52003DC0334

Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Anwendung und den Nutzeffekt der UVP-Richtlinie (Richtlinie 85/337/EWG, in der Fassung der Richtlinie 97/11/EG) - Die Erfolge der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der UVP-Richtlinie /* KOM/2003/0334 endg. */


BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT über die Anwendung und den Nutzeffekt der UVP-Richtlinie (Richtlinie 85/337/EWG, in der Fassung der Richtlinie 97/11/EG) - Die Erfolge der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der UVP-Richtlinie

Einleitung

Die Europäische Kommission kommt mit der Erstellung des folgenden Fünfjahresberichts ihrer Verpflichtung gemäß Artikel 2 der Richtlinie 97/11/EG sowie gemäß Artikel 11 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten nach, die bestimmt, dass die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat fünf Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie einen Bericht über deren Anwendung und Nutzeffekt übermittelt. Grundlage des Berichts sind Informationen, die zu den Erfahrungen bei der Anwendung dieser Richtlinie übermittelt wurden.

Der Bericht ist in zwei Teile untergliedert: dem Überblick über die Ergebnisse und die zu ergreifenden Maßnahmen folgt im Anhang der eigentliche Fünfjahresbericht mit detaillierten, auf den Antworten der Mitgliedstaaten beruhenden Angaben zur Anwendung der UVP-Richtlinie.

Überblick über Ergebnisse

Im vorliegenden Bericht der Kommission wird die Umsetzung der Richtlinie 85/337/EWG in der durch die Richtlinie 97/11/EG (UVP-Richtlinie) geänderten Fassung überprüft. Es ist die dritte Überprüfung ihrer Art. Sie baut auf den Berichten aus den Jahren 1993 und 1997 auf. Die Überprüfung erfolgt fünf Jahre nach dem Inkrafttreten der Richtlinie 97/11/EG und betrifft den Nutzeffekt der durch diese Richtlinie bewirkten Änderungen wie auch der UVP-Richtlinie insgesamt. Für den Bericht wird überwiegend Material verwendet, das im Zuge einer schriftlichen Befragung der Mitgliedstaaten durch die GD Umwelt zusammengetragen wurde. Die Impacts Assessment Unit der Oxford Brookes University ergänzte fehlende Elemente und übernahm das Sammeln der Informationen. Besonderer Dank gilt all jenen Mitarbeitern aus den Mitgliedstaaten, die an der Vorbereitung dieses Berichts beteiligt waren und Unterstützung bei der Informationsgewinnung geleistet haben.

Neben den Änderungen, die nach dem ersten Bericht der Kommission zur Bewertung des Nutzeffekts der Richtlinie 85/337/EWG vorgenommen wurden, spiegeln auch die in der Richtlinie 97/11/EG enthaltenen Änderungen die beträchtliche Stärkung und Klarstellung bestimmter Elemente der UVP-Richtlinie durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) wider. Im Bericht wird sowohl auf die mit der Annahme der Richtlinie 97/11/EG eingeführten Änderungen als auch die Entscheidungen des EuGH verwiesen, die ihnen zugrunde lagen und spiegelt den politischen Rahmen wider. Im Bericht geht es überdies um die bei der Kommission eingegangenen Beschwerden über die UVP-Richtlinie. Durch die Richtlinie 97/11/EG wurde der Anwendungsbereich der UVP erweitert, d. h. die Anzahl der betroffenen Projektarten stieg ebenso wie die Zahl der UVP-pflichtigen Projekte (Anhang I). Mit der Einführung neuer Regelungen für die Vorprüfung (Screening) einschließlich neuer Screening-Kriterien (in Anhang III) für Projekte in Anhang II und der Festlegung von Mindestinformationsanforderungen wurde auch die Verfahrensgrundlage der UVP-Richtlinie gestärkt. Die Überprüfung der Umsetzung und Anwendung der Richtlinie 97/11/EG ergab, dass es noch keinen Mitgliedstaat gibt, für den eine vollständige Übernahme der durch die Richtlinie neu eingeführten Maßnahmen verzeichnet werden kann. Auch wenn die Kommission eine nur zögerliche Übernahme der Änderungen der Richtlinie 97/11/EG durch einige Mitgliedstaaten konstatiert, so tut das der allgemeinen Bedeutung, die die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission der UVP als Instrument zur Durchsetzung umfassenderer umweltpolitischer Maßnahmen beimessen, keinen Abbruch.

Im Bericht untersucht die Kommission Schlüsselbereiche der Umsetzung der UVP-Richtlinie, darunter das Screening (also die Klärung der Frage, ob bei einem bestimmten Projekt eine UVP durchgeführt werden muss), das Scoping (d. h. die Festlegung der Punkte, die in der Umweltverträglichkeitserklärung zu berücksichtigen sind), die Überprüfung (von Umweltverträglichkeitserklärungen und weiteren von den Projektträgern übermittelten Angaben auf Einhaltung der Mindestinformationsanforderungen der Richtlinie) und das Entscheidungsverfahren. Darüber hinaus werden die Festlegungen der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Klärung wichtiger Fragen rund um die UVP untersucht, wie zum Beispiel die Prüfung von Alternativen, die Öffentlichkeitsbeteiligung und die Qualitätskontrolle. Die Angaben im vorliegenden Bericht bieten keine konkreten Anhaltspunkte für die Notwendigkeit weiterer Änderungen der UVP-Richtlinie zum gegenwärtigen Zeitpunkt.

1) Die Untersuchung, auf die dieser Bericht sich stützt, zeigte kaum nennenswerte Bedenken in den Mitgliedstaaten gegen die derzeitige Unterteilung in Anhang-I- und Anhang-II-Projekte; die Mitgliedstaaten scheinen von dem gemäß Artikel 4 Absatz 2 zulässigen Ermessensspielraum Gebrauch zu machen, der es ihnen ermöglicht, sich beim Screening von Anhang-II-Projekten entweder für einen Schwellenwert oder für den Einzelfallansatz zu entscheiden. In den Mitgliedstaaten wird eine Vielzahl unterschiedlicher Screening-Methoden angewandt, viele nutzen für die Vorprüfung die ,Ampelmethode" und haben entsprechende Einschlussschwellen (UVP unbedingt erforderlich: rot), Ausschlussschwellen (UVP nie erforderlich: grün) und Richtschwellen (UVP eventuell erforderlich: gelb) festgelegt. Gelegentlich verhalten sich die Mitgliedstaaten aber auch flexibel und nutzen unterschiedliche Screening-Verfahren für unterschiedliche Projektarten. In einigen Fällen werden lediglich verbindliche Schwellenwerte bzw. Einschlussschwellen angewandt, wobei aus den eingegangenen Antworten nicht immer klar hervorgeht, ob auf der Stufe, die unterhalb des verbindlichen Schwellenwerts liegt, stets ein Screening erfolgt. Sehr wenige Mitgliedstaaten nutzen für alle Projektarten den Einzelfallansatz.

2) Bei der Untersuchung wurde festgestellt, dass bei der Festlegung von Schwellenwerten in der Europäischen Union eine große Bandbreite existiert. So haben viele Mitgliedstaaten Schwellen für dieselben Projektarten definiert, jedoch unterscheiden sich die Schwellenwerte sehr stark in Bezug auf die Höhe. In einigen Mitgliedstaaten ist die UVP bei bestimmten Projektarten unabhängig von der Größe zwingend vorgeschrieben, was bedeutet, dass ein Projekt in einem Mitgliedstaat UVP-pflichtig ist, bei derselben Projektart derselben Größe aber in einem anderen Mitgliedstaat lediglich nach einem Einzelfall-Screening eine UVP durchgeführt werden muss. Im Bericht wird nicht überprüft, inwieweit die Höhe der einzelnen Schwellenwerte gerechtfertigt ist. Die für den Bericht überprüften Angaben beziehen sich nicht auf die eigentliche Durchführung des Screening durch die zuständigen Behörden, so dass nicht klar ist, wie die verschiedenen Schwellen und sonstigen von Mitgliedstaaten entwickelten Screening-Kriterien von den zuständigen Behörden angewandt werden. Wenige Mitgliedstaaten beziehen die Öffentlichkeit in die Vorprüfung ein, und viele halten sie für eine rein technische Entscheidung.

3) Die jährlich durchgeführte Zahl von UVP schwankt im Ländervergleich in der Europäischen Union erheblich. Das Zusammentragen von diesbezüglichen Angaben war keine leichte Aufgabe, wobei in einigen Fällen ein Meldesystem nur auf nationaler Ebene, nicht jedoch auf regionaler Ebene vorhanden ist. Zwar enthält der Bericht Schätzungen zur Zahl der vor der Umsetzung der Richtlinie 97/11/EG und danach durchgeführten UVP, doch war es nicht möglich, diese Zahlen nach Projektarten aufzuschlüsseln oder gar Anhang-I-Projekte von Anhang-II-Projekten abzugrenzen. Die Kommission vertritt die Ansicht, dass viele Mitgliedstaaten offenbar über keine genauen Zahlen zu UVP-Tätigkeit verfügen und dass in den Fällen, in denen Mitgliedstaaten in ihren nationalen Rechtsvorschriften nicht zwischen Anhang-I- und Anhang-II-Projekten unterscheiden, eine Aufschlüsselung für Zwecke der Datensammlung schwierig ist. Die fehlende Überwachung der UVP-Tätigkeit auf nationaler Ebene und die praktische Anwendung der UVP-Richtlinie lassen nur wenig Raum für Spekulationen über die Gründe für die starken Schwankungen bei der Zahl der durchgeführten UVP zwischen den Mitgliedstaaten. Eine Erklärung könnten die unterschiedlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten in den Ländern sein, genauso gut könnte aber auch ein Zusammenhang mit der Höhe der festgelegten Schwellenwerte bestehen.

4) Das Scoping (Festlegung des Untersuchungsrahmens) ist nicht streng geregelt. Bei der Untersuchung zeigte sich, dass die Bandbreite der Ansätze recht breit ist. So messen einige Mitgliedstaaten einem frühzeitigen Scoping mehr Bedeutung bei als andere. In den Ländern, in denen das Scoping nicht verbindlich vorgeschrieben ist und die im Rahmen des Scoping auf freiwilliger Basis keine Anhörung der Öffentlichkeit vorsehen, besteht nur ein sehr geringes Interesse an diesem Vorgang. Allerdings gibt es auch Mitgliedstaaten mit einer gegenläufigen Tendenz, dort ist nämlich vorgeschrieben, neben den Entwürfen der Scoping-Berichte auch die Entwürfe der Umweltverträglichkeitserklärungen (UVE) zu veröffentlichen. Einigen Mitgliedstaaten ist zudem bewusst, dass im Wege der Öffentlichkeitsbeteiligung auf der Stufe des Scoping die Punkte ermittelt werden, die für die Menschen ,von Belang" sind, die mit den Folgen des Projekts leben müssen, und nicht nur für die ,Experten", die davon nicht betroffen sein werden.

5) Mit der Richtlinie 97/11/EG wurden neue Mindestanforderungen an die vom Projektträger zu machenden Angaben festgelegt. In der Mehrzahl der Länder kann im Rahmen der unterschiedlichsten Regelungen die Genehmigung verweigert werden, wenn keine hinlänglichen Angaben vorliegen. Einige Mitgliedstaaten sehen ein förmliches Prüfungsverfahren vor, damit die der zuständigen Behörde übermittelten Umweltangaben der Richtlinie entsprechen. In einigen Fällen prüft ein Ausschuss unabhängiger Sachverständiger oder eine Expertengruppe die UVE. Da aber die Richtlinie eine solche Prüfung nicht ausdrücklich vorschreibt, besteht in dieser Frage kein einheitliches Vorgehen. Die Prüfung der Angaben obliegt - von wenigen Ausnahmen abgesehen - in den Mitgliedstaaten den zuständigen Behörden, die zudem diese Aufgabe häufig ohne spezielle Prüflisten oder -kriterien bewältigen müssen. Obwohl die in Anhang IV aufgelisteten Elemente Anforderungen an angemessene Verträglichkeitsprüfungen darstellen, haben nur einige Mitgliedstaaten dieses Grundgerüst an Informationen geschaffen (z. B. in Form von Prüflisten). In etwa der Hälfte aller Mitgliedstaaten wurden Untersuchungen zur Qualität der in UVE enthaltenen Angaben und zur Gesamtqualität der Prüfungen vorgenommen. Die entsprechenden Untersuchungen ergaben, dass bis zu 50 % der UVE nicht in vollem Umfang den Anforderungen der Richtlinie genügen.

6) Ohne offizielle Ergebnisüberwachung des UVP-Verfahrens und umfassendere Untersuchungen kann nur schwer beurteilt werden, wie sich die Umweltprüfungen auf die Antragstellung und Entscheidungen über die Genehmigung von Projekten auswirken. Ein Ziel der UVP-Richtlinie besteht darin, der Prüfung voraussichtlich erheblicher Auswirkungen bei der Entscheidungsfindung mehr Gewicht zu verleihen, aber aus den Aussagen zahlreicher Befragten geht hervor, dass im Entscheidungsverfahren auch andere gesellschaftliche und wirtschaftliche Vorteile zu berücksichtigen sind. Wie die Antworten auf die Fragen zu Verzögerungen zwischen dem Zeitpunkt der Vorlage der erforderlichen UVP-Angaben und dem der Entscheidung sowie zwischen der Entscheidung über die Genehmigung eines Projekts und dem Beginn der Projektdurchführung zeigen, lösen die Mitgliedstaaten diese Fragen, die Ursache von Problemen sein können, auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Bei langen Verzögerungen ist es durchaus möglich, dass der Zustand der Umwelt sich in der Zwischenzeit verändert hat oder neue Abhilfemaßnahmen zur Verfügung stehen. Die Mitgliedstaaten machen keinerlei Angaben zur Größenordnung oder zur Häufigkeit auftretender Verzögerungen. Offenbar führt man sich die Tragweite dieser Probleme kaum vor Augen. Die diesbezüglichen Lösungsansätze unterscheiden sich erheblich voneinander.

7) In einigen Mitgliedstaaten bildet die Prüfung von alternativen Lösungsmöglichkeiten einen Schwerpunkt des UVP-Prozesses, in anderen hingegen wird dieser Frage nicht die ihr gebührende Aufmerksamkeit geschenkt. Die Mehrzahl der Mitgliedstaaten schreibt die Prüfung der Nullvariante und weiterer Projektvarianten vor, die u. a. den Standort, die Abläufe und die Gestaltung betreffen können. An der Auswahl der zu prüfenden Alternativen, wozu häufig die ,umweltfreundlichste" Variante zählt, sind eine Vielzahl von Einrichtungen und z. T. auch die Öffentlichkeit beteiligt. Viele Mitgliedstaaten sehen einen Zusammenhang zwischen den Aspekten ,Salamitaktik", ,Änderungen und Erweiterungen" von Projekten und ,kumulative Auswirkungen". Die Mitgliedstaaten sind sich der Probleme bewusst, die eine mögliche Anwendung der Salamitaktik aufwirft. Einige Mitgliedstaaten haben Maßnahmen zur Aufdeckung und Verhinderungen derartiger Praktiken ergriffen, darunter die Festlegung niedriger Schwellenwerte und die Prüfung des ,gesamten Programms", sofern dies angebracht erscheint. In einigen wenigen Mitgliedstaaten liegen konkrete Anhaltspunkte für das mögliche Ausmaß der Anwendung der Salamitaktik vor [1]. EU-weit wird bei Änderungen und Erweiterungen sehr unterschiedlich verfahren, wobei die bestehenden Vorschriften für andere Genehmigungen, die Art des Projekts und der Charakter der Änderung oder Erweiterung eine Rolle spielen. In verschiedenen Mitgliedstaaten sind sowohl konkrete Schwellenwerte (vielfach in Prozent des Größenwerts des ursprünglichen Projekts angegeben) als auch Einzelfalluntersuchungen bzw. eine Kombination dieser Verfahren vorgeschrieben. Einige Mitgliedstaaten verlangen eine UVP, wenn eine Kapazitätsausweitung beantragt wird, die nicht unbedingt mit der Errichtung baulicher Anlagen verbunden ist. Aus den der Kommission vorliegenden Befragungsergebnissen geht hervor, dass offenbar zunehmende Klarheit über die Fragen besteht, die sich aus der erforderlichen Prüfung der Kumulierung von Auswirkungen ergeben, und in zahlreichen Mitgliedstaaten wurden dementsprechende Maßnahmen ergriffen. Anscheinend fehlt es aber in den meisten Mitgliedstaaten an klaren und umfassenden Leitlinien für Projektträger und andere Beteiligte, z. B. zur Abgrenzung des Prüfungsbereichs und zur Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen Projektträgern oder sonstigen Vorkehrungen zur Bereitstellung von Informationen.

[1] Bei der Salamitaktik wird ein bestimmtes Projekt in verschiedene Teilprojekte getrennt, die für sich genommen die festgelegten Schwellenwerte nicht überschreiten und bei Prüfungen im Einzelfall keine erheblichen Auswirkungen haben, d.h. keine Umweltverträglichkeitsprüfung erfordern. Zusammen genommen hätten sie jedoch sehr wohl erhebliche Umweltauswirkungen.

8) Die Öffentlichkeit erhält EU-weit Gelegenheit, zu UVP-pflichtigen Projekten Stellung zu nehmen. Aus der Umfrage geht hervor, dass bestimmte Projekte eher auf starkes öffentliches Interesse stoßen. Angesichts der Vielzahl der in der Richtlinie erfassten Projektarten, der unterschiedlichen Genehmigungsverfahren für die verschiedenen Projektarten und des unterschiedlichen Interesses, das sie hervorrufen, verwundert es kaum, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung in der EU keinem einheitlichen Muster folgt. Die Übernahme des Übereinkommens von Aarhus in das UVP-Recht eröffnet möglicherweise die Chance, die Beteiligung der Öffentlichkeit an UVP zu verbessern. Nach Auffassung der Kommission sind für Konsultationen über grenzüberschreitenden Auswirkungen mit Nachbarländern bessere formelle und informelle Regelungen erforderlich, deren Handhabbarkeit gesichert sein muss. Ferner wurde festgestellt, dass die intraregionalen Verfahren einiger Länder verbesserungsbedürftig sind. Genauere Prüfungsregelungen sind vonnöten, um verlässliche Informationen über Anzahl, Art und Ergebnisse grenzüberschreitender Projekte zu erhalten.

9) Die Auswirkungen von Projekten auf die Tier- und Pflanzenwelt werden in den Mitgliedstaaten im Rahmen von UVP bewertet, wobei die diesbezüglichen Informationsanforderungen erfuellt zu sein scheinen. Weniger eindeutige Ergebnisse erbrachte die Antwort auf die im Fragebogen gestellte Frage, in welchem Umfang die Belange der verschiedenen Aspekte der Artenvielfalt in der Praxis zum Tragen kommen. Im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt wurden vor kurzem Leitlinien für die Einbeziehung der biologischen Vielfalt in Verträglichkeitsprüfungen beschlossen.

10) Die Risikobewertung erfolgt in der EU auf sehr unterschiedliche Weise und auf sehr unterschiedlichen Ebenen, worin zum Teil die Verschiedenheit der geografischen, geologischen, klimatischen und sonstigen Bedingungen zum Ausdruck kommt. Obwohl Risiken zu den Screening-Kriterien in Anhang III gehören und Risikobewertungen Bestandteil vieler UVE sind, stellen die meisten Mitgliedstaaten keinen Zusammenhang zwischen Risiken und dem UVP-Verfahren her, denn erstere werden häufig mithilfe von Überwachungssystemen eingedämmt, die nicht den Bestimmungen der UVP-Richtlinie unterliegen. Die Beziehungen zwischen der UVP und den einzelstaatlichen Umweltkontrollsystemen sind vielschichtig und es erfolgt offenbar kaum eine wirkliche Koordinierung zwischen der UVP-Richtlinie und anderen Richtlinien wie der IVU- und der Habitat-Richtlinie. Nur wenige Mitgliedstaaten haben die durch die Richtlinie 97/11/EG eröffnete Möglichkeit genutzt, durch eine engere Abstimmung des UVP- und des IVU-Verfahrens größere inhaltliche Konsistenz zu erzielen und Wiederholungen bei den Dokumentationen und Prüfungen einzuschränken. In einigen Mitgliedstaaten besteht wahrscheinlich eine solche Verknüpfung, meist jedoch lediglich in Form der Empfehlung, das UVP-Verfahren und andere einschlägige Verfahren gleichzeitig durchzuführen.

11) Die Bewertung gesundheitlicher Auswirkungen spielt in der Praxis keine sonderlich bedeutende Rolle. Die Spannweite der untersuchten gesundheitlichen Auswirkungen variiert in Abhängigkeit davon, ob sie in engem oder in weiterem Sinne interpretiert werden. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass den gesundheitlichen Auswirkungen bei der UVP geringere Relevanz zuerkannt wird und/oder dass sie in gewissem Umfang Gegenstand anderer Rechtsvorschriften sind. Einiges deutet darauf hin, dass eine Bewertung der gesundheitlichen Auswirkungen im Zusammenhang mit anderen Themenkomplexen wie ,Verschmutzung" oder ,Risiko" stattfindet.

12) Obwohl die geltende UVP-Richtlinie keine Bestimmungen über den Zugang zu Gerichten enthält, ist dieser im nationalen Recht der meisten Mitgliedstaaten vorgesehen. Der Zugang zu Gerichten im Zusammenhang mit UVP beschränkt sich weitgehend auf Mitglieder der Öffentlichkeit, die gesetzlich befugt sind, Entscheidungen gerichtlich anzufechten. In den meisten Fällen ist eine Anfechtung erst nach Erteilung der Projektgenehmigung vorgesehen; nur in wenigen Mitgliedstaaten besteht die Möglichkeit der Anfechtung in früheren Phasen des UVP-Verfahrens.

13) Für die Kontrolle der Qualität der UVP-Verfahren ist an formellen Maßnahmen kaum etwas vorgesehen. Die Richtlinie selbst erweist sich in diesem Punkt als aussageschwach, da sie stärker auf die verfahrensbezogenen Aspekte der UVP ausgerichtet ist. Die Verantwortung für die Qualitätskontrolle bei UVP liegt im Wesentlichen bei den zuständigen Behörden, und auch gerichtliche Überprüfungen spielen diesbezüglich eine wichtige Rolle. Aufgrund der fehlenden zentralen Überwachung der wichtigsten Phasen der UVP fällt es den Mitgliedstaaten schwer, die einheitliche und richtige Anwendung ihrer UVP-Systeme sicherzustellen. Allerdings gibt es auch Beispiele für innovative Methoden, nutzen doch einige Mitgliedstaaten die Möglichkeit der Projektüberwachung nach Abschluss des Entscheidungsverfahrens, um die Qualität des Ergebnisses des UVP-Verfahrens sicherzustellen.

Empfehlungen für Massnahmen

Im vorliegenden Bericht werden etliche Mängel und Schwachstellen aufgedeckt. Nach Ansicht der Kommission liegen in einigen Mitgliedstaaten Beispiele für eine sehr gute Vorgehensweise vor. Dies betrifft u.a. die Förderung der Öffentlichkeitsbeteiligung oder das Vorhandensein eindeutig festgelegter Qualitätskontrollverfahren. In anderen Mitgliedstaaten (bei denen es sich übrigens teilweise um die Länder handelt, in denen beispielhafte Vorgehensweisen zur Anwendung kommen) sind weiterhin Mängel erkennbar. Diese Ergebnisse müssen ebenso wie andere Faktoren sorgfältig beurteilt werden, damit die Kommission entscheiden kann, ob zum gegenwärtigen Zeitpunkt weitere Änderungen der UVP-Richtlinie erfolgen sollten. Allem Anschein nach liegt das Hauptproblem in den meisten Fällen in der Anwendung und Durchführung der Richtlinie und nicht in der Umsetzung der in ihr enthaltenen rechtlichen Anforderungen. Die ermittelten Schwachpunkte lassen erkennen, dass die Anwendung der Richtlinie in vielerlei Hinsicht verbessert und verstärkt werden muss, wofür sich die Kommission weiterhin einsetzen wird. Die Richtlinie gibt den Rahmen vor und die im Falle der Vertragsverletzung zur Anwendung kommenden Mechanismen bilden die rechtliche Grundlage für eine bessere Umsetzung und Anwendung der Richtlinie. Nach Ansicht der Kommission hängt die Steigerung des Nutzeffekts der Richtlinie entscheidend davon ab, dass die Mitgliedstaaten verantwortungsbewusst handeln und die Informationen im vorliegenden Bericht aktiv für eine individuelle und kollektive Leistungssteigerung nutzen.

Ausgehend von dem zusammengetragenen Material und einer Bewertung der Schwächen und Stärken sowie des Nutzeffekts der UVP-Richtlinie gibt die Kommission folgende Empfehlungen, die zur besseren Umsetzung der UVP-Richtlinie beitragen werden:

- Die Mitgliedstaaten sollten ihre nationalen und regionalen UVP-Rechtsvorschriften überprüfen und eventuell bestehende Unzulänglichkeiten (z. B. im Hinblick auf Schwellenwerte, Qualitätskontrolle, Salamitaktik, Kumulierung) beheben. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür die Änderung der UVP-Richtlinie zu nutzen, die im Zusammenhang mit der Umsetzung des Aarhus-Übereinkommens erfolgen soll.

- Eine jährliche Berichterstattung und Überwachung in präzise festgelegter Form ist eine unerlässliche Voraussetzung für die Bereitstellung zuverlässiger jährlicher Angaben zur Zahl und Art von UVP-Projekten und zum Ergebnis der wichtigsten Entscheidungen. Die Mitgliedstaaten sollten entsprechende Systeme einführen, sofern diese nicht schon vorhanden sind. Dies wird ihnen nach Ansicht der Kommission bei der Bewertung der Anzahl der durchgeführten UVP und der betroffenen Projektarten ebenso helfen wie bei der Beurteilung des von ihnen erreichten Standes und der Qualität der geleisteten Arbeit. Zugleich bietet sich ihnen dadurch die Möglichkeit, ihre Systeme zu verbessern.

- Die Mitgliedstaaten, die verbindliche Schwellenwerte nutzen, sollten dafür Sorge tragen, dass alle Projekte mit möglicherweise erheblichen Umweltauswirkungen einem angemessenen Screening unterzogen werden. Die Kommission erwartet, dass sie sich dabei insbesondere mit geplanten Vorhaben in empfindlichen Gebieten und in deren Nähe sowie mit der möglichen Kumulierung von Projekten befassen.

- Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, stärkeren Gebrauch von den von ihr herausgegebenen Leitfäden zum Screening, zum Scoping, zur UVE-Prüfung und zu den kumulativen Auswirkungen stärker zu nutzen. Zudem sollten auf nationaler Ebene mehr Schulungen zur Anwendung dieser Qualitätskontrollinstrumente durchgeführt werden. Die betreffenden Dokumente sind auf der Webseite der GD Umwelt unter folgender Adresse zu finden: http://europa.eu.int/comm/environment/eia/ home.htm.

- Die Qualität des UVP-Verfahrens und insbesondere der UVE sind der Schlüssel zu einer wirksamen UVP. Die Kommission fordert alle Mitgliedstaaten, die bisher noch keine formellen Bestimmungen für die Prüfung der von den Projektträgern vorgelegten Umweltangaben eingeführt haben, auf, dies zu tun, um eine genaue Einhaltung der Bestimmungen der UVP-Richtlinie zu gewährleisten. Zu den diesbezüglichen Maßnahmen könnten die Einrichtung von Sachverständigengruppen, die Erarbeitung von Leitlinien für die Expertenkoordinierung, eine klare Festlegung der Zuständigkeiten, die Inanspruchnahme externer Sachverständiger für die Überprüfung usw. gehören. Als weiteres Instrument der Qualitätskontrolle wäre die Einführung eines leistungsfähigen Systems zur Überwachung nach erfolgter Entscheidung vorstellbar.

- Die Kommission ist der Ansicht, dass in bestimmten Mitgliedstaaten spezielle Schulungsmaßnahmen für die Mitarbeiter der Behörden auf lokaler und regionaler Ebene durchgeführt werden müssen, um sie besser mit der UVP-Richtlinie und deren Anwendung im betreffenden einzelstaatlichen System vertraut zu machen. Eine leistungsfähige Verwaltung dürfte auch zur Stärkung der Handlungskompetenz beitragen.

- Im grenzüberschreitenden Rahmen sollten die Mitgliedstaaten häufiger von den Beratungsangeboten der UN-Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) zu zwei- und mehrseitigen Abkommen und den praktischen Einzelheiten grenzüberschreitender UVP Gebrauch machen (siehe UNECE-Webseite: http://www.unece.org/env/ eia). Damit wird nach Ansicht der Kommission gewährleistet, dass angemessene Bestimmungen vorliegen, beispielsweise zum direkten Kontakt zwischen den zuständigen Fachbehörden und anderen Einrichtungen zwecks Konsultationen zu Fragen der grenzüberschreitenden Auswirkungen.

- Die Qualität der UVP beeinflusst den Entscheidungsprozess und ist von entscheidender Bedeutung für den Nutzeffekt der Richtlinie. Von zentraler Bedeutung für die Wirksamkeit der UVP und der Richtlinie ist die Frage, wie das Ergebnis der UVP die Entscheidungsfindung beeinflusst. Die Qualität der Entscheidung hängt von der Qualität der im Rahmen des UVP-Verfahrens vorgelegten Angaben ab. Die Wirksamkeit der UVP sollte in einer Entscheidung zum Ausdruck kommen, in der die ökologische Dimension, die Gegenstand des UVP-Verfahrens war, gebührend berücksichtigt ist. In einigen Mitgliedstaaten wird keine Genehmigung erteilt, wenn schwer wiegende Umweltschäden prognostiziert wurden. Nach Ansicht der Kommission sollten die Mitgliedstaaten ihre Verfahren erforderlichenfalls so ausbauen, dass die bei (nachfolgenden) Entscheidungen gemachten Vorgaben ausreichen, um vorhergesagte Umweltschäden zu verhindern oder abzumildern.

- Die Kommission wird die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen zur Anwendung von Schwellenwerten und der verschiedenen für das Screening genutzten Systeme prüfen, um sich mehr Klarheit über die Lage zu verschaffen und zu vergleichbaren Daten zu gelangen, die gesicherte Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Frage zulassen würden, wie Verbesserungen und eine stärkere Vereinheitlichung der Vorgehensweise beim Screening erreicht werden können (Initiative 1).

- Im Falle der Umsetzung dieser Empfehlungen würde der Nutzeffekt der Richtlinie spürbar verbessert. Gemeinsam mit den Mitgliedstaaten wird die Kommission daher die Möglichkeiten prüfen, die bereits verfügbaren Anleitungen zu verbessern und zu erweitern. Die Kommission plant die Erarbeitung eines kommentierenden und an der Erfordernissen der Praxis ausgerichteten Leitfadens unter Einbeziehung von Sachverständigen aus den Mitgliedstaaten sowie anderer Akteure wie NRO, lokaler und regionaler Gebietskörperschaften und Vertreter der Industrie. Damit können Unstimmigkeiten behoben werden, über die im Zusammenhang mit der Definition von Projekten berichtet wurde, die den Bestimmungen der Richtlinie unterliegen. Das gilt auch für die Festlegung und Anwendung von Schwellenwerten und Screening-Kriterien, die Modalitäten der Durchführung des Scoping, das Verhältnis zwischen den Auswirkungen verschiedener Projekte (Kumulierung, Salamitaktik), die Behandlung von Risiken in Prüfungen und die Art der Angaben, die in Überwachungssystemen erfasst werden sollten. Ein weiteres Ziel wäre eine bessere Berücksichtigung von Gesundheitsauswirkungen, die bei den UVP-Verfahren in den Mitgliedstaaten häufig auf inkohärente Weise oder nur teilweise behandelt werden. Hier besteht ein deutlicher Bedarf nach einem systematischeren Ansatz. Die in Kürze zu veröffentlichende Gemeinschaftsstrategie für Gesundheit und Umwelt wird sich mit den Wechselwirkungen zwischen Umwelt und Gesundheit befassen, Strategien zur Sensibilisierung für solche Probleme beschreiben und damit eine solide Grundlage für ein solches Konzept bieten. (Initiative 2).

- Gemeinsam mit den Mitgliedstaaten wird die Kommission zudem erörtern, was getan werden könnte, um für UVP zuständige Beamte besser zu schulen und damit die Lage zu verbessern (Initiative 3).

- Der Stärkung der Handlungskompetenz und von freiwilligen Maßnahmen sind allerdings Grenzen gesetzt, so dass die Kommission auch künftig Vollzugsmaßnahmen in Fällen einer unvollständigen bzw. unzureichenden Umsetzung und/oder mangelhaften Anwendung der Richtlinie ergreifen wird (Initiative 4).

- Schon bald könnte die einheitlichere Anwendung weitere Änderungen der Richtlinie erfordern. Ausgehend von den vorstehenden Ergebnissen wird die Kommission prüfen, welche weiteren Änderungen vorgenommen werden sollten. Dabei könnte es sich beispielsweise um die wirksamste Form einer ordnungsgemäßen Qualitätskontrolle und die einheitliche Datenerfassung handeln; denkbar wären aber auch Verbesserungen in Bezug auf die Handhabung von Schwellenwerten und kumulativen Auswirkungen. Gleichzeitig könnten weitere Klarstellungen und Verbesserungen erfolgen (z. B. bezüglich des Verfahrens, um in Ausnahmefällen ein einzelnes Projekt ganz oder teilweise von den Bestimmungen der Richtlinie auszunehmen (Artikel 2 Absatz 3). Alle diese Maßnahmen führen zusammen mit der Umsetzung der SUP-Richtlinie zu erprobten Verfahren, die die Entscheidungsfindung verbessern und zum Erreichen der Ziele des 6. UAP beitragen (Initiative 5).

ANHANG

Fünfjahresbericht über die Anwendung und den Nutzeffekt der UVP-Richtlinie (Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung der Richtlinie 97/11/EG)

1. Einleitung

1.1. Ziele und Zweck

1.1.1. Die Richtlinie 85/337/EWG des Rates (in der durch die Richtlinie 97/11/EG geänderten Fassung) über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (im Folgenden als ,UVP-Richtlinie" bezeichnet) gilt als eine der wichtigsten gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften im Umweltbereich [2]. Der vorrangige Zweck von UVP besteht darin, alle erheblichen Umweltauswirkungen größerer Entwicklungsvorhaben zu ermitteln und Maßnahmen zur Abmilderung bzw. Behebung dieser Auswirkungen nach Möglichkeit schon vor Erteilung einer Genehmigung für die Projektdurchführung vorzusehen. Die UVP als Instrument zur Flankierung des Entscheidungsverfahrens gilt als wirksame Umweltschutzmaßnahme, die zusammen mit der Öffentlichkeitsbeteiligung und der Anhörung dazu beitragen kann, den allgemeinen Umweltschutzanliegen der Europäischen Union und den Grundsätzen der gemeinschaftlichen Umweltpolitik gerecht zu werden. Um jedoch diese Ziele erreichen zu können, muss die UVP-Richtlinie EU-weit möglichst einheitlich angewandt werden. Wie den Berichten der Europäischen Kommission (EK) über die Umsetzung der Richtlinie 85/337/EWG von 1993 und 1997 [3] und anderen Quellen [4] zu entnehmen ist, werden die Schlüsselverfahren der UVP wie das Screening und das Scoping nur in geringem Maße einheitlich angewandt. Darüber hinaus stellt der Europäische Gerichtshof (EuGH) in den Urteilen in wichtigen Rechtssachen [5] fest, dass eine Reihe von Mitgliedstaaten die Richtlinie nicht in vollem Umfang umsetzt. Aufgrund der unterschiedlichen Genehmigungsverfahren in den Mitgliedstaaten gestaltet sich die gemeinschaftsweit einheitliche Umsetzung der Richtlinie schwierig. Eines der wichtigsten, mit der Änderungsrichtlinie 97/11/EG verfolgten Anliegen bestand darin, die Unterschiede bei der Anwendung in den Mitgliedstaaten zu verringern und die Umsetzung zu harmonisieren.

[2] Siehe KEG (2001) Environmental Impact Assessment - Guidance on Screening, Brüssel, KEG.

[3] KEG (1993) Bericht der Kommission über die Umsetzung der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten und Anhänge zu den Mitgliedstaaten. KOM(93) 28 endg. - Bd. 12, Brüssel, April.

[4] Siehe Dresner, S., und N. Gilbert (1999) Decision-making Processes for Projects Requiring Environmental Impact Assessment: Case Studies in Six European Countries in Journal of Environmental Assessment Policy and Management, Vol. 1, No. 1, S. 105-130., auch Ladeur, K.-H., und R. Prelle (2001) Environmental Assessment and Judicial Approaches to Procedural Errors - A European and Comparative Law Analysis, Journal of Environmental Law, Vol. 3, No. 2, S. 185-198.

[5] Siehe Rechtssachen C-392/96, C-150/97 und C-287/98.

1.1.2 Die Gewährleistung einer wirksamen und einheitlichen Annahme und Umsetzung der UVP-Richtlinie in allen Mitgliedstaaten stellt eine beträchtliche Herausforderung dar. Zwecks Überwachung der Wirkung der UVP-Richtlinie nahm die EK zwei Überprüfungen vor; die diesbezüglichen Ergebnisse wurden in den Berichten von 1993 und 1997 dargelegt. Mit der jetzigen Überprüfung werden drei wichtige Ziele angestrebt:

- Erstellung einer detaillierten Übersicht über die Regelungen der Mitgliedstaaten zur Umsetzung der durch die Richtlinie 97/11/EG eingeführten Änderungen

- Erstellung einer detaillierten Übersicht über die Anwendung der UVP-Richtlinie in ihrer Gesamtheit und Vorlage einer diesbezüglichen Bewertung

- Unterbreitung von Vorschlägen und Empfehlungen für die weitere Verbesserung der Anwendung und des Nutzens der UVP-Richtlinie in ihrer Gesamtheit.

Insbesondere wird im Zuge der Überprüfung die Umsetzung der wichtigsten Stufen und der Schlüsselelemente der UVP-Richtlinie untersucht:

- Anstieg der Zahl der UVP-pflichtigen Projekte und Projektarten und die Verlagerung einiger Projektarten (zum Beispiel Großanlagen für die Intensivtierhaltung) nach Anhang I.

- Instrumente, mit denen Mitgliedstaaten bestimmte Projekte von den Bestimmungen der Richtlinie ausnehmen (Artikel 2 Absatz 3).

- Umfang und Art der gemäß Artikel 1 Absatz 5 von den Bestimmungen der Richtlinie ausgenommenen Projekte, die diesbezüglichen Genehmigungsinstrumente und die Art der Berücksichtigung von Umweltinformationen im Rahmen des Entscheidungsverfahrens.

- In den Mitgliedstaaten geltende Bestimmungen für das Screening und Scoping und die Modalitäten der Anwendung von Screening-Kriterien und -Schwellenwerten für die Prüfung auf Einzelfallbasis.

- Vom Projektträger vorgelegte Angaben und deren Vollständigkeit sowie die Mittel, mit denen die zuständigen Behörden die Vollständigkeit überprüfen.

- Gesundheitliche Aspekte und deren Zusammenhang mit solchen Kriterien wie Luftgüte usw.

- Anhaltspunkte für die Verfolgung der ,Salamitaktik" oder für die mögliche Verhinderung einer UVP aufseiten der Projektbefürworter, indem Vorhaben so konzipiert werden, dass die Schwellenwerte bzw. Auslöser für eine UVP unterschritten werden.

- Kumulierung von Projekten und Fragen der Festlegung räumlicher und zeitlicher Grenzen.

- Risikobewertung und Methoden zu Bewertung und Mitteilung von Risiken.

- Verhältnis zu anderen Richtlinien, insbesondere der IVU- und der Habitat-Richtlinie.

- Geltende Bestimmungen in Bezug auf grenzüberschreitende Konsultationen.

- Umgang der Mitgliedstaaten mit Änderungen und Erweiterungen bereits genehmigter Projekte.

- Modalitäten der Bewertung und Mitteilung von Alternativen, einschließlich der Ermittlung und Festlegung von Alternativen.

- Mechanismen der Öffentlichkeitsbeteiligung unter Berücksichtigung der Annahme des Richtlinienentwurfs (KOM(2000) 839) zur Änderung der UVP-Richtlinie zwecks Angleichung an die Bestimmungen des Übereinkommens von Aarhus.

1.2. Forschungsgruppe

1.2.1 Die Überprüfung wurde von der Impacts Assessment Unit (IAU) der School of Planning (SoP), Oxford Brookes University [6], in Zusammenarbeit mit einem Lenkungsausschuss durchgeführt, dem Mitarbeiter der GD Umwelt und ein Vertreter der Mitgliedstaaten angehörten.

[6] Die SoP ist die größte Lehranstalt ihrer Art im Vereinigten Königreich und eine der größten in Europa. An der Schule sind mehr als 700 Studenten eingeschrieben, die ein Erststudium oder ein weiterführendes Studium absolvieren oder an Programmen für graduierte Forscher teilnehmen: Für sie sind insgesamt 60 Lehrkräfte, Verwaltungsmitarbeiter, technische Mitarbeiter und Forschungsmitarbeiter zuständig. Bei der 2001 vom Higher Education Funding Council for England durchgeführten Bewertung von Forschungsleistungen lag die SoP auf einem der vorderen Plätze. Unter den neuen, an Universitäten angesiedelten Planungsschulen steht sie damit an der Spitze. Zugleich bestätigt die Bewertung die Ergebnisse weiterer Überprüfungen neueren Datums, bei denen die Oxford Brookes University als führend eingestuft wurde. Die IAU ist ein etabliertes und EU-weit anerkanntes Zentrum für Forschung, Lehre und Ausbildung auf den Gebieten Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), Umweltpolitik und Entscheidungsverfahren im Umweltbereich. Geleitet wird die IAU von Professor John Glasson, der auch Leiter der School of Planning ist.

1.3. Methodik

1.3.1 Als Informationsquelle für diese Untersuchung wurden in erster Linie die Ergebnisse der Befragung der Mitgliedstaaten herangezogen, für die die GD Umwelt den Fragebogen (siehe Anhang I zum vorliegenden Bericht) entwickelt hatte. Um möglichst konkrete Antworten zu erhalten, ersuchte die GD Umwelt die meisten Mitgliedstaaten um weitere Angaben zu den wichtigsten Aspekten der Umsetzung der Richtlinie. Im Zuge einer ersten Sichtung der Befragungsergebnisse wurden etliche zusätzliche Punkte ermittelt, zu denen einzelne Mitgliedstaaten erneut befragt werden mussten, wobei sich die IAU einzeln an den betreffenden Mitgliedstaat wandte. Um ein besseres Verständnis der Umsetzung und Auslegung der Änderungsrichtlinie zu erlangen, richtete die IAU einen weiteren Fragenkomplex an die UVP-Experten in den Mitgliedstaaten (die zusätzlichen Fragen sind Anhang I des Berichts zu entnehmen). Die Lenkungsgruppe der GD Umwelt und die Impacts Assessment Unit bedanken sich bei allen Beteiligten in den Mitgliedstaaten für die Zusammenarbeit und die Bereitstellung von Informationen für den vorliegenden Bericht. Die Fragebogen und die zwecks Klarstellung und Ergänzung gestellten Fragen wurden von der Projektgruppe ausgewertet, wobei jedes Mitglied der Gruppe für ein bestimmtes Bündel von Fragen zuständig war.

1.3.2 Um das Verständnis von Fragen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Richtlinie 97/11/EG zu vertiefen, erfolgte eine Literaturrecherche über Untersuchungen zur Umsetzung der geänderten UVP-Richtlinie, einschließlich einschlägiger Gerichtsurteile. Daneben wurde auch auf den Webseiten europäischer Hochschuleinrichtungen und Internetseiten zum Thema UVP nach weiteren Belegen für die Handhabung von UVP in der EU recherchiert.

1.4. Gliederung des Berichts

1.4.1 Als Bezugspunkt für den vorliegenden Bericht dienen die Übernahme und Umsetzung der Richtlinie 97/11/EG sowie die Wirkungsweise der UVP-Richtlinie in ihrer Gesamtheit, nicht jedoch die einzelnen Fragen im Fragebogen der GD Umwelt. Dieses Herangehen ermöglichte die Erstellung eines umfassenderen Überblicks über Fortschritte bei der Übernahme und Umsetzung sowie die Herausstellung von Kernpunkten, die weiter verfolgt werden müssen. In Abschnitt 2 wird kurz über die Hintergründe für die Annahme der Richtlinie 97/11/EG und die Faktoren berichtet, die die durch die Richtlinie eingeführten Änderungen beeinflussten. Anschließend werden die Fortschritte der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie und die mit der Umsetzung zusammenhängenden Probleme behandelt. Im Hauptteil des Berichts (Abschnitt 3 und 4) geht es schwerpunktmäßig um Details der Umsetzung der Richtlinie. Hierzu werden die wichtigsten Änderungen in den Bereichen Screening, Scoping und Prüfung sowie die Schlüsselfragen untersucht, die mit der Änderungsrichtlinie geregelt werden sollten. Abschnitt 5 bietet einen Überblick über den Nutzeffekt der UVP-Richtlinie in ihrer Gesamtheit und einige Empfehlungen zur künftigen Entwicklung der UVP-Richtlinie.

1.5. Begriffsbestimmungen

1.5.1 Zum besseren Verständnis werden zunächst die Schlüsselbegriffe wie folgt bestimmt:

- UVP (Umweltverträglichkeitsprüfung): das ständige Prüfverfahren mit seinen einzelnen Stufen wie Screening, Scoping und Öffentlichkeitsbeteiligung.

- UVP-Richtlinie: die Richtlinie in ihrer Gesamtheit, d. h. Richtlinie 85/337/EWG in der durch die Richtlinie 97/11/EG geänderten Fassung. Wird im Bericht auf die Richtlinie 85/337/EWG oder die Richtlinie 97/11/EG verwiesen, so geht es nur um die jeweils angeführte Richtlinie.

- Umweltinformationen einschließlich Umweltverträglichkeitserklärung (UVE): der Bericht, das Dokument bzw. der Dokumentensatz, die vom Projektträger erstellt oder in Auftrag gegeben werden, um die gemäß Artikel 5 der UVP-Richtlinie erforderlichen Umweltinformationen zu übermitteln, und die die Grundlage für die Öffentlichkeitsbeteiligung und die Anhörung der Umweltbehörden darstellen und bei der zuständigen Behörde zur Prüfung eingereicht werden.

2. Hintergrundinformationen zur Änderung der UVP-Richtlinie (85/337/EWG)

2.1 Überprüfungen der UVP-Richtlinie 85/337/EWG

2.1.1 Die 1993 und 1997 durchgeführten Überprüfungen der Umsetzung der Richtlinie [7] ergaben, dass bei der Durchführung einiger der gemäß Richtlinie erforderlichen Stufen zwischen den Mitgliedstaaten erhebliche Abweichungen bestehen. In den Berichten hieß es, dass einerseits zwar die formalen Richtlinienanforderungen zum Zeitpunkt der Überprüfung in der EU insgesamt im Wesentlichen erfuellt waren, es andererseits aber noch Bereiche gab, in denen unklar war, ob alle Mitgliedstaaten die für die Hauptstufen wie das Screening geltenden Bestimmungen strikt einhalten. Wie die Überprüfung von 1993 ergab, bestand die Gefahr einer allgemeinen Entwertung der Bestimmungen des Artikels 2 Absatz 1 wegen des Spielraums, der den Mitgliedstaaten bei der Festlegung von Schwellenwerten für das Screening von Anhang-II-Projekten eingeräumt wurde. Hauptsächlich aus diesem Grund wurde in der Richtlinie 97/11/EG ein neuer Anhang III mit Screening-Kriterien eingeführt, die bei der Festlegung von Schwellenwerten und bei der Einzelfallprüfung von Anhang-II-Projekten heranzuziehen sind. Bei der Überprüfung 1993 wurden auch Bedenken erhoben, die das Niveau und die Qualität der Angaben betrafen, die den zuständigen Behörden im Rahmen des UVP-Verfahrens vorgelegt wurden. Diese Bedenken waren übrigens der Anlass für die Aufnahme neuer Mindestinformationsanforderungen in die Richtlinie 97/11/EG (Artikel 3 Absatz 3) und der optionalen Scoping-Verfahren (Artikel 5 Absatz 2).

[7] KEG (1993) Bericht der Kommission über die Umsetzung der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten und Anhänge zu den Mitgliedstaaten. KOM(93) 28 endg. - Bd. 12, Brüssel, April, KEG. KEG (1997) Bericht der Kommission über die Durchführung der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, KEG.

2.1.2 Im Mittelpunkt der Überprüfung von 1997 stand die Vielzahl der Systeme, die in der EU für die UVP genutzt werden. Die Mitgliedstaaten hatten die Richtlinie auf der Grundlage des Subsidiaritätsprinzips in einzelstaatliches Recht umgesetzt, oftmals im Rahmen bestehender Systeme, die auf den historisch gewachsenen Rechtstraditionen und der herrschenden Rechtskultur im jeweiligen Mitgliedstaat aufbauten. Der Bericht verwies auch auf etliche Probleme im Zusammenhang mit der sprachlichen Qualität der Richtlinie und Beschwerden der Mitgliedstaaten über die mangelnde Eindeutigkeit einiger in der Richtlinie verwendeter Begriffe. Er mahnte eindeutigere Definitionen bzw. Auslegungen solcher Schlüsselbegriffe wie ,Projekte" an.

2.1.3 Im Zuge der Überprüfungen wurde zudem ermittelt, dass in den verschiedenen Mitgliedstaaten für verschiedene Projektarten eine breite Palette von Genehmigungsverfahren genutzt wird. Einige Mitgliedstaaten wenden ein einziges Genehmigungsverfahren auf alle Projektarten an, andere nutzen zwei oder mehr (in einigen Fällen sehr viel mehr). Wiederum andere greifen auf ein zweistufiges System zurück, was bedeutet, dass einige Teile eines Projekts auf der Grundlage einer Gruppe von Rechtsvorschriften (z. B. für die Flächennutzungsplanung) genehmigt werden, über andere Teile hingegen anhand anderer Rechtsvorschriften (z. B. zur Erteilung einer Umweltgenehmigung) entschieden wird. Angesichts dieser Unterschiede waren ein direkter Vergleich der Anwendung der Richtlinie zwischen den Mitgliedstaaten und ein entsprechender EU-weiter Vergleich sehr schwierig. Diese Aussage ist 2002 unverändert gültig.

2.1.4 Wie die 1997 durchgeführte Überprüfung ergab, sahen für die in Anhang I aufgelisteten Projekten alle Mitgliedstaaten eine UVP vor; weit weniger eindeutig war die Sachlage hingegen bei Anhang-II-Projekten. Für die Projekte des Anhangs II wurden sowohl hinsichtlich der Auslegung als auch der Bedeutung der Projekte unterschiedliche Konzepte zum Ansatz gebracht. Ein Großteil der Mitgliedstaaten stützte sich bei der Entscheidung darüber, ob Anhang-II-Projekte einer UVP unterzogen werden sollten, demnach auf Screening-Kriterien oder -Schwellen. In einigen Fällen handelte es sich um Kriterien oder Schwellen mit Richtcharakter für das Screening-Verfahren auf Einzelfallbasis, in anderen galten verbindliche Schwellenwerte, was für alle Projekte, bei denen die Schwellenwerte überschritten wurden, automatisch eine UVP nach sich zog. Einige Länder hatten die Schwellenwerte so gewählt, dass praktisch ganze Projektarten von der UVP ausgenommen waren. Diese Fälle waren der Auslöser für die Klageerhebung vor Gericht und bewirkten eine verbindliche Rechtsprechung zur Anwendung der UVP-Richtlinie in der EU. Bei der Überprüfung von 1997 stellte sich außerdem heraus, dass die einzelnen Mitgliedstaaten für ein und dieselben Projektarten unterschiedlich hohe Schwellenwerte (z. B. Gebiet, Kapazität) gewählt hatten, die erheblich voneinander abwichen.

2.1.5 Die wichtigsten Ergebnisse der Richtlinien-Überprüfung von 1997 können folgendermaßen zusammengefasst werden:

- Die UVP gehört zwar zu den standardmäßigen Merkmalen der Regelwerke für die Projektgenehmigung, gleichwohl weisen die diesbezüglichen Verfahren erhebliche Unterschiede auf (z. B. unterschiedliche Verfahrensschritte; Beziehung zu anderen einschlägigen Verfahren);

- unterschiedliche Auslegungen und Verfahren für Anhang-II-Projekte;

- mangelhafte Überwachung der Qualität des UVP-Verfahrens;

- die Mitgliedstaaten räumen der Prüfung von Alternativen nicht den gebührenden Stellenwert ein;

- Verbesserungen gab es bei der Öffentlichkeitsbeteiligung und der Konsultation;

- die Mitgliedstaaten beschwerten sich über die fehlende Eindeutigkeit von Schlüsselbegriffen in der Richtlinie und das Fehlen diesbezüglicher Definitionen.

2.2. Politischer und rechtlicher Rahmen

2.2.1 Die Entwicklung im Bereich der UVP in der Europäischen Union kann als fortlaufender Prozess angesehen werden, dessen Gestaltung dem Einfluss politischer und rechtlicher Entwicklungen unterliegt. Die im Abstand von fünf Jahren durchgeführten Überprüfungen der UVP-Richtlinie sind Bestandteil dieser Entwicklung und des Prozesses, in dem die Stärken, Schwächen, Kosten und Vorteile der UVP-Verfahren ermittelt werden. Dabei werden Bereiche ermittelt, in denen Verbesserungen angezeigt sind bzw. in denen die allgemeinen Bestimmungen der Richtlinie klarer gefasst oder stärker herausgearbeitet werden können. Nicht nur diese Überprüfungen haben die Entwicklung der UVP-Richtlinie beeinflusst. Seit der Annahme der Richtlinie im Jahr 1985 und dem Ablaufen der Frist für die Umsetzung (1988) wurde vor dem Europäischen Gerichtshof wiederholt Klage erhoben, in deren Ergebnis Kernfragen geklärt wurden, was zur Weiterentwicklung im Hinblick auf die Auslegung und somit auch die Umsetzung der Richtlinie beitrug. Zudem hat die EU seit 1985 einige richtungweisende politische Entscheidungen getroffen, die ihren Niederschlag in der UVP-Richtlinie finden mussten.

2.2.2 Der UVP-Richtlinie waren viele bedeutsame Weichenstellungen vorangegangen. Am Anfang stand die Einheitliche Europäische Akte, die 1986 in Kraft trat und zusammen mit dem Vertrag von Maastricht aus dem Jahr 1992 zu einer Konsolidierung der Grundsätze der gemeinschaftlichen Umweltpolitik führte und sie in den Rang eines zentralen Anliegens aller Politikbereiche der Europäischen Union erhob. Später wurde das 5. Umweltaktionsprogramm angenommen, bei dem der Schwerpunkt auf einem integrierten Ansatz des Umweltschutzes und des Umweltmanagements lag. Ebenso gibt es mehrere wichtige Richtlinien mit Auswirkungen auf die UVP:

- Richtlinie 79/409/EWG über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten und Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, die Verfahren zur Bewertung der Auswirkungen von Vorhaben auf Natura-2000-Schutzgebiete beinhalten.

- Richtlinie 90/313/EWG über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt mit besonderer Tragweite für die Öffentlichkeitsbeteiligung und die Anhörung im Rahmen des UVP-Verfahrens.

- Richtlinie 96/61/EG über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, in der eine neue Regelung für die Genehmigung vieler der in den Anhängen zur UVP-Richtlinie aufgeführten Projektarten festgelegt wurde; der durch die Richtlinie 97/11/EG neu eingeführte Artikel 2 Absatz a eröffnet den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, ein einheitliches Verfahren für die Erfuellung der Anforderungen der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG vorzusehen.

2.2.3 Mit dem 1991 von 29 Ländern und der EU unterzeichneten Übereinkommen von Espoo über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen wurden die Anforderungen an die in der Richtlinie 85/337/EWG vorgesehenen Konsultationen über grenzüberschreitende Auswirkungen erweitert. Aufgrund der Anforderungen des Übereinkommens mussten Artikel 7 und 9 der Richtlinie 85/337/EWG durch die Richtlinie 97/11/EG dahingehend geändert werden, dass in den Fällen, in denen eine erhebliche grenzüberschreitende Auswirkung festgestellt wird, den betroffenen Mitgliedstaaten umfassendere Angaben zur Verfügung zu stellen sind. Im Übereinkommen werden grenzüberschreitende Auswirkungen definiert als ,jede Auswirkung - nicht nur globaler Art - innerhalb eines Gebiets unter Hoheitsgewalt einer Vertragspartei infolge einer geplanten Tätigkeit, deren natürlicher Ursprung sich ganz oder teilweise in einem Gebiet unter der Hoheitsgewalt einer anderen Vertragspartei befindet". Diese Definition betrifft gleichermaßen grenzüberschreitende Vorhaben und Auswirkungen und beschränkt demzufolge den Anwendungsbereich des Übereinkommens nicht auf die Prüfung von Projekten in grenznahen Gebieten. Ferner entschied der EuGH in der Rechtssache C-133/94 Kommission/Belgien, dass die in Artikel 7 der Richtlinie 85/337/EWG vorgesehene Konsultationspflicht sich nicht auf Projekte in Gebieten beschränkt, die an andere Länder angrenzen. Das Übereinkommen von Espoo enthält eine Aufstellung der Projektarten, die den Bestimmungen des Übereinkommens unterliegen, darunter zahlreiche Vorhaben, die in den Anhängen zur Richtlinie 85/337/EWG nicht aufgeführt sind:

- Anlagen für die Erzeugung und Wiederaufbereitung von Kernbrennstoffen

- Maßnahmen zur Grundwasserentnahme mit einer jährlichen Wasserentnahmemenge von mindestens 10 Millionen Kubikmetern

- Abholzung großer Flächen.

In der Änderungsrichtlinie 97/11/EG wurden zwei dieser Projektarten in Anhang I und eine (Abholzung) in Anhang II verschoben; ferner wurden im Zuge der Angleichung der UVP-Richtlinie an das Übereinkommen acht weitere im Übereinkommen von Espoo aufgeführte Projektarten von Anhang II nach Anhang I verlagert.

2.2.4 Die UVP-Richtlinie führte zu einer beachtlichen Zahl von Beschwerden an die Kommission, auf die sie reagieren musste. Die Tabellen und Schaubilder auf den folgenden Seiten enthalten detaillierte Angaben zu diesen Beschwerden und anderen Verfahren. Daneben bieten die Tabellen statistische Angaben zu Vertragsverletzungsverfahren im Zusammenhang mit der Anwendung der UVP-Gemeinschaftsvorschriften im Fünfjahreszeitraum 1997-2001. In Kasten 1 werden als Hilfe für die korrekte Deutung der Angaben die verwendeten Schlüsselbegriffe definiert.

Kasten 1

Aufforderungsschreiben

Der Versand des Aufforderungsschreibens stellt die erste Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens dar. Kann die Kommission absehen, dass ein Mitgliedstaat gegen eine Verpflichtung aus dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft verstoßen hat, übersendet sie dem betreffenden Staat ein Aufforderungsschreiben, in dem sie ihm eine Frist zur Stellungnahme setzt.

Mit Gründen versehene Stellungnahme

Die mit Gründen versehene Stellungnahme ergeht, wenn die Kommission überzeugt ist, dass eine Vertragsverletzung vorliegt. In Artikel 226 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft heißt es: ,Hat nach Auffassung der Kommission ein Mitgliedstaat gegen eine Verpflichtung aus diesem Vertrag verstoßen, so gibt sie eine mit Gründen versehene Stellungnahme hierzu ab; sie hat dem Staat zuvor Gelegenheit zur Äußerung zu geben."

Befassung

Bei der Befassung handelt es sich um die Stufe der Anrufung des Europäischen Gerichtshofs. Artikel 226 Absatz 2 des Vertrags hat folgenden Wortlaut: ,Kommt der Staat dieser Stellungnahme innerhalb der von der Kommission gesetzten Frist nicht nach, so kann die Kommission den Gerichtshof anrufen."

Verfahren von Amts wegen

,Verfahren von Amts wegen" sind Verfahren, die von der Kommission selbst eingeleitet werden. Grundlage für die Eröffnung entsprechender Verfahren sind hauptsächlich schriftliche Anfragen des Europäischen Parlaments und an das Parlament gerichtete Petitionen. Zu beachten ist, dass die Gründe für die unterschiedlich hohe Zahl in den einzelnen Mitgliedstaaten dieselben sind wie bei Beschwerden (siehe unten). Die Tatsache, dass die Kommission gegen bestimmte Mitgliedstaaten viele ,Verfahren von Amts wegen" eröffnet hat, bedeutet also nicht, dass sie die Lage in diesen Staaten für schlechter hält als in anderen Mitgliedstaaten.

2.2.5 Um die ordnungsgemäße Umsetzung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten zu überprüfen, wird die Kommission auf verschiedenen Ebenen tätig. Zunächst prüft sie, ob die Mitgliedstaaten die Richtlinien innerhalb der festgelegten Fristen in ihre Rechtssysteme übernehmen. Anschließend stellt sie fest, ob die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten mit den Richtlinienbestimmungen übereinstimmen, die mithilfe dieser Rechtsvorschriften umgesetzt werden sollen, und ob diese Rechtsvorschriften ordnungsgemäß angewendet werden; darüber hinaus überprüft sie die Ordnungsmäßigkeit der Verwaltungspraktiken in jedem der Mitgliedstaaten. Bei der Beurteilung der ordnungsgemäßen Anwendung stützt sich die Kommission auf Berichte der Mitgliedstaaten zur Anwendung der Richtlinien, auf Beschwerden, die konkrete Fälle potenzieller Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht betreffen, und auf in schriftlichen Anfragen und Petitionen behandelte Sachverhalte, auf die die Kommission durch das Europäische Parlament hingewiesen wird. Demnach stützt sich die Überprüfung der ordnungsgemäßen Anwendung der UVP-Richtlinie durch die Kommission hauptsächlich auf Beschwerden, Petitionen und schriftliche Anfragen. Auch wenn sich diese Informationsquelle als sehr hilfreich bei der Aufdeckung von Mängeln in den Mitgliedstaaten erweist, so führt sie nicht in jedem Fall zu objektiven Daten, mit denen der Stand der Mitgliedstaaten verglichen werden könnte. Die Kommission erlangt nur von den Schwierigkeiten Kenntnis, die Gegenstand einer Beschwerde, Petition oder schriftlichen Anfrage sind, so dass gravierende Probleme unter Umständen gar nicht bekannt werden. Die Zahl der Beschwerden schwankt von Staat zu Staat und hängt von Faktoren wie Umweltbewusstsein, Engagement für öffentliche Entscheidungen und Ausmaß des Vertrauens in die Organe der Europäischen Union ab.

Tabelle 1. 2001 Nichtübereinstimmung mit den Richtlinien 85/337 und 1997/11 nach Stufen, 1997-2001

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

Tabelle 2. Mängel bei der Anwendung der Richtlinien 85/337 und 97/11 nach Stufen, 1997-

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

Tabelle 3. Verträglichkeitsprüfung - Neu von Amts wegen eingeleitete Verfahren, aufgeschlüsselt nach Jahren

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Schaubild 1. Gesamtzahl der neu von Amts wegen eröffnete Verfahren (1997-2001)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Tabelle 4. Verträglichkeitsprüfung: Pro Jahr neu eröffnete Verfahren

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Schaubild 2. Gesamtzahl neu eröffneter Verfahren (1997-2001)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Schaubild 3. Verträglichkeitsprüfung - Offene Verfahren (Stand: 25.9.2002)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

2.2.6 Aus den Zahlenangaben ist überdies ersichtlich, dass nur ein sehr kleiner Teil der Beschwerden und ,Verfahren von Amts wegen" in ein Vertragsverletzungsverfahren mündet. Von 1997 bis 2001 leitete die Kommission 977 Beschwerdeverfahren (einschließlich ,Verfahren von Amts wegen") wegen Nichtübereinstimmung und nicht ordnungsgemäßer Anwendung der UVP-Richtlinie ein. Im selben Zeitraum ergingen lediglich 36 mit Gründen versehenen Stellungnahmen der Kommission an Mitgliedstaaten, 22 betrafen die Nichtübereinstimmung und 36 die nicht ordnungsgemäße Anwendung der UVP-Richtlinie. Dafür können hauptsächlich die folgenden beiden Gründe genannt werden:

a) Obwohl Beschwerden mitunter nicht ausreichend begründet sind, ist die Kommission gemäß ihrer Vorschriften verpflichtet, ein Beschwerdeverfahren einzuleiten, wenn auch nur im Entferntesten die Möglichkeit eines Verstoßes gegen die Bestimmungen besteht [8]. Häufig stellt sich heraus, dass die Allgemeinheit die Richtlinie und die Rolle der Kommission missdeutet; in einigen Fällen gehen Stellungnahmen weit vor der Einleitung verwaltungsbehördlicher Verfahren mit der Behauptung ein, dass kein UVP-Verfahren durchgeführt werde. In einem solchen Fall kann aufgrund der Frühzeitigkeit ein Verstoß nicht festgestellt werden, denn in der Richtlinie ist nur vorgesehen, dass eine UVP vor Erteilung einer Genehmigung zu erfolgen hat. In anderen Fällen wird geltend gemacht, dass ein Projekt erhebliche Auswirkungen haben wird, der Kommission aber nicht mitgeteilt, dass eine Vorprüfung oder ein UVP-Verfahren läuft (was bedeutet, dass die zuständigen Behörden die Richtlinie anwenden). Die Kommission ist nicht für die Bewertung der Umweltauswirkungen von Projekten zuständig, sondern nur für die Beurteilung der Frage, ob und wie die Richtlinie angewendet wird. In wieder anderen Fällen müssen die Angaben, auf die sich die Beschwerde stützt, konkretisiert werden (z. B. Angaben zur Art des Projekts oder zu den Verfahrensstufen), um ihre Richtlinien-Relevanz einschätzen zu können, wozu die Beschwerdeführer nicht in der Lage sind. Viele Beschwerdeführer sind überzeugt, dass eine negative Bewertung die Behörden veranlassen kann, keine Genehmigung zu erteilen, bzw. dass allein schon die Tatsache, dass bei einem Anhang-II-Projekt keine UVP durchgeführt wurde, einen Verstoß gegen die Bestimmungen der Richtlinie darstellt. Überdies stellt sich in manchen Fällen heraus, dass einfach nur das innerstaatliche Recht, insbesondere nationale und regionale Verfahren, nicht richtig angewendet wurde.

[8] In zahlreichen Fällen gelangen Beschwerden nicht über die Stufe der Prüfung durch die Kommission hinaus, und die Mitgliedstaaten werden unter Umständen nicht einmal vom Eingang einer Beschwerde in Kenntnis gesetzt.

b) Der zweite Grund ist darin zu sehen, dass in einigen Fällen, in denen tatsächlich ein Verstoß vorliegt, gegen den in Beschwerden, schriftlichen Anfragen und Petitionen Einspruch erhoben wird, die Mitgliedstaaten die Richtlinie anwenden bzw. einhalten, sobald ihnen ein Auskunftsverlangen der Kommissionsdienststellen oder ein Aufforderungsschreiben der Kommission zugegangen ist. Demnach werden Abhilfemaßnahmen häufig schon ergriffen, ehe die Kommission zur Abgabe einer mit Gründen versehenen Stellungnahme verpflichtet ist.

2.2.7 Artikel 4 Absatz 2 ist häufig Gegenstand von die UVP-Richtlinie betreffenden Vertragsverletzungsverfahren; dies gilt vor allem für 1) das eigentliche ,Screening", 2) die Anwendung der Schwellenwerte und 3) die Auflistung der Anhang-II-Projekte. Die Merkmale von Anhang-II-Projekten werden vielfach sowohl gemäß der alten als auch der neuen Fassung der Richtlinie nicht richtig bewertet (wobei die Bewertung dazu dient, im Rahmen der Einzelfallprüfung festzustellen, ob das Projekt einer Prüfung unterzogen werden muss). Zudem sind die Schwellenwerte in einigen Fällen so hoch angesetzt, dass bei kleineren Vorhaben, die eigentlich eine Prüfung erfordern, weil sich die Standorte beispielsweise in empfindlichen Gebieten befinden, gegen die Durchführung entschieden wird (hierbei handelt es sich um einen Fall von nicht ordnungsgemäßer Anwendung). Schließlich befinden sich einige Mitgliedstaaten in Nichtübereinstimmung mit der UVP-Richtlinie, weil das einzelstaatliche UVP-Recht nicht alle Anhang-II-Projekte abdeckt (Nichtübereinstimmung).

2.2.8 Vertragsverletzungsverfahren wegen Nichtübereinstimmung und nicht ordnungsgemäßer Anwendung betreffen auch Artikel 6 (Öffentlichkeitsbeteiligung) wegen zu kurz angesetzter Anhörungsfrist und Artikel 8 (,Die gemäß den Artikeln 5, 6 und 7 eingeholten Angaben sind im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zu berücksichtigen.") der Richtlinie 85/337/EWG. Daneben ist auch Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 97/11/EG (Übergangsbestimmung) Gegenstand diesbezüglicher Verfahren.

2.2.9 Die Umsetzung der UVP-Richtlinie stand wiederholt im Mittelpunkt der Arbeit des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Viele der vor dem Gerichtshof verhandelten UVP-Rechtssachen betrafen die Umsetzung der Richtlinie 85/337/EWG durch einzelne Mitgliedstaaten, andere wiederum die Umsetzung der UVP-Richtlinie in spezifischen Fällen. Im vorliegenden Bericht sollen zwar die vor dem EuGH verhandelten UVP-Verfahren nicht erschöpfend behandelt werden. Was die Änderungsrichtlinie 97/11/EG anbelangt, dürfte es dennoch sinnvoll sein, auf wichtige Entscheidungen und Urteile des Gerichtshofs einzugehen, die Anteil an den eingeführten Änderungen hatten. Viele Änderungen in der Richtlinie 97/11/EG erfolgten vor dem Hintergrund folgender Rechtssachen:

- Rechtssache C-431/92, Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Bundesrepublik Deutschland (im Folgenden als Rechtssache C-431/92 Großkrotzenburg bezeichnet);

- Rechtssache C-133/94 Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Königreich Belgien. (im Folgenden als Rechtssache C-133/94 Kommission/Belgien bezeichnet);

- Rechtssache C-72/95 Aannemersbedrijf P.K. Kraaijeveld BV e.a./Gedeputeerde Staten van Zuid-Holland. (im Folgenden als Rechtssache C-72/95 Niederländische Deiche bezeichnet);

- Rechtssache C-392/96 Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Irland. (im Folgenden als Rechtssache C-392/96 Kommission/Irland bezeichnet) (das EuGH-Urteil datiert zwar nach der Annahme der Richtlinie 97/11/EG, doch berücksichtigte die Kommission bei der Erarbeitung der Änderungen zur Richtlinie die im Verfahren erörterten Streitfragen).

2.2.10 Der EuGH hat durchgängig entschieden, dass die Richtlinie dahingehend auszulegen ist, dass ihr Anwendungsbereich ausgedehnt ist und ihr Zweck sehr weit reicht (siehe beispielsweise Rechtssache C-72/95 Niederländische Deiche) und dass einzelne Mitgliedstaaten bzw. zuständige Behörden nicht versuchen dürfen, diesen Zweck im Zuge der Umsetzung einzuengen. Obwohl die UVP-Richtlinie im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip größere Spielräume bei der Anwendung der Verfahren vorsieht, hat der EuGH den Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten auf unterschiedliche Art und Weise eingeschränkt. In der Rechtssache Niederländische Deiche wurde entschieden, dass die in der Richtlinie vorgesehenen Ermessensbefugnisse nicht dazu genutzt werden dürfen, die allgemeine Anforderung von Artikel 2 Absatz 1 abzuschwächen, derzufolge alle Projekte des Anhangs II einer UVP zu unterziehen sind, sofern sie mit erheblichen Umweltauswirkungen einhergehen. Praktisch bedeutet dies, dass alle Anhang-II-Projekte ein Screening-Verfahren durchlaufen müssen (anhand festgelegter Schwellenwerte bzw. auf Einzelfallbasis). In der Rechtssache C-133/94 Kommission/Belgien entschied der EuGH, dass es den Mitgliedstaaten überlassen bleibt, beim Screening von Anhang-II-Projekten die Einzelfallprüfung oder Schwellenwerte zu nutzen. In den Rechtssachen C-133/94 Kommission/Belgien, C-72/95 Niederländische Deiche und C-431/92 Großkrotzenburg wurde zudem klargestellt, dass es zwar im Ermessen der Mitgliedstaaten liegt, Schwellenwerte für das Screening von Anhang-II-Projekten festzulegen, dass diese Schwellen aber nicht so angesetzt werden dürfen, dass bestimmte Projektarten vollständig von der Prüfung ausgenommen sind. Ferner entschied der EuGH im Verfahren Kommission/Irland (Rechtssache C-392/96), dass sich die Screening-Kriterien bzw. -Schwellen nicht allein auf die Prüfung der Projektgröße beschränken dürfen und der Charakter und der Standort des Projekts ebenfalls einbezogen werden müssen. In der Rechtssache C-392/96 Kommission/Irland entschied der EuGH ferner, dass die Schwellenwerte bzw. Kriterien für Anhang-II-Projekte nicht so hoch angesetzt werden dürfen, dass die Ziele der Richtlinie durch die Projektaufteilung in mehrere kleine Teilvorhaben umgangen werden und auch die kumulativen Wirkungen einer solchen Vorgehensweise zu berücksichtigen sind. Die in diesen Verfahren aufgedeckten Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Screening von Anhang-II-Projekten und die Ergebnisse der 1993 durchgeführten Überprüfung der Umsetzung der UVP-Richtlinie waren der Anlass für die Aufnahme von Artikel 4 Absatz 3 und Anhang III in die Richtlinie 97/11/EG. In dem neuen Anhang werden die Kriterien aufgeführt, auf denen Schwellenwerte und andere Screening-Kriterien beruhen müssen. In den Rechtssachen C-431/92 Großkrotzenburg und C-72/95 Niederländische Deiche befasste sich der EuGH auch mit der Änderung und Erweiterung von Projekten und entschied, dass Ergänzungen und Erweiterungen der UVP zu unterziehen sind, sofern Größe bzw. Umfang oder andere Faktoren den UVP-Anforderungen an neue Projekte dieser Art entsprechen. Bestimmte Aspekte dieser Entscheidungen fanden durch die Richtlinie 97/11/EG Eingang in die UVP-Richtlinie; so wurde Anhang II um Ziffer 13 ergänzt, deren Gegenstand die Änderung oder Erweiterung von Projekten des Anhangs I oder II ist.

2.3 Umsetzung der Richtlinie 97/11/EG

Hauptmerkmale der Richtlinie 97/11/EG

2.3.1 Als Reaktion auf die in Abschnitt 2.2 erörterte Problematik schlug die Europäische Kommission eine Änderungsrichtlinie (97/11/EG) vor, um der Richtlinie im Einklang mit der allgemeinen Weiterentwicklung der Umweltpolitik der Europäischen Gemeinschaft und den Ergebnissen der Fünfjahresüberprüfung der Umsetzung der Richtlinie sowie den Änderungen und Klarstellungen durch das Übereinkommen von Espoo und die Entscheidungen des EuGH größeres Gewicht zu verleihen. Die Anlässe für die Änderungen durch die Richtlinie 97/11/EG sind aus Tabelle 5 ersichtlich. Die Änderungsrichtlinie (97/11/EG) wurde 1997 angenommen und verpflichtete die Mitgliedstaaten, die Änderungen bis zum 14. März 1999 in einzelstaatliches Recht umzusetzen.

Tabelle 5

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2.3.2 Wichtige Änderungen, die mit der Richtlinie 97/11/EG festgelegt wurden:

- Änderungen in Artikel 2

- Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass alle Projekte, die der UVP unterliegen, auch genehmigungspflichtig sind.

- Änderungen in den Anhängen

- Die Zahl der Anhang-I-Projekte ist größer geworden, 14 Projektarten kamen neu hinzu, vier wurden erweitert.

- Zu den Anhang-II-Projekten sind acht Projekte hinzugekommen, acht Projektarten wurden erweitert und eine gestrichen (Herstellung von Holzfaser- und Spanplatten sowie Sperrholz).

- Änderungen oder Erweiterungen von Projekten des Anhangs I und II wurden in Anhang II aufgenommen.

- Screening (Umwelterheblichkeitsprüfung, Vorprüfung)

- Die Mitgliedstaaten können Kriterien und Schwellenwerte für Projekte des Anhangs II festlegen, Vorhaben auf Einzelfallbasis prüfen oder eine Kombination aus beidem nutzen.

- Es gibt einen neuen Anhang III mit Screening-Kriterien, die von den Mitgliedstaaten bei der Erarbeitung von Rechtsvorschriften und von den zuständigen Behörden bei Entscheidungen über Anhang-II-Projekte nach erfolgtem Screening sowie bei der Entwicklung von Screening-Schwellen und -kriterien zu berücksichtigen sind. Anhang III umfasst unter anderem die Projektmerkmale, die Projektstandorte und die Merkmale potenzieller Auswirkungen (z. B. Kumulierung mit anderen Projekten) und Risiken.

- Die zuständigen Behörden müssen im Einzelfall öffentlich bekannt geben, warum sie entschieden haben, dass eine UVP erforderlich ist.

- Scoping (Festlegung des Untersuchungsrahmens)

- Auf Antrag des Projektträgers müssen die zuständigen Behörden eine Stellungnahme zu den Umweltinformationen abgeben, die der Projektträger vorzulegen hat.

- Die Mitgliedstaaten können von den Behörden verlangen, dass sie unabhängig von solchen Anträgen Anleitungsmaterial zum Scoping bereitstellen.

- Umweltbericht

- Die Bereitstellung von zusammenfassenden Angaben über die wichtigsten geprüften Alternativen wurde als ein neues Element der Mindestanforderungen an Informationen aufgenommen, die vom Projektträger in jedem Fall vorzulegen sind.

- Alternativen

- Die Projektträger müssen eine Zusammenfassung der wichtigsten geprüften Alternativen vorlegen und die Hauptgründe für die von ihnen getroffene Wahl nennen und dabei Umweltauswirkungen Rechnung tragen. Dieser Aspekt wurde auch als neues Element der Mindestanforderungen an die vorzulegenden Informationen aufgenommen (siehe oben).

- Konsultationen und Öffentlichkeitsbeteiligung

- Neben den in den einzelnen Mitgliedstaaten geforderten Beratungen müssen Konsultationen mit der Öffentlichkeit und den Umweltbehörden von Mitgliedstaaten stattfinden, für die die Möglichkeit besteht, von einem Projekt betroffen zu sein.

- Die Ergebnisse dieser Konsultationen müssen in die Entscheidung einfließen.

- Die Entscheidungsgründe sind in jedem Fall öffentlich bekannt zu geben.

- Die Öffentlichkeit ist über die wichtigsten Maßnahmen zur Schadensbegrenzung zu informieren.

Umsetzungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten

2.3.3 Aus den Ergebnissen der Befragung, die die Kommission im Zuge der Überprüfung durchgeführt hatte, diesbezüglichen Nachfragen und weiteren Untersuchungen kann geschlussfolgert werden, dass die meisten Mitgliedstaaten Vorkehrungen für die Umsetzung der Änderungsrichtlinie ergriffen haben (siehe Tabelle 6). Dennoch muss darauf hingewiesen werden, dass die Übernahme der Richtlinie in das Recht eines Mitgliedstaats nicht zwangsläufig bedeutet, dass die Umsetzung vollständig im Einklang mit der Richtlinie erfolgt. Die föderale bzw. regionale Verwaltungsstruktur einiger Mitgliedstaaten und die Tatsache, dass die Fragebogen überwiegend auf nationaler Ebene verteilt wurden, erlauben keine zuverlässigen Aussagen im Hinblick auf die Frage, ob die Änderungsrichtlinie auf den untergeordneten Ebenen in vollem Maße umgesetzt wurde. Andere Untersuchungen zur Umsetzung der UVP-Richtlinie in den föderal gegliederten Mitgliedstaaten haben gezeigt, wie kompliziert die verschiedenen Verwaltungsregeln und -verfahren sind, die die praktische Anwendung der Richtlinie auf lokaler Ebene beeinflussen [9]. Einige Mitgliedstaaten berichten, dass die bestehenden Vorschriften viele der mit der Richtlinie 97/11/EG eingeführten Änderungen bereits enthielten. Andere verweisen darauf, dass sie gerade im Begriff waren ihre ursprünglichen Regelungen zu ändern, da diese entweder unvollständig waren oder in Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH gebracht werden mussten, und somit in der Lage waren, die Anforderungen der Änderungsrichtlinie zum Teil bereits zu dem Zeitpunkt zu berücksichtigen, als diese erst im Entwurf vorlag.

[9] Siehe Prelle, R. (2001) Environmental Assessment and Judicial Approaches to Procedural Errors - A European and Comparative Law Analysis, Journal of Environmental Law, Vol. 3, Nr. 2, S. 185-198.

Tabelle 6

Stand der Umsetzung der Richtlinie 97/11/EG durch die Mitgliedstaaten am 1. November 2002

Mitgliedstaat // Stand der Umsetzung

Belgien // Die Umsetzung ist in den Regionen Wallonien und Flandern noch nicht abgeschlossen.

Dänemark // Richtlinie 97/11/EG umgesetzt

Deutschland // Richtlinie 97/11/EG umgesetzt

Finnland // Richtlinie 97/11/EG umgesetzt

Frankreich // Defizite bei der Umsetzung bestehen noch im Hinblick auf das Scoping-Verfahren gemäß Artikel 1 Absatz 7 der Richtlinie 97/11/EG. Rechtssache C-348/01 Kommission gegen die französische Republik.

Griechenland // Richtlinie 97/11/EG umgesetzt

Irland // Richtlinie 97/11/EG umgesetzt

Italien // Richtlinie 97/11/EG umgesetzt

Luxemburg // Fehlende Umsetzung. Im Urteil des EuGH vom 19.2.2002 (in der Rechtssache C2000/366) heißt es, dass es Luxemburg versäumt hat, die Richtlinie 97/11/EG umzusetzen. Luxemburg erarbeitet derzeit Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie.

Niederlande // Richtlinie 97/11/EG umgesetzt

Österreich // Defizite bei der Umsetzung bestehen noch im Hinblick auf Projekte des Anhangs II (1a) in 3 Bundesländern (Burgenland, Kärnten und Salzburg).

Portugal // Richtlinie 97/11/EG umgesetzt

Schweden // Richtlinie 97/11/EG umgesetzt

Spanien // Richtlinie 97/11/EG umgesetzt

UK // Richtlinie 97/11/EG umgesetzt

2.3.4 Viele Mitgliedstaaten hielten die Frist für die vollständige oder teilweise Umsetzung der Richtlinie nicht ein. Beispielsweise setzte Deutschland im Juli 2001 nur die Richtlinie 97/11/EG in deutsches Recht um. In anderen Fällen war die Umsetzung offenbar nur Stückwerk, wobei einige Teile der Richtlinie übernommen wurden, andere hingegen nicht. Bei den föderal organisierten Staaten ist die Lage, wie an anderer Stelle bereits bemerkt, unklarer. Belgien machte als einziger Mitgliedstaat Angaben zu den einzelnen Regionen, doch auch hier erfolgte die Umsetzung nur teilweise. So nahm die Region Flandern einen Großteil der Änderungen in der Änderungsrichtlinie in ihr bestehendes Regelwerk auf, jedoch hat sie die Erarbeitung neuer Rechtsvorschriften zu vollständigen Umsetzung noch nicht abgeschlossen. Auch Griechenland berücksichtigte zwar viele Forderungen der Änderungsrichtlinie in seinen Rechtsvorschriften, die vollständige Umsetzung steht jedoch noch aus. In Luxemburg ist die Änderungsrichtlinie noch nicht umgesetzt worden. Zum Zeitpunkt der jetzigen Untersuchung lief ein Prüfverfahren der Kommission gegen Luxemburg. Aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Anwendung der Richtlinie 97/11/EG waren außerdem Klagen der Kommission gegen zahlreiche weitere Mitgliedstaaten anhängig.

2.3.5 Es verläuft eine klare Trennlinien zwischen den Mitgliedstaaten, die vollkommen neue Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 97/11/EG eingeführt haben, und jenen, die bestehende Regelungen nur änderten. Viele Mitgliedstaaten nutzten die Umsetzung, um weitere Änderungen an ihrem UVP-Regelwerk vorzunehmen. Wie im Falle der ursprünglichen UVP-Richtlinie gilt in einigen Ländern ein einziges UVP-Regelwerk, während in anderen für die verschiedenen Projektarten jeweils eigene Rechtsvorschriften gelten. In einigen Mitgliedstaaten waren gesonderte UVP-Rechtsvorschriften erforderlich, um den verschiedenen Genehmigungsverfahren für die verschiedenen Projektarten Rechnung zu tragen (z. B. Genehmigungen im Rahmen der Flächennutzungsplanung und Umweltgenehmigungen). Artikel 2 Absatz 1 der geänderten Fassung der Richtlinie 97/11/EG sieht vor, dass alle laut Artikel 4 genehmigungspflichtigen Projekte auch Projekte einschließen, die zuvor nicht Gegenstand von Genehmigungsverfahren waren. Somit mussten in einigen Ländern neue Genehmigungsverfahren als Voraussetzung für die Anwendung von UVP entwickelt werden. Beispielsweise traten die britischen Rechtsvorschriften zur Durchführung von UVP bei ,Projekten zur Verwendung von Ödland oder naturnahen Flächen zu intensiver Landwirtschaftsnutzung" erst im Januar 2002 in Kraft.

Richtlinie 97/11/EG im Überblick

Nicht nur die Änderungen, die nach dem ersten Bericht der Kommission zur Bewertung des Nutzeffekts der Richtlinie 85/337/EWG vorgenommen wurden, sondern auch die durch die Richtlinie 97/11/EG erfolgten Änderungen sind Ausdruck der Stärkung und Verdeutlichung bestimmter Elemente der UVP-Richtlinie durch den EuGH. Eine Verbreiterung der Verfahrensgrundlage erfuhr die UVP-Richtlinie dadurch, dass in Anhang III für Projekte des Anhangs II Screening-Kriterien aufgenommen wurden, die als Grundlage für die Festlegung von Schwellenwerten und für Entscheidungen im Rahmen des Screening genutzt werden können.

Die Überprüfung der Umsetzung der Richtlinie 97/11/EG ergab, dass es noch keinen Mitgliedstaat gibt, für den eine vollständige Übernahme der durch die Richtlinie neu eingeführten Maßnahmen verzeichnet werden kann. Die zögerliche Übernahme der Änderungen in der Richtlinie 97/11/EG durch einige Mitgliedstaaten tut der allgemeinen Bedeutung, die die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission der UVP als Instrument zur Durchsetzung umfassenderer umweltpolitischer Maßnahmen beimessen, keinen Abbruch.

3. Festlegungen zu den wichtigsten Stufen

3.1 Einleitung

3.1.1 Gegenstand dieses Abschnitts des Berichts ist die Umsetzung der Änderungsrichtlinie in den Mitgliedstaaten, wobei besonderes Gewicht auf den Änderungen durch die Richtlinie 97/11/EG liegt. Da die Mitgliedstaaten entweder von Anfang an oder durch spätere Änderungen in ihren nationalen UVP-Systemen viele der neuen Anforderungen der Richtlinie 97/11/EG berücksichtigt hatten, war es nicht in jedem Fall möglich, die Umsetzung eines ursprünglichen Regelwerks von Änderungen abzugrenzen, die nach der Annahme der Richtlinie 97/11/EG erfolgten. In diesem Abschnitt werden die wichtigsten Stufen des UVP-Verfahrens untersucht, in Abschnitt 4 geht es dann um spezifische Themenbereiche, die von entscheidender Bedeutung für die Umsetzung der Richtlinie in ihrer Gesamtheit sind. Die Abschnitte 3 und 4 beruhen auf einer Auswertung der Fragebogen, die den UVP-Experten in den staatlichen Ämtern der einzelnen Mitgliedstaaten zugesandt worden waren. In einigen Fällen bedurfte es weiterer Kontakte zu den UVP-Experten zwecks Nachfragen zu ihren Antworten. Dennoch sind Qualität und Umfang der Ergebnisse sehr unterschiedlich, wobei das Spektrum von umfassenden Angaben mit Hinweisen auf Rechtsvorschriften, Verordnungen und Fallbeispiele bis hin zu wesentlich knapperen Auskünften in den Fällen abgedeckt ist, in denen nicht genügend Zeit für ausführliche Antworten zur Verfügung stand. Daher kann die Analyse nicht so detailliert wie gewünscht sein, und ein direkter Vergleich zwischen den Mitgliedstaaten war nicht bei allen Punkten möglich.

3.2 Screening

Einleitung

3.2.1 In der Anleitung der Europäischen Kommission [10] wird das Screening definiert als ,jener Teil des UVP-Verfahrens, mit dessen Hilfe ermittelt wird, ob bei einem bestimmten Projekt eine UVP erforderlich ist" (http://europa.eu.int/comm/environment/EIA/ EIA-guidelines/g-screening-full-text.pdf). Ebenso wie das Gros der weltweit bestehenden UVP-Systeme sieht die UVP-Richtlinie eine UVP bei Projekten vor, ,bei denen [...] mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist" (Artikel 2). Die Richtlinie umfasst zwei Projektaufstellungen nach Artikel 2, die in Anhang I und Anhang II aufgeführt sind. Artikel 4 Absatz 1 sieht bei allen Projekten des Anhangs I eine UVP verbindlich vor. Aufgrund der durch die Richtlinie 97/11/EG geforderten Änderungen und der einschlägigen Entscheidungen des EuGH sind alle Projekte des Anhangs II einem Screening zu unterziehen. Dies bedeutet, dass die Mitgliedstaaten bei Anhang-II-Projekten zunächst feststellen müssen, ob mit erheblichen Umweltauswirkungen ,zu rechnen ist". Ist dies der Fall, sind sämtliche in der Richtlinie aufgeführten Stufen des UVP-Verfahrens durchzuführen. Voraussetzung für die Entscheidung über das Screening ist eine Prüfung des Projekts und der davon betroffenen Umwelt, um ermitteln zu können, ob ,erhebliche Umweltauswirkungen" zu eintreten können. Um den Mitgliedstaaten das Fällen der Screening-Entscheidung zu erleichtern, sieht die Richtlinie einen gewissen Ermessensspielraum für die Festlegung der Kriterien vor, anhand derer erhebliche Umweltauswirkungen festzustellen sind. In den Rechtssachen Großkrotzenburg Kommission/Belgien und Niederländische Deiche entschied der EuGH, dass der den Mitgliedstaaten eingeräumte Ermessensspielraum durch die Angaben zu den Grenzen, innerhalb derer sich die Mitgliedstaaten bewegen dürfen, erheblich eingeschränkt wird. In die Richtlinie 97/11/EG wurde Artikel 4 Absatz 2 neu aufgenommen, demzufolge die Mitgliedstaaten die Entscheidung über das Screening auf folgende Punkte stützen müssen:

[10] Siehe KEG (2001) Environmental Impact Assessment - Guidance on Screening, Brüssel, KEG.

(a) Einzelfalluntersuchung von Projekten

(b) durch Mitgliedstaaten festgelegte Schwellenwerten und Kriterien

(c) Kombination aus (a) und (b).

3.2.2 Nach den Entscheidungen in der Rechtssachen Großkrotzenburg Kommission/Belgien und Niederländische Deiche dürfen die Mitgliedstaaten Schwellenwerte nicht dazu nutzen, bestimmte Projektklassen völlig auszunehmen, sondern nur, um bei sehr kleinen oder weniger wichtigen Projekte keine UVP vorzusehen. In der Rechtssache C-392/96 Kommission/Irland entschied der EuGH, dass Schwellenwerte nicht allein anhand der Größe oder anderer physischer Merkmale eines Projekts festgesetzt werden dürfen und dass Standort- und andere Umweltfaktoren zu berücksichtigen seien. In der Richtlinie 97/11/EG wird diesem Grundsatz durch die Einfügung von Artikel 4 Absatz 3 entsprochen, der folgenden Wortlaut hat: ,Bei der Einzelfalluntersuchung oder der Festlegung von Schwellenwerten und Kriterien im Sinne des Absatzes 2 sind die relevanten Auswahlkriterien des Anhangs III zu berücksichtigen." Die Screening-Kriterien beruhen auf folgenden Aspekten:

- Merkmale des Projekts: z. B. Größe, Nutzung der natürlichen Ressourcen usw.

- Standort des Projekts: z. B. in empfindlichen Gebieten wie Feuchtgebieten, Schutzgebieten und dicht besiedelten Gebieten oder in deren Nähe usw.

- Merkmale der potenziellen Auswirkungen: z. B. Ausmaß der Auswirkungen, grenzüberschreitender Charakter der Auswirkungen usw.

3.2.3 Nach der Annahme der Richtlinie 97/11/EG und in Anwendung der Entscheidungen in den genannten Rechtssachen entwickelten die Mitgliedstaaten folgende Arten von Screening-Schwellenwerten für Projekte des Anhangs II:

- Einschlussschwellen/-Kriterien (verbindlich vorgeschrieben): Projekte einer bestimmten Größe bzw. mit bestimmten Standortmerkmalen oder anderen Merkmalen, die unbedingt einer UVP zu unterziehen sind;

- Richtschwellen und -kriterien: Schwellen dienen ausschließlich zur Orientierung; bei Projekten oberhalb einer bestimmten Größe oder anderen Schwellenwerten/Kriterien ist eher damit zu rechnen, dass eine UVP durchgeführt werden muss, während bei Projekten unterhalb dieser Schwellenwerte eher davon auszugehen ist, dass zwar keine UVP-Pflicht besteht, aber dennoch eine Einzelfalluntersuchung erfolgen muss, um die Wahrscheinlichkeit erheblicher Umweltauswirkungen abzuklären;

- Ausschlussschwellen/-Kriterien: Projekte unterhalb einer bestimmten Größe bzw. mit Standortmerkmalen oder anderen Merkmalen, die nicht UVP-pflichtig sind.

Alle Schwellenwerte und Kriterien müssen auf den Screening-Kriterien des Anhangs III beruhen. Im Hinblick auf jene Länder, die für die Prüfung von Anhang-II-Projekten nicht durchgängig das Instrument der Einzelfallprüfung nutzen, kann die Kombination aus Schwellwerten und Einzelfalluntersuchung als ,Ampelmethode" beschrieben werden (siehe Schaubild 4). Bei fehlenden Ausschlussschwellen wird eine modifizierte ,Ampelmethode" angewendet (siehe Schaubild 5).

Schaubild 4: ,Ampelmethode" für das Screening

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Schaubild 5: Modifizierte ,Ampelmethode" für das Screening

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Änderungen in den Anhängen I und II durch Richtlinie 97/11/EG

3.2.4 Durch die Richtlinie 97/11/EG wurden die beiden in den Anhängen I und II aufgelisteten Projektarten geändert. Die Zahl der Anhang-I-Projekte ist größer geworden, 14 Projektarten kamen neu hinzu, vier wurden erweitert. In einigen Fällen wurden Projekte, die einen bestimmten Schwellenwert überschritten, aus dem Anhang II in den Anhang I verschoben. Beispielsweise waren zunächst alle Anlagen zur Intensivhaltung oder -aufzucht von Gefluegel oder Schweinen in Anhang II erfasst, gemäß Änderungsrichtlinie 97/11/EG gehören Projekte, bei denen die Schwelle von 85 000 Plätzen für Masthähnchen und -hühnchen, 60 000 Plätzen für Hennen, 3 000 Plätzen für Mastschweine (Schweine über 30 kg) oder 900 Plätzen für Sauen überschritten wird, zu den Projekten des Anhangs I, bei denen eine UVP verbindlich vorgeschrieben ist. Zu den Anhang-II-Projekten sind acht Projekte hinzugekommen, acht wurden erweitert. Im Rahmen der Befragung durch die Kommission wurden die Mitgliedstaaten um Stellungnahmen zur Anwendung und zum Nutzeffekt der Einordnung von Projekten in zwei Anhänge ersucht. Zudem sollte Auskunft erteilt werden, ob die Höhe der Schwellenwerte für Projekte des Anhangs I angemessen ist und ob die Kriterien der richtige Auslöser für die Forderung nach einer verbindlichen UVP sind.

3.2.5 Die für die Verschiebung einiger Projekte (z. B. Anlagen zur Intensivhaltung oder -aufzucht von Schweinen) in den Anhang I angeführten Gründe (Größe und mögliche Auswirkungen) halten einige Mitgliedstaaten für fraglich. Bedenken wurden im Hinblick auf die Unkonkretheit mehrerer Projektbeschreibungen geäußert; so könnten z. B. Tagebaue (Anhang I Ziffer 19) Rekultivierungsvorhaben umfassen, bei denen eine Einzelfallprüfung wahrscheinlich günstiger wäre. Unterstützung fand auch die Ansicht, dass Anhang I deutlich flexibler gehandhabt werden sollte, so dass Schwellenwerte angenommen werden könnten, die den nationalen Gegebenheiten und den sozioökonomischen Bedingungen in den einzelnen Ländern Rechnung tragen. Einige Mitgliedstaaten (Belgien-Brüssel, Frankreich, Griechenland, Irland, Niederlande, Österreich und Portugal) verwenden niedrigere Schwellenwerte als in Anhang I vorgesehen. Etliche Mitgliedstaaten weisen darauf hin, dass kleine Länder die Richtlinien-Schwellenwerte für zu hoch halten könnten.

3.2.6 Bis zu einem gewissen Grad waren sich die Mitgliedstaaten darin einig, dass der für Projekte des Anhangs I gewählte Schwellenansatz sinnvoll ist. Gleichwohl stellten einige Mitgliedstaaten die Begründung für die festgelegten Schwellenwerte in Frage und erhoben Bedenken gegen die teilweise unkonkreten Schwellenwerte. So sei beispielsweise bei Projekten des Anhangs I Ziffer 16 (Öl-, Gas- und Chemikalienpipelines) nicht klar, ob sich die Schwelle von 800 mm auf den Innen- oder Außendurchmesser bezieht. Zahlreiche Mitgliedstaaten schlugen die Anwendung geeigneterer Schwellenwerte für bestimmte Projekte vor, darunter:

- Erzeugte Mengen an organischem Stickstoff bei Anlagen zur Intensivhaltung (Anhang I Ziffer 17)

- Größe des Vorhabens anstelle des Gewichts der Schiffe bei Seehandelshäfen (Anhang I Ziffer 8 Buchstabe b)

- Einsatzmengen oder Erzeugungsleistung bei Vorhaben wie integrierten Hüttenwerken zur Erzeugung von Roheisen und Rohstahl sowie integrierten Chemieanlagen (Anhang I Ziffer 4 und 6).

3.2.7 Die Mitgliedstaaten wurden gefragt, ob ihrer Meinung nach Anlass besteht, Projekte von Anhang II nach Anhang I zu verlagern. In einigen Mitgliedstaaten wurde dies bereits getan, indem sie Projekte in ihre Fassung des Anhangs I aufnahmen oder verbindliche Schwellenwerte für bestimmte Projekte des Anhangs II festlegten. Der prozentual höchste Anteil der Befragten meinte allerdings, dass für die Verlagerung von Projekten von Anhang II nach Anhang I kein Anlasse bestehe (Dänemark, Griechenland, Niederlande, Österreich, Schweden, Spanien, UK). In gewisser Weise wurde einheitlich die Meinung vertreten, dass es für eine Beurteilung der Frage, ob weitere Änderungen in den Anhängen I und II erforderlich sind, noch viel zu früh sei und die Beziehungen zwischen den Anhängen und die Modalitäten der EU-weiten Anwendung des Systems noch wesentlich gründlicher untersucht werden müssten. Darüber hinaus wurde davon ausgegangen, dass es zuverlässigerer Angaben über Unterschiede [zwischen den Mitgliedstaaten] bedürfe und die Frage zu klären sei, ob diese Unterschiede möglicherweise aus bestimmten geografischen, sozioökonomischen oder sonstigen Gegebenheiten resultierten oder nicht. Dennoch sehen einige Mitgliedstaaten (Belgien-Flandern, Belgien-Wallonien und Italien) Möglichkeiten für weitere Anpassungen, wobei ein Vorschlag darauf abzielt, die beiden Anhänge zusammenzulegen und verbindliche UVP-Schwellenwerte für jede Projektart einzuführen. Frankreich, Griechenland und Österreich nutzen diesen Ansatz bereits und unterscheiden in ihren nationalen UVP-Rechtsvorschriften nicht zwischen Anhang-I- und Anhang-II-Projekten.

3.2.8 Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, dass ihr einzelstaatliches Recht eine UVP für andere als die in den Anhängen I und II aufgelisteten Projektarten vorsieht, wobei Golfplätze am häufigsten genannt wurden. Andere schlugen Ergänzungen zu den Anhängen vor, darunter Folgendes (zum Teil sind sie von den Mitgliedstaaten, die diese Ergänzungen vorschlagen, bereits in innerstaatliche Regelungen aufgenommen worden):

- Anlagen, in denen mit hoch gefährlichen biologischen Stoffen gearbeitet wird

- Anlagen, in denen mit genetisch veränderten Organismen gearbeitet wird, z. B. Laboratorien, Prüfeinrichtungen und Versuchsgebiete

- Schießplätze

- Mobiltelefoniemasten

- Herstellung von Holzfaserplatten

- Teilchenbeschleuniger (mit einer Energie von mindestens 50 MeV)

- Intensivaufzucht von Rindern und Kälbern

- militärische Übungsgelände

- Herstellung von Kalk.

Allerdings stellten die Befragten nicht klar, ob die von ihnen vorgeschlagenen Änderungen in Anhang I oder II vorgenommen werden sollten; vermutlich würden sie zumeist Anhang II betreffen.

3.2.9 Die vorgeschlagene Aufnahme der Intensivaufzucht von Rindern und Kälbern sollte weiter untersucht werden, denn manches spricht dafür, dass die hohe Ammoniak-Belastung der Umwelt in einigen Ländern auf diese Form der Viehhaltung zurückzuführen ist und möglicherweise eine Überwachung erfolgen muss, um die Einhaltung der Anforderungen des UN/ECE-Protokolls zur Bekämpfung von Versauerung, Eutrophierung und zur Verminderung von bodennahem Ozon (so genanntes Multi-Effekt-Protokoll) zu gewährleisten. Der Vorschlag, den Bau von militärischen Übungsgeländen bzw. diesbezügliche Änderungen oder Erweiterungen (bei Vorhaben in einer Größenordnung von mindestens 100 ha) einzubeziehen, ist insofern interessant, als er Verteidigungs-/Sicherheitsbelange berührt, die oft von der UVP ausgenommen sind. Der Hauptgrund für die vorgeschlagene Aufnahme ist darin zu sehen, dass sich entsprechende Übungsgelände häufig in der Nähe von Naturschutzgebieten befinden. Diese Vorschläge sollten nicht als pauschale Forderung nach einer Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Anhänge I und II angesehen werden. Mehrere Befragte sahen für die Aufnahme neuer Projektarten in die Anhänge I und II zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Anlass und hielten sie angesichts der Tatsache, dass die Änderungen ebenfalls erst vor kurzem erfolgten, für verfrüht. Manche Mitgliedstaaten haben die Liste der Anhang-II-Projekte bereits erweitert und einige der genannten Projektarten aufgenommen, wobei sie lobend erwähnen, dass ihnen sowohl die UVP-Richtlinie als auch ihre nationalen Verfahren den notwendigen Ermessenspielraum lassen, gegebenenfalls neue Projekte in den Anhang II aufzunehmen. Der Umstand, dass andere dies nicht getan haben und dennoch vorschlagen, bestimmte Projekte in die Anhänge einzubeziehen, könnte bedeuten, dass eine Klarstellung hinsichtlich des Ermessensspielraums erfolgen muss, den die Mitgliedstaaten bei der Erweiterung des Anhangs II haben.

Zusammenfassung der Hauptergebnisse: Änderungen in Anhang I und II durch die Richtlinie 97/11/EG

Offenbar haben die Mitgliedstaaten kaum nennenswerte Bedenken gegen die derzeitige Unterteilung in Anhang-I- und Anhang-II-Projekte, und sie scheinen von dem gemäß Richtlinie zulässigen Ermessensspielraum Gebrauch zu machen, der es ihnen ermöglicht, die Anzahl der in den Anwendungsbereich von Anhang I fallenden Projekte zu erhöhen. Der für Projekte des Anhangs I genutzte Schwellenansatz findet in den Mitgliedstaaten breite Unterstützung.

Maßnahme: Siehe Empfehlung 5.4.2.(i)

Screening von Anhang-II-Projekten gemäß Richtlinie 97/11/EG

3.2.10 Die meisten Mitgliedstaaten nutzen offenbar eine Kombination aus Schwellenwerten und Einzelfallprüfung (siehe Tabelle 7). In Belgien-Brüssel, den Niederlanden, Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Portugal, Spanien und im UK werden Schwellenwerte festgesetzt, um Projekte von der UVP auszunehmen, die eine bestimmte Größe oder Kriterien der UVP unterschreiten.

Tabelle 7 Mechanismen der Mitgliedstaaten für das Screening von Anhang-II-Projekten

Österreich // Das Screening beruht auf einer Kombination aus Schwellenwerten und Einzelfalluntersuchung. Bei einigen Schwellenwerten ist eine UVP zwingend vorschrieben. Bei der Einzelfallprüfung werden Richtschwellen angewendet, und in empfindlichen Gebiete gelten in der Regel halb so hohe Schwellenwerte. Es wird auch mit Ausschlussschwellen gearbeitet; neue Projekte und Änderungen bei bestehenden Projekten, die unterhalb von 25 % des betreffenden Schwellenwerts liegen, sind nicht UVP-pflichtig.

//

Belgien // (Brüssel)

Bei bestimmten Projektarten werden Schwellenwerte für eine verbindliche UVP festgelegt (Schwellenwerte für Projekte der Kategorie A). Die Richtschwellen (Schwellenwerte für Projekte der Kategorie B) dienen bei kleineren Anlagen auch als Ausschlussschwellen.

(Flandern)

Grundsätzlich wird nach Maßgabe der geplanten Vorschriften eine Liste von Projektarten/Tätigkeiten (einschließlich Schwellenwerte) vorgeschlagen, die UVP-pflichtig sind. In einer zweiten Liste werden die Tätigkeiten erfasst, die einer Einzelfallprüfung zu unterziehen sind.

(Wallonien)

Es wird ein System verbindlicher, unveränderlicher Schwellenwerte angewendet. Unterhalb dieser Schwellenwerte ist keine UVP erforderlich.

//

Dänemark // Bei Anhang-II-Projekten erfolgt hauptsächlich eine Einzelfallprüfung; dazu werden Kriterien des Anhangs III herangezogen. Es gibt eine begrenzte Anzahl von verbindlichen Schwellenwerten und/oder Standortkriterien, und unterhalb dieser Schwellen erfolgt eine Einzelfalluntersuchung. Ausschlussschwellen bestehen nicht.

//

Finnland // Einige Projekte des Anhangs II wurden in die Liste der UVP-pflichtigen Projekte mit Schwellenwerten aufgenommen. Bei anderen Anhang-II-Projekten wird das Screening grundsätzlich mithilfe der Einzelfallprüfung nach Anhang II durchgeführt, wobei es weder Richt- noch Ausschlussschwellen gibt.

//

Frankreich // Es werden (technische, finanzielle und von der Art des Vorschlags abhängige) Ausschlussschwellen und -kriterien genutzt. Grundsätzlich sind alle nicht auf diese Art und Weise ausgenommenen Projekte UVP-pflichtig. Ein vereinfachtes UVP-Verfahren wird in einigen Fällen durchgeführt, in denen eine vollständige UVP für nicht erforderlich erachtet wird.

//

Deutschland // Hier gilt ein System verbindlicher Schwellenwerte. Unterhalb dieser Schwellen werden zusätzliche Schwellen festgelegt, die dazu dienen, das allgemeine Screening von der standortbezogenen Vorprüfung abzugrenzen. Beim ,allgemeinen Screening" müssen alle Kriterien des Anhangs III vollständig untersucht werden. Für die ,standortbezogene Vorprüfung" gelten niedrigere Schwellenwerte, im Mittelpunkt stehen die Kriterien, die lediglich den vorgeschlagenen Projektstandort betreffen.

//

Griechenland // Für Anhang-II-Projekte wird eine verbindliche Liste herangezogen, in der die Schwellen und Kriterien definiert sind, bei deren Überschreitung eine UVP in jedem Fall erfolgen muss. Projekte, bei denen diese Grenzen unterschritten werden, sind einem ,vereinfachten UVP-Verfahren" zu unterziehen.

//

Irland // Verbindliche Schwellenwerte wurden für jede der Projektklassen des Anhangs II festgelegt. Es besteht eine Rechtsgrundlage, um UVP in den Fällen (unter Verweis auf die Kriterien des Anhangs III) durchzusetzen, in denen diese Schwellenwerte zwar unterschritten werden, die zuständige Behörde aber dennoch mit erheblichen Umweltauswirkungen rechnet. Ausschlussschwellen werden nicht angewendet.

//

Italien // Anhand einer Liste werden Anhang-II-Projekte ermittelt, bei denen eine UVP verbindlich vorgeschrieben ist. Andere Projekte des Anhangs II werden mithilfe einer Kombination aus Schwellenwerten und Einzelfalluntersuchung geprüft. Für fast alle Anhang-II-Projekte wurden Ausschlussschwellen festgelegt.

//

Luxemburg // Es liegen keine Angaben vor.

//

Niederlande // Für Anhang-II-Projekte gelten Schwellenwerte; bei Überschreitung dieser Schwellenwerte erfolgt eine Einzelfallprüfung (anhand der Kriterien des Anhangs III). Unterhalb der Schwellenwerte ist keine UVP erforderlich.

//

Portugal // Für das Screening von Anhang-II-Projekten werden verbindliche Schwellenwerte herangezogen. In empfindlichen Gebieten gelten abweichende Schwellenwerte. Eine Einzelfallprüfung gibt es nicht.

//

Spanien // Mithilfe verbindlicher Schwellenwerte werden UVP-pflichtige Projekte ermittelt. Andere Anhang-II-Projekte werden einer Einzelfallprüfung unter Anwendung von Richtschwellen unterzogen. Ausschlussschwellen werden nicht genutzt.

//

Schweden // Bei bestimmten Projektarten besteht eine allgemeine UVP-Pflicht, z. B. Eisenbahnen, Straßen, Herstellung von Zement. Für andere Projekte gilt eine Kombination aus verbindlichen Schwellenwerten und Einzelfalluntersuchung. Ausschlussschwellen bestehen nicht.

//

UK // Für das Screening wird eine Kombination aus Richtschwellen und Einzelfallprüfung genutzt. Bei Unterschreitung festgelegter Ausschlussschwellen ist keine UVP erforderlich (nur in Ausnahmefällen, in denen der Minister kraft seiner Sonderbefugnisse eine UVP anordnen kann).

Diese Aussage bedarf jedoch der Erläuterung, da in den einzelnen Mitgliedstaaten für die verschiedenen Projektarten unterschiedliche Ansätze gewählt werden. Ausschlussschwellen bestehen nicht zwangsläufig für alle Projektarten in allen genannten Ländern. In einigen Fällen dienen die verbindlichen Schwellen, d. h. die Einschlussschwellen, zugleich als Ausschlussschwellen, was bedeutet, dass ein Projekt bei Überschreitung einer festgesetzten Schwelle stets UVP-pflichtig ist, bei Unterschreitung hingegen von der UVP ausgenommen ist. Das Screening auf der unterhalb des Schwellenwerts liegenden Stufe wird von einigen Mitgliedstaaten nur bei bestimmten Projekten praktiziert. In wieder anderen Fällen sind Projekte unterhalb verbindlicher Schwellenwerte Gegenstand eines vereinfachten UVP-Verfahrens. Deutschland, Frankreich, Griechenland und Österreich unterscheiden nicht zwischen Anhang-I- und Anhang-II-Projekten und treffen ihre Screening-Entscheidungen anhand von Einschlussschwellen bzw. verbindlichen Schwellenwerten sowie mithilfe der Einzelfallprüfung des Projekts und der betroffenen Umwelt. In einigen Fällen bestehen für Projekte des Anhangs II nur verbindliche Schwellenwerte, und das Screening von Projekten, die diese Schwellenwerte unterschreiten, erfolgt mithilfe einer Einzelfallprüfung. Die Befragten, in deren Ländern so verfahren wird, vertreten im Allgemeinen die Ansicht, dass nur in begrenztem Maße Vorprüfungen bei Unterschreitung von Schwellenwerten erforderlich sind, weil die geltenden verbindlichen Schwellenwerte (ihrer Meinung nach) sehr niedrig angesetzt wurden (Belgien - Regionen Flandern und Wallonien, Irland, Portugal und Spanien). In einigen der genannten Länder kann die zuständige Behörde den Projektträger dazu auffordern, eine UVP auch bei Unterschreitung eines Schwellenwerts durchzuführen, in anderen erfolgt eine vereinfachte UVP. Etliche Mitgliedstaaten nutzen ein abgestuftes UVP-System. Dieser Ansatz beruht weitgehend auf der Anwendung verbindlicher Schwellenwerte: bei Überschreitung des Schwellenwerts muss eine UVP in jedem Fall erfolgen, bei Unterschreitung ist lediglich eine vereinfachte UVP oder ein entsprechender Bericht erforderlich. In Griechenland beinhaltet diese Vorgehensweise auch das Ausfuellen eines Fragebogens. In Belgien-Brüssel muss der Projektträger einen Umweltbericht für die meisten Anhang-II-Projekte vorlegen, es sei denn, die Behörden halten eine vollständige UVP für erforderlich. Die Anwendung eines abgestuften UVP-Systems hat den Vorteil, dass gewährleistet ist, dass alle Projekte des Anhangs II Gegenstand einer Bewertung und Berichterstattung sind, wobei die Erfordernisse der Richtlinie nur erfuellt sind, wenn bei der vereinfachten UVP keine erheblichen Umweltauswirkungen festgestellt werden.

3.2.11 Einige Mitgliedstaaten haben einige der Projektarten des Anhangs II in ihren jeweiligen eigenen Anhang I verschoben (zum Beispiel Dänemark und Finnland). In zahlreichen Mitgliedstaaten wurden verbindliche Schwellenwerte für einige Anhang-II-Projekte festgelegt; dort kommt der Einzelfallprüfung von Projekten, die die verbindlichen Schwellenwerte unterschreiten (modifizierter ,Ampelansatz", siehe Absatz 3.2.3), entscheidende Bedeutung zu. Dänemark, Schweden und Finnland bedienen sich bei der Bewertung von Anhang-II-Projekten, die sie nicht in ihre eigene verbindliche Anhang-I-Liste übernommen haben, offenbar des Instruments der Einzelfallprüfung. Unklar ist, welche Screening-Ansätze in einigen der bundesstaatlich gegliederten Länder genutzt werden, in denen die UVP-Zuständigkeit auf die regionale Ebene delegiert wurde. Für das Funktionieren der UVP-Systeme in diesen Fälle liegen keine Nachweise vor. Zudem wurden keine Angaben dazu gemacht, wie die zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten die Schwellenwerte oder die Verfahren der Einzelfallprüfung praktisch anwenden.

3.2.12 Die meisten Mitgliedstaaten haben eigene Screening-Kriterien oder Richtschwellen festgelegt bzw. greifen auf die Screening-Kriterien des Anhangs III zurück. Diese eigenen Kriterien beruhen weitgehend auf der Liste des Anhangs III, gehen aber über diese hinaus und schließen spezielle, von den Ländern ausgewiesene Gebiete und andere Faktoren ein wie kulturell und geschichtlich bedeutsame Landschaften oder archäologische Merkmale. Die Mitgliedstaaten halten die Screening-Kriterien des Anhangs III im Allgemeinen für geeignet. Auf Anraten der Kommission haben die meisten Länder (darunter Dänemark, die Niederlande, Finnland, Irland, Österreich, Schweden, Spanien und das UK) den Anhang III inzwischen in das jeweilige einzelstaatliche Recht übernommen. Einige der Befragten vertreten die Ansicht, dass das Screening-Verfahren dank der Kriterien des Anhangs III klarer und transparenter geworden ist. Andere halten sie dagegen für unklar, recht technisch und subjektiv.

3.2.13 In bestimmten Mitgliedstaaten wird das Screening dadurch erschwert, dass für einige Anhang-II-Projekte eine Genehmigung für die Flächennutzungsplanung bzw. eine Baugenehmigung erteilt werden muss, für andere lediglich eine Umweltgenehmigung (vergleichbar der IVU) eingeholt werden muss und für wieder andere beide Genehmigungen vorliegen müssen. Die Entscheidung über das Screening beruht dann oft auf den einschlägigen Schwellenwerten und Kriterien für die jeweilige Genehmigung, wobei aus den Befragungsergebnissen nicht eindeutig hervorgeht, ob diese einheitlich angewendet werden oder angewendet werden können. So lassen sich vergleichbare Projektarten beispielsweise anhand verschiedener Kriterien prüfen (Projektgröße im Sinne des Flächenbedarfs bei einigen Projekten und Emissionsraten oder Energieerzeugungsleistung für ähnliche Projekte in derselben Projektkategorie).

3.2.14 Das UVP-Recht einiger Mitgliedstaaten sieht eine UVP bei Anhang-II-Projekten nur vor, wenn mit erheblichen nachteiligen oder negativen Umweltauswirkungen zu rechnen ist. Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie unterscheidet jedoch nicht zwischen positiven und negativen Auswirkungen. Immer dann, wenn nur erhebliche ,nachteilige" oder ,negative" Auswirkungen als Kriterium für die Durchführung einer UVP herangezogen werden, ist unbedingt darauf zu achten, dass sie nicht zuerst gegen mögliche positive Wirkungen abgewogen werden. In Österreich bedingt jede erhebliche nachteilige Wirkung für sich genommen die Durchführung einer UVP unabhängig von bestehenden erheblichen positiven Wirkungen. In den Fällen, in denen nur bei Vorliegen erheblicher nachteiliger Auswirkungen eine UVP veranlasst wird, ist eine sehr gründliche Prüfung vorzunehmen, um zu gewährleisten, dass die zuständigen Behörden diesen Ansatz nicht missbrauchen, um Umweltbedenken zugunsten wirtschaftlicher Vorteile außer Acht zu lassen.

Zusammenfassung der Hauptergebnisse: Screening von Anhang-II-Projekten

Die Mitgliedstaaten machen von dem gemäß Artikel 4 Absatz 2 zulässigen Ermessensspielraum Gebrauch; viele nutzen für die Vorprüfung die ,Ampelmethode" und haben entsprechende Einschlussschwellen, Ausschlussschwellen und Richtschwellen festgelegt. Zum Teil stützen sie sich auf sehr unterschiedliche Ansätze und wenden unterschiedliche Screening-Verfahren für unterschiedliche Projektarten. In einigen Fällen werden lediglich verbindliche Schwellenwerte bzw. Einschlussschwellen angewandt. Sehr wenige Mitgliedstaaten stützen sich beim Screening aller Projektarten auf den Einzelfallansatz. Die Überprüfung der Screening-Verfahren erbrachte folgende Schlüsselergebnisse:

Aus den vorliegenden Angaben geht nicht eindeutig hervor, dass alle Projekte des Anhangs II einem systematischen Screening unterzogen werden. Zum Teil gibt es kaum Anhaltspunkte, dass eine Vorprüfung auf der unter den verbindlichen Schwellenwerten oder Kriterien liegenden Stufe erfolgt.

Es finden sich nur spärliche Hinweise auf die Modalitäten der Anwendung der Screening-Systeme durch die zuständigen Behörden.

Dafür, wie das Screening auf der regionalen Ebene in den föderal gegliederten Staaten funktioniert, gibt es nur wenige Beispiele.

Maßnahme: Siehe Empfehlung 5.4.2.(a), (c), (d), (i) und (j).

Beispiele für Schwellenwerte/Kriterien für bestimmte Projekte

3.2.16 Frühere Überprüfungen und weitere Untersuchungen ergaben Hinweise auf bestimmte Probleme beim Screening. Zu nennen wären hier u. a. die Uneinheitlichkeit der Ansätze und Bedenken in Bezug auf die Definition und Auslegung bestimmter Projektarten. Im Rahmen ihrer Befragung ersuchte die Kommission die Mitgliedstaaten um Auskünfte zu den Schwellenwerten und Kriterien für das Screening folgender Projekte:

- Anhang II, 1(d) Aufforstungen und Abholzungen

- Anhang II, 1(e) Anlagen zur Intensivtierhaltung

- Anhang II, 3(h) Anlagen zur hydroelektrischen Energieerzeugung

- Anhang II, 3(i) Windparks

- Anhang II, 4(c) Eisenmetallgießereien

- Anhang II, 5(b) Anlagen zur Zementherstellung

- Anhang II, 10(b) Städtebauprojekte

- Anhang II, 10(c) Eisenbahnstrecken und intermodale Umschlaganlagen

- Anhang II, 10(d) Flugplätze

- Anhang II, 10 (e) Straßen

3.2.17 Wie aus den Befragungsergebnissen ersichtlich ist, existiert ein breites Spektrum von Ansätzen. In den meisten Mitgliedstaaten erfolgte eine Unterteilung der Projektarten; zum Beispiel wird Anhang II Ziffer 1 Buchstabe d) (Aufforstungen und Abholzungen) ebenso wie Anhang II Punkt 10 Buchstabe c) (Eisenbahnstrecken und intermodale Umschlaganlagen) in zwei Projektarten untergliedert. Bei den Anlagen zur Intensivtierhaltung (Anhang II Ziffer 1 Buchstabe e)) ist eine Vielzahl verschiedener Vieharten Gegenstand einer UVP. In Österreich beruhen beispielsweise die Schwellenwerte für Betriebe mit Stallplätzen für Gefluegel auf verschiedenen Erzeugungsarten, wobei ein Schwellenwert von 48 000 Stallplätzen für Betriebe gilt, in denen Legehennen oder Junghennen oder Puten gehalten werden, und 65 000 Stallplätze der Schwellenwert für Mastgefluegel-Betriebe ist; in Belgien (Wallonien) gelten verbindliche Schwellenwerte für Enten, Gänse und Puten (mehr als 25 000 Tiere); in Dänemark liegen die verbindlichen Schwellenwerte für Schweine mit einem Gewicht von 30 bis 100 kg bei 2 400 Stallplätzen und bei 750 Stallplätzen für Sauen. Anhang 3 bietet eine Übersicht der Schwellenwerte für die in Punkt 3.2.16 genannten Projektarten. Einige Mitgliedstaaten nutzen für das Screening die ,Ampelmethode" mit Ausschlussschwellen (GRÜN), Richtschwellen und Kriterien für die Einzelfalluntersuchung (GELB) sowie Einschlussschwellen (= verbindliche Schwellen) (ROT) (siehe Schaubild 6 bis 11). Allerdings ist zu beachten, dass die Schwellenwerte vielfach in Kombination mit anderen Screening-Kriterien (wie denen des Anhangs III) angewendet werden und ein strenger Vergleich der in den einzelnen Mitgliedstaaten geltenden Schwellenwerte daher irreführend sein kann.

3.2.18 Die Höhe der festgelegten Schwellenwerte weist erhebliche Schwankungen auf. So greift die UVP-Pflicht bei Aufforstungsvorhaben in Dänemark bei einer Fläche von 30 ha, in Spanien und Deutschland sind es 50 ha, in Finnland 200 ha und in Portugal 350 ha. Nur selten wurde die Höhe der gewählten Schwellenwerte begründet, und es ist unklar, welche Rolle die Kriterien des Anhangs III bei der Festlegung von verbindlichen Schwellenwerten für die Projektgröße spielen. In einigen Mitgliedstaaten wird davon ausgegangen, dass viele Projekte unabhängig von der Größe oder anderen projekt- oder standortbezogenen Faktoren in jedem Fall UVP-pflichtig sind; dies gilt für Aufforstungen und Anlagen zur hydroelektrischen Energieerzeugung in Schweden, Eisenmetallgießereien in Dänemark und Griechenland, Anlagen zur Zementherstellung in Dänemark, Finnland, Griechenland, Irland und Schweden, Eisenbahnstrecken in Deutschland, Griechenland und Irland, intermodale Umschlaganlagen, Flugplätze und Straßen in Griechenland.

Schaubild 6

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Schaubild 7

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Schaubild 8

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Schaubild 9 [11]

[11] Die Mitgliedstaaten haben keine konkreten Projektarten festgelegt, die in den Anwendungsbereich von Anhang II Ziffer 10 Buchstabe a) (Anlage von Industriezone) fallen. Gleichwohl wurden Schwellenwerte angewendet, um zu ermitteln, ob bei dieser Kategorie eine UVP erforderlich ist. In Frankreich gilt ein finanzieller Schwellenwert, wobei eine UVP auch dann verbindlich vorgeschrieben ist, wenn ein Städtebauplan vorliegt. Andere Mitgliedstaaten legen den Schwellenwert anhand des Flächenbedarfs für die Anlage von Industriezonen fest.

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Schaubild 10

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Schaubild 11

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

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3.2.19 Bei Anwendung des Einzelfallansatzes zwecks Screening von Anhang-II-Projekten anhand der Kriterien des Anhangs III und anderer Screening-Kriterien werden in der Regel auch Richtschwellen herangezogen. Auch hier ergibt sich eine beachtliche Bandbreite von Ansätzen in der EU. Die von einigen Mitgliedstaaten entwickelten und angewendeten Screening-Kriterien sind äußerst kompliziert und bestehen oftmals aus einer Kombination mehrerer Faktoren. So gilt beispielsweise für den verbindlichen Schwellenwert für Abholzungen in Dänemark Folgendes:

,Die betroffene Fläche ist älter als 20 Jahre und über 30 ha groß, befindet sich in einem Aufforstungsgebiet, das in einem regionalen Raumordnungsplan ausgewiesen ist und in dem eine vergleichbare Fläche von zumindest gleicher Größe nicht aufgeforstet wird, es sei denn, die zuständige staatliche Behörde erklärt, dass der abzuholzende Wald keinen erheblichen forstwirtschaftlichen, biologischen, landschaftlichen oder Erholungswert besitzt".

Projektspezifische Angaben

3.2.20 Die zwei zuvor von der Kommission durchgeführten Überprüfungen der Umsetzung der Richtlinie 85/337/EWG ergaben eine Reihe von Problemen bei der Auslegung der Definition einiger Projektarten. Für besonders bedenklich wurden die Festlegungen zur Anlage von Industriezonen (Anhang II, Ziffer 10 Buchstabe a) und zu Städtebauprojekten (Anhang II, Ziffer 10 Buchstabe b)) gehalten. In dem von der Kommission speziell für die jüngste Überprüfung entwickelten Fragebogen wurden die Mitgliedstaaten um Angaben zur Umsetzung dieser beiden Projektarten ersucht. Die Antworten fielen zwar unterschiedlich aus, doch bestehen die Bedenken hinsichtlich der Auslegung offenbar weiter. So löst beispielsweise die Frage, ob Projekte außerhalb von Städten und Gemeinden als ,Städtebauprojekte" eingestuft werden können, gewisse Zweifel aus. Ausgehend von der vom EuGH geforderten weiten Auslegung der Richtlinie sollte ein Städtebauprojekt als Vorhaben gesehen werden, das unabhängig vom Standort seinem Wesen nach städtisch ist. Während viele Mitgliedstaaten nach wie vor Schwierigkeiten mit der Festlegung dieser Projektkategorien haben, gehen nur drei davon aus, dass eine weitere Spezifikation überfluessig ist. Die meisten Mitgliedstaaten befürworten den Ermessensspielraum, der es ihnen ermöglicht, eigene Definitionen zu erarbeiten. Einer der Befragten, die weitere Festlegungen für erforderlich hielten, betrachtete dies als Voraussetzung für eine stärkere Angleichung und Vereinheitlichung. Ein anderer Befragter argumentierte, dass es besser wäre, die einzelnen städtebaulichen Komponenten (Straßen, Parkplätze, Gebäude usw.) auf der SUP-Ebene eines Entwicklungsplans zu bewerten. Offenbar erfolgte nur in wenigen Mitgliedstaaten eine weitere Klarstellung der Beschreibung von Projekten des Anhangs II, Ziffer 10 Buchstabe a) (Anlage von Industriezonen). Österreich definiert Industrie- und Gewerbeparks als ,Gebiete, die von einem Projektträger und einem Betreiber erschlossen und mit der erforderlichen Infrastruktur für die gemeinsame gewerbliche oder wirtschaftliche Nutzung durch mehrere Unternehmen ausgestattet werden, die durch räumliche Nähe gekennzeichnet sind und eine operationelle oder funktionale Einheit bilden".

In Tabelle 8 werden Beispiele für die Art von Projekten genannt, die die Mitgliedstaaten unter Ziffer 10 Buchstabe b) einordnen.

Zusammenfassung der Hauptergebnisse: Projektspezifizierung

Die meisten Mitgliedstaaten haben Probleme mit der Auslegung von Projektarten des Anhangs II, Ziffer 10 Buchstabe a) (Anlage von Industriezonen) und Anhang II, Ziffer 10 Buchstabe b) (Städtebauprojekte), beheben diese jedoch mithilfe verschiedener Lösungsansätze. Ein Großteil würde es befürworten, wenn die Definition im Zusammenhang mit der Prüfung eines Projekts und der dazugehörigen Schwellenwerte den Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten überlassen bliebe.

Maßnahme: Siehe Empfehlung 5.4.2.(j).

Tabelle 8. Anhang II 10b Von ausgewählten Mitgliedstaaten genannte Projekte

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

Empfindliches Gebiet

3.2.21 Der mit der Richtlinie 97/11/EG eingeführte Anhang III beinhaltet als verbindlich vorgeschriebenes Screening-Kriterium ,die ökologische Empfindlichkeit der geographischen Räume, die durch die Projekte möglicherweise beeinträchtigt werden" und nennt im Weiteren die während des Screening-Verfahrens zu prüfenden Aspekte wie die gemäß Vogelschutz-Richtlinie und Habitat-Richtlinie ausgewiesenen besondere Schutzgebiete. Mehrere Mitgliedstaaten (darunter Deutschland, Irland, Niederlande, Österreich, UK) haben die Auslegung des Begriffs ,empfindliches Gebiet" im Anhang III in ihr einzelstaatliches Recht übernommen. Die Niederlande haben die Anforderungen des Anhangs umgesetzt und eine erschöpfende Liste empfindlicher Gebiete in das ,Structuurschema Groene Ruimte" aufgenommen, das auf Provinzebene in Grundsatzdokumente umgesetzt wird (ökologische Struktur der Provinzen). Im Vereinigten Königreich beinhalten die Durchführungsverordnungen eine Definition des Begriffs ,empfindliche Gebiete" in neun Kategorien (einschließlich Natura-2000-Gebiete, sonstige Gebiete von besonderem wissenschaftlichen Interesse, Gebiete von außergewöhnlicher Naturschönheit usw.). Damit wird eine UVP-Pflicht bei allen vorgeschlagenen Projekten bezweckt, die sich ganz oder teilweise in empfindlichen Gebieten befinden, und zwar auch bei Unterschreitung der Ausschlussschwelle.

Zusammenfassung der Hauptergebnisse: Empfindliches Gebiet

Die Mehrzahl der Mitgliedstaaten hat den Begriff ,empfindliches Gebiet" in das einzelstaatliches Recht übernommen, und vielfach eigene, als ökologisch empfindlich ausgewiesene Gebiete entsprechend kategorisiert. Länder, die von Ausschlussschwellen (Grün) Gebrauch machen, regeln, dass Projekte auch bei Unterschreitung der Schwellen einer UVP zu unterziehen sind, wenn sie sich in einem empfindlichen Gebiet oder in dessen Nähe befinden.

Konsultation

3.2.22 Durch die Richtlinie 97/11/EG wurden zahlreiche neue Bereiche festgelegt, in denen im Zuge des UVP-Verfahrens eine Konsultation/Anhörung stattfinden kann. Zwar sieht die Richtlinie auf der Stufe der Vorprüfung keine Konsultation vor, doch lässt die Tatsache, dass die zuständige Behörde möglicherweise anhand des Anhangs III Bereiche prüfen muss, die außerhalb ihrer fachlichen Kompetenz liegen, darauf schließen, dass unter Umständen Expertengremien konsultiert werden müssen. Nur drei Mitgliedstaaten (Italien, Schweden und Spanien) sehen die Anhörung der Öffentlichkeit vor der Entscheidung über das Screening von Anhang-II-Projekten vor. Als ein Grund für die Öffentlichkeitsbeteiligung während der Vorprüfung wird der Umstand gesehen, dass der Gradmesser für eine erhebliche Auswirkung weitgehend subjektiv ist und an der Feststellung diejenigen beteiligt sein sollten, die von dem Projekt betroffen sein werden. Einige Mitgliedstaaten geben das Anstehen einer Screening-Entscheidung öffentlich bekannt, und die Öffentlichkeit erhält Gelegenheit zur Stellungnahme. In anderen Mitgliedstaaten wird die Entscheidung über das Screening als rein technische Angelegenheit betrachtet, wobei die Öffentlichkeit entweder durch staatliche Gremien ,vertreten" ist oder die Möglichkeit hat, gerichtlich gegen eine Entscheidung vorzugehen. Wie bereits unter 3.2.10 ausgeführt, sieht das einzelstaatliche Recht in einigen Fällen eine UVP-Pflicht für die Mehrzahl der Anhang-II-Projekte vor, so dass es keine Screening-Entscheidung gibt, zu der die Öffentlichkeit angehört werden kann.

Zusammenfassung der Hauptergebnisse: Konsultation

Nur wenige Mitgliedstaaten beziehen die betroffene Öffentlichkeit in das Screening-Verfahren ein, viele betrachten es als rein technische Entscheidung.

Anzahl der Projekte

3.2.23 Durch die Richtlinie 97/11/EG wurden die Projektarten in den Anhängen I und II erweitert. Das Interesse der Kommission bestand nun darin zu erfahren, ob die Änderungsrichtlinie Auswirkungen auf die Zahl der in den Mitgliedstaaten durchgeführten UVP hatte. Die Reaktionen fielen recht unterschiedlich aus. Ungefähr die Hälfte der Mitgliedstaaten vermeldete oder erwartete einen deutlichen Anstieg der Zahl der nach der Umsetzung der Änderungsrichtlinie durchgeführten UVP. Etliche Mitgliedstaaten (Dänemark, Österreich, Spanien und UK) verzeichneten eine erhebliche Zunahme. Nicht alle Mitgliedstaaten waren in der Lage, einen zahlenmäßigen Anstieg oder Rückgang zu belegen, da in einigen Fällen die UVP-Tätigkeit nicht landesweit erfasst wird. Mehrere Mitgliedstaaten hatten Schwierigkeiten mit der Quantifizierung und gaben als Grund u. a. an:

- Nicht erfolgte Umsetzung der Änderungsrichtlinie

- Fehlen einer angemessenen Datenbank

- Vielzahl unterschiedlicher Genehmigungsverfahren, in deren Rahmen eine UVP erfolgt

- Komplikationen aufgrund regionaler Gegebenheiten.

Mehrere Mitgliedstaaten vermeldeten geringfügige bzw. gar keine Veränderungen und begründeten dies damit, dass die durch die Richtlinie 97/11/EG neu eingeführten Projektarten in den bestehenden Rechtsvorschriften bereits genannt sind. Vielen Mitgliedstaaten bereitet die zahlenmäßige Abgrenzung zwischen Anhang-I- und Anhang-II-Projekten Probleme. Die nach der Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten pro Jahr durchgeführte durchschnittliche Anzahl von UVP schwankt erheblich; sie reicht von mehr als 7000 bis zu weniger als 10. Für diese gravierenden Schwankungen zwischen den Mitgliedstaaten gibt es viele Gründe, so die jeweiligen wirtschaftlichen Gegebenheiten und die Bevorzugung bestimmter Projektarten. Mehrere Mitgliedstaaten erklärten, dass zeitliche Vergleiche durch die unterschiedliche konjunkturelle Entwicklung in den Ländern möglicherweise verzerrt werden. Allerdings haben auch die großen Unterschiede im Hinblick auf die Höhe der festgelegten Schwellenwerte deutliche Auswirkungen auf den zahlenmäßigen Umfang der UVP-Tätigkeit.

3.2.24 Einige Länder verfügen über gute Datenbanken zur UVP-Tätigkeit, die es ihnen ermöglichen, konkrete Angaben zur jährlich durchgeführten Anzahl von UVP, aufgeschlüsselt nach Anhängen und Projektarten, zu machen. Dies erweist sich als sehr hilfreich bei der Überwachung der Umsetzung und von Tendenzen sowie für die Forschungstätigkeit auf dem Gebiet der UVP. In anderen Fällen werden die Angaben nicht so genau erfasst, und vielfach liegen nur Schätzzahlen zur UVP-Tätigkeit vor. Vorbehaltlich der genannten Einschränkungen und der fehlenden Detailliertheit der Befragungsergebnisse sind in Tabelle 9 die besten Schätzwerte der durchschnittlich pro Jahr vor und nach der Änderung durchgeführten UVP aufgeführt.

Zusammenfassung der Hauptergebnisse: Anzahl der Projekte

Die Zahl der jährlich durchgeführten UVP schwankt zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union erheblich. Die fehlende Überwachung der UVP-Tätigkeit auf nationaler Ebene und die praktische Anwendung der UVP-Richtlinie lassen nur wenig Raum für Spekulationen über die Gründe für die starken Schwankungen bei der Zahl der durchgeführten UVP zwischen den Mitgliedstaaten. Eine Erklärung könnten die unterschiedlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten sein, genauso gut könnte aber auch ein Zusammenhang mit der Höhe der festgelegten Schwellenwerte bestehen.

Maßnahme: Siehe Empfehlung 5.4.2. (b) und (k).

Tabelle 9: Entwicklung der UVP-Tätigkeit (Schätzzahlen der Mitgliedstaaten)*

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

*Die Angaben in dieser Tabelle sollten mit Vorsicht betrachtet werden. Sie lassen einen Mangel an systematischer Berichterstattung und Transparenz in den 15 Mitgliedstaaten erkennen, und in einigen Fällen liegen nur Schätzwerte vor bzw. beziehen sich die Angaben nur auf die nationale, nicht jedoch auf die regionale Ebene.

**Spanien: Es stehen keine genauen Angaben zur Verfügung. Auf der regionalen Ebene könnten es 20-30 000 sein.

3.3 Scoping

Verfahren

3.3.1 In der Anleitung der Europäischen Kommission [12] wird das Scoping definiert als ,the process of determining the content and extent of the matters which should be covered in the environmental information to be submitted to a competent authority for projects which are subject to UVP" (das Verfahren zur Ermittlung des Inhalts und Umfangs der Aspekte, die in den Umweltangaben erfasst werden sollten, die der zuständigen Behörde bei UVP-pflichtigen Projekte vorzulegen sind) (http://www.europa.eu.int/comm/environment/ eia/eia-guidelines/g-scoping-full-text.pdf). Der Zweck des Scoping besteht darin, die Umweltverträglichkeitsprüfung schwerpunktmäßig auf die Hauptauswirkungen bzw. erheblichen Auswirkungen auszurichten. Im Rahmen des Scoping-Verfahrens müssen also das Projekt und die davon betroffene Umwelt ausführlich beschrieben werden, um alle potenziellen Auswirkungen zu ermitteln und ausgehend davon abzuklären, welche dieser Auswirkungen erheblich sein könnten. Wegen der Kompliziertheit der Ermittlung von Auswirkungen und des Scoping wird der Projektträger häufig die zuständige Behörde und andere für den Umweltschutz zuständige Stellen zum Umfang der Prüfung konsultieren müssen. In Veröffentlichungen zu bewährten UVP-Verfahren wird die Anhörung der Öffentlichkeit zum Umfang der UVP überwiegend befürwortet [13]. Artikel 5 Absatz 2 der UVP-Richtlinie wurde durch die Richtlinie 97/11/EG eingeführt und sieht ein förmliches Scoping-Verfahren vor. Eine entsprechende Forderung ist in der Richtlinie 85/337/EWG nicht enthalten; dennoch wendet die Mehrzahl der Mitgliedstaaten bestimmte Formen des Scoping an. Mit der Einführung einer Scoping-Forderung in die Richtlinie wurde hauptsächlich das Anliegen verfolgt, frühzeitig den Kontakt zwischen dem Projektträger und der zuständigen Behörde herzustellen und in gewissem Umfang die Zusammenarbeit im Hinblick auf Fragen zu ermöglichen, die für die vom Projektträger vorzulegenden und von der Behörde zu prüfenden Angaben von erheblichem Belang sind. Dies sollte bereits vor der Einreichung des Genehmigungsantrags durch den Projektträger geschehen. Damit sollen spätere Verzögerungen vermieden werden, und es soll sichergestellt werden, dass die vorzulegenden Angaben eine bestimmte Qualität aufweisen und vollständig sind. In der UVP-Richtlinie werden zwei Sachverhalte geregelt. Zum einen muss die zuständige Behörde auf Ersuchen des Projektträgers eine Stellungnahme zur Liste der später in Form einer ,Umweltverträglichkeitserklärung" einzureichenden Angaben abgeben. Zum anderen ermöglicht es die Richtlinie den Mitgliedstaaten, ein solches Verfahren verbindlich vorzuschreiben, so dass die zuständigen Behörden eine Stellungnahme auch ohne ein entsprechendes Ersuchen des Projektträgers abgeben müssen. Zudem sieht die Richtlinie die Konsultation der für Umweltfragen zuständigen staatlichen Stellen vor und regelt, dass sie alle ihnen zur Verfügung stehenden Informationen, die sich im UVP-Verfahren als hilfreich erweisen könnten, bereitstellen können.

[12] Siehe KEG (2001) Environmental Impact Assessment - Guidance on Scoping, Brüssel, KEG.

[13] Siehe Glasson, J. R. Therivel und A. Chadwick (1999) Introduction to Environmental Impact Assessment 2nd Edition, London, UCL Press, S. 91.

3.3.2 In sieben Mitgliedstaaten besteht ein verbindlich vorgeschriebenes Scoping-Verfahren. In Frankreich ist für bestimmte Projektarten (Industrie, Gewinnung von Steinen und Erden und bestimmte Projekte in der Landwirtschaft) das Scoping verbindlich vorgeschrieben. In einigen Regionen Italiens ist das Scoping verbindlich vorgeschrieben, nicht jedoch auf nationaler Ebene. Verwiesen sei darauf, dass in vielen Ländern, in denen Scoping-Pflicht besteht, entsprechende Bestimmungen bereits vor Annahme der Richtlinie 97/11/EG bestanden und sie demzufolge von der Richtlinie nicht betroffen waren. In der Frage, ob sich die Einführung von Scoping-Verfahren günstig ausgewirkt hat, gehen die Meinungen der Mitgliedstaaten auseinander. Viele Länder glauben, dass es für eine Beurteilung des Verfahrens viel zu früh ist, andere erklären lediglich, dass sie keine nennenswerten Unterschiede feststellen können, weil die Scoping-Pflicht bei ihnen bereits seit langem besteht. Einige Länder waren der Ansicht, dass die Qualität der den zuständigen Behörden vorgelegten Angaben nach der Einführung des Scoping besser geworden ist; gleichwohl räumten sie ein, dass sie dies nicht konkret belegen können. Die Einführung von Scoping-Verfahren hat möglicherweise eine Verlängerung des UVP-Verfahrens zur Folge; allerdings weist wenig darauf hin, dass dies tatsächlich der Fall ist.

Anhörung

3.3.3 In der Hälfte der Mitgliedstaaten findet eine Anhörung der Öffentlichkeit während des Scoping statt. In einigen Fällen gehört die Anhörung zu den gesetzlich vorgeschriebener Verfahrensschritten (Belgien - Regionen Brüssel und Wallonien, Dänemark, Finnland, Niederlande, Schweden und Spanien). In Deutschland, Irland, Österreich und im Vereinigten Königreich werden zwar die einschlägigen Umweltbehörden und Stellen konsultiert, es bleibt aber der zuständigen Behörde überlassen zu entscheiden, ob die Öffentlichkeit zum Anwendungsbereich angehört wird oder nicht. In Finnland beruht die Anhörung auf der Veröffentlichung des Entwurfs des Scoping-Dokuments. Dabei handelt es sich um ein Arbeitsprogramm, in dem festgelegt ist, wie die Prüfung abläuft und was Gegenstand der Prüfung sein wird. Die Öffentlichkeit erhält Gelegenheit, Stellung zum Scoping-Dokument zu nehmen und Vorschläge zu unterbreiten, welche Aspekte in die UVP einzubeziehen und welche davon auszunehmen sind.

Methoden

3.3.4 Für das Scoping wird eine breite Palette von Methoden genutzt, darunter Checklisten, Matrizes, Folgenketten und die Modellierung, wobei Expertenurteile häufigsten zur Rate gezogen werden. Vielfach wird keine konkrete Methode beschrieben, was teilweise der Einsicht geschuldet ist, dass verschiedene Techniken für verschiedene Gegebenheiten geeignet sind (dies trifft z. B. auf Frankreich, Dänemark, das Vereinigte Königreich, Belgien-Wallonien zu). Ungefähr 50 % der Mitgliedstaaten erklären ausdrücklich, dass sie die Leitlinien der Kommission anwenden. Einige Mitgliedstaaten haben eigene Leitlinie entwickelt, und zwar entweder unabhängig von den Leitlinien der Kommission (z. B. die Niederlande) oder im Wege ihrer Anpassung (z. B. Österreich). Griechenland hat Leitlinien mit Festlegungen zu den für verschiedene Projektarten vorzulegenden Angaben erarbeitet, wobei diese Leitlinien in jedem Einzelfall erweitert werden, um den konkreten Anforderungen zu entsprechen. Die Mitgliedstaaten sind sich der Herausforderungen bewusst, die aus der Prüfung von Interaktionen zwischen Auswirkungen im Rahmen der UVP erwachsen, einschließlich der methodischen Unsicherheiten und der Notwendigkeit einer wirksamen Koordinierung und Kommunikation zwischen den an der UVP üblicherweise Beteiligten (siehe Tabelle 10).

Tabelle 10: Methoden zur Ermittlung von Interaktionen zwischen Auswirkungen im Rahmen des Scoping

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

Zusammenfassung der Hauptergebnisse: Scoping

Beim Scoping (Festlegung des Untersuchungsrahmens) ist die Bandbreite der Ansätze reicht breit. So messen einige Mitgliedstaaten einem frühzeitigen Scoping mehr Bedeutung bei als andere. In den Ländern, in denen das Scoping nicht verbindlich vorgeschrieben ist und die im Rahmen des Scoping auf freiwilliger Basis keine Anhörung der Öffentlichkeit vorsehen, besteht nur ein sehr geringes Interesse an diesem Vorgang. Allerdings gibt es auch Mitgliedstaaten mit einer gegenläufigen Tendenz, dort ist nämlich vorgeschrieben, neben den Entwürfen der Scoping-Berichte auch die Entwürfe der Umweltverträglichkeitserklärungen (UVE) zu veröffentlichen. Einigen Mitgliedstaaten ist zudem bewusst, dass im Wege der Öffentlichkeitsbeteiligung auf der Stufe des Scoping die Punkte ermittelt werden, die für die Menschen ,von Belang" sind, die mit den Folgen des Projekts leben müssen, und nicht nur für die ,Experten", die davon nicht betroffen sein werden.

Maßnahme: Siehe Empfehlung 5.4.2. (d), (f) und (j).

3.4 Überprüfung der Umweltangaben

Einleitung

3.4.1 Die UVP-Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten nicht, Festlegungen für eine formelle Überprüfung der Hinlänglichkeit der vom Projektträger an die zuständige Behörde übermittelten Umweltangaben zu treffen. Allerdings führte die Richtlinie 97/11/EG neue obligatorische Mindestanforderungen an die vorzulegenden Angaben ein, die indirekt auch die Notwendigkeit einer Überprüfung einschließen, da ein Projekt unter Umständen nicht genehmigt wird, wenn die nach Artikel 5 Absatz 3 geforderten Angaben nicht vollständig sind. Zu diesen Mindestanforderungen, die durch die Richtlinie 97/11/EG in die UVP-Richtlinie eingebracht wurden, gehört die Vorlage von Informationen über die wichtigsten anderweitigen vom Projektträger geprüften Lösungsmöglichkeiten (worauf in Abschnitt 5.1 näher eingegangen wird). Im Leitfaden der EU [14] wird die Überprüfung von Umweltangaben wie folgt definiert:

[14] Siehe KEG(2001) Environmental Impact Assessment Guidance on Review, Brüssel, KEG.

,Feststellung, ob die von einem Projektträger an eine zuständige Behörde im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung eingereichten Umweltangaben ausreichend sind, um eine Entscheidung über die Genehmigung zu treffen."

(http://www.europa.eu.int/comm/environment/ eia/eia-guidelines/g-review-full-text.pdf).

In der UVP-Richtlinie ist nicht vorgeschrieben, in welcher Art und Weise der Projektträger die Umweltangaben vorzulegen hat, jedoch gehen die meisten Mitgliedstaaten davon aus, dass dies entsprechend bewährter internationaler Praktiken in Form eines Berichts - einer Umweltverträglichkeitserklärung - zu erfolgen hat.

Regelungen für die Überprüfung

3.4.2 In den meisten Mitgliedstaaten obliegt es letztendlich der zuständigen Behörde, über die Hinlänglichkeit der vorgelegten Angaben zu befinden, darunter auch über die Einhaltung der gesetzlichen Auflagen. Die Mitgliedstaaten verfügen größtenteils nicht über ein systematisches UVP-Überprüfungsverfahren, und es gibt die unterschiedlichsten Vorgehensweisen, um die Einhaltung der Richtlinie zu gewährleisten. Alle Mitgliedstaaten bezogen sich auf die bestehenden allgemeinen Regelungen für die Einhaltung und die Qualitätssicherung durch Konsultation mit den entsprechenden staatlichen Stellen, Nichtregierungsorganisationen (NRO) und Vertretern der Öffentlichkeit. Die meisten Länder hatten kein systematisches und obligatorisches UVP-Überprüfungsverfahren angewendet bzw. keine solche Anwendung geplant, und einige begründeten dies damit, dass es in der Richtlinie nicht gefordert wird.

3.4.3 Die von den einzelnen Mitgliedstaaten angewendeten Überprüfungssysteme werden in Tabelle 11 beschrieben. Einige Länder haben genau festgelegte Kontrollpunkte im Rahmen eines formellen Überprüfungsverfahrens, das eine unabhängige Bewertung der UVE einschließt. Eine Reihe von Mitgliedstaaten allerdings überlassen der zuständigen Behörde die Entscheidung über die Hinlänglichkeit und Vollständigkeit der Umweltangaben, es gibt keine weiteren Kontrollpunkte. Die meisten Mitgliedstaaten geben eindeutig an, dass die zuständige Behörde zusätzliche Informationen anfordern kann, wenn sie die vorliegenden für nicht ausreichend erachtet. Sollten sich diese wiederum als unzulänglich herausstellen, kann der Antrag abgelehnt werden. In vielen Fällen stellt die Bestätigung der UVP einen Schritt im Genehmigungsverfahren dar, ohne den der Genehmigungsantrag nicht weiter bearbeitet werden kann.

Tabelle 11 Überprüfung der Umweltangaben

Mitgliedstaat //

Österreich // Anhang IV wurde in innerstaatliches Recht umgesetzt (Art. 6 des UVP-Gesetzes), und jede Umweltverträglichkeitserklärung (UVE) wird von einem Team interner und/oder externer Sachverständiger der UVP-Behörde und der mitwirkenden Behörden, die eine zusammenfassende Bewertung der voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen vorzunehmen haben, dahingehend überprüft, ob diese Anforderungen eingehalten werden.

Belgien // Brüssel

Ein Kollegium von Sachverständigen aus den verschiedenen betroffenen regionalen und kommunalen Behörden (mit der Bezeichnung ,Comité d'Accompagnement de l'étude EIA") verfasst zum Zwecke der UVP ein Pflichtenheft, das zur öffentlichen Erörterung und zur offiziellen Unterrichtung der betroffenen Behörde(n) bestimmt ist. Erst wenn das Kollegium die UVP für vollständig erachtet (d. h. ihr einen hinlänglichen Informationsgehalt und hinlängliche Qualität bescheinigt), erklärt sie diesen Teil des Verfahrens für abgeschlossen. Eine zweite Konsultation der Öffentlichkeit findet statt, ehe die Behörde die Genehmigung erteilt.

Flandern

Die geltenden UVP-Rechtsvorschriften setzen die inhaltlichen Anforderungen der UVP-Richtlinie an die Umweltverträglichkeitserklärung um. Die Erstellung einer UVE erfolgt in einem informellen Verfahren, das eine Präzisierung der rechtlichen Scoping-Anforderungen und eine Kontrolle des Entwurfs der UVE vorsieht, bevor dieser dem UVP-Referat der Umweltbehörde zur förmlichen Genehmigung vorgelegt wird.

Wallonien

Ein unabhängiges Gremium von Sachverständigen für die verschiedenen Umweltbereiche prüft die Qualität und Hinlänglichkeit der Angaben.

Dänemark // Die UVE muss die inhaltlichen Anforderungen des Anhangs IV der dänischen Ministerialverordnung 428 vom 2. Juni 1999 erfuellen, der sich weitgehend mit Anhang IV der Richtlinie deckt.

Finnland // Die koordinierende Stelle (das regionale Umweltzentrum) beurteilt die Hinlänglichkeit der Umweltangaben, doch ist es letztendlich Sache der zuständigen Behörde, die Hinlänglichkeit der Angaben zu beurteilen; vielfach legen die Projektträger der zuständigen Behörde den Entwurf einer UVE zur Stellungnahme vor.

Frankreich // Die Überprüfung der Qualität der Umweltangaben erfolgt auf unterschiedlichen Ebenen, je nachdem, welche Behörde für die Genehmigung zuständig ist. Diese hat für die Hinlänglichkeit der Angaben zu sorgen.

Deutschland // Das Genehmigungsverfahren beginnt erst, wenn alle gesetzlichen Vorgaben, darunter die Bereitstellung aller relevanten Informationen nach Anhang IV der Richtlinie, erfuellt sind und die zuständige Behörde den Antrag für vollständig erachtet.

Griechenland // Die zuständige Behörde überprüft die Hinlänglichkeit und Qualität jeder UVE im Hinblick auf:

- die in Anhang IV der Richtlinie 97/11/EG dargelegten Anforderungen an die Umweltangaben,

- etwaige Leitlinien zu UVE für bestimmte Projektarten,

- alle gesetzlichen Anforderungen,

- die Hinlänglichkeit der wissenschaftlichen und technischen Angaben.

Irland // Leitlinien (und beigefügte Hinweise) sollen den Behörden die Beurteilung der Hinlänglichkeit der ihnen vorgelegten UVE erleichtern.

Italien // Es erfolgt keine förmliche Überprüfung, aber UVE müssen den Anforderungen der einschlägigen Rechtsvorschriften entsprechen.

Luxemburg // keine Angaben

Niederlande // Wie im niederländischen UVP-Recht vorgeschrieben, werden für die UVE projektspezifische Leitlinien erstellt. Die zuständige Behörde muss die UVE förmlich billigen. Dazu erfolgt eine inhaltliche Kontrolle der UVE anhand der spezifischen Leitlinien und der von der unabhängigen UVP-Kommission vorgenommenen Prüfung.

Portugal // Das Umweltministerium muss innerhalb von 20 Tagen erklären, ob die UVP den gesetzlichen Anforderungen entspricht oder zusätzliche Informationen benötigt werden.

Spanien // Die Umweltverträglichkeitsstudie wird anhand der in der Scoping-Phase festgelegten Vorgaben geprüft, wobei auch die Beteiligung der Öffentlichkeit vorgesehen ist.

Schweden // Ob eine UVP den Erfordernissen des UVP-Rechts entspricht, wird von der ,Umweltprüfungsstelle" der Bezirksverwaltungen und Umweltgerichte entschieden.

VK // Letztendlich ist es Sache der zuständigen Behörde zu entscheiden, wie am besten gewährleistet werden kann, dass die Umweltangaben hinlänglich und zweckdienlich sind.

Im Vereinigten Königreich beispielsweise wird die Entscheidung über den Genehmigungsantrag ausgesetzt, bis diese Angaben vorliegen. In Italien wird die Genehmigung bis zur Vorlage hinlänglicher Angaben vorübergehend verweigert, in Spanien ist die Genehmigung eines Projekts erst dann möglich, wenn die Angaben vollständig sind. In den Niederlanden muss die zuständige Behörde die UVP förmlich anerkennen. Die UVE wird zunächst anhand der projektspezifischen Leitlinien überprüft. Fällt das Ergebnis nicht zufriedenstellend aus, kann die UVE nicht anerkannt werden und es muss eine Nachbesserung erfolgen. Nach ihrer Anerkennung muss die zuständige Behörde die unabhängige EVP-Kommission bezüglich Qualität und Hinlänglichkeit der Angaben konsultieren. In den letzten Jahren hat die unabhängige UVP-Kommission zwischen 30 und 40 % der UVE für unzulänglich befunden und der zuständigen Behörde geraten, weitere Angaben einzuholen. In Frankreich wurden die Kriterien für eine Genehmigungsverweigerung auf der Grundlage der Arbeit der Verwaltungsgerichte erstellt, und anhand dieser Verfahren wurden Festlegungen zur Präsentation und zum Inhalt getroffen. Genauere Regelungen gibt es für klassifizierte Anlagen. In Belgien/Brüssel werden die Angaben nicht vom Projektträger geliefert, sondern von einem unabhängigen und entsprechend qualifizierten Berater, der sich bei seiner Arbeit nach den Anweisungen des aus den zuständigen Verwaltungen rekrutierten Expertenkollegiums richtet. Das Kollegium bewertet die Qualität und die Hinlänglichkeit der vorgelegten Angaben. In Finnland kann die Genehmigung nicht aus Gründen unzulänglicher Qualität oder Quantität der Angaben verweigert werden. Beim spanischen Verfahren zur Beurteilung von Qualität und Hinlänglichkeit der Angaben erfolgt die Überprüfung des Inhalts der Umweltverträglichkeitsstudie anhand der bei der Folgenabschätzung getroffenen Festlegungen, wobei auch die Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung und Überprüfung berücksichtigt werden.

3.4.4 Weniger als die Hälfte der Mitgliedstaaten haben bisher Untersuchungen zur Qualität und Hinlänglichkeit der Umweltangaben oder UVE angestellt (siehe Tabelle 12).

Tabelle 12: Untersuchungen zur Qualität der Umweltangaben

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Zusammenfassung der Hauptergebnisse: Überprüfung der Umweltangaben

Mit der Richtlinie 97/11/EG wurden neue Mindestanforderungen an die vom Projektträger zu machenden Angaben festgelegt. In der Mehrzahl der Länder kann im Rahmen der unterschiedlichsten Regelungen die Genehmigung verweigert werden, wenn keine hinlänglichen Angaben vorliegen. Einige Mitgliedstaaten sehen ein förmliches Prüfungsverfahren vor, damit die der zuständigen Behörde übermittelten Umweltangaben der Richtlinie entsprechen. Da aber die Richtlinie eine solche Prüfung nicht ausdrücklich vorschreibt, besteht in dieser Frage kein einheitliches Vorgehen. Die Anforderungen an die Bewertung der Hinlänglichkeit orientieren sich am Anhang IV, doch lediglich in einigen Mitgliedstaaten geht man über diese recht elementaren Angaben hinaus (z. B. mithilfe von Checklisten). In fast allen Mitgliedstaaten überlässt man die Prüfung der gemachten Angaben der zuständigen Behörde, und in zahlreichen Mitgliedstaaten soll sie ohne Zuhilfenahme spezieller Checklisten oder Prüfungskriterien erfolgen. In etwa der Hälfte aller Mitgliedstaaten wurden Untersuchungen zur Qualität der in UVE enthaltenen Angaben und zur Gesamtqualität der Prüfungen vorgenommen. Die entsprechenden Untersuchungen ergaben, dass bis zu 50 % der UVE nicht in vollem Umfang den Anforderungen der Richtlinie genügen.

Maßnahme: Siehe Empfehlung 5.4.2. (e).

3.5 Entscheidungsprozess

3.5.1 Sinn und Zweck einer UVP ist es, Entscheidungsträger vor dem Treffen einer Entscheidung mit Informationen über die Umweltfolgen einer Maßnahme zu versehen, damit diese in den Entscheidungsprozess eingehen können. Artikel 8 schreibt vor, dass die vom Projektträger gemachten Umweltangaben (die Umweltverträglichkeitserklärung) und die im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach Artikel 6 und 7 eingeholten Informationen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zu berücksichtigen sind. Auch wenn in der Richtlinie der Schwerpunkt auf Umweltfragen liegt, erhält die Berücksichtigung der Umweltkomponente keinen höheren Stellenwert als andere Überlegungen, die eine zuständige Behörde bei der Entscheidungsfindung in Rechnung stellen muss. Viele der Befragten verwiesen darauf, dass bei Entscheidungen zu Projekten auch der gesellschaftliche oder volkswirtschaftliche Nutzen zu beachten ist. Im Unterschied zu diesen Fragen regelt aber eine spezielle Richtlinie die Berücksichtigung der voraussichtlichen Umweltauswirkungen im Entscheidungsprozess. Die überwiegende Mehrheit der Mitgliedstaaten hat Rechtsvorschriften erlassen, wonach die Genehmigung zu verweigern ist, wenn gravierende Umweltschäden unvermeidlich wären.

3.5.2 In der Umfrage der Kommission wurden die Mitgliedstaaten aufgefordert zu erläutern, wie bei einem Zeitverzug zwischen UVP und Projektgenehmigung bzw. zwischen Genehmigung und Baubeginn oder Inbetriebnahme verfahren wird. Eingetretene Verzögerungen haben erhebliche Konsequenzen für das Ergebnis des UVP-Prozesses und die Genehmigung von Großprojekten. Bei größerem Zeitverzug kann sich das aufnehmende Milieu verändern, und die Umweltangaben zu den Ausgangsbedingungen sind womöglich nicht mehr zutreffend. Dies hat Folgen für die Genauigkeit von Prognosen über die Umweltauswirkungen und für die Relevanz und Wirksamkeit von Umweltschutzmaßnahmen. Die Ergebnisse der Fragebogenaktion lassen im Großen und Ganzen vier unterschiedliche Vorgehensweisen bei einem Zeitverzug zwischen Umweltverträglichkeitsprüfung und Genehmigung erkennen.

(i) In manchen Ländern dürfte zumindest theoretisch kein Zeitverzug eintreten.

(ii) Für das Genehmigungsverfahren wird eine Frist von 140 bis 450 Tagen gesetzt.

(iii) Die zuständige Behörde prüft und bewertet die eingereichten Angaben, um festzustellen, ob sie auf dem neuesten Stand sind, und fordert bei Bedarf zusätzliche Angaben. Dies ist das in den Mitgliedstaaten gängigste Verfahren. Falls am Projekt wesentliche Änderungen vorgenommen werden, ist in der Regel eine neue UVE erforderlich.

(iv) Für die Vorgehensweise bei Zeitverzug wurden keine besonderen Regelungen getroffen.

3.5.3 Sobald für ein Projekt eine Genehmigung erteilt wird, ist die Entscheidung im Normalfall verbindlich, d. h. zusätzliche oder andere Umweltauswirkungen können - sofern keine speziellen Regelungen bestehen - nicht bewertet und berücksichtigt werden (es sei denn, dass in dieser Zeit am Projekt Änderungen oder Erweiterungen vorgenommen werden, die vermutlich erhebliche Umweltauswirkungen nach sich ziehen und somit eine neue UVE erfordern). Sollte sich der Baubeginn oder die Inbetriebnahme nach der Genehmigung in die Länge ziehen, so kann dies gravierender sein als ein Zeitverzug vor der Genehmigung. Bei derartigen Verzögerungen wird sehr unterschiedlich verfahren, und aus den Ergebnissen der Fragebogenaktion lassen sich die folgenden Hauptvarianten ableiten:

(i) In den Mitgliedstaaten ist es üblich, die Geltungsdauer einer Genehmigung zu begrenzen. In manchen Fällen ist die Befristung eine Ermessensfrage, in anderen hingegen ist die Geltungsdauer vorgeschrieben und kann 2 bis 5 Jahre betragen. In den meisten Fällen ist nach Ablauf einer vorgegebenen Frist eine zusätzliche Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig.

(ii) Es können zusätzliche Auflagen erteilt werden, wenn sich die Gegebenheiten bis zum Baubeginn ändern.

(iii) Für die Vorgehensweise bei einem Zeitverzug wurden keine speziellen Regelungen getroffen, und die UVP kann nach Erteilung der Genehmigung nicht ,neu aufgerollt" werden.

(iv) Für die UVP und die Genehmigung gelten jeweils andere Rechtsvorschriften, und ein erheblicher Zeitverzug zwischen Genehmigung und Projektbeginn liegt außerhalb des Regelungsbereichs der UVP-Vorschriften.

3.5.4 Frankreich hat Leitlinien für Straßenbauprojekte erlassen, bei denen mit einem langen Zeitraum zwischen dem ursprünglichen Konzept und dem Baubeginn/der Inbetriebnahme zu rechnen ist. Die Leitlinien enthalten Orientierungshilfen zu der Frage, wie während dieses Zeitraums die Kontinuität der UVP sichergestellt werden kann und wie die Lücken auszufuellen sind, die bei der Weiterleitung des Projekts von einem Team zum anderen entstehen. Diese Vorgehensweise wurde in vier Fällen erprobt. Aus Tabelle 13 ist ersichtlich, wie die einzelnen Mitgliedstaaten bei einem Zeitverzug verfahren.

Tabelle 13: Verfahrensweise bei Zeitverzug

Land // 1.1. Anmerkung

Österreich // Gesetzlich ist für das Genehmigungsverfahren eine Dauer von maximal 6 Monaten (beim vereinfachten Verfahren) bzw. 9 Monaten (beim ordentlichen Verfahren) vorgeschrieben. Wenn sich zwischen UVP und Genehmigung die Umweltbedingungen ändern, müssen neue Umweltangaben vorgelegt und berücksichtigt werden, bevor über die Genehmigung entschieden wird. Die zuständige Behörde kann Fristen für eine Genehmigung (oder Teilgenehmigung) setzen, damit es nicht zu unnötigen Verzögerungen zwischen Genehmigung und Baubeginn/Inbetriebnahme kommt.

Belgien - // Brüssel Zwischen der Beantragung (wenn die UVP für vollständig erklärt wird) und der Genehmigung dürfen nach geltendem Recht höchstens 450 Tage liegen. Dieser Zeitraum umfasst die Zeit für die Überprüfung des UVP-Pflichtenhefts, die beiden öffentlichen Erörterungen und die eigentliche UVP (auf die etwa sechs bis acht Monate entfallen).

Laut UVP-Recht dürfen zwischen der Genehmigung und dem Baubeginn nicht mehr als zwei Jahre liegen. Werden an einem Projekt größere Änderungen vorgenommen, sodass sich andere Umweltauswirkungen ergeben als beim ursprünglichen Vorhaben, ist eine neue UVP erforderlich. Die zuständige Behörde kann die Auflagen verändern, wenn sich die Gegebenheiten bis zum Baubeginn ändern (kommt in der Praxis selten vor).

Flandern Wenn es zwischen der endgültigen Billigung der UVE und der Genehmigung zu einer Verzögerung kommt, wird die UVE mit einer Ergänzung zur Aktualisierung der Angaben versehen. Sofern wesentliche Änderungen an der ursprünglichen Konzeption erfolgen, werden die Projektbeteiligten angehört, um die Frage zu entscheiden, ob eine neue UVE erforderlich ist. Sobald die Genehmigung erteilt wird, muss das Projekt innerhalb von drei Jahren anlaufen.

Wallonien Nach der Einreichung der abschließenden UVE hat die zuständige Behörde innerhalb von 140 Tagen eine Entscheidung zu treffen. Falls mehr als fünf Jahre vergehen, bevor das Projekt anläuft, oder sich im Nachhinein zeigt, dass in der UVE eine wesentliche Umweltauswirkung unberücksichtigt blieb, muss die ursprüngliche UVE entsprechend ergänzt werden.

Dänemark // Eine UVE behält ihre Gültigkeit bis zur ersten Überarbeitung des Raumordnungsplans, sofern nicht die zuständige Behörde beschließt, die Gültigkeitsdauer um 4 Jahre zu verlängern (der Regionalplan muss alle 4 Jahre überarbeitet werden). Die nach einer UVP erteilte Genehmigung gilt für 3 Jahre; danach muss die Erlaubnis erneut eingeholt werden.

Finnland // Bei erheblichem Zeitverzug zwischen UVE und Genehmigung soll die zuständige Behörde prüfen, ob sich die Umweltbedingungen und das Projekt selbst seit der Prüfung der Umweltauswirkungen geändert haben. Wenn größere Änderungen am Projekt vorgenommen werden, kann sich eine neue UVP erforderlich machen. Für die UVP und die Genehmigung gelten jeweils andere Rechtsvorschriften, und ein erheblicher Zeitverzug zwischen Genehmigung und Projektbeginn liegt außerhalb des Regelungsbereichs der UVP-Vorschriften.

Frankreich // Zwischen der UVP und der Genehmigung sollte kein längerer Zeitraum liegen (die UVE ist Teil der Unterlagen, die der Projektträger zur Erlangung der Genehmigung einreicht, und die gemachten Angaben müssen präzise und aktuell sein). Die Genehmigung gilt für 3 Jahre; danach ist eine zusätzliche Prüfung der Umweltauswirkungen vonnöten. Für Straßenbauvorhaben wurden Leitlinien mit Ratschlägen zu der Frage herausgegeben, wie bei der UVP Kontinuität von der konzeptionellen Phase bis zur Inbetriebnahme zu gewährleisten ist.

Deutschland // Zwischen UVP und Genehmigung liegt in der Regel nur ein kurzer Zeitraum. Die zuständige Behörde soll prüfen, ob sich die Umweltbedingungen und das Projekt selbst verändert haben, und etwaige Änderungen berücksichtigen. Nach der Genehmigung können größere Änderungen des Projekts oder der Umweltbedingungen, die vor dem Baubeginn/der Inbetriebnahme eintreten, ein Genehmigungsverfahren erforderlich machen, zu dem gegebenenfalls auch eine UVP gehört. Ein Planfeststellungsbeschluss verliert nach 5 Jahren seine Gültigkeit.

Griechenland // Die zuständige Behörde prüft die UVE und bewertet in Abstimmung mit anderen mitwirkenden Behörden, ob die Angaben auf dem neuesten Stand sind. Falls erforderlich, kann sie eine Aktualisierung der UVE verlangen. Die UVP führt zu einer umweltrechtlichen Genehmigung mit bestimmten Umweltauflagen und vorgegebenen Fristen, sodass eine Überprüfung notwendig wird, wenn es zwischen dem Ergebnis der UVP und der endgültigen Genehmigung zu einem erheblichen Zeitverzug kommt.

Wenn sich nach der Genehmigung zeigten sollte, dass aufgrund von veränderten Umweltbedingungen die erteilten Umweltauflagen keinen hinreichenden Umweltschutz gewährleisten, können zusätzliche Auflagen erteilt werden, um die veränderten Gegebenheiten zu berücksichtigen. Das Erlöschen der umweltrechtlichen Genehmigung kann auch zu einem neuen UVP-Verfahren führen, wenn größere Änderungen des Projekts oder des aufnehmenden Milieus eingetreten sind.

Irland // Die UVP erfolgt während der Prüfung des Genehmigungsantrags, sodass zwischen der Bewertung der Umweltauswirkungen und der Erteilung der Genehmigung kein längerer Zeitraum liegt. Bis zum Baubeginn dürfen nach der Genehmigung maximal 5 Jahre verstreichen.

Italien // Im UVP-Recht ist ein Zeitverzug zwischen der Prüfung und der Genehmigung nicht vorgesehen, auch nicht zwischen Genehmigung und Baubeginn/Inbetriebnahme.

Luxemburg // Es liegen keine Angaben vor.

Niederlande // Wenn zwischen der UVP und der Genehmigung ein längerer Zeitraum liegt, kann die zuständige Behörde zusätzliche Angaben oder eine zusätzliche UVE verlangen. Bei größeren Änderungen am Projekt ist die Einleitung eines völlig neuen Verfahrens möglich. Ein Zeitverzug zwischen Genehmigung und Baubeginn/Inbetriebnahme kann nicht zu Veränderungen der UVE führen.

Portugal // Der Umweltminister muss dem Projektträger eine Umweltverträglichkeitsbescheinigung ausstellen, die für 2 Jahre gilt. Wenn die zuständige Behörde anschließend die Genehmigung nicht innerhalb dieser Zweijahresfrist erteilt, ist bei privaten Projekten eine neue UVP erforderlich. Bei öffentlichen Projekten wird die UVE überprüft. Falls sich die Bedingungen nicht verändert haben, behält die Bescheinigung ihre Gültigkeit. (Dies ist in der Praxis noch nicht vorgekommen, da das betreffende Gesetz erst seit etwa 2 Jahren in Kraft ist).

Spanien // Einzelfallprüfung

Schweden // Es wurden keine besonderen Regelungen für den Fall von Verzögerungen zwischen UVP und Genehmigung getroffen. Die zuständige Behörde kann für die Projektdurchführung Auflagen erteilen.

VK // Die zuständige Behörde kann bis zu dem Zeitpunkt, an dem über die Genehmigung entschieden wird, jederzeit weitere Angaben fordern. Es ist daher Sache der zuständigen Behörde, dafür zu sorgen, dass unter Zugrundelegung des aktuellen Kenntnisstands und aktueller Bewertungsmethoden alle voraussichtlichen Auswirkungen größerer Art vor der Genehmigung berücksichtigt werden.

Sobald die Genehmigung erteilt wurde, kann der Projektträger mit dem Bau beginnen. In diesem Stadium kann das UVP-Verfahren nicht noch einmal aufgerollt werden (die Richtlinie verlangt eine Prüfung vor der Entscheidung über die Genehmigung). Sollten die bisher unbekannten Auswirkungen aber so erheblich sein, dass sie z. B. größere und irreversible Schäden für ein Schutzgebiet oder eine geschützte Art zur Folge hätten, steht es der zuständigen Behörde frei zu prüfen, ob die Genehmigung gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu widerrufen ist.

Die Verordnungen zur Umsetzung der Richtlinie bei Projekten auf Ödland enthalten Fristen für den Beginn und Abschluss der Arbeiten nach Erteilung der Genehmigung und sehen eine Überprüfung der Genehmigung vor, wenn das Areal später zu einem Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung (im Sinne des Naturschutzes) erklärt wird.

Zusammenfassung der Hauptergebnisse: Entscheidungsprozess

Ohne förmliche Überwachung der Ergebnisse des UVP-Prozesses und gründlichere Untersuchungen lassen sich die Auswirkungen der UVP-Richtlinie auf den Entscheidungsprozess nur schwer beurteilen. Dennoch geht aus den Antworten hervor, dass im Entscheidungsprozess eine Abwägung zwischen den im UVP-Verfahren geprüften Umweltbelangen sowie anderen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Erwägungen erfolgt. Die Antworten auf die Fragen, die sich auf den Zeitverzug zwischen der Erstellung der benötigten UVP-Angaben und der Entscheidung bzw. zwischen der Entscheidung und dem Baubeginn beziehen, machen deutlich, dass die Mitgliedstaaten in dieser Frage sehr unterschiedlich vorgehen und sich daraus Probleme ergeben können. Es liegen keine Angaben der Mitgliedstaaten zum Ausmaß und zur Häufigkeit von Verzögerungen vor, man ist sich offenbar kaum der umweltpolitischen Konsequenzen dieser Problematik bewusst, und die Handhabung ist alles andere als einheitlich.

Maßnahme: Siehe Empfehlung 5.4.2. (h).

3.6 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Regelungen für wichtige Phasen

3.6.1 Wie die Untersuchung zeigt, wird in den Mitgliedstaaten der EU bei der konzeptionellen Gestaltung und Realisierung von UVP sehr unterschiedlich vorgegangen. Die Handhabung des Screening bei Projekten gemäß Anhang II differiert sehr stark im Hinblick auf die Anwendung und die Schwellenwerte. Auch beim Scoping ist kein einheitliches Vorgehen festzustellen, und nur sehr wenige Mitgliedstaaten schreiben in dieser wichtigen Phase der UVP eine Beteiligung der Öffentlichkeit vor (die Richtlinie verlangt dies nicht). Es gibt kaum Mitgliedstaaten, die über echte Mechanismen für eine nationale oder zentrale Überprüfung der Funktionsweise ihres UVP-Systems verfügen. Nur wenige Mitgliedstaaten konnten genaue Angaben zur Anzahl der im Laufe der Zeit durchgeführten UVP oder zur Art der geprüften Projekte machen. Lediglich in einigen Mitgliedstaaten ist die Kontrolle der Hinlänglichkeit der vom Projektträger eingereichten Umweltangaben förmlich geregelt. Um die Auswirkungen der UVP auf den Entscheidungsprozess und dessen Ausgang feststellen zu können, muss die praktische Arbeitsweise der UVP von den Mitgliedstaaten viel stärker überwacht und untersucht werden.

4.0 Wirkungsweise der Richtlinie insgesamt

4.0.1 An dieser Stelle geht es um die Regelungen, die von den Mitgliedstaaten getroffen wurden, um wesentlichen Gesichtspunkten der UVP-Richtlinie zu entsprechen. Die hier behandelten Fragen betreffen weitgehend die Wirksamkeit der Richtlinie insgesamt, auch wenn sie sich zum Teil schon aus der Richtlinie 97/11/EG ergeben.

4.1.0 Alternativen

4.1.1 Zu den wichtigsten Kritikpunkten an der Richtlinie 85/337/EWG zählt die Tatsache, dass von den Projektträgern oder zuständigen Behörden nicht verlangt wurde, von Anfang an bei der UVP eventuell vorhandene Alternativen zu prüfen. In der ursprünglichen Fassung war der Projektträger nach Artikel 5 Absatz 1 in Zusammenhang mit Anhang III verpflichtet, ,gegebenenfalls" einen Überblick über die wichtigsten anderweitigen vom Projektträger geprüften Lösungsmöglichkeiten zu geben und die wesentlichen Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen zu nennen. Das Wort ,gegebenenfalls" wurde in der Richtlinie 97/11/EG weggelassen. Darüber hinaus wurden die Angaben zu den anderweitigen Lösungsmöglichkeiten in Artikel 5 Absatz 3 der novellierten Richtlinie aufgenommen, wonach die im Rahmen des UVP-Verfahrens der zuständigen Behörde vorzulegenden Mindestangaben auch eine Übersicht über die wichtigsten ,vom Projektträger geprüften" anderweitigen Lösungsmöglichkeiten umfassen müssen. Damit misst die Richtlinie 97/11/EG innerhalb der UVP-Richtlinie insgesamt der Prüfung von Alternativen einen höheren Stellenwert bei. Dies steht im Einklang mit der Entwicklung des Umweltrechts der Gemeinschaft. Beispielsweise heißt es in Artikel 6 Absatz 4 der Habitat-Richtlinie, dass ein Projekt mit negativen Folgen für einen Natura-2000-Standort nur genehmigt werden darf, wenn ,eine Alternativlösung nicht vorhanden" ist. [15] Ausgehend von der Richtlinie 76/464/EWG über die Ableitung gefährlicher Stoffe in die Gewässer befand der EuGH in der Rechtsache C-232/97 Nederhoff / Dijkgraaf en Hoogheemrader va het Hooghemraadschap Rijnmland [16], dass Mitgliedstaaten die Erteilung einer Ableitungsgenehmigung von der Einhaltung einer Verpflichtung, alternative, weniger umweltbelastende Lösungen zu suchen oder zu wählen, abhängig machen dürfen. Die Prüfung anderweitiger Lösungsmöglichkeiten erlangt daher im Rahmen der Umweltpolitik und des Umweltrechts der EU zunehmende Bedeutung. Die in der Richtlinie 97/11/EG enthaltene Verpflichtung, ,eine Übersicht über die geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten" zu geben, setzt voraus, dass der Projektträger die denkbaren Alternativen geprüft hat, soweit derartige Informationen als relevante Informationen entsprechend den Kriterien in Artikel 5 Absatz 1 anzusehen sind. Zu diesen Kriterien zählen u.a. die besonderen Merkmale eines bestimmten Projekts oder einer bestimmten Art von Projekten und der möglicherweise beeinträchtigten Umwelt. Die Verpflichtung zur ,Angabe der wesentlichen Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen" bedeutet, dass der Projektträger Gründe dafür angeben muss, warum eine bestimmte vorhandene Alternative nicht geprüft wurde und warum unter den gegebenen Umständen eine bestimmte Variante gewählt wurde. Jedenfalls kann der Projektträger nicht nach Gutdünken bestimmen, ob er denkbare andere Lösungsmöglichkeiten prüft oder nicht. Die Untersuchung von Alternativen im Rahmen einer UVP ist ein weites Feld, und der Literatur zufolge sollten dabei im Normalfall die folgenden Punkte bedacht werden:

[15] Siehe KEG (2000), Natura 2000 - Gebietsmanagement: Die Vorgaben des Artikels 6 der ,Habitat-Richtlinie", Brüssel, KEG

[16] Rechtssache C-232/97, Slg. 1999, I-6385, Randnrn. 55-56.

- Standorte oder Trassen;

- Standortgestaltung und Projektplanung;

- Größe und Umfang;

- Betriebs- oder Führungsabläufe;

- Zeitplan für den Bau und die Inbetriebnahme; und

- Unterbleiben des Vorhabens.

Nach Wood (1997) ist die Prüfung von Alternativen die erste Phase der Projektplanung und des Projektmanagements [17]. Wenn dies zutrifft, sind kaum Situationen vorstellbar, in denen Projektträger erklären, überhaupt keine anderen Lösungsmöglichkeiten ,geprüft" zu haben.

[17] Wood C. (1997) Environmental Impact Assessment: A Comparative Review, London, Longman Scientific and Technical.

4.1.2 Die Ergebnisse der Fragebogenaktion der Kommission lassen erkennen, dass in den meisten Mitgliedstaaten das Genehmigungsverfahren eine gesetzliche Pflicht zur Prüfung von Alternativen unter Berücksichtigung der Projektziele einschließt. Sofern eine solche Prüfung nicht vorgeschrieben ist, aber dennoch stattgefunden hat, ist dies zu dokumentieren (Frankreich, Deutschland, VK). Welche Varianten geprüft werden, hängt in der Regel von der Art des Projekts ab. Möglicherweise kommen bei geplanten Straßen oder Rohrleitungen keine anderen Standorte in Frage, dafür werden aber Trassen- und Planungsvarianten untersucht, darunter Verarbeitungs- und Gestaltungsvarianten. In manchen Ländern (z. B. Frankreich) werden nicht nur Änderungen des Projekts in Erwägung gezogen, sondern auch anders geartete Vorhaben, mit denen sich die gleichen Ziele erreichen lassen.

4.1.3 In Ländern mit größerer Flexibilität in der zeitlichen Gestaltung (z. B. Finnland) stehen normalerweise in Fällen, in denen die UVP früher erfolgt, mehr Alternativen zur Auswahl. In Spanien und den Niederlanden ist die umweltverträglichste Variante zu prüfen. Die zuständige Behörde und die Öffentlichkeit (in den Niederlanden zudem die unabhängige UVP-Kommission) können bei der Festlegung der zu prüfenden Alternativen mitwirken. In den Niederlanden werden gegebenenfalls von den Projektträgern zusätzliche Informationen gefordert, wenn die zu den Alternativen gemachten Angaben für unzureichend gehalten werden. Diesen Ansatz zur Bestimmung und Prüfung von alternativen Lösungsmöglichkeiten - der dem Modell ,Best Practicable Environmental Option" ähnelt - haben sich auch manche Projektträger im Vereinigten Königreich zu Eigen gemacht.

4.1.4 Die Prüfung der Nullvariante ist nicht in allen Ländern vorgeschrieben. In Italien erfolgt sie durch die Behörde, sofern der Projektträger sie unterlassen hat, damit auch diese Möglichkeit in Betracht gezogen wird. In Finnland wird neben etwa drei anderen Alternativen auch eine Minimalvariante geprüft, was zur Verdeutlichung der Durchführbarkeitskriterien beiträgt.

4.1.5 In Griechenland ist - sofern keine anderweitige Lösungsmöglichkeit zur Prüfung benannt wird - das Fehlen praktikabler Alternativen zu erläutern. Dies entspricht der Position im Anschluss an die Rechtssache Nederhoff (siehe oben), wonach ein Projektträger, der keine alternativen Möglichkeiten prüft, die Gründe dafür angeben muss und auch zu begründen hat, warum keine anderen Lösungsvarianten existieren. Nach deutschem Planungsrecht sind Alternativen zu prüfen, insbesondere bei Entscheidungen im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens. So werden bei Verkehrsprojekten anhand der einschlägigen Rechtsvorschriften Varianten auf den vorgelagerten Planungsebenen geprüft. Künftig wird für diese vorgelagerten Planungsebenen eine strategische Umweltprüfung gemäß Richtlinie 2001/42/EG durchgeführt.

4.1.6 Mehrere Mitgliedstaaten (z. B. Schweden, Frankreich) sehen bestimmte Möglichkeiten für eine qualitative Verbesserung der Prüfung von Alternativen. In anderen Staaten (z. B. Italien) sind die Angaben im Allgemeinen hinlänglich, während sich ansonsten gezeigt hat, dass die vorgelegten Angaben zu Alternativen zumeist besser ausfallen, wenn es sich um größere Vorhaben handelt und staatliche Stellen als Projektträger fungieren.

Zusammenfassung der Hauptergebnisse: Prüfung von Alternativen

In einigen Mitgliedstaaten bildet die Prüfung von alternativen Lösungsmöglichkeiten einen Schwerpunkt des UVP-Prozesses, in anderen hingegen wird dieser Frage nicht die ihr gebührende Aufmerksamkeit geschenkt. Die Mehrzahl der Mitgliedstaaten schreibt die Prüfung der Nullvariante und weiterer Projektvarianten vor, die u. a. den Standort, die Abläufe und die Gestaltung betreffen können. An der Auswahl der zu prüfenden Alternativen, wozu häufig die ,umweltfreundlichste" Variante zählt, sind eine Vielzahl von Einrichtungen und z. T. auch die Öffentlichkeit beteiligt.

4.2 Anwendung von Artikel 1 Absatz 5 und Ausnahmefälle nach Artikel 2 Absatz 3

4.2.1 Artikel 1 Absatz 5 der Richtlinie 97/11/EG sieht Ausnahmen für Projekte vor, die durch einen besonderen einzelstaatlichen Gesetzgebungsakt genehmigt werden, da die in der Richtlinie vorgesehene Bereitstellung von Informationen im Wege des Gesetzgebungsverfahrens erfolgt. Ausnahmen von der UVP-Richtlinie sind nach Artikel 2 Absatz 3 auch für einzelne Projekte möglich, bei denen der betreffende Mitgliedstaat vor Erteilung der Genehmigung die Kommission über die Gründe für die Gewährung einer Ausnahme unterrichtet. Es hat den Anschein, dass Projekte nur in seltenen Fällen aufgrund eines Gesetzgebungsakts oder unter Hinweis auf Artikel 2 Absatz 3 von der UVP ausgenommen wurden. Lediglich Dänemark, Luxemburg, die Niederlande, Spanien und das Vereinigte Königreich haben Artikel 1 Absatz 5 in Anspruch genommen, und dies nur in einer sehr geringen Zahl von Fällen. Spanien hat sich überdies in einer wasserwirtschaftlichen Notlage auf Artikel 2 Absatz 3 berufen. In der Rechtssache C-435/97 World Wildlife Fund u. a. / Autonome Sektion Provinz Bozen u.a. (Rechtssache Bozen) ging es darum, ob im Falle eines sowohl militärischen als auch zivilen Zwecken dienenden Flugplatzes eine UVP stattfinden muss. Der EuGH entschied, dass die in Artikel 1 Absatz 4 vorgesehene Ausnahme nur für Projekte gilt, die Zwecken der nationalen Verteidigung dienen, und dass bei einer gemischten Nutzung wie im vorliegenden Falle die UVP-Richtlinie anzuwenden ist.

4.3 Änderungen und Erweiterungen, Kumulierung mit anderen Projekten und Salamitaktik

Einleitung

4.3.1 Es besteht ein unübersehbarer Zusammenhang zwischen den Themenkomplexen ,Kumulierung mit anderen Projekten", ,Änderungen und Erweiterungen", ,Salamitaktik" und der in Artikel 3 vorgeschriebenen Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Projekts. Es liegt zu dieser Problematik bereits eine aufschlussreiche Spruchpraxis vor - namentlich C-72/95 Rechtssache Dutch Dykes, C-431/92 Rechtssache Großkrotzenburg, C-392/96 Kommission/Irland und C-435/97 World Wildlife Fund u. a./Autonome Sektion Provinz Bozen u. a. (Rechtssache Bozen). Aus diesen Fällen geht eindeutig hervor, dass jegliche Auslegung von ,Kumulierung mit anderen Projekten", ,Änderungen und Erweiterungen" sowie ,unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen" unter Berücksichtigung des umfassenden Zwecks der UVP-Richtlinie insgesamt erfolgen sollte. In der Rechtssache Bozen befand der Gerichtshof, dass die von den Mitgliedstaaten gewählten Methoden nicht die Erreichung des Ziels der Richtlinie beeinträchtigen dürfen, ,kein Projekt, das erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt im Sinne der Richtlinie haben könnte, der Prüfung zu entziehen" (Randnr. 45). Im Hinblick auf die hier behandelte Thematik bezieht sich die Formulierung ,im Sinne der Richtlinie" auf das Erfordernis, sämtliche in Anhang II aufgeführte Projekte, die erhebliche Umweltauswirkungen haben können, unter Berücksichtigung der in Anhang III genannten Kriterien den Prüfungsverfahren zu unterziehen.

4.3.2 Die Urteile des EuGH besagen zudem, dass die Mitgliedstaaten aufgrund der breiten Auslegung des Zwecks der UVP-Richtlinie auch die Formulierungen ,Änderungen und Erweiterungen", ,Kumulierung mit anderen Projekten" und ,unmittelbare und mittelbare Auswirkungen" entsprechend interpretieren sollten. Dies gilt auch für den Fall, dass ein Großprojekt aus zahlreichen Einzelprojekten besteht, die zwar für sich genommen unter die Schwellenwerte für die Umwelterheblichkeit fallen, aber zusammen genommen erhebliche Umweltauswirkungen zeitigen. Ausgehend von der Rechtssache C-392/96 Kommission / Irland sollte so verfahren werden, um eine Salamitaktik zu verhindern (d. h. Umgehung der in der UVP-Richtlinie vorgeschriebenen Maßnahmen durch Prüfung einzelner Projektbestandteile statt des Gesamtprojekts oder Festlegung von Schwellenwerten, die etwas niedriger sind als in der UVP-Richtlinie). Wenn also in der Anfangsphase oder in anschließenden Teilphasen die nationalen Schwellenwerte für die Umwelterheblichkeitsprüfung nicht erreicht werden, aber das Projekt insgesamt die Schwellenwerte überschreitet oder nach den Kriterien in Anhang III mit erheblichen Umweltauswirkungen zu rechnen ist, müsste eine UVP stattfinden. Die Rechtssache Bozen machte zudem deutlich, dass auch die veränderte Nutzung einer bestehenden Anlage als ,Änderung oder Erweiterung" angesehen werden kann, wenn diese Änderung erhebliche Umweltauswirkungen zur Folge hat - in unserem Falle der Übergang von einem überwiegend militärisch genutzten Flugplatz zu einem kommerziell zur Beförderung von Passagieren und Fracht genutzten Flugplatz.

Änderungen und Erweiterungen

4.3.4 Nach Abschluss der Rechtssache Großkrotzenburg wurde in die Richtlinie 97/11/EG in Anhang II (13) die Verpflichtung aufgenommen, bei der Änderung oder Erweiterung von bereits genehmigten, durchgeführten oder in der Durchführungsphase befindlichen Projekten des Anhangs I oder II, die erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben können, zu prüfen, ob eine UVP erforderlich ist oder nicht. Damit wurde zugleich klargestellt, dass bei der Änderung oder Erweiterung von Projekten des Anhangs II ebenso zu verfahren ist wie bei Projekten des Anhangs I. Anhang II (13) enthält für die Vorprüfung eine Einschränkung, die ansonsten in der UVP-Richtlinie nicht zu finden ist, denn eine UVP ist nur bei Änderungen oder Erweiterungen vorgesehen, die erhebliche ,nachteilige" Auswirkungen auf die Umwelt haben können. Die allgemeine Regel lautet, dass sämtliche in Anhang II aufgeführten Projekte einer Umwelterheblichkeitsprüfung anhand der Auswahlkriterien in Anhang III zu unterziehen sind. Das zusätzliche Element deutet in die Richtung eines zweistufigen Vorprüfungsverfahrens. Bei der Umwelterheblichkeitsprüfung wird zunächst ermittelt, ob die Änderung oder Erweiterung vermutlich nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt hat, und bei Bejahung dieser Frage untersucht, ob die Auswirkungen erheblich sein dürften. Wie bei den allgemeinen Vorschriften zur Umwelterheblichkeitsprüfung, die mit der Richtlinie 97/11/EG eingeführt wurden, muss eine zuständige Behörde bei der Bestimmung der Erheblichkeit etwaiger nachteiliger Umweltauswirkungen die in Anhang III aufgeführten Screening-Kriterien beachten. Die künftige Richtlinie KOM/2000/0839 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter Pläne und Programme [18] bringt u. a. eine Änderung der UVP- und der IVU-Richtlinie mit sich, um sie mit den Bestimmungen des Aarhus-Übereinkommens in Einklang zu bringen. In die Richtlinie wird in Anhang I ein neuer Absatz 22 aufgenommen, wonach eine UVP erforderlich ist, sofern eine Änderung oder Erweiterung den in Anhang I aufgeführten Kriterien oder Schwellenwerten entspricht. Bei nicht durch Anhang I erfassten Änderungen und Erweiterungen gilt weiterhin Punkt 13. Auf diese Weise würde in der UVP-Richtlinie der Geist des Urteils in der Rechtssache Großkrotzenburg gebührend zum Ausdruck kommen.

[18] Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 41/2002 vom 25. April 2002, vom Rat festgelegt gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates* KOM/2000/0839 endg. - COD 2000/0331 */ Amtsblatt C 170 E vom 16.7.2002, S. 0022-0036.

4.3.5 In der Regel nehmen die Mitgliedstaaten zur Beantwortung der Frage, ob bei Veränderungen oder Erweiterungen eine UVP notwendig ist, eine Einzelfalluntersuchung vor oder legen Schwellenwerte zugrunde. Allerdings praktizieren einige Mitgliedstaaten ein kombiniertes Verfahren, bei dem sowohl eine Einzelfallprüfung erfolgt als auch für bestimmte Aktivitäten Schwellenwerte vorgegeben werden. Es gibt übrigens kaum Anhaltspunkte dafür, dass die Mitgliedstaaten zur Ermittlung ,nachteiliger" Auswirkungen andere Verfahren als die üblichen Methoden zur Bestimmung erheblicher Auswirkungen anwenden. Wenn Schwellenwerte zur Anwendung kommen, werden sie als bestimmter Prozentsatz (vielfach 25 %) des Erheblichkeitskriteriums festgelegt. Irland hat für den Anhang II (13) obligatorische Schwellenwerte vorgegeben, aber daneben gilt eine ,Pauschalregelung", wonach eine UVP in allen Fällen erforderlich ist, in denen die zuständige Behörde zu der Auffassung gelangt, dass ein unter dem Schwellenwert liegendes Vorhaben vermutlich erhebliche Umweltauswirkungen hätte. Liegt die Zuständigkeit für die UVP bei den Regionen (in Belgien, Deutschland, Italien), kann die regionale Praxis unterschiedlich sein. In Deutschland ist bei der Änderung oder Erweiterung eines UVP-pflichtigen Projekts eine UVP auch für die Änderung oder Erweiterung vorgeschrieben, sofern diese für sich genommen etwa die in Anhang I zum deutschen UVP-Gesetz aufgeführten Schwellenwerte für eine obligatorische Prüfung erreicht. Jede sonstige Änderung oder Erweiterung eines UVP-pflichtigen Projekts löst automatisch ein allgemeines Vorprüfungsverfahren aus, um die Notwendigkeit einer UVP anhand der Kriterien in Anhang II zum UVP-Gesetz zu klären, der dem Anhang III der UVP-Richtlinie entspricht.

4.3.6 In Frankreich ist eine UVP nicht erforderlich, wenn sich keine Änderung der Kapazität oder der Merkmale ergibt, wohl aber, wenn eine Modernisierung die Ausweitung der Kapazität einer bestehenden Anlage (z. B. im Hinblick auf das Verkehrsaufkommen oder den Produktionsausstoß) zur Folge hat. Bei bestimmten Anlagen sind eine neue Genehmigung und eine neue Umweltverträglichkeitserklärung notwendig, wenn es zu wesentlichen Änderungen des Produktionsniveaus oder des angewandten Verfahrens kommt, wobei diese Entscheidung nach einer Einzelfallprüfung getroffen wird. Im Vereinigten Königreich werden Änderungen oder Erweiterungen von Projekten des Anhangs II, die erhebliche Auswirkungen haben können, einer Vorprüfung unterzogen, um festzustellen, ob mit erheblichen Auswirkungen zu rechnen und somit eine UVP vonnöten ist. Es gelten Schwellenwerte und Kriterien mit Ausschluss- und Richtwertcharakter. Beispiele für Schwellenwerte bei ,Änderungen und Erweiterungen" werden in Kasten 2 angeführt.

Kasten 2: Beispiele für Schwellenwerte bei der Änderung und Erweiterung von Projekten

Österreich

Eine Änderung oder Erweiterung ist einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen, wenn eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50 % des im Anhang für neue Projekte festgelegten Schwellenwerts erfolgt und die Behörde im Einzelfall feststellt, dass durch die Änderung mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist.

Belgien

(Brüssel und Wallonien)

Wenn eine Änderung oder Erweiterung mit einer Kapazitätsausweitung von mindestens 25 % des bei der UVP berücksichtigten Schwellenwerts verbunden ist oder zur Folge hat, dass das Projekt den Schwellenwert erreicht, ist eine neue UVP erforderlich. Sofern aber eine UVP nach einer Änderung oder Erweiterung mit einer Kapazitätsausweitung von 25 % durchgeführt wird, bildet der neue Grenzwert der Genehmigung den Schwellenwert für eine Änderung oder Erweiterung. Wenn also beispielsweise ein erster Schwellenwert der Produktion von 100 t/Tag entspricht, macht sich bei einer Änderung oder Erweiterung, die zu einer Produktion von 125 t/Tag (oder darüber) führt, eine UVP erforderlich. Der Schwellenwert für eine weitere UVP liegt dann unter Zugrundelegung der 25 %-Regel bei 125 (oder darüber).

Irland

Die Schwellenwerte betreffen:

(a) jegliche Änderung oder Erweiterung eines Projekts, die

(i) zur Folge hätte, dass das Projekt in eine der in Anhang I oder Absatz 1 bis 12 des Anhangs II aufgezählten Klassen eingestuft wird, und

(ii) zur Folge hätte, dass die Größe um mehr als 25 % zunimmt, oder

(iii) um einen Betrag, der 50 % des einschlägigen Schwellenwerts entspricht, falls dieser Wert höher ist.

(b) Projekte des Anhangs I, die ausschließlich oder überwiegend der Entwicklung und Erprobung neuer Verfahren oder Erzeugnisse dienen und nicht länger als 2 Jahre betrieben werden.

(Eine Größenänderung wird anhand der Maßeinheit des entsprechenden Schwellenwerts berechnet.)

4.3.7 Die Richtlinie gilt für ,Projekte", die in Artikel 1 als ,Errichtung baulicher und sonstiger Anlagen" oder ,sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft" definiert werden. Es kann zwar sein, dass eine Kapazitätsausweitung nicht unmittelbar auf die Errichtung baulicher Anlagen zurückzuführen ist, doch können dafür ergänzende bauliche Anlagen erforderlich sein, z. B. zusätzliche Straßen oder Parkmöglichkeiten beim Ausbau der Abfertigungskapazität eines Flughafens. Die Änderung und Erweiterung von Projekten ist gewöhnlich in bestimmtem Umfang mit der Errichtung baulicher Anlagen verbunden. In einigen Mitgliedstaaten können Änderungen bestehender Infrastrukturprojekte wie Flughäfen, Autobahnen, Eisenbahnstrecken, Abwasserbehandlungsanlagen oder Industrieanlagen eine deutliche Kapazitätsausweitung zur Folge haben, ohne dass in größerem Umfang bauliche Anlagen errichtet werden (z. B. Zunahme des Luftverkehrs, Einführung einer zusätzlichen Schicht). Ob dies von den Mitgliedstaaten als Änderung oder Erweiterung angesehen wird, hängt von der Art der Genehmigung/Zulassung für das ursprüngliche Projekt ab. In manchen Fällen wird die Kapazität der neuen Anlage genehmigt, in anderen hingegen die Errichtung baulicher Anlagen. Dabei kann innerhalb eines Landes bei unterschiedlichen Projekttypen das eine oder das andere System zur Anwendung kommen (so wird in Frankreich bei der Genehmigung von Straßenbauprojekten die Anzahl der Fahrspuren zugrunde gelegt, bei Industrieanlagen die Produktionskapazität). Wurde die Kapazität genehmigt, erfordert eine höhere Produktionsmenge/stärkere Nutzung bis zu dieser Kapazitätsgrenze keine UVP, wohl aber eine Zunahme darüber hinaus (ggf. mit Neubautätigkeit). Bisweilen wird für eine EVP-pflichtige Kapazitätsausweitung ein Schwellenwert festgelegt, so z. B in Österreich bei Flughäfen ein Anstieg um 20 000 Flüge jährlich. Erfolgt bei der Erweiterung eines Projekts eine Einzelfalluntersuchung, wird berücksichtigt, ob sich der Standort in einem geschützten Gebiet oder in dessen Nähe befindet. Die Beantwortung der konkreten Frage, ob eine Erweiterung mit Kapazitätsausbau ohne Errichtung baulicher Anlagen eine UVP erfordert, hängt in Italien, Spanien und Dänemark von den jeweiligen Gegebenheiten ab. Ansonsten kommt es - sofern kein Zusammenhang mit einem anderen Genehmigungsverfahren besteht - nicht zu einer UVP (Niederlande, Belgien-Flandern, VK). Dabei ist Folgendes zu beachten: Die Richtlinie gilt für ,Projekte", die in Artikel 1 als ,Errichtung baulicher und sonstiger Anlagen" oder ,sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft" definiert werden. Es kann zwar sein, dass eine Kapazitätsausweitung nicht unmittelbar auf die Errichtung baulicher Anlagen zurückzuführen ist, doch können dafür ergänzende bauliche Anlagen vonnöten sein, z. B. zusätzliche Straßen oder Parkmöglichkeiten beim Ausbau der Abfertigungskapazität eines Flughafens.

4.3.8 In Deutschland kann die Änderung des Betriebs einer UVP-pflichtigen Anlage, die nicht mit größeren baulichen Maßnahmen verbunden ist, als Änderung einer technischen Anlage selbst Gegenstand einer UVP sein. Dies gilt beispielsweise für Abwasserbehandlungsanlagen und Industrieanlagen. In Irland wird im Falle einer so stark gestiegenen Nutzung, dass von einer erheblichen Nutzungsänderung gesprochen werden kann, eine Genehmigung erforderlich und es gelten die obligatorischen Schwellenwerte für Anhang II (13). Allerdings sind Infrastrukturprojekte wie Autobahnen und Abwasserbehandlungsanlagen so konzipiert, dass ein bestimmter Spielraum für die Kapazitätsausweitung besteht. Sobald aber darüber hinaus Kapazität benötigt wird, greift das irische UVP-Recht.

Kumulierung mit anderen Projekten

4.3.9 Die in Anhang II der UVP-Richtlinie aufgeführten Screening-Kriterien müssen berücksichtigt werden, wenn die Mitgliedstaaten Schwellenwerte festlegen oder die Vorprüfung von Projekten des Anhangs II als Einzelfalluntersuchung erfolgt. Die in Anhang III genannten Kriterien umfassen die Merkmale der Projekte, den Standort der Projekte und die Merkmale der potenziellen Auswirkungen. Die ,Kumulierung mit anderen Projekten" ist unter ,Merkmale der Projekte" aufgeführt und ,die bestehende Landnutzung" unter ,Standort der Projekte". Dabei ist die Kumulierung mit anderen Projekten nicht nur für die Anwendung des Screening von Belang, sondern von genereller Bedeutung für alle in den Geltungsbereich der UVP-Richtlinie fallenden Projekte (siehe z. B. Anhang IV, der eine Beschreibung der physischen Merkmale des gesamten Projekts und des Bedarfs an Grund und Boden vorschreibt).

4.3.10 Es hat den Anschein, dass sich die einzelnen Mitgliedstaaten mit unterschiedlichen Aspekten der Kumulationseffekte auseinandersetzen, sobald diese sich bemerkbar machen. In manchen Fällen wird die Kumulierung von Auswirkungen nur geprüft, wenn unterschiedliche Projekte zur gleichen Zeit beantragt und geprüft werden, in anderen Fällen, wenn eine neue Anlage in der Nähe eines bereits vorhandenen Standorts errichtet werden soll. In einigen Mitgliedstaaten werden Kumulationseffekte nur berücksichtigt, wenn benachbarte Projekte ähnlich geartet sind; ansonsten erfolgt eine getrennte Prüfung. Allerdings werden in Portugal die Kumulationseffekte von Windfarmen und Steinbrüchen zusammen bewertet. In anderen Ländern geben die ,funktionalen Beziehungen" zwischen den zu einem Programm gehörenden Projekten den Ausschlag. Die Richtlinie zur strategischen Umweltprüfung kann dabei in Zukunft als Orientierungspunkt dienen.

4.3.11 In Frankreich und Portugal macht eine funktionale Beziehung zwischen zeitgleich durchgeführten Projekten eine Bewertung des gesamten Programms erforderlich, was darauf hindeutet, dass zeitgleich durchgeführte Projekte ohne funktionale Beziehung keine solche Behandlung erfahren. Griechenland berücksichtigt die mögliche Kumulierung von Auswirkungen unterschiedlicher Projektarten, macht dies aber von einem Schwellenwert für die Entfernung abhängig, der beispielsweise bei Windkraftanlagen 5 km beträgt. Wenn aber ein einzelner Projektträger ähnlich geartete Projekte beantragt, die mehr als 5 km voneinander entfernt sind, können diese als einheitliches Projekt geprüft werden (sofern das Projekt nicht als Erweiterung betrachtet wird, wenn die Beantragung durch den vorhandenen Projektträger erfolgt). In Italien wird bei Synergie- und Kumulationseffekten die Belastbarkeit der Umwelt zugrunde gelegt. Allerdings kann weder in Italien noch in den Niederlanden bei Unterschreitung des Schwellenwerts eine UVP verlangt werden. In den Niederlanden berücksichtigen die zuständigen Behörden die Kumulierung von Projekten und Umweltauswirkungen, insbesondere bei Einzelfallprüfungen der Frage, ob eine UVP stattfinden soll. Eine Mobilitätsanalyse des Projektumfelds erleichtert vielfach die Schätzung der ungefähren Benutzerzahl von neuen Projekten wie Büros, Läden und Wohnungen.

4.3.12 In Finnland kann sich die Beantragung einer UVP als notwendig erweisen, wenn die Auswirkungen einer Reihe gleichzeitiger Projekte insgesamt die in Anhang I festgelegten Schwellenwerte überschreiten (selbst wenn die Schwellenwerte für einzelne Projekte nicht überschritten werden). Anders ist gegebenenfalls zu verfahren, wenn die Projekte getrennt und zu unterschiedlichen Zeiten durchgeführt werden, insbesondere wenn die einzelnen Projekte für sich genommen keine erheblichen Umweltauswirkungen nach sich ziehen. In Deutschland wird zwischen verschiedenen Arten der Kumulierung unterschieden:

- Kumulierung mit anderen Vorhaben am selben Standort (ein Kriterium für eine Vorprüfung nach Anhang II Punkt 2 des deutschen UVP-Gesetzes). Diese erfordert die gemeinsame Prüfung der Projekte im Hinblick auf die entsprechenden Schwellenwerte. Die Kumulierung ist in den vom Projektträger vorzulegenden Unterlagen zu beschreiben.

- Gleicher Projektträger bei einem bestehenden und einem kumulierenden (zusätzlichen) Vorhaben. In diesem Falle kann eine Einstufung als einheitliches Projekt oder als Änderung bzw. Erweiterung erfolgen.

- Kombiniertes Vorhaben (z. B. Anlage zur Intensivhaltung), bei dem es sich nicht unbedingt nur um einen einzigen Projektträger handelt. Das beantragte Vorhaben stellt in der Regel ein neues eigenständiges Projekt dar, und die Kumulierung muss bei der UVP berücksichtigt werden.

4.3.13 Österreich geht bei der Kumulierung von Auswirkungen so vor, dass die zuständige Behörde eine Einzelfalluntersuchung etwaiger Kumulationseffekte vorzunehmen hat, sofern sich (auch wenn ein einzelnes Projekt nicht die in Anhang I des österreichischen UVP-Gesetzes aufgeführten Kriterien erfuellt) Projekte in räumlicher Nähe zu gleichartigen Projekten befinden (z. B. zwei Tagebauanlagen oder mehrere Parkhäuser) und diese Projekte zusammen den maßgeblichen Schwellenwert erreichen oder die Kriterien von Anhang I des Gesetzes erfuellen. Eine Einzelfallprüfung ist nicht durchzuführen, wenn die Kapazität des beantragten Projekts weniger als 25 % des Schwellenwertes in Anhang I aufweist. Wird ein Projekt in der Nähe bereits bestehender Projekte beantragt, gilt die UVP nur dem zusätzlichen Projekt und nicht der bestehenden Anlage, doch sind die Auswirkungen auf die bestehende Anlage zu berücksichtigen.

4.3.14 In Schweden und Dänemark beinhaltet die Screening-Phase eine Prüfung der Möglichkeit von Kumulationseffekten, während sich in Irland die Bestimmungen für eine Vorprüfung unterhalb der Schwellenwerte dahingehend auswirken können, dass die Kumulationseffekte von Projekten gebührende Berücksichtigung finden. Dagegen werden in Spanien kleinere Projekte in räumlicher Nähe zu anderen geplanten oder bereits bestehenden Projekten unter prüferischen Gesichtspunkten als neue Projekte betrachtet. In einigen Mitgliedstaaten ist man sich darüber im Klaren, dass die Notwendigkeit einer effektiven Behandlung von Projekten auf der Basis von Schwellenwerten mit der Notwendigkeit einer Einzelfallprüfung bei Vorliegen einer Anzahl kleiner und nicht miteinander zusammenhängender Projekte in Konflikt geraten kann. Überdies können Kumulationseffekte leicht übersehen werden, wenn generell keine UVP unterhalb der Schwellenwerte vorgesehen ist.

,Salamitaktik"

4.3.15 Unter Salamitaktik versteht man die Praxis, Projekte in zwei oder mehr getrennte Teilvorhaben zu zerlegen, damit für die einzelnen Komponenten keine UVP erforderlich ist und keine Prüfung des Gesamtprojekts erfolgt. Eine andere Variante besteht darin, dass ein Projektträger die Genehmigung für ein Vorhaben einholt, das unterhalb des Schwellenwertes liegt und somit nicht UVP-pflichtig ist, und später eine Ausweitung des Projekts oder seiner Kapazität über den Schwellenwert hinaus vornimmt. Anscheinend ist man sich generell der Tatsache bewusst, dass die Möglichkeit zur Salamitaktik besteht und Maßnahmen zur Verhinderung eines solchen Vorgehens getroffen werden müssen. In mehreren Ländern wird aber bezweifelt, dass die bisher unternommenen Schritte dazu ausreichen. Zahlreiche Mitgliedstaaten setzen sich offenbar im Rahmen einer ,Änderung oder Erweiterung" oder von ,kumulierenden Projekten" mit der Salamitaktik auseinander. In mehreren Ländern verlangt das innerstaatliche UVP-Recht, bei einer Reihe von aufeinanderfolgenden oder gleichzeitigen Vorhaben, die miteinander im Zusammenhang stehen, das ,gesamte Programm" zu prüfen. Wenn beispielsweise in Deutschland ein Infrastrukturvorhaben in mehreren Stufen erfolgt, sind die einzelnen Projektabschnitte nur dann als eigenständige Teilvorhaben anzusehen, wenn jedes der Teilvorhaben ,für sich genommen eine sinnvolle Einheit darstellt". Dies entspricht der Spruchpraxis der deutschen Verwaltungsgerichte. In den Niederlanden werden voraussichtlich miteinander zusammenhängende Vorhaben als Bestandteil des Gesamtprojekts angesehen und entsprechend geprüft. In Schweden wird in der Screening-Phase der Umfang und der kumulative Charakter des Projekts untersucht. Stehen Projekte (z. B. im Windkraftbereich) miteinander im Zusammenhang, kann von einem einheitlichen Antrag ausgegangen werden. Auch wurden schon verschiedene Projektträger als einheitlicher Projektträger behandelt. Im Vereinigten Königreich sollte nach der herrschenden Rechtsprechung ein Antrag nicht gesondert daraufhin geprüft werden, ob eine UVP erforderlich ist, wenn er ,im Rahmen eines zweifellos wesentlich umfangreicheren Vorhabens" gestellt wird.

4.3.16 In Portugal ist man sich sehr wohl der Tatsache bewusst, dass die Salamitaktik vorkommt. Normalerweise ist eine UVP bei Unterschreitung der Schwellenwerte nicht erforderlich, doch wenn eine Behörde zu dem Schluss kommt, dass ein Projekt zur Vermeidung einer UVP zerlegt wird, geht dem Umweltministerium ein Schreiben zu. Das Ministerium kann anordnen, trotz Unterschreitung der Schwellenwerte eine UVP durchzuführen, was in der Praxis auch geschieht. In Österreich will man dem Problem der Salamitaktik dadurch begegnen, dass Änderungen oder Erweiterungen von Vorhaben, die in den vorangegangenen fünf Jahren erfolgten, zu berücksichtigen sind. In Dänemark und Finnland wird eine Einzelfalluntersuchung als hilfreiches Mittel zur Verhinderung der Salamitaktik betrachtet, während man in Irland meint, derartige Praktiken durch niedrige obligatorische Schwellenwerte durchkreuzen zu können. Zwar gelten in Spanien keine speziellen Regelungen zum Umgang mit diesem Problem, doch glaubt man, einer Salamitaktik dadurch den Boden zu entziehen, dass sämtliche Bestandteile eines Bauprogramms einer Einzelfallprüfung unterzogen werden.

Zusammenfassung der Hauptergebnisse:

Änderungen und Erweiterungen

EU-weit wird bei Änderungen und Erweiterungen sehr unterschiedlich verfahren, wobei die bestehenden Vorschriften für andere Genehmigungen, die Art des Projekts und der Charakter der Änderung oder Erweiterung eine Rolle spielen. In verschiedenen Mitgliedstaaten sind sowohl konkrete Schwellenwerte (vielfach in Prozent des Größenwerts des ursprünglichen Projekts angegeben) als auch Einzelfalluntersuchungen bzw. eine Kombination dieser Verfahren vorgeschrieben. Einige Mitgliedstaaten verlangen eine UVP, wenn eine Kapazitätsausweitung beantragt wird, die nicht unbedingt mit der Errichtung baulicher Anlagen verbunden ist. Bei Kapazitätsänderungen ohne Bauarbeiten größeren Umgangs orientiert man sich bei der Beantwortung der Frage, ob eine UVP notwendig ist oder nicht, bisweilen am Umfang der ursprünglichen Genehmigung, an der Produktionskapazität (die möglicherweise schon einen gewissen Spielraum ließ) oder an der Größe (z. B. Anzahl der Fahrspuren auf einer Autobahn) bzw. Beschaffenheit des Projekts.

Kumulierung mit anderen Projekten

Es besteht offenbar zunehmende Klarheit über die Fragen, die sich aus der erforderlichen Prüfung der Kumulierung von Auswirkungen ergeben, und in zahlreichen Mitgliedstaaten wurden dementsprechende Maßnahmen ergriffen. Anscheinend fehlt es aber in den meisten Mitgliedstaaten an klaren und umfassenden Leitlinien für Projektträger und andere Beteiligte, z. B. zur Abgrenzung des Prüfungsbereichs und zur Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen Projektträgern oder sonstigen Vorkehrungen zur Bereitstellung von Informationen.

Salamitaktik

Die Problematik der Salamitaktik wird von den Mitgliedstaaten erkannt, haben sie doch Maßnahmen zur Aufdeckung und Verhinderungen derartiger Praktiken ergriffen, darunter die Festlegung niedriger Schwellenwerte und die Prüfung des ,gesamten Programms", sofern dies angebracht erscheint. Es kann ein enger Zusammenhang zwischen der Prüfung von Kumulationseffekten und Änderungen oder Erweiterungen bestehen. Allerdings haben nur sehr wenige Staaten konkrete Anhaltspunkte für den Verbreitungsgrad der Salamitaktik.

Maßnahme: Siehe Empfehlungen 5.4.2. (a), (c), (d), (f) und (j).

4.4 Öffentlichkeitsbeteiligung

4.4.1 Wie in Teil 4 des Berichts vermerkt, kann die Anhörung der Öffentlichkeit in verschiedenen Phasen des UVP-Prozesses erfolgen. Manche Mitgliedstaaten geben der Öffentlichkeit sowohl während der Screening- als auch während der Scoping-Phase Gelegenheit zur Stellungnahme, während in anderen Ländern die Öffentlichkeit während der Scoping-Phase angehört wird. In jedem Falle müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass sich die Öffentlichkeit zu allen nach Artikel 5 (UVE) der UVP-Richtlinie eingeholten Informationen äußern kann. Änderungen der UVP-Richtlinie, die die Öffentlichkeitsbeteiligung betreffen, sind vornehmlich dazu bestimmt, die Richtlinie mit den grenzüberschreitenden Regelungen des Espoo-Übereinkommens in Einklang zu bringen. Artikel 6 der UVP-Richtlinie besagt: Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass der Öffentlichkeit die Genehmigungsanträge sowie die nach Artikel 5 eingeholten Informationen ,binnen einer angemessenen Frist" zugänglich gemacht werden, damit der betroffenen Öffentlichkeit Gelegenheit gegeben wird, sich vor Erteilung der Genehmigung dazu zu äußern. In der UVP-Richtlinie findet sich keine Definition der Begriffe ,Öffentlichkeit" und ,betroffene Öffentlichkeit". Nach den geltenden Bestimmungen ist es Sache der Mitgliedstaaten, die folgenden Punkte im Einzelnen zu regeln: die Art der ,betroffenen Öffentlichkeit", den Ort der Einsichtnahme, die Methoden zur Unterrichtung und Anhörung der Öffentlichkeit und die Fristen für die einzelnen Phasen des Verfahrens. Aus Artikel 9 geht hervor, wie der Öffentlichkeit die Entscheidung über die Erteilung oder Verweigerung einer Genehmigung bekannt zu geben ist. Derzeit erfährt die UVP-Richtlinie eine weitere Änderung durch die geplante Richtlinie [19] zur Umsetzung der zweiten Säule des Übereinkommens von Aarhus, die die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren in Umweltangelegenheiten betrifft, in EU-Recht (KOM (2000) 839 endg.). Die im Übereinkommen enthaltenen Begriffsbestimmungen sollen in die UVP-Richtlinie übernommen werden.

[19] KOM (2000) 839 endg. - 2000/0331 (COD): Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten

Danach bedeutet ,Öffentlichkeit" eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und, in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder der innerstaatlichen Praxis, deren Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen;

und ,betroffene Öffentlichkeit" die von umweltbezogenen Entscheidungsverfahren gemäß Artikel 2 Absatz 2 [20] betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran; im Sinne dieser Begriffsbestimmung haben nichtstaatliche Organisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen und alle nach innerstaatlichem Recht geltenden Voraussetzungen erfuellen, ein Interesse.

[20] Text des Gemeinsamen Standpunkts, vom Rat festgelegt am 25. April 2002, ABl. C 170 vom 16. Juli 2002, Seite 22

4.4.2 In einer Reihe von Mitgliedstaaten unterliegt die ,betroffene Öffentlichkeit" keiner räumlichen Begrenzung (z.B. in Österreich, Belgien-Wallonien, Irland, Italien und Spanien), ansonsten ist sie auf die betroffenen Gemeinden beschränkt (siehe Tabelle 14). In jenen Mitgliedstaaten, in denen für die Anhörung eine bestimmte räumliche Begrenzung gilt, wird die Regelung aber bisweilen flexibel gehandhabt, um auch Personen außerhalb des Gebiets zu Wort kommen zu lassen.

4.4.3 Die UVP-Richtlinie schreibt vor, dass vor Erteilung einer Genehmigung ,die Öffentlichkeit" zu unterrichten und ,die betroffene Öffentlichkeit" anzuhören ist (d. h. ihre Stellungnahme wird erbeten). Wie weit die Informationen über einen Genehmigungsantrag oder eine UVE verbreitet werden, ist im Allgemeinen maßgeblich dafür, welcher Personenkreis Zugang erhält und sich dazu äußern kann. Zu den üblichen Methoden zählen Aushänge, Bekanntmachungen am Standort, die postalische Benachrichtigung benachbarter Eigentümer und Anzeigen in der Presse. Dabei kommen lokale, regionale und überregionale Zeitungen oder Mischformen in Betracht. In Deutschland beispielsweise kann die Mitteilung in Abhängigkeit von den möglichen Auswirkungen in einer überregionalen Zeitung erfolgen. In Irland ist ein Presseorgan mit hinreichend hoher Auflage im Zuständigkeitsbereich der Planungsbehörde auszuwählen; in Italien sind zwei Publikationen vorgeschrieben: ein regionales Blatt und eine auflagenstarke überregionale Zeitung.

Tabelle 14: Die ,betroffene Öffentlichkeit"

// Räumliche Begrenzung

Österreich // Keine

Belgien - // Brüssel

Beschränkung auf eine einzige Gemeinde möglich, doch können je nach Projekt und Standort auch mehrere Gemeinden einbezogen werden. Die öffentliche Erörterung wird von einer Gemeinde/Stadt oder von mehreren Gemeinden veranlasst.

Flandern

Die öffentliche Erörterung wird von einer kommunalen Behörde organisiert.

Wallonien

Keine

Dänemark // Bei der öffentlichen Anhörung schließt die ,betroffene Öffentlichkeit" jedermann ohne jegliche Einschränkung ein. Das ,Einspruchsrecht" ist aber auf ,jedermann mit rechtlichem Interesse", darunter NRO, beschränkt. Eine räumliche Begrenzung besteht nicht.

Finnland // Das finnische UVP-Gesetz spricht von ,jenen Kreisen, deren Lebensumstände oder Interessen durch das Projekt bzw. den Plan beeinträchtigt werden können". Die ,betroffene Öffentlichkeit" wird im Gesetz nicht direkt definiert, aber das Einspruchsrecht wird im Rahmen verschiedener Rechtsvorschriften für die Genehmigungsverfahren auf die ,betroffene Öffentlichkeit" beschränkt.

Frankreich // Die Personen, die in den betroffenen Gemeinden leben oder ein Interesse daran haben; bei Industrieprojekten ein Umkreis von 2 bis 5 km; einzelfallbezogene Definition bei Flüssen

Deutschland // Die betroffene Öffentlichkeit ergibt sich zum Teil aus der Art des Projekts. Der räumliche Bereich entspricht in der Regel dem lokalen Verantwortungsbereich der zuständigen Behörde.

Griechenland // Veröffentlichung der UVE auf Präfekturebene (2. Ebene der Kommunalverwaltung); doch kann sich darüber hinaus jede interessierte Partei unterrichten lassen und ihre Meinung dem Rat der Präfektur oder der zuständigen Behörde auf einer Anhörung persönlich kundtun.

Irland // Jeder Bürger und jede Interessengruppe kann zu einem Genehmigungsantrag Stellung nehmen.

Italien // Keine räumliche Begrenzung: jegliche Person, die [..] innerhalb von 30 Tagen nach Veröffentlichung des UVB schriftliche Anträge oder Stellungnahmen einreicht.

Luxemburg // Keine Angaben

Niederlande // Keine räumliche Begrenzung. Keine eigentumsrechtlichen Vorgaben. Die ,betroffene Öffentlichkeit" besteht aus den Personen, die ihr Interesse bekunden.

Portugal // Ja, Bürger in unmittelbarer Nachbarschaft eines Projekts entsprechend den von der Verwaltung festgelegten lokalen und regionalen Grenzen, aber es werden auch Stellungnahmen von Personen außerhalb dieses Gebiets berücksichtigt.

Spanien // Keine räumliche Begrenzung - Öffentlichkeit = breite Öffentlichkeit

Schweden // Die betroffene Öffentlichkeit ist der in unmittelbarer Nähe lebende Personenkreis; bei der Anhörung werden frühzeitig Privatpersonen berücksichtigt, die vermutlich betroffen sind.

VK // Der Begriff ,betroffene Öffentlichkeit" ist nicht definiert; die Bekanntmachung erfolgt auf lokaler Ebene.

4.4.4 Das Fehlen einer eindeutigen Definition des Begriffs ,betroffene Öffentlichkeit" kann die Bereitschaft zur Stellungnahme und Mitwirkung beeinträchtigen. In Frankreich existieren Vorschriften, in denen das ,betroffene Gebiet" definiert wird. Es kann z. B. bei Industrievorhaben einen Umkreis von zwei bis fünf Kilometern umfassen, bei Einbeziehung eines Flusses ein größeres Gebiet, das nach Einzelfallprüfung festgelegt wird. Die Bereitschaft/Gelegenheit zur Abgabe schriftlicher Stellungnahmen in einem Buch, das an bestimmten Standorten (z. B. im Rathaus) ausgelegt ist, bestimmt mit darüber, wer sich äußert.

4.4.5 Der Grad der Beteiligung wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst, so von der Art, der Größe und dem Standort des Projekts sowie von der Intensität der Kontroversen, die vielfach von den Medien und NRO ausgelöst werden. Zu den Vorhaben, die EU-weit am häufigsten auf starkes öffentliches Interesse stoßen, zählen u.a.: Autobahnen, Straßen und Rohrleitungen, Deponien, Flughäfen, Kraftwerke, Städtebauprojekte mit hohem Bekanntheitsgrad, Steinbrüche und große Staudämme sowie Projekte, die besonders geschützte Gebiete, z. B Natura-2000-Gebiete, beeinträchtigen. Bestimmte Projektarten werden nur von einzelnen Mitgliedstaaten genannt (Windturbinen - Schweden; Bürogebäude - Belgien-Brüssel), aber Vorhaben mit möglichen Auswirkungen auf die Gesundheit rufen naturgemäß überall öffentliches Interesse hervor. In den Niederlanden wurden Untersuchungen angestellt, um herauszufinden, welche Projekte in der Scoping- und in der Prüfungsphase am stärksten die Gemüter bewegen. Die meisten Beschwerden/Eingaben gab es bei Flughäfen, Autobahnen, militärischen Übungsgebieten, Eisenbahntrassen, Deponien und Erzabbaustätten, gefolgt von Gewerbegebieten, Aufarbeitungsanlagen, Freizeitparks usw.

4.4.6 Mehrere Mitgliedstaaten machten Angaben zu den speziellen Maßnahmen, die getroffen werden, um Fälle mit starker Öffentlichkeitsbeteiligung zu bewältigen, darunter öffentliche Anhörungen und Zusammenkünfte, Sonderausstellungen, die Bereitstellung von Informationen zur Weitergabe durch die Medien, der Übergang von persönlichen Kontakten zu öffentlichen Bekanntmachungen. Zu den Maßnahmen, die EU-weit zur Erleichterung und Förderung der Öffentlichkeitsbeteiligung bei heftig umstrittenen Projekten praktiziert werden, gehören der frühzeitige Beginn der Diskussion, um das öffentliche Engagement zu fördern, die Verlängerung des Zeitraums für die öffentliche Erörterung, die Einsetzung einer örtlichen Kommission und die Benennung von mehr als einem Beauftragten und die Einberufung von mehr als einer öffentlichen Zusammenkunft.

Zusammenfassung der Hauptergebnisse: Öffentlichkeitsbeteiligung

Die Öffentlichkeit erhält EU-weit Gelegenheit, zu UVP-pflichtigen Projekten Stellung zu nehmen. Dabei schwankt die Intensität des öffentlichen Engagements ganz erheblich, und der Begriff ,betroffene Öffentlichkeit" kann sowohl eng als auch großzügig ausgelegt werden. Aus der Umfrage geht hervor, dass bestimmte Projekte eher auf starkes öffentliches Interesse stoßen. Angesichts der Vielzahl der in der Richtlinie erfassten Projektarten, der unterschiedlichen Genehmigungsverfahren für die verschiedenen Projektarten und des unterschiedlichen Interesses, das sie hervorrufen, verwundert es kaum, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung in der EU keinem einheitlichen Muster folgt.

Maßnahme: Siehe Empfehlungen 5.4.2. (a)

4.5 Grenzüberschreitende Auswirkungen

4.5.1 Das Übereinkommen von Espoo über die UVP im grenzüberschreitenden Rahmen wurde 1991 unterzeichnet. Darin wird folgende Definition grenzüberschreitender Auswirkungen gegeben: ,jede Auswirkung - nicht nur globaler Art - innerhalb eines Gebiets unter der Hoheitsgewalt einer Vertragspartei (des Übereinkommens) infolge einer geplanten Tätigkeit, deren natürlicher Ursprung sich ganz oder teilweise in einem Gebiet unter der Hoheitsgewalt einer anderen Vertragspartei befindet". Da sich diese Definition sowohl auf Projekte als auch auf deren grenzüberschreitende Auswirkungen bezieht, wird die Anwendung der Grundsätze des Übereinkommens nicht auf Projekte in unmittelbarer Grenznähe beschränkt. Außerdem entschied der EuGH in der Rechtssache Kommission/Belgien (C-186/91), dass die in Artikel 7 der Richtlinie 85/337/EWG verankerte Konsultationspflicht nicht nur für Projekte in Grenzregionen zu anderen Staaten gilt. Wie die Richtlinie insgesamt sollte auch der Begriff ,Projekt mit grenzüberschreitenden Auswirkungen" großzügig und in breitem Sinne ausgelegt werden. Mit der Richtlinie 97/11/EG erfuhr Artikel 7 eine wesentliche Änderung, um ihn mit dem Espoo-Übereinkommen in Einklang zu bringen. Zu den wichtigsten Änderungen gehört Folgendes:

- Mitgliedstaaten, die von grenzüberschreitenden Auswirkungen betroffen sind, müssen die erforderlichen Informationen spätestens zu dem Zeitpunkt erhalten, zu dem die Öffentlichkeit in dem Mitgliedstaat unterrichtet wird, in dem das Projekt angesiedelt ist.

- In der Richtlinie ist nunmehr die Übermittlung weit detaillierterer Angaben an den betroffenen Mitgliedstaat festgelegt.

- Möchte der betroffene Mitgliedstaat am UVP-Verfahren teilnehmen, so ist der andere Mitgliedstaat laut Richtlinie verpflichtet, die Angaben zum Projekt den jeweiligen Behörden und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Gemäß Artikel 8 der UVP-Richtlinie muss die zuständige Behörde die Ergebnisse der Konsultation mit den betroffenen Mitgliedstaaten während des Entscheidungsverfahrens berücksichtigen, und Artikel 9 schreibt vor, dass der auskunftgebende Mitgliedstaat den betroffenen Mitgliedstaat von der entsprechenden Entscheidung in Kenntnis setzt.

Mit Artikel 7 der Richtlinie 97/11/EG wurde den wichtigsten Anforderungen des Espoo-Übereinkommens Rechnung getragen. Die konkrete Umsetzung dieses Artikels ist den Mitgliedstaaten überlassen. Da potenzielle grenzüberschreitende Auswirkungen eines Projekts die verschiedensten strittigen Fragen zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten aufwerfen können, haben sich die meisten Mitgliedstaaten für die Erarbeitung zwei- oder mehrseitiger Abkommen entschieden. Das im Rahmen des Espoo-Übereinkommens erarbeitete Anleitungsmaterial [21] für zwei- und mehrseitige Abkommen und für die praktische Anwendung des Übereinkommens ist dabei eine wertvolle Hilfe.

[21] UVP-Homepage der UNECE: http:/www.unece.org siehe unter ,documents prepared under the Convention".

4.5.2 Bei der Anwendung von Artikel 7 sind generell Schwierigkeiten aufgetreten. Mehrere Mitgliedstaaten (Belgien-Flandern, Belgien-Wallonien, Frankreich, Niederlande, Schweden) erwähnten verfahrensbezogene Probleme unter anderem bezüglich der Koordinierung von Benachrichtigungen zwischen zwei oder mehreren Mitgliedstaaten, der Reaktionsgeschwindigkeit und der Bereitstellung ausreichender Begleitinformationen zu Dokumenten, um eine rasche Übermittlung an den Empfänger zu ermöglichen. Das Vereinigte Königreich, Schweden und die Niederlande wiesen auf Schwierigkeiten bei der Einrichtung von Kontaktstellen und bei der Beschaffung von Übersetzungen (u. a. Kostenfaktor) hin. Die Niederlande führten darüber hinaus kulturelle und rechtliche Unterschiede an. Einige Mitgliedstaaten gingen auf spezifische Probleme bei konkreten Fällen ein - siehe Kasten 7. Andererseits erklärten Belgien-Brüssel, Dänemark, Deutschland, Finnland, Griechenland, Italien und Portugal, dass keine Schwierigkeiten aufgetreten seien.

4.5.3 Belgien-Wallonien erklärt, dass sich die Informationsübermittlung aufgrund rechtlicher Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten verlangsamen kann (der Informationsfluss verläuft folgendermaßen: Umweltminister - Minister für Auswärtige Angelegenheiten - Botschafter; es gibt keinen direkten Informationsweg zu bzw. zwischen den zuständigen Behörden). Einer der Befragten ist der Meinung, dass informelle Absprachen zwischen den Behörden der verschiedenen Mitgliedstaaten zur Überwindung der Verzögerungen beitragen könnten, die sich aus der Einhaltung des gesetzlich festgelegten Informationsweges ergeben. In Belgien-Wallonien findet ein inoffizieller direkter Austausch mit den zuständigen Behörden benachbarter Staaten statt, wodurch sich die Reaktionszeiten verkürzen. Auch Belgien-Flandern nutzt zur Problemlösung informelle Kontakte (Briefe, E-Mails, Telefonate). Andere Mitgliedstaaten sind der Ansicht, dass verfahrensbezogene Probleme mit Hilfe guter Kontakte und Arbeitsbeziehungen zu den Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten ausgeräumt werden können. In Dänemark wird jeder Fall individuell bearbeitet. Ein- bis zweimal jährlich finden Zusammenkünfte der UVP-Behörden statt. Portugal gibt an, dass die Beteiligung der Öffentlichkeit derzeit durch formelle bilaterale Beziehungen sichergestellt wird, für die das Außenministerium zuständig ist. In Schweden haben die Artikel und Verfahren des Espoo-Übereinkommens in der UVP-Verordnung Niederschlag gefunden. Die schwedische Umweltschutzbehörde wurde von der Regierung zur Kontaktstelle für das Espoo-Übereinkommen ernannt.

4.5.4 Zwischen den EU-Mitgliedstaaten bzw. EU-Mitgliedstaaten und benachbarten Drittländern wurden nur sehr wenige formelle Verträge und Abkommen über grenzüberschreitende Auswirkungen geschlossen. In den Antworten auf den Fragebogen wird nur ein einziger Fall angeführt (Finnland-Estland), doch zum Teil sind Verhandlungen im Gange (z. B. zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich). Allerdings existieren zwischen mehreren Ländern unverbindliche Übereinkünfte, ,praktische Vereinbarungen" und ,Empfehlungen" zum Umweltschutz (z. B. hat Deutschland mit mehreren Ländern Dreiseitige Empfehlungen vereinbart und zwischen den Niederlanden und Belgien-Wallonien bzw. Belgien-Flandern bestehen informelle Beziehungen). Belgien-Wallonien sieht einen Bedarf an besseren, ,praktikableren" formellen Übereinkünften mit Nachbarstaaten. Nach Ansicht Belgiens müssen außerdem die vorhandenen Verfahrensabläufe zwischen den Regionen sowie zwischen der regionalen Ebene und den zuständigen Bundesbehörden verbessert werden. Die bestehenden Verträge und Abkommen sind in Tabelle 15 zusammengefasst.

Tabelle 15: Verträge und Abkommen

Land // Verträge bzw. Übereinkünfte

Belgien - // Flandern

Flandern-Niederlande - formelles Abkommen über grenzüberschreitende UVP, mit Festlegungen zu den Verfahrensschritten.

Wallonien

Informelle praktische Vereinbarungen mit den Niederlanden.

Deutschland // Mehrere Abkommen über grenzüberschreitende UVP momentan in Vorbereitung:

* Deutschland -Polen

* Deutschland - Niederlande

* Deutschland - Tschechische Republik

* Deutschland - Schweiz, Österreich, Liechtenstein (geplant)

Übereinkünfte, die die Bestimmungen der Richtlinie 97/11/EG und des Espoo-Übereinkommens zum Teil umsetzen, ohne dass auf diese Dokumente Bezug genommen wird:

* Dreiseitige Empfehlungen der deutsch-französisch-schweizerischen Regierungskommission über die Zusammenarbeit bei umweltrelevanten Vorhaben am Oberrhein (1996);

* Saar-Lor-Lux: Empfehlung der deutsch-französisch-luxemburgischen Regierungskommission zur gegenseitigen Unterrichtung über Neu- und Änderungsvorhaben bei genehmigungsbedürftigen Anlagen (1986)

Abkommen, in denen auf das Espoo-Übereinkommen (nicht aber die UVP-Richtlinie) verwiesen wird, die jedoch keine konkreten Bestimmungen zur grenzüberschreitenden UVP enthalten:

* Deutschland-Polen über Zusammenarbeit im Umweltschutz (1994, in Kraft seit 1998)

* Deutschland-Tschechische Republik über Zusammenarbeit im Umweltschutz (1996, in Kraft seit 1999)

Finnland // Bilaterales Abkommen mit Estland, am 6. Juni 2002 in Kraft getreten.

Laufende Verhandlungen über ein bilaterales Abkommen mit der Russischen Föderation.

Frankreich // Bilaterale Verträge zu bedeutenden öffentlichen Projekten, darunter mit Italien, Spanien, der Schweiz, Baden-Württemberg. Keine allgemeinen Verträge oder Abkommen.

Irland // Derzeit laufen Verhandlungen zur Formalisierung vorhandener Konsultationsverfahren mit Nordirland (mit britischen Behörden). Der Wortlaut einer Absichtserklärung ist bereits weitgehend abgestimmt.

Niederlande // Belgien, Flandern: unverbindliche Übereinkunft (seit 1995)

Belgien, wallonische Region: praktische Vereinbarungen

Deutschland, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen: unverbindliche Übereinkunft (in Verhandlung)

Österreich // Dreiseitiges unverbindliches Abkommen mit der Schweiz und Liechtenstein.

Abkommen mit der Slowakei und der Tschechischen Republik befinden sich in Vorbereitung.

Vereinigtes Königreich // Langjähriges informelles Abkommen zwischen dem Umweltministerium (Nordirland) und der Republik Irland über grenzüberschreitende Zusammenarbeit.

4.5.5 Die grenzüberschreitenden Konsultationen betreffen die ganze Bandbreite von Projekten, die in der UVP-Richtlinie genannt werden. So verständigten sich die Mitgliedstaaten über zahlreiche Infrastrukturanlagen im Verkehrsbereich (Autobahnen, Eisenbahnen, Flughäfen, Containerterminals und -häfen, Tunnel und Brücken) und in der Energiewirtschaft (Kraftwerke, Windfarmen, Kernkraftwerke, nukleare Lagerungs- und Wiederaufbereitungseinrichtungen sowie Gaspipelines und Stromleitungen). In Südeuropa steht die Wasserwirtschaft im Vordergrund. Private Projektträger gibt es in den Bereichen Baggerung auf See und sonstige Gewinnung von Mineralien, landwirtschaftliche Intensivierung sowie Industrieanlagen und -komplexe. Die Informationen der Mitgliedstaaten über Infrastrukturprojekte sind ausführlicher als ihre Angaben zu privaten Bauvorhaben oder zu städtebaulichen und Freizeitprojekten. Tabelle 16 illustriert Art und Anzahl der von den Mitgliedstaaten angegebenen Projekte.

Tabelle 16: Anzahl und Art grenzüberschreitender Projekte

Anmerkung: Die Angaben in dieser Tabelle wurden den Antworten auf den Fragebogen sowie der Datenbank EnImpAs (Environmental Impact Assessment in a transboundary context - UVP im grenzüberschreitenden Kontext) [22] entnommen. Die Projektzahl stimmt nicht immer mit der Zahl der angegebenen bzw. der Datenbank entnommenen Projektarten überein. Die Liste der Projektarten zeigt nicht automatisch an, dass das Projekt seinen Ursprung im jeweiligen Land hat.

[22] https://www.mos.gov.pl/enimpas/

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

4.5.6 Es gibt offenbar erhebliche Probleme bei der Erfassung der Zahl grenzüberschreitender Umweltverträglichkeitsprüfungen. Davon zeugen Unstimmigkeiten in den Angaben benachbarter Mitgliedstaaten und fehlende Angaben für die gesamtstaatliche Ebene insbesondere in föderalen Staaten. Aus den Antworten geht nicht hervor, wie viele der Projekte unter Anhang I bzw. Anhang II fallen. Da die Schwellenwerte für UVP-pflichtige Projekte in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich ausfallen (siehe Abschnitt 4.2), ist nicht davon auszugehen, dass Artikel 7 in der EU einheitlich angewandt wird. Offenbar gelten unterschiedliche Kriterien im Hinblick auf Entfernungen bzw. auf die räumliche Ausdehnung möglicher Auswirkungen. Die Niederlande beispielsweise haben die möglichen Auswirkungen des Flughafens Schiphol aus verschiedener Sicht betrachtet und mehrere potenziell betroffene Länder benachrichtigt, darunter Frankreich.

4.5.7 Einige Länder unterscheiden in ihren Antworten zwischen Benachrichtigungen und Konsultationen über grenzüberschreitende Auswirkungen. Zum Teil werden auch Angaben zu grenzüberschreitenden Konsultationen mit Drittländern übermittelt (z. B. Schweiz, Slowenien, Tschechische Republik, Polen, Estland und Norwegen). Nur in wenigen Fällen gaben die Befragten an, dass Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der endgültigen Entscheidung aufgetreten waren; Irland allerdings sieht einen Bedarf an der baldigen Entwicklung formellerer Beziehungen insbesondere im Kernenergiebereich, zu dem hin und wieder informelle Kontakte stattfinden.

4.5.8 Es muss eine genauere Erfassung erfolgen, damit zuverlässige Angaben zu Anzahl, Art und Ergebnis grenzüberschreitender Projekte gemäß Artikel 7 übermittelt werden können. Schweden verfügt über ein umfassendes Nachweissystem, wie es ansonsten nur selten anzutreffen ist. Aus anderen Datenbanken können diese Informationen noch nicht entnommen werden. Die UNECE-Datenbank über grenzüberschreitende UVP (www.mos.gov.pl/enimpas) ist unvollständig; sie enthält zwar Eintragungen zu einzelstaatlichen Stellen [Kontaktstellen für die Benachrichtigung und Zentren (Focal Points) für die Umsetzung des UNECE-Übereinkommens], jedoch nur wenige Detailangaben zu Projekten, die unter das Übereinkommen fallen. Die Informationen sollten von den Focal Points der jeweiligen Länder zur Verfügung gestellt werden. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Situation in Zukunft verbessert.

Zusammenfassung der Hauptergebnisse: Grenzüberschreitende Auswirkungen

Die formellen und informellen Verfahren für die Konsultation mit Nachbarländern über grenzüberschreitende Auswirkungen bedürfen der Verbesserung, wobei sichergestellt werden muss, dass diese Verfahren auch praktikabel sind. In einigen Ländern haben sich auch die intraregionalen Verfahren als verbesserungsbedürftig erwiesen. Ferner muss eine genauere Erfassung erfolgen, damit zuverlässige Informationen über Anzahl, Art und Ergebnisse grenzüberschreitender Projekte nach Artikel 7 zur Verfügung gestellt werden können.

Maßnahme: siehe Empfehlung 5.4.2. (g).

4.6 Biologische Vielfalt, Risiko und menschliche Gesundheit

Biologische Vielfalt

4.6.1 Die UVP-Richtlinie besagt zwar, dass die UVP die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Projekts auf Fauna und Flora identifizieren, beschreiben und bewerten soll, doch findet der Begriff der biologischen Vielfalt keine ausdrückliche Erwähnung. Gemäß Artikel 14 des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (ÜBV) ist eine UVP bei geplanten Vorhaben vorzunehmen, bei denen nachteilige Auswirkungen auf die biologische Vielfalt wahrscheinlich sind. In Artikel 2 des ÜBV wird biologische Vielfalt definiert als ,die Variabilität unter lebenden Organismen jeglicher Herkunft, darunter unter anderem Land-, Meeres- und sonstige aquatische Ökosysteme und die ökologischen Komplexe, zu denen sie gehören; dies umfasst die Vielfalt innerhalb der Arten und zwischen den Arten und die Vielfalt der Ökosysteme" (englische Fassung siehe http://www.biodiv.org/convention/ articles.asp). Der Begriff der biologischen Vielfalt ist ohne Zweifel sehr breit gefasst und bezieht sich nach der ÜBV-Definition auf drei Aspekte:

(i) Ökosysteme: Vielfalt, Verschiedenartigkeit und Häufigkeit unterschiedlicher Ökosysteme

(ii) Arten: Häufigkeit und Vielfalt unterschiedlicher Arten

(iii) Genetische Aspekte: Häufigkeit und Vielfalt unterschiedlicher Gene und/oder Genome, d. h. genetische Vielfalt innerhalb der einzelnen Arten.

4.6.2 Aus den Antworten auf den Fragebogen geht deutlich hervor, dass die UVP-Systeme der Mitgliedstaaten den Auswirkungen auf Flora und Fauna Rechnung tragen und damit diese Anforderung der Richtlinie erfuellen. Spezielles Augenmerk wird auf ökologische Auswirkungen gelegt, die eine Gefahr für besonders geschützte Gebiete wie beispielsweise Natura-2000-Gebiete darstellen. Allerdings lassen die Antworten bis auf wenige Ausnahmen nicht klar erkennen, ob die biologische Vielfalt ausdrücklich zu den Prüfkriterien gehört. Im finnischen Recht bezieht sich die Definition des Begriffs ,Umweltverträglichkeit" auch auf die biologische Vielfalt und die irische Umweltschutzagentur verweist in ihren Ratgeberinformationen auf die Bedeutung der Ermittlung und Vorhersage von Auswirkungen auf die Artenvielfalt. Die Niederlande koordinieren die Durchführung des Aktionsprogramms ,Einbeziehung von Biodiversitätsaspekten in die Umweltverträglichkeitsprüfung" (IAIA Juli 2001). Die niederländische UVP-Kommission erarbeitete den (von der IAIA finanzierten) Bericht ,Proposed conceptual and procedural framework for the integration of biological diversity considerations with national systems for impact assessment" (Juli 2000).

4.6.3 Die überwiegende Mehrheit der Mitgliedstaaten plant keine weiteren Maßnahmen zur verstärkten Berücksichtigung der biologischen Vielfalt. Einige erkennen allerdings an, dass es sich um ein potenzielles Problem handelt, für das Lösungen gefunden werden müssen. In Finnland ist die Einbeziehung der biologischen Vielfalt Gegenstand einer aktuellen Studie, bei der 50 UVP-Dokumente analysiert werden. Außerdem werden Leitfäden für die Berücksichtigung der biologischen Vielfalt im Rahmen der UVP und der Raumplanung erarbeitet. Auch die belgische Region Flandern plant ein neues UVP-Gesetz mit einem verbesserten Konzept für die Einbeziehung von Biodiversitätsaspekten. Spanien stützt sich auf einen strategischen Plan für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt. Die Niederlande verzeichnen offenbar gute Fortschritte bei der Einbeziehung von Biodiversitätsaspekten in die UVP. Das Thema biologische Vielfalt ist in den Niederlanden fester Bestandteil der Prüfung der UVE, die von der unabhängigen UVP-Kommission vorgenommen wird. Im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt wurden unlängst Leitlinien für die Einbeziehung von Biodiversitätsfragen in die verschiedenen Phasen des UVP-Prozesses verabschiedet: http://www.biodiv.org/decisions/ default.asp. Diese vermitteln Orientierungen für die Auseinandersetzung mit Fragen der biologischen Vielfalt bei der UVP und für die weitere Entwicklung nationaler Informationsmaterialien zu dieser Thematik.

Zusammenfassung: Biologische Vielfalt

Die Mitgliedstaaten berücksichtigen bei der UVP auch die Auswirkungen von Entwicklungsprojekten auf Flora und Fauna und erfuellen in dieser Hinsicht die Mindestanforderungen der Richtlinie 97/11/EG. Allerdings geht aus den Antworten auf den Fragen nicht eindeutig hervor, inwieweit die verschiedenen Aspekte der biologischen Vielfalt in der Praxis Berücksichtigung finden. Finnland und die Niederlanden führen Studien zur Einbeziehung von Biodiversitätsaspekten in die Umweltverträglichkeitsprüfung durch.

Risiko

4.6.4 In Anhang III der Richtlinie werden die Kriterien für die Prüfung gemäß Artikel 4 Absatz 3 genannt. Es sind dies die Merkmale der Projekte, der Standort der Projekte und die Merkmale der potenziellen Auswirkungen. Zum Kriterium ,Merkmale der Projekte" gehört das ,Unfallrisiko, insbesondere mit Blick auf verwendete Stoffe und Technologien". Das Unfallrisiko ist stets vorhanden und kann nie völlig ausgeschlossen werden. Daher lautet die Frage bei diesem UVP-Kriterium nicht, ob ein Risiko gegeben ist, sondern ob es sich um ein wesentliches Risiko handelt und ob bei Eintritt eines Risikoereignisses die Wahrscheinlichkeit maßgeblicher Umweltauswirkungen besteht. In der EU besteht offenbar nicht überall eine ausdrückliche Pflicht zur Prüfung der voraussichtlichen maßgeblichen Auswirkungen von Unfällen und außergewöhnlichen Ereignissen. Wie dies geregelt ist, hängt von der Einschätzung der wahrscheinlichen natürlichen Gefahren sowie von der Art der Projekte - Großprojekte, Projekte im Anwendungsbereich der Seveso-Richtlinie vom 24. Juni 1982 über die Gefahren schwerer Unfälle bei bestimmten Industrietätigkeiten oder ,sonstige Projekte" - ab. Das Spektrum möglicher Ereignisse, die in den Mitgliedstaaten berücksichtigt werden, reicht von natürlichen Gefahren wie Lawinen, Überschwemmungen und Erdbeben über technisches und menschliches Versagen (z. B. mangelhafte Anlagenbetreuung) bis hin zu Sabotage.

4.6.5 Risiken und Gefährdungen werden in den einzelnen Mitgliedstaaten auf unterschiedliche Weise geprüft und nicht immer ist die UVP-Richtlinie das ausschlaggebende Instrument für die Risikobewertung (die z. B. in Frankreich im Gesetz über die Kontrolle klassifizierter Anlagen und in Schweden in den gesetzlichen Regelungen für Kernanlagen vorgeschrieben ist). Somit sind Doppelarbeiten nicht auszuschließen. In Schweden gilt entsprechend dem Umweltkodex, dass der Zweck der UVP bei Tätigkeiten, die in den Geltungsbereich des Gesetzes über Maßnahmen zur Vermeidung und Eindämmung der Folgen schwerer chemischer Unfälle fallen, in der Ermittlung und Bewertung sicherheitsrelevanter Faktoren im Zusammenhang mit der betreffenden Tätigkeit bestehen muss. In Italien muss der Projektträger eine ,Analyse der Folgen von System- und Prozessversagen" anfertigen, in der die Umweltauswirkungen von Emissionen in Luft und Wasser sowie von Explosionen, Bränden usw. untersucht werden. In einigen Mitgliedstaaten ist eine Risikobewertung zwar nicht verbindlich vorgeschrieben, findet in der Regel aber trotzdem statt. Mitunter trägt also die Risikobewertung sporadischen Charakter - in Schweden beispielsweise schreibt der Umweltkodex zwar die Bewertung der Auswirkungen von Tätigkeiten im Chemiebereich vor, ohne jedoch auf andere Bereiche einzugehen. Im Vereinigten Königreich wiederum enthalten die Durchführungsverordnungen keine Bestimmungen für die Bewertung des Risikos von Havarien oder Umweltauswirkungen, die durch außergewöhnliche Ereignisse (wie schwere Regenfälle, Erdbeben, Erdrutsche oder sonstige unvorhergesehene Naturkatastrophen) hervorgerufen werden, da diese nicht als ,wahrscheinlich" gelten. Allerdings erfolgt in der Frühphase der Projektentwicklung eine Bewertung des Risikos von Überschwemmungen und Erdrutschen. Anlagen, die empfindlich auf seismische Aktivitäten reagieren (z. B. Kernanlagen) sind Gegenstand von Vorschriften, für deren Einhaltung das Amt für Gesundheit und Sicherheit (HSE) zuständig ist.

4.6.6 In Frankreich finden verschiedene Risikobewertungen statt. Im französischen Umweltministerium gibt es eine Abteilung für die Verhütung schwerer Risiken. Die Projektberichte beinhalten stets einen Abschnitt über Risiken. Technische Risiken sind Gegenstand von Risikoexpositionsplänen, während natürliche Risiken in Risikopräventionsplänen beurteilt werden, die sich nicht immer auf konkrete Projekte beziehen. Ungeeignete Projekte sollen auf diese Weise verhindert bzw. genaue Genehmigungskriterien festgelegt werden. Im Falle klassifizierter Anlagen (zu denen u. a. Seveso-Anlagen gehören und die die Hälfte der Projekte ausmachen, für die eine Umweltverträglichkeitserklärung vorzulegen ist) muss eine Gefahrenstudie (,étude de danger") angefertigt werden, aus der mögliche Gefahrenquellen und vorhersehbare Unfallszenarien hervorgehen. In dieser Studie müssen auch die Folgen bewertet und Maßnahmen zur Verhütung und Abmilderung der Auswirkungen vorgeschlagen und begründet werden.

4.6.7 Die deutsche UVP-Verwaltungsvorschrift enthält Hinweise für die Anwendung des deutschen UVP-Gesetzes und besagt, dass zu den Auswirkungen auf die Umwelt auch Folgen von Betriebsstörungen gehören. Die zuständige Behörde hat vom Träger des Vorhabens eine Beschreibung der voraussichtlichen Folgen eines Stör- oder Unfalls zu verlangen, soweit eine Anlage hierfür auszulegen ist. Den übergreifenden Rahmen bilden in Deutschland themenspezifische Rechtsvorschriften; die Risikobewertung wird vom Entscheidungsträger evaluiert. In Belgien-Brüssel arbeiten die Brand- und Katastrophenschutzbehörden bei der Entscheidungsfindung zusammen, indem sie realistische Risiko-/Unfallszenarien prüfen.

4.6.8 Mehrere Mitgliedstaaten erachten die Bestimmungen der Seveso-Richtlinie und der IVU-Richtlinie als Mindestvorschriften für die Risikobewertung und haben entsprechende Standards in das einzelstaatliche Recht aufgenommen (z. B. Belgien-Wallonien, Dänemark). In Portugal werden die Anforderungen der Seveso-Richtlinie und der IVU-Richtlinie durch spezifische Gesetze umgesetzt und in Spanien wurde die UVP sowohl in das IVU- als auch in das Seveso-Verfahren einbezogen. Die Befragten gaben im Allgemeinen keine konkreten Risikobewertungsmethoden an und erklärten, dass die Methode von der Art des Projekts abhänge. Einige Methoden wurden dennoch genannt:

- Österreich: Checklisten, Fehlerbaumanalyse

- Finnland: Statistische Analyse, Berechnungen, Auswertung bisheriger Erfahrungen

- Italien: Einzelfallprüfung mit Hilfe von mathematischen Modellen bzw. statistischer Häufigkeitsanalyse, Auswertung früherer Vorfälle

- Niederlande: Gruppen-Risikostandards für Flughäfen.

4.6.9 In einigen Mitgliedstaaten hängen Intensität und Umfang der Risikobewertung von der Art des Projekts sowie vom Standort ab, was unter Umständen bedeuten kann, dass sowohl innerhalb vergleichbarer Sektoren als auch zwischen ihnen Unterschiede in den Standards und Verfahren bestehen. In Finnland existieren in einigen Bereichen bewährte Methoden für die Risikobewertung, in anderen wiederum nicht. Was die Verknüpfung der UVP mit den Anforderungen der IVU-Richtlinie und der Seveso-Richtlinie anbetrifft, so gilt in Finnland im Allgemeinen, dass detailliertere Informationen zur Risikobewertung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens vorgelegt werden, während für Kernanlagen die Erörterung der Risikoanalysen bereits zu einem frühen Zeitpunkt erfolgt. In Belgien-Flandern ist die Risikobewertung zwar kein gängiger Bestandteil der UVP, doch muss für Seveso-Anlagen zusammen mit der Umweltverträglichkeitserklärung ein getrennter Sicherheitsbericht vorgelegt werden; bei Nicht-Seveso-Anlagen werden wichtige Fragen im UVP-Verfahren geklärt.

4.6.10 Das Vereinigte Königreich beschränkt sich nicht auf die eigentliche Risikobewertung, sondern legt den Akzent auf das Risikomanagement, indem für jedes Projekt Verfahren für den Umgang mit inhärenten Risiken entwickelt werden. Sicherheitsbestimmungen und Maßnahmen zur Unfallverhütung sind im britischen Arbeitsschutzgesetz von 1974 sowie in den Durchführungsverordnungen zur Seveso-II-Richtlinie und sonstigen, für alle Betriebe geltenden Genehmigungsvorschriften enthalten. Diese Verordnungen schreiben die strenge Einhaltung aller Bestimmungen vor, die die Gesundheit und Sicherheit inner- und außerhalb der Anlage betreffen. Innerhalb von Anlagen gilt das ALARP-Prinzip (,As Low As Reasonably Practicable"), d. h. das Risiko muss ,so gering wie vernünftigerweise machbar" gehalten werden. In Irland wird das ALARP-Konzept auf Eisenbahnprojekte angewandt.

Zusammenfassung der Hauptergebnisse: Risiko

Die Risikobewertung erfolgt in der EU auf sehr unterschiedliche Weise und auf sehr unterschiedlichen Ebenen, worin zum Teil die Verschiedenheit der geografischen, geologischen, klimatischen und sonstigen Bedingungen zum Ausdruck kommt. Das Risiko ist ein Prüfkriterium gemäß Anhang III und oftmals sind Risikobewertungen Bestandteil des UVP-Verfahrens. Dennoch wird die Risikobewertung in den meisten Mitgliedstaaten nicht mit dem UVP-Verfahren in Verbindung gebracht, da sie vielfach in der Verantwortung von Kontrollsystemen liegt, auf die die UVP-Richtlinie nicht angewandt wird. Die Beziehungen zwischen der UVP und den einzelstaatlichen Umweltkontrollsystemen sind vielschichtig und es erfolgt offenbar kaum eine wirkliche Koordinierung zwischen der UVP-Richtlinie und anderen Richtlinien wie der IVU- und der Habitat-Richtlinie.

Maßnahme: Siehe Empfehlung 5.4.2. (j)

Menschliche Gesundheit

4.6.11 Zwar schreibt die UVP-Richtlinie nicht ausdrücklich vor, dass sich die Prüfung auch auf die menschliche Gesundheit beziehen muss, doch gemäß Artikel 3 sollten mit der Umweltverträglichkeitsprüfung unter anderem die Auswirkungen eines Projekts auf den Menschen festgestellt, beschrieben und bewertet werden. Aus mehreren Antworten war zu entnehmen, dass bei der UVP unter den Auswirkungen auf den Menschen zwar theoretisch auch die gesundheitlichen Auswirkungen geprüft werden sollten, eine Detailprüfung meist jedoch nicht erfolgt und biophysikalische Auswirkungen oft weit gründlicher untersucht werden.

4.6.12 Mehrere Befragte geben an, dass während des Scoping die Konsultationen mit den zuständigen Gesundheitsbehörden genutzt werden, um eine angemessene Berücksichtigung der gesundheitlichen Auswirkungen zu gewährleisten. Am häufigsten betreffen die gesundheitlichen Betrachtungen die Bereiche Lärm und Luftqualität (darunter Staubemissionen), in denen die Tragweite der Auswirkungen normalerweise mit Hilfe quantitativer Vorgaben und Schwellenwerte bewertet wird. Besondere Beachtung finden gesundheitliche Fragen offenbar bei Infrastrukturprojekten im Verkehrsbereich (Straßen, Eisenbahnen, Flughäfen, Parkplätze), Abfallbehandlung und Stromerzeugungsanlagen. Dabei kann unterschieden werden zwischen

- einer engen Interpretation, bei der die allgemeinen gesundheitlichen Auswirkungen von Projekten (insbesondere von Umweltbelastungen wie Lärm und Luftverschmutzung) auf ,den Menschen" gemäß Artikel 3 betrachtet werden, und

- einer breiteren Interpretation, bei der z. B. auch Auswirkungen auf das Wohlbefinden sowie sozioökonomische Auswirkungen betrachtet werden (letztere allerdings werden oft nicht als UVP-relevant angesehen und sind Gegenstand anderer Rechtsvorschriften z. B. im Bereich der Raumplanung).

Etwa ein Drittel der Mitgliedstaaten hält sich an das breitere Konzept; die übrigen verwenden verschiedene Spielarten der engen Auslegung.

4.6.13 Nur wenige Befragte konnten Beispiele für eine gute Praxis anführen, obwohl sich einige Länder an den WHO-Spezifikationen orientieren und andere eigene Anleitungen für die Berücksichtigung gesundheitlicher Fragen herausgegeben haben. In Belgien-Flandern beispielsweise haben die Gesundheitsverwaltung und das UVP-Referat gemeinsam Leitfäden erarbeitet. Dem irischen Leitfaden zufolge sollte ein Risikobewertungsansatz verfolgt werden, und auch die Niederlande verweisen auf den engen Zusammenhang zwischen Risikobewertung und Bewertung der gesundheitlichen Auswirkungen. Interessant ist die von den Niederlanden vorgenommene Einteilung der gesundheitlichen Auswirkungen:

- Auswirkungen auf die Gesundheit (im physischen Sinne) - in der Regel quantitative Bewertung (welche gesundheitsrelevanten Schadstoffwerte werden überschritten)

- Auswirkungen auf das Wohlbefinden - Belästigungen (z. B. Geruchs-, Sicht- oder Lärmbelästigung); Kombination aus qualitativer und quantitativer Bewertung

- Gesundheitlich bedingte sozioökonomische Auswirkungen - Beschäftigung und Entlassungen; dazu allerdings nur allgemeine Betrachtungen.

In der niederländischen Praxis stehen die Auswirkungen auf Gruppen und nicht auf Einzelpersonen im Mittelpunkt.

Zusammenfassung der Hauptergebnisse: Menschliche Gesundheit

Die Bewertung gesundheitlicher Auswirkungen spielt in der Praxis keine sonderlich bedeutende Rolle. Die Spannweite der untersuchten gesundheitlichen Auswirkungen variiert in Abhängigkeit davon, ob sie in engem oder in weiterem Sinne interpretiert werden. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass den gesundheitlichen Auswirkungen bei der UVP geringere Relevanz zuerkannt wird und/oder dass sie in gewissem Umfang Gegenstand anderer Rechtsvorschriften sind. Andererseits deutet einiges darauf hin, dass eine Bewertung der gesundheitlichen Auswirkungen im Zusammenhang mit anderen Themenkomplexen wie ,Verschmutzung" oder ,Risiko" stattfindet.

Maßnahme: Siehe Empfehlung 5.4.2. (j).

4.7 Verhältnis zu anderen EU-Richtlinien

4.7.1 Die UVP-Richtlinie ist ein maßgebliches Instrument für die Umsetzung der Umweltpolitik der EU. Sie gehört zu einem Paket von Richtlinien, die dem Management und dem Schutz der Umwelt gewidmet sind. Oftmals fallen Projekte, für die die UVP-Richtlinie gilt, auch in den Anwendungsbereich anderer Richtlinien. Das IMPEL-Netz hat die Zusammenhänge zwischen der UVP-Richtlinie und anderen Richtlinien untersucht und darauf hingewiesen, dass es auf die Koordinierung in entscheidenden Phasen - z. B. bei der Öffentlichkeitsbeteiligung - ankommt und Überschneidungen in der Dokumentations- und Bewertungstätigkeit nach Möglichkeit vermieden werden sollten [23]. Im Rahmen der vorliegenden Erhebung wurden die Mitgliedstaaten nach dem Verhältnis zwischen der UVP-Richtlinie und anderen maßgeblichen Umweltrichtlinien gefragt.

[23] EU-Netz für die Anwendung und Durchsetzung des gemeinschaftlichen Umweltrechts (1998), Interrelationship between IVU, EIA, SEVESO Directives and EMAS Regulations: Final Report, Brüssel, KEG.

Richtlinie 96/61/EG über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU)

4.7.2 Nach Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a) der UVP-Richtlinie (eingefügt durch Richtlinie 97/11/EG) können die Mitgliedstaaten ein einheitliches Verfahren für die Erfuellung der Anforderungen der UVP-Richtlinie und der IVU-Richtlinie vorsehen. Nur vier der Befragten (Belgien-Brüssel, Deutschland, Italien und Österreich) gaben an, einheitliche Verfahren zur Genehmigung von Projekten eingeführt zu haben, die sowohl unter die UVP-Richtlinie als auch unter die IVU-Richtlinie fallen. In Österreich gibt es ein einheitliches Genehmigungsverfahren, bei dem die zuständige Behörde (auf Bundes- oder Landesebene) die Erfuellung von UVP- und IVU-Anforderungen gleichzeitig prüft. In Italien ist dies nur bei Änderungen oder Erweiterungen bestehender Projekte der Fall. In einigen Mitgliedstaaten wird bei der Anwendung der UVP-Richtlinie eine Unterteilung nach Flächennutzungsgenehmigungen und Umweltgenehmigungen (für Verfahren) vorgenommen, wobei es zu Überschneidungen zwischen dem UVP- und dem IVU-Verfahren kommt. In den Niederlanden sind sowohl Flächennutzungs- als auch Verfahrensgenehmigungen erforderlich und die Flächennutzungsgenehmigung wird erst dann erteilt, wenn die IVU-Genehmigung oder eine sonstige Umweltgenehmigung vorliegt. Alle anderen Mitgliedstaaten wenden getrennte Verfahren an, obwohl Frankreich, die Niederlande, Schweden und das Vereinigte Königreich dazu raten bzw. fordern, dass die Projektträger die Anträge gleichzeitig einreichen. In Irland wird der Antrag auf Flächennutzungsgenehmigung generell vor dem IVU-Antrag eingereicht. Spanien hat die Richtlinie 96/61/EG noch nicht (vollständig) in nationales Recht umgesetzt.

4.7.3 In den meisten Mitgliedstaaten (Belgien-Brüssel, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Irland, Portugal, Schweden und Spanien) stimmen die Schwellenwerte für Anhang I der IVU-Richtlinie im Großen und Ganzen mit denen für Anhang II der UVP-Richtlinie überein. In manchen Ländern allerdings sind die verbindlichen Schwellenwerte für Anhang II der UVP-Richtlinie niedriger (Frankreich und Griechenland); in Frankreich betragen sie sogar nur die Hälfte bis ein Zehntel der Werte für die IVU-Richtlinie. Obwohl das Vorhandensein einheitlicher Schwellenwerte/Kriterien zur Vereinheitlichung und Integration der UVP-Anforderungen und des IVU-Genehmigungsverfahrens beiträgt, gaben viele der Befragten an, dass einzelstaatliche legislative Faktoren diese Integration erschweren.

Habitat-Richtlinie 92/43/EEG

4.7.4 Gemäß Artikel 6 der Habitat-Richtlinie ist bei Plänen und Projekten, die zwar nicht unmittelbar mit der Verwaltung eines Natura-2000-Gebiets im Zusammenhang stehen, aber ein solches Gebiet erheblich beeinträchtigen könnten, ein Prüfverfahren durchzuführen. Wie bei der UVP handelt es sich um eine stufenweise Prüfung des Projekts oder Plans, seiner Auswirkungen auf das Natura-2000-Gebiet, der Alternativlösungen, durch die sich nachteilige Auswirkungen vermeiden lassen würden, sowie möglicher Schadensbegrenzungs- oder Ausgleichsmaßnahmen, die der Erhaltung der Integrität des Natura-2000-Netzes dienen. In dem Dokument der Kommissionsdienststellen Natura 2000-Gebietsmanagement: Die Vorgaben des Artikels 6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG [24] werden die Zusammenhänge zwischen der UVP-Richtlinie und Artikel 6 der Richtlinie 92/43/EWG aufgezeigt. Darin heißt es, dass bei Projekten, die die Gefahr der erheblichen Beeinträchtigung eines Natura-2000-Gebiets nach sich ziehen, eine Prüfung nach Artikel 6 sowie eine den Anforderungen der UVP-Richtlinie genügende UVP durchgeführt werden sollten. Ferner besagt die unverbindliche EU-Anleitung zum Prüfverfahren nach Artikel 6, dass bei Projekten, für die die UVP-Richtlinie gilt, Prüfungen nach Artikel 6 Bestandteil der UVP sein können, jedoch in der UVE deutlich erkennbar und getrennt ausgewiesen sein sollten [25]. Mit Ausnahme Deutschlands und des Vereinigten Königreichs geben alle Mitgliedstaaten an, die UVP-Prüfung mit den in der Habitat-Richtlinie vorgeschriebenen Prüfungen koordiniert zu haben. Portugal erklärt, dass in empfindlich reagierenden Gebieten für sämtliche Projekte unabhängig von der Größe eine UVP durchzuführen ist. In Finnland kann die Prüfung gemäß Habitat-Richtlinie entweder im Rahmen des UVP-Verfahrens oder nach der UVP in einer späteren Phase des Entwicklungsverfahrens erfolgen, wenn die Projektierung weiter fortgeschritten ist.

[24] Siehe http://europa.eu.int/comm/environment/ nature/art6_de.pdf.

[25] Siehe http://europa.eu.int/comm/environment/ nature/natura.htm

Zusammenfassung der Hauptergebnisse: Abstimmung mit anderen EU-Richtlinien

Die Koordinierung zwischen der UVP-Richtlinie und anderen Richtlinien wie der IVU- und der Habitat-Richtlinie ist allem Anschein nach nicht sonderlich stark verbreitet. Nur wenige Mitgliedstaaten haben die Gelegenheit genutzt, durch eine engere Abstimmung des UVP- und des IVU-Verfahrens größere inhaltliche Konsistenz zu erzielen und Wiederholungen bei den Dokumentationen und Prüfungen einzuschränken. Wo nach Angabe von Mitgliedstaaten eine Abstimmung erfolgt, geschieht dies meist in Form der Empfehlung, beide Verfahren gleichzeitig durchzuführen.

4.8 Zugang zu Gerichten

4.8.1 Nach Artikel 9 des Übereinkommens von Aarhus muss jede Vertragspartei sicherstellen, dass Mitglieder der Öffentlichkeit Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen, die gegen Umweltschutzvorschriften des innerstaatlichen Rechts verstoßen, anzufechten. Der Richtlinienvorschlag soll die UVP-Richtlinie ändern, um das Übereinkommen von Aarhus in EU-Recht umzusetzen. Dem Vorschlag zufolge haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die betroffene Öffentlichkeit (unter bestimmten Bedingungen) Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle hat, um die materiellrechtliche oder verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen der UVP-Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten (Artikel 10 Buchstabe a)). Dem neuen Artikel 10 Buchstabe a) zufolge müssen die Mitgliedstaaten außerdem sicherstellen, dass diese Verfahren fair und nicht mit übermäßig hohen Kosten verbunden sind. Obwohl die geltende UVP-Richtlinie keine Bestimmungen über den Zugang zu Gerichten enthält und die auf das Übereinkommen von Aarhus zurückgehenden Änderungen der UVP-Richtlinie noch nicht beschlossen sind, wurde bei der vorliegenden Erhebung nach vorhandenen Regelungen für den Zugang zu Gerichten im Zusammenhang mit der UVP gefragt.

4.8.2 Den bei der Umfrage gewonnenen Informationen zufolge dürfte es so sein, dass sich der Zugang zu Gerichten im Zusammenhang mit der UVP größtenteils auf die Möglichkeit der Anrufung der Justiz der einzelnen Mitgliedstaaten beschränkt. Gerichtliche Überprüfungen sind jedoch ein oft kostspieliges und zeitaufwendiges Unterfangen zur Durchsetzung rechtlicher Ansprüche und vielfach nur für jene zugänglich, die von einer Entscheidung unmittelbar betroffen sind, nicht aber für die ,betroffene Öffentlichkeit" entsprechend dem breiter gefassten Konzept des Übereinkommens von Aarhus. Mehrere Länder haben die UVP in vorhandene Genehmigungsverfahren integriert, so dass der Zugang zu Gerichten im Rahmen des Genehmigungsverfahrens gegeben und für das UVP-Verfahren nicht unmittelbar von Belang ist. In Deutschland allerdings kann gegen das Ergebnis der Vorprüfung erst Einspruch erhoben werden, nachdem die endgültige Entscheidung getroffen wurde. Dasselbe gilt für das Vereinigte Königreich. Dänemark gehört zu den wenigen Mitgliedstaaten, in denen der Zugang zu Gerichten bereits in der Phase des Screening und des Scoping gegeben ist. Auch das irische Recht erlaubt eine gerichtliche Überprüfung in allen Phasen des Planungsverfahrens, in das die UVP integriert ist. Ferner gestattet es die Einlegung von Rechtsmitteln durch Dritte, nämlich durch das nationale Planungsamt An Bord Pleanála, das Widerspruch gegen bereits erteilte Planungsgenehmigungen für Projekte einlegen und eine Überprüfung veranlassen kann.

Zusammenfassung der Hauptergebnisse: Zugang zu Gerichten

Obwohl die geltende UVP-Richtlinie keine Bestimmungen über den Zugang zu Gerichten enthält, ist dieser im nationalen Recht der meisten Mitgliedstaaten vorgesehen. Der Zugang zu Gerichten im Zusammenhang mit UVP beschränkt sich weitgehend auf Mitglieder der Öffentlichkeit, die gesetzlich befugt sind, Entscheidungen gerichtlich anzufechten. In den meisten Fällen ist eine Anfechtung erst nach Erteilung der Projektgenehmigung vorgesehen; nur in wenigen Mitgliedstaaten besteht die Möglichkeit der Anfechtung in früheren Phasen des UVP-Verfahrens.

Maßnahme: Es wurde eine Änderung der UVP-Richtlinie angenommen, um diese mit dem Übereinkommen von Aarhus in Einklang zu bringen. Darin werden Rechte und Pflichten in Bezug auf den Zugang zu Rechtsmitteln dargelegt.

4.9 Qualitätskontrolle bei der UVP

4.9.1 Qualitätskontrollen sind in allen Phasen des UVP-Verfahrens möglich. Mit ihrer Hilfe kann beispielsweise sichergestellt werden, dass Screening-Entscheidungen im Einklang mit der Richtlinie getroffen werden, dass in der Scoping-Phase alle erheblichen Auswirkungen ordnungsgemäß ermittelt wurden und die Umweltinformationen bei der Genehmigungsentscheidung angemessen berücksichtigt werden. Eine weitere mögliche Form der Qualitätskontrolle ist die Überwachung nach erfolgter Genehmigung, auch wenn die UVP-Richtlinie dies nicht vorsieht. Auch die Qualität der Öffentlichkeitsbeteiligung in den einzelnen Verfahrensphasen kann kontrolliert werden. Die Richtlinie gibt allerdings nicht vor, auf welche Weise die zuständigen Behörden ihrer Screening-Pflicht nachzukommen haben, wie das Scoping-Verfahren zu gestalten ist, wie die Prüfungen durchzuführen sind und wie bzw. wie detailliert die Ergebnisse darzulegen sind. In der Rechtssache C 431/99 Kommission/Deutschland (Großkrotzenburg) wurde entschieden, dass die Anforderungen der Richtlinie erfuellt sind, wenn Angaben über die Umweltauswirkungen vorgelegt wurden bzw. sich im Besitz der zuständigen Behörde befinden und die Öffentlichkeit Gelegenheit hat, die Informationen vor der Entscheidung zu prüfen und sich dazu zu äußern. In der Richtlinie sind die Verfahrensregeln für die UVP festgelegt, doch enthält sie keine Anhaltspunkte für die Durchführung der Qualitätskontrolle in den einzelnen Phasen des UVP-Verfahrens - diese bleibt den Mitgliedstaaten überlassen. Kasten 3 gibt Aufschluss über vorhandene Qualitätskontrollmaßnahmen in einigen Mitgliedstaaten (in Bezug auf die Scoping-Phase und die UVE).

Kasten 3: UVP-Qualitätskontrolle

Österreich

Im Allgemeinen bestehen während des UVP-Verfahrens - darunter auch beim informellen/formellen Scoping-Verfahren - intensive Kontakte zwischen dem Antragsteller und der zuständigen Behörde. Die zuständige Behörde macht Anmerkungen zu technischen und rechtlichen Aspekten des Projekts und kann geeignete Sachverständige für die Verträglichkeitsprüfung vorschlagen. Sie bewertet die Qualität der vom Antragsteller vorgelegten Angaben und stützt sich dabei auf eigene oder auf externe Sachverständige. Ein Exemplar der vollständigen UVE wird zur Stellungnahme an ausgewählte staatliche Umweltstellen weitergeleitet und alle Antragsunterlagen liegen für sechs Wochen aus, damit die Öffentlichkeit Einsicht nehmen und sich dazu äußern kann.

Belgien - Brüssel

Das Scoping ist verbindlich vorgeschrieben. Die zuständige Behörde erarbeitet die erforderlichen UVP-Vorgaben. Die Projektträger müssen die UVP von einem akkreditierten Berater durchführen lassen. Nach Abschluss der Untersuchung überprüft ein Lenkungsausschuss (bestehend aus Vertretern der wichtigsten beteiligten Behörden) die UVP und kann die Arbeiten genehmigen oder Korrekturen vornehmen, bis alle Probleme, die in den ursprünglichen UVP-Vorgaben genannt wurden, zufriedenstellend geklärt sind.

Belgien - Flandern

Die Projektträger dürfen die UVP nur von zertifizierten Sachverständigen durchführen lassen und müssen dem UVP-Referat der Umweltverwaltung einen Vorschlag für ein Team von UVP-Sachverständigen sowie das allgemeine Gerüst der UVE zur Genehmigung vorlegen. Das Scoping ist zwar keine Pflicht, wird aber dennoch informell gefordert. So ist es gängige UVP-Praxis, dass alle beteiligten staatlichen Stellen, der Projektträger und die UVP-Sachverständigen zu einer Scoping-Sitzung zusammenkommen. Der UVE-Entwurf wird auf einer zweiten Zusammenkunft dieser Gruppe begutachtet und die endgültige UVE muss vom UVP-Referat der Umweltverwaltung genehmigt werden. Es gibt UVP-Leitfäden (in gedruckter Form).

Belgien - Wallonien

Die UVP muss von einem vom Umweltminister akkreditierten Gremium durchgeführt werden. Die zuständige Behörde und ein unabhängiger Umweltrat (bestehend aus Vertretern von Industrie, Hochschulen, staatlichen Umweltstellen, Gewerkschaften, Öffentlichkeit usw.) bewerten die Qualität der UVP. Wird diese nicht als zufriedenstellend erachtet, kann die zuständige Behörde Zusatzinformationen anfordern. Im Falle ungenügender Zusatzinformationen kann der Antrag abgelehnt werden.

Dänemark

Die zuständige Behörde ist zur Konsultation der Öffentlichkeit im Rahmen des Scoping verpflichtet. Sie ist auch für die Qualität der UVP verantwortlich. Die UVE wird ebenfalls von einer nationalen Umweltbehörde überprüft.

Finnland

Die zuständige Behörde prüft ein vom Projektträger erarbeitetes Scoping-Dokument und weist auf notwendige Änderungen des vorgeschlagenen Prüfprogramms hin. Sie prüft die Angemessenheit des abschließenden UVE-Berichts, dessen Entwurf zuvor oft der zuständigen Behörde vorgelegt wird, die sich inoffiziell dazu äußert. Die Öffentlichkeit und die staatlichen Instanzen können zum Scoping-Dokument und zur UVE Stellungnahmen abgeben, die die zuständige Behörde bei der Qualitätsbewertung berücksichtigt. Vom Umweltministerium werden derzeit Leitlinien für die Überprüfung von Scoping-Dokumenten, UVE und die administrative Gestaltung des UVP-Verfahrens erarbeitet.

Frankreich

Die zuständige Behörde ist für die Qualität verantwortlich. Einige Behörden haben Anleitungen erarbeitet. Die regionalen Umweltbehörden können die zuständige Behörde beraten. Auf gesamtstaatlicher Ebene kann der Umweltminister den Vorschlag anfordern und eine Stellungnahme zur UVE abgeben. Bei bedeutenden Projekten (bedeutend von der Art oder von den Kosten her) werden Ratschläge nationaler und regionaler Behörden zur UVP eingeholt.

Deutschland

Die zuständige Behörde prüft die Qualität und Vollständigkeit der Informationen. Erst wenn sie diese für zufriedenstellend erachtet, kann das Genehmigungsverfahren beginnen. Nötigenfalls können externe Sachverständige benannt werden, um die zuständige Behörde bei der Bewertung der Informationen zu unterstützen.

Niederlande

In den Niederlanden gibt es eine unabhängige UVP-Kommission, deren Qualitätskontrollen einen Großteil des UVP-Verfahrens erfassen.

Portugal

Die zuständige Behörde prüft die Qualität und Vollständigkeit der Informationen und kann zusätzliche Informationen anfordern. Sind die Angaben unvollständig, wird keine Genehmigung erteilt, und es muss eine neue UVP durchgeführt werden.

4.9.2 Wie bereits zum Thema der Prüfung der Umwelterheblichkeit (Screening) in Abschnitt 3 angemerkt, wird der Verlauf des Screening-Verfahrens in den Mitgliedstaaten nur selten überwacht. Im Vereinigten Königreich scheint es sehr uneinheitliche Ansätze zu geben, wobei viel davon abhängt, wie stark sich die zuständige Behörde für die UVP einsetzt und welche Ressourcen ihr zur Bearbeitung komplexer UVE zur Verfügung stehen. Manche Behörden fordern überhaupt keine UVP, ,sofern es sich vermeiden lässt" [26]. In den meisten Ländern besteht offenbar die einzige Qualitätskontrollmaßnahme beim Screening in der Möglichkeit der gerichtlichen Anfechtung von Entscheidungen zu Anhang-II-Projekten, bei denen keine UVP gefordert wurde, obwohl ausgehend von Anhang II erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt zu erwarten waren. Eine Qualitätskontrolle auf justiziellem Wege ist jedoch höchst ineffizient und ohne eine zentrale Überwachung von Screening-Entscheidungen ist es den Mitgliedstaaten nicht möglich, die Qualität des Screening-Verfahrens zu prüfen. Beim Scoping besteht insofern eine andere Situation, als nur wenige Länder in der EU eine Scopingphase bei der UVP verbindlich vorschreiben. Wenn das Scoping dem Ermessen überlassen bleibt, besteht die einzige verfügbare Qualitätskontrollmaßnahme in der Nutzung von Anleitungsmaterialien. Beim Scoping lassen sich zur Qualitätskontrolle drei Ansätze unterscheiden:

[26] Siehe Weston, J. (2000) EIA, Decision Making Theory and Screening and Scoping in UK Practice, in Journal of Environmental Planning and Management, Bd. 43, Nr. 2, S. 185-203.

- die zuständige Behörde erarbeitet die Vorgaben für die UVP im Rahmen eines verbindlich vorgeschriebenen Scoping-Verfahrens (z. B. Belgien-Brüssel);

- der Antragesteller erarbeitet einen Rahmenentwurf für die UVP, der von der zuständigen Behörde geprüft und gegebenenfalls vom Projektträger abgeändert wird (z. B. Finnland, Schweden);

- im Ergebnis von Konsultationen mit der Öffentlichkeit, Beratern und einer unabhängigen Stelle werden projektspezifische UVE-Leitlinien erarbeitet (z. B. Niederlande).

4.9.3 Einige Aspekte der Qualitätskontrolle der vorgelegten Umweltinformationen wurden bereits in Abschnitt 3 erörtert. Anzumerken ist, dass nicht nur das Screening und Scoping, sondern auch Inhalt, Umfang und Aussagefähigkeit der vom Projektträger vorgelegten Umweltinformationen selten einer zentralen Qualitätskontrolle unterzogen werden. Wie in Abschnitt 3 dargelegt, hat bislang nicht einmal die Hälfte der Mitgliedstaaten Untersuchungen zur Qualität und Hinlänglichkeit der vorgelegten Umweltinformationen oder UVE durchgeführt, doch soweit es entsprechende Studien gab, wurde überwiegend eine mangelhafte Qualität der UVE festgestellt. Einige Mitgliedstaaten haben zur Verbesserung der Qualität der Umweltinformationen und Umwelterklärungen Leitfäden herausgegeben (siehe Tabelle 17).

4.9.4 Die Mitgliedstaaten wurden gefragt, anhand welcher Kriterien die Qualität und Hinlänglichkeit der vom Projektträger vorgelegten Informationen beurteilt werden und ob Instrumente wie Checklisten zur Anwendung kommen. Österreich betrachtet Anhang IV, in dem die in der UVE vorzulegenden Angaben aufgeführt sind, als Checkliste. Ein Sachverständigenteam der UVP-Behörde und der mitwirkenden Behörden bestätigt die Einhaltung der Vorgaben. Weitere offizielle Stellen (z. B. Umweltanwalt, Trägergemeinde, Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) können sich ebenso wie die Öffentlichkeit zur Qualität der Umwelterklärung äußern. Auch Belgien-Flandern, Dänemark und Deutschland geben an, dass Anhang IV der UVP-Richtlinie in der umgesetzten Form die Funktion einer Checkliste erfuellt. Irland erklärt, dass in den Leitfäden für Umweltverträglichkeitserklärungen dargelegt ist, welche Angaben diese Erklärungen enthalten müssen. Das Vereinigte Königreich gibt an, dass Checklisten im Verfahrensleitfaden des Ministeriums für Verkehr, lokale Gebietskörperschaften und Regionen sowie in Leitfäden der Europäischen Kommission und in Materialien aus anderen Quellen enthalten sind. In einem italienischen Dekret (DPCM vom 27.12.88) sind ,technische Regeln" für den Informationsgehalt von Umwelterklärungen festgelegt. In Frankreich stehen ein allgemeiner Leitfaden für Umweltverträglichkeitsstudien sowie technische Leitfäden für die Hauptprojektarten zur Verfügung.

4.9.5 Der Finnische UVP-Verband fördert die Qualität, indem er auf seiner Jahreskonferenz die Auszeichnung ,UVE des Jahres" vergibt. In den Niederlanden werden nach breiter Anhörung (in die die Öffentlichkeit, Berater und die UVP-Kommission einbezogen werden) für jedes einzelne Projekt spezifische Leitlinien erarbeitet, die auf dem niederländischen UVP-Recht beruhen. Nach der formellen Entgegennahme (nicht unbedingt Genehmigung) der Umwelterklärung wird von der zuständigen Behörde geprüft, ob die Erklärung inhaltlich den Anforderungen der spezifischen Leitlinien entspricht. Im Falle nicht zufriedenstellender Angaben werden zusätzliche Informationen angefordert. Anschließend prüft die UVP-Kommission, ob der ,Stand der Technik" eingehalten wurde, ob Alternativen und insbesondere die umweltfreundlichste Alternative beschrieben wurden und welche Qualität die Angaben über die Umweltauswirkungen aufweisen. In den Fällen, in denen die Angaben zunächst für unzulänglich erachtet wurden, erfolgte fast immer eine Nachlieferung der geforderten zusätzlichen Informationen. An der Qualitätskontrolle sind in den Niederlanden auch die Öffentlichkeit, die regionalen Umweltbehörden und die Naturschutzbehörden beteiligt.

4.9.6 Die Bewertung der Qualität der Ergebnisse des UVP-Verfahrens setzt eine Überwachung nach erfolgter Genehmigung voraus, die in der UVP-Richtlinie zwar nicht vorgesehen, aber dennoch in vielen Ländern regulärer Bestandteil des Verfahrens ist. Einige Mitgliedstaaten verfügen über Mechanismen zur Prüfung der Ergebnisse der UVP. Dem niederländischen UVP-Recht zufolge ist die zuständige Behörde zur Aufstellung eines Evaluationsprogramms verpflichtet. Im Rahmen dieses Programms werden die Prognosen in der Umwelterklärung (UE) mit den vorhandenen Bedingungen verglichen. Wenn sich bei der Evaluation zeigt, dass die Umwelt stärker als prognostiziert beeinträchtigt wird, kann die zuständige Behörde zusätzliche Umweltschutzmaßnahmen anordnen. Der Bericht zum Evaluationsprogramm, der in der Regel fünf Jahre nach der Durchführung des Projekts erstellt wird, ist öffentlich zugänglich. Nach griechischem Recht ist eine Überprüfung der UVP-Ergebnisse bei der Verlängerung der Umweltgenehmigung vorzunehmen. Die Umweltgenehmigung für Projekte wird befristet erteilt und gilt während der gesamten Betriebsdauer des Projekts. Sind nach Ablauf der Frist keine wesentlichen Änderungen im Hinblick auf die Umweltauswirkungen des Projekts zu verzeichnen, wird die Umweltgenehmigung verlängert. Ansonsten wird ein neues UVP-Verfahren eingeleitet, in dessen Ergebnis neue Umweltauflagen für das Projekt eingeführt werden können oder die Umweltgenehmigung sogar verweigert werden kann. Voraussetzung für die Erteilung einer neuerlichen Umweltgenehmigung kann auch eine Standortverlagerung der Anlage sein.

Tabelle 17 UVE-Leitfäden

Mitgliedstaat // Leitfäden für die Erarbeitung von Umwelterklärungen

Belgien- // Brüssel Es gibt keine übergreifenden UVP-Leitfäden, doch die zuständige Behörde erarbeitet spezifische Leitfäden für einzelne Projekte auf der Grundlage der Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung sowie anhand von Hinweisen der Mitarbeiter der verschiedenen betroffenen Behörden.

Flandern Allgemeine verfahrensbezogene und methodische Leitfäden; außerdem methodische Leitfäden zur Durchführung der Maßnahmen

Wallonien Leitfäden werden momentan erarbeitet und sollen zu gegebener Zeit im Internet veröffentlicht werden

Dänemark // Nationaler UVE-Leitfaden: www.mim.dk/lpa

Deutschland // Orientierungshilfen für die UVP sind in einer bundesweiten Verwaltungsvorschrift enthalten; einige Länder haben ebenfalls Leitfäden erarbeitet

Finnland // Leitfäden der Projektträger und Behörden in den betreffenden Sektoren (z. B. Energieerzeugung, Bergbau, Verkehrswesen)

Leitfaden für UVP in der Arktis unter http://finnbarents.urova.fi/aria/ index.asp (in Englisch).

Frankreich // Einige vorläufige, nicht verbindliche Anleitungen mit Empfehlungscharakter; Betonung auf Verhältnismäßigkeit

Irland // Leitfaden zum Informationsgehalt von Umweltverträglichkeitserklärungen, vom EPA 1995 veröffentlicht und 2002 aktualisiert. Begleithinweise werden 2002 überprüft. Siehe www.epa.ie

Italien // Noch nicht verfügbar

Niederlande // Es gibt keine übergreifenden UVP-Leitlinien, doch die zuständige Behörde erarbeitet spezifische Leitfäden für einzelne Projekte auf der Grundlage der Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung sowie anhand von Hinweisen der Unabhängigen UVP-Kommission.

Österreich // UVE-Leitfaden - Umweltbundesamt

Leitfaden zur Erstellung von Umweltverträglichkeitserklärungen für Abfallverbrennungsanlagen und thermische Kraftwerke

www.ubavie.gv.at/umweltregister/uvp/intro/htm

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft:

Leitfäden für Schigebiete, für Handels- und Freizeiteinrichtungen usw.:

www.lebensministerium.at/Umwelt/Umweltverträglichkeitsprüfung/Materialien zur UVP

Einige Länder haben eigene Leitfäden herausgegeben.

Vereinigtes Königreich // Leitfaden für gute Praxis bei der Erarbeitung von Umwelterklärungen 1995 veröffentlicht

In der Region Belgien-Brüssel unterliegt die Umweltgenehmigung ebenfalls einer Frist (15 Jahre), nach der sie verlängert werden muss, und nach 30 Jahren muss eine neue UVP durchgeführt werden. In Österreich muss bei bestimmten Projektarten (so bei Abfallbehandlungsanlagen, Flugplätzen, Wasserkraftanlagen, Anlagen für den Umgang mit radioaktiven Stoffen sowie bestimmten Straßenbau- und Eisenbahnprojekten) drei bis fünf Jahre nach Inbetriebnahme der Anlage eine Nachkontrolle durchgeführt werden. Dabei wird überprüft, ob der Genehmigungsbescheid eingehalten wurde und die Prognosen der UVP mit den tatsächlichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt übereinstimmen. Durch verschiedene Verwaltungsvorschriften werden außerdem Überwachungspflichten für weitere Projekte festgelegt, die sich jedoch nicht speziell auf die UVP-relevanten Informationen beziehen müssen. In der belgischen Region Wallonien wird derzeit eine Methodik für die Überprüfung erarbeitet. Spanien stellt die Durchführung von Schutzmaßnahmen (,Korrekturmaßnahmen") mit Hilfe einer ,Vigilanzmaßnahme" sicher.

Zusammenfassung der Hauptergebnisse: Qualitätskontrolle

Für die Kontrolle der Qualität der UVP-Verfahren ist an formellen Maßnahmen kaum etwas vorgesehen. Die Richtlinie selbst erweist sich in diesem Punkt als aussageschwach, da sie stärker auf die verfahrensbezogenen Aspekte der UVP ausgerichtet ist. Die Verantwortung für die Qualitätskontrolle bei UVP liegt im Wesentlichen bei den zuständigen Behörden, und auch gerichtliche Überprüfungen spielen diesbezüglich eine wichtige Rolle. Aufgrund der fehlenden zentralen Überwachung der wichtigsten Phasen der UVP fällt es den Mitgliedstaaten schwer, die einheitliche und richtige Anwendung ihrer UVP-Systeme sicherzustellen. Allerdings gibt es auch Beispiele für innovative Methoden, nutzen doch einige Mitgliedstaaten die Möglichkeit der Projektüberwachung nach Abschluss des Entscheidungsverfahrens, um die Qualität des Ergebnisses des UVP-Verfahrens sicherzustellen.

Maßnahme: siehe Empfehlung 5.4.2. (a), (d), (e) und (k).

5. Die Wirksamkeit der UVP-Richtlinie als Ganzes

5.1.0 Einleitung

5.1.1 Die Präambel zur UVP-Richtlinie besagt, dass ,die beste Umweltpolitik darin besteht, Umweltbelastungen von vornherein zu vermeiden, statt sie erst nachträglich in ihren Auswirkungen zu bekämpfen". Die Kommission sieht in der UVP eine wichtige Entscheidungshilfe, die die Verwirklichung eines gezielten umweltpolitischen Ansatzes bei Projekten gewährleisten soll, welche möglicherweise mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt verbunden sind. Weiter heißt es in der Präambel: ,Es erscheint erforderlich, eine Harmonisierung der Grundsätze für die Umweltverträglichkeitsprüfung vorzunehmen, insbesondere hinsichtlich der Art der zu prüfenden Projekte, der Hauptauflagen für den Projektträger und des Inhalts der Prüfung." Der Beitrag der UVP-Richtlinie zur Durchsetzung des präventiven Aspekts der Umweltpolitik kann ebenso wie ihr Beitrag zur Harmonisierung der Projektprüfung, der Auflagen für Projektträger und der Prüfungsinhalte als Maßstab für die Wirksamkeit der Richtlinie als Ganzes gelten.

5.1.2 Die durch Richtlinie 97/11/EG eingeführten Änderungen hatten eine erhebliche Festigung der Verfahrensgrundlagen der UVP zur Folge. Außerdem bewirkte die Richtlinie 97/11/EG eine stärkere Harmonisierung im Hinblick auf UVP-pflichtige Projekte, indem eine größere Zahl von Projekten in Anhang I aufgenommen wurde. Durch die Screening-Kriterien von Anhang III für Anhang-II-Projekte bietet die Richtlinie 97/11/EG außerdem eine gute Gewähr dafür, dass Screening-Entscheidungen anhand klarer ökologischer Kriterien getroffen werden. Wie die vorliegende Untersuchung gezeigt hat, bestehen jedoch zwischen den EU-Mitgliedstaaten weiterhin große Unterschiede im Herangehen und in der Anwendung der UVP. Neben eindeutigen Stärken gibt es auch einige bedeutende Schwächen, die es zu überwinden gilt. Im abschließenden Teil dieses Berichts sollen die Vorzüge und die Schwachpunkte der UVP-Richtlinie als Ganzes betrachtet werden, um die Wirksamkeitsanalyse zu vervollständigen. Ausgehend davon werden Empfehlungen für die weitere Stärkung der Anwendung der UVP-Richtlinie gegeben.

5.1.3 Im Zuge der vorliegenden Erhebung wurden umfangreiche Erkenntnisse über die Funktionsweise der UVP in den EU-Mitgliedstaaten gewonnen. Untersucht wurden sowohl ,optimale Praktiken" als auch weniger gute Verfahren. So kann es vorkommen, dass ein Mitgliedstaat in einer ganz bestimmten Hinsicht als ,Wegbereiter" für optimale Verfahren auftritt, aber dennoch nur geringes Engagement für den UVP-Prozess insgesamt zeigt. Es ist sehr schwierig, aus den hier ausgewerteten Informationen eindeutige Schlussfolgerungen zur Rolle der UVP bei Projektentscheidungen zu ziehen. Aus den Antworten geht hervor, dass die ökologischen Faktoren, die im UVP-Verfahren zur Sprache kommen, bei der Entscheidungsfindung gegen andere, gesellschaftliche und wirtschaftliche Faktoren abgewogen werden. Aus der Literatur zum Einfluss der UVP-Richtlinie ist allerdings zu entnehmen, dass die Richtlinie ihre größte Wirkung in der Entwurfsphase entfaltet, indem sie dazu führt, dass Umweltschutzmaßnahmen von Anfang an Berücksichtigung finden. Durch den öffentlichen Charakter des Entscheidungsverfahrens und die öffentliche Auswertung der Umweltinformationen sehen sich die Projektträger gezwungen, ihre Projekte schon zu Beginn des Genehmigungsverfahrens in möglichst günstigem Lichte darzustellen. Die Folge müssten eigentlich bessere, weniger umweltschädliche Projekte sein; doch ohne Überwachung des UVP-Verfahrens oder der Ergebnisse der UVP können die Mitgliedstaaten nicht feststellen, ob dies wirklich der Fall ist.

5.2 Stärken

5.2.1 Bei der vorliegenden Untersuchung wurden zahlreiche positive Aspekte der Funktionsweise der UVP-Richtlinie aufgezeigt. Diese betreffen sowohl die Anwendung der in der Richtlinie festgelegten Verfahren als auch die Anwendung optimaler, oftmals über die Anforderungen der Richtlinie hinausgehender Praktiken in einzelnen Mitgliedstaaten. Viele Länder haben eigene Praxisleitfäden erarbeitet, die einen Platz neben den Leitfäden der Kommission für das Screening, das Scoping, die UVE-Prüfung und die Prüfung kumulativer Auswirkungen einnehmen. In einigen Ländern stehen darüber hinaus projekt- und themenspezifische Leitfäden, z. B. zur Frage gesundheitlicher Auswirkungen, zur Verfügung. Bei der Umsetzung und Anwendung der UVP-Richtlinie haben die Mitgliedstaaten entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip ein ganzes Spektrum von Ansätzen für das Screening, das Scoping und die UVE-Prüfung entwickelt, die in den verschiedensten Teilen der Europäischen Union zum Einsatz kommen. Einige Länder verfügen über gute Datenbanken zur UVP-Tätigkeit, die ihnen eine jährliche Zusammenstellung der Ergebnisse - untergliedert nach Anhängen und Projektarten - ermöglicht. Dies ist eine sehr nützliche Ausgangsbasis für die Überwachung der Umsetzung und der Entwicklungstrends sowie für Studien zur UVP.

5.2.2 Nur in sehr wenigen Fällen werden weitere Änderungen der Richtlinie gewünscht, und nur selten werden Bedenken über die derzeitige Aufteilung in Anhang- I- und Anhang-II-Projekte geäußert oder Forderungen nach einer noch präziseren Definition von Projektarten durch die Kommission gestellt. Viele Mitgliedstaaten nutzen beim Screening offenbar die ,Ampelmethode" und haben ausgehend von den Screening-Kriterien in Anhang III verschiedene Einschluss-, Ausschluss- bzw. Richtschwellen festgelegt. Die meisten Mitgliedstaaten haben die Einführung von Anhang III, den sie als Hilfsmittel für einheitlichere Screening-Entscheidungen ansehen, klar befürwortet und diesen Anhang unmittelbar in ihr einzelstaatliches UVP-Recht umgesetzt. Die Mitgliedstaaten haben die in Anhang III enthaltenen Screening-Kriterien für empfindliche geografische Räume (empfindliche Gebiete) in ihre UVP-Gesetze übernommen und sind in vielen Fällen darüber hinausgegangen, indem sie eigene ökologisch empfindliche Gebiete auswiesen. Viele Mitgliedstaaten sind vom Nutzen eines frühzeitigen Scoping überzeugt, das in einigen Fällen verbindlich vorgeschrieben ist und die Anhörung der Öffentlichkeit einschließt. Einige Mitgliedstaaten stellen durch ein formelles Prüfverfahren sicher, dass die der zuständigen Behörde vorgelegten Umweltinformationen der Richtlinie entsprechen. Ohne Zweifel haben die Mitgliedstaaten erkannt, wie wichtig es ist, sich mit dem Problem der ,Salamitaktik" auseinanderzusetzen und die Auswirkungen von Veränderungen und Erweiterungen der Projekte zu prüfen. Einige Mitgliedstaaten fordern eine UVP im Falle vorgesehener Kapazitätserweiterungen auch dann, wenn diese nicht mit baulichen Veränderungen einhergehen. Überhaupt gibt es in vielen Mitgliedstaaten konkrete Bestimmungen in Bezug auf so wichtige Fragen wie die Prüfung der vom Projektträger vorgelegten Umweltinformationen, die ,Salamitaktik", die Kumulierung mit anderen Projekten, die Risikobewertung, die Prüfung grenzüberschreitender Auswirkungen, die Überwachung nach erfolgter Entscheidung und die Verbindung von UVP und IVU.

5.2.3 Die Prüfung von Alternativen ist in einigen Mitgliedstaaten ein zentrales Element des UVP-Verfahrens und die Mehrheit der Länder schreibt die Prüfung der Nullvariante verbindlich vor. Offenbar rückt auch die geforderte Prüfung der Kumulierung von Auswirkungen stärker ins Blickfeld, denn viele Mitgliedstaaten haben diesbezügliche Maßnahmen eingeführt. Außerdem nutzen zahlreiche Mitgliedstaaten innovative Regelungen, um der Öffentlichkeit eine frühzeitige Beteiligung am UVP-Verfahren zu ermöglichen. Überall in der EU erhält die Öffentlichkeit Gelegenheit, sich zu den UVP-pflichtigen Projekten zu äußern. Außerdem wird die Umsetzung des Aarhus-Übereinkommens in die UVP-Richtlinie eine bedeutende Stärkung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Ausweitung des Zugangs zu Gerichten nach sich ziehen. Der Vorschlag für eine Richtlinie ,über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates" (KOM/2000/839) enthält bestimmte Details und praktische Festlegungen, die eine noch breitere Einbeziehung der Öffentlichkeit gewährleisten sollen. Einige Mitgliedstaaten müssen die Projekte nach erfolgter Genehmigung überwacht werden, um die Qualität der Ergebnisse des UVP-Verfahrens zu sichern.

5.3 Schwächen

5.3.1 Andererseits sind bei der vorliegenden Untersuchung zahlreiche Schwachstellen zutage getreten, Bereiche also, in denen die Anwendung der UVP-Richtlinie intensiviert werden könnte. Die Überprüfung der Umsetzung von Richtlinie 97/11/EG hat ergeben, dass die mit dieser Richtlinie eingeführten Maßnahmen noch nicht in allen Mitgliedstaaten vollständig umgesetzt wurden. Die verzögerte Umsetzung der Änderungen von Richtlinie 97/11/EG steht im Widerspruch zu der Tatsache, dass die UVP in der EU insgesamt als wichtiges Instrument für die Durchsetzung umweltpolitischer Strategien angesehen wird. Aus den hier betrachteten Informationen ist nicht klar ersichtlich, ob alle Anhang-II-Projekte einem systematischen Screening unterzogen werden. Die Mitgliedstaaten haben sehr unterschiedliche Schwellenwerte festgelegt, die sich bei einigen Projektarten bis um das Zehnfache unterscheiden. Zum Teil hat es den Anschein, dass unterhalb der verbindlichen nationalen Schwellenwerte bzw. Kriterien kein Screening stattfindet, und es kann durchaus Fälle geben, in denen ganze Projektarten von der UVP praktisch ausgeschlossen sind. Der Umfang der UVP-Tätigkeit fällt offenbar in den einzelnen EU-Ländern sehr unterschiedlich aus, wobei die diesbezüglichen Informationen sehr lückenhaft sind, da in einigen Fällen keine oder keine nennenswerte Überwachung auf nationaler Ebene stattfindet. Nur wenige Mitgliedstaaten erkennen die mögliche Rolle der Öffentlichkeit in der Screening-Phase an.

5.3.2 In den Ländern, in denen das Scoping nicht verbindlich vorgeschrieben ist bzw. in denen in der Scoping-Phase keine freiwillige öffentliche Konsultation stattfindet, wird dem Scoping anscheinend kein echtes Interesse entgegengebracht. In vielen Mitgliedstaaten verzichten die zuständigen Behörden bei der Prüfung der Hinlänglichkeit und Vollständigkeit der Umweltinformationen ohne nationale Checklisten oder Prüfkriterien. In etwa der Hälfte der Mitgliedstaaten werden keine Untersuchungen zur Qualität der Angaben in den Umweltverträglichkeitserklärungen vorgenommen, und viele Mitgliedstaaten verfügen offenbar über geringe oder gar keine Informationen, was die Qualität und Vollständigkeit der UVE angeht.

5.3.3 Die Intensität der Beteiligung der Öffentlichkeit schwankt erheblich, und der Begriff ,betroffene Öffentlichkeit" kann sowohl eng als auch großzügig ausgelegt werden. Es existiert weder eine EU-weite Standardpraxis noch lässt sich momentan beurteilen, wie wirksam die Öffentlichkeitsbeteiligung ist. Benötigt werden verbesserte formelle und informelle Verfahren für die Konsultation mit Nachbarländern über grenzüberschreitende Auswirkungen, wobei sichergestellt werden muss, dass diese Verfahren auch praktikabel sind. Die Koordinierung zwischen der UVP-Richtlinie und anderen Richtlinien wie der IVU- und der Habitat-Richtlinie ist allem Anschein nach nicht sonderlich stark verbreitet. Es gibt nur wenige formelle Vorkehrungen für die Gesamtkontrolle der Qualität der UVP-Verfahren, und offenbar wird die UVP in der Praxis von den Mitgliedstaaten kaum überwacht. In wichtigen Bereichen der UVP-Tätigkeit bestand ein deutlicher Mangel an Informationen, so z. B. in Bezug auf die Zahl der durchgeführten UVP, Screening-Entscheidungen, die Qualität der Umweltinformationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung, Anwendung der Salamitaktik, kumulative Auswirkungen, gesundheitliche Auswirkungen, biologische Vielfalt und Entscheidungsfindung. Außerdem gab es Verzögerungen zwischen der Prüfung der Umweltinformationen und der Entscheidung sowie zwischen der Entscheidung und der Durchführung.

5.4 Empfehlungen

5.4.1 Die im Bericht der Kommission enthaltenen Informationen deuten auf verschiedene Mängel und Schwachpunkte hin. Diese müssen unter Berücksichtigung weiterer Faktoren sorgfältig analysiert werden, um zu bestimmen, ob die UVP-Rwichtlinie zum jetzigen Zeitpunkt erneut geändert werden sollte. Allem Anschein nach liegt das Hauptproblem in den meisten Fällen in der Anwendung und Durchführung der Richtlinie und nicht in der Umsetzung der in ihr enthaltenen rechtlichen Anforderungen. Die hier genannten Schwachpunkte lassen erkennen, dass die Anwendung der Richtlinie in verschiedener Hinsicht verbessert und gestärkt werden muss. Die Richtlinie gibt den Rahmen vor und die im Falle der Vertragsverletzung zur Anwendung kommenden Mechanismen bilden die rechtliche Grundlage für eine bessere Umsetzung und Anwendung der Richtlinie. Nach Ansicht der Kommission hängt die Steigerung des Nutzeffekts der Richtlinie entscheidend davon ab, dass die Mitgliedstaaten verantwortungsbewusst handeln und die Informationen im vorliegenden Bericht aktiv für eine individuelle und kollektive Leistungssteigerung nutzen.

5.4.2 Dazu können unter anderem folgende Maßnahmen beitragen:

- (a) Die Mitgliedstaaten sollten ihre nationalen und regionalen UVP-Rechtsvorschriften überprüfen und eventuell bestehende Unzulänglichkeiten (z. B. im Hinblick auf Schwellenwerte, Qualitätskontrolle, Salamitaktik, Kumulierung) beheben. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür die Änderung der UVP-Richtlinie zu nutzen, die im Zusammenhang mit der Umsetzung des Aarhus-Übereinkommens erfolgen soll.

- (b) Eine jährliche Berichterstattung und Überwachung in präzise festgelegter Form ist eine unerlässliche Voraussetzung für die Bereitstellung zuverlässiger jährlicher Angaben zur Zahl und Art von UVP-Projekten und zum Ergebnis der wichtigsten Entscheidungen. Die Mitgliedstaaten sollten entsprechende Systeme einführen, sofern diese nicht schon vorhanden sind. Dies wird ihnen nach Ansicht der Kommission bei der Bewertung der Anzahl der durchgeführten UVP und der betroffenen Projektarten ebenso helfen wie bei der Beurteilung des von ihnen erreichten Standes und der Qualität der geleisteten Arbeit. Zugleich bietet sich ihnen dadurch die Möglichkeit, ihre Systeme zu verbessern.

- (c) Die Mitgliedstaaten, die verbindliche Schwellenwerte nutzen, sollten dafür Sorge tragen, dass alle Projekte mit möglicherweise erheblichen Umweltauswirkungen einem angemessenen Screening unterzogen werden. Die Kommission erwartet, dass sie sich dabei insbesondere mit geplanten Vorhaben in empfindlichen Gebieten und in deren Nähe sowie mit der möglichen Kumulierung von Projekten befassen.

- (d) Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, stärkeren Gebrauch von den von ihr herausgegebenen Leitfäden zum Screening, zum Scoping, zur UVE-Prüfung und zu den kumulativen Auswirkungen stärker zu nutzen. Zudem sollten auf nationaler Ebene mehr Schulungen zur Anwendung dieser Qualitätskontrollinstrumente durchgeführt werden. Die betreffenden Dokumente sind auf der Webseite der GD Umwelt unter folgender Adresse zu finden: http://europa.eu.int/comm/environment/eia/ home.htm.

- (e) Die Qualität des UVP-Verfahrens und insbesondere der UVE sind der Schlüssel zu einer wirksamen UVP. Die Kommission fordert alle Mitgliedstaaten, die bisher noch keine formellen Bestimmungen für die Prüfung der von den Projektträgern vorgelegten Umweltangaben eingeführt haben, auf, dies zu tun, um eine genaue Einhaltung der Bestimmungen der UVP-Richtlinie zu gewährleisten. Zu den diesbezüglichen Maßnahmen könnten die Einrichtung von Sachverständigengruppen, die Erarbeitung von Leitlinien für die Expertenkoordinierung, eine klare Festlegung der Zuständigkeiten, die Inanspruchnahme externer Sachverständiger für die Überprüfung usw. gehören. Als weiteres Instrument der Qualitätskontrolle wäre die Einführung eines leistungsfähigen Systems zur Überwachung nach erfolgter Entscheidung vorstellbar.

- (f) Die Kommission ist der Ansicht, dass in bestimmten Mitgliedstaaten spezielle Schulungsmaßnahmen für die Mitarbeiter der Behörden auf lokaler und regionaler Ebene durchgeführt werden müssen, um sie besser mit der UVP-Richtlinie und deren Anwendung im betreffenden einzelstaatlichen System vertraut zu machen. Eine leistungsfähige Verwaltung dürfte auch zur Stärkung der Handlungskompetenz beitragen.

- (g) Im grenzüberschreitenden Rahmen sollten die Mitgliedstaaten häufiger von den Beratungsangeboten der UN-Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) zu zwei- und mehrseitigen Abkommen und den praktischen Einzelheiten grenzüberschreitender UVP Gebrauch machen (siehe UNECE-Webseite: http://www.unece.org/env/ eia). Damit wird nach Ansicht der Kommission gewährleistet, dass angemessene Bestimmungen vorliegen, beispielsweise zum direkten Kontakt zwischen den zuständigen Fachbehörden und anderen Einrichtungen zwecks Konsultationen zu Fragen der grenzüberschreitenden Auswirkungen.

- (h) Von zentraler Bedeutung für die Wirksamkeit der UVP und der Richtlinie ist die Frage, wie das Ergebnis der UVP die Entscheidungsfindung beeinflusst. Die Qualität der Entscheidung hängt von der Qualität der im Rahmen des UVP-Verfahrens vorgelegten Angaben ab. Die Wirksamkeit der UVP sollte in einer Entscheidung zum Ausdruck kommen, in der die ökologische Dimension, die Gegenstand des UVP-Verfahrens war, gebührend berücksichtigt ist. In einigen Mitgliedstaaten wird keine Genehmigung erteilt, wenn schwer wiegende Umweltschäden prognostiziert wurden. Nach Ansicht der Kommission sollten die Mitgliedstaaten ihre Verfahren erforderlichenfalls so ausbauen, dass die bei (nachfolgenden) Entscheidungen gemachten Vorgaben ausreichen, um vorhergesagte Umweltschäden zu verhindern oder abzumildern.

- (i) Die Kommission wird die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen zur Anwendung von Schwellenwerten und der verschiedenen für das Screening genutzten Systeme prüfen, um sich mehr Klarheit über die Lage zu verschaffen und zu vergleichbaren Daten zu gelangen, die gesicherte Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Frage zulassen würden, wie Verbesserungen und eine stärkere Vereinheitlichung der Vorgehensweise beim Screening erreicht werden können (Initiative 1).

- (j) Im Falle der Umsetzung dieser Empfehlungen würde der Nutzeffekt der Richtlinie spürbar verbessert. Gemeinsam mit den Mitgliedstaaten wird die Kommission daher die Möglichkeiten prüfen, die bereits verfügbaren Anleitungen zu verbessern und zu erweitern. Die Kommission plant die Erarbeitung eines kommentierenden und an der Erfordernissen der Praxis ausgerichteten Leitfadens unter Einbeziehung von Sachverständigen aus den Mitgliedstaaten sowie anderer Akteure wie NRO, lokaler und regionaler Gebietskörperschaften und Vertreter der Industrie. Damit können Unstimmigkeiten behoben werden, über die im Zusammenhang mit der Definition von Projekten berichtet wurde, die den Bestimmungen der Richtlinie unterliegen. Das gilt auch für die Festlegung und Anwendung von Schwellenwerten und Screening-Kriterien, die Modalitäten der Durchführung des Scoping, das Verhältnis zwischen den Auswirkungen verschiedener Projekte (Kumulierung, Salamitaktik), die Behandlung von Risiken in Prüfungen und die Art der Angaben, die in Überwachungssystemen erfasst werden sollten. (Initiative 2).

- (k) Gemeinsam mit den Mitgliedstaaten wird die Kommission zudem erörtern, was getan werden könnte, um für UVP zuständige Beamte besser zu schulen und damit die Lage zu verbessern (Initiative 3).

- (l) Der Stärkung der Handlungskompetenz und von freiwilligen Maßnahmen sind allerdings Grenzen gesetzt, so dass die Kommission auch künftig Vollzugsmaßnahmen in Fällen einer unvollständigen bzw. unzureichenden Umsetzung und/oder mangelhaften Anwendung der Richtlinie ergreifen wird (Initiative 4).

- (m) Schon bald könnte die einheitlichere Anwendung weitere Änderungen der Richtlinie erfordern. Ausgehend von den vorstehenden Ergebnissen wird die Kommission prüfen, welche weiteren Änderungen vorgenommen werden sollten. Dabei könnte es sich beispielsweise um die wirksamste Form einer ordnungsgemäßen Qualitätskontrolle und die einheitliche Datenerfassung handeln; denkbar wären aber auch Verbesserungen in Bezug auf die Handhabung von Schwellenwerten und kumulativen Auswirkungen. Gleichzeitig könnten weitere Klarstellungen und Verbesserungen erfolgen (z. B. bezüglich des Verfahrens, um in Ausnahmefällen ein einzelnes Projekt ganz oder teilweise von den Bestimmungen der Richtlinie auszunehmen (Artikel 2 Absatz 3). Alle diese Maßnahmen führen zusammen mit der Umsetzung der SUP-Richtlinie zu erprobten Verfahren, die die Entscheidungsfindung verbessern und zum Erreichen der Ziele des 6. UAP beitragen (Initiative 5).

Anhang I - Fragebogen

Fragebogen

Dieser Fragebogen richtet sich an UVP-Experten in den Mitgliedstaaten und dient der Erstellung eines Berichts über die Anwendung und den Nutzeffekt der UVP-Richtlinie (85/337/EWG, geändert durch Richtlinie 97/11/EG) gemäß Artikel 11 der Richtlinie (konsolidierte Fassung). Um spezifische Informationen zum geltenden Recht und zur aktuellen Praxis einholen zu können, bitten wir um die Beantwortung folgender Fragen:

- Fragen zu den Änderungen in Richtlinie 97/11/EG,

- Fragen zur Richtlinie insgesamt und

- sonstige Fragen zwecks Verbesserung von Anwendung und Nutzeffekt der Richtlinie.

Die Antworten auf diesen Fragebogen bedürfen keiner formellen Bestätigung durch die Mitgliedstaaten, sofern die vorgelegten Informationen zuverlässig sind.

I. Fragen zu den Änderungen in Richtlinie 97/11/EG

Anhang II/Screening

1. Wie hat sich die Bearbeitung von Projekten des Anhangs II durch die in Artikel 4 Absatz 2 eingeführten Screening-Mechanismen und die einschlägigen EuGH-Urteile in Bezug auf Anhang II verbessert? Bitte beschreiben Sie die wichtigsten Screening-Mechanismen.

2. Welche Schwellenwerte/Kriterien (bitte angeben, welchem Zweck sie dienen, z. B. ob Richtwerte oder verbindliche Werte) für eine obligatorische UVP bzw. eine Einzelfallprüfung wurden in Ihrem Mitgliedstaat für folgende Projektkategorien festgelegt:

- Erstaufforstungen und Abholzungen (Anhang II, Nr. 1d)

- Anlagen zur Intensivtierhaltung (Anhang II, Nr. 1e)

- Anlagen zur hydroelektrischen Energieerzeugung (Anhang II, Nr. 3h)

- Windparks (Anhang II, Nr. 3i)

- Eisenmetallgießereien (Anhang II, Nr. 4c)

- Anlagen zur Zementherstellung (Anhang II, Nr. 5b)

- Städtebauprojekte (Anhang II, Nr. 10b)

- Bau von Eisenbahnstrecken sowie von intermodalen Umschlaganlagen (Anhang II, Nr. 10c)

- Bau von Flugplätzen (Anhang II, Nr. 10d)

- Bau von Straßen (Anhang II, Nr. 10e)

Die genannten Projektkategorien dienen als Beispiele, die einen Vergleich von Schwellenwerten und Kriterien ermöglichen sollen.

3. Ist in den Rechtsvorschriften Ihres Landes eine Öffentlichkeitsbeteiligung während des Screening gemäß Artikel 4 Absatz 2 vorgesehen? Wenn ja, geben Sie bitte eine Zusammenfassung Ihrer Erfahrungen und nennen Sie die Gründe für die Einbeziehung bzw. Nichteinbeziehung der Öffentlichkeit in der Screening-Phase.

4. Wie wurden die Projektkategorien ,Anlage von Industriezonen" und ,Städtebauprojekte" (Anhang II, 10 a und b) bei Ihnen in einzelstaatliches Recht umgesetzt? Welche Arten von Projekten umfassen sie (z. B. Einkaufszentren, Wohnsiedlungen, Messegelände, Stadien, Gewerbeparks)? Besteht Bedarf an einer weiteren Präzisierung dieser Projektkategorie?

Zunahme der Zahl der UVP

5. Hat die Änderung der Richtlinie 85/337/EWG durch die Richtlinie 97/11/EG in Ihrem Mitgliedstaat zu einer Zunahme der Zahl von UVP geführt? Bitte geben Sie die ungefähre Zahl der durchgeführten UVP pro Jahr für die Zeit vor und nach Beginn der Anwendung der Richtlinie 97/11/EG (beginnend mit 1995) an und nehmen Sie dabei eine Unterteilung nach Projektkategorien des Anhangs I und Projektkategorien des Anhangs II vor.

Scoping und Bewertung/Evaluation

6. Wird das ,Scoping" nach Artikel 5 Absatz 2 in Ihrem Mitgliedstaat obligatorisch durchgeführt?

7. Hat die Einführung des ,Scoping" in Ihrem Mitgliedstaat zu einer Verbesserung der vom Projektträger vorgelegten Informationen (nach Artikel 5 Artikel 1) geführt? Hat die Einführung des ,Scoping" die Länge des Verfahrens beeinflusst?

8. Ist in den Rechtsvorschriften Ihres Landes vorgeschrieben, dass Mitglieder der Öffentlichkeit (welche?) zu konsultieren sind, ehe die zuständige Behörde zu den vom Projektträger vorzulegenden Informationen Stellung nimmt (bitte geben Sie die Gründe für die Einbeziehung bzw. Nichteinbeziehung der Öffentlichkeit während des ,Scoping" an), oder geschieht dies auf freiwilliger Basis? Hat sich durch diese Beteiligung die Qualität der vorgelegten Informationen verbessert?

Grenzüberschreitende Konsultationen

9. An wie vielen UVP-Fällen nach Artikel 7 war Ihr Mitgliedstaat seit 1995 beteiligt (entweder als Ursprungsmitgliedstaat oder als betroffener Mitgliedstaat)? Bitte geben Sie den Namen, die Art und den Zeitrahmen des Projekts an.

10. Welche Schwierigkeiten sind bei der Anwendung von Artikel 7 aufgetreten und wie hat Ihr Mitgliedstaat sie überwunden?

11. Hat Ihr Mitgliedstaat Vereinbarungen gemäß Artikel 7 Absatz 5 getroffen, und wenn ja, auf welcher Grundlage (Vertrag, unverbindliches Abkommen usw.)?

II. Fragen zur Richtlinie insgesamt

Vom Projektträger vorgelegte Informationen und Vollständigkeit der Informationen

12. Wie stellt Ihr Mitgliedstaat sicher, dass die gemäß Artikel 5 und Anhang IV vorgelegten Umweltinformationen eine hinlängliche Qualität aufweisen und der Projektträger die betreffenden Informationen vorlegt?

13. Wie werden die Auswirkungen auf die biologische Vielfalt berücksichtigt (auf welche Elemente und welche Projektkategorien bzw. Standorte wird besonders geachtet)? In den Erwägungsgründen zur Richtlinie 85/337/EWG wird ausdrücklich erklärt, dass die Umweltauswirkungen beurteilt werden müssen, um u. a. für die Erhaltung der Artenvielfalt zu sorgen. Artikel 3 regelt die Pflicht zur Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen auf Fauna und Flora. Bei dieser Bewertung kann die biologische Vielfalt als eines der Bewertungskriterien angesehen werden.

14. Welche Methode(n) wird (werden) zur Beurteilung der Wechselwirkung zwischen den in Artikel 3 genannten Faktoren verwendet? Werden in Ihrem Mitgliedstaat die Leitfäden der Kommission verwendet oder hat Ihr Mitgliedstaat eigene Leitfäden erarbeitet?

15. Was wird im Falle erheblicher Verzögerungen

- zwischen der Umweltverträglichkeitsprüfung und der Genehmigung,

- zwischen der Genehmigung und dem Bau bzw. Betrieb unternommen?

Nach erfolgter Umweltverträglichkeitsprüfung kann es vor allem infolge von langwierigen Verfahren und von Verzögerungen vorkommen, dass sich die Voraussetzungen ändern (z. B. durch Veränderung des Zustands der Umwelt oder durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse oder Entwicklungen).

16. Ist in den Rechtsvorschriften Ihres Landes die Möglichkeit vorgesehen, die Genehmigung zu verweigern, wenn die UVP zeigt, dass schwerwiegende Umweltauswirkungen zu erwarten sind, die nicht auf ein vertretbares Maß beschränkt werden können?

Prüfung der Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit

17. Wie wird in Ihrem Mitgliedstaat die Prüfung gesundheitlicher Auswirkungen im Rahmen der UVP gehandhabt? Bei welchen Arten von Projekten wird besonderes Augenmerk auf die Prüfung der gesundheitlichen Auswirkungen gelegt? Welche Faktoren finden bei diesen Prüfungen Berücksichtigung (Gesundheit, Wohlbefinden, sozioökonomische Auswirkungen usw.) und in welchem Umfang? Nach Maßgabe von Artikel 3 muss die UVP unter anderem die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Projekts auf den Menschen identifizieren, beschreiben und bewerten.

Änderung und Erweiterung von Projekten

18. Wie hat Ihr Mitgliedstaat die Bestimmung von Anhang II Nr. 13 (Änderungen und Erweiterungen) umgesetzt? Bitte geben Sie an, ob Einzelfallprüfungen durchgeführt bzw. Kriterien/Schwellenwerte verwendet werden, und nennen Sie Letztere.

19. Vorhandene Infrastrukturanlagen wie Flughäfen, Autobahnen, Eisenbahnen, Abwasserbehandlungsanlagen und Industrieanlagen können eine erhebliche Kapazitätserweiterung erfahren, ohne dass dafür nennenswerte bauliche Arbeiten erforderlich sind (z. B. Erhöhung des Luftverkehrsaufkommens, Einführung einer zusätzlichen Schicht). Wird diese Art von Veränderung in Ihrem Mitgliedstaat als Änderung oder Erweiterung eines in Anhang I oder Anhang II aufgeführten Projekts gemäß Anhang II Nr. 13 behandelt? Wenn ja, führen Sie bitte Beispiele an.

,Salamitaktik"

20. Welche Bestimmungen im Recht Ihres Landes sollen verhindern, dass Projektträger eine UVP umgehen, und haben sich diese Bestimmungen in der Praxis als wirkungsvoll erwiesen?

Kumulation von Projekten

21. Wie trägt Ihr Mitgliedstaat einer Kumulation von Projekten und von Umweltauswirkungen Rechnung - wie wird beispielsweise im Falle (kleinerer) Projekte vorgegangen, die sich in der (unmittelbaren) Nähe anderer Projekte (ob geplant oder bereits realisiert) befinden? Werden sie als Änderungen im Sinne von Anhang II Nr. 13 oder als neue Projekte behandelt? Können Sie weitere Beispiele anführen?

Alternativen

22. Werden Alternativlösungen in Ihrem Mitgliedstaat auf obligatorischer Basis geprüft (welche)? Welche Arten von Alternativen werden in der derzeitigen Praxis geprüft? Werden die entsprechenden Informationen des Projektträgers über Alternativlösungen als zufriedenstellend erachtet?

23. Wie gestaltet sich in der derzeitigen Praxis Ihres Mitgliedstaats bei den unterschiedlichen Projektkategorien in den Anhängen die Prüfung von Alternativen (werden Alternativen z. B. im Falle von Straßenbau- oder Eisenbahnprojekten immer geprüft, bei anderen Projektarten aber in geringerem Maße oder gar nicht)?

Risikobewertung

Gemäß Artikel 5 Absatz 1 und Anhang IV Nr. 4 muss der Projektträger eine Beschreibung der möglichen erheblichen Auswirkungen (direkte, indirekte, sekundäre, kumulative, kurz-, mittel- und langfristige, ständige und vorübergehende, positive und negative) in geeigneter Form vorlegen. Dabei sollten gegebenenfalls auch Auswirkungen erfasst werden, die eine Folge von Unfällen oder sonstigen außergewöhnlichen Ereignissen (d. h. Naturkatastrophen wie schwere Regenfälle, Erdbeben, Erdrutsche) sind.

24. Besteht in Ihrem Mitgliedstaat die ausdrückliche Pflicht, im Zusammenhang mit den Angaben gemäß Artikel 5 auch die möglichen erheblichen Auswirkungen von Unfällen oder außergewöhnlichen Ereignissen zu prüfen und zu beschreiben?

25. Wie gestaltet sich die derzeitige Praxis der UVP-Verfahren (unter Berücksichtigung der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften für die Risikobewertung)? Welche Projektkategorien unterliegen einer Risikobewertung, und welche Elemente (Risiken im Hinblick auf Gesundheit, materielle Güter, Natur, Wasser, Luft usw.) werden bei der Risikobewertung in welchem Umfang erfasst? Bitte gehen Sie insbesondere auf folgende Punkte ein:

- Kernkraftwerke und andere Kernanlagen

- Deiche und Stauwerke

- Pipelines

- Raffinerien, Chemieanlagen

- Straßen und Eisenbahnen (insbesondere Tunnel), Flughäfen.

Für welche besonderen Standorte (z. B. Erdbebenzonen) wird eine Risikobewertung vorgenommen?

26. Welche Risikobewertungsmethoden werden in Ihrem Mitgliedstaat bei der UVP verwendet und welche Beziehung besteht zu Risikobewertungen in anderen Zusammenhängen (z. B. Seveso, IVU)? Welche Faktoren/potenziellen Gefahrenquellen (Naturkatastrophen, technisches oder menschliches Versagen, Sabotage usw.) werden berücksichtigt?

Öffentlichkeitsbeteiligung

27. Wie wird in Ihrem Mitgliedstaat bestimmt, wer zur ,betroffenen Öffentlichkeit" gehört (z. B. geografische Abgrenzung)?

28. Bei welchen Projekten kommt es zu einer umfangreichen Öffentlichkeitsbeteiligung und wie wird dies gehandhabt?

Verhältnis zu anderen Richtlinien

29. Hat Ihr Mitgliedstaat entsprechend Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a) für Projekte, die unter die UVP-Richtlinie und die IVU-Richtlinie (Richtlinie 96/61/EG) fallen, ein einheitliches Verfahren eingeführt? Wenn ja, beschreiben Sie bitte die wichtigsten Elemente dieses Verfahrens.

30. Industrieprojekte: Stimmen die in Ihrem Mitgliedstaat festgelegten Schwellenwerte/Kriterien für die UVP-Pflicht oder die Einzelfallprüfung mit denen in Anhang I der IVU-Richtlinie überein? Bitte antworten Sie mit ,überwiegend", ,teilweise" oder ,selten" und geben Sie die Hauptgründe an.

31. Wird die Prüfung nach Artikel 6 bzw. 7 der Habitat-Richtlinie (92/43/EWG) mit dem UVP-Verfahren abgestimmt? Wenn ja, erläutern Sie bitte, wie dies vonstatten geht.

Anwendung von Artikel 1 Absatz 5 und Ausnahmen nach Artikel 2 Absatz 3

32. In welchen Fällen wurden Artikel 1 Absatz 5 und Artikel 2 Absatz 3 angewandt? Bitte geben Sie eine kurze Begründung.

III. Sonstige Fragen zwecks Verbesserung der Anwendung und des Nutzeffekts der Richtlinie

33. Haben sich die Auswahlkriterien in Anhang III als effizient erwiesen? Sind die in Anhang III genannten Arten von empfindlichen Gebieten in den Rechtsvorschriften Ihres Landes weiter präzisiert worden? Wenn ja, geben sie bitte Beispiele an. Sollten zusätzliche oder andere Screening-Kriterien angewandt werden und wenn ja, welche?

34. Gibt es in Ihrem Mitgliedstaat noch andere Projektkategorien als die in Anhang I und II genannten, für die eine UVP verbindlich vorgeschrieben ist? Wenn ja, geben Sie bitte eine Begründung.

35. Gibt es neue Arten von Projekten, die in die Anhänge I und II aufgenommen werden sollten (z. B. Anlagen für die Herstellung von Span- oder Faserplatten; Maste für Mobilfunk und Rundfunk- oder Fernmeldestationen, Golfplätze; Anlagen, die mit GVO oder pathogenen Mikroorganismen arbeiten; Herstellung von Kalk; Schießplätze u. a.)? Gibt es Arten von Projekten, die aus den Anhängen I und II gestrichen werden sollten? Wenn ja, geben Sie bitte eine Begründung.

36. Sind die Schwellenwerte/Kriterien von Anhang I der richtige Auslöser für eine obligatorische UVP oder sollten bestimmte Schwellenwerte/Kriterien geändert werden? Wenn ja, nennen Sie bitte die betreffenden Projektarten und die Kriterien/Schwellenwerte und geben Sie eine Begründung.

37. Sollten manche Projekte von Anhang II nach Anhang I verschoben werden, um eine ausreichend harmonisierte Anwendung der Richtlinie im Hinblick auf bestimmte Projektkategorien zu gewährleisten? Wenn ja, geben Sie bitte eine Begründung.

38. Sind Maßnahmen vorgesehen, um eine noch angemessenere Berücksichtigung der biologischen Vielfalt bei der UVP zu gewährleisten?

39. Sind in Ihrem Mitgliedstaat Maßnahmen zur Überprüfung der Ergebnisse der UVP (nach Erteilung der Genehmigung) vorgesehen?

40. Gewähren die Rechtsvorschriften Ihres Landes den Zugang zu Gerichten im Zusammenhang mit der UVP, und in welcher Form geschieht dies (z. B. in welchen Phasen des Verfahrens und für welche Mitglieder der Öffentlichkeit; darunter auch in grenzüberschreitenden Fällen)?

GD ENV B.3 (17. Dezember 2001)

Zusatzfragen der Impacts Assessment Unit der Oxford Brookes University

1) Anhand welcher Faktoren erfolgt die Beurteilung von Qualität und Hinlänglichkeit der vom Projektträger vorgelegten Informationen - werden beispielsweise anerkannte Checklisten verwendet oder wird jede Umweltverträglichkeitserklärung mit der Liste vorzulegender Angaben in Anhang IV der Richtlinie verglichen?

2) Ermöglicht die UVP-Gesetzgebung Ihres Landes die Verweigerung der Genehmigung für den Fall, dass der Projektträger unzureichende/unzulängliche Informationen vorlegt? Bitte erläutern Sie, wie in Ihrem Mitgliedstaat im Falle unvollständiger Informationen verfahren wird.

3) Sind von Ihrem Mitgliedstaat nationale oder regionale Leitfäden für

- a) die Erarbeitung von Umweltverträglichkeitserklärungen durch die Projektträger

und/oder

- b) die Evaluation der Umweltinformationen durch die zuständigen Behörden

erarbeitet worden?

Wenn ja, geben Sie bitte an, für welche Bereiche diese Leitfäden gelten, wer sie erarbeitet hat und in welchem Format sie zur Verfügung stehen (z. B. Website usw. - bitte Internetadresse angeben)?

4) Wurden in Ihrem Mitgliedstaat Untersuchungen zur Qualität der Umweltinformationen oder zu der vom Projektträger vorgelegten Umweltverträglichkeitserklärung vorgenommen? Wenn ja, machen Sie bitte nähere Ausführungen zu den wichtigsten Ergebnissen der Studie und geben Sie an, wo der Bericht eingesehen werden kann.

5) Worin bestand in Ihrem Mitgliedstaat die vorteilhafteste praktische Veränderung, die die Richtlinie 97/11/EG (die Änderungsrichtlinie zur UVP-Richtlinie) beim UVP-Verfahren bewirkt hat? Warum war diese Veränderung von Vorteil?

6) Worin besteht Ihrer Meinung nach im Zusammenhang mit der UVP-Änderungsrichtlinie [gegebenenfalls] das größte noch verbleibende Manko/Problem? Bitte erläutern Sie, warum es sich um ein Problem handelt und welche Abhilfemaßnahme Sie vorschlagen würden.

7) Hat Ihr Mitgliedstaat Ausschlussschwellen, d. h. Schwellenwerte, unterhalb derer eine UVP vollständig ausgeschlossen ist, für Anhang-II-Projekte festgelegt? Im Vereinigten Königreich beispielsweise ist bei neuen Anlagen zur Intensivtierhaltung mit einer Grundfläche von weniger als 500 m2 den bestehenden Vorschriften zufolge eine UVP grundsätzlich nur erforderlich, wenn die Ansiedlung in einem besonderen Gebiet (z. B. Natura-2000-Gebiet) erfolgt.

8) Werden für den Fall, dass Ihr Mitgliedstaat für Projekte des Anhangs II verbindliche Schwellenwerte festgelegt hat oder Projekte des Anhangs II der Richtlinie in seine Entsprechung von Anhang I verlagert, beim Screening unverbindliche Schwellenwerte bzw. Richtkriterien verwendet?

Anhang II: Tabellarische Darstellung der Schwellenwerte

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* sofern nicht die zuständige staatliche Behörde erklärt, dass der zu rodende Wald keinen maßgeblichen forstwirtschaftlichen, biologischen, landschaftlichen oder Erholungswert aufweist.

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