52002DC0565

Mitteilung der Kommission – Der Europäische Forschungsraum: ein neuer Schwung – Ausbau, Neuausrichtung, neue Perspektiven (Von Bedeutung für den EWR) /* KOM/2002/0565 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION - DER EUROPÄISCHE FORSCHUNGSRAUM: EIN NEUER SCHWUNG - Ausbau, Neuausrichtung, neue Perspektiven (Von Bedeutung für den EWR)

Inhalt

1. ZUSAMMENFASSUNG

2. EINLEITUNG

3. DIE WICHTIGSTEN ERGEBNISSE

4. VERSTÄRKUNG UND NEUAUSRICHTUNG DER LAUFENDEN MASSNAHMEN

4.1. Benchmarking der Forschungspolitik:

4.2. Kartierung der herausragenden wissenschaftlichen und technologischen Kapazitäten

4.3. Mobilität der Wissenschaftler

4.4. Forschungsinfrastrukturen

4.5. Vernetzung der nationalen Forschungsprogramme

4.6. Erhöhung der privatwirtschaftlichen Investitionen in die Forschung

4.7. Rechte am geistigen Eigentum

4.8. Transeuropäisches elektronisches Forschungsnetz

4.9. Die internationale Dimension des Europäischen Forschungsraums

4.10. Die regionale Dimension des Europäischen Forschungsraums

4.11. Der Fragenkomplex ,Wissenschaft und Gesellschaft"

5. NEUE PERSPEKTIVEN

5.1. Schaffung der Voraussetzungen für eine wirksame forschungspolitische Koordinierung

5.2. Verstärkte Nutzung rechtlicher Instrumente

5.3. Optimierung der Wirkung der Initiativen zur europäischen Zusammenarbeit

5.4. Volle Einbeziehung der Beitrittsländer

6. FAZIT

1. ZUSAMMENFASSUNG

Der Europäische Forschungsraum, der auf der Tagung des Europäischen Rates von Lissabon im März 2000 ins Leben gerufen wurde, ist zum Dreh- und Angelpunkt der Maßnahmen der EU im Bereich der Forschung und Forschungspolitik in Europa geworden.

30 Monate nach dem Startschuss steht fest, dass er zu einer Veränderung der forschungspolitischen Landschaft in Europa beigetragen hat. Die Verwirklichung des Forschungsraums hatte Folgendes zum Ergebnis: in den Mitgliedstaaten wurde man sich der europäischen Dimension der Forschung bewusst; die Akteure und Träger der Forschung in Europa haben sich einander angenähert und neue Kooperationsinitiativen wurden ins Leben gerufen; das neue Forschungsrahmenprogramm konnte im Hinblick darauf grundlegend neu ausgerichtet und verabschiedet werden.

Trotz der Fortschritte auf diesen Ebenen mangelt es im gegenwärtigen Stadium an einer ausreichenden Mitwirkung der Mitgliedstaaten, wodurch sowohl die Tragweite der ergriffenen Maßnahmen eingeschränkt wird, als auch das Ziel, nämlich die Schaffung eines ,Binnenmarktes für Forschung", der diesen Namen verdient, sowie eine wirksame Koordinierung der Forschungspolitiken der Mitgliedstaaten in Frage gestellt wird.

Auf der Grundlage der Bilanz der auf breiter Ebene durchgeführten Maßnahmen zielt diese Mitteilung darauf ab, die notwendigen Maßnahmen zu beleuchten, die geeignet sind, um dem Vorhaben neuen Schwung zu geben, indem, wo nötig, verstärkte Anstrengungen unternommen und neue Perspektiven vorgezeichnet werden, um einen wirksameren Ansatz zur Verwirklichung des Forschungsraums zu finden.

2. EINLEITUNG

Die Verwirklichung des Europäischen Forschungsraums, der auf der Tagung des Europäischen Rates von Lissabon im März 2000 auf einen zwei Monate zuvor vorgelegten Vorschlag der Kommission [1] hin ins Leben gerufen wurde, ist seitdem Dreh- und Angelpunkt der Maßnahmen der EU im Bereich der Forschung. Zugleich hat er sich sehr schnell zum Bezugsrahmen für Überlegungen und Diskussionen über Fragen der Forschungspolitik in Europa und einem Faktor auf internationaler Ebene entwickelt [2].

[1] Europäische Kommission, Mitteilung ,Hin zu einem europäischen Forschungsraum", KOM (2000) 6 vom 18.1.2000 und Arbeitsdokument ,Erster Bericht über die Fortschritte bei der Verwirklichung des europäischen Forschungs- und Innovationsraums", SEK(2001) 465 vom 16.3.2001.

[2] Siehe Mitteilung vom Januar 2000 und die dazu festgelegte Reihe quantitativer Indikatoren ,Key Figures 2001" in ,Science and Engineering Indicators 2002" der amerikanischen National Science Foundation.

Die Schaffung des Europäischen Forschungsraums ist das Kernstück der in Lissabon festgelegten Strategie, die darauf zielt, die Europäische Union zur wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaft der Welt zu machen. Sie ist auf Innovation und Wirtschaftswachstum und dadurch auf die Schaffung von Arbeitsplätzen angelegt. In einer auf Wissen basierenden Wirtschaft besteht der wichtigste Antrieb für Wirtschaftswachstum darin, dass sich die Industrie die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung in den Bereichen Biotechnologie, Informations- und Kommunikationstechnologie, in Kürze auch Nanotechnologie sowie sauberer Energietechnologie zunutze macht.

Das Konzept des Europäischen Forschungsraums wurzelt in den drei Schwachpunkten der Forschung in Europa: dem zu geringen Umfang der für diesen Bereich bereitgestellten Mittel; einem Umfeld, das keine Anreize für Forschung und die Ergebnisverwertung gibt; der mangelnden Koordinierung der Aktivitäten und der zu starken Streuung der Mittel.

Die EU wendet lediglich 1,9% seines BIP für Forschung und Entwicklung auf, während der Anteil der Forschungsausgaben am BIP in den Vereinigten Staaten stetig erhöht wurde und derzeit bei 2,7% liegt, der von Japan bei 3%. Europa, auf das ein Drittel aller wissenschaftlichen Veröffentlichungen weltweit abfällt, hinkt bei der Anmeldung von Patenten hinter seinen Konkurrenten her, seine Handelsbilanz für technologische Spitzenprodukte ist defizitär. Die privatwirtschaftlichen Forschungsanstrengungen in Europa bleiben hinter denen der anderen Technologiemächte zurück, und die europäischen Unternehmen nutzen weniger systematisch die technologischen Wachstumsmärkte. Auch werden die Forschungsanstrengungen in der EU zu über 80% von den einzelnen Staaten finanziert, und diese Anstrengungen werden nur sehr begrenzt koordiniert. Das Projekt des Europäischen Forschungsraums beruht auf der einfachen Überlegung, dass mit den derzeit laufenden Maßnahmen der wissenschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit in Europa das Ziel bei weitem nicht zu erreichen ist.

Daher werden drei miteinander verknüpfte und komplementäre Aspekte verbunden und zum Ziel gemacht:

- die Schaffung eines ,Binnenmarktes" der Forschung, eines Raums des freien Verkehrs von Wissen, Wissenschaftlern und Technologie für mehr Zusammenarbeit, mehr stimulierenden Wettbewerb und eine bessere Ressourcenverteilung;

- Maßnahmen zur Strukturierung der europäischen Forschung, insbesondere durch eine bessere Abstimmung der einzelstaatlichen Forschungstätigkeiten und -politiken, die das Gros der in Europa durchgeführten und finanzierten Forschung ausmachen;

- die Entwicklung einer europäischen Forschungspolitik, die auch andere Aspekte als die Finanzierung der Forschungstätigkeiten umfasst und daher sämtliche einschlägigen Elemente der anderen Politikbereiche auf europäischer und nationaler Ebene einbezieht.

Der Europäische Forschungsraum hat verschiedene Initiativen bewirkt und auf verschiedenen Ebenen bereits konkrete Maßnahmen zur Folge:

- Anknüpfend an die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Lissabon wurden zumeist auf der Grundlage von Mitteilungen der Kommission oder von Arbeitsdokumenten der Kommissionsdienststellen in folgenden Bereichen und zu folgenden Themen erste Maßnahmen in Angriff genommen: Benchmarking der Forschungspolitik, Kartierung der herausragenden wissenschaftlichen und technologischen Kapazitäten, Mobilität der Wissenschaftler, Forschungsinfrastruktur, Vernetzung der nationalen Forschungsprogramme, privatwirtschaftliche Investitionen in die Forschung, geistiges Eigentum, elektronische Forschungsnetze, internationale und regionale Dimension der Forschung sowie Wissenschaft und Gesellschaft.

- Meist in Verbindung mit Aktionen und Programmen der Europäischen Union wurden Kontaktstellen und -strukturen für privatwirtschaftliche und öffentliche Akteure und Forschungseinrichtungen geschaffen oder werden demnächst geschaffen werden, um die Koordinierung der einzelstaatlichen Tätigkeiten und Strategien in verschiedenen Bereichen zu verbessern: Verkehr (ACARE für Luftfahrtforschung, ERRAC für die Eisenbahnforschung) [3]; Umwelt (europäische Plattform für strategische Forschung im Bereich der biologischen Vielfalt - EPBRS); Energie: ,Hochrangige Arbeitsgruppe für die Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Forschung" im Rahmen des internationalen Projekts ,Civilisation H " und in Verbindung mit der geplanten Mitteilung der Kommission über saubere Technologien.

[3] ACARE: Advisory Council for Aeronautics Research in Europe; ERRAC: European Rail Research Advisory Council

- Das neue EU-Rahmenprogramm für Forschung wurde verabschiedet [4]; es ist speziell auf die Verwirklichung des Europäischen Forschungsraums angelegt und soll eines seiner Hauptinstrumente werden. Dazu sind neue Unterstützungsinstrumente vorgesehen, mit denen sich kritische Massen an Ressourcen bilden lassen (Exzellenznetze und integrierte Projekte) und die auch Folgendes zum Ziel haben: die Verstärkung der Maßnahmen in bestimmten Bereichen wie Forschungsinfrastruktur und Mobilität von Wissenschaftlern; eine Regelung zur Unterstützung von Initiativen zur Vernetzung einzelstaatlicher Tätigkeiten und die konkrete Anwendung der Bestimmungen des Artikels 169 EG-Vertrag, der es der Gemeinschaft ermöglicht, sich an gemeinsamen Maßnahmen mehrerer Mitgliedstaaten zu beteiligen.

[4] ABl. L 232/1 vom 29.8.2002.

- Die Gemeinsame Forschungsstelle (GFS) hat sich verstärkt mit der Vernetzung der einzelstaatlichen Forschungskapazitäten befasst mit dem Ziel, die wissenschaftliche Grundlagen für die Gemeinschaftspolitik zu ergründen. Davon betroffen sind insbesondere die Bereiche nukleare Sicherheit, Metrologie in der Chemie, Umweltrisiken sowie Nachweis und Analyse von GVO.

- Unabhängig von Maßnahmen der EU wurden vonseiten der Wissenschaft oder der Industrie spontan Initiativen im Geiste des Europäischen Forschungsraums ergriffen oder in Erwägung gezogen. Daneben nehmen die Tätigkeitsprogramme der nationalen Forschungseinrichtungen Bezug auf den Europäischen Forschungsraum, beispielsweise in Frankreich das Programm des CEA (Kernforschung) und von INSERM (medizinische Forschung) oder in Deutschland das Programm der Fraunhofer-Gesellschaft.

- Die bilateralen oder multilateralen Beziehungen zwischen den großen nationalen Forschungsorganisationen (CNRS in Frankreich, CSIC in Spanien, CNR in Italien, Max-Planck-Gesellschaft in Deutschland, die britischen Forschungsräte, TNO in den Niederlanden, FNRS in Belgien, TEKES in Finnland usw.), die insbesondere in der Gründung von ,assoziierten europäischen Laboratorien" (,offene" Labors, in denen Forschungsteams aus mehreren Ländern arbeiten) sichtbar werden, werden im Allgemeinen enger.

- Auch entstehen neue Strukturen der Zusammenarbeit, wie das Austauschprogramm für Forscher zwischen der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Royal Society oder die Stipendienregelung für junge Forscher im Rahmen des Verbands EUROHORCS [5].

[5] European Union Research Organisations Heads of Research Councils

Trotz dieser Erfolge und des erzielten Fortschritts wird offenbar, dass das Vorhaben des Europäischen Forschungsraums durch bestimmte Sachzwänge behindert wird, die die unternommenen Maßnahmen in ihrer Tragweite einschränken. Das ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass sich die Mitgliedstaaten insgesamt zu wenig engagieren, was daran deutlich wird, dass nicht immer die Entscheidungsebenen an den unternommenen Maßnahmen partizipieren, sondern untergeordnete Dienststellen. Nimmt man hinzu, dass sich viele dieser Maßnahmen nur auf einen Informationsaustausch beschränken, ist die forschungspolitische Koordinierung zwischen den einzelnen Staaten noch zu schwach ausgeprägt.

30 Monate nach seiner Einführung sollte das Vorhaben des Europäischen Forschungsraums auf der Grundlage der Bilanz der bisherigen Maßnahmen und der Lehren, die sich daraus ziehen lassen, überdacht werden.

Dies ist der Zweck dieser Mitteilung, die sowohl im Hinblick auf den Europäischen Rat vom Frühjahr 2003 eng verknüpft ist mit der vor Kurzem von der Kommission angenommenen Mitteilung über die angestrebte Erhöhung der Forschungsausgaben auf insgesamt 3% des BIP der EU bis 2010 [6] als auch mit der Einschätzung, die die Kommission in Kürze zur Rolle der Hochschulen im wissensbasierten Europa veröffentlichen wird: eine zentrale Rolle in Anbetracht ihrer Aufgaben in der Forschung und in der Lehre und in Anbetracht ihrer wachsenden Bedeutung für die Innovation.

[6] Europäische Kommission, Mitteilung ,Mehr Forschung für Europa - Hin zu 3% des BIP", KOM (2002) 499 vom 11.9.2002.

Die in dieser Mitteilung beschriebenen Maßnahmen stehen in engem Zusammenhang mit den Zielen, die der Europäische Rat von Barcelona der Europäischen Union vorgegeben hat und die insbesondere in den Grundzügen der Wirtschaftspolitik 2002 [7] aufgegriffen wurden. Sie werden im Übrigen unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Subsidiaritätsprinzips durchgeführt werden.

[7] ECFIN/210/02

3. DIE WICHTIGSTEN ERGEBNISSE

Die Beobachtungen und insbesondere der Bericht von 2001 über die Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Europäischen Forschungsraum [8], die Stellungnahme der EURAB-Gruppe [9] zu diesem Thema sowie der Bericht von 2001 über das Rahmenprogramm [10] zeigen ein kontrastreiches Bild.

[8] 2001 Specific Monitoring Report on European Research Area Activities (ERA).

[9] European Research Advisory Board

[10] 2001 Monitoring Report on the EU Framework Programme for Research and Technological Development.

Folgende allgemeine Feststellungen lassen sich treffen:

- Im Regelfall stehen in Anbetracht dessen, worum es bei dem geplanten Europäischen Forschungsraum geht, die erzielten Fortschritte in direktem Zusammenhang mit dem Grad der Mobilisierung der Mitgliedstaaten zu den einzelnen Themen sowie mit dem Umfang ihrer Beteiligung an den Maßnahmen zu diesen Themen.

- Der Fortschritt ist in jenen Bereichen schneller, die auf nationaler Ebene Gegenstand klar umrissener Maßnahmen sind.

- Einer der Gründe, warum beispielsweise die Koordinierung des Themas ,Frauen und Wissenschaft" besonders weit fortgeschritten und entwickelt ist, liegt darin, dass es sich zwar um ein komplexes Thema handelt, was den Gegenstand und die Mechanismen anbelangt, das konzeptionell jedoch klar ist und sich gut für Initiativen in den Mitgliedstaaten eignet. Das lässt sich nicht von der wissenschaftlichen Ausbildung sagen, die eine ganze Reihe von miteinander verbundenen, jedoch klar voneinander zu trennenden Problemen berührt, die auf einzelstaatlicher Ebene nicht zusammen abgehandelt werden können.

- Fortschritte sind ferner umso schwieriger zu erzielen, je mehr andere Politikbereiche als die Forschung im strikten Sinne betroffen sind. Beispielsweise wird eine wirkliche Freizügigkeit von Forschern von sozialpolitischen (Sozial- und Rentenversicherung), steuerpolitischen und anderen Fragen behindert.

Sehr häufig bleiben die laufenden oder geplanten Maßnahmen an das Forschungsrahmenprogramm der EU gebunden und sind auf eine Finanzierung durch das Programm angewiesen. Diese Tendenz könnte sich im 6. Rahmenprogramm noch verstärken, da die Mittel in diesem Bereich deutlich aufgestockt wurden. Doch kann sich das Vorhaben des Europäischen Forschungsraums nicht auf diese Maßnahmen beschränken und muss definitionsgemäß eine Eigendynamik entwickeln, diesen Rahmen sprengen und von unabhängigen Initiativen getragen werden.

Insgesamt geben die Bilanz und die Lehren, die sich aus der Verwirklichung des Europäischen Forschungsraums ergeben haben, Anstoß, eine Zwischenlösung zwischen der einfachen Fortsetzung der Maßnahmen und deren kompletten Infragestellung zu verfolgen und die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, mit denen dem Vorhaben neuen Schwung gegeben werden kann, indem an die ursprüngliche Idee und die Grundprinzipien angeknüpft wird.

Im Hinblick darauf sollten im Allgemeinen folgende Ziele verfolgt werden:

- erheblich stärkere Einbindung der Mitgliedstaaten und Mobilisierung einzelstaatlicher Tätigkeiten;

- Verstärkung der Wirkung der Maßnahmen;

- Konsolidierung der konzeptionellen und politischen Grundlagen für die Verwirklichung des Vorhabens.

4. VERSTÄRKUNG UND NEUAUSRICHTUNG DER LAUFENDEN MASSNAHMEN

Bei eingehender Betrachtung wird deutlich, dass die Fortschritte in den einzelnen Bereichen sehr unterschiedlich sind. Es zeigt sich, wie wichtig es ist, die laufenden Maßnahmen insgesamt zu verstärken, manche von ihnen aber auch ganz neu auszurichten.

4.1. Benchmarking der Forschungspolitik [11]:

[11] Europäische Kommission, Arbeitsdokument ,Entwicklung einer offenen Koordinierungsmethode für das Benchmarking der einzelstaatlichen Forschungspolitik: Ziele, Methodik und Indikatoren", SEK(2000) 1842 vom 3.11.2000; ,Fortschrittsbericht über das Benchmarking nationaler Forschungspolitik", SEK (2001) 1002 du 20.6 2001; ,Benchmarking der nationalen Forschungspolitik: erste Ergebnisse", SEK (2002) 129 du 31.1 2002.

Das Benchmarking der Forschungspolitik ist ein grundlegendes Element der ,Methode von Lissabon" und damit des Vorhabens des Europäischen Forschungsraums.

Es soll die Forschungspolitik der Mitgliedstaaten verbessern helfen und gleichzeitig - durch Vergleich einzelner Politiken, einen Austausch und durch Lernen voneinander - eine bessere Abstimmung zwischen den einzelstaatlichen Politiken sicherstellen.

Ein erster Benchmarking-Zyklus wurde mit folgenden Ergebnissen abgeschlossen:

- 20 quantitative Indikatoren wurden definiert, mit denen sich die Entwicklung der Lage in den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Forschungsausgaben, der Humanressourcen in der Forschung und der Ergebnisverwertung durch die Wirtschaft u. a. verfolgen lässt. Zu 15 davon wurden Informationen zusammengetragen und ausgewertet, und fünf weitere werden gerade entwickelt.

- Zu 5 Themen wurden Untersuchungen angestellt: das Humanpotenzial für Forschung und Entwicklung, öffentliche und private Finanzierung, Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit und den Arbeitsmarkt, die Produktivität der Wissenschaft und Technik, Förderung der Wissenschaftskultur.

- Die Ergebnisse dieser Untersuchungen und die Empfehlungen, die sich daraus ergaben, haben gezeigt, dass die EU, um die Ziele von Lissabon zu erreichen, ihre Forschungsanstrengungen verstärken muss, was besonders für die privatwirtschaftlichen Forschungsinvestitionen gilt. Im Hinblick darauf wurden sie auch in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Barcelona berücksichtigt.

- Diese Ergebnisse wurden im Übrigen zur weiteren Untersuchung und zur Diskussion auf Workshops und Konferenzen breitgestreut verteilt und veröffentlicht [12].

[12] Siehe Website: http://www.cordis.lu/rdt2002/era-devlopments/benchmarking.htm

results

Dieser erste Zyklus war auch eine Art Pilotstudie, mit der festgestellt werden sollte, unter welchen Umständen die Maßnahme fortgesetzt werden kann oder sollte. Zwei der Lehren, die sich in dieser Hinsicht daraus ziehen lassen, sind, dass die aktive Beteiligung der betroffenen Länder - und insbesondere eine ausreichende Mobilisierung von Ressourcen für die Datenerfassung auf einzelstaatlicher Ebene - absolut notwendig ist und dass es schwierig ist, brauchbare Schlussfolgerungen zu ziehen, wenn die Themen zu weit gefasst sind.

Geplante oder in Erwägung zu ziehende Maßnahmen

- Konzentration auf eine begrenzte Zahl von gezielten Themen. In Erwägung gezogen werden könnten beispielsweise folgende Themen: Förderung des Humanpotenzials für die öffentliche oder privatwirtschaftliche Forschung, insbesondere die Mobilität auf allen Ebenen und die Aufenthaltsbedingungen für Gastforscher aus anderen europäischen Staaten; öffentliche Investitionen in die Grundlagenforschung; die Maßnahmen der Mitgliedstaaten, um Anreize für private Forschungsinvestitionen zu schaffen, gemäß der Mitteilung der Kommission ,Mehr Forschung für Europa - Hin zu 3% des BIP" [13]; Bildung von örtlichen Ressourcenclustern für Forschung und Entwicklung; öffentliche Strategien zur Förderung der wissenschaftlichen Kenntnisse der Öffentlichkeit und Maßnahmen zur Einbeziehung der Bürger in die Debatten über Forschungsangelegenheiten.

[13] KOM(2002) 499 vom 11.9.2002

- Einsetzung von ,Lenkungsgruppen" für jedes der gewählten Themen, die sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzen, und von ,Arbeitsgruppen", die sich aus von den Mitgliedstaaten benannten Experten zusammensetzen, wobei für jede Maßnahme zu den Themen ein Teilnehmerland die Leitung übernimmt.

4.2. Kartierung der herausragenden wissenschaftlichen und technologischen Kapazitäten [14]

[14] Europäische Kommission, Mitteilung ,Erfassung und Abbildung der Spitzenleistungen in Forschung und technologischer Entwicklung in Europa", SEK (2001) 434 vom 12.3.2001.

Ziel der Kartierung der herausragenden wissenschaftlichen und technologischen Kapazitäten ist es, die einzelnen Zellen der in Europa vorhandenen Forschungskapazitäten, insbesondere der neu entstehenden Kapazitäten - zur Berücksichtigung der inhärenten Dynamik - (also auf der Ebene von Forschungsabteilungen oder gar Forschungsteams) zu ermitteln, um die Wissenschaft und die politischen Entscheidungsträger auf sie aufmerksam zu machen und die Nutzung und Verbreitung der herausragenden Kapazitäten zu fördern.

Für die drei Bereiche Biowissenschaften, Nanotechnologie und Wirtschaftswissenschaften ist eine Pilotphase angelaufen. Die bisher vorliegenden Ergebnisse sind:

- Abschluss der Kartierung für die Wirtschaftswissenschaften; der Abschlussbericht ist in Bearbeitung;

- Zwischenergebnisse für die beiden anderen Bereiche, die konsolidierten Ergebnisse werden für November 2002 erwartet.

Diese Pilotphase hat jedoch eine Reihe von ernsten technischen und methodischen Schwierigkeiten zum Vorschein gebracht. Im Hinblick auf die aktuelle Lage und die zur Veröffentlichungen und Patentierung erforderlichen Verfahren ist das Ziel auf Basis der vorliegenden Daten nur mit einem im Verhältnis zum erzielten Mehrwert erheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand erreichbar.

Geplante oder in Erwägung zu ziehende Maßnahmen

- Weitere Ergebnisverbreitung, die gelieferten Informationen können die einschlägigen Kenntnisse in der Wissenschaft, bei politischen Entscheidungsträgern, in den Verwaltungen und in der Industrie ergänzen;

- Bewertung dieser ersten Phase, wobei der Nutzen (im Sinne einer Kosten-Nutzen-Analyse) einer weiteren Kartierung und einer Ausdehnung auf andere Bereiche bestimmt werden soll.

4.3. Mobilität der Wissenschaftler [15]

[15] Europäische Kommission, Mitteilung ,Eine Mobilitätsstrategie für den Europäischen Forschungsraum", KOM (2001) 331 vom 20.6.2001.

Die Mobilität der europäischen Wissenschaftler in der Gemeinschaft, die nach dem Grundsatz des freien Personenverkehrs im Binnenmarkt im Prinzip möglich ist, bleibt in der Praxis sehr beschränkt. Es gibt Hindernisse aller Art: gesetzliche, administrative und ordnungspolitische, praktische, kulturelle und sprachliche, informationsbedingte usw.

Finanzielle Anreize sind eine erste Kategorie von Instrumenten. Im Hinblick darauf wurden die Mittel für Maßnahmen zur Förderung der Mobilität im sechsten Rahmenprogramm quasi verdoppelt und die Unterstützungsmaßnahmen wurden diversifiziert und in doppelter Hinsicht angepasst: Aufhebung der Begrenzung der Stipendien auf bestimmte Laufbahnabschnitte von Wissenschaftlern sowie die Verlängerung der Laufzeit.

Rechtliche Instrumente stellen eine zweite Kategorie dar. Da die Mobilität der Wissenschaftler aus Drittstaaten in der Gemeinschaft bisher auf europäischer Ebene nicht geregelt ist, ist ihre Freizügigkeit erheblich schwieriger zu gewährleisten als für europäische Wissenschaftler. Für die Zulassung von Forschern aus Drittstaaten ist zudem nur in zwei Mitgliedstaaten eine ausdrückliche Regelung vorgesehen. Im Laufe des Jahres 2002 wurden erste Überlegungen über die Einreise- und Aufenthaltsbedingungen für Forscher aus Drittstaaten im Hinblick darauf angestellt, den Aufenthalt zu ermöglichen und ihre Mobilität in der Europäischen Gemeinschaft zu erleichtern.

Darüber hinaus wurden eine Reihe von Maßnahmen auch im Rahmen einer politischen Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten in dieser Sache in Angriff genommen. Bisherige Fortschritte in diesem Bereich sind:

- die Entwicklung eines europäischen Netzes von Mobilitätszentren (rund 40 Einrichtungen), die Wissenschaftlern praktische Hilfe bieten sollen (die Vorbereitungen sind weit fortgeschritten, so dass es Anfang 2003 verwirklicht werden kann);

- die Entwicklung eines elektronischen Informationssystems über freie Stellen für Forscher und über die rechtlichen und administrativen Regelungen in den Staaten der Europäischen Union - ,Researcher's Mobility Web Portal" - (Pilotphase im Herbst 2002, einsatzbereit Anfang 2003, in Verbindung mit einer gemeinsamen Informations-Website für die berufliche Mobilität, wie vom Europäischen Rat von Barcelona für spätestens Ende 2003 gefordert).

Wie allen anderen Betroffenen wird den Forschern die Änderung (Vereinfachung und Verlängerung) der geltenden Gemeinschaftsvorschriften zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Verordnung 1408/71) zugute kommen.

Geplante oder in Erwägung zu ziehende Maßnahmen

- Vorstellung von Maßnahmen im Laufe des Jahres 2003, die die Einreise und den Aufenthalt von Forschern aus Drittstaaten in der Gemeinschaft erleichtern und ihnen das Recht auf freien Personenverkehr gewähren, darunter gegebenenfalls auch die Einführung einer besonderen Aufenthaltserlaubnis für Wissenschaftler in Europa;

- Vorlage einer Analyse mit Empfehlungen und Maßnahmenvorschlägen zum Thema der Karrieremöglichkeiten von Forschern: Methoden zur Einstellung und Leistungsbewertung, Bedingungen für die Mobilität zwischen dem öffentlichen und dem privatwirtschaftlichen Sektor, usw.

4.4. Forschungsinfrastrukturen [16]

[16] Europäische Kommission, Arbeitspapier ,Ein Europäischer Forschungsraum für die Infrastrukturen", SEK (2001) 356 vom 27.2.2001.

Die Forschungsinfrastrukturen sind ein Bereich, der aufgrund der erforderlichen Finanzmittel und der Tatsache, dass eine europaweite Nutzung ermöglicht werden sollte, ganz besonders ein Vorgehen auf europäischer Ebene erfordert.

Die Fragen im Zusammenhang mit großen Infrastrukturen können in der Tat auf einzelstaatlicher Ebene nicht zufriedenstellend behandelt werden. Der Bedarf in diesem Bereich muss auf europäischer Ebene bestimmt werden, wo auch die Entscheidungen getroffen werden müssen.

Die Maßnahme hierzu dient der allmählichen Entwicklung einer europäischen Politik in diesem Bereich. Folgende Fortschritte wurden erzielt:

- Verstärkung und Diversifizierung der Unterstützungsmaßnahmen der EU für den Zugang zu Forschungsinfrastrukturen in Europa sowie deren Betrieb im sechsten Rahmenprogramm;

- Schaffung eines europäischen strategischen Forums für die Forschungsinfrastruktur zur Förderung einer europäischen Politik für die Entwicklung und Nutzung der Forschungsinfrastruktur in Europa, sowie multilaterale Initiativen in diesem Bereich;

- erste Arbeiten zu drei Themenkomplexen wurden begonnen: Elektronenstrahllaser (Strahlenquelle der vierten Generation), Neutronenquellen, Meeresforschungsschiffe.

Die Mitglieder des europäischen Forums für die Forschungsinfrastruktur haben jedoch auf einzelstaatlicher Ebene nicht immer die Entscheidungsbefugnis in diesem Bereich. Darüber hinaus gibt das Forum zum gegenwärtigen Zeitpunkt weder eine an den Ministerrat noch an die Kommission gerichtete Stellungnahme ab. Auch hat es keinen förmlichen Einfluss auf Entscheidungen, oder kann es Entscheidungen treffen [17].

[17] In den Schlussfolgerungen des Rates zum Thema Infrastrukturen im Europäischen Forschungsraum vom 15. Juni wird die Kommission einfach dazu aufgefordert, dem Rat regelmäßig über den Fortschritt in dieser Frage Bericht zu erstatten.

Geplante oder in Erwägung zu ziehende Maßnahmen

- Vorlage von Vorschlägen über die Schaffung von förmlichen Mechanismen - im europäischen Forum für die Forschungsinfrastruktur - für die Konzertierung und für Stellungnahmen an die Mitgliedstaaten, die letztendlich die Entscheidungen in diesem Bereich treffen.

4.5. Vernetzung der nationalen Forschungsprogramme [18]

[18] Europäische Kommission, Mitteilung ,Das Rahmenprogramm und der Europäische Forschungsraum - Anwendung von Artikel 169 und Vernetzung der einzelstaatlichen Programme", KOM(2001) 282 vom 30.5.2001.

Im Teil der Schlussfolgerungen des Rates von Lissabon über den Europäischen Forschungsraum wird vor allem die Vernetzung der nationalen Forschungsprogramme in den Mittelpunkt gestellt.

Die Vernetzung, die verschiedene Formen annehmen kann, angefangen von einem einfachen Informationsaustausch bis zur gemeinsamen Durchführung von Programmen mit Unterstützung der EU nach Artikel 169 EG-Vertrag, ist eines der wirksamsten und gleichzeitig symbolträchtigsten Instrumente zur Verwirklichung des Europäischen Forschungsraums. Folgende Fortschritte wurden in diesem Bereich erzielt:

- Ermittlung von vier Bereichen durch die Mitgliedstaaten, in denen eine gegenseitige Öffnung ihrer Programme möglich und diese von großem Interesse ist: Meereswissenschaften, Chemie, Pflanzengenomik und Astrophysik;

- Eingliederung eines Systems zur finanziellen Unterstützung von Initiativen zur Vernetzung und gegenseitigen Öffnung der Programme durch die EU in das sechste Rahmenprogramm: mit Hilfe des mit 160 Mio. EUR ausgestatteten ERA-NET-Systems werden die verschiedensten Koordinierungstätigkeiten, angefangen von den verschiedenen Formen des Informationsaustausches bis zur Verwaltung gemeinsamer Programme, finanziert werden können;

- Entwicklung eines elektronischen Informationssystems über Forschungs-programme und nationale sowie regionale Unterstützungsinstrumente für diesen Bereich in Form eines zentralen Zugangs zu in den Mitgliedstaaten vorhandenen Informationssystemen, wodurch auf längere Sicht eine stärkere Harmonisierung dieser Systeme gewährleistet werden soll;

- Vorschlag zur Einrichtung - nach Artikel 169 EG-Vertrag - einer Plattform für klinische Versuche zur Bekämpfung von armutsbedingten Infektionskrankheiten (Malaria, Aids, Tuberkulose), an der zahlreiche Drittstaaten beteiligt sind [19], und Erkundung anderer Handlungsmöglichkeiten auf der Grundlage dieses Mechanismus insbesondere in den Bereichen Flugverkehrmanagement und Flugsicherung (ATM/ATC) und nachhaltige Entwicklung.

[19] Europäische Kommission, Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Beteiligung der Gemeinschaft an einem Forschungs- und Entwicklungsprogramm zur Entwicklung neuer klinischer Interventionen zur Bekämpfung von HIV/AIDS, Malaria und Tuberkulose im Rahmen einer langfristigen Partnerschaft zwischen Europa und den Entwicklungsländern, getragen von mehreren EU-Mitgliedstaaten und Norwegen, KOM (2002) 474 vom 28.8.2002.

Trotz erster Ergebnisse arbeiten die Mitgliedstaaten und die nationalen Behörden nur begrenzt an den einzelnen Maßnahmen mit.

Geplante oder in Erwägung zu ziehende Maßnahmen

- Fortsetzung der Anstrengungen zur Konzipierung von Maßnahmen auf der Grundlage von Artikel 169, was derzeit geprüft wird, und Erkundung von entsprechenden Möglichkeiten in anderen Bereichen (beispielsweise Nanotechnologie).

- Erkundung der Möglichkeit zur Nutzung des Artikels 169 für die Begründung einer regionalen Zusammenarbeit zwischen Ländern, die am Rahmenprogramm beteiligt sind, eine gemeinsame Geschichte oder gemeinsame Probleme haben, wie die Länder der Gemeinschaft gegebenenfalls mit assoziierten Beitrittsländern, die Länder des Mittelmeerraums oder des baltischen Raums.

- Schaffung eines Konzertierungsgremiums für die strategischen Planer der großen nationalen Forschungsorganisationen.

4.6. Erhöhung der privatwirtschaftlichen Investitionen in die Forschung

In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Lissabon vom März 2000 hieß es, dass die erforderlichen Schritte unternommen werden sollten, um das Umfeld für private Forschungsinvestitionen in Europa zu verbessern. In den Schlussfolgerungen des Rates von Barcelona wurde als Ziel festgelegt, dass die Forschungsausgaben bis 2010 auf ein Niveau von 3% des BIP erhöht werden sollen. Der Unterschied zum jetzigen Niveau von 1,9% soll im Wesentlichen durch privatwirtschaftliche Investitionen finanziert werden, die auf insgesamt zwei Drittel der gesamten Anstrengungen aufgestockt werden sollen.

Daran anknüpfend hat die Kommission die Mitteilung ,Mehr Forschung für Europa - Hin zu 3% des BIP" [20] vorgelegt. Diese Mitteilung, die als Grundlage für eine Diskussion über die Mittel zur Erreichung dieses Zieles gedacht ist, zeigt auf, welche Maßnahmen möglich und erforderlich sind, um zu erreichen, dass die verschiedenen politischen Strategien auf einzelstaatlicher und europäischer Ebene darauf ausgerichtet und dabei aufeinander abgestimmt werden.

[20] KOM(2002) 499 vom 11.9.20002

Zu gleicher Zeit haben die Kommission und Europäische Investitionsbank (EIB)/Europäischer Investitionsfonds (EIF) die erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um gemeinsam oder komplementär die Forschung zu unterstützen und privatwirtschaftliche Investitionen in diesen Bereich in Europa zu fördern. Das Ergebnis dieser Maßnahmen ist:

- die Unterzeichnung einer gemeinsamen Vereinbarung am 7. Juni 2001 über die Entwicklung von Synergien zwischen dem Forschungsrahmenprogramm und dem Programm ,Innovation 2000" der EIB zur Förderung der Forschung und Nutzung der Ergebnisse, zur Förderung der Forschungsinfrastruktur und der Forschungsinvestitionen der High-Tech-Unternehmen;

- die Entwicklung - durch die EIB in Zusammenarbeit mit der Kommission - neuer Instrumente der finanziellen Unterstützung der Forschung, wie besondere Darlehen für mittelständische Unternehmen (vorhanden) oder ein Mechanismus (in Planung) zur Finanzierung von strategischen Forschungs- und Entwicklungsprojekten mit mehreren Partnern;

- eine erhebliche Aufstockung der Forschungsinvestitionen der EIB (seit Anfang 2000 wurden Darlehen in Höhe von 4,6 Mrd. EUR bewilligt im Vergleich zu nur 245 Mio. EUR zwischen 1990 und 1999) für die Finanzierung von Forschungsinfrastrukturen (beispielsweise in Turku, Finnland), von Technologieparks (beispielsweise in Madrid) und Gründerzentren (wie ein Darlehen von 61 Mio. EUR für die Verwertung der Ergebnisse des Europäischen Laboratoriums für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg).

Geplante oder in Erwägung zu ziehende Maßnahmen

- Vorlage einer zweiten Mitteilung der Kommission zum 3%-Ziel mit genauen Maßnahmenvorschlägen auf der Grundlage insbesondere der Ergebnisse einer breit angelegten Debatte, die zu diesem Thema stattfinden wird, sowie der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom Frühjahr 2003;

- Entwicklung - durch die EIB in Zusammenarbeit mit der Kommission - einer Reihe von komplementären Instrumenten (Darlehen, Mechanismen zur Förderung des Einsatzes von Risikokapital und Bürgschaften), die sich für die Finanzierung von Forschungs- und Innovationstätigkeiten eignen, gemeinsam mit Maßnahmen des Rahmenprogramms genutzt werden können und Synergien entfalten.

4.7. Rechte am geistigen Eigentum

Die Bilanz der Verwirklichung des Europäischen Forschungsraums im Bereich des geistigen Eigentums ist gemischt.

Negativ waren die weiterhin festgefahrenen Gespräche im Rat über den Vorschlag eines Gemeinschaftspatents, wobei die Hauptstreitpunkte die Sprach- und Übersetzungsregelung, die Rolle der nationalen Patentämter und die zu schaffende gemeinsame Gerichtsbarkeit waren.

Gleichzeitig wurden aber erste Schritte hin zu einer wirksameren Behandlung der Fragen des geistigen Eigentums im Bereich der Forschung in Europa gemacht:

- Vorschlag, Annahme und Durchführung von Gesetzesmaßnahmen zur Entwicklung eines wirksameren und einheitlichen Rahmens für die geistigen Eigentumsrechte in Europa in spezifischen Bereichen wie der Biotechnologie und Software;

- Konsultation der betroffenen Kreise über bestimmte rechtliche Aspekte [21] und über die kontroverse Frage der ,Gnadenfrist";

[21] Beispiel: Konsultation der europäischen hochrangigen Gruppe ,Biowissenschaften" zur Frage der Anwendung der Richtlinie über die Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen und Beitrag zum Bericht der Kommission ,Eine Evaluierung der Auswirkungen des Unterbleibens oder der Verzögerung von Veröffentlichungen, deren Gegenstand patentfähig sein könnte, auf die gentechnologische Grundlagenforschung gemäß Artikel 16 Buchstabe b) der Richtlinie Nr. 98/44/EG über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen" KOM(2002) 2.

- Einführung eines Prozesses der Ermittlung und Verbreitung bewährter Verfahren und Erfahrungen im Bereich der Regelungen zum Schutz des geistigen Eigentums in der staatlichen Forschung, des Schutzes und der Verwertung der Ergebnisse der Hochschulforschung sowie der Zusammenarbeit Hochschulen/Industrie.

Geplante oder in Erwägung zu ziehende Maßnahmen

- Einführung eines Gemeinschaftspatents, wie vom Europäischen Rat gefordert;

- Fortführung der Maßnahmen zur Anpassung und Angleichung der Regelungen für den Schutz des geistigen Eigentums auf europäischer Ebene und zur Gewährleistung der Anwendung von angemessenen Schutzstandards auf internationaler Ebene (wie die Standards, die durch das TRIPS-Abkommen der Welthandelsorganisation und im Rahmen der Weltorganisation für geistiges Eigentum festgelegt wurden);

- Ausbau und Vertiefung des Austausches von Erfahrungen und bewährter Verfahren im Bereich des Schutzes der Kenntnisse und des Technologietransfers, insbesondere im Rahmen der Zusammenarbeit Hochschulen/Industrie;

- Maßnahmen zur Unterstützung der Ausbildung von Forschern, insbesondere im Hochschulbereich in Sachen geistiges Eigentum und Technologietransfer.

4.8. Transeuropäisches elektronisches Forschungsnetz

Es wurden weitere Fortschritte bei der Schaffung eines transeuropäischen Hochleistungsnetzes für die elektronische wissenschaftliche Kommunikation erzielt, insbesondere:

- Durchführung von rund 20 Maßnahmen zur Entwicklung von dezentralen Datenverarbeitungssystemen auf der Grundlage der "Grid"-Technologie, insbesondere die Durchführung des DataGrid-Projekts im Bereich der Physik; an dem Projekt, das von 4 nationalen und 2 europäischen Einrichtungen (dem CERN und einem Institut der ESA) geleitet wird, beteiligen sich insgesamt 17 Organisationen der physikalischen Forschung; Ziel ist der Austausch von großen Datenmengen in Hochgeschwindigkeit;

- Bereitstellung von Mitteln in Höhe von bis zu 100 Mio. EUR im Rahmen des vorrangigen Themenbereichs ,Technologien für die Informationsgesellschaft" des sechsten Rahmenprogramms und von bis zu 200 Mio. EUR im Rahmen des Bereichs ,Forschungsinfrastrukturen" zur Unterstützung der Entwicklung des GRID in Europa und Fortsetzung des Netzverbundprojekts GEANT für nationale elektronische Hochleistungsnetze.

Geplante oder in Erwägung zu ziehende Maßnahmen

- Entwicklung von GRID-Architekturen in anderen Bereichen als der Teilchenphysik in Europa, vor allem in den Bereichen Astrophysik, Biologie, Genomik und Modellierung der globalen Klimaänderung;

- Ausweitung dieser Netze auf die Beitrittsländer;

- Fortsetzung und Vollendung der Vernetzung der nationalen elektronischen Forschungs- und Ausbildungsnetze mit Hilfe des Projekts GEANT, um ein Hochleistungs- und Hochgeschwindigkeitsnetz für ganz Europa zu schaffen.

4.9. Die internationale Dimension des Europäischen Forschungsraums [22]

[22] Europäische Kommission, Mitteilung ,Die internationale Dimension des Europäischen Forschungsraums", KOM (2001) 346 vom 25.6.2001.

Anknüpfend an die Mitteilung der Kommission zu diesem Thema wurden mehrere Initiativen zur Berücksichtigung, Hervorhebung und Nutzung der internationalen Dimension und zur Öffnung des Europäischen Forschungsraums über die EU hinaus ergriffen.

Bisherige Entwicklungen in diesem Bereich sind insbesondere:

- Möglichkeit zur bedingungslosen Beteiligung sämtlicher Drittstaaten am ,thematischen" Teil des sechsten Rahmenprogramms, in bestimmten Fällen mit Bereitstellung der entsprechenden Finanzmittel, Einführung einer Stipendienregelung sowohl für Forscher aus Drittstaaten, die in der EU arbeiten wollen, als auch für Forscher der EU, die in Drittstaaten tätig werden wollen; sowie die Neuausrichtung der Forschung in der EU im Bereich der Kernforschung in Abhängigkeit von der Teilnahme aller europäischer Staaten am internationalen ITER-Projekt (International Thermonuclear Experimental Reactor);

- Aufbau eines elektronischen Informationssystems über die Einreise- und Aufenthaltsbedingungen für Forscher aus Drittstaaten in den Mitgliedstaaten;

- ergänzend zur integrierten Maßnahme, hinsichtlich der Zusammenarbeit mit Russland, im Rahmen von INTAS und der internationalen Initiative ISTC [23] Entwicklung konzertierter und koordinierter Ansätze Gemeinschaft/ Mitgliedstaaten im wissenschaftlichen und technologischen Dialog der EU mit den großen anderen Staatengruppen: Mittelmeerländer, lateinamerikanische Länder und ASEAN-Staaten;

[23] International Science and Technology Center

- Annäherung der EU und der AKP-Staaten in Forschungsfragen auf dem Forum AKP-EU über die Forschung im Bereich der nachhaltigen Entwicklung, welches im Juli 2002 in Kapstadt stattfand.

Geplante oder in Erwägung zu ziehende Maßnahmen

- Schaffung eines Forums für die konzertierte internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit nach dem Schema des europäischen Forums für die Forschungsinfrastruktur, mit dem sich die Kohärenz und Koordinierung der Teilnahme der Mitgliedstaaten an weltweiten Initiativen der internationalen Zusammenarbeit verstärken lässt: internationale Programme zu den globalen Veränderungen und zur Unterstützung der Kyoto-Vereinbarungen; Maßnahmen im Rahmen der G8; internationale Initiativen zu Fragen der Ethik;

- Einführung von wirksameren Mechanismen für den Informationsaustausch und die Konzertierung im Bereich der Politik der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit, beispielsweise Netze von wissenschaftlichen und technologischen Beratern der Vertretungen der Mitgliedstaaten (und gegebenenfalls der EU) in Drittstaaten nach dem Vorbild von Initiativen, die in bestimmten Drittstaaten ergriffen wurden, beispielsweise das Feast Forum in Australien [24];

[24] Forum for European -Australian Science and Technology cooperation

- Erkundung der Möglichkeiten zur gemeinsamen Nutzung von einzelstaatlichen und europäischen finanziellen Unterstützungsregelungen für die Mobilität von Wissenschaftlern aus Drittstaaten, die in der EU tätig werden wollen: eine entsprechende Möglichkeit wäre die Gewährung eines Bonus der Gemeinschaft für Stipendiaten, die von einem Staat ein Stipendium erhalten und in Laboratorien verschiedener EU-Staaten tätig werden; dies könnte besonders für die herausragendsten Spitzenforscher attraktiv sein und die Verbindungen zwischen den Laboratorien stärken.

4.10. Die regionale Dimension des Europäischen Forschungsraums [25]

[25] Europäische Kommission, Mitteilung ,Die regionale Dimension des Europäischen Forschungsraums", KOM (2001) 549 vom 3.10.2001.

Infolge der Mitteilung der Kommission über die regionale Dimension des Europäischen Forschungsraums sind folgende diesbezüglichen Fortschritte festzustellen:

- Aufnahme einer Debatte zu diesem Thema in betreffenden Kreisen, jedoch im Wesentlichen beschränkt auf regionale Entscheidungsträger und Akteure im engen Sinn, wobei die Mitgliedstaaten nur begrenzt einbezogen sind;

- Aufnahme mehrerer Bestimmungen in das sechste Rahmenprogramm zur Berücksichtigung der regionalen Dimension oder zu deren Förderung: Rückkehrstipendien, Einbeziehung regionaler Forschungsprogramme in die ERA-NET-Förderregelungen für Koordinierungsinitiativen, Möglichkeit der Kumulierung von Finanzhilfen aus dem Rahmenprogramm mit Mitteln aus den Strukturfonds bei Ziel-1-Regionen, Diversifizierung der Forschungsfördermaßnahmen in KMU;

- Information in den Regionen der EU und der Beitrittsländer über die Gegebenheiten, was die Forschung und Zusammenarbeit in diesem Bereich betrifft, beispielsweise anlässlich der Tagung zu diesem Thema, zu der 180 Regionen der EU im November 2002 geladen sind;

- Drastische Aufstockung der Mittel, die aus den Strukturfonds für Forschung, technologische Entwicklung und Innovation zur Verfügung gestellt werden: geplant ist, dass die Ziel-1-Regionen in den Jahren 2000-2006 rund 11 Mrd. EUR für diese Zwecke erhalten sollen;

- Untersuchung konkreter Möglichkeiten für die interregionale Zusammenarbeit, beispielsweise zwischen den am stärksten isolierten Regionen der EU;

- Entwicklung eines systematischen Erfahrungsaustausches im Bereich der regionalen wissenschaftlichen und technologischen Zukunftsforschung, wobei die Schaffung eines europäischen Verbands der Regionen in diesem Bereich bereits geplant ist.

Insgesamt sind die Fortschritte jedoch hinsichtlich ihrer Tragweite als auch hinsichtlich der berücksichtigten Aspekte noch begrenzt. Daher müssen besondere Anstrengungen unternommen werden, um die regionale Dimension des Europäischen Forschungsraums stärker zu berücksichtigen.

Geplante oder in Erwägung zu ziehende Maßnahmen

- Systematischere Nutzung von Mechanismen, die es erlauben, die interregionale Zusammenarbeit auszubauen: Forschungszusammenarbeit zwischen geografisch benachbarten Regionen, Regionen gleichen Profils oder mit den gleichen Interessen; und Zusammenarbeit zwischen Regionen, die auf unterschiedlichem technischen Stand sind, beispielsweise durch Initiativen zur Weitergabe von Kenntnissen und Technologie über Exzellenzzentren;

- Ausbau und Diversifizierung der Maßnahmen zur gemeinsamen Finanzierung (mit Gemeinschaftsmitteln und einzelstaatlichen Mitteln) von Initiativen zur Entwicklung regionaler Gründerzentren für Technologieunternehmen, wie beispielsweise ,Biovalleys" im Bereich der Biotechnologie;

- Durchführung von Studien über den Bedarf und die Prioritäten in den Regionen der Beitrittsländer im Bereich Forschung, Forschungsinfrastruktur und Wissenschafts- und Innovationspolitik.

4.11. Der Fragenkomplex ,Wissenschaft und Gesellschaft" [26]

[26] Europäische Kommission, Arbeitsunterlage ,Wissenschaft, Gesellschaft und Bürger in Europa" SEK (2000) 1973 du 14.11.2000, und Mitteilung ,Aktionsplan - Wissenschaft und Gesellschaft", KOM (2001) 714 vom 4.12.2001.

Übergeordnetes Ziel der Maßnahmen zu diesem Thema ist die Verbesserung der Beziehung zwischen der Wissenschaft und der Gesellschaft in Europa durch Förderung der nationalen Anstrengungen und deren Koordinierung in den betroffenen Bereichen: die Frage des Fachwissens und des Risikos; die ethischen Aspekte; der Dialog mit den Bürgern und wissenschaftliche Kenntnisse in der Öffentlichkeit; die Attraktivität der Wissenschaft für junge Menschen und die Rolle und der Stand der Frauen in Wissenschaft und Forschung.

Infolge der Debatte, die auf der Grundlage eines Diskussionspapiers zu diesem Thema stattfand, wurde ein 38 Maßnahmen umfassender Aktionsplan vorgelegt und diskutiert. Mit seiner Umsetzung wurde begonnen. [27] Auch wenn es den Aktionsplan schon eine Weile gibt, ist die Durchführung noch in den Anfangsstadien. Die bisherigen Fortschritte in diesem komplexen und heterogenen, auf einzelstaatlicher Ebene wenig strukturierten Bereich, in dem es für weitgehend identische Probleme teilweise sehr unterschiedliche Ansätze gibt, sind daher begrenzt.

[27] Europäische Kommission, Arbeitsdokument ,Frauen in der Wissenschaft: die Geschlechterdimension als Antrieb für die Reform der Wissenschaft", SEK (2001) 771 vom 15.5.2001.

Ein Austausch von Informationen und bewährten Verfahren wurde im Rahmen von thematischen Arbeitsgruppen eingeführt, die jeweils von einem Mitgliedstaat geleitet werden, der sich für die jeweilige Thematik besonders interessiert. Im Bereich ,Frauen und Wissenschaft" sind mit der Schaffung einer Gruppe zur Untersuchung der Lage von Wissenschaftlerinnen in den Beitrittsländern und dem demnächst vorliegenden Bericht über Frauen in der industriellen Forschung weitere Fortschritte zu verzeichnen.

Vom Aktionsbereich ,Wissenschaft und Gesellschaft" im sechsten Rahmenprogramm werden im Übrigen einige gemeinsame Projekte und Tätigkeiten zur Vernetzung, zum Austausch und zur Koordinierung in den verschiedenen Bereichen erwartet.

Um sicherzustellen, dass diese Dimension des Europäischen Forschungsraums auch tatsächlich beachtet wird, muss unbedingt bei der Umsetzung des Aktionsplans Wissenschaft und Gesellschaft besonders auf Maßnahmen zu den bisher am wenigsten berücksichtigten Aspekten Wert gelegt werden, beispielsweise auf den Aspekt der öffentlichen Diskussion über die Wissenschaft oder den Aspekt der wissenschaftlichen Kenntnisse in der Öffentlichkeit und der Schulbildung in den naturwissenschaftlichen Fächern.

Geplante oder in Erwägung zu ziehende Maßnahmen

- Initiativen zur Anregung von Überlegungen, Diskussionen und Maßnahmen in Europa und auf europäischer Ebene im Bereich der wissenschaftlichen Beratung politischer Entscheidungsträger und des Dialogs zwischen Forschern und dem Bürger;

- im Bereich der naturwissenschaftlichen Ausbildung Aufbau von europäischen und nationalen Netzen, die aus Akteuren der Schulen und Hochschulen und der Wissenschaft bestehen, zu Fragen der wissenschaftlichen Ausbildung wie dem wissenschaftlichen Unterricht und der Ausbildung der Lehrer für Naturwissenschaften.

5. NEUE PERSPEKTIVEN

5.1. Schaffung der Voraussetzungen für eine wirksame forschungspolitische Koordinierung

Die Koordinierung der einzelstaatlichen Forschungspolitiken ist ein Kernbereich des Europäischen Forschungsraums. Vor Kurzem wurden zwei wichtige Initiativen dazu in die Wege geleitet. Die erste betraf die Forschung im Bereich der TSE (Transmissible Spongiform Encephalopathies) [28]. Die herausragendsten Kapazitäten der einzelstaatlichen Forschung in diesem Bereich wurden zusammengebracht. Ein Inventar der diesbezüglichen Forschungsarbeiten wurde erstellt und veröffentlicht. Die Wissenslücken und die Themen, die gründlich untersucht werden sollten, sowie die Möglichkeiten für Synergien zwischen den einzelstaatlichen Tätigkeiten wurden ermittelt. Damit werden die Grundlagen für eine enge Koordinierung geschaffen.

[28] Europäische Kommission, Mitteilung über in Europa laufende Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet der transmissiblen spongiformen Enzephalopathien, KOM (2001) 323 vom 12.6.2001.

Nach dem gleichen Schema wurde eine Initiative zur Forschung im Bereich der Bekämpfung des Bioterrorismus ins Leben gerufen. Bisher wurden nur begrenzte Ergebnisse erzielt, da die einzelstaatlichen Organisationen angesichts der Sensibilität dieser Frage für die Landesverteidigung kaum geneigt waren, ihre Informationen zu dieser Frage weiterzugeben. In beiden Fällen konnten jedoch vor allem aufgrund der Krise, die bei der Umsetzung dieser Maßnahmen herrschte, eine Mobilisierung erreicht werden. Die Voraussetzungen dafür müssen geschaffen werden, dass auch unter Normalbedingungen in der Forschung eine vergleichbare Koordinierung erfolgen kann.

Der Europäische Forschungsraum wird insbesondere mit Hilfe der offenen Koordinierungsmethode verwirklicht, die vom Europäischen Rat von Lissabon als Methode für das Handeln der EU in sämtlichen Bereichen gewählt wurde, die mit dem Ziel verbunden sind, die EU bis 2010 zur wettbewerbsfähigsten wissensbasierten Wirtschaft der Welt zu machen.

Die Methode beruht auf folgenden Grundsätzen: Festlegung allgemeiner Ziele und Leitlinien auf Ebene der EU; Übersetzung dieser Ziele in Einzelziele und in spezielle politische Maßnahmen für jeden Mitgliedstaat; Festlegung quantitativer und qualitativer Indikatoren; Benchmarking der Leistungen und der politischen Strategien auf nationaler und regionaler Ebene im betroffenen Bereich; Informations- und Erfahrungsaustausch sowie Austausch der besten Verfahren.

Das Potenzial dieser flexiblen Methode, deren Anwendung teilweise auf einer variablen Geometrie beruht, konnte bisher für die Verwirklichung des Europäischen Forschungsraums nicht voll ausgeschöpft werden, da sich die Maßnahmen häufig auf den Informations- und Erfahrungsaustausch beschränkten.

Um die konkreten Voraussetzungen für eine richtige, dauerhafte, allgemeine und weitreichende Koordinierung zu schaffen, muss mit mehr Entschlossenheit und gezielter ein weiterer Schritt unternommen werden.

Geplante oder in Erwägung zu ziehende Maßnahmen

- Festlegung eines förmlichen Mechanismus für die Koordinierung der Forschungspolitiken in ihrer Gesamtheit betrachtet, wobei die Form noch festzulegen ist; dieser Mechanismus könnte sich an den geltenden Bestimmungen des EG-Vertrags orientieren, beispielsweise an den Bestimmungen über die jährlichen Berichte der Mitgliedstaaten über die Umsetzung der Leitlinien für die Bereiche der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik;

- in diesem Zusammenhang Anwendung der vollständigen offenen Koordinierungsmethode, ohne die ersten beiden Phasen zu übergehen: die Festlegung gemeinsamer Ziele und deren Übersetzung in Einzelziele;

- Aufbau von Strukturen, mit denen sich eine solche Koordinierung wirksam erreichen lässt; seit der Gründung des CREST [29] war dieser theoretisch dafür zuständig; er konnte dieser Aufgabe jedoch bisher nicht ganz gerecht werden; er könnte dies nur, wenn Änderungen an seinem Aufbau hinsichtlich der Zusammensetzung (Repräsentation der nationalen Behörden auf oberster Entscheidungsebene) und an der Arbeitsweise vorgenommen werden.

[29] Ausschuss für wissenschaftliche und technische Forschung

5.2. Verstärkte Nutzung rechtlicher Instrumente

Neben den Instrumenten der offenen Koordinierungsmethode und der finanziellen Unterstützungsmaßnahmen verfügt die EU über eine dritte Kategorie von Instrumenten, die rechtlichen Instrumente, zur Verwirklichung des Europäischen Forschungsraums, welche auch für die Durchführung der Gemeinschaftspolitiken, insbesondere zur Verwirklichung des Binnenmarktes verwendet werden (Richtlinien, Verordnungen, Empfehlungen).

Es wurden Maßnahmen in Angriff genommen zur besseren Berücksichtigung der forschungspolitischen Erfordernisse in den Gemeinschaftsrechtsvorschriften beispielsweise in den Bereichen geistiges Eigentum, staatliche Beihilfen (Änderung des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen) oder Wettbewerb.

Insgesamt werden jedoch leichter durchzuführende Maßnahmen oder solche, die nur als vorbereitende Maßnahmen zu betrachten sind, wie ein Informationsaustausch, solchen rechtlichen Instrumenten in der Praxis vorgezogen.

Geplante oder in Erwägung zu ziehende Maßnahmen

- Verstärkter Rückgriff auf rechtliche Maßnahmen, wenn diese das wirksamste Instrument sind, beispielsweise im Bereich der Mobilität der Wissenschaftler, insbesondere Arbeitsgenehmigungen und Freizügigkeit von Wissenschaftlern aus Drittstaaten betreffend. Ein weiterer Bereich, in dem es auf die Schaffung eines günstigen rechtlichen und administrativen Umfelds auf europäischer und nationaler Ebene ankommt, sind die Maßnahmen zur Förderung privatwirtschaftlicher Investitionen in die Forschung, damit das Ziel der Erhöhung der Forschungsausgaben zusammengenommen auf 3% des BIP der EU erreicht werden kann.

5.3. Optimierung der Wirkung der Initiativen zur europäischen Zusammenarbeit

Eine herausragende Rolle bei der Verwirklichung des Europäischen Forschungsraums kommt den wichtigen Einrichtungen der europäischen Kooperation zu.

Um ihre Tätigkeiten gemäß einer Empfehlung in der Mitteilung über den Europäischen Forschungsraum vom Januar 2000 durch eine koordiniertere Behandlung gemeinsamer Probleme zu optimieren, haben sich verschiedene große Zentren und Organisationen der wissenschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit in Europa (CERN, ESA, EMBL, ESO, ESRF, ILL, EFDA) [30] zum Verband EIROFORUM zusammengeschlossen.

[30] CERN: Europäische Organisation für Kernforschung, ESA: Europäische Raumfahrtbehörde, EMBL: Europäisches Laboratorium für Molekularbiologie, ESO: Europäische Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre, ESRF: Europäische Synchrotron-Strahlungsanlage, ILL : Institut Laue-Langevin, EFDA: European Fusion Development Agreement.

In der Raumfahrt, in der der Forschung eine Schlüsselrolle zukommt, werden hohe Erwartungen an die gemeinsamen Anstrengungen der EU und der ESA zur Verwirklichung der Projekte GALILEO für die Satellitenkommunikation und GMES [31] für den Bereich der Umwelt- und Sicherheitsüberwachung und zur Entwicklung einer wirklich europäischen Raumfahrtpolitik [32] gestellt.

[31] Globale Umwelt- und Sicherheitsüberwachung

[32] Europäische Kommission, Mitteilungen ,Ein neues Kapitel der europäischen Raumfahrt" KOM (2000) 597 vom 27.9.2000 und ,Hin zu einer europäischen Raumfahrtpolitik", KOM (2001) 718 vom 7.12.2001.

Besondere Anstrengungen müssten zugleich darauf verwendet werden, die Aufgaben besser zu verteilen und die Verbindungen und Synergien zwischen den Kooperationsstrukturen und -instrumenten, die auf der Zusammenarbeit zwischen den einzelstaatlichen Einrichtungen und Forschungsteams beruhen, zu verstärken: neben dem Forschungsprogramm der EU zählen zu den bekannteren Initiativen in diesem Bereich EUREKA, die COST-Zusammenarbeit [33], die Maßnahmen der Europäischen Wissenschaftsstiftung.

[33] Europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der wissenschaftlichen und technischen Forschung

Außerdem werden in den einzelstaatlichen Forschungseinrichtungen Überlegungen darüber angestellt, ob eine Organisation zur Unterstützung der Grundlagenforschung geschaffen werden sollte. Die Organisation, die dem Ausbau der Kapazitäten und der Anstrengungen Europas in diesem Bereich dienen soll, würde sich auf die vorhandenen Strukturen und Instrumente in den einzelnen Staaten und in der Gemeinschaft stützen. Diese Einrichtung, die in Form eines ,Europäischen Forschungsrats" geschaffen werden könnte, könnte öffentliche und zugleich privatwirtschaftliche Finanzmittel mobilisieren. Sie müsste sich daran messen lassen, ob sie in Bezug auf ihr Vermögen zur Förderung der herausragenden Kapazitäten, in Bezug auf die Koordinierung der nationalen Anstrengungen und die Finanzierung einen Mehrwert bietet.

Geplante oder in Erwägung zu ziehende Maßnahmen

- Ausbau und Diversifizierung der Verbindungen zwischen den Maßnahmen der EU und der Tätigkeit der Europäischen Wissenschaftsstiftung besonders im Rahmen der Förderung der Vernetzung der einzelstaatlichen Forschungstätigkeiten mit geplanten Fördermitteln in Höhe von 20 Mio. EUR für die Initiative EUROCORES [34];

[34] EUROCORES ist eine Struktur für gemeinsame Programme von mindestens vier nationalen Forschungseinrichtungen. 6 Maßnahmen in folgenden Bereichen werden durchgeführt oder sind in Vorbereitung: Physik- und Ingenieurwissenschaften, Bio-, Umwelt- und Geowissenschaften sowie Humanwissenschaften.

- Umstrukturierung der COST-Zusammenarbeit mit Änderung der Bedingungen für die Verwaltung der betreffenden Tätigkeiten und Maßnahmen zur Verstärkung der Wirkung dieser Maßnahmen durch die Änderung der Bedingungen für die Auswahl der Themen und die wissenschaftliche Qualitätskontrolle;

- weitere Diversifizierung der Zusammenarbeit zwischen den Maßnahmen der EU und EUREKA, wie sie bereits in den letzten drei Jahren festzustellen war.

5.4. Volle Einbeziehung der Beitrittsländer

Von Anfang an stand fest, dass sämtliche Beitrittsanwärter der EU voll in den Europäischen Forschungsraum (mit dem die westeuropäischen Staaten, die nicht der EU angehören, im Übrigen im Prinzip assoziiert sind) eingebunden werden sollten.

Die Beitrittsanwärter, die theoretisch an allen Tätigkeiten von Anfang an teilnehmen konnten, werden inzwischen auch praktisch und konkret immer häufiger einbezogen.

Wie bereits im fünften Forschungsrahmenprogramm der EU sollten sie auch im sechsten Rahmenprogramm unter den gleichen Bedingungen teilnehmen können wie die EU-Mitgliedstaaten.

Aufgrund des Zustands des Forschungssystems in diesen Ländern, aufgrund von deren Strukturen und mangels finanzieller Mittel ist die Eingliederung der Beitrittsanwärter in den sich entwickelnden Europäischen Forschungsraum jedoch noch mehr oder weniger Theorie.

Die EU und die Mitgliedstaaten müssen gemeinsam Anstrengungen unternehmen, um den Beitrittsanwärtern eine signifikantere Teilnahme an den Tätigkeiten des Europäischen Forschungsraums und eine bessere Integration in ein strukturierteres europäisches Forschungsnetz zu ermöglichen.

Die durchzuführenden Maßnahmen betreffen weitgehend diejenigen, die mit Forschung und Innovation oder mit der Forschungspolitik zu tun haben: Forscher, hochrangige Beamte, Verwalter, besonders junge Forschergenerationen; es gilt, ihnen Zugang zu den neuesten Erkenntnissen und Fachwissen in der EU im Bereich der Wissenschaft und der Forschungspolitik zu verschaffen.

Dazu sind im sechsten Rahmenprogramm Maßnahmen vorgesehen. Die GFS hat im Hinblick darauf ganz besondere Anstrengungen unternommen. Und auch auf einzelstaatlicher Ebene wurden bestimmte Tätigkeiten mit dieser Zielsetzung durchgeführt. Diese Anstrengungen müssen verstärkt und optimiert werden.

Geplante oder in Erwägung zu ziehende Maßnahmen

- Untersuchung und Diskussion der Möglichkeiten zur Kombination von verschiedenen Maßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene zur Unterstützung der Beitrittsländer beim Ausbau ihrer forschungspolitischen Kapazitäten und der zur Verwaltung von Forschungstätigkeiten erforderlichen Kapazitäten: Maßnahmen des Rahmenprogramms (Förderung der nationalen Kontaktstellen, Maßnahmen zur Förderung der Ausbildung von Projektleitern und von für Forschungspolitik Verantwortlichen) sowie Maßnahmen der GFS in deren Zuständigkeitsbereich (Unterstützung der Schaffung der wissenschaftlichen und technischen Voraussetzungen für die Umsetzung des gemeinschaftlichen Besitzstands in innerstaatliches Recht) und entsprechende Maßnahmen auf nationaler Ebene

6. FAZIT

Die Analyse in dieser Mitteilung bestätigt tendenziell die Diagnose im ersten Teil:

- Das Vorhaben des Europäischen Forschungsraums hat das Umfeld für die Forschung und die Forschungspolitik in Europa tiefgreifend verändert.

- Die Fortschritte waren in den verschiedenen Bereichen und Dimensionen unterschiedlich.

- Strukturelle Hemmfaktoren haben bisher die Ergebnisse in ihrer Tragweite begrenzt und könnten auch die Erreichung der Ziele in Frage stellen.

Die Initiative vom Frühjahr 2000 hat eine breit angelegte Diskussion und erste konkrete Entwicklungen bewirkt. Die Diskussion muss weitergeführt werden. Es ist jetzt wichtig, mit mehr Entschlossenheit zu Maßnahmen zu schreiten.

Die in dieser Mitteilung empfohlenen Maßnahmen sollen dem Vorhaben auf der Grundlage des bisher Erreichten neuen Schwung geben, indem wirksamere Instrumente zu seiner Verwirklichung vorgesehen werden. Sie sollen Anregung sein für eine eingehende Diskussion zunächst in den europäischen Institutionen, aber auch unter sämtlichen Akteuren und Trägern der Forschung in Europa.

Im Hinblick darauf wurden diese in der Mitteilung vorgestellt, damit rechtzeitig vor dem Europäischen Rat vom Frühjahr 2003 erste Schlussfolgerungen zu dem Thema vorliegen.