistical robustness must also be taken into account.

Similarly, a gender breakdown must be applied to all the indicators, always wherever relevant and meaningful. It should be noted that, in the case of income-based indicators, the gender breakdown is based on the assumption of equal sharing of resources within households. Furthermore, in most instances a gender breakdown is only meaningful when applied to the adult population, as there cannot be any normative interpretation of gender differences in, for example, the poverty risk rate for children.

The columns in the table below indicate when the age and gender breakdowns have been recommended when analysing the situation of poverty and social exclusion.

Definitions: the primary indicators

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

Definitions: the Secondary Indicators

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

European income data: methodology and limitations

The income-based indicators that are presented in this report are calculated on the basis of data from the European Community Household Panel (ECHP). The use of the ECHP as the common source for such indicators was proposed by the Social Protection Committee and formally adopted at the Laeken European Council in 2001.

The ECHP is the only common source of comparable data on income and living conditions currently available for EU Member States. It was developed in association with Member States and publication of results incorporates a comprehensive validation process by both the National Statistical Institues and Eurostat. Given the sensitivity of the topics covered by this survey, some care is needed when interpreting results.

Characteristics of the survey

The ECHP is a survey based on a standardised questionnaire. It involves annual interviewing of a representative panel of households and individuals, covering a wide range of topics: income, health, education, housing, demographics and employment characteristics. The longitudinal structure of the ECHP makes it possible to follow up and interview the same households and individuals over eight consecutive years.

The first wave of the ECHP was conducted in 1994 in the then twelve EU Member States, on a total sample of some 60,500 households. Austria joined the project in 1995 and Finland in 1996. Even though Sweden is not taking part in the ECHP, comparable micro-data from the Swedish Survey on Living Conditions are included in the ECHP user's database from 1997 onwards. In the United Kingdom, Luxembourg and Germany, the ECHP survey was stopped in 1997 and data from an existing national panel survey (i.e. BHPS, PSELL and SOEP respectively) were harmonised to the ECHP format to provide data for all subsequent waves.

Since the release of December 2002, ECHP UDBs differ from previous versions in some aspects: in addition to the updating of income data by some countries, two methodological aspects have been substantially revised:

- an improved weighting procedure is applied in order to avoid extreme weights;

- a new method to adjust for 'within-household non-response' is used.

The impact of these two substantial modifications in the production of the ECHP UDB is twofold. Firstly, the micro-data contain now less extreme weights and better income information. Second, the current changes in methodology are accompanied by sometimes large changes in the estimates of some important indicators based on the ECHP. This newly adopted methodology can be regarded as a major revision and an improvement in the accuracy of ECHP estimates.

Income measurement

Data on income from the ECHP relate to the year immediately preceding the survey (e.g. 2000 for wave 8 conducted in 2001), whereas the household composition and the socio-demographic characteristics of household members are those registered at the moment of the survey.

Household's total disposable income is taken to be total net monetary income received by the household and its members, including all income from work (wages and salaries and self-employment earnings), private income from investment and property, plus all social cash transfers received including old-age pensions, net of any taxes and social contributions paid (with France and Finland representing a partial exception to this latter rule).

In order to reflect differences in household size and composition, the income figures are given per equivalent adult. This means that the total household income is divided by its equivalent size using the so-called modified OECD equivalence scale. This scale gives a weight of 1.0 to the first adult, 0.5 to any other household member aged 14 and over and 0.3 to each child below age 14. The resulting figure is attributed to each member of the household, whether adult or children. The equivalent size of a household that consists of 2 adults and 2 children below the age of 14 is therefore: 1.0+0.5+(2*0.3) = 2.1.

Limitations

Given the sensitivity of the topics covered by the ECHP, care is needed when interpreting results. The limited sample size and the fact that data on disposable income are based on information provided by respondents, rather than from administrative registers or other sources, raises some concerns of data quality. This is particularly the case for those at the two extremes of the income distribution.

ECHP income data do not capture several major determinants of living standards, namely: receipts in kind, transfers paid to other households, loan interest payments and imputed rent for owner-occupied accommodation. The last component in particular can have a significant impact for certain countries or certain groups of the population within countries (i.e., the elderly).

Furthermore, the ECHP, like most other households surveys, does not cover persons living in collective households, homeless persons or other difficult-to-reach groups.

The common indicators of poverty and social exclusion: statistical tables

NB: the full set of indicators and their breakdowns are available for download from the Eurostat New Cronos website, Theme 3, Domain ILC.

Table 1: At-risk-of-poverty rate by broad age group and gender1, selected years (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Notes:

1) Gender breakdown is based on assumption of equal sharing of resources within household.

2) The EU-15 average is calculated as a population-weighted average of the available national values.

Source: Eurostat, ECHP UDB version November 2003.

Table 2: At-risk-of-poverty rate for individuals aged 16 years and over by age group and gender1, 2001 (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Notes:

1) Gender breakdown is based on assumption of equal sharing of resources within household.

2) The EU-15 average is calculated as a population-weighted average of the available national values.

Source: Eurostat, ECHP UDB version November 2003.

Table 3: Persistent risk of poverty by broad age group and gender1, 2001 (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Notes:

1) Gender breakdown is based on assumption of equal sharing of resources within household.

2) The EU-15 average is calculated as a population-weighted average of the available national values.

Source: Eurostat, ECHP UDB version November 2003.

Table 4: Relative median at-risk-of-poverty gap by age group and gender1, 2001 (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

* Small sample size.

Notes:

1) Gender breakdown is based on assumption of equal sharing of resources within household.

2) The EU-15 average is calculated as a population-weighted average of the available national values.

Source: Eurostat, ECHP UDB version November 2003.

Table 5: At-risk-of-poverty threshold (illustrative values in PPS1), 2001

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Notes:

1) PPS: Purchasing Power Standards

2) The EU-15 average is calculated as a population-weighted average of the available national values.

Source: Eurostat, ECHP UDB version November 2003.

Table 6: Income quintile ratio (S80/S20), selected years (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Notes:

1) Finland: 1996, Sweden: 1997; EU15 average excludes Finland, Sweden.

2) The EU-15 average is calculated as a population-weighted average of the available national values.

Source: Eurostat, ECHP UDB version November 2003.

Table 7: Gini coefficient, selected years (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Notes:

1) Finland: 1996, Sweden: 1997; EU15 average excludes Finland, Sweden.

2) The EU-15 average is calculated as a population-weighted average of the available national values.

Source: Eurostat, ECHP UDB version November 2003.

Table 8: Dispersion around the at-risk-of-poverty threshold1, 2001 (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Notes:

1) At-risk-of-poverty rate using thresholds set at different percentages of median equivalised income

2) The EU-15 average is calculated as a population-weighted average of the available national values.

Source: Eurostat, ECHP UDB version November 2003.

Table 9: At-risk-of-poverty rate by household type,1 2001 (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

* Small sample size

Notes:

1) In this typology, children are defined as dependent children, that is, people aged 0 to 15 years or 16 to 24 years if inactive and living with at least one parent.

2) The EU-15 average is calculated as a population-weighted average of the available national values.

Source: Eurostat, ECHP UDB version November 2003.

Table 10: At-risk-of-poverty rate by accommodation tenure status, 2001 (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Notes:

1) The EU-15 average is calculated as a population-weighted average of the available national values

Source: Eurostat, ECHP UDB version November 2003.

Table 10bis: Distribution of the population at risk of poverty by accommodation tenure status, 2001 (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Notes:

1) The EU-15 average is calculated as a population-weighted average of the available national values

Source: Eurostat, ECHP UDB version November 2003.

Table 11: At-risk-of-poverty rate anchored at one moment in time (1998), 1998-2001

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Notes:

1) The EU-15 average is calculated as a population-weighted average of the available national values

Source: Eurostat, ECHP UDB version November 2003.

Table 12: At-risk-of-poverty rate after and before social cash transfers, by broad age group and gender1, 2001 (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Notes:

1) Gender breakdown is based on assumption of equal sharing of resources within household.

2) The EU-15 average is calculated as a population-weighted average of the available national values

Source: Eurostat, ECHP UDB version November 2003.

Table 13: At-risk-of-poverty rate by gender1 and most frequent activity status, 2001 (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Notes:

1) Gender breakdown is based on assumption of equal sharing of resources within household.

2) For the Netherlands and Sweden, the data are compiled on the basis of the current activity status, since there is no calendar of activities in the national questionnaire. The variable "number of months worked", therefore, cannot be filled in.

3) The EU-15 average is calculated as a population-weighted average of the available national values

Source: Eurostat, ECHP UDB version November 2003.

Table 13bis: Distribution of the adult population (aged 16 years and over) at risk of poverty by gender1 and most frequent activity status, 2001 (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Notes:

1) Gender breakdown is based on assumption of equal sharing of resources within household.

2) For the Netherlands and Sweden, the data are compiled on the basis of the current activity status, since there is no calendar of activities in the national questionnaire. The variable "number of months worked", therefore, cannot be filled in.

3) The EU-15 average is calculated as a population-weighted average of the available national values

Source: Eurostat, ECHP UDB version November 2003.

Table 14: In- work poverty risk by main characteristics of the employed population

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Notes:

1) For the Netherlands and Sweden, the data are compiled on the basis of the current activity status, since there is no calendar of activities in the national questionnaire. The variable "number of months worked", therefore, cannot be filled in.

2) Low = ISCED 0-2; Medium=ISCED 3; High= ISCED 4 and more.

3) Work for the other members of the household is defined in the same way as for the observation unit: that is, are considered workers only those who declare to have worked for more than half the total number of months for which they have been able to proved infirmation on their activity status in the calendar year - i.e., normally, for at least 7 out of 12 months. Children are defined as dependent children, that is, individuals aged 0-15 and 16-24 if still inactive and living with at least one parent.

4) "Full year" corresponds to work over the total number of months for which information on the activity status has been provided. "Less than full year" corresponds to work for more than half, but less than all, the number of months for which information on activity status is provided.

5) "Temporary contract" includes "fixed-term or short-term contracts", "casual work with no contract" and "some other working arragement".

Source: Eurostat, ECHP UDB version November 2003.

Table 15: Dispersion of regional employment rates1, selected years (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Notes:

1) Coefficient of variation of employment rates across regions at NUTS2 level.

2) Not applicable for Denmark, Ireland and Luxembourg as NUTS2 corresponds to the national level.

3) EU average is calculated as the coefficient of variation across all NUTS2 regions in the EU, including Denmark, Ireland and Luxembourg.

Source: Eurostat, EU Labour Force Survey - annual averages. Spring data for 1996 and 1998.

Table 16: People living in jobless households: children and working-age women and men, selected years (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Notes:

1) No household-based data are available from the Labour Force Surveys in Denmark, Finland and Sweden

2) Break in the series: changes in the sample design or definition: P(1999), B(1999), GR(2003), F(2003)

3) Excluding DK, FIN and S. For the other missing countries, the closest available year is used to estimate EU data.

Source: Eurostat, LFS, Spring data. 2003: provisional data

Table 17: Long-term unemployment rate by gender, selected years (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Source: : Eurostat, Annual average estimates based on LFS.

Table 18: Long-term unemployment share by gender, selected years (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Source: : Eurostat, Annual average estimates based on LFS.

Table 19: Very long-term unemployment rate by gender, selected years (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Source: : Eurostat, Annual average estimates based on LFS.

Table 20: Early school leavers not in education or training, by gender, selected years (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Notes:

1) Break in the series: changes in the sample design or definition: B(1999), IRL(1999), L (1999), P(1999, 2002), S(2002), DK(2003), GR(2003), F(2003)

2) Agreement has not yet been reached with the UK on the definition of upper secondary attainment. Comparable data are therefore not currently available for this country.

3) Excluding UK. For the other missing countries, the closest available year is used to estimate EU data

Source: Eurostat, LFS, Spring data. 2003: provisional data

Table 21: Persons with low educational attainment by age and gender, 2003 (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Notes:

1) Excluding UK. 2002 data for B, D, L, NL, A, S and FIN. EU15 data based on 2002 data for these countries

Source: Eurostat, LFS, Spring data. Provisional data

Table 22: Life expectancy at birth by gender, 1990 and 2000 (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Notes:

1) Estimations by Eurostat.

Source: Eurostat, Demography statistics.

Table 23: Self defined health status by income quintile1, 2000 (%)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Notes:

1) Proportion of the population aged 16 years and over in the bottom (Q1) and top (Q5) quintile of the income distribution who classify themselves as in a bad or very bad state of health.

2) The EU-15 average is calculated as a population-weighted average of the available national values.

Source: Eurostat, ECHP UDB version December 2002.

Context information: population

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Context information: social protection expenditure

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>