52003DC0704

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Einige Kernpunkte der europäischen Wettbewerbsfähigkeit - Hin zu einem integrierten Konzept /* KOM/2003/0704 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT - Einige Kernpunkte der europäischen Wettbewerbsfähigkeit - Hin zu einem integrierten Konzept

Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Einige Kernpunkte der Wettbewerbsfähigkeitspolitik

3. Wettbewerbsfähigkeit eine Herausforderung für Europa

4. Jüngste Entwicklungen der industriellen Wettbewerbsfähigkeit

4.1 Produktivitätswachstum und Deindustrialisierung

4.2 Standortverlagerung

5. Wie Aspekte der Wettbewerbsfähigkeit besser angesprochen werden können

5.1 Wettbewerbsanalyse als Handlungsbasis

5.2 Verbesserung des Legislativrahmens

5.3. Forschung, Innovation und unternehmerische Initiative stärker fördern

5.4. Der Beitrag der Kommission

6. Schlussfolgerungen

ANNEXES

1. Einführung

Europa muss wettbewerbsfähiger werden. Eine wettbewerbsfähige europäische Wirtschaft wird uns die Möglichkeit geben, unser Sozialmodell zu stützen, und durch einen hohen Grad an Konsumenten-, Gesundheits- und Umweltschutz eine hohe Lebensqualität zu ermöglichen und unseren Lebensstandard zu erhöhen.

Auf der Frühjahrstagung 2003 des Europäischen Rates wurde die Wettbewerbsfähigkeit nachdrücklich in den Mittelpunkt der politischen Aufmerksamkeit gerückt. Die neue Ratsformation ,Wettbewerbsfähigkeit" [1] erhielt die Aufgabe, die wirtschaftliche Dimension der Lissabonner Strategie zu verstärken, und wurde aufgefordert, ihre ,übergreifende Aufgabe der Stärkung von Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum im Rahmen einer von der Kommission zu entwickelnden integrierten Strategie zugunsten der Wettbewerbsfähigkeit wahrzunehmen, wobei sie regelmäßig sowohl Querschnittsthemen als auch sektorbezogene Fragen behandelt".

[1] Der Rat rationalisierte seine Arbeitsweise im Sommer 2002. Dies führte zur Schaffung des Rates ,Wettbwerbsfähigkeit", in dem die früheren Räte ,Binnenmarkt", ,Forschung" und ,Industrie" zusammengefasst sind.

Diese Mitteilung verfolgt zwei Zielsetzungen:

* Erstens, den Europäischen Rat auf eine Reihe von Fragen hinzuweisen, die behandelt werden und auf der politischen Tagesordnung Vorrang haben müssen sowie eine Arbeitsmethode vorzuschlagen, die es ermöglichen wird, Wettbewerbsfähigkeitsfragen systematisch zu identifizieren und darauf zu reagieren.

* Zweitens, auf die Forderung des Europäischen Rates vom Oktober 2003 zu reagieren und in einer ersten Betrachtung aktuelle Bedenken zum Prozess der Deindustrialisierung zu behandeln - ein Risiko von welchem Europa betroffen zu sein scheint. Die Kommission wird in den kommenden Monaten eine vollständigere Antwort zu diesem Thema geben und wird außerdem eine gründliche Analyse der Bedingungen vornehmen, die Europas Spezialisierung und Position in der internationalen Arbeitsteilung beeinflussen. Die Reflektionen der Kommission erfolgen im Zusammenhang der kommenden Überprüfung im Rahmen einer Mitteilung zur Industriepolitik sowie im Hinblick auf die Erarbeitung der neuen Finanzperspektiven.

Deindustrialisierung und Politiken zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit sind eindeutig eng miteinander verbunden. Die Politiken, die Wettbewerbsfähigkeit unterstützen, tragen gleichzeitig dazu bei, den Prozess der Deindustrialisierung aufzuhalten; solche Politiken werden auch zu einem geordneten Übergang in eine moderne gewerbliche Wirtschaft beitragen. Dieser Übergang wird sektorübergreifende Beschäftigungsumverteilungen mit sich bringen. Historisch betrachtet wurden Verluste von Arbeitsplätzen im verarbeitenden Gewerbe stets durch einen Beschäftigungsanstieg im Dienstleistungssektor mehr als ausgeglichen. Während diese strukturellen Veränderungen weiter voranschreiten, wird es für Niedrigqualifizierte zunehmend schwieriger, erneut Beschäftigung zu finden. Innerhalb des Anpassungsprozesses bildet diese Gruppe daher ein besonders gefährdetes Segment der Erwerbstätigen. Es ist unbestreitbar, dass diese Anpassungen für lokale Wirtschaftsgebiete und hinsichtlich ihrer sozialen Auswirkungen belastend sein können, aber die daraus resultierende bessere Ressourcenverteilung wird die nationalen Einkommensniveaus verbessern und unseren Wohlstand erhöhen. Politiken, die unser Innovationspotential und unsere Humankapitalbasis stärkt, werden auch zu einer Erhöhung der Arbeitsproduktivität und unseres internationalen komparativen Vorteils beitragen.

In dieser Hinsicht und im Hinblick auf die Verbesserung unserer Wettbewerbsfähigkeit werden in dieser Mitteilung deshalb die politisch bedeutsamsten bzw. wirtschaftlich dringendsten Entscheidungen und Maßnahmen aufgezeigt, die der Rat, die Mitgliedstaaten und die Kommission unverzüglich durchführen sollten, um die Umsetzungslücke bei der Wirtschaftsreform zu schließen. Auf der Frühjahrstagung 2003 des Europäischen Rates wurde darauf hingewiesen, dass das Ziel von Lissabon nicht erreicht werden wird, wenn die Bemühungen zur Verabschiedung und Umsetzung von Strukturreformen in Europa nicht erheblich verstärkt werden. In vielen dieser Reformbereiche steht der mangelnde Fortschritt in krassem Widerspruch zu den Verpflichtungen und Zeitplänen, die von den Staats- und Regierungschefs im Rahmen des Europäischen Rates vereinbart wurden.

2. Einige Kernpunkte der Wettbewerbsfähigkeitspolitik

Es muss von Anfang an betont werden, dass die intensive Beschäftigung mit der europäischen Wettbewerbsfähigkeit nicht neu ist, sondern bereits vorher im Zentrum der politischen Überlegungen des Rates und der Kommission stand.

- Mit der Lissabonner Strategie, welche den Europäischen Rat von Göteborg mit einschließt, hat die Union einen umfassenden 10-Jahresplan für die wirtschaftliche, soziale und ökologische Reform präsentiert. Innerhalb der letzten zwölf Monate hat die Kommission eine Reihe von sich gegenseitig verstärkenden politischen oder strategischen Dokumenten vorgelegt, die unmittelbaren Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit haben. Diese befassen sich mit Fragen, wie man beispielsweise die Vorteile eines erweiterten Binnenmarktes maximieren, die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie verbessern und Forschung, Innovation und Unternehmertum fördern kann [2]. Die Kommission führt derzeit außerdem ein ehrgeiziges Reformprogramm zur Verbesserung der Wirksamkeit des Wettbewerbsrechts in den Bereichen Monopole, Unternehmenszusammenschlüsse und staatliche Beihilfen durch. Des Weiteren fordern die Grundzüge der Wirtschaftspolitik eine gesunde Wirtschaftspolitik und zügigere wirtschaftliche Reformen, um das Wachstumspotential der EU durch zusätzliche Anregung der Arbeitsproduktivität und der Unternehmensdynamik zu erhöhen. Vor kurzem hat die Kommission eine europäische Initiative für Wachstum eingeleitet, die zu verstärkten Investitionen in den zwei kritischen Bereichen führen soll, die für die Wettbewerbsfähigkeit einer erweiterten Europäischen Union von entscheidender Bedeutung sind: in den Bereichen Netzwerke und Wissen. [3] In ihrem abschließenden Bericht über die Wachstumsinitiative hat die Kommission ein Sofortmaßnahmenprogramm von Projekten in den Bereichen Transeuropäische Transport- und Energienetze, Broadband- bzw. High-Speed Internet sowie in Forschung, Entwicklung und Innovation erarbeitet. Diese Projekte können sofort gestartet werden, haben einen starken grenzüberschreitenden Effekt und werden sich positiv auf Wachstum und Beschäftigung auswirken.

[2] Bei diesen Dokumenten handelt es sich um die Mitteilung der Kommission ,Binnenmarktstrategie. Vorrangige Aufgaben 2003 - 2006" (KOM(2003) 238 endg.) vom 7.5.2003, die Mitteilung der Kommission ,In die Forschung investieren: Aktionsplan für Europa (KOM(2003) 226 endg./2) vom 4.6.2003, die Mitteilung der Kommission ,Industriepolitik in einem erweiterten Europa" (KOM(2002) 714 endg.) vom 11.12.2002, das Grünbuch Unternehmergeist in Europa (basierend auf KOM(2003) 27 endg.) vom 21.1.2003 und die Mitteilung der Kommission ,Innovationspolitik: Anpassung des Ansatzes der Union im Rahmen der Lissabon-Strategie" (KOM(2003) 112 endg.) vom 11.3.2003.

[3] ,Wachstumsinitiative: Investitionen in transeuropäische Netze und große FTE-Vorhaben", SEK(2003) 813 vom 9.7.2003 sowie der Abschlußbericht an den Europäischen Rat ,Eine europäische Wachstumsinitiative: Investionen in Netze und Wissen für Wachstum und Beschäftigung", KOM(2003) 690 endg., vom 11.11.2003.

- Laut der Frühjahrstagung 2003 des Europäischen Rates setzt Europa Reformen nicht schnell genug um. Ziel dieses Dokumentes ist daher nicht, eine weitere Strategie vorzuschlagen, sondern ausreichende Kräfte für ein integriertes Konzept der Wettbewerbsfähigkeit zu mobilisieren, um neue Impulse für einen Wandel zu geben. Der Mehrwert eines integrierten Konzeptes liegt darin, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. Viele der Maßnahmen, die dem Rat und dem Europäischen Parlament vorgeschlagen werden, erbringen Ergebnisse, die weit über ihren unmittelbaren Bereich hinausgehen, und lösen positive Veränderungen in zahlreichen Gebieten aus. Dies trifft beispielsweise auf das Gemeinschaftspatent zu. Nach seiner Einführung wird es nicht nur die Funktionsweise des Binnenmarktes verbessern, sondern auch Möglichkeiten schaffen, Forschungsergebnisse kostengünstiger in gewerbliche Anwendungen umzusetzen. An jedem Tag, der vergeht, ohne dass Unternehmen ihre Erfindungen auf erschwingliche Weise EU-weit schützen können, gehen Europa bedeutende Produktivitätszuwächse verloren, die durch den Binnenmarkt, durch Forschung und Entwicklung und durch unternehmerische Initiative entstehen.

- Die Wettbewerbsfähigkeit wird vom Produktivitätswachstum bestimmt; Wettbewerbsfähigkeit ist gewährleistet, wenn hohe und nachhaltige Produktivitätszuwächse erwirtschaftet werden, die wiederum zur Verbesserung des Lebensstandards führen. Viele Faktoren beeinflussen Produktivität. Eine Schlüsselrolle kommt den Möglichkeiten zu, Investitionsanreize durch Marktreformen zu schaffen; ferner dem Grad des Wettbewerbs; der Innovationsfähigkeit, sowohl durch verstärkte Investitionen in F&E als auch in Humankapitalentwicklung (insbesondere durch Aus- und Weiterbildung); der Fähigkeit, technologische und nicht-technologische Innovationen schnell in wirtschaftliche Güter umzusetzen; der Reorganisation der Arbeitsmethoden durch Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien; Wettbewerbsregeln und Konsumentenschutzregeln, die einen starken Wettbewerbsdruck im Binnenmarkt [4] sicherstellen (unter anderem in Bereichen, in denen Hindernisse für Wettbewerb und Wettbewerbsfähigkeit in Form von restriktiven Regelungen oder Monopolen auftreten) wodurch Anreize für Produktivitätssteigerungen erhalten bleiben; sowie ein integrierter Markt für Waren und Dienstleistungen, der sicherstellt, dass alle potenziellen Gewinne realisiert werden.

[4] Dies betrifft sowohl den Einzelhandel als auch B2B Transaktionen. Die Tatsache, dass die volle Kraft des Wettbewerbes im B2C-Binnenmarkt nicht ausgeschöpft wird, wird illustriert durch die substantiellen Preisunterschiede von identischen Produkten und Dienstleistungen zwischen Mitgliedsstaaten, was von neuesten Preisstudien und dem Cardiff Report bestätigt wird.

- Die europäischen Institutionen und die Mitgliedstaaten spielen jeweils eine wichtige Rolle als ,Hüter der Wettbewerbsfähigkeit". Ihr gemeinsames Ziel ist es, die Rahmenbedingungen festzulegen, die es den europäischen Unternehmen ermöglichen werden, auf einem extrem wettbewerbsorientierten globalen Markt zu wachsen und wettbewerbsfähig zu sein. Das Auftreten starker neuer Konkurrenten aus Südostasien und Lateinamerika macht es umso wichtiger, dieser Herausforderung zu begegnen. Um sicherzustellen, dass die Europäische Union auf dem richtigen Weg ist, müssen wir die Entwicklungen verfolgen und den Stand der Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaften und unserer Unternehmen systematisch überprüfen. Darüber hinaus muss die Kommission die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Folgen ihrer wichtigsten Legislativvorschläge bewerten und gleichzeitig sicherstellen, dass sie bei der Wahl ihrer Politiken deren Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit voll berücksichtigt. Öffentliche Konsultationen und sorgfältige Folgenabschätzungen sind dafür unabdingbar. Die Folgenabschätzungen bei wichtigen Kommissionsvorschlägen sollten es auch dem Rat und dem Europäischen Parlament ermöglichen, die Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit zu bewerten. Die beiden letztgenannten Institutionen sollten auch sicherstellen, dass der Prozess der Folgenabschätzung auf allen Stufen des Rechtsetzungsverfahrens erfolgt.

3. Wettbewerbsfähigkeit - eine Herausforderung für Europa

Europas Produktivitätszuwachs hat sich generell spürbar verlangsamt, obwohl die Leistung der einzelnen Mitgliedstaaten seit 1995 variiert. Die Kommission hat die Bedeutung dieser Entwicklung mehrmals betont [5]. Eine Bewertung der Schlüsselfaktoren, welche die Wettbewerbsfähigkeit der Union beeinflussen, zeigt ein Besorgnis erregendes Bild. Der Hauptgrund für die Verlangsamung ist unsere Schwäche bei der Nutzung der Vorteile von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKTs), die Langsamkeit bei Innovationen im Arbeitsumfeld und beim Erwerb erforderlicher Fähigkeiten sowie ungenügende organisatorische Veränderungen.

[5] Vgl. die Ausgaben des ,European Competitiveness Report" aus den Jahren 2001, 2002 und 2003, SEK(2001)1705 vom 29.10. 2001, SEK(2002)528 vom 5.5.2002 und SEK(2003)1299 vom 13.11.2003. Zudem hat die Kommission in der Mitteilung ,Produktivität: Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Volkswirtschaften und Unternehmen", KOM(2002)262 endg. vom 25.5.2002 den Rat und das Europäische Parlament auf die vorhandenen Risiken hingewiesen.

Die Produktivität je Arbeitsstunde in der EU liegt unter jener der USA; in 2002 erreichte die EU nur 86,8% des Niveaus der USA [6]. Diese Zahl verdeckt jedoch erhebliche Unterschiede in der Leistung der einzelnen Mitgliedstaaten [7]. Der jährliche Arbeitsproduktivitätszuwachs in der EU pro gearbeitete Stunde lag im Zeitraum 1990-1995 bei 2.5% pro Jahr, hat sich aber in der Periode von 1995 bis 2000 auf 1.3% verringert. In den USA liegen die entsprechenden Werte bei 1,1% und 1,9%.

[6] Vgl. ,European Competitiveness Report", SEK(2003 )1299 vom 13.11.2003.

[7] 1996-2002 war der durchschnittliche Produktivitätszuwachs pro Stunde in Belgien (2,16%), Griechenland (3,16%), Irland (5,12%), Luxemburg (2,04%), Österreich (2,43%) und Finnland (2,58%) höher als in den USA (1,86%); darüber hinaus erreichte das BIP pro gearbeitete Stunde 2002 in der EU nur 86,8% des US-Niveaus, während die Produktivität pro Stunde in Belgien, Frankreich und Luxemburg höher war als in den USA; vgl. ,European Competitiveness Report", SEK (2003)1299 vom 17.11.2003.

Die wirtschaftliche Integration Europas ist noch lange nicht vollendet. Vor allem in den reformschwachen und folglich wettbewerbsarmen Bereichen machen sich die Vorteile des Binnenmarktes noch nicht richtig bemerkbar, dazu zählen der Energie-, Verkehrs- und Dienstleistungssektor. Der Intra-EU-Handel mit Waren wuchs zwischen 1996 und 2000 schneller als das BIP, verlor seit 2001 [8] jedoch an Schwung. Der Handel mit Dienstleistungen hat sich seit 1993 fast verdoppelt (von EUR 194 Mrd. auf EUR 362 Mrd.), es ist jedoch eindeutig noch weiteres Integrationspotenzial vorhanden, und zwar durch verbesserten Handel und Direktinvestitionen (DI).

[8] Vgl. ,Wirtschaftsreform: Bericht über die Funktionsweise der gemeinschaftlichen Güter- und Kapitalmärkte", KOM(2002)743 endg. vom 23.12.2002.

Europa bleibt bei den F&E-Bemühungen hinter den USA und Japan zurück. Trotz positiver Initiativen in einigen Mitgliedstaaten waren die Maßnahmen zur Erhöhung der Forschungsinvestitionen und zur Verbesserung der diesbezüglichen Rahmenbedingungen bruchstückhaft und verliefen schleppend. Während die neuesten vorliegenden Zahlen (2001) zeigen, dass die Gesamtinvestitionen in F&E in EU15 langsam ansteigen und sich 2 % des BIP nähern, dem höchsten bisher erreichten Niveau, bleibt die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate mit 1,3 % völlig unzureichend um mit den Niveaus der US und Japan mitzuhalten und das Ziel von 3 % bis 2010 zu erreichen. Überdies hat sich die Investitionskluft im F&E-Bereich mit den USA noch vertieft - von EUR 120 Mrd. im Jahr 2000 auf EUR 140 Mrd. im Jahr 2001, was überwiegend auf vergleichsweise niedrigere private Ausgaben in der EU zurückzuführen ist.

Auch Europas Innovationsleistung hinkt weiter hinter seinen wichtigsten Konkurrenten her. Die jüngsten Daten [9] zeigen, dass in einer Reihe von Schlüsselindikatoren weiterhin grosse Lücken zwischen der EU und den USA klaffen. Europas Schwäche im Hinblick auf Patentrechte bleibt bestehen, speziell in High-Tech Bereichen. Die Daten deuten auch auf einen besorgniserregenden Rückgang beim lebenslangen Lernen hin. Diese Tatsache muss im Zusammenhang mit den im Vergleich zu Europas Hauptwettbewerbern fehlenden Investitionen des Privatsektors in weiterführende Ausbildung und Berufsausbildung gesehen werden [10]. Einige Indikatoren zeigen jedoch ein positiveres Bild. So ist der Anteil der Hochschulabsolventen in Wissenschaft und Technik gemessen an der Gesamtzahl der Hochschulabsolventen in der EU wesentlich höher als in den USA. Ausserdem konnte die Lücke im Bereich der IKT-Ausgaben seit 1996 um die Hälfte verkleinert werden.

[9] ,Europäischer Innovationsanzeiger 2003", SEK (2003)1255 vom 10.11.2003.

[10] ,Allgemeine und berufliche Bildung 2010. Die Dringlichkeit von Reformen für den Erfolg der Lissabon-Strategie" (Entwurf eines gemeinsamen Zwischenberichts über die Maßnahmen im Rahmen des detaillierten Arbeitsprogramms zur Umsetzung der Ziele der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung in Europa), KOM(2003)685 endg. vom 11.11.2003.

Europa leidet noch immer an einem ,unternehmerischen Defizit" [11]. Der Beruf des Unternehmers wird bei der Berufsplanung viel seltener als Möglichkeit in Betracht gezogen als in den USA. Die Einstellung gegenüber dem Unternehmertum muss dringend verbessert werden, darüber hinaus müssen die Anreize für eine selbstständige Tätigkeit verstärkt werden.

[11] ,Benchmarking der Unternehmenspolitik. Ergebnisse des Anzeigers 2003", SEK(2003).

Europa braucht nicht nur mehr Unternehmer, sondern auch ein Umfeld, in dem Unternehmen gedeihen können. Zu wenig finanzielle Unterstützung und komplexe Verwaltungsverfahren sowie der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften werden nach wie vor als wichtigste Hindernisse der Unternehmensgründung genannt. Dies gilt insbesondere für technologieintensive Sektoren wie Biotechnologie, wo die Zahl der Neugründungen in Europa in der letzten Zeit höher war als in den USA, ihr Wachstum aber durch unzureichenden Zugang zu Risikokapital stark gehemmt wird.

4. Jüngste Entwicklungen der industriellen Wettbewerbsfähigkeit

Europas Probleme mit der Wettbewerbsfähigkeit spiegeln sich in der Sorge wider, dass Europa Gefahr laufen könnte, in einen Prozess der ,Deindustrialisierung" zu geraten. In den letzten Monaten wurden derartige Befürchtungen in öffentlichen Debatten und auch auf höchster politischer Ebene geäußert, insbesondere in einem Schreiben der Staats- oder Regierungschefs Frankreichs, Deutschlands und des Vereinigten Königreichs an den Kommissionspräsidenten. Diese Sorgen sind nicht neu, und in Zeiten schwachen Wirtschaftswachstums oder in Rezessionsperioden sind sie stets am stärksten ausgeprägt [12]. Der Anpassungsprozess, den der Strukturwandel unserer Volkswirtschaften erfordert, kann zweifellos mit hohen Kosten einhergehen, speziell auf lokaler Ebene. Eine gute gesamtwirtschaftliche Leistung wird indessen nicht nur die Rahmenbedingungen schaffen, die das verarbeitende Gewerbe in der EU benötigt, um seine Produktivität zu steigern, im internationalen Wettbewerb bestehen und neue Arbeitsplätze schaffen zu können sondern auch die Voraussetzungen für das Wachstum des Dienstleistungssektors.

[12] In den frühen 80iger Jahren wurde zum Beispiel im Vereinigten Königreich und in den USA ein tief greifender Prozess der Deindustrialisierung in Gang gesetzt, dem jedoch zu einer Restrukturierung und Erholung der Unternehmen und einer weiterreichenden Änderung der Struktur des gewerblichen Sektors führte.

Abschnitt 4.1 diskutiert einige Elemente, die mit Deindustrialisierung in Verbindung stehen und der folgende Teil bespricht einige Grundideen zum Thema Standortverlagerung. Diese Themen sind Gegenstand weitergehender Überlegungen über die Leistung und die Zukunft der der Industrie in der EU. Sie könnten möglicherweise den Wunsch widerspiegeln, dass Europa eine Weltmacht in den Industriesektoren bleibt, die aus strategischen und anderen Gründen als äußerst wichtig angesehen werden. Darüber hinaus könnte darin aber auch der Wunsch zum Ausdruck kommen, die Bereiche wieder leistungsfähig zu machen, in denen Europa schwach war. Dies ist auch der Tenor der Überlegungen, nach denen die EU-Industrie, da sie in den technologiegestützten Sektoren weniger spezialisiert ist als die USA oder Japan, ihre jetzige starke Position in den traditionellen etablierten Bereichen halten muss, selbst wenn dies für einen langfristigen wirtschaftlichen Erfolg nicht ausreicht [13]. Schließlich kann auch die Erweiterung die strukturellen Veränderungen in einigen Industriezweigen der EU beschleunigen.

[13] Mitteilung der Kommission ,Industriepolitik in einem erweiterten Europa" (KOM(2002)714 endg.) vom 11.12.2002.

4.1 Produktivitätswachstum und Deindustrialisierung [14]

[14] Die in diesem Abschnitt verwendeten Daten sind entnommen aus der für die Generaldirektion Unternehmen erstellten Studie ,M. O'Mahony and B. van Ark (hrsg., 2003): EU Productivity and Competitiveness: An Industry Perspective - Can Europe Resume the Catching-up Process?"

Deindustrialisierung ist ein Prozess der strukturellen Veränderung. Die Abnahme der relativen Bedeutung des verarbeitenden Gewerbes im nationalen Einkommen vor allem während der Nachkriegsjahre spiegelt die Abnahme des Anteils des Primärsektors früherer Jahre wieder.

Die Entwicklungen der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Industrie waren in den letzten Jahren sehr unterschiedlich (siehe Anhang 2). Mitte der 90er Jahre setzte eine Verlangsamung des Produktivitätswachstums im verarbeitenden Gewerbe ein und liegt seither unter den Zuwachsraten in den USA. Es sind hauptsächlich Hochtechnologiesektoren, die zur Vergrösserung dieser Produktivitätslücke beigetragen haben. Während europäische IKT-produzierende Hersteller und Dienstleister ausserordentlich gute Leistungen gezeigt haben, hat sich der Produktivitätszuwachs in IKT-nutzenden Sektoren nicht in dem Masse beschleunigt wie in den USA. Dennoch ist unverkennbar, dass IKT ein Schlüsselfaktor der sektoriellen Produktvitiätsentwicklung war.

Produktivitätsentwicklungen würden in jedem Deindustrialisierungsprozess eine Schlüsselrolle spielen, da sie die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen direkt beeinflussen. Daher ist es wichtig, festzustellen wie unsere Leistung sich gegenüber jener der USA als Benchmark verhält.

Deindustrialisierung ist ein langfristiger (nicht konjunkturabhängiger) Rückgang im verarbeitenden Gewerbe [15]. Dies bringt ein absolutes Absinken der Beschäftigung, der Produktion, der Rentabilität und des Kapitalstocks im verarbeitenden Gewerbe, sowie einen absoluten Rückgang der Exporte von Industrieerzeugnissen und das Entstehen langlebiger Handelsdefizite mit sich.

[15] Die absolute Deindustrialisierung sollte von der relativen Deindustrialisierung unterschieden werden. Letztere ist der Rückgang des Anteils des verarbeitenden Gewerbes am BIP. Es ist auch ein längerfirstiger Prozess, der den schnellen Produktivitätszuwachs im verarbeitenden Gewerbe, die daraus entstehenden Steigerungen der realen Einkommen und die steigende Nachfrage nach dem Output des Dienstleistungssektors widerspiegelt. Unter diesen Bedingungen spiegelt der Rückgang des Anteils des verarbeitenden Gewerbes am BIP einen Prozess des strukturellen Wandels hin zu einer dienstleistungsbestimmten Wirtschaft wider.

Seit 1979, und auch während kürzerer Zeitabschnitte innerhalb dieses Zeitraums, ist die Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe rückläufig. Der stärkste Abbau von Arbeitsplätzen war zwischen 1979 und 1995 in der Grundstoffindustrie zu beobachten, aber auch bei der Herstellung von Telekommunikationsgeräten, Radio- und Fernsehgeräten sowie Fahrzeugen war ein erheblicher Beschäftigungsrückgang zu beobachten. Dieser Arbeitsplatzabbau setzte sich, mit einigen geringfügigen Ausnahmen, bis in den Zeitraum 1995-2001 und aufgrund des Konjunkturrückgangs darüber hinaus bis in die jüngste Zeit fort.

Indessen hatte sich die Wertschöpfung im Zeitraum 1979-1995 beträchtlich erhöht. Die größten Preiszuwächse waren bei chemischen Erzeugnissen (3,5% im Jahresdurchschnitt zu Preisen von 1995), Büromaschinen (6,9%), Elektronik (6,3%), Telekommunikationsgeräten (4,4%), und wissenschaftlichen Instrumenten und Apparaten (2,4%) zu verzeichnen. Die Wertschöpfungszuwächse waren im Zeitraum 1995-2001 generell robust und verteilten sich auf eine Vielzahl von Branchen. Besondere Erwähnung verdienen hier die Bereiche Elektronik (Wertschöpfungszuwachs von 14,7% im Jahresdurchschnitt), Telekommunikationsgeräte (+15,5%) und Radio- und Fernsehempfänger (+10,1%).

Nur in wenigen Sektoren waren ein Rückgang der Arbeitsplätze und ein rückläufiger Output zu verzeichnen, und zwar in den Sektoren Textil und Bekleidung, Leder und Lederwaren, Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, Mineralölverarbeitung, Kokerei und Herstellung von Spalt-und Brutstoffen. Der Anteil dieser Sektoren am Output des verarbeitenden Gewerbes ging von 14,1% (1979) auf 8,7% (2001) zurück, dagegen steigerten sich die Anteile von Sektoren wie Chemische Industrie, Telekommunikationsgeräte, Büromaschinen und Elektrotechnik deutlich [16].

[16] Vgl. Anhang 2.

Als entscheidender Faktor für Produktionszuwächse im verarbeitenden Gewerbe hat sich ein rasches Produktivitätswachstum erwiesen. Der Konvergierungsprozess bei der Produktivität, der bis 1995 festzustellen war, schlug sich in einem Anstieg der Produktion je Beschäftigten in praktisch allen Industriezweigen der EU nieder. Das Produktivitätswachstum verlangsamte sich jedoch im Zeitraum 1990-2001 in einigen Branchen beträchtlich, obwohl es in praktisch allen Industriezweigen weiterhin positiv war. In einigen Fällen war aber auch noch in diesem Zeitraum ein beschleunigtes Produktivitätswachstum mit jährlichen Zuwachsraten von 14,7 % (Telekommunikationsgeräte), 12 % (Elektronik), 9,7 % (Büromaschinen) oder 5,2 % (Energieversorgung) festzustellen.

Das verarbeitende Gewerbe der EU steht auch im internationalen Handel gut da. Der Überschuss bei Industrieerzeugnissen hat sich mit der Zeit verbessert und stieg von EUR 31,5 Mrd. (0,6 % des BIP) im Jahre 1989 auf 95,2 Mrd. (1,1 % des BIP) im Jahre 2001. Nur die wenigen Branchen, die einen absoluten Rückgang der Produktion erlebten, haben steigende Handelsdefizite vermeldet. Mit wenigen weiteren Ausnahmen verzeichneten alle übrigen Sektoren des verarbeitenden Gewerbes während des Zeitraums 1989-2001 steigende Überschüsse.

Man sollte bedenken, dass wie bereits anfangs erwähnt, Prozesse der relativen Deindustrialisierung [17] schon immer stattgefunden haben. Ein hohes Produktivitätswachstum im verarbeitenden Gewerbe hat zum Anstieg der Realeinkommen und zu einer Verbilligung von Industrieerzeugnissen im Vergleich zu den Gütern des Dienstleistungssektors beigetragen. Dadurch verringert sich zwangsläufig der Anteil des verarbeitenden Gewerbes an Nationaleinkommen und Gesamtbeschäftigung. Solche Entwicklungen hat es bereits in der Vergangenheit gegeben und gibt es auch weiter in unseren Volkswirtschaften.

[17] Vgl. Fußnote 15 zum Konzept der relativen Deindustrialisierung.

Um den Prozess der strukturellen Veränderung besser verstehen zu können, und trotz der offensichtlichen kurzfristigen Anpassungskosten, die mit einem solchen Prozess einhergeben, ist es wichtig zu fragen, welche wirtschaftlichen Implikationen eine gewisse Deindustrialisierung hätte, sollte sie sich abzeichnen.

Es sollte zunächst klargestellt werden, dass Sorgen über Deindustrialisierung und Standortverlagerungen ihre Ursache in einer unvollständigen Wahrnehmung der Wirtschaftsrealität zu haben scheinen. Internationale Verlagerungen von Industriestandorten spiegeln Veränderungen bei den komparativen Kostenvorteilen wider:

* Die internationalen Handelsverflechtungen gewährleisten jedoch, dass solche Verlagerungen nicht nur den Zielländern nutzen. Wenn diese Staaten mehr exportieren, werden parallel dazu auch ihre Einfuhren ansteigen. Die Verlagerung von Produktionsstätten führt zwangsläufig zu einem Anstieg der EU-Ausfuhren, weil sich das Wirtschaftswachstum in den betreffenden Ländern beschleunigt und damit zu Produktions- und Beschäftigungswachstum in unseren Volkswirtschaften beiträgt, wenn auch in jeweils anderen Sektoren/Wirtschaftszweigen. Einen dauerhaften Beschäftigungsrückgang wird es in den Regionen, aus denen Wirtschaftszweige abgewandert sind, nur geben, wenn ihnen keine Ausfuhren in die Länder gegenüberstehen, in die die Produktion verlagert wurde. Dieser Prozess wird jedoch Zeit brauchen und erhebliche Anpassungskosten verursachen. Dies wiederum erfordert anpassungsfähige Arbeitskräfte, deren Qualifikationen beständig erweitert werden.

* Außerdem wird auf die aus den Zielländern der Produktionsverlagerungen importierten Industrieerzeugnisse weiterhin nur ein sehr geringer Teil der Gesamtausgaben in der EU entfallen. Inländische Waren, vor allem aber Dienstleistungen, werden bei den inländischen Ausgaben weiterhin vorherrschend sein und in erster Linie das Beschäftigungswachstum stützen.

* Schließlich muss daran erinnert werden, dass die Länder, die für eine Standortverlagerung der Industrieproduktion in Frage kommen, durchweg weniger reiche, sich entwickelnde Nationen sind. Diese Länder benötigen Kapitaleinfuhren für ihre wirtschaftliche Entwicklung, was in absehbarer Zukunft zu Handelsdefiziten führen wird. Diesen Defiziten werden die Kapitalexporte oder entsprechende Handelsüberschüsse der restlichen Welt (inklusive der EU) gegenüberstehen. Es ist unrealistisch zu glauben, dass Entwicklungsländer, die von einer Standortverlegung der Industrie profitieren, größere Kapitalexporte in Industrienationen mit hohem Einkommensniveau, beispielsweise in die EU, tätigen würden.

Die hier analysierten Daten liefern keinerlei Anhaltspunkte für einen Prozess der Deindustrialisierung der europäischen Wirtschaft. Es ist jedoch möglich, dass in Zeiten geringen Wachstums und schwacher Produktivitäts- und Innovationsleistungen Bedingungen entstehen, die einen solchen Prozess begünstigen.

Dies macht deutlich, dass die politischen Entscheidungsträger dieses Risiko im Auge behalten sollten. Es ist darüber hinaus essentiel, dass der Rat regelmässig über solche Entwicklungen informiert wird. Die Kommission sollte dazu systematisch die Leistung des verarbeiteten Gewerbes überwachen.

4.2 Standortverlagerung

Standortverlagerung bedeutet den Transfer der Produktion und anderer wirtschaftlicher Tätigkeiten an Standorte außerhalb des Heimatlandes. Standortverlagerungen haben innerhalb der EU bereits stattgefunden und spiegeln die sich verändernden komparativen Vorteile unterschiedlicher Standorte und/oder politischer Rahmenbedingungen wider.

Standortverlagerung hat erhebliche Befürchtungen bei Politikern, Sozialpartnern und der allgemeinen Öffentlickeit hervorgerufen. Diese Befürchtung wurden bereits zum Ausdruck gebracht, als die Erweiterung der EU auf mittel- und osteuropäische Länder zum ersten Mal zur Sprache kam und erhielt im Zusammenhang mit der Globalisierungsdiskussion neue Aktualität. Sicherlich werden Kostenvorteile im Ausland zwangsläufig Industriezweige anziehen, die in den industrialisierten Hochlohnländern nicht produzieren können. Dies wird sicherlich auch zum Wachstum ärmerer Handelspartner beitrtragen.

Standortverlagerungen haben sich tatsächlich auf arbeitsintensive Niedrigtechnologiebereiche beschränkt. Darüber hinaus geht die Verlagerung solcher Tätigkeiten oft einher mit der Erhaltung alter oder der Schaffung neuer Arbeitsplätze in Europa in Dienstleistungsbereichen wie Design, Marketing und Vertrieb. Diese sich ändernde Spezialisierung spiegelt eine Änderung der komparativen Vorteile wider, d. h. die EU erhält personal- und technologieintensive Arbeitsplätze, die durch hohe Produktivität und hohe Löhne gekennzeichnet sind. Eine Lehre, die daraus gezogen werden kann ist, dass heute und auch in Zukunft Europa seine wettbewerbsfähiges verarbeitendes Gewerbe weiter ausbauen und verstärken muss. Um dies zu erreichen, müssen die F&E-Ausgaben erhöht, die Humankapitalbasis gestärkt und Rahmenbedingungen geschaffen werden, die das Wachstum von Unternehmen und Produktivität unterstützen.

Dagegen stellen andere Aspekte der Standortverlagerung, wie beispielsweise die Abwanderung von F&E-Tätigkeiten eine echte Gefahr für die Zukunft Europas dar. Unternehmen führen ihre Forschungstätigkeiten in zunehmendem Maße außerhalb Europas durch, vor allem in forschungsintensiven Hochtechnologiesektoren wie der Arzneimittelindustrie oder der Biotechnologie. Solche Aktivitäten verschieben sich zusehens in die USA, um die dort günstigeren regulatorischen, strukturellen und finanziellen Rahmenbedingungen sowie das Vorhandensein von Fachkräften auszunutzen. Laut einer Studie des European Round Table (ERT) des Jahres 2002 drohten große europäische Firmen damit, sollten sich die Rahmenbedingungen nicht drastisch verbessern, den Großteil ihrer zukünftigen F&E-Investititionen in Ländern außerhalb der EU zu tätigen, in die bereits 40 % ihrer F&E-Ausgaben fließen. Diese Drohung sollte den politischen Entscheidungsträgern klar machen, dass die Gefahr besteht, dass wissenschafts- und wissensbasierte Tätigkeiten, die unseren Lebensstandard verbessern können, in der EU an den Rand gedrängt werden.

Natürlich gibt es ökonomische Kräfte, die die EU nur schwer beinflussen kann oder sollte, aber es gibt andere, bei denen die Politik aktiv eingreifen sollte. Politische Entscheidungsträger sollten zum Beispiel der derzeitigen industriellen Umwandlung Rechnung tragen, indem sie die zunehmende Osmose (oder gegenseitige Durchdringung) von verarbeitendem und Dienstleistungsgewerbe erleichtern. Sie sollten sich auch der Rolle bewusst sein, die industrielle Rahmenbedingungen in Entscheidungen über Standortverlagerungen spielen. Sollte z. B. die mögliche Abwanderung einiger der wettbewerbsfähigsten Industriezweige in Europa) durch wettbewerbsfeindliche Rahmenbedingungen in der EU begründet sein und nicht auf Kosten- oder Marktzugangserwägungen beruhen, sollten die fraglichen Politiken überdacht werden. Sollte diese Entwicklung bestätigt werden, würde sie zu ernsthaften Zweifeln an der Fähigkeit Europas Anlass geben, seine führende Rolle in Sektoren aufrecht zu erhalten, deren Entscheidungen großen Einfluss auf die übrige Wirtschaft haben.

Die nochmals erweiterte EU mit ihrer größeren Vielfalt an Lohnstrukturen und technologischen Kenntnissen wird der europäischen Wirtschaft Möglichkeiten zur wettbewerbsfähigen Umstrukturierung bieten. Überdies wird das Ziel, den Nachbarländern der erweiterten EU - insbesondere Russland, den Ländern der westlichen NUS und des südlichen Mittelmeerraumes - die Aussicht auf Beteiligung am Binnenmarkt anzubieten [18], wie die Europa-Abkommen vor einem Jahrzehnt, den EU-Unternehmen sowohl einen großen Binnenmarkt als auch leichteren Zugang zu reichlich vorhandenen Arbeitskräften oder Betriebsmitteln bieten. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass diese Länder ihre Rechtsgebung vollständig dem ,Acquis" angleichen und diesen umsetzen. Dies wird die Wettbewerbsfähigkeit der Hersteller in der EU erhöhen und ihnen die Möglichkeit geben, auf Marktsegmenten präsent zu bleiben, die durch starke Konkurrenz seitens fernöstlicher Hersteller gekennzeichnet sind. Solche Kooperationsmuster werden von der Textil- und Bekleidungsindustrie in einigen der Partnerländer des Mittelmeerraums bereits entwickelt, und für andere Industrie- oder Dienstleistungssektoren wären ähnliche Arrangements mit Sicherheit vorteilhaft.

[18] Vgl. Mitteilung der Kommission ,Größeres Europa - Nachbarschaft: Ein neuer Rahmen für die Beziehungen der EU zu ihren östlichen und südlichen Nachbarn" (KOM(2003)104 endg. vom 11. März 2003).

Obwohl die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens letztendlich von der Effizienz abhängt, mit der es die verschiedenen ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen kombiniert, können öffentliche Stellen eine wichtige Rolle bei der Vereinfachung dieses Prozesses spielen, indem sie dazu beitragen, angemessene Rahmenbedingungen zu schaffen. Es ist unbestritten, dass unangemessene Rahmenbedingungen und ein schwaches Unternehmensumfeld Geschäftstätigkeiten erheblich belasten können, ganz zu schweigen von den kumulativen Auswirkungen zusätzlicher Regelungsschichten. Die fraglichen Politikfelder sind sehr vielseitig und betreffen Mitgliedstaaten, Kommission und Europäisches Parlament gleichermaßen, wie in Abschnitt 5 noch näher erläutert wird [19].

[19] Eine detailliertere Erörterung der Rahmenbedingungen ist in der Mitteilung der Kommission ,Industriepolitik in einerm erweiterten Europa" enthalten (KOM(2002)714 endg.) vom 11.12.2002 zu finden.

5. Wie Aspekte der Wettbewerbsfähigkeit besser angesprochen werden können

5.1 Wettbewerbsanalyse als Handlungsbasis

Eine Politik zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit muss auf umfassenden wirtschaftlichen Analysen basieren, um zielgerichtet und effektiv zu sein. Dies gilt sowohl für bereichsübergreifende als auch für sektorale Aspekte dieser Politik. In den letzten 12 Monaten hat die Kommission eine Reihe von Analysen vorgelegt, die sich mit verschiedenen Politikbereichen befassen [20].

[20] Dazu gehörden der Cardiffbericht über die Funktionsweise der gemeinschaftlichen Güter- und Kapitalmärkte, den Wettbewerbsbericht, den Binnenmarktanzeiger sowie der Unternehmensanzeiger und der Innovationsanzeiger.

Die Analyse der Wettbewerbsfähigkeit der Kommission ist sowohl übergreifender als auch sektorspezifischer Natur. Sie verfügt über Instrumente, die sich direkt und ausschliesslich auf Aspekte der Wettbewerbsfähigkeit konzentrieren, und ebenso über Instrumente, deren Schwerpunkte auf anderen Aspekten liegen - wie zum Beispiel Ausbildungs- oder Regionalpolitik. Die spezifischen analytischen Instrumente sind der jährliche Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit der Kommission sowie ad hoc Studien zur Wettbewerbsfähigkeit, welche die Bewertung branchenspezifischer Wirtschaftsleistungen begleiten. In diesem Jahr wird uns eine neue Studie [21] ein genaueres Bild der Produktivitätsleistung einzelner Branchen vermitteln. Sie bildet ausserdem eine kohärente, jährlich aktualisierte statistische Basis, auf der fundierte Analysen aufbauen können.

[21] Vgl. M. O'Mahony and B. van Ark (hrsg., 2003), Fußnote 14.

In ihrer Mitteilung zur Industriepolitik vom Dezember 2002 hat die Kommission betont, dass Industriepolitik, obwohl bereichsübergreifender Natur, die Wettbewerbssituation einzelner Sektoren berücksichtigen muss. Diese Herangehensweise wurde kürzlich vom Eruopäischen Rat im Oktober 2003 bestätigt. Die Kommission wird weiterhin branchenspezifische Analysen vorlegen, sowohl als Grundlage für die Ermittlung der Wettbewerbsfähigkeitsprobleme einzelner Wirtschaftszweige als auch zur Sicherstellung des optimalen Mixes von Maßnahmen auf unterschiedlichen Politikfeldern, welche die Rahmenbedingungen der betreffenden Branche beeinflussen. Dies sollte es der Kommission ausserdem ermöglichen, Überlegungen über Instrumente anzustellen, mit denen Umstrukturierungen einzelner Industriesektoren antizipiert werden können. Diese Analysen werden in enger Zusammenarbeit mit allen interessierten Gruppen ausgeführt. Diese bringen ihre Ansichten in Form von Empfehlungen über Maßnahmen auf EU- und auf nationaler Ebene zum Ausdruck bringen.

Ein Beispiel für diese Vorgehensweise ist die ,G10 Arzneimittelgruppe". Eine Studie im Jahr 2000 hatte alarmierende Probleme der Wettbewerbsfähigkeit der Branche aufgezeigt und Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen nahegelegt. Eine kleine Gruppe aus elf hochrangigen Vertretern [22] der Mitgliedstaaten und Interessengruppen kam zusammen, um zu einem Konsens über die Zukunft dieses Industriesektors zu gelangen. Die Gruppe einigte sich im Jahr 2002 auf 14 weitreichende Empfehlungen [23]. Als Reaktion schlug die Kommission eine Reihe von Maßnahmen zur Umsetzung der Industrieempfehlungen in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten vor. Der Rat nahm zu dem Thema substantielle Schlussfolgerungen an, welche die Bedeutung einer wettbewerbsfähigen pharmazeutischen Industrie in Europa zur Sicherung unserer Wissenschaftsbasis und qualitativ hochwertiger Arbeitsstellen sowie ihre Rolle zur Erreichung unserer Ziele im öffentlichen Gesundheitsbereich betonen. Der Rat forderte die Mitgliedstaaten auf, ihre Konzepte zur Preisfindung und Erstattung zu verbessern und die Kommission, Überlegungen anzustellen, wie sie diesen Prozess unterstützen könnte. Andere Beispiele dieser Vorgehensweise sind die Initiativen ,STAR 21" im Luft- und Raumfahrtbereich und ,LeaderShip 2015" im Bereich der Schiffsbauindustrie.

[22] Die hochrangige Gruppe ,Innovation und Bereitstellung von Arzneimitteln"

[23] Der Bericht der Gruppe aus dem Jahr 2002 und andere Unterlagen dieses Gremiums sind abrufbar unter: http:// pharmacos.eudra.org

Die Kommission befasst sich derzeit mit der Wettbewerbsfähigkeit der Textil- und Bekleidungsindustrie und richtet ihre Aufmerksamkeit ausserdem auf unternehmensbezogene Dienstleistungen. Andere Initiativen, zum Beispiel in den Bereichen Maschinenbau und Automobilindustrie, werden demnächst folgen. Die Automobilindustrie ist eines der wichtigsten Standbeine der europäischen Wirtschaft. Die Kommission hat die Absicht, eine hochrangige Expertengruppe einzusetzen, welche die Schlüsselherausforderungen für diesen Industriezweig analysiert und Wege und Mittel zur Verbesserung seiner Rahmenbedingungen ermittelt. Die Initiative soll dazu führen, dass die Stärken dieser Branche voll zum Tragen kommen, und soll im Übrigen zu einem integrierten Poltikansatz beitragen. Sie ermöglicht ausserdem, die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors sowie die Auswirkungen früher getroffener ordnungspolitischer und anderer zukünftiger Entscheidung zu bewerten.

5.2 Verbesserung des Legislativrahmens

Im Rahmen ihres Beitrags zur EU-Initiative für eine bessere Rechtsetzung hat die Kommission zugesagt, alle Beteiligten umfassend zu konsultieren, und ein effizientes System eingerichtet, mit dem sie vor der Entscheidung, ob Legislativinitiativen geeignet sind, die ökonomischen, sozialen und ökologischen Auswirkungen ihrer Vorschläge abschätzen kann. Ein wichtiger Bestandteil dieses Prozesses ist auch, mögliche Alternativen zu Rechtsvorschriften in Erwägung zu ziehen. Im Jahr 2004 werden mehr als die Hälfte der Kommissionsvorschläge aus dem Hauptbereich ihres jährlichen Arbeitsprogramms einer umfassenden Folgenabschätzung unterzogen werden. Im Jahr 2003 belief sich dieser Anteil lediglich auf 20%. Insgesamt wird die Kommission verstärkt darauf achten, dass in ihren Vorschlägen an den Rat, das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten Fragen der Wettbewerbsfähigkeit gebührend berücksichtigt werden.

Einfache und effektive rechtliche Rahmenbedingungen sind essenziell, um unsere Ziele der Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen. Auf europäischer Ebene bedeutet dies insbesondere einen gut funktionierenden und blühenden Binnenmarkt und wirksame Wettbewerbsregeln. Der Rat, das Europäische Parlament und die Mitgliedsstaaten müssen dazu beitragen, den Reformprozess in diesem Bereich zu beschleunigen.

5.2.1 Verabschiedung ausstehender Rechtsakte

Seit dem Start der Lissabonner Strategie wurden über 25 Rechtsvorschriften verabschiedet, die Reformen in den entsprechenden Bereichen voranbringen sollen. Weitere 20 liegen noch beim Rat und dem Europäischen Parlament. Die Binnenmarktstrategie 2003-2006 [24] enthält einen umfassenden Maßnahmenkatalog, damit nach der Erweiterung die Vorteile des Binnenmarktes optimal genutzt werden können. Dieser Katalog ist in seiner Gesamtheit bedeutend und muss mit Nachdruck umgesetzt werden.

[24] Mitteilung der Kommission ,Binnenmarktstrategie. Vorrangige Aufgaben 2003 - 2006" (KOM(2003)238 endg.) vom 7.5.2003

Es verbleiben allerdings eine Reihe noch nicht verabschiedeter Legislativvorschläge, über die der Rat und das Europäische Parlament schnell entscheiden sollten. Diese Vorschläge bilden Schlüsselfaktoren für die Wettbewerbsfähigkeit eines künftig vergrösserten Europas. Nur wenn ihren Wechselwirkungen und Abhängigkeiten Rechnung getragen wird, werden sie zu einer maximalen Verbesserung des Unternehmensumfelds führen. Diese Mitteilung erhebt nicht den Anspruch, alle Vorschläge vollständig aufzuführen. Mit den Hinweisen auf einige ausgewählte Beispiele von hoher politischer oder wirtschaftlicher Bedeutung sollen vielmehr bereichsübergreifende Synergien illustriert werden, die Rat und Europäisches Parlament berücksichtigen sollten:

- Der gemeinschaftliche Rechtsrahmen für den Schutz des geistigen Eigentums ist wesentlicher Bestandteil eines effizienten Binnenmarktes, bietet aber auch Anreize für Forschung und Innovation. Wenn die EU weiterhin für Investitionen in Forschung, innovative Ideen und Produkte attraktiv bleiben soll, muss sie dafür sorgen, dass das geistige Eigentum gemeinschaftsweit geschützt ist. Gleichzeitig muss jedoch verhindert werden, dass der Schutz des geistigen Eigentums Innovationen und deren Verbreitung, beispielsweise durch unverhältnismäßig lange Schutzzeiten, hemmt, und so den Wettbewerb behindert. Trotz der großen Fortschritte, die in den letzten Jahren in diesem Bereich erzielt wurden, muss der Europäische Rat und das Europäische Parlament ausstehende Legislativvorschläge, die zentrale Elemente eines effizienten Systems für den Schutz geistigen Eigentums darstellen, rasch zum Abschluss bringen und umsetzen. Hierzu gehören:

* Der Entwurf einer Verordnung für ein rechtssicheres und erschwingliches Gemeinschaftspatent. Die Kommission wird in Kürze einen formalen Vorschlag über die Rechtsprechung in Gemeinschaftspatentsachen vorlegen. Das Gemeinschaftspatentsystem erfordert auch eine Überarbeitung des Europäischen Patentübereinkommens.

* Der Entwurf einer Richtlinie über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen.

* Der Entwurf einer Richtlinie über Maßnahmen und Verfahren zur Durchsetzung von Rechten an geistigem Eigentum. Dieser Vorschlag ergänzt die kürzlich verabschiedete Verordnung zur Erleichterung des Vorgehens der Zollbehörden gegen Produktfälschung und Produktpiraterie aus Drittländern [25].

[25] Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Vorgehen der Zollbehörden gegen Waren, die im Verdacht stehen, bestimmte Rechte geistigen Eigentums zu verletzen, un die Maßnahmen gegenüber Waren, die erkanntermaßen derartige Rechte verletzen, ABl. L 196 vom 2.8.2003, S. 7.

- Der Vorschlag für eine Richtlinie über Einreise- und Aufenthaltsgenehmigung für Wissenschaftler aus Drittländern muss vor dem Hintergrund eines auf einem breiten und dynamischen Wissen basierenden Europas gesehen werden, das auf eine hinreichende Zahl hochqualifizierter Forscher zurückgreifen kann. Dieser Vorschlag sowie die kohärente Entwicklung von Maßnahmen in den Mitgliedstaaten (vgl. Abschnitt 5.2) sind notwendig, um Europa für die besten Wissenschaftler der Welt attraktiver zu machen und um sicherzustellen, dass das für zunehmende Forschungsinvestitionen erforderliche Humankapital vorhanden ist.

- Europa braucht ein Umfeld, das faire Wettbewerbsbedingungen gewährleistet und in dem sich die in Europa ansässigen Unternehmen besser an die Bedingungen des Binnenmarktes anpassen können, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Der Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über Übernahmeangebote wird Unternehmen Entwicklungsmöglichkeiten bieten: indem sie diese zwingt, ihr Management einer effektiven Marktdisziplin zu unterwerfen und indem die Umstrukturierung von Unternehmen erleichtert und gleichzeitig wesentliche Schutzrechte erhalten werden. Die neue Fusionsverordnung, die derzeit im Rat und im Europäischen Parlament erörtert wird, macht es der Kommission leichter, Fusionsfälle zwecks Prüfung an die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten weiterzuleiten, erläutert die vertiefte Prüfung zur Abschätzung der Folgen von Fusionen auf den Wettbewerb und schafft eine gewisse Flexibilität im Zeitrahmen für die fusionsrechtlichen Prüfungen. Diese Verordnung sollte noch 2003 verabschiedet werden.

- Die Verabschiedung und Durchsetzung des Legislativpakets ist unerlässlich, um das öffentliche Beschaffungswesen in Europa zu modernisieren, transparenter zu gestalten und für den Wettbewerb zu öffnen. Die Beschaffungsmärkte der Europäischen Union erwirtschaften rund 16 % des EU-BIP, haben aber ihr Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft. Das Beschaffungswesen ist eine treibende Kraft für die Unternehmertätigkeit, da es ein wichtiger, wenn nicht sogar entscheidender Faktor für die Nachfrage beispielsweise im Gesundheitswesen, im Verkehr, im Umweltschutz oder in der Verteidigung ist. Darüber hinaus hat das öffentliche Auftragswesen häufig maßgeblichen Anteil an der Entwicklung wichtiger Technologien. Dieses Legislativpaket ist unerlässlich sowohl für die Bildung eines europaweiten Marktes für elektronische Beschaffung als auch für die Schaffung eines geeigneten Rechtsrahmens für komplexe Verträge, wie beispielsweise die Transeuropäischen Netze. Gleichzeitig erfordert ein offenes Auftragswesen eine proaktive Wettbewerbspolitik, damit seine potenziellen Vorteile nicht durch wettbewerbsfeindliche Praktiken (staatliche Beihilfen, Kartelle usw.) zunichte gemacht werden.

- Ein dynamischer Einzelhandels-Binnenmarkt wird es sowohl wirtschaftlichen Akteuren als auch Endverbrauchern ermöglichen, die Vorteile des Binnenmarktes voll auszunutzen. Er muss sicherstellen, dass Konsumenten jene Produkte und Dienstleistungen auswählen können, die ihren Bedürfnissen am ehesten entsprechen. Im Einzelhandel, vor allem in Bezug auf Produkte und Dienstleistungen, muss jedoch noch viel getan werden, um einen gut funktionierenden Binnenmarkt zu erzielen und grenzübergreifende Transaktionen anzuspornen. Die Vorschläge für eine Rahmenrichtlinie zu unfairem Wettbewerb im Handel sowie für eine Verordnung über administrative Kooperation sind wichtige Maßnahmen, um die Fragmentierung der nationalen Verbrauchergesetzgebung der EU und Marktfragmentierung zu verringern.

- Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Industriebranchen erfordert sowohl legislative als auch nicht-legislative Maßnahmen. Schlüsselbeispiele auf dem legislativen Gebiet sind die Überarbeitung der pharmazeutischen Gesetzgebung der EU, die gegenwärtig von Rat und Europäischem Parlament diskutiert wird, sowie, etwas aktueller, der Vorschlag der Kommission für eine neue Chemiegesetzgebung, die nach einer öffentlichen Konsultation und einer umfassenden Folgenabschätzung gründlich überarbeitet wurde. Der Europäische Rat vom Oktober 2003 erklärte, dass die Gesetzgebung der EU - im Vergleich zu den anderen großen Wirtschaftsräumen - keine Behinderung für die Wettbewerbsfähigkeit darstellen soll. Vor diesem Hintergrund wird der Vorschlag für eine neue Chemiegesetzgebung der erste Test für die Umsetzung dieses neuen Ansatzes sein. Die neuen Rechtsvorschriften werden der Chemieindustrie einen stabilen, voraussagbaren Rahmen geben, innerhalb dessen sie planen und sich entwickeln kann.

- In ihrer Europäischen Wachstumsinitiative hat die Kommission weitere wichtige noch ausstehende Entscheidungen genannt, mit denen öffentliche und private Investitionen in transeuropäische Verkehrsnetze, in die Verbreitung der Breitbandkommunikation und in die Forschung, Entwicklung und Innovation gefördert werden sollen. Diese Netze sind alle von zentraler Bedeutung für die Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen in der Union. Während der ergänzende Charakter der öffentlichen und privaten Sektoren im Infrastrukturbereich noch weiter untersucht werden muss, ist die Bedeutung der Rolle öffentlicher Finanzierung weiterhin klar. In diesem Zusammenhang sind auch die jüngsten Vorschläge zu nennen zur Aktualisierung der Leitlinien und Finanzierungsregelungen für transeuropäische Netze und zur Änderung des Systems der Eurovignette sowie die Vorschläge für die steuerliche Behandlung von Mutter- und Tochtergesellschaften und von fusionierten Unternehmen.

5.2.2 Sicherstellen, dass Fragen der Wettbewerbsfähigkeit gebührend Rechnung getragen wird

Wenn Europa die Entscheidungen über die Strukturreformen beschleunigen soll, um Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum als Garantien für das Erreichen unserer sozialen und ökologischen Ziele zu fördern, sollten der Rat und das Europäische Parlament dem Beispiel der Kommission folgen, die sicherstellt, dass bei den von ihr verabschiedeten Maßnahmen den Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit gebührend Rechnung getragen wird. Dies erfodert eine offene Konsultation aller Beteiligten und eine fundierte Abschätzung der ökonomischen, sozialen und ökologischen Folgen, die diese Vorschläge während ihrer Laufzeit haben. Die Kommission ist bereit, die anderen Institutionen, sofern sie dies wünschen, bei der Folgenabschätzung der vorgeschlagenen Änderungen zu unterstützen. In diesem Zusammenhang wurde auf der Tagung des Europäischen Rates im Frühjahr 2003 der Ratsformation ,Wettbewerfsfähigkeit" eine wichtige Rolle zugewiesen. Es wurde betont, dass die Ratsformation ,Wettbewerbsfähigkeit" zu allen Vorschlägen gehört werden sollte, die möglicherweise entscheidende Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit haben, auch wenn sie nicht unmittelbar in seine Zuständigkeit fallen.

5.2.3. Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften auf nationaler Ebene

Es reicht aber nicht, fundierte Rechtsakte basierend auf einer sorgfältigen Bewertung der Folgen zu erlassen. Nach der Verabschiedung durch den Rat müssen die Mitgliedstaaten die Rechtsvorschriften, die nicht unmittelbar gelten, innerhalb der vorgeschriebenen Fristen mit allen damit verbundenen Verwaltungsvorschriften umsetzen und in der Praxis korrekt anwenden. Die neuesten Zahlen zeigen, wie nachlässig die Mitgliedstaaten diesen Verpflichtungen nachkommen. Für die Annahme und rechtliche Umsetzung von Binnenmarktrichtlinien, die zwischen 1993 und April 2002 erlassen wurden, waren durchschnittlich 2,28 Jahre nötig. Ein übermäßiges Überziehen der festgelegten Umsetzungsfristen hat die tatsächliche Umsetzung durchschnittlich um weitere 2,21 Jahre verzögert. Insgesamt kommen so im Durchschnitt 4,49 Jahre für die Umsetzung einer durchschnittlichen Reformmaßnahme zusammen.

So haben zum Beispiel bis jetzt nur wenige Mitgliedstaaten die Richtlinie zum Schutz biotechnologischer Erfindungen, deren Umsetzungsfrist am 30. Juli 2000 ablief, umgesetzt. Zusammen mit dem Gemeinschaftspatent ist diese Richtlinie Kernpunkt eines eindeutigen und wirksamen Rahmens für den Schutz des geistigen Eigentums in dem von hoher Wissensabhängigkeit geprägten Bereich der Biowissenschaften und der Biotechnologie. In diesen Bereich fällt auch die Richtlinie über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen, die eine Reihe von Mitgliedstaaten nicht innerhalb der am 17. Oktober 2002 abgelaufenen Frist umgesetzt haben. Mit dieser Richtlinie soll ein strenges, transparentes und wirksames Genehmigungsverfahren eingeführt werden, ohne das die Wissenschafts- und Technologiebasis der EU ernsthaft untergraben werden könnte [26].

[26] Durch weiteren Rückgang von Investitionen in Forschung und Entwicklung im Bereich der GMO in Europa, die laut einer kürzlich veröffentlichten Studien in den letzten Jahren bereits um 39 % zurückgegangen sind sowie durch die Verlagerung von innovativer Forschung, Feldversuchen und Kommerzialisierung von GMO zu Standorten außerhalb Europas (siehe ,Review of GMOs under research and development and in the pipeline in Europe", IPTS/JRC, 2003, ISBN: 92-894-5572-1).

5.2.4. Kohärenz zwischen nationaler und EU Rechtsgebung sicherstellen

Schließlich müssen sich die Mitgliedstaaten über die Auswirkungen ihrer neuen und bestehenden Rechtsakte auf die Wettbewerbsfähigkeit bewusst sein und diese bewerten. Die Mitgliedstaaten erlassen eine Fülle von Rechtsvorschriften in vielen Bereichen, für die die Gemeinschaft entweder nicht zuständig ist oder in denen sie noch keine Legislativvorschläge vorgelegt hat bzw. in denen das Gemeinschaftsrecht den Mitgliedstaaten einen gewissen Handlungsspielraum lässt. Allein in den Bereichen Waren und Dienste der Informationsgesellschaft erarbeiten die Mitgliedstaaten jedes Jahr 5500 bis 600 Gesetzesvorlagen, von denen die Mehrzahl Lebensmittel und Landwirtschaft, Telekommunikation und Verkehr betrifft [27]. Durchschnittlich 10% der notifizierten Gesetzentwürfe stimmen nicht mit dem EG-Vertrag oder dem abgeleiteten Recht überein, und müssen vor ihrer Verabschiedung geändert werden. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass neue Gesetze die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht beeinträchtigen und dass sie keine Wettbewerbsverzerrungen verursachen oder ungerechtfertigte Handelshemmnisse aufbauen. In diesem Zusammenhang bestärkt die Kommission die Mitgliedstaaten, bei der Mitteilung technischer Vorschriften für Waren und Dienste der Informationsgesellschaft Folgenabschätzungen vorzulegen.

[27] Diese Maßnahmen werden mitgeteilt nach den Bestimmungen der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Informationsverfahren auf dem Gebeit der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft.

5.3. Forschung, Innovation und unternehmerische Initiative stärker fördern

Die Schaffung günstiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen für Forschung, Innovation und unternehmerische Initiative ist unerlässlich. EU-weite, für Unternehmen günstige Rechtsvorschriften sind von grosser Bedeutung, aber Europa muss noch mehr für die Wettbewerbsfähigkeit tun. Der Aktionsplan für Forschungsinvestitionen [28] soll Europa für private Forschungsinvestitionen attraktiver machen. Auf diese Weise soll das vom Europäischen Rat in Barcelona im März 2002 festgelegte Ziel, nämlich ein Investitionsniveau von insgesamt 3 % des BIP erreicht werden, von denen zwei Drittel aus privater Hand kommen sollen. Der Aktionsplan enthält einen Katalog kohärenter legislativer, koordinierender und stimulierender Maßnahmen für verschiedene Politikbereiche, wie Forschung, Innovation, Rechte an geistigem Eigentum, Finanzmärkte, Humankapital, Regulierung der Warenmärkte, Steueranreize und Wettbewerbspolitik. Er richtet sich an die Mitgliedstaaten, die Kommission und Interessengruppen (Industrie, Investoren und die öffentliche Forschung) und ist damit ein gutes Beispiel für ein Strategiepapier der Kommission mit einem integrierten Ansatz für die Wettbewerbsfähigkeit.

[28] Mitteilung der Kommission ,In die Forschung investieren: Aktionsplan für Europa" (KOM(2003)226 endg./2) vom 4.6.2003

Die Fortschritte bei der Stärkung der Forschung und der Förderung von Innovation und unternehmerischer Initiative hängen jedoch in erster Linie von den Mitgliedstaaten und ihrer Bereitschaft ab, die notwendigen Entscheidungen auf nationaler Ebene zu treffen. Auch hier sollten die Mitgliedstaaten darauf achten, wie einzelstaatliche Maßnahmen sich gegenseitig beeinflussen und sich auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirken. Die offene Koordinierungsmethode kann ein wertvolles Instrument sein, das über die Frage der Zuständigkeit hinausgeht und die EU in die Lage versetzt, zum Fortschritt in Bereichen beizutragen, auf die sie keinen legislativen Einfluss hat. Unter Berücksichtigung nationaler Unterschiede trägt die offene Koordinierungsmethode dazu bei, dass einzelstaatliche Maßnahmen einheitlicher und konsistenter an die auf EU-Ebene vereinbarten Ziele herangeführt werden, indem sie einen Mechanismus des Voneinanderlernens bereitstellt, der auf der Verbreitung und dem Austausch vorbildlicher Praktiken und dem Benchmarking spezifischer Fragen beruht. Darüber hinaus wird durch die Festlegung von Indikatoren, Zielen und die Durchführung von Peer-Review-Verfahren eine kontinuierliche Überwachung der Fortschritte gewährleistet.

Die Mitgliedstaaten sollten vor allem in den folgenden Bereichen, in denen die offene Koordinierungsmethode zur Anwendung kommt, ihre Bemühungen verstärken:

- In der Unternehmenspolitik: Hier hat der Rat die Mitgliedstaaten und die Kommission im November 2002 aufgefordert, die Arbeit an der freiwilligen Festlegung quantitativer und qualitativer Zielvorgaben in den sieben als für die Wettbewerbsfähigkeit entscheidend deklarierten Politikbereichen fortzusetzen, die im Unternehmensanzeiger genannt sind. Außerdem sollte die Möglichkeit geprüft werden, eine regelmäßige Überwachung, Bewertung und gegenseitige Prüfung zu organisieren, im Rahmen derer Maßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten erörtert werden könnten. Der Rat forderte die Mitgliedstaaten und die Kommission ferner auf, die Förderung von Unternehmertum und kleinen Betrieben neu zu beleben, und zwar durch die Festlegung quantitativer und qualitativer Zielvorgaben im Rahmen der Europäischen Charta für Kleinunternehmen, die es ermöglichen sollen, die erzielten Fortschritte bis zur Frühjahrstagung des Europäischen Rates 2004 zu bewerten.

- Im Bereich der Innovation: Mitgliedstaaten und die Kommission sollten stärker zusammenarbeiten, um die bereits bestehenden Verfahren zur Koordinierung nationaler Innovationspolitiken im Rahmen der Synoptischen Übersicht über Innovationspolitik und -leistung in Europa (Trend Chart on Innovation) zu intensivieren. Mitgliedsstaaten und Kommission sollten gemeinsame Ziele zur Steigerung der Innovation in der EU definieren und einen Mechanismus schaffen, mit dem sich das Erreichte beurteilen lässt.

- Und seit neuestem in der Forschungspolitik und bei der Errichtung des Europäischen Forschungsraums (EFR): Hier hat der Europäische Rat die Mitgliedstaaten aufgefordert, vermehrt auf die offene Koordinierungsmethode zurückzugreifen, um Erfahrungen auszutauschen und untereinander abgestimmte Reformen vorzubereiten, mit denen das angestrebte Investitionsniveau von 3% erreicht werden und vor allem die Umsetzung der Teile des Aktionsplans für Forschungsinvestitionen vorangetrieben werden soll, deren Verwirklichung von den Mitgliedstaaten abhängt. Gleiches gilt für Maßnahmen in Bezug auf Humankapital für die Forschung, vor allem für diejenigen im Rahmen der Mobilitätsstrategie des EFR und die vordringlichen Maßnahmen, die in der kürzlich angenommenen Mitteilung über die Karrieremöglichkeiten von Forschern aufgezählt sind [29].

[29] ,Forscher im europäischen Forschungsraum: ein Beruf, vielfältige Karrieremöglichkeiten", KOM(2003) 436 vom 18. Juli 2003.

In diesem Zusammenhang sollte darauf verwiesen werden, dass die europäischen Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung aufgrund ihrer strukturellen Schwächen einer dringenden Reform bedürfen, um die Ziele Lissabonner Strategie zu erreichen [30].

[30] Vgl. Fußnote 10.

5.4. Der Beitrag der Kommission

Die Kommission wird sich bemühen, dem Rat, dem Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten ein besseres Bild der Zusammenhänge ihrer Arbeiten zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit zu vermitteln, indem sie systematisch Synergien zwischen den politischen Maßnahmen nutzt, die direkt zur Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Sie führt derzeit ein ,Screening" der meisten EU-Politiken durch, um Möglichkeiten zur Verbesserung der Beiträge dieser Politiken zur industriellen Wettbewerbsfähigkeit zu ermitteln.

Im Rahmen ihrer Arbeiten zur Wettbewerbsfähigkeit wird die Kommission sowohl bereichsübergreifende als auch sektorbezogene Analysen erstellen, um den Bedarf für Massnahmen festzustellen. Erst danach wird sie die notwendigen Maßnahmen auf dem legislativen sowie auf dem Gebiet von Forschung, Innovation und Unternehmertum ergreifen.

Darüber hinaus will die Kommission die Vorschläge, die Gegenstand einer ausführlichen Folgeabschätzung sein werden, deutlicher hervorheben, wenn sie ihr jährliches Arbeitsprogramm präsentiert. Anhang 1 dieser Mitteilung liefert weitere Einzelheiten über geplante oder laufende Schlüsselinitiativen der Kommission, die darauf abzielen die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern.

6. Schlussfolgerungen

Die kontinuierliche strukturelle Umwandlung unseres Wirtschaftssystems, verbunden mit einer ständig wachsenden Bedeutung des Dienstleistungssektors, ist aus wirtschaftlicher Sicht unausweichlich. Sie führt zwangsläufig zu gewissen Standortverlagerung und anderen Anpassungen, die soziale und wirtschaftliche Härten für die direkt Betroffenen mit sich bringen. Die zunehmende Bedeutung der Dienstleistungen in der Wirtschaft muss nicht zu einem Rückgang des industriellen Outputs führen. Im Gegenteil, dieser Prozess ging bis jetzt mit einem kontinuierlichen Wachstum des industriellen Outputs einher, trotz rückläufiger Beschäftigung in der Industrie. Dies wurde durch das stabile Wachstum industrieller Produktivität ermöglicht.

Die Verlangsamung des Produktivitätszuwachses in Europa drückt einen Verlust an Wettbewerbsfähigkeit aus. Dies ist ein ernsthafter Grund zur Besorgnis, nicht nur wegen der damit verbundenen Risiken für unsere industrielle Leistungsfähigkeit sondern auch für unsere Fähigkeit, Strukturwandel zu bewältigen. Der Verlust industrieller Wettbewerbsfähigkeit und Deindustrialisierung sind demnach nur zwei Seiten der gleichen Medaille.

Die derzeit verfügbaren Daten geben keine überzeugenden Belege für eine absolute Deindustrialisierung in Europa. Der aktuelle Strukturwandel in unseren Volkswirtschaften verursacht allerdings Härten auf lokaler Ebene, wenngleich sich die nationale Wirtschaft aufgrund einer verbesserten Ressourcenallokationen besser stellt. Um diesen Prozess abzumildern und Beschäftigungswachstum zu fördern ist es absolut notwendig, unser Produktivitätspotential und unsere Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Investition in Forschung, Innovation, Aus- und Weiterbildung, IKT sowie die Reorganisation von Arbeitsabläufen sind Schlüsselelemente des Übergangsprozesses. Die mit den Anpassungen verbundenen Herausforderungen müssen antizipiert und besser vorbereitet werden.

Die vorliegende Mitteilung stellt nur eine vorläufige Analyse dieser Entwicklungen dar. In den kommenden Monaten beabsichtigt die Kommission, diese Analyse zu vertiefen und im Rahmen der Folgearbeiten zur Mitteilung über die Industriepolitik Vorschläge vorzulegen. Diese werden auch in den Rahmen der vorbereitenden Arbeiten der künftigen Finanzperspektiven gestellt werden, welche einen politischen Entwurf für die erweiterte Union nach 2006 liefern sollen.

Die Kommission hat wiederholt die Bedeutung der Wettbewerbsfähigkeit für unsere wirtschaftliche Leistung betont. Sie wird auch künftig auf der Bedeutung zunehmenden Produktivitätswachstums beharren und wird sich dieses Themas im bevorstehenden Frühjahrsbericht 2004 annehmen.

Der Rat und das Europäische Parlament müssen über die ihnen vorliegenden Vorschläge, welche die Wettbewerbsfähigkeit beeinflussen, entscheiden. Zudem ist es wichtig, dass beide Institutionen in all ihren Entscheidungen die Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit berücksichtigen. Hier hat der Rat der Ratsformation ,Wettbewerbsfähigkeit" eine wichtige Aufgabe übertragen, als diese zu wichtigen Vorschlägen, die Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit haben und die nicht in seine direkte Zuständigkeit fallen, Stellung nehmen bzw. angehört werden muss. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, muss der Rat sich bewusst machen, wie seine verschiedenen Elemente zusammenwirken sollten. Das Europäische Parlament hat bereits entsprechende Mechanismen entwickelt.

Die Wettbewerbsfähigkeit hängt auch von Politiken auf nationaler Ebene ab. Wirtschaftliche Integration bedeutet, dass sich die Wettbewerbsfähigkeit des Ganzen nicht von der Wettbewerbsfähigkeit seiner Teile trennen lassen kann. Solange nicht alle Mitgliedstaaten die Maßnahmen ergreifen, die auf ihrer Ebene erforderlich sind, ist die Wettbewerbsfähigkeit der EU nicht sichergestellt.

Die Kommission wird ihrerseits weiterhin Analysen liefern, um Schlüsselfragen zu identifizieren. Wo erforderlich wird sie, nach Abwägung von Alternativen zur Gesetzgebung, nach öffentlicher Konsultation aller Interessensgruppen und nach der Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung, angemessene Vorschläge unterbreiten.

ANHANG 1:

Vorhaben und Initiativen der Kommission für mehr Wettbewerbsfähigkeit

1. Industriepolitik als Instrument zur Bewältigung der Herausforderungen an die EU-Industrie

Eingehende Analysen und eine regelmäßige Überwachung der Situation einzelner Branchen ermöglichen es der Kommission, den Handlungsbedarf zu ermitteln und für die Rahmenbedingungen zu sorgen, die die Industrie benötigt, um ihr Wettbewerbspotenzial zu entfalten und weiterzuentwickeln. In ihrer Mitteilung zur Industriepolitik vom Dezember 2002 hat die Kommission festgestellt, dass die meisten EU-Politikfelder dazu beitragen können, günstige Rahmenbedingungen für Unternehmen und somit die Voraussetzungen zu schaffen, unter denen Europa die Ziele erreichen kann, die es sich selbst in Lissabon und Göteborg gesetzt hat. Die Kommission unterstrich insbesondere die Notwendigkeit eines ausgewogenen Ansatzes für die Nachhaltigkeitsstrategie der EU, der gewährleistet, dass sich nicht ein Bereich der nachhaltigen Entwicklung auf Kosten der andern entwickelt.

Im Jahr 2003 hat die Kommission eine interne Bewertung der meisten EU-Politikbereiche durchgeführt. Im Zuge dieser Aktion wurde eine Reihe bereichsübergreifender Fragen geprüft, die Basis für verschiedene Politikfelder bilden, wie beispielsweise die Rolle des Wissens für wirtschaftliche Entwicklung und Wachstum oder das Zusammenwirken zwischen Produktivitätswachstum und Anstieg der Beschäftigungsquote. Eine andere Untersuchung befasste sich mit der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und dem Umweltschutz und strebte damit mehr Konvergenz bei den Analysen an, die der Umweltpolitik bzw. der Industriepolitik zugrunde gelegt werden. Bei diesem ,Screening" wurde auch festgestellt, dass die verschiedenen EU-Politikbereiche in einigen Fällen noch mehr zur Wettbewerbsfähigkeit der Industrie beitragen könnten, ohne dabei ihre vorrangigen Ziele zu vernachlässigen. Schließlich hat die Kommission dabei einige Bereiche ermittelt, in denen die Synergie verbessert werden kann, zum Beispiel:

* Die Regionalpolitik: Behandlung der Auswirkungen der Erweiterung auf die Industrie, insbesondere auf Branchenebene; Bessere Stimulierung regionaler Innovationssysteme.

* Forschungs- und Entwicklungpolitik: Technologieplattformen als Leitinitiative, die sowohl in Schlüsseltechnologiebereichen als auch in reifen Industrien zur Wettbewerbsfähigkeit einzelner Branchen beitragen werden.

* Politik der Informationsgesellschaft: Ankurbelung der Entwicklung, der Übernahme und Nutzung von IKTs als wichtige Quelle für Produktivitätszuwachs und erhöhte Effizienz in der öffentlichen Verwaltung in drei Bereichen: dem eEurope Aktionsplan; die Förderung von Wettbewerb und Investitition durch ein berechenbares gesetzliches Umfeld ; und die verstärkte Innovation durch die Unterstützung von Forschung und Entwicklung .

* Ausbildungs- und Bildungspolitik: Förderung der gegenseitigen Anerkennung von Berufsqualifikationen, Maßnahmen zur Untersuchung des Fachkräftemangels bzw. zur Gewährleistung eines hinreichenden Angebots an qualifizierten Arbeitskräften, Partnerschaften zwischen Bildungseinrichtungen und Wirtschaft im Hinblick auf die Stärkung der unternehmerische Initiative sollten gefördert werden.

* Handelspolitik: Stärkung der externen Dimension des Binnenmarktes, u. a. durch die Verbreitung von EU-Konzepten für technische Vorschriften und Konformitätsbewertung; Unterstützung des Zugangs von EU-Exporteuren in Märkten in Drittländern; im Bereich der Textil- und Bekleidungssektor, Verbesserung der mit Innovation, Forschung, Qualifikationen, Technologie und Mehrwert in Zusammenhang stehenden Faktoren der Wettbewerbsfähigkeit als Mittel zur Anspassung insbesondere im Hinblick auf die Abschaffung der letzten noch verbleibenden Quoten;

* Umweltpolitik: Untersuchung möglicher Einsatzbereiche freiwilliger Alternativen zu verbindlichen Vorschriften und der Entwicklung einer nachhaltigen Produktionspolitik; Analyse der Voraussetzungen für die Fortentwicklung der Öko-Industrien, und der Ausgewogenheit kurzfristiger Kosten mit den langfristigen Gewinnen des nachhaltigen Umweltschutzes.

* Wettbewerbspolitik: Potential für die Analyse einer Reihe von Themen, die für die industrielle Wettbewerbsfähigkeit von Bedeutung sind, zum Beispiel das Konzept des relevanten geographischen Markts oder wie Innovationen und ihre Verbreitung in Übereinstimmung mit den Wettbewerbsregeln stimuliert werden können.

* Steuerpolitik: Das Ausschöpfen der Möglichkeiten nationaler KMU-Steuerpolitk könnte Wege eröffnen, die Schaffung, Entwicklung und Übertragung von Unternehmen zu erleichtern; Die verstärkte Nutzung einer Reihe von Instrumenten, unter anderem des Austausches bewährter Praktiken, könnte den Mitgliedsstaaten helfen, nützliche Verbesserungspotenziale in der Besteuerung von Unternehmen zu identifizieren, ohne dabei Kompetenzprobleme zu schaffen.

* Binnenmarkt: Die Optimierung von Verteidigungsausschreibungen würde bedeutsame Vorteile für die Industrie bringen.

* Beschäftigungspolitik: Die Diskussion über Fragen der Wettbewerbsfähigkeit im sozialen Dialog auf Branchenebene wäre nützlich.

* Gesundheits- und Verbraucherschutz: Sicherstellen, dass die Ziele eines hohen Grades an Gesundheits- und Verbraucherschutz erreicht werden ohne die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, insbesondere KMU, zu beeinträchtigen.

* Transport und Energiepolitik: Langfrisitge Entwicklungen in den Energie- (insbesondere Preisniveaus) und Transportbranchen sind frühzeitig zu berücksichtigen, insbesondere im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die industrielle Wettbewerbsfähigkeit. Zudem wird die EU ihren eigenen Ansatz in Normierungsfragen in internationalen Foren wie ICAO und IMO fördern.

Die Kommission beabsichtigt, Anfang 2004 einen ausführlicheren Bericht über die Ergebnisse dieses Screening vorzulegen.

2. Weitere Schritte zur Verbesserung des Legislativrahmens

Die Kommission wird einige wichtige Initiativen zur weiteren Verbesserung des Legislativrahmens für Unternehmen vorlegen:

- Ein blühender Binnenmarkt für Waren: Die Kommission will eine Reihe von Legislativvorschlägen ausarbeiten, die die Funktionsweise des Binnenmarktes für Waren verbessern sollen. Ein Vorschlag für eine Verordnung über die Anwendung der gegenseitigen Anerkennung soll den freien Warenverkehr in nicht harmonisierten Bereichen erleichtern. Ein Vorschlag, welcher Aspekte behandelt, die auf alle Sektoren, in denen Richtlinien des ,neuen Ansatzes" anwendbar sind, wird die Konsistenz dieser Richtlinien verbessern und die einheitliche Umsetzung ermöglichen.

- Ein modernisiertes System der staatlichen Beihilfen: Die Kommission nimmt gegenwärtig im Rahmen der Reform und Modernisierung der Vorschriften über staatliche Beihilfen mehrere Initiativen in Angriff. Dieser Prozess hat ist darauf ausgerichtet, die Genehmigung von Beihilfen, die die wirtschaftlichen Ziele der Gemeinschaft unterstützen, zu vereinfachen, während eine strikte Kontrolle für die Beihilfeformen, die eine stärker wettbewerbsverzerrende Wirkung haben, aufrechterhalten wird. Die vorgeschlagene Initiative beinhaltet:

* Einen Verordnungsentwurf zur Ausdehnung der Gruppenfreistellungsregelung auf staatliche F&E-Beihilfen für KMU, welcher Anfang 2004 zur Annahme vorgelegt wird. Damit wird die Einführung von Systemen, die F&E-Investitionen mittelständischer Unternehmen unterstützen, in den Mitgliedstaaten deutlich erleichtert.

* Eine Überarbeitung der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten, um die Genehmigung von Rettungsmaßnahmen zu beschleunigen und gleichzeitig die negativen Auswirkungen langfristiger Umstrukturierungsmaßnahmen auf das Wettbewerbsumfeld auf ein Mindestmaß zu reduzieren.

* Die Kommission plant, vor Ende 2003 eine Konsultation der Mitgliedstaaten über ein stark vereinfachtes Konzept zur Beurteilung bestimmter Arten von Beihilfen in Gang zu setzen, die aufgrund ihrer Höhe oder der Branche, in der sie gewährt werden, keine wesentlichen Auswirkungen auf Handel oder Wettbewerb in der Gemeinschaft haben dürften. Das betrifft insbesondere Hilfen, die der Verwirklichung wichtiger Gemeinschaftsziele dienen, beispielsweise der Förderung von Forschung und Entwicklung, dem Umweltschutz, der Schaffung neuer und besserer Beschäftigungsmöglichkeiten, der Förderung von allgemeiner und beruflicher Bildung und der Unterstützung mittelständischer Unternehmen.

- Ein echter Binnenmarkt für Dienstleistungen: Der Dienstleistungssektor hat einen Anteil von fast 70 % am BIP und an der Beschäftigung in der EU. In vielen Dienstleistungsbereichen, wie beispielsweise im Fremdenverkehr, im Handel, im Baugewerbe, im Ingenieurwesen, bei Beratungs- und Beschäftigungsagenturen, ist der Binnenmarkt noch keine Realität. Unterschiedliche Rechtsvorschriften hindern die Dienstleister daran, Größenvorteile zu realisieren, führen zu Effizienzverlusten, verzerren den Wettbewerb und blockieren die Möglichkeiten des Sektors, mehr dynamische Unternehmen hervorzubringen und mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Noch im Jahr 2003 wird die Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie über Dienstleistungen auf dem Binnenmarkt vorlegen, mit der ein Rechtsrahmen für die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen innerhalb der Gemeinschaft geschaffen werden soll. In Ergänzung dazu sollen nicht-legislative Maßnahmen die Wettbewerbsfähigkeit unternehmensbezogener Dienstleistungen verbessern und die unternehmerische Tätigkeit in diesem Bereich fördern. Ein weiterer Vorschlag wird das System der Mitteilung nationaler Rechtsvorschriften erweitern, die gegenwärtig auf dem Gebiet von Waren und Telekommunikation auf den Dienstleistungssektor angewendet wird. Die Mitgliedstaaten sollten der raschen Annahme und Umsetzung dieser Vorschläge Priorität einräumen, damit deren Auswirkungen auf die EU-Wirtschaft noch vor 2010, dem vom Rat in Lissabon gesetzten Termin, spürbar sind. Die Bemühungen dürfen sich jedoch nicht allein auf den Vorschlag über Dienstleistungen konzentrieren. Eng damit verbunden sind auch die Richtlinie über die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen, die Verordnung über Verkaufsförderung und die Rahmenrichtlinie über unfairen Wettbewerb im Handel, die wesentlich dazu beitragen können, dass der Dienstleistungsbinnenmarkt Wirklichkeit wird.

- Vollendung des Binnenmarkts für Finanzdienstleistungen: Die Integration der Finanzdienstleistungen und Finanzmärkte wird wie ein Katalysator auf die Wettbewerbsfähigkeit und das Wachstum in allen Wirtschaftsbereichen wirken. Sie wird die Kapitalkosten der Unternehmen senken, insbesondere bei der Gründung von innovativen oder Hochtechnologieunternehmen. 36 der 42 Maßnahmen aus dem Aktionsplan für Finanzdienstleistungen sind bereits verabschiedet, und die Neugestaltung dieses Sektors hat bereits begonnen. Die Kommission wird 2004 noch die übrigen im Aktionsplan vorgesehenen Vorschläge ausarbeiten, u. a. eine neue Richtlinie über die angemessene Eigenkapitalausstattung, und sie wird in Gesprächen mit allen wichtigen Interessengruppen versuchen, den Stand der Integration der EU-Finanzmärkte zu bewerten.

- Auf dem Einzelhandelsgebiet, sowohl bei Gütern als auch bei Dienstleitungen, muss noch viel getan werden, um das Funktionieren des Binnenmarktes zu gewährleisten und grenzüberschreitende Transaktionen anzuspornen. Die Kommission hat sich bereits für die Überprüfung des bestehenden Besitzstandes im Verbraucherschutz ausgesprochen, um Hemmnisse des Binnenmarktes und Bereiche, die konsolidiert oder vereinfacht werden können, zu bestimmen. Sie wird 2004 ein Strategie- und Arbeitsprogramm für diese Überprüfung darlegen.

3. Förderung von Forschung, Innovation und unternehmerischer Initiative

Auf der Grundlage der in 2002 und 2003 begonnenen Initiativen und Maßnahmen wird die Kommission weitere Anstrengungen unternehmen und Vorschläge zur Förderderung von Forschung, Innovation und unternehmerische Initiative in der EU unterbreiten.

- Im Zuge ihrer Bemühungen zur Schaffung eines Europäischen Forschungsraumes und der Förderung zunehmender Forschungsinvestitionen richtet die Kommission Europäische Technologieplattformen [31] in Kernbereichen der technologischen Entwicklung ein. Diese Europäischen Technologieplattformen bringen verschiedene öffentliche und private Interessenträger zusammen, um eine gemeinsame Vision und Strategie für die Entwicklung und die Nutzung von Schlüsseltechnologien in Europa zu entwickeln. Diese Plattformen haben zum Ziel, erhöhte und effizientere Mobilität von Forschungsanstrengungen zu fördern und nicht-technische Barrieren zu behandeln. Sie können darüber hinaus wertvollen Input für die Arbeiten im Zusammenhang mit der sektoralen Wettbewerbsfähigkeit liefern. Anfang September hat die Kommission, gestützt auf die ersten Erfahrungen mit Europäischen Technologieplattformen in den Bereichen Luftfahrt und Schienentransport eine Initiative für eine Europäische Partnerschaft für die Wasserstofftechnik ins Leben gerufen, die einen Beitrag zur Entwicklung einer integrierten Strategie für die nachhaltige Entwicklung dieses Energieträgers der Zukunft ausarbeiten soll. Weitere Technologieplattformen werden derzeit in technologischen Schlüsselbereichen [32] aufgebaut, und es ist ein erster Fortschrittsbericht in Arbeit. Bis Juni 2004 soll die Einrichtung der ersten Serie Europäischer Technologieplattformen abgeschlossen sein.

[31] Angekündigt im Aktionsplan ,In die Forschung investieren: Aktionsplan für Europa", (KOM(2003)226 endg. vom 04.06.2003, und in der Wachstumsinitiative der Kommission.

[32] Zum Beispiel Pflanzengenomie, Straßentransport, spezifische Bereiche der Nanotechnologie und IKT, und Stahl.

- Arbeiten zur Erstellung europäischer Strategien oder zur Förderung gemeinsamer Technologieentwicklung in Raumfahrt, Verteidigung und sicherheitsrelevanten Sektoren werden durchgeführt mit dem Ziel, eine wettbewerbsfähige Industriebasis in diesen Bereichen langfristig sicherzustellen:

* Die Mitteilung der Kommission ,Europäische Verteidigung - Industrie- und Marktaspekte" [33] hat die Aufmerksamkeit auf die Vorteile der Schaffung eines Binnenmarktes für Verteidigungsgüter und die Notwendigkeit einer stärkeren Zusammenarbeit bei der Beschaffung sowie auf Verteidigung und Sicherheit bezogene Forschung gelenkt. Die Kommission wird deshalb 2004 ein Grünbuch über Beschaffung im Verteidigungssektor sowie ein europäisches Handbuch über Standardisierung im Verteidigungssektor (zur Verwendung von Verteidigungsbeschaffungsverträgen) vorlegen. Desweiteren wurde eine ,Gruppe von Persönlichkeiten" ins Leben gerufen, die eine Vision entwerfen und Orientierungen für die Zukunft eines auf Sicherheit bezogenen Forschungsprogrammes geben soll. In diesem Sinne wird im Dezember 2003 eine vorbereitende Maßnahme für auf Sicherheit bezogene Forschung mit Haushaltsmittel in Höhe von EUR 65 Mio für den Zeitraum 2004-2006 vorgeschlagen. Die Aktion soll Anfang 2004 beschlossen und gestartet werden. Schließlich wird die Kommission, wie vom Europäischen Rat im Juni 2003 entschieden, im Laufe des Jahres 2004 zu den Arbeiten der Schaffung einer Agentur für die Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeit, Forschung, Beschaffung und Rüstung beitragen.

[33] Mitteilung ,Europäische Verteidigung - Industrie- und Marktaspekte - Auf dem Weg zu einer Verteidigungsgüterpolitik der Europäischen Union" (KOM (2003)113 endg. vom 11.3.2003

* Die Raumfahrtindustrie ist eine Branche, die zur Umsetzung gemeinschafts politischer Maßnahmen in einer Reihe von Politikfeldern beiträgt, von der Umwelt über die Landwirtschaft bis hin zur Entwicklungszusammenarbeit und den Außenbeziehungen, und die ein enormes soziales und wirtschaftliches Potenzial birgt. Das Weißbuch zur Europäischen Raumfahrtpolitik [34], stellt einen Aufruf an alle Interessenträger dar, neue Ziele und Herausforderungen in Angriff zu nehmen. Es enthält eine Strategie, Leitlinien für die Rolle und die Zuständigkeiten der wichtigsten Akteure, einen Aktionsplan und erste Überlegungen über Ressourcen. Zu den politischen Zielen gehören sicherere und kalkulierbarere Rahmenbedingungen, die es den Betroffenen ermöglichen, zu planen, zu investieren und sich ihren Anteil an den schnell wachsenden professionellen und institutionellen Märkten zu sichern. GALILEO, das internationale Programm für die Satellitenfunknavigation, GMES (Global Monitoring for Environment and Security), und sein Potential, abgelegenen und ländlichen Regionen mittels anderer Technologien Zugang zum Breitband zu ermöglichen und so zur Überwindung der ,digitalen Kluft" beizutragen, zählen zu den im Weißbuch angesprochenen Aktionen. Beiden Projekten wird der im Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der ESA vorgesehene Mechanismus zugute kommen.

[34] Weißbuch ,Die Raumfahrt: Europäische Horizonte einer erweiterten Union. Aktionsplan für die Durchführung der europäischen Raumfahrtpolitik", KOM(2003)673 endg. vom 11.11.2003.

- In Biowissenschaften und Biotechnologiesektoren, ein Fundament der wachsenden auf Wissen basierten Gesellschaft, hat die Kommission mit ihrer Mitteilung zu Biowissenschaften und Biotechnologie [35] einen Rahmen für Maßnahmen in diesem Bereich gesetzt. Der darin enthaltende 30 Punkte umfassende Aktionsplan präsentiert einen integrierten Ansatz zur Wettbewerbsfähigkeit dieser Industrie, der auf die Verwertung von Forschung und Innovation bei Verbreiterung des Umfanges durch Gesellschafts- und Regulierungsaspekte abzielt. Der Mangel an ausreichendem Kapitalangebot stellt ein großes Hemmnis für das Wachstum und die Konsolidierung biotechnologischer Unternehmen von einem ,Start-up" zu einer ,reiferen" Phase der Unternehmensentwicklung dar. Das weitere Vorgehen sollte eine Kooperation der Kommission, der EIB-Gruppe und der Mitgliedstaaten beinhalten, die ihre jeweiligen Instrumente, die von Investitionsfonds bis zu Steuerrahmen reichen, im Hinblick auf eine Optimierung der Nutzung bestehender Kapazität überprüfen sollten. In diesem Bereich wie auch in anderen forschungsintensiven und hochinnovativen Industriebranchen ist ein funktionierender europäischer Risikokapitalmarkt von fundamentaler Bedeutung.

[35] Mitteilung der Kommission "Lebenswissenschaften und Biotechnologie; Eine Strategie für Europa" KOM(2002)27 endgültig vom 23.1.2002

- Die Kommission wird ihre enge Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) weiterverfolgen mit dem Ziel, Komplementarität und Synergien zwischen den jeweiligen Instrumenten zur Förderung von Forschung und Innovation sicherzustellen. Die EIB plant eine beträchtliche Mittelaufstockung bei Investitionsbeihilfen für Forschung und Entwicklung; sie sollen von 15,3 Milliarden EUR, die seit 2000 investiert wurden auf über 50 Milliarden EUR für die gesamte Dekade bis 2010 im Zuge der neuen Initiative ,Innovation 2010" (i2010i) anwachsen. Weitere Anstrengungen werden darauf abzielen, eine optimale Verwendung einer breiteren Palette von Instrumenten zu erzielen, die die EIB eingesetzt hat, um besser auf den Bedarf der Unternehmen in den einzelnen Entwicklungsstadien eingehen zu können. Dies betrifft insbesondere die Finanzierung großer länderübergreifender F&E-Vorhaben (wie zum Beispiel im Rahmen der Wachstumsinitiative) sowie die Verbesserung des Zugangs zu Risikokapital für wachstumsstarke Unternehmen in Technologiesektoren.

- In Übereinstimmung mit den Zielen der Industriepolitik und dem Aktionsplan zur Investitionen in der Forschung wird die Kommission im Rahmen des bevorstehenden Aktionsplans zur Innovation Kriterien bestimmen, um innovative Unternehmen zu definieren, die eine effizientere Anwendung der Gemeinschaftspolitik sowie eine bessere Ausrichtung nationaler Initiativen mit Auswirkung auf Innovation zulassen werden. Dieser Gemeinschaftsrahmen soll auch das Entstehen eines europäischen Konsenses zum "Gebot innovativer Anstrengungen" durch die Definition genauer und quantifizierter Ziele bezüglich des ordnungspolitischen Umfeldes und der unterstützenden Maßnahmen anregen. Der Aktionsplan soll die Akteure der Innovation mobilisieren und ihre Bemühungen durch eine Reihe von Maßnahmen koordinieren, die darauf abzielen, das Konzept eines Europäischen Forschungs- und Innovationsraums zu konkretisieren, indem letzterer mit dem Ziel entwickelt wird, den transnationalen Technologietransfer und die Anzahl und die Wirksamkeit von Clustern in Europa zu verstärken. Beispiele dafür sind Initiativen für die Schaffung eines "europäischen Netzes von Netzen" im Bereich des Technologietransfers, die Professionalisierung lokaler und regionaler Netz- und Unterstützungsstrukturen für Unternehmen, zum Beispiel durch Qualitätssatzungen, Labels für führende Wissenschaftszentren und Aus- und Weiterbildung auf dem Gebiet des geistigen Eigentums, die Verbindung europäischer Initiativen mit anderen internationalen Initiativen wie zum Beispiel EUREKA, die Identifizierung guter Praktiken oder möglicherweise einer Qualitätssatzung für Clusters (die die betreffenden Sektoren involvieren). Innovation ist ein mehrdimensionales Phänomen und deshalb werden diese Aktionen auch nicht-technologische Aspekte der Innovation erfassen, wie zum Beispiel Innovationsmanagement oder Design.

- Das zu Beginn dieses Jahres veröffentlichte Grünbuch über Unternehmergeist hat eine umfassende Diskussion über die Förderung von unternehmerischer Tätigkeit und Unternehmenswachstum in Gang gesetzt. Die Reaktionen im Rahmen der Konsultation zu diesem Grünbuch, die im Juni 2003 abgeschlossen wurde, haben deutlich gemacht, dass ein umfassender, koordinierter Ansatz benötigt wird, der gewährleistet, dass Initiativen verschiedener Politikfelder und verschiedener Ebenen kompatibel sind und sich gegenseitig stützen. Die Kommission wird 2004 einen Aktionsplan vorschlagen, mit dem die wichtigsten Probleme in Angriff genommen werden sollen. Der Aktionsplan wird eine Reihe von Politikfeldern umfassen und 3 Bereiche ansprechen: Abbau der Hemmnisse für europäische Unternehmer, insbesondere KMU; Erschließung des unternehmerischen Potenzials für Wachstum; und verstärkter Ansporn, als Unternehmer tätig zu werden. Spezielle Aufmerksamkeit wird Gebieten gewidmet werden, in denen rasch messbare Fortschritte erreicht werden müssen, wie zum Beispiel die Ausbildung zur Unternehmertätigkeit, Verstärkung von Bilanzen, besser auf die Belange von KMU eingehen, soziale Sicherheit von KMU, Schaffung von Unternehmensnetzwerken und Förderung von Netzwerken zur Unterstützung von Unternehmen.

- Die europäischen Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung zeigen strukturelle Schwächen und erfordern dringende Reformen, wenn die Lissabonner Ziele erreicht werden sollen. Ohne diese resoluten Reformen und Investitionen werden die Defizite in diesem Bereich ohne Zweifel weiter anwachsen. Auf der Grundlage der Schlussfolgerungen der Arbeitsgruppen, die im Rahmen des Prozesses ,Allgemeine und berufliche Bildung 2010" bebildet wurden, sowie der nationalen Berichte über allgemeine Bildung, lebenslanges Lernen und Mobilität, hat die Kommission Reformvorschläge erarbeitet, die sie in ihrer kürzlich zu diesem Thema angenommenen Mitteilung [36] darstellt. Diese Vorschläge konzentrieren sich auf 4 vorrangige Bereiche: Konzentration der Reform auf Investitionen in 4 Schlüsselbereichen pro Land, lebenslanges Lernen eine Realität werden lassen, ein Europa der allgemeinen und beruflichen Bildung zu schaffen und dem Prozess ,Allgemeine und berufliche Bildung 2010" bei der Umsetzung der Lissabon-Strategie den gebührenden Stellenwert einzuräumen.

[36] Vgl. Fußnote 10.

- Die Kommission und die Mitgliedstaaten werden 2004 die Diskussion über die Politik und das Regelrahmenwerk für Struktur- und Kohäsionsfondsinterventionen nach 2006 fortsetzen. Unterstützung für die Forschung, Innovation und Unternehmergeist werden die zentralen Bereiche zukünftiger Strategien der Regionalentwicklung sein.

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

Quellen: ( B. van Ark et. al. (2003): European Productivity and Competitiveness A Sectoral Perspective, Studie im Auftrag der Generaldirektion Unternehmen der Europäischen Kommission; + Eurostat: Panorama europäischer Unternehmen, Ausgabe 2002; na = keine Angaben.

ANHANG 3:

Die Verlangsamung des Produktivitätswachstums im europäischen verarbeitenden Gewerbe in den letzten Jahren zeigt sich auch in der substantiellen Vergrößerung der Produktivitätslücke im Vergleich zu den USA

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Quelle: M. O'Mahony und B. van Ark (hrsg. 2003): EU Productivity and competitiveness: An Industry Perspective. Can Europe resume the catching-up process?, Studie im Auftrag der Generaldirektion Unternehmen.