52002DC0513

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Handel und entwicklung - Unterstützung der entwicklungsländer bei der nutzung der vorteile des handels /* KOM/2002/0513 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT - HANDEL UND ENTWICKLUNG - UNTERSTÜTZUNG DER ENTWICKLUNGSLÄNDER BEI DER NUTZUNG DER VORTEILE DES HANDELS

INHALTSVERZEICHNIS

TEIL I: HANDEL UND ENTWICKLUNG - HERAUSFORDERUNGEN UND CHANCEN

1. Handel, Wachstum und Armut

1.1. Stellung der Entwicklungsländer im Welthandel

1.2. Viele Entwicklungsländer bleiben zurück

1.3. Armut, Ungleichheit und Handel

1.4. Notwendigkeit eines effektiven Marktzugangs

1.5. Politische, strukturelle und institutionelle Sachzwänge

1.6. Regionale Integration als hilfreiche Strategie

2. Das multilaterale Handelssystem

2.1. Vorteile des regelgestützten multilateralen Handelssystems

2.2. Schwierigkeiten bei der Umsetzung der WTO-Übereinkommen

2.3. Einbeziehung von Entwicklungsfragen in den Handel: die Entwicklungsagenda von Doha (Doha Development Agenda - DDA)

TEIL II - UNTERSTÜTZUNG DER ENTWICKLUNGSLÄNDER BEI DER NUTZUNG DER VORTEILE EINES OFFENEN HANDELS

3. Einbeziehung des Handels in die Entwicklungsstrategien

3.1. Die Handelsreform im Rahmen der Armutsbekämpfungsstrategien

3.2. Komplementarität, Kohärenz und Koordinierung mit anderen Gebern

3.3. Unterstützung einer wirksamen Beteiligung am multilateralen Handelssystem

3.4. Sonstige handelsbezogene Entwicklungshilfe

4. Ein Aktionsprogramm zur Verbesserung der Erbringung der Hilfe

Anhang 1 - Überblick über die handelsbezogene Hilfe der EU 33

Anhang 2 - Integrierter Rahmen für die LDC 35

Liste der Abkürzungen

ADB // Afrikanische Entwicklungsbank (African Development Bank)

AKP // Afrika, karibischer Raum und Pazifischer Ozean

ALINVEST // Investitionsförderungsprogramm für Lateinamerika

ALA // Asien und Lateinamerika

APS // Allgemeines Präferenzsystem

ASEAN // Verband Südostasiatischer Nationen

DAC // Entwicklungshilfeausschuss der OECD (Development Assistance Committee)

DDA // Entwicklungsagenda von Doha (Doha Development Agenda)

DDA GTF // Allgemeiner Treuhandfonds der Entwicklungsagenda von Doha

DI // Ausländische Direktinvestitionen

Doha // 4. WTO-Ministerkonferenz vom November 2001 in Doha, Katar

DTIS // Diagnostic Trade Integration Study

EBA // Initiative "Alles außer Waffen" für die am wenigsten entwickelten Länder

EBAS // EU-AKP-Programm zur Unterstützung von Unternehmen (EU-ACP Business Assistance Scheme)

EDI // Elektronischer Datenaustausch (Electronic Data Interchange)

EEF // Europäischer Entwicklungsfonds

GATS // Allgemeines Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (General Agreement on Trade in Services)

GATT // Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (General Agreement on Tariffs and Trade)

IAWG // Organisationsübergreifende Arbeitsgruppe (Inter Agency Working Group)

IDB // Interamerikanische Entwicklungsbank (Inter-American Development Bank)

IF // Integrierter Rahmen für die am wenigsten entwickelten Länder (Integrated Framework for Least Developed Countries)

IFI // Internationale Finanzinstitutionen

IFSC // Lenkungsausschuss für den Integrierten Rahmen (Integrated Framework Steering Committee)

ILO // Internationale Arbeitsorganisation (International Labour Organisation)

IP // Geistiges Eigentum (Intellectual Property)

ITC // Internationales Handelszentrum (International Trade Centre)

IWF // Internationaler Währungsfonds

Johannesburg // Weltgipfel der Vereinten Nationen zur nachhaltigen Entwicklung vom September 2002 in Johannesburg

LDC // Am wenigsten entwickelte Länder (Least Developed Countries)

LSP // Länderstrategiepapier

MEA // Multilaterale Umweltübereinkommen (Multilateral Environmental Agreements)

MED // Mittelmeerraum (Mediterranean)

Monterrey // UN-Konferenz über die Entwicklungsfinanzierung (in Monterrey, Mexiko, März 2002)

NRP // Nationales Richtprogramm

OECD // Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Cooperation and Development)

PRO INVEST // Investitionsförderungsprogramm für AKP-Staaten

PRSP // Strategiepapier zur Armutsbekämpfung (Poverty Reduction Strategy Paper)

RRP // Regionales Richtprogramm

RSP // Regionales Strategiepapier

RTA // Regionales Handelsabkommen (Regional Trade Agreement)

SPS // Gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen (Sanitary and Phytosanitary)

SDT // Besondere und differenzierte Behandlung (Special and Differential Treatment)

TBT // Technische Handelshemmnisse (Technical Barriers to Trade)

TRA // Handelsbezogene Unterstützung (Trade Related Assistance)

TRIPS // Handelsbezogene Rechte an geistigem Eigentum (Trade Related Intellectual Property Rights)

TRTA/CB // Handelsbezogene technische Hilfe und Kapazitätsaufbau (Trade Related Technical Assistance and Capacity Building)

UN // Vereinte Nationen (United Nations)

UNCTAD // Handels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (United Nations Conference on Trade and Development)

UNDP // Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations Development Programme)

UNEP // Umweltprogramm der Vereinten Nationen (United Nations Environment Programme)

UR // Uruguay-Runde

WB // Weltbank

WHO // Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation)

WZO // Weltzollorganisation

WIPO // Weltorganisation für geistiges Eigentum (World Intellectual Property Organisation)

WPA // Wirtschaftspartnerschaftsabkommen

WSSD // Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung (Johannesburg, Sept. 2002)

WTO // Welthandelsorganisation (World Trade Organisation)

WTO TA Plan // WTO-Plan für technische Hilfe (World Trade Organisation Technical Assistance Plan)

Zusammenfassung

Anknüpfen an Doha, Monterrey und Johannesburg

Die Bedeutung der Zusammenhänge zwischen Entwicklung, Handel und Integration der Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft wird international immer mehr anerkannt. Im letzten Jahr befassten sich mit dieser Frage insbesondere drei große Konferenzen:

* Auf der vierten WTO-Ministerkonferenz, die im November 2001 in Doha stattfand, wurde die Entwicklungsagenda von Doha auf den Weg gebracht, ein neues Handelskonzept, in dessen Mittelpunkt der Entwicklungsaspekt steht und das gleichzeitig durch Maßnahmen für den Kapazitätsaufbau gefördert werden soll, um dazu beizutragen, dass alle Länder an diesen Verhandlungen effektiv teilnehmen können. Mit dem neuen Konzept soll die Entwicklung direkt gefördert werden, anstatt dass den Entwicklungsländern lediglich mehr Zeit für Anpassungsmaßnahmen und die Umsetzung der Übereinkommen zugestanden wird [1].

[1] Dieses Programm, die so genannte Entwicklungsagenda von Doha, umfasst mehrere Instrumente: eine Ministererklärung mit dem Verhandlungsmandat für verschiedene Bereiche sowie ein Arbeitsprogramm für die WTO-Mitglieder für andere Bereiche, einen Ministerbeschluss über Fragen und Anliegen im Zusammenhang mit der Umsetzung (der einige der Schwierigkeiten behandelt, welche die der WTO angehörenden Entwicklungsländer bei der Umsetzung bestimmter WTO-Übereinkommen hatten) und eine Ministererklärung über das TRIPs-Übereinkommen und öffentliche Gesundheit (die sich mit der Beziehung zwischen Rechten am geistigen Eigentum und Fragen der öffentlichen Gesundheit befasst).

* Auf der UN-Konferenz über Entwicklungsfinanzierung im März 2002 in Monterrey betonten die führenden Politiker der Welt, wie wichtig es für die Entwicklung ist, dass Unterstützung bei der Beseitigung von den Handel beeinträchtigenden Sachzwängen auf der Angebotsseite gewährt wird und eine effektive, gesicherte und vorhersehbare Finanzierung von handelsbezogener Hilfe und von Maßnahmen für den Kapazitätsaufbau gegeben ist.

* Auf dem jüngsten Weltgipfel über nachhaltige Entwicklung in Johannesburg erkannten die politischen Führer der Welt die Bedeutung des Handels für eine nachhaltige Entwicklung an. Sie betonten, dass über die bereits in Doha und in Monterrey unternommenen Anstrengungen zur Förderung eines nachhaltigen Handels hinaus noch weitere Bemühungen notwendig sind, und dass die handels-, entwicklungs- und umweltpolitischen Konzepte aufeinander abgestimmt sein müssen. Zu den wichtigsten Ergebnissen von Johannesburg gehören: die Erkenntnis, dass auf ein förderliches und offenes internationales Wirtschaftssystem hingewirkt werden muss, das zu Wirtschaftswachstum und nachhaltiger Entwicklung in allen Ländern führt und zur besseren Bewältigung der Umweltprobleme beiträgt, die Würdigung des potenziellen Beitrags regionaler Abkommen zur nachhaltigen Entwicklung, das Engagement für den Kapazitätsaufbau, um rohstoffabhängigen Ländern die Diversifizierung zu ermöglichen, die Förderung der Durchführung nationaler Nachhaltigkeitsprüfungen zur Ermittlung von Zusammenhängen zwischen Handel, Umwelt und Entwicklung und schließlich die Unterstützung von Initiativen zur Förderung des Handels mit umweltfreundlichen Waren und Dienstleistungen einschließlich ökologischer Erzeugnisse.

Nun gilt es, diese Zusagen in konkrete Maßnahmen umzusetzen.

Gegenstand dieser Mitteilung

Vor diesem Hintergrund soll in der vorliegenden Mitteilung aufgezeigt werden, wie die EU ihren internationalen Verpflichtungen zur Unterstützung der Entwicklungsländer bei der besseren Nutzung der Vorteile von Handel und Investitionen nachkommen kann. Diese Mitteilung hat somit Folgendes zum Gegenstand:

* Sie macht deutlich, dass der Handel das Wachstum fördern, die Armut mindern und ein wichtiger Katalysator für eine nachhaltige Entwicklung sein kann. Diejenigen Länder, denen durch Handel und Investitionen die Integration in die Weltwirtschaft gelungen ist, verzeichnen ein höheres Wirtschaftswachstum und in vielen Fällen bessere soziale Indikatoren. Daher erhob die EU im Jahr 2000 den Handel zu einem der sechs Schwerpunkte ihrer Entwicklungspolitik [2]. Jedoch reicht die Öffnung des Handels alleine zur Armutsbekämpfung nicht aus, und das Ausmaß, in dem der Handel zur Armutsminderung beiträgt, hängt auch von der Politik in anderen Bereichen ab. Die Reform des Handels muss Bestandteil einer breiter angelegten Armutsbekämpfungsstrategie des betreffenden Landes sein, die sowohl eine gezieltere Politik des betreffenden Landes als auch zusätzliche Unterstützung von außen voraussetzt.

[2] Mitteilung der Kommission ,Die Entwicklungspolitik der Europäischen Gemeinschaft", KOM (2000) 212 endg. vom 26. April 2000 und gemeinsame Erklärung des Rates und der Kommission über die Entwicklungspolitik der Europäischen Gemeinschaft vom 10. November 2000.

* Die wesentlichen Elemente werden genannt, mit denen ein besserer Beitrag des Handels zu Wirtschaftswachstum und nachhaltiger Entwicklung im Rahmen integrierter Handels- und Entwicklungsstrategien gewährleistet werden kann: (i) solide makroökonomische Politik, wirksame wirtschaftliche und soziale ,Governance" und Entwicklung des Humankapitals, einschließlich der Förderung der Einhaltung der grundlegenden Arbeitsnormen [3], (ii) besserer Marktzugang und ausgewogene Handelsregeln zur Unterstützung nationaler Reformen, (iii) handelsbezogene Hilfe und Kapazitätsaufbau zur Unterstützung der Entwicklungsländer bei der Bewältigung dieser Aufgaben.

[3] Mitteilung der Kommission ,Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen und sozialere Ausrichtung der Politik im Kontext der Globalisierung", KOM(2001) 416 endg. vom 18. Juli 2001.

* Es wird hervorgehoben, dass die multilateralen Handelsverhandlungen im Rahmen der Entwicklungsagenda von Doha sowie bestimmte bilaterale und regionale Initiativen und Maßnahmen zur Förderung der regionalen Integration unter den Entwicklungsländern der Verbesserung des Marktzugangs [4] und der Regeln dienen. Im Rahmen der Entwicklungsagenda von Doha wird sich die Kommission um Ergebnisse bemühen, die in beiderlei Hinsicht entwicklungsorientiert sind. Beispielsweise ist der Marktzugang - insbesondere für diejenigen Erzeugnisse, bei denen die Entwicklungsländer einen komparativen Vorteil aufweisen, wie bei Agrarerzeugnissen und arbeitsintensiven Industrieprodukten - von größter Bedeutung für die Unterstützung der armen Ländern bei der Nutzung ihres Handelspotenzials.

[4] ohne jedoch die Rolle zu unterschätzen, die die einseitigen Marktzugangszugeständnisse im Rahmen des APS und der Initiative ,Alles außer Waffen" für die am wenigsten entwickelten Länder gespielt haben und weiterhin spielen werden.

* Aufbauend auf der Mitteilung der Kommission vom April 2000 und der gemeinsamen Erklärung des Rates und der Kommission vom November 2000 über die Entwicklungspolitik der EU werden die Schwerpunkte ermittelt, auf welche die EU ihre Unterstützung beim Aufbau von Handelskapazitäten konzentrieren sollte: (i) Unterstützung beim WTO-Betritt und bei den multilateralen Handelsverhandlungen, (ii) Unterstützung bei der Umsetzung der bestehenden und der künftigen WTO-Übereinkommen, (iii) Förderung der Politikreformen und Investitionen, die erforderlich sind, um die wirtschaftliche Effizienz zu erhöhen und eine stärkere Beteiligung an der Weltwirtschaft zu gewährleisten, einschließlich technischer Hilfe im Bereich ,Handel und Umwelt" und Kapazitätsaufbau. Außerdem müssen die Handelskapazitäten durch andere handelsbezogene Entwicklungshilfe verbessert werden, u. a. durch die Förderung fundierter makroökonomischer, sektoraler und fiskalischer Konzepte zur Verbesserung des Investitionsklimas und durch Unterstützung der Entwicklung des Privatsektors; ferner ist der Aufbau regionaler Märkte und Institutionen der Entwicklungsländer zu fördern, insbesondere durch die Aushandlung, Umsetzung und Anwendung bilateraler und regionaler Abkommen mit der EU.

* Im Einklang mit der Mitteilung ,Auf dem Weg zu einer globalen Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung" [5] wird hervorgehoben, dass auf allen Ebenen Kohärenz und Synergieeffekte erzielt werden müssen.

[5] KOM(2002) 82 endg. vom 13.2.2002.

* Schließlich werden einige praktische, konkrete Initiativen zur Gewährleistung einer größeren Wirksamkeit der bestehenden und geplanten EU-Aktionen (der Kommission und/oder der Mitgliedstaaten) bzw. der EU-Vorschläge (für die gesamte internationale Gemeinschaft) angeregt.

Konkrete Vorschläge für Maßnahmen

Die Mitteilung enthält konkrete Vorschläge für Maßnahmen, die in drei Kategorien eingeteilt werden:

a) Intensivierung des Dialogs mit den Partnerländern

- größerer Nachdruck auf Handelsfragen, beispielsweise im Dialog über die Strategiepapiere zur Armutsbekämpfung (PRSP)

- Gewährleistung, dass die für diese neue Priorität - die handelsbezogene Hilfe - vorgesehenen Finanzmittel bei der Überprüfung der Länderstrategiepapiere und der Regionalen Strategiepapiere gegebenenfalls angepasst werden

b) Erhöhung der Wirksamkeit der von der EU geleisteten Unterstützung

- Stärkung der Handelskomponente bei der Programmierung der EU-Entwicklungshilfe unter maßgeblicher Mitwirkung der Task Force der Kommission für Handel und Entwicklung sein

- besondere Berücksichtigung der am wenigsten entwickelten Länder und anderer Länder mit niedrigem Einkommen

- Prüfung der Möglichkeiten für die Finanzierung horizontaler Initiativen zur handelsbezogenen Unterstützung, einschließlich bilateraler, regionaler und multilateraler Initiativen

- Verbesserung der Fähigkeit der EU, Schulungsprogramme für die Verhandlungsführer und Verwaltungskräfte zu konzipieren und durchzuführen und Errichtung von Netzen zwischen Hochschulen

- Erbringung von technischer Hilfe für Nachhaltigkeitsprüfungen

- verstärkte Bemühungen um den Ausbau der Kapazitäten der Entwicklungsländer im gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Bereich

c) Beitrag zu internationaler Wirksamkeit

- Sicherstellung der politischen Kohärenz bei der Erbringung der handelsbezogenen technischen Hilfe unter Berücksichtigung der in der Kommissionsmitteilung zur Entwicklung (2000) vereinbarten Grundsätze

- Überprüfung der bestehenden Mechanismen für die Koordinierung zwischen den EU-Mitgliedstaaten und Förderung bewährter Praktiken

- wirksamere Zusammenarbeit mit anderen internationalen Organisationen

- weiteres Eintreten für den Integrierten Rahmen für die am wenigsten entwickelten Länder und aktive Beteiligung an seinen Leitungsgremien

- Ermutigung regionaler Entwicklungsbanken zur Fortsetzung des Kapazitätsaufbaus

- Unterstützung des WTO-Sekretariats bei der Erbringung technischer Hilfe und weitere Beteiligung am Allgemeinen Treuhandfonds der Entwicklungsagenda von Doha

Außerdem wird in der Mitteilung eine grundsätzliche Überprüfung der handelsbezogenen Hilfe der EU bis Ende 2005 vorgeschlagen.

TEIL I: HANDEL UND ENTWICKLUNG - HERAUSFORDERUNGEN UND CHANCEN

1. Handel, Wachstum und Armut

1.1. Stellung der Entwicklungsländer im Welthandel

Die internationalen Handelsströme haben in den letzten drei Jahrzehnten massiv zugenommen. Ein wichtiger Faktor war in diesem Zeitraum die wachsende Beteiligung der Entwicklungsländer [6] am Welthandel: Zwischen 1970 und 1999 nahm ihr Anteil an den Warenausfuhren von weniger als einem Viertel auf fast ein Drittel zu. Außerdem änderte sich auch die Zusammensetzung der Ausfuhren (statt Rohstoffen mehr Industrieerzeugnisse), insbesondere seit Anfang der 80er Jahre. Der Anteil der gewerblichen Waren an den Ausfuhren der Entwicklungsländer, der in den 70er Jahren und Anfang der 80er Jahre meist bei 20 % lag, beträgt mittlerweile 70 %. Der Anteil landwirtschaftlicher Erzeugnisse fiel im selben Zeitraum von rund 20 % auf 10 % [7].

[6] Zur Gruppe der Entwicklungsländer gehören alle Länder und Gebiete, die vom OECD-Entwicklungshilfeausschuss (DAC) als Empfänger öffentlicher Entwicklungshilfe eingestuft werden: am wenigsten entwickelte Länder, sonstige Länder mit niedrigem Einkommen, Länder mit niedrigem bis mittlerem Einkommen, Länder mit mittlerem bis hohem Einkommen sowie Malta und Slowenien. Die Analyse trifft großteils zwar auch auf die Transformationsländer zu, der Schwerpunkt liegt aber auf den Entwicklungsländern.

[7] "Trade and Development Report, 2002", UNCTAD, Genf, 2002.

Der Handel zwischen den Entwicklungsländern und der EU spiegelt die zunehmende Integration dieser Länder in das Welthandelssystem wider. Nach Jahren der Flaute sind ihre Ausfuhren in die EU seit 1995 durchschnittlich um 15 % pro Jahr gestiegen, und ihre Handelsbilanz mit der EU weist seit 1999 einen Überschuss auf (Schaubild 1). Mittlerweile entfallen 42 % der gesamten EU-Einfuhren auf die Entwicklungsländer (432 Mrd. EUR im Jahr 2000).

Schaubild 1: Der Handel der EU mit den Entwicklungsländern 1995-2000 (in Mrd. EUR)

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Quelle: Europäische Kommission

1.2. Viele Entwicklungsländer bleiben zurück

Die insgesamt beeindruckenden Leistungen der Entwicklungsländer in den letzten drei Jahrzehnten (gestiegener Anteil am Welthandel und Umstellung auf Industrieerzeugnisse) kaschieren zwei wichtige Aspekte. Erstens handelt es sich bei den Ausfuhren der Entwicklungsländer - mit Ausnahme einiger weniger ostasiatischer Schwellenländer - immer noch hauptsächlich um eine begrenzte Palette von Erzeugnissen, die vor allem durch die Ausbeutung natürlicher Ressourcen gewonnen werden, und/oder um Erzeugnisse mit geringer Wertschöpfung, die in der Regel von ungelernten Arbeitskräften hergestellt werden. Derartige Tätigkeiten bieten kaum Aussichten auf Produktivitätssteigerungen. Auch wenn die Entwicklungsländer statistisch gesehen inzwischen deutlich mehr technologieintensive Waren exportieren, so beschränkt sich der Beitrag dieser Länder in der internationalen Produktionskette doch häufig auf die Stufe der Montage, die keine hohe Qualifikation erfordert. Der Großteil der Technologie und des Know-hows steckt bereits in den importierten Bauteilen und Komponenten. Den höheren Wertschöpfungsanteil erzielen dabei die Hersteller in den stärker industrialisierten Volkswirtschaften [8].

[8] "Trade and Development Report, 2002", UNCTAD, Genf, 2002.

Zweitens sind zahlreiche Länder an diesem Integrationsprozess nicht beteiligt, und ihr Anteil am Welthandel ging sogar zurück. So fiel der Exportanteil der 49 am wenigsten entwickelten Länder (LDC) von 3 % in den 50er Jahren auf rund 0,5 % Anfang der 80er Jahre. Diese Quote blieb in den letzten beiden Jahrzehnten weiterhin sehr niedrig [9].

[9] "Duty and Quota-Free Market Access for LDCs: An Analysis of QUAD Initiatives", UNCTAD, Genf, 2001.

Nationale wie auch internationale Faktoren erklären, warum diese Länder so weit zurückliegen. Zu den Ursachen auf nationaler Ebene zählen ungeeignete Politikkonzepte, die in- und ausländische Investitionen und privates Unternehmertum nicht fördern, ein geringes Bildungsniveau, Korruption, hohe Transportkosten, unzulängliche Infrastrukturen und Dienstleistungen sowie zum Teil zivile Unruhen und Konflikte. Auf internationaler Ebene sind die wesentlichen Probleme die Abhängigkeit von wenigen Rohstoffen, für die sich die Terms of Trade verschlechtern, stark schwankende Weltmarktpreise, ein starker Wettbewerb zwischen den Erzeugern und ein geringer Wettbewerb zwischen den Käufern, relativ hohe Handelsschranken in der ganzen Welt, insbesondere für landwirtschaftliche und arbeitsintensive Erzeugnisse, sowie anhaltende Schwierigkeiten bei der Nutzung der von den OECD-Ländern gewährten Handelspräferenzen. Darüber hinaus befinden sich zahlreiche kleinere Volkswirtschaften bei ihren Bemühungen, geeignete Investitionen ins Land zu holen, angesichts des verstärkten Wettbewerbs um ausländische Direktinvestitionen in einer schwachen Ausgangsposition [10].

[10] Der UNCTAD zufolge ging der Anteil an den ausländischen Direktinvestitionen, der auf die Entwicklungsländer entfiel, 1999 - im zweiten Jahr in Folge - zurück und erreichte 19 % gegenüber einem Spitzenwert von 41 %, der 1994 erzielt worden war. Außerdem gingen die DI-Ströme aus der EU und den USA 2001 schätzungsweise um 37 % bzw. 42 % zurück. Eine baldige Umkehr dieses Trends erscheint unwahrscheinlich.

1.3. Armut, Ungleichheit und Handel

Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von Studien und Erfahrungswerten, welche die Auswirkungen einer größeren Beteiligung an Welthandel und Investitionen zeigen und aus denen sich im Wesentlichen zwei Schlussfolgerungen ableiten lassen. Erstens weisen diejenigen Länder, die am Welthandel und der internationalen Investitionstätigkeit stärker teilhaben, in der Regel höhere Wachstumsraten auf [11]. Zweitens muss der Handel, wenn er nachhaltig zur Armutsminderung beitragen soll, Bestandteil einer breit angelegten landeseigenen Strategie sein, die auch der Entwicklung des Humankapitals viel Raum gibt und der Situation benachteiligter Bevölkerungsgruppen einschließlich der Frauen Rechnung trägt.

[11] "Globalization, Growth and Poverty", World Bank, 2002, Washington, DC, und, "Trade, Growth and Poverty", Dollar and Kraay, mimeo, 2001.

Eine stärkere Öffnung des Handels wird allgemein mit einem höheren Wirtschaftswachstum in Verbindung gebracht, auch wenn die Fragen, was Ursache und was Folge ist und wie viel ,Offenheit" gebraucht wird, nach wie vor strittig sind. Mit relativ großer Sicherheit lässt sich jedoch sagen, dass sich in den vergangenen Jahren ,kein Land erfolgreich entwickelt hat, indem es dem internationalen Handel und langfristigen Kapitalströmen den Rücken gekehrt hat" [12].

[12] "Trade Policy Reform as Institutional Reform", Dani Rodrik in "Development, Trade and the WTO-a Handbook", The World Bank, Washington, DC, 2002.

Die schrittweise Beseitigung der Handelsschranken in Kombination mit internen Reformen - die auf eine solide Wirtschaftspolitik, funktionierende Institutionen und wirksame Vorschriften abzielen - und mit Investitionen in die Infrastruktur und das Humankapital bringt das betreffende Land in der Regel in eine Aufwärtsspirale von Öffnung, größerer Wettbewerbsfähigkeit und stärkerem, meist zunehmend endogenem Wachstum (selbst wenn es ursprünglich exportorientiert war).

Diejenigen Länder, denen es gelungen ist, die Ausweitung ihres Handels mit mehr Wachstum und menschlicher Entwicklung zu verbinden, weisen in der Regel verschiedene Gemeinsamkeiten auf. Sie haben ihre Wirtschaft im Rahmen einer breiter angelegten Entwicklungsstrategie schrittweise geöffnet. Dabei ging es ihnen vor allem um zweierlei: die Verbesserung des Investitionsklimas für den Privatsektor zur Schaffung von Arbeitsplätzen und Stärkung der Handlungsmöglichkeiten der Armen, insbesondere durch eine bessere Bildung. Dies macht deutlich, dass die institutionellen und allgemeinen Rahmenbedingungen für die Handelsliberalisierung der entscheidende Faktor für die Auswirkungen der Handelsreformen auf die Wirtschaftsleistung sind. [13]

[13] Dani Rodrik und andere sind sogar der Auffassung, dass die institutionellen Rahmenbedingungen für die Handelspolitik für die Wirtschaftsleistung wichtiger sind als das Ausmaß der Handelsbeschränkungen selbst. Siehe z. B. "Institutions for High Quality Growth-What They Are and How to Acquire Them", Dani Rodrik, Studies in Comparative International Development, 2000.

Was den Zusammenhang zwischen Handel und Ungleichheit betrifft, so haben Untersuchungen ergeben, dass im Durchschnitt das vom Handel ausgelöste Wachstum den Armen relativ gesehen im gleichen Maße zugute kommt wie dem Rest der Bevölkerung [14]. Da mit Handelsschranken außerdem in vielen Ländern eine kleine privilegierte Gruppe geschützt werden soll, bedeutet die Handelsliberalisierung häufig eine Schmälerung der Monopolgewinne und der Vorteile aus Beziehungen zu Regierenden und Verwaltung [15]. Die meisten Studien kommen zu dem Ergebnis, dass der Handel keine größeren Auswirkungen auf die soziale und wirtschaftliche Ungleichheit hat, die vor allem von der internen Politik des betreffenden Landes abhängt, auf die der Handel wenig Einfluss hat [16].

[14] Dollar and Kraay, 2001.

[15] "Trade, Growth and Poverty-a Selective Survey", A. Krueger and Berg, 2002. Weitere Studien zu diesem Thema: "Trade and Poverty-Is There a Connection?" A. Winters; "Trade, Growth and Disparity Among Nations", D. Ben-David in Special Studies, WTO, 1999; und "Trade Liberalization and Poverty: a Handbook", CEPR.

[16] Siehe z. B. die Dokumente der Konferenz über Globalisierung, Wachstum und (Un)gleichheit, 15.-17. März 2001, Warwick, UK: http://www.warwick.ac.uk/fac/soc/CSGR/Conf-papers.html

Es lässt sich jedoch nicht vermeiden, dass die Öffnung des Handels eine Umstrukturierung der Wirtschaft nach sich zieht. Dies kann für einige Bevölkerungsgruppen mit negativen Folgen verbunden sein, insbesondere wenn dem verstärkten Wettbewerbsdruck aus dem Ausland mit der Einführung neuer Technologien begegnet wird, die höhere Qualifikationen voraussetzen. Im Rahmen der handelspolitischen Reformen, insbesondere was die Abfolge und das Tempo der Reformen und der Begleitmaßnahmen betrifft, müssen daher die etwaigen negativen Auswirkungen der Handelsöffnung abgefedert werden können. Wenn der Handel einer nachhaltigen Entwicklung zuträglich sein soll, ist insbesondere zu gewährleisten, dass eine Zunahme von Handel und Wirtschaftswachstum nicht zur Übernutzung der natürlichen Ressourcen führt. Ansonsten ist es wahrscheinlich, dass kurzfristige wirtschaftliche Gewinne durch die mittel- oder langfristigen - auch wirtschaftlichen - Kosten der ökologischen und gesundheitlichen Folgen zunichte gemacht werden.

Wie die obige kurze Analyse zeigt, müssen die handelspolitischen Reformen Teil einer breiter angelegten Strategie für eine nachhaltige Entwicklung sein, damit der Handel zur Bekämpfung von Armut und Ungleichheit beiträgt und die stärkere Integration in die Weltwirtschaft einen möglichst großen Nutzen bringt. Die Strategie sollte unter anderem auf Folgendes abzielen: eine solide Wirtschaftspolitik, ein besseres Bildungs- und Gesundheitswesen, angemessene soziale Sicherheitsnetze, die Einhaltung der grundlegenden Arbeitsnormen, eine bessere Infrastruktur, einen besseren Marktzugang, insbesondere für die Bevölkerung in ländlichen Gebieten, die effektive Anwendung von Regeln, die das ordnungsgemäße Funktionieren der Märkte gewährleisten und wirtschaftliche Vormachtstellungen und Korruption verhindern, sowie geeignete Umweltschutzgesetze.

Für die Umsetzung derart breit angelegter Strategien, die darauf abzielen, die Früchte der Globalisierung zu ernten und gerecht zu verteilen, benötigen die Länder finanzielle Unterstützung von außen, in deren Mittelpunkt Reformen, Kapazitätsaufbau und Infrastrukturen stehen. Eine entscheidende Rolle spielen in dieser Hinsicht die Bretton-Woods-Institutionen, deren Einfluss besonders groß ist. Daher ist es für die EU wichtig, dass sie sich mit den Bretton-Woods-Institutionen gut abstimmt, aber auch dass diese bei ihrer Darlehenspolitik - dank einer verstärkten Koordinierung zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten - die Prioritäten berücksichtigen, die zwischen der EU und den Empfängerländern in den Länderstrategiepapieren vereinbart wurden.

1.4. Notwendigkeit eines effektiven Marktzugangs

Seit der Uruguay-Runde multilateraler Handelsverhandlungen wurden Handelshindernisse sowohl in den Industrie- als auch in den Entwicklungsländern im großen Stile abgebaut. Ferner wurden in der Uruguay-Runde multilaterale Disziplinen auf zuvor nicht erfasste Bereiche ausgedehnt, z. B. Standards für Rechte am geistigen Eigentum, strengere Disziplin bei der Agrarstützung, Abschaffung von freiwilligen Ausfuhrbeschränkungen und schrittweise Liberalisierung des Handels mit Textilwaren und Bekleidung. Was den Marktzugang angeht, so wurden die durchschnittlichen Zollsätze weltweit deutlich gesenkt.

Jedoch unterliegen die Ausfuhren der Entwicklungsländer sowohl in Industrie- als auch in andere Entwicklungsländer nach wie vor erheblichen Beschränkungen. Da die meisten Armen in der Welt vorwiegend in der Landwirtschaft und in arbeitsintensiven Industriezweigen beschäftigt sind [17], ist eine weitere Liberalisierung des internationalen Handels in diesen Sektoren für die Armutsminderung von zentraler Bedeutung. In den Ländern mit hohem Einkommen ist der durchschnittliche Zollsatz für landwirtschaftliche Erzeugnisse immer noch fast doppelt so hoch wie für gewerbliche Waren [18]. Aber auch die Einfuhrzollsätze der Entwicklungsländer sind trotz bedeutender Fortschritte seit den 80er Jahren noch fast doppelt so hoch wie in den Industrieländern. Da ein wachsender Anteil des Welthandels auf den Handel zwischen Entwicklungsländern entfällt, sind durch den schrittweisen Abbau von Handelsschranken in diesen Ländern im Zuge der Steigerung ihrer Wettbewerbsvorteile beträchtliche Wohlstandsgewinne möglich.

[17] 63 % der weltweiten Armut - und in Afrika südlich der Sahara sogar zwischen 65 % und 90 % - betreffen den ländlichen Raum.

[18] "Global Economic Prospects 2002", World Bank, Washington DC, 2002.

Von Spitzenzöllen und der Zolleskalation sind die Entwicklungsländer besonders betroffen, selbst wenn ihnen präferenzieller Marktzugang geboten wird. Trotz der seit der Uruguay-Runde erzielten Fortschritte wird die Landwirtschaft in den Industrieländern nach wie vor stark subventioniert, was häufig zu Handelsverzerrungen führt und für die Entwicklungsländer mit Nachteilen verbunden sein kann [19]. Darüber hinaus werden die nichttarifären Handelshemmnisse, wie Gesundheits- und Pflanzenschutznormen, immer komplexer und schränken mitunter das Exportpotenzial armer Länder ein [20]. Die Einhaltung der Veterinär- und Pflanzenschutzvorschriften, die für die Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln in die EU gelten, bereitet den Entwicklungsländern häufig Schwierigkeiten. Die Kontrolle von Rückständen und Krankheitserregern, die in der EU verboten bzw. Beschränkungen unterworfen sind, gehört beispielsweise zu den Bereichen, in denen es besonders oft zu Problemen kommt, welche wiederum angespannte Handelsbeziehungen und auch eine Beeinträchtigung der Ausfuhr- und Entwicklungsmöglichkeiten der betreffenden Ländern nach sich ziehen können. Daher müssen Investitionen in diese Länder fließen, damit ihre ordnungspolitische, wissenschaftliche und technische Infrastruktur auf das erforderliche Niveau gebracht und die jeweiligen EU-Anforderungen erfuellt werden können. Aus diesem Grund ist bei der handels- und entwicklungsbezogenen Hilfe der EU besonderes Augenmerk auf Lösungen für gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Probleme zu richten.

[19] Die gesamte Agrarstützung (im Sinne der OECD-Definition) belief sich 2000 auf schätzungsweise 327 Mrd. USD ("Global Economic Prospects 2002", World Bank, 2002).

[20] Otsuki, T et al (2001) Saving two in a billion: a case study to quantify the trade effect of European food safety standards on African exports, World Bank.

Auf Antidumpingmaßnahmen wird in Industrie- wie auch in Entwicklungsländern ebenfalls immer öfter zurückgegriffen [21]. 2001 verpflichtete sich die EU auf der 3. Konferenz über die am wenigsten entwickelten Länder (LDC) in Brüssel, keine Antidumpingmaßnahmen gegen diese Länder einzuleiten.

[21] Selbst wenn Antidumpinguntersuchungen nicht immer konkrete Antidumpingmaßnahmen nach sich ziehen, so werden die Einführer doch allein durch die Einleitung der Untersuchungen verunsichert und zur Suche nach anderen Lieferanten veranlasst. Die Gemeinschaft wendet im Agrarsektor keine Antidumpingmaßnahmen an und hat bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen auch nie auf die allgemeine Schutzklausel zurückgegriffen.

Das Allgemeine Präferenzschema (APS) der EU, das 1971 eingeführt wurde, ist ein wichtiges Instrument der EU für die Förderung von Ausfuhren der Entwicklungsländer. 1995 wurden die mengenmäßigen Beschränkungen aufgehoben, und im Dezember 2001 wurde das gesamte Schema einfacher und effizienter gestaltet [22]. Eine weitere Initiative der EU zur Unterstützung der Entwicklungsländer bei der Nutzung der Vorteile des Handels ist das Sustainable Trade and Innovation Centre. Allerdings wurden die Zugeständnisse, die den am wenigsten entwickelten Ländern im Rahmen des APS, einschließlich der Initiative ,Alles außer Waffen", gemacht wurden, nicht immer in vollem Umfang genutzt. Durch eine bessere und weitgehendere Nutzung der Vergünstigungen, die das APS und die Initiative bieten, kann der effektive Marktzugang der Entwicklungsländer erheblich ausgebaut werden.

[22] Verordnung (EG) Nr. 2501/2001 des Rates vom 10 Dezember 2001.

1.5. Politische, strukturelle und institutionelle Sachzwänge

Ein besserer Marktzugang alleine und zusätzliche handelsbezogene Hilfe führen nicht automatisch zu einer Expansion des Handels, Wachstum und Armutsminderung in den Entwicklungsländern, vor allem nicht in den ärmsten unter ihnen. Der Marktzugang muss zweifellos wirksamer gestaltet werden, um den Ausführern bei der Einhaltung der geltenden Bestimmungen und der Nutzung von Zugeständnissen beim Marktzugang zu helfen. Sachzwänge auf der Angebotsseite stehen einer Ausweitung des Handels häufig im Wege. Eine wichtige Rolle spielen in diesem Zusammenhang eine ungeeignete makroökonomische Politik und Steuerpolitik, ein schwacher Rechtsrahmen und dessen unzureichende Umsetzung, Abhängigkeit von der Ausfuhr einiger weniger Erzeugnisse mit geringer Wertschöpfung, hohe Transportkosten, unzuverlässige Versorgungsunternehmen, schlechte Telekommunikations- und ineffiziente Finanzdienste.

Zur Beseitigung dieser Sachzwänge müssen die Leistungsfähigkeit der Institutionen gestärkt (einschließlich der Förderung des sozialen Dialogs), neue Rechtsvorschriften ausgearbeitet und umfangreiche Investitionen getätigt werden. Investiert werden kann beispielsweise in Labors zur Überwachung der Einhaltung der Gesundheits- und Pflanzenschutznormen, Kontrolleinrichtungen, Normungs- und Anmeldestellen, Lagerinfrastrukturen, die Stärkung der wissenschaftlichen und technologischen Kapazitäten durch geeignete Forschungsprogramme sowie die Unterstützung bei der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften und Konzepten für einen wirksamen Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologien. Die unternehmensnahen Dienstleistungen in den Bereichen Zahlungsverkehr, Versicherungen und Transport müssen ebenfalls verbessert werden. All dies erfordert umfangreiche Ressourcen und eine gute Vorausplanung. Daher müssen die Anstrengungen der Entwicklungsländer zur Reform und zum Ausbau ihrer Handelskapazität in Ergänzung zu den Möglichkeiten, die ein besserer Marktzugang bietet, durch zusätzliche externe Hilfe aus den Industrieländern flankiert werden. Im Einklang mit den Zusagen von Johannesburg muss die EU schwache Länder beim Ausbau ihrer Kapazitäten zur Nutzung des Handelspotenzials unterstützen, insbesondere in Sektoren, in denen sie komparative Vorteile und ein Potenzial für die sogenannten ,win-win"-Möglichkeiten aufweisen, z. B. bei umweltfreundlichen Produkten und ökologischen Lebensmitteln. Zur Bewältigung der Rohstoffabhängigkeit haben sich die EU und andere Teilnehmer auf dem Weltgipfel verpflichtet, die Diversifizierungsmöglichkeiten dieser Länder zu verbessern, u. a. durch finanzielle und technische Hilfe und internationale Anstrengungen, um das Problem der Instabilität der Rohstoffpreise und der Verschlechterung der Terms of Trade anzugehen. Die Kommission wird prüfen, wie diese Ziele erreicht werden können.

1.6. Regionale Integration als hilfreiche Strategie

Regionale Handelsabkommen zwischen Entwicklungsländern oder zwischen Industrie- und Entwicklungsländern können zur Integration der Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft beitragen und das multilaterale Handelssystem stärken, sofern sie nach außen orientiert sind und einen Abbau externer Handelsschranken bewirken. Die Süd-Süd-Integration kann die Effizienz steigern, den Wettbewerb zwischen Entwicklungsländern der gleichen Entwicklungsstufe erhöhen, Skaleneffekte ermöglichen, Anreize für ausländische Direktinvestitionen schaffen und eine stärkere Verhandlungsposition verleihen. Nicht zuletzt kann die regionale Integration auch zur Konsolidierung von Frieden und Sicherheit beitragen. Auf dem Weltgipfel in Johannesburg wurde die Bedeutung der regionalen Integration für die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung bekräftigt.

Die regionale Integration kann noch mehr bewirken, wenn die Zusammenarbeit über bloße Maßnahmen zum Außenschutz hinausgeht und eine tiefgreifendere Integration anstrebt. Dazu gehört, dass die einzelnen Länder ihre jeweilige Politik abstimmen, z. B. in den Bereichen Investitionen oder Wettbewerb, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen miteinander in Einklang gebracht werden und/oder harmonisierte oder gemeinsame Normen angenommen werden, gegebenenfalls auch im Umweltbereich, dass regionale Finanzdienstleistungen entwickelt werden und Infrastrukturen wie regionale Telekommunikations-, Energie- und Verkehrsnetze miteinander koordiniert werden. Die regionale Dimension kann einen Anreiz für die Aufstellung fundierter Konzepte und die Schaffung von Institutionen bieten (z. B. in den Bereichen makroökonomische Stabilisierung, soziale Sicherheit und Konfliktbeilegung), die auf nationaler Ebene kaum oder gar nicht realisierbar wären. Ferner können durch den Institutionen- und Kapazitätsaufbau auf regionaler Ebene mitunter Ressourcen eingespart werden. Dies gilt für viele handelsbezogene Bereiche wie Normen, den Schutz des geistigen Eigentums und die gesamte Palette der Maßnahmen zur Erleichterung des Handels einschließlich der Zollverfahren.

Neben der stärkeren Integration der Entwicklungsländer in das multilaterale Handelssystem befürwortet und fördert die EU seit langem die Süd-Süd-Integration als Bestandteil einer Entwicklungsstrategie zur Bewältigung der Probleme kleinerer und schwächerer Volkswirtschaften. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass die positiven Auswirkungen der Integration nur dann zum Tragen kommen, wenn der allgemeine politische Rahmen, die Regierungsführung und die Sicherheitslage einer solchen Integration förderlich sind (wie dies für die Handelsreform generell gilt). Wegen diesbezüglicher Einschränkungen bleiben viele der bisherigen Initiativen noch hinter den Erwartungen zurück.

Die EU hat im Laufe der Zeit immer mehr regionale Handelsabkommen mit Entwicklungsländern geschlossen: mit fast allen Ländern des südlichen Mittelmeerraums und mit Südafrika, Mexiko und Chile. Die Herstellung von Handelsbeziehungen zwischen Entwicklungsländern und großen Industrieländern oder Handelsblöcken ist in vielerlei Hinsicht vorteilhaft. Eine derartige Nord-Süd-Integration bringt u. a. folgenden Nutzen: Konsolidierung von Reformen, stabiler Zugang zu großen Märkten, bessere Regierungsführung, Erleichterung der Investitionsströme aus dem Ausland und Technologietransfer. Die wichtigste handelspolitische Priorität der EU ist zwar nach wie vor die Liberalisierung des multilateralen Handels und die Festlegung von Regeln innerhalb des WTO-Systems, doch kann dies mit bilateralen und regionalen Übereinkünften verknüpft werden, um sowohl die Ziele der Handelsöffnung als auch die Entwicklungsziele besser verwirklichen zu können. Damit eine derartige Verknüpfung gelingt, müssen unter anderem folgende Voraussetzungen erfuellt sein: vollständige Vereinbarkeit mit den multilateralen Regeln, ausreichende Flexibilität bei Konzipierung und Umsetzung je nach Entwicklungsstand der Vertragsparteien, hohes Maß an rechtlicher Konvergenz unter gebührender Berücksichtigung der legitimen Ziele und der spezifischen Situation der Länder, Festlegung von Regeln, die über die multilateralen Grundregeln hinausgehen sowie zumeist eine effektive regionale Integration unter den EU-Partnern selbst.

Die Nord-Süd- und die Süd-Süd-Integration können sich gegenseitig verstärken. Ein besserer Zugang zu einem industrialisierten Markt kann ein Anreiz für die Entwicklungsländer sein, sich nicht mehr einer gegenseitigen Öffnung ihrer eigenen Märkte zu widersetzen. Gleichzeitig werden dadurch Investitionen angezogen, was wiederum ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken kann. Überdies werden die Entwicklungsländer durch die effektive Integration ihrer Volkswirtschaften für die Industrieländer zu einem glaubwürdigeren Partner.

Daher fördert die EU in ihren Initiativen für den Abschluss regionaler Handelsabkommen - mit Mittelmeerländern, dem Mercosur und dem Golf-Kooperationsrat sowie im Rahmen des Abkommens von Cotonou (künftige Wirtschaftspartnerschaftsabkommen) - einen ,Süd-Süd-Nord-Ansatz", bei dem die Vorteile der Nord-Süd-Integration mit den positiven Aspekten der Süd-Süd-Integration kombiniert werden sollen. Bei diesem Ansatz wird auch der ,Hub-and-Spoke"-Effekt reduziert, zu dem es kommt, wenn ein großer Handelsblock mit zahlreichen Ländern separate Abkommen schließt. Um erfolgreich zu sein, muss dieser Ansatz jedoch mit viel Ehrgeiz verfolgt werden, insbesondere wenn er über den herkömmlichen Freihandel hinausgehen soll.

2. Das multilaterale Handelssystem

2.1. Vorteile des regelgestützten multilateralen Handelssystems

Die Existenz eines auf Regeln gestützten multilateralen Handelssystems ist wichtig für die Fähigkeit der Entwicklungsländer zur Teilnahme am Welthandel. In der WTO kann die Handelsliberalisierung auf die Bedürfnisse und Kapazitäten ihrer Mitglieder zugeschnitten werden, indem in den Verhandlungen ein insgesamt ausgewogenes Verhältnis zwischen Rechten und Pflichten angestrebt wird. Dieses stützt sich auf verbindliche Regeln, die Transparenz und Nichtdiskriminierung gewährleisten. Mit dem regelgestützten System der WTO tritt Rechtsverbindlichkeit an die Stelle des ,Gesetzes des Dschungels". Dabei dürften die Grundsätze der Transparenz und der Nichtdiskriminierung den kleineren Ländern und Entwicklungsländern besonders nutzen, die in der Vergangenheit häufig unter einseitigen Maßnahmen größerer Handelspartner zu leiden hatten. Die verbindlichen Regeln bieten Schutz vor Druck durch in- und ausländische Interessengruppen oder Unternehmen, die auf Monopolgewinne aus sind, und verschaffen internationale Glaubwürdigkeit, so dass positive Reformen im Land besser konsolidiert werden können.

Die Hauptvorteile der WTO-Mitgliedschaft für die Entwicklungsländer besteht darin, dass die multilateralen Regeln eine verantwortungsvolle Staatsführung im Land unterstützen und stärken, dass günstige rechtliche und institutionelle Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die Handelskapazitäten der Mitgliedsländer und deren Attraktivität für Investitionen zu erhöhen, dass der Zugang zu den großen Ausfuhrmärkten verbessert und gesichert wird und dass auf den Streitbeilegungsmechanismus zurückgegriffen werden kann. Außerdem gewährleistet die WTO-Mitgliedschaft eine glaubwürdige Handelspolitik des betreffenden Landes und stellt einen Anreiz für die Verbesserung der rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für Privatinvestitionen dar.

Ohne ins Detail gehen oder erschöpfend sein zu wollen, sollen die Vorteile der Umsetzung von WTO-Verpflichtungen hier an einigen Beispiele erläutert werden:

- Die Einhaltung der Übereinkommen über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen und über technische Handelshemmnisse kann dazu beitragen, dass die Entwicklungsländer effektiven Zugang zu den Märkten der Länder mit hohen Standards in Bereichen wie Schutz der menschlichen Gesundheit, Sicherheit, Umwelt usw. erhalten und ihre eigenen Standards verbessern können.

- Die bessere Umsetzung der Übereinkommen über den Zollwert, Einfuhrlizenzverfahren, Vorversandkontrollen und Ursprungsregeln macht die Zollerhebung effizienter, erleichtert den Handel, erhöht die Transparenz und reduziert das Korruptionsrisiko.

- Die Einhaltung des TRIPs-Übereinkommens, das vielen Entwicklungsländern wegen seiner Komplexität technische Schwierigkeiten bereitet, wird langfristig Auslandsinvestitionen anziehen und den Technologietransfer gewährleisten und so die industrielle und technische Entwicklung im Land fördern.

- Das Allgemeine Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) bietet bedeutende Möglichkeiten, langfristige Investitionen ins Land zu holen und die diesbezügliche Infrastruktur (Verkehr, Telekommunikation, Finanzdienstleistungen, Tourismus, Umweltdienste) zu verbessern, womit ein nachhaltiges Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Wirtschaft gefördert werden. Die allgemeine Flexibilität des GATS-Mechanismus (,Bottom-up"-Ansatz für die Liberalisierung) ist besonders auf die Bedürfnisse der Entwicklungsländer zugeschnitten. Sie haben von dieser Flexibilität in hohem Maße Gebrauch gemacht und weniger Sektoren geöffnet und weniger Transaktionen liberalisiert als die Industrieländer. Die gegenwärtige Verhandlungsrunde ist eine Gelegenheit für die am wenigsten entwickelten Länder, im Einklang mit dem Grundsatz der schrittweisen Liberalisierung, auf den sich das GATS stützt, Verpflichtungen in weiteren Sektoren, insbesondere im Zusammenhang mit dem Aufbau von Infrastrukturen, zu übernehmen.

2.2. Schwierigkeiten bei der Umsetzung der WTO-Übereinkommen

Durch die Erweiterung des WTO-Anwendungsbereichs infolge der Uruguay-Runde wurde das regelgestützte WTO-System noch komplexer, und die Mitglieder müssen ihre institutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen entsprechend anpassen. Diese Rahmenbedingungen sind häufig die gleichen, wie sie für eine wirksame und ausgewogene Verwaltung der heimischen Wirtschaft benötigt werden, doch mit ihrer Verbesserung (oder gar mit ihrem Aufbau) sind die meisten Entwicklungsländer nach wie vor überfordert.

Umsetzung

Es überrascht nicht, dass die Umsetzung und Anwendung der WTO-Übereinkommen die Entwicklungsländer vor eine große Herausforderung stellt. Während es der Mehrzahl von ihnen gelungen ist, diese Herausforderung zu bewältigen, hatten andere - insbesondere viele der am wenigsten entwickelten Länder und der WTO-Mitglieder in Subsahara-Afrika - in bestimmten Bereichen Schwierigkeiten. Hinzu kam, dass sie nicht in der Lage waren, den vollen Nutzen aus dem regelgestützten multilateralen Handelssystem zu ziehen. Die Probleme vieler Entwicklungsländer bei der Nutzung der neuen Handelsmöglichkeiten beruhen auf politischem Versagen, mangelnder Wettbewerbsfähigkeit, schlechter Infrastruktur oder sonstigen Schwächen, aber einige Entwicklungsländer haben auch festgestellt, dass wichtige Ausfuhrsektoren bei weitem nicht vollständig liberalisiert wurden bzw. dass diese Liberalisierung zu langsam vonstatten geht.

Die WTO-Disziplinen sind für die Entwicklungs- und die Industrieländer gleichermaßen mit bedeutenden Verpflichtungen verbunden. Diese beziehen sich zum einen auf die Reform ihrer Handelspolitik und ihrer Handelspraktiken (z. B. größere Transparenz der handelspolitischen Maßnahmen, Einführung von Disziplinen für Subventionen, Verbesserung der Einfuhrlizenzverfahren, Reform der Zollwertermittlung und der handelspolitischen Schutzinstrumente), zum anderen handelt es sich um Verpflichtungen mit tatsächlichen oder potenziellen Auswirkungen auf die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Land (insbesondere Einführung von technischen Standards, Gesundheits- und Pflanzenschutznormen und Gesetzen zum Schutz des geistigen Eigentums). Die WTO-Übereinkommen, die diese Bereiche abdecken, enthalten häufig die Verpflichtung, die Entwicklungsländer bei der Verbesserung ihrer ordnungspolitischen, administrativen und institutionellen Kapazitäten zu unterstützen.

WTO-Beitritte

27 Länder - davon etwa die Hälfte Entwicklungsländer (z. B. Kambodscha, Vietnam, Samoa, Tonga, Sudan, Kap Verde, Seychellen und Jemen) - durchlaufen derzeit den schwierigen und langwierigen Vorbereitungsprozess für den Beitritt zur WTO. Die Bewerberländer stehen nicht nur vor der Herausforderung, ihre Außenhandelsgesetze und -vorschriften zu ändern, sondern sie müssen auch den Handel als übergreifenden Aspekt in ihrer nationalen Wirtschafts- und Entwicklungspolitik berücksichtigen. Außerdem müssen sie vielfach ihre Infrastruktur verbessern, was Institutionen, Justiz und Verwaltung betrifft.

Die führenden Politiker der Welt sagten in Johannesburg ihre Unterstützung für diesen Beitrittsprozess zu. Daher gewährt die EU bereits Hilfe für beitrittswillige Länder, von denen viele zu den am wenigsten entwickelten Ländern gehören. Die EU unterstützt in der WTO auch nachdrücklich die Suche nach Wegen, wie der Beitrittsprozess für die LDC im Einklang mit den Zusagen der Dritten UN-Konferenz über die am wenigsten entwickelten Länder (LDC III), die im Mai 2001 in Brüssel stattfand, effizienter und einfacher gestaltet werden kann.

2.3. Einbeziehung von Entwicklungsfragen in den Handel: die Entwicklungsagenda von Doha (Doha Development Agenda - DDA)

Bereits im Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) wurde anerkannt, dass die Handelsregeln an die besondere Situation der Entwicklungsländer angepasst werden müssen, was zur Einführung von Teil IV des GATT führte. Mit dem Übereinkommen von Marrakesch zur Errichtung der WTO wurde diese Anerkennung und die Verpflichtung zur besonderen und differenzierten Behandlung in die WTO übernommen. Die Entwicklungsagenda von Doha ist allerdings der bisher ehrgeizigste Versuch, die Frage der Entwicklung in den Mittelpunkt des multilateralen Handelssystems zu rücken. Sie will erreichen, dass sich die WTO von dem System löst, in dem die Handelsregeln das bestmögliche Ergebnis des Verhandlungsprozesses waren und den Entwicklungsländern durch vorübergehende Ausnahmen und Befreiungen lediglich mehr Zeit zur Anpassung eingeräumt wurde. Statt dessen sieht das neue in der Ministererklärung von Doha vereinbarte Konzept vor, dass die Verhandlungsführer Regeln festlegen, die der Entwicklung förderlich sind, und Mechanismen entwickeln, die den Entwicklungsländern ermöglichen, diese Regeln - auch zu ihrem eigenen Nutzen - umzusetzen und von einer weiteren Handelsliberalisierung zu profitieren. Die Erklärung der Ministerkonferenz von Doha zum TRIPs-Übereinkommen und zur öffentlichen Gesundheit, die auf Initiative einer Reihe von Entwicklungsländern angenommen wurde, ist ein Beleg hierfür wie auch für die wachsende Bereitschaft der WTO-Mitglieder, sich in diese Richtung zu bewegen, und für die Wirksamkeit des entsprechenden WTO-Verhandlungsprozesses.

In diesem Zusammenhang verfolgt die Kommission in der WTO ein Konzept, das höchstmögliche Flexibilität für die Entwicklungsländer vorsieht, damit das Ergebnis der Verhandlungen und das Arbeitsprogramm der DDA ihren individuellen Entwicklungshindernissen Rechnung tragen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Die Kommission hat in ihrer jüngsten Vorlage zur WTO-Handelserleichterung (,Verbesserungen des GATT-Artikels VIII über Gebühren und Förmlichkeiten bei der Einfuhr und Ausfuhr") vorgeschlagen, dass individuelle Übergangszeiträume für jedes Mitglied, das mehr Zeit braucht, eingeführt und mit einem spezifischen Programm für technische Hilfe verknüpft werden, das mit dem betreffenden Land ausgearbeitet und vereinbart wird. Diese Möglichkeit würde die aktive Beteiligung der Entwicklungsländer an den Verhandlungen, die anschließende Umsetzung der erzielten Vereinbarungen und die Nutzung der daraus erwachsenden Vorteile erleichtern. Gleichzeitig würde sie auch eine koordinierte und gezielte Verwendung der von den Gebern für handelsbezogene Hilfe bereitgestellten Mittel fördern.

In Absatz 2 der Ministererklärung von Doha wird die allgemeine Verpflichtung der WTO-Mitglieder bekräftigt, weiterhin positive Bemühungen zu unternehmen, um sicherzustellen, dass die Entwicklungsländer, vor allem die am wenigsten entwickelten unter ihnen, einen den Erfordernissen ihrer wirtschaftlichen Entwicklung angemessenen Anteil am Welthandelswachstum erhalten. In der Erklärung heißt es weiter, dass in diesem Zusammenhang ein erweiterter Marktzugang, ausgewogene Regeln und gezielte, nachhaltige technische Hilfe und Kapazitätsaufbauprogramme eine wichtige Rolle spielen.

Verbesserung des Marktzugangs

Im Agrarsektor, einem Bereich, der für die Entwicklungsländer von besonderem Interesse ist, haben die Mitglieder erklärt, dass sie sich aufbauend auf der bisher geleisteten Arbeit und ohne das Verhandlungsergebnis vorwegzunehmen, zu umfassenden Verhandlungen mit folgenden Zielen verpflichten: wesentliche Verbesserung des Marktzugangs, Abbau aller Formen von Ausfuhrsubventionen im Hinblick auf deren schrittweise Beseitigung und wesentliche Senkung der wettbewerbsverzerrenden internen Stützung. Was den Marktzugang für nicht-landwirtschaftliche Erzeugnisse betrifft, der vor allem für Entwicklungsländer von Interesse ist, die arbeitsintensive Waren herstellen, so sieht die Erklärung von Doha Verhandlungen mit folgenden Zielen vor: Senkung und nach Möglichkeit Abschaffung der Zölle, einschließlich der Spitzenzölle, der hohen Zölle und der Zolleskalation, sowie Abbau der nichttarifären Hemmnisse, insbesondere für diejenigen Waren, die für die Exportwirtschaft der Entwicklungsländer von Bedeutung sind.

Die Verbesserung des Zugangs zum Markt der Industrieländer ist zwar ein notwendiges Element eines endgültigen Maßnahmenpakets, reicht jedoch allein nicht aus. Die Entwicklungsländer können sehr umfangreiche Wohlstandsgewinne erzielen, indem sie die Handelsschranken untereinander abbauen und den regionalen Handel fördern. Darüber hinaus würde eine Beschränkung der Frage des Marktzugangs ausschließlich auf die Nord-Süd-Beziehungen bedeuten, dass die tatsächliche Wettbewerbssituation der Entwicklungsländer in den verschiedenen Entwicklungsstadien vollkommen unberücksichtigt bliebe. Daher sind für einen zufriedenstellenden Abschluss der DDA-Verhandlungen über den Marktzugang substanzielle Beiträge sämtlicher Beteiligten aus Industrie- wie Entwicklungsländern notwendig.

Schließlich wird die Europäische Union abgesehen von der Frage des erweiterten Marktzugangs im engen Sinne einen wirksameren Marktzugang für die Erzeugnisse aus Entwicklungsländern bieten, indem sie diese Länder durch bessere und gezieltere technische Hilfe unterstützt, damit sie die Bestimmungen und Standards der EU (z.B. gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Standards) erfuellen können.

Auf dem Weg zu ausgewogeneren Handelsregeln

Mit ,Regeln" werden innerhalb der WTO traditionell die Übereinkommen bezeichnet, die für die unmittelbaren Maßnahmen der WTO-Mitglieder im Bereich des Handelsverkehrs gelten. In diesem Zusammenhang zielt die DDA auf die klarere Gestaltung und Verbesserung der bestehenden Regeln beispielsweise für Antidumping und Subventionen ab. Die Verhandlungsführer sollen dabei die Grundkonzepte, Prinzipien und die Wirksamkeit aufrechterhalten und die Bedürfnisse der beteiligten Entwicklungsländer und am wenigsten entwickelten Länder berücksichtigen [23].

[23] Siehe u.a. Absatz 28 der Erklärung von Doha.

Zwei Bereiche verdienen besondere Erwähnung aufgrund ihrer potenziellen Auswirkungen auf die Entwicklungsländer. Der erste betrifft die regionalen Handelsabkommen; hier strebt die EU an, klarzustellen, dass die Abkommen, um WTO-kompatibel zu sein, einen hohen Grad an wirtschaftlicher Integration zwischen den Parteien und die Schaffung einer Freihandelsregelung bewirken müssen, jedoch ausreichend flexibel sein müssen, um eine wirksame Süd-Süd-, Nord-Süd- und Süd-Süd-Nord-Integration zu ermöglichen. Zweitens dürfte der Themenkomplex Handelserleichterung, in dessen Mittelpunkt vor allem die Zollreform steht, sehr erhebliche Auswirkungen auf die Fähigkeit der Entwicklungsländer haben, ihre Einnahmen durch eine wirksamere Zollerhebung und ein größeres Handelsvolumen zu erhöhen, sowie Korruption und Ineffizienz zu bekämpfen, indem sie modernere und transparentere Verwaltungsmethoden einführen.

,Ausgewogene Regeln" bedeuten in der DDA jedoch auch diejenigen (bestehenden und künftigen) Übereinkommen, die die Mitglieder in ihrer Fähigkeit stärken, die Wirtschaftstätigkeit in ihrem Hoheitsgebiet wirksam zu regeln und gleichzeitig offene und transparente Handels- und Investitionsregelungen aufrechtzuerhalten sowie den Schutz wichtiger öffentlicher Interessen zu gewährleisten. Zu den DDA-Themen, die unter diese Kategorie fallen und wesentlich für die Entwicklungsländer sind, zählen folgende: die Debatte über das TRIPs-Übereinkommen und die öffentliche Gesundheit, wo die Erklärung von Doha zeigt, dass das Abkommen sämtliche notwendigen Elemente für die Gewährleistung eines angemessenen Gleichgewichts zwischen den öffentlichen Interessen und den Rechten am geistigen Eigentum enthält; die Verhandlungen zur Gewährleistung klarer und sich gegenseitig stärkender Bezüge zwischen den Handelsregeln und den multilateralen Umweltübereinkommen; die Aushandlung eines Investitionsrahmens, der größere DI-Ströme fördert; die Aushandlung eines Übereinkommens über Wettbewerb, das die Funktion der einzelstaatlichen Wettbewerbsgesetze und -politiken als wirksame Regulierungsinstrumente für die Wirtschaftstätigkeit stärkt, und eine größere Transparenz des öffentlichen Beschaffungswesens, wodurch ein optimales Preis-Leistungsverhältnis bei den Beschaffungen der Regierung sichergestellt wird, die Ausgaben gesenkt werden und die Korruption bekämpft wird.

Eine der wichtigen Fragen, mit denen sich die DDA befasst, ist die Beziehung zwischen Handel und Technologietransfer sowie möglichen Empfehlungen zu Schritten, die im Rahmen des Mandats der WTO unternommen werden könnten, den Technologietransfer in die Entwicklungsländer zu erhöhen. Zu diesem Zweck haben die Minister in Doha eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Dieser Prozess wird für die Festlegung von WTO-Regeln in mehreren Bereichen relevant sein, da er das gesamte Spektrum der Kanäle abdecken sollte, durch die der Technologietransfer in die Entwicklungsländer erfolgen kann: Investitionen, Dienstleistungsverkehr, Warenhandel, Technologielizenzen, öffentliches Beschaffungswesen, Entwicklungshilfe, multilaterale Umweltübereinkommen.

All dies setzt voraus, dass die WTO-Mitglieder und insbesondere die Entwicklungsländer beträchtliche Anstrengungen unternehmen, selbst wenn geeignete Bestimmungen über die besondere und differenzierte Behandlung aufgenommen werden. Die Entwicklungsländer müssen ihre inländischen Rechts- und Verwaltungsvorschriften verbessern und modernisieren, nicht nur, damit sie die WTO-Verpflichtungen erfuellen, sondern vor allem auch, damit sie von der größeren wirtschaftlichen Effizienz und den verstärkten Handels- und Investitionsmöglichkeiten profitieren, die eine wirksame Umsetzung dieser Regeln mit sich bringen kann. Dies wiederum wird erhebliche Anstrengungen der Entwicklungsländer selbst erfordern, um die institutionellen Strukturen zu schaffen und die politischen Reformen durchzuführen. Die Geber und die multilateralen Organisationen werden dies durch signifikante Hilfe für den Kapazitätsaufbau unterstützen. Außerdem benötigen die Entwicklungsländer in der WTO noch vor dem Aufbau dieser Handelskapazitäten Hilfe, damit sie sich wirksam an der Überprüfung der bestehenden und der Aushandlung neuer Regeln beteiligen können.

TEIL II - UNTERSTÜTZUNG DER ENTWICKLUNGSLÄNDER BEI DER NUTZUNG DER VORTEILE EINES OFFENEN HANDELS

3. Einbeziehung des Handels in die Entwicklungsstrategien

Der Handel muss in einer Weise in die Entwicklungsstrategien einbezogen werden, die zu den grundlegenden Zielen der Armutsminderung und der nachhaltigen Entwicklung beiträgt. Daher ist ein Konzept für die Einbeziehung von Handelsfragen in die Strategiepapiere zur Armutsbekämpfung oder in andere nationale Entwicklungsstrategien erforderlich, bei denen die Verflechtungen zwischen dem Handel und allen übrigen für die nachhaltige Entwicklung wichtigen Bereichen vollauf genutzt werden sollten. Was die Zusammenarbeit der EU betrifft, so muss sich dies im Programmierungsprozess widerspiegeln. Außerdem muss für eine Komplementarität und Koordinierung zwischen den Programmen der bilateralen Geber und der internationalen Organisationen gesorgt werden. Ferner ist auf die Kohärenz der verschiedenen EU-Politiken zu achten, die die Außenbeziehungen betreffen.

Die handelsbezogene Hilfe ist eines der Hauptthemen der Erklärung von Doha. Es wurden weitreichende Verpflichtungen zu einer besseren und verstärkten Hilfe eingegangen. Diese wurden auf der Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Monterrey (März 2002) und in dem auf dem Weltgipfel von Johannesburg zur nachhaltigen Entwicklung vereinbarten Durchführungsplan (September 2002) bekräftigt. Die EU widmet der handelsbezogenen Hilfe in den Entwicklungsländern bereits beträchtliche Mittel (siehe Anhang 1) und ist entschlossen, dies in enger Koordinierung mit anderen bilateralen und multilateralen Gebern fortzusetzen.

Die handelsbezogene Hilfe der EU wird sich auf die Verbesserung der wirksamen Beteiligung am multilateralen Handelssystem sowie auf die hierfür notwendigen politischen und institutionellen Reformen konzentrieren.

Darüber hinaus werden die Handelskapazitäten durch weitere handelsbezogene Entwicklungshilfemaßnahmen ausgebaut wie:

* die Förderung eines soliden makroökonomischen und steuerpolitischen Rahmens;

* Unterstützung für die Umstrukturierung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Produktionssystems; und

* Unterstützung bei der regionalen Integration und Zusammenarbeit.

Mit der handelsbezogenen Hilfe werden hohe Erwartungen verknüpft. Dabei ist es jedoch wichtig, realistisch zu bleiben und anzuerkennen, dass die Verbesserung der Handelskapazitäten, der inländischen Infrastrukturen und der Handelsinstitutionen Zeit braucht. Die Erfahrung der Transformationswirtschaften bei der Modernisierung ihrer Institutionen und ihrer Wirtschaft zeigt dies deutlich. Für den Ausbau der Handelskapazitäten ist extensive Unterstützung über lange Zeiträume hinweg erforderlich. Es ist deutlich, dass die externe Hilfe nur dann erfolgreich sein kann, wenn sie durch eigene Bemühungen der Länder ergänzt wird, die geeigneten politischen Reformen durchzuführen, um günstige Bedingungen für Investitionen, Handel und Wachstum zu schaffen, und wenn es sich um gezielte Hilfe handelt, die gut koordiniert und in die inländische Politik eingebunden wird.

3.1. Die Handelsreform im Rahmen der Armutsbekämpfungsstrategien

Die Handelspolitik muss Teil der eigenen nachhaltigen Entwicklungsstrategie jedes Landes sein und sollte die makroökonomischen und institutionellen Reformen begleiten, die zu ausgewogenem Wachstum beitragen, die menschliche Entwicklung fördern sowie die adäquate Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen und den Schutz der Umwelt gewährleisten. Dies ist eine Grundvoraussetzung, wenn die Entwicklungsländer die Vorteile der Handelsausweitung nutzen wollen. Von ausschlaggebender Bedeutung ist auch, dass die handelsbezogene Hilfe die Handelskapazitäten in einer Weise erhöht, die die nachhaltige Entwicklung und die Gleichstellung zwischen den Geschlechtern fördert.

Die Art und Abfolge der handelspolitischen Reformen sollten die spezifischen Gegebenheiten des einzelnen Landes widerspiegeln und idealerweise durch einen nationalen Dialog zwischen der Regierung, dem Privatsektor und Vertretern der Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft vereinbart werden.

Die landeseigenen Strategiepapiere zur Armutsbekämpfung oder ihre Entsprechungen stellen das natürliche Instrument zur Einbeziehung des Handels in umfassende Entwicklungsrahmen ein, die die Grundlage für die innerstaatliche Politik und die externe Hilfe bilden. Insgesamt ist die erste Generation dieser Strategiepapiere jedoch bei dem Versuch gescheitert, den Handelsfragen die gebührende Bedeutung zu verleihen. Daran wird deutlich, dass die Verbindungen zwischen Handel und Armut noch nicht vollständig anerkannt und berücksichtigt werden, während sich die handelspolitischen Reformen gleichzeitig häufig auf einfache Schutzmaßnahmen beschränkt haben (Abbau tarifärer und nichttarifärer Handelsschranken). In der Zukunft sollte dies korrigiert werden und die Strategiepapiere sollten aufzeigen, wie konkrete Handelsreformen zu Wachstum, Armutsminderung und Gleichstellung der Geschlechter beitragen. Auf dem Weltgipfel zur nachhaltigen Entwicklung in Johannesburg wurde vereinbart, dass die Strategiepapiere zur Armutsbekämpfung auch als Instrument für die Konzipierung nachhaltiger nationaler Entwicklungsstrategien dienen sollten.

Die Geber sollten ihrerseits sicherstellen, dass die Unterstützung der handelspolitischen Reformen einen Schwerpunkt ihrer Entwicklungshilfestrategien bildet. Die Mitteilung der Kommission vom April 2000 über die Entwicklungspolitik der Gemeinschaft und die gemeinsame Erklärung des Rats und der Kommission vom November 2000 nennen den Handel als eine der sechs Prioritäten der Entwicklungspolitik. Die Strategien der Mitgliedstaaten selbst haben ähnliche politische Entwicklungen durchlaufen, ebenso die Strategien der meisten anderen Industrieländer und multilateralen Organisationen. Nun ist eine konkretere Weiterverfolgung dieser Priorität vonnöten. Daher will die Kommission den politischen Dialog über Handelsfragen mit den begünstigten Ländern und regionalen Organisationen vertiefen. Was die Entwicklungszusammenarbeit der EU betrifft, so sind die Länderstrategiepapiere (LSP) und die Regionalen Strategiepapiere (RSP) die Mittel zur Umsetzung des politischen Dialogs in konkrete Hilfeprogramme. Handelsfragen und ihre Verflechtung mit anderen für die nachhaltige Entwicklung wichtigen Politiken müssen in jede Stufe der Vorbereitung dieser Papiere einbezogen werden: in den politischen Dialog, die Analyse der Tätigkeiten anderer Geber und die Festlegung der Maßnahmen der EG. Allerdings legen viele der bisher genehmigten LSP aufgrund der allgemein mangelnden Sichtbarkeit der Handelsaspekte in den Strategiepapieren zur Armutsbekämpfung keinen besonderen Nachdruck auf die handelsbezogene Hilfe. Dagegen nimmt die handelsbezogene Hilfe im weiten Sinne eine vorrangige Stellung in den RSP ein, die für diesen Bereich in manchen Regionen 40-50% der regionalen Mittel vorsehen.

3.2. Komplementarität, Kohärenz und Koordinierung mit anderen Gebern

Viele Initiativen für die Einbeziehung des Handels in die Entwicklungspolitiken und -pläne werden auf internationaler Ebene durchgeführt, insbesondere durch den Integrierten Rahmen für die am wenigsten entwickelten Länder (IF) und das gemeinsame integrierte Programm für technische Hilfe (JITAP). Internationale Organisationen wie Weltbank IWF, UNCTAD, UNDP, UNEP, ITC, WTO, WZO, WIPO, ILO und regionale Banken wie die Interamerikanische Entwicklungsbank und die Afrikanische Entwicklungsbank weisen ebenfalls immer öfter auf die Bedeutung der handelsbezogenen Hilfe und des Kapazitätsaufbaus hin. Auch viele bilaterale Geber, darunter einige EU-Mitgliedstaaten, sind im Bereich Handel und Entwicklung sehr aktiv. Vor diesem Hintergrund wird sich die EU um Komplementarität zwischen ihren eigenen Programmen und denen der internationalen und bilateralen Geber bemühen. Der OECD-Entwicklungshilfeausschuss kann eine wichtige Rolle als zentrale Stelle für den Informationsaustausch und die gemeinsame Analyse spielen. Die Bemühungen des Ausschusses, einen informellen, aber regelmäßigen Austausch mit den multilateralen Organisationen einzuführen, sind hierfür wesentlich, weshalb die EU weitere in diese Richtung gehende Anstrengungen fördern und unterstützen sollte.

Weitere Kooperationsmaßnahmen zwischen entsprechenden internationalen Organisationen wie beispielsweise die gemeinsame Task Force von UNEP/UNCTAD für den Kapazitätsaufbau in den Bereichen Handel, Umwelt und Entwicklung werden ebenfalls gefördert. Es ist generell wichtig, einen stärker ganzheitlichen Ansatz für die verschiedenen Organisationen und Initiativen zu verfolgen, um eine größere Wirkung auf die nachhaltige Entwicklung sicherzustellen.

Eigenverantwortung für die handelspolitische Reformagenda ist von zentraler Bedeutung. Der Integrierte Rahmen ist ein gutes Beispiel für dieses Konzept, da er die begünstigten LDC nicht nur ermutigt, die Ergebnisse der ,Diagnostic Trade Integration Studies" (Studien zur Handelsintegration) in ihre Strategiepapiere zur Armutsbekämpfung einzubeziehen, sondern auch fordert, dass die LDC durch die Schaffung nationaler Koordinierungsstrukturen ihren Willen zur Umsetzung der handelspolitischen Reformagenda unter Beweis stellen (siehe Anhang 2).

Innerhalb der EU sollten die Koordinierungsgrundsätze uneingeschränkt angewandt werden, die in der gemeinsamen Erklärung des Rates und der Kommission zur Entwicklungspolitik vom November 2000 vereinbart wurden. In diesem Zusammenhang könnte der in dieser Mitteilung vorgeschlagene politische Rahmen als Grundlage für ein besser koordiniertes Vorgehen im Bereich Handel und Entwicklung dienen.

Darüber hinaus ist eine größere politische Kohärenz zwischen den verschiedenen Politikbereichen der EU notwendig, die die Außenbeziehungen betreffen. In der kürzlich angenommenen Kommissionsmitteilung mit dem Titel ,Auf dem Weg zu einer globalen Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung" [24] wird betont, dass die Kohärenz der Politik der EU verbessert werden muss. Zu diesem Zweck sollte die EU die wichtigsten Politiken, einschließlich der Gemeinsamen Agrarpolitik, der Gemeinsamen Fischereipolitik und der Politik auf den Gebieten Handel, Energie, Verkehr und Industrie, weiter auf die internen und externen Ziele der nachhaltigen Entwicklung abstimmen. Auf dem Weltgipfel zur nachhaltigen Entwicklung legten die Entwicklungsländer großen Nachdruck auf diese Reformthemen und betonten damit noch einmal die Notwendigkeit, innerhalb der WTO rasch erhebliche Fortschritte zu machen. Der jüngste Kommissionsvorschlag für die Halbzeitüberprüfung der GAP würde, sofern er angenommen wird, ein konkretes Beispiel für Maßnahmen zur Verbesserung der Kohärenz darstellen. Der vor Kurzem ergangene Beschluss der Kommission, bei jeder größeren politischen Initiative eine Nachhaltigkeitsprüfung durchzuführen, um die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen im Voraus zu bewerten, dürfte ebenfalls dazu beitragen, dass die EU besser für diese Aufgabe gerüstet ist.

[24] KOM (2002) 82 endg., S. 15.

Besondere Aufmerksamkeit wird den Auswirkungen der EU-Erweiterung auf den Handel mit den Entwicklungsländern gelten. Wenngleich insgesamt positive Auswirkungen erwartet werden [25], ist eine eingehende Analyse erforderlich.

[25] Mehrere Hinweise sprechen dafür: Die Erweiterung wird den Markt der EU weiter vergrößern, da zusätzliche 150 Millionen Verbraucher hinzukommen, wodurch die Importnachfrage angekurbelt werden dürfte; die Umsetzung EU-weiter einheitlicher Handelsregeln, Normen und Verfahren durch die Kandidatenländer dürfte den Handel mit den Entwicklungsländern erleichtern; und insgesamt wird die Übernahme des Gemeinsamen Zolltarifs zu niedrigeren Zöllen der Kandidatenländer führen, wodurch der Marktzugang verbessert wird.

Die EU bekräftigt die auf der WTO-Ministerkonferenz in Singapur eingegangenen Verpflichtungen in Bezug auf die international anerkannten grundlegenden Arbeitsnormen und wird die laufenden Arbeiten der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zur sozialen Dimension der Globalisierung weiter unterstützen. Sie will außerdem die Arbeiten für einen fairen Handel und einen Handel mit umweltfreundlichen und biologischen Erzeugnissen, vor allem aus den Entwicklungsländern, fortsetzen, wozu sie sich auch im Durchführungsplan von Johannesburg verpflichtet hat.

3.3. Unterstützung einer wirksamen Beteiligung am multilateralen Handelssystem

Die Hilfe der EU wird sich im Wesentlichen auf drei Bereiche konzentrieren:

i) Hilfe beim WTO-Beitritt und bei den multilateralen Handelsverhandlungen, vor allem durch Schulungsprogramme und Beiträge zur Deckung der logistischen Kosten;

ii) Unterstützung bei der Umsetzung und Anwendung bestehender und künftiger WTO-Übereinkommen, die erhebliche finanzielle Anstrengungen voraussetzen und/oder die Schaffung spezifischer ordnungspolitischer und institutioneller Rahmenbedingungen erfordern;

iii) Unterstützung der politischen Reformen und Investitionen, die für eine größere wirtschaftliche Effizienz und eine stärkere Beteiligung am multilateralen Handelssystem erforderlich sind. Auch wenn die Bereiche, in denen Handlungsbedarf besteht, anhand der spezifischen Gegebenheiten in dem jeweiligen Land oder der Region ermittelt werden müssen, sind folgende Beispiele typisch für viele Entwicklungsländer:

* Reform der Verwaltung des Zolls und andere handelsfördernde Maßnahmen: Vereinfachung und Harmonisierung der Ein- und Ausfuhrdokumente anhand internationaler Standards, einschließlich der Nutzung vereinfachter Anmeldungen; Verbesserung der Zollverfahren durch Methoden wie die Risikoanalyse, vereinfachte Verfahren für Eingang und Freigabe von Waren, die Verleihung des Status des zugelassenen Händlers, die Nutzung des elektronischen Datenaustauschs (EDI) und der automatisierten Systeme; Verbesserung der Transparenz und der Rechtsmittel gegen Zollentscheidungen und -urteile; regelmäßige Anhörung der Handelsgemeinschaft zu Ein- und Ausfuhrbestimmungen und -verfahren.

* Normen und Konformitätsbewertung: Ermittlung (gemeinsam mit der Wirtschaft und allen anderen Beteiligten) der vorrangigen Bereiche für eine stärkere Angleichung der Vorschriften an internationale Normen, um Handelsschranken abzubauen und den Zugang zu den Märkten zu verbessern, wobei die legitimen Ziele gebührend zu berücksichtigen sind; intensivere Nutzung der internationalen Normen einschließlich einer aktiven Beteiligung an den Normungsarbeiten; Stärkung der Einrichtungen für Normung und Konformitätsbewertung mit dem Ziel der Entwicklung gemeinsamer und kompatibler Mechanismen auf regionaler Ebene; Umsetzung des WTO-Übereinkommens über technische Handelshemmnisse.

* Dienstleistungen: Unterstützung der Schaffung eines inländischen wettbewerbsfördernden Regulierungsrahmens und Aufbau der notwendigen Regulierungskapazitäten für die Verwirklichung und Nutzung der Liberalisierung des Dienstleistungsverkehrs, insbesondere in Bezug auf Finanz- und Telekommunikationsdienstleistungen oder Verkehrs- und Umweltdienstleistungen; Unterstützung von Maßnahmen zur Stärkung der inländischen Kapazitäten für die Verbesserung der Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit des Dienstleistungssektors.

* Investitionen: Ermittlung administrativer Instrumente zur Förderung der Investitionsströme; Unterstützung investitionsfördernder Maßnahmen, auch in Bezug auf Forschung und Technologietransfer, sowie transparente, stabile, liberale und nicht-diskriminierende Regeln für Investoren.

* Rechte an geistigem Eigentum: Gewährleistung der Um- und Durchsetzung von TRIPs-kompatiblen Rechtsvorschriften im Einklang mit hohen internationalen Standards; Sicherstellung einer angemessenen Ausstattung der nationalen Anmeldestellen und Gerichte mit Ausrüstung und geschulten Beamten; Beitritt zu den wichtigsten internationalen Übereinkünften über geistiges Eigentum; Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Produktpiraterie und -nachahmung.

* Wettbewerbspolitik: schrittweise Entwicklung von Wettbewerbsrecht und -politik, einschließlich adäquater Durchsetzungskapazitäten (auf nationaler oder regionaler Ebene); Befürwortung des Wettbewerbs gegenüber der Wirtschaft und der allgemeinen Öffentlichkeit; Integration der Wettbewerbspolitik in das innenpolitische Instrumentarium, um dem Missbrauch wirtschaftlicher Macht durch in- und ausländische Unternehmen entgegenzuwirken.

* Rechtsvorschriften über geeignete Arbeits- und Umweltschutznormen, einschließlich einer wirksamen Einhaltung der grundlegenden Arbeitsnormen, die in der Erklärung der ILO von 1998 [26] festgelegt wurden, in enger Zusammenarbeit mit der ILO.

[26] ILO-Erklärung über die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit (86. Tagung, Genf, Juni 1998).

* Umweltnormen: Entwicklung angemessener und wirksamer Umweltvorschriften, um lokale, regionale und globale Umweltprobleme anzugehen;

3.4. Sonstige handelsbezogene Entwicklungshilfe

Makroökonomische Politik und Steuerpolitik

Generell sollte die Unterstützung des Ausbaus der Handelskapazitäten auch auf eine tragfähige makroökonomische Politik und Steuerpolitik abzielen, um zu einem Policy-Mix zu gelangen, der zu verbesserten Handelsbedingungen und wirtschaftlicher und finanzieller Stabilität führt. Ein anderes heikles Problem, das beträchtliche Auswirkungen auf die politischen Reformen in den Entwicklungsländern haben könnte, besteht darin, dass eine Handelsliberalisierung in Form von Zollsenkungen in der Regel zu einer Verringerung der Staatseinnahmen führt. In vielen Entwicklungsländern ist der aus handelsbezogenen Abgaben stammende Anteil an den Staatseinnahmen recht hoch. Allerdings sind die Befürchtungen bezüglich der Einnahmeverluste teilweise übertrieben. Werden Zollsenkungen mit einer erhöhten Effizienz der Zolldienste und einer Verringerung politisch motivierter Zollbefreiungen verknüpft, können die Einnahmeausfälle ausgeglichen oder reduziert werden. In den Entwicklungsländern, in denen die Zollverwaltung und die Durchsetzung der Zollvorschriften besonders schwach und Schmuggel und Korruption verbreitet sind, würde die Zollreform sogar trotz Zollsenkungen zur Erhöhung der Einnahmen führen. Wo Zölle vor allem Einnahmezwecken dienten, ist im Übrigen generell eine steuerliche Umstrukturierung wünschenswert, da Zölle nicht die beste oder fairste Form der Besteuerung darstellen. Die fiskalische Anpassung sollte im makroökonomischen Gesamtkontext bewertet werden.

Die Kommission verfügt über Erfahrung bei der Unterstützung der fiskalischen Anpassung durch Beratung und Schulung, jedoch auch durch befristete Haushaltsbeihilfen (z.B. in Westafrika sowie im östlichen und südlichen Afrika), die zur Deckung vorübergehender Defizite beitragen. Um den Anpassungsprozess zu erleichtern, der sich aus den multilateralen und regionalen Handelsabkommen ergibt, will die Kommission diese Art der Unterstützung fortsetzen und verstärken.

Unterstützung der Neupositionierung der Wirtschaft

Die Vorteile der Handelsmöglichkeiten, die sich aus der Liberalisierung von Handel und Investitionen (durch multilaterale oder bilaterale Initiativen oder regionale Integration) ergeben, können nur genutzt werden, wenn die Produktion auf effizientere Tätigkeiten verlagert wird. Die Anpassungsfähigkeit hängt nicht nur vom Privatsektor im engen Sinne, sondern auch stark vom allgemeinen Investitionsklima ab. Dazu gehören eine Reihe flankierender Elemente wie die Entwicklung des Humankapitals, die Zuverlässigkeit der Verkehrs- und Kommunikationsinfrastrukturen, die Effizienz der öffentlichen Versorgungsbetriebe, der Finanzdienstleistungen und der Handelsorganisationen sowie die verantwortungsvolle Staatsführung.

Um die Neupositionierung zu unterstützen und die Wettbewerbsfähigkeit des Privatsektors in den Entwicklungsländern zu verbessern, wurde auf nationaler und regionaler Ebene eine Vielfalt von Mechanismen eingeführt (z.B. EBAS, PROINVEST, ALINVEST). Darüber hinaus bilden die Stärkung der Fördereinrichtungen und die Verbesserung der Infrastrukturen ebenfalls einen Kernbereich der Unterstützung der EU. Durch die DDA und die Initiativen für regionale Integration wird die Hilfe bei der Verbesserung der Reaktion der Angebotsseite noch verstärkt. Ein wichtiges Beispiel für die Gruppe der AKP-Länder ist die im Rahmen des 9. EEF geschaffene ,Investitionsfazilität".

Die LSP und RSP werden darauf abstellen, die Synergien zwischen der oben definierten handelsbezogenen Hilfe und der Unterstützung in Bereichen zu nutzen, die typischerweise die Reaktion der Angebotsseite beeinflussen: makroökonomische Politik und Haushaltspolitik, ländliche Entwicklung und landwirtschaftliche Forschung, Verkehrs- und Telekommunikationsinfrastrukturen und Effizienz des Finanzsektors. Dies steht im Einklang mit den vorrangigen Bereichen der Entwicklungshilfe der EG, die in der gemeinsamen Erklärung des Rates und der Kommission vom November 2000 genannt wurden [27]. Das Aktionsprogramm für die Integration der Dimension ,Gleichstellung von Frauen und Männern" in die Entwicklungszusammenarbeit sollte ebenfalls berücksichtigt werden.

[27] In der gemeinsamen Erklärung des Rates und der Kommission werden sechs vorrangige Bereiche für die Entwicklungshilfe der EG genannt: Beziehungen zwischen Handel und Entwicklung, regionale Integration und Zusammenarbeit, makroökonomische Reform und Förderung eines gleichberechtigten Zugangs zu Sozialdiensten, Verkehrsinfrastrukturen und -verwaltung, Ernährungssicherheit und nachhaltige ländliche Entwicklung und institutioneller Kapazitätsaufbau.

Zu guter Letzt wird die Hilfe bei der Anwendung der grundlegenden Arbeitsnormen einen Teil der Unterstützung für die Angebotsseite bilden. Es gibt zunehmend Belege für eine positive Wechselwirkung zwischen der Einhaltung der grundlegenden Arbeitsnormen und Produktivitätssteigerungen in Entwicklungsländern, und die EU hat diese Art der Hilfe zu einem Schlüsselelement ihrer Strategie zur Verbesserung der sozialen Ausrichtung der Politik im Kontext der Globalisierung gemacht [28]. Dieser wichtige Bestandteil der internationalen Agenda wird in enger Koordinierung mit der ILO in Angriff genommen.

[28] Mitteilung der Kommission "Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen und sozialere Ausrichtung der Politik im Kontext der Globalisierung", KOM (2001) 416 endg. vom 18. Juli 2001.

Unterstützung der regionalen Zusammenarbeit und Integration

Wo immer es angebracht erscheint, werden die im Rahmen der handelsbezogenen Hilfe der EG vorgesehenen Maßnahmen auf regionaler Ebene durchgeführt. Sie werden die auf nationaler Ebene geförderten Aktionen unterstützen und verstärken. Die Intervention auf regionaler Ebene hat klare Vorzüge, wie z.B. die Verstärkung der regionalen Integration - eine Priorität der EU [29] - und Größenvorteile.

[29] Siehe beispielsweise die im Jahr 2002 auf dem Gipfel von Madrid eingegangen Verpflichtung, die weitere regionale Integration in der Andengemeinschaft und in Mittelamerika zu unterstützen.

Die regionale Integration wird sowohl als Komponente einer Entwicklungsstrategie unterstützt als auch im Zusammenhang mit der Handelsregelung, die die EU selbst gegenüber den Gruppen von Entwicklungsländern anwendet. Hier geht es um den Süd-Süd-Nord-Ansatz, der in Abschnitt 1.6 erläutert wurde. Auf der Grundlage dieses Ansatzes handelt die EU Abkommen mit regionalen Vereinigungen aus: z.B. mit der Mercosur-Ländergruppe, wo das ausdrückliche Ziel die Unterstützung der regionalen Integration in Lateinamerika ist, und im Mittelmeerraum, wo das regionale Euro-Med-Markt-Programm (2001-2003) ein gutes Beispiel für die Bemühungen um die Vertiefung der regionalen Integration darstellt. In Südostasien unterstützt die EU seit langem die Integration der ASEAN-Länder.

Doch ganz besonders gilt dieser Ansatz für die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) zwischen den AKP-Ländern und der EU, über die seit September 2002 verhandelt wird.

Die WPA werden auf vier grundlegenden Prinzipien beruhen:

Partnerschaft: Bei den WPA handelt es sich um Partnerschaftsabkommen, die Rechte und Pflichten für beide Seiten beinhalten. Die Einhaltung dieser Pflichten durch jede Partei ist für das Gelingen des Ganzen unerlässlich. So wird sich die EU auf eine weitere Öffnung ihres Marktes für AKP-Produkte und auf den Abbau aller übrigen Handelsschranken vorbereiten und entsprechende Hilfe gewähren, während die AKP-Staaten sich im Gegenzug auf die Öffnung ihrer Märkte und die Umsetzung angemessener Politiken zur Stärkung ihrer Angebotskapazitäten und zur Senkung der Transaktionskosten vorbereiten müssen.

Regionale Integration: Die regionale Integration ist ein wirkungsvolles Mittel zur Förderung der Integration in die Weltwirtschaft. Die jüngsten Fortschritte der regionalen Integration der AKP-Staaten untereinander spiegelt ihre politische Entscheidung wider, ihre Integration in die Weltwirtschaft auch auf die regionale Wirtschaftsintegration zu stützen. Die WPA werden daher die in den AKP-Ländern laufenden Initiativen für regionale Integration stärken.

Flexibilität: Bei den WPA handelt es sich vor allem um Entwicklungsinstrumente. Folglich werden sie mit aller notwendigen Flexibilität für die Berücksichtigung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Sachzwänge der betreffenden AKP-Länder sowie ihrer Fähigkeit zur Anpassung an die neuen Handelsbedingungen ausgestattet. Außerdem müssen die WPA in die Entwicklungspolitik der AKP-Länder und in die Förderstrategien der EU eingebunden werden.

Bezug zur WTO: Die WPA stellen keinen Selbstzweck dar, sondern sollen als Mittel zur Erleichterung der Integration der AKP-Länder in die Weltwirtschaft dienen. Sie werden daher auf den WTO-Regeln aufbauen und den Ergebnissen der Entwicklungsagenda von Doha Rechnung tragen. Allerdings werden sie in mancher Hinsicht über die WTO-Vereinbarungen hinausgehen. Sie werden im Rahmen dieser Regeln spezifischere und operationellere bilaterale Handelsbeziehungen vorsehen, durch die die praktischen Handelshemmnisse zwischen den AKP-Ländern und der EU abgebaut werden sollen und eine stärkere Integration der Volkswirtschaften beider Seiten entstehen soll.

4. Ein Aktionsprogramm zur Verbesserung der Erbringung der Hilfe

Ziele und Konzept

In Abschnitt 3 dieser Mitteilung wurden die Schlüsselbereiche dargestellt, auf die sich die handelsbezogene Hilfe der EU konzentrieren muss. In diesem Abschnitt wird nun ein Aktionsprogramm beschrieben, das aufzeigt, mit welchen praktischen Mitteln die Kommission die Erbringung der handelsbezogenen Hilfe verbessern kann, sowohl durch ihre eigenen Aktivitäten als auch in Koordinierung mit den Mitgliedstaaten und/oder mit anderen bilateralen Gebern und multilateralen Organisationen. Außerdem werden einige politische Initiativen der EU zur Förderung von Maßnahmen der internationalen Gemeinschaft insgesamt genannt.

Wie bereits erwähnt, werden die Programme und Maßnahmen Teil der LSP und RSP sein. In denjenigen Ländern oder Regionen, in denen der Handel noch keine gebührende Berücksichtigung findet, soll die Halbzeitüberprüfung der Strategien, die 2003 eingeleitet wird, gewährleisten, dass auf Handelsfragen angemessen eingegangen wird und sie ausreichend finanziert werden. In der Zwischenzeit wird die Kommission zusätzliche Maßnahmen auswählen, die die bereits laufenden Arbeiten zum Aufbau von Handelskapazitäten ergänzen, um im Anschluss an die LSP- und RSP-Halbzeitüberprüfungen erforderlichenfalls eine rasche Erhöhung der Hilfe in diesem Bereich zu ermöglichen.

Es ist darauf hinzuweisen, dass das empfohlene Aktionsprogramm nur erfolgreich sein kann, wenn die Entwicklungsländer selbst sich für den Prozess der Handelsreform uneingeschränkt engagieren und Eigenverantwortung dafür übernehmen. Die Entwicklungsländer sollten adäquate nationale Strukturen für die Festlegung der Handelspolitik und für die Integration des Handels in ihre Entwicklungsstrategien und -programme schaffen. Da politische Kohärenz für jedes Land, das vom Handel im Rahmen seiner Entwicklungsstrategie profitieren will, von großer Bedeutung ist, wird die EU einen umfassenden Ansatz für die Handelsreform fördern, der mit geeigneten Politiken für die Armutsbekämpfung und die nachhaltige Entwicklung verknüpft wird, einschließlich adäquater Umweltschutz- und Sozialvorschriften, einer verantwortungsvollen Staatsführung und einer Förderung der Angebotsseite.

Daher beabsichtigt die Kommission, die folgenden Maßnahmen zu ergreifen oder darauf zu dringen:

Intensivierung des Dialogs mit den Partnerländern

* Insgesamt größerer Nachdruck auf Handelsfragen im politischen Dialog der EU mit den Entwicklungsländern, insbesondere um handelspolitische Fragen besser in die Strategiepapiere zur Armutsbekämpfung oder ähnliche Instrumente zu integrieren. Die Kommission wird Gespräche mit den Behörden der Empfängerländer einleiten, um das Bewusstsein für Handelsfragen zu schärfen. Ein gemeinsames Vorgehen und Komplementarität zwischen der Kommission und den EU-Mitgliedstaaten sind in diesem Zusammenhang wesentlich.

* Die Kommission wird dafür sorgen, dass die Finanzmittel für diese neue Priorität - die handelsbezogene Hilfe - erforderlichenfalls angepasst werden. Diese Fragen muss in dem Dialog beider Seiten über die Halbzeitüberprüfung der LSP/RSP besprochen werden, der 2003 eingeleitet wird. Die Überprüfung wird sich mit der Integration des Handels in die nationale Entwicklungspolitik der Partnerländer befassen und sie beurteilen, gestützt auf den spezifischen Bedarf jedes Landes unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Komplementarität mit den Tätigkeiten anderer bilateraler oder multilateraler Geber. Die Überprüfung sollte sich auf ein weit gefasstes Konzept für die handelsbezogene Hilfe stützen, das nicht nur technische Hilfe umfasst, sondern auch Ausbildung, Kapazitätsaufbau, institutionelle und politische Unterstützung, Unterstützung für die Haushalts- und Fiskalreform, Hilfe bei der Neupositionierung des Privatsektors und Verbesserung der unterstützenden Dienstleistungen. In ihrem Jahresbericht über die Entwicklungshilfe der EU wird die Kommission über die Gesamtbeträge berichten, die für die handelsbezogene Hilfe bereitgestellt werden. Kurzfristig wird die Kommission gegebenenfalls die Flexibilität vorhandener LSP/RSP für Nichtschwerpunktbereiche nutzen.

* Gegebenenfalls - in Absprache mit dem Partnerland/der Region - Stärkung der Handelskomponente in der Programmierung der Entwicklungshilfe der EU durch: i) Unterstützung einer wirksamen Beteiligung am multilateralen Handelssystem; ii) Unterstützung der institutionellen und politischen Reformen; iii) Unterstützung der Umstrukturierung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Produktion; iv) Unterstützung der regionalen Zusammenarbeit und Integration.

Erhöhung der Wirksamkeit der von der EU geleisteten Unterstützung

* Die vor Kurzem eingerichtete GD-übergreifende Task Force für Handel und Entwicklung, die zur Verbesserung der Kohärenz innerhalb der Kommission beitragen soll, wird die verschiedenen beteiligten Kommissionsdienststellen - einschließlich der Delegationen - bei der Einbeziehung des Handels in die LSP und RSP anleiten, Know-how und Beiträge für die Auswahl und Durchführung von Programmen und Projekten liefern und Kontakte zu den Verantwortlichen für die Handelsverhandlungen und die Überwachung der Umsetzung der Handelsabkommen knüpfen.

* besondere Aufmerksamkeit für die am wenigsten entwickelten Länder (LDC) und andere Länder mit niedrigem Einkommen bei der Zuteilung der Mittel für die handelsbezogene Hilfe, wobei die derzeitigen Regeln für die Zuweisung von Entwicklungshilfe zu berücksichtigen sind;

* Prüfung der Möglichkeiten für die Finanzierung von Initiativen der horizontalen handelsbezogenen Hilfe, die allen Entwicklungsländern zugute kommen, vor allem in Zusammenarbeit mit multilateralen Organisationen. Derzeit wird fast die gesamte Entwicklungshilfe der EU auf Länder- oder Regionalbasis erbracht. Auf diesem Gebiet zeichnet sich jedoch immer deutlicher ein Bedarf an Unterstützung für multilaterale Initiativen (u. a. der Weltbank, der WTO, der UNCTAD und der gemeinsamen Task Force von UNEP/UNCTAD für den Kapazitätsaufbau in den Bereichen Handel, Umwelt und Entwicklung) und einige EU-Initiativen (insbesondere im Bereich der Schulung von Verwaltungskräften) ohne Beschränkung auf bestimmte Länder oder Regionen ab.

* Verbesserung der Fähigkeit der EU, Schulungsprogramme für die Verhandlungsführer und Verwaltungskräfte der Entwicklungsländer zu konzipieren und durchzuführen. Die Ergebnisse des ersten Schulungsprogramms für Verhandlungsführer und Verwaltungskräfte aus Asien, Lateinamerika, und den Mittelmeerländern werden ausgewertet und weitere Maßnahmen dieser Art - u.a. auch mit den AKP-Ländern - durchgeführt. Eine wichtige Komponente dieser Programme wird die Einbeziehung hochqualifizierter und international anerkannter europäischer Hochschuleinrichtungen sein, die durch ein Wettbewerbsverfahren ausgewählt werden.

* Die Ergebnisse dieser Programme werden genutzt, um Netze zwischen europäischen Hochschuleinrichtungen und entsprechenden Einrichtungen der Entwicklungsländer zu errichten und diese Länder bei der Schaffung eigener Ausbildungskapazitäten für Handel und handelsbezogene Fragen zu unterstützen, unter anderem auf regionaler Basis.

* Soweit die Entwicklungsländer dies wünschen, wird außerdem technische Hilfe für Nachhaltigkeitsprüfungen gewährt, um die Verflechtungen zwischen Handel, Umwelt und Entwicklung bei der Handelsliberalisierung zu prüfen, wie es der von der EU in Johannesburg eingegangenen Verpflichtung entspricht.

* Verstärkung der derzeitigen Bemühungen um die Verbesserung der Kapazitäten der Entwicklungsländer im gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Bereich, da sich gezeigt hat, dass die gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Standards eines der größten Hemmnisse für eine Steigerung der Exporte der Entwicklungsländer in Industrieländer darstellen. Insbesondere Fortsetzung der Ausarbeitung eines Aktionsprogramms im gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Bereich, einschließlich eines Standardkonzepts für die Länderbewertung, eines Katalogs möglicher TH-Maßnahmen für gemeinsame Probleme, einschließlich entsprechender Schulungsprogramme, und Ermittlung von zusätzlichen Finanzierungsquellen und geeigneten Experten.

Beitrag zu internationaler Wirksamkeit und Koordinierung

* Sicherstellung einer politischen Kohärenz zwischen den multilateralen und bilateralen/regionalen Handelsagenden, die zu geeigneten Synergieeffekten bei der Erbringung der handelsbezogenen Hilfe führt. Dies ist wesentlich für die Beziehungen der EU zu allen Entwicklungspartnerländern, bedarf jedoch im Falle der schwächsten unter ihnen, wie beispielsweise vieler AKP-Länder, noch größerer Aufmerksamkeit.

* Überprüfung der bestehenden Mechanismen für die Koordinierung zwischen den EU-Mitgliedstaaten und Einführung der erforderlichen Änderungen. Förderung eines intensiveren Austauschs der bewährtesten Methoden zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten. Förderung eines ähnlichen Austauschs mit anderen Gebern (u.a. mit dem Entwicklungshilfeausschuss der OECD).

* Eintreten für eine effizientere Zusammenarbeit mit Organisationen wie WHO, UNCTAD, WTO, ITC, UNDP, UNEP, WB, IWF, UNIDO und ILO, die über spezielles Sachwissen in Handels- und handelsbezogenen Fragen verfügen. Prüfung der Stärken der verschiedenen mit Handelsfragen befassten internationalen Einrichtungen und Ermittlung der besten Wege der Zusammenarbeit mit ihnen. Gegebenenfalls könnte dies auch die Weiterleitung der Hilfe über Organisationen beinhalten, die über einen komparativen Vorteil verfügen, so dass Wirksamkeit und Effizienz erhöht und Doppelarbeiten vermieden werden.

* Weitere Befürwortung des Integrierten Rahmens für die LDC als solides Instrument für die Einbeziehung des Handels in die Entwicklungspolitiken der LDC. Gleichzeitig Bemühungen um die Ausdehnung der Grundsätze und Methoden des Integrierten Rahmens auf die Entwicklungsländer, vorrangig andere Niedrigeinkommensländer mit ähnlichen Bedürfnissen und Sachzwängen wie die LDC. Gegebenenfalls Unterstützung des IF-Treuhandfonds mit Ressourcen der Entwicklungszusammenarbeit.

* Unterstützung des WTO-Sekretariats bei der Erbringung technischer Hilfe im Rahmen der WTO-Pläne für technische Hilfe. Diese Pläne müssen sicherstellen, dass alle Entwicklungsländer einbezogen werden. Sie sollten eher bedarfs- als nachfrageorientiert sein, sämtliche Verhandlungs- und Umsetzungsthemen abdecken und sich unmittelbar auf die entsprechenden Schulungen und weniger auf allgemeine Seminare und Informationsveranstaltungen konzentrieren. Die Kommission beabsichtigt, sich am ,DDA Global Trust Fund" (Allgemeiner Treuhandfonds der Entwicklungsagenda von Doha) zu beteiligen, der die Finanzierungsquelle für die WTO-Pläne für technische Hilfe darstellt.

* Weitere Beteiligung an den Leitungsgremien des Integrierten Rahmens (Inter Agency Working Group und Lenkungsausschuss). Zwei Prioritäten müssen angegangen werden: a) verstärkte Beteiligung bilateraler Geber an den ,Diagnostic Trade Integration Studies"; b) Weiterentwicklung der Rolle der ,Förderer" (facilitators), womit Geber gemeint sind, die ein Land bei der Schaffung adäquater nationaler Kapazitäten zur Einbeziehung des Handels in die Entwicklungspolitik unterstützen. Darüber hinaus sollte die Funktion der Kommission selbst sowie der Mitgliedstaaten als ,Förderer" ausgedehnt werden.

* Ermutigung regionaler Entwicklungsbanken (z.B. Afrikanische Entwicklungsbank, Asiatische Entwicklungsbank und Interamerikanische Entwicklungsbank) zur Bereitstellung zusätzlicher Mittel für die Agenda zum Aufbau von Handelskapazitäten.

Vor dem Hintergrund dieser spezifischen Verpflichtungen will die Kommission bis Ende 2005 eine allgemeine Überprüfung der handelsbezogenen Hilfe der EU erstellen.

Anhang 1 - Überblick über die handelsbezogene Hilfe der EU

Es ist nicht einfach, die Höhe der handelsbezogenen Hilfe der EU zu ermitteln. Zwar gibt es zahlreiche Projekte und Programme, die sich ausdrücklich mit technischer Hilfe und Kapazitätsaufbau im Bereich der Handelspolitik befassen. Häufig jedoch sind die Maßnahmen in diesem Bereich Teil eines sektoralen Programms, z. B. für den Verkehr oder die Landwirtschaft. Außerdem sind der Kapazitätsaufbau und die institutionelle Unterstützung oft allgemeine und unbefristete Maßnahmen, damit auf die spezifischen Bedürfnisse der Beteiligten eingegangen werden kann. Im Einzelnen kann über die Maßnahmen, die auch handelsbezogene Aktivitäten umfassen können, erst während der Durchführung entschieden werden. Daher kann der Anteil an handelsbezogenen Aktivitäten bei derartigen Projekten erst im Stadium der Ex-Post-Evaluierung ermittelt werden.

Eine erste Einschätzung der Höhe der handelsbezogenen Hilfe der EU in den letzten fünf Jahren ergab einen Projektgesamtwert von rund 640 Mio. EUR für 117 Maßnahmen. Hiervon können rund 30 % als technische Hilfe und Kapazitätsaufbau im engen Sinne betrachtet werden. Der Rest entfällt hauptsächlich auf die Handelsförderung und Unterstützung für den Privatsektor. Was die regionale Verteilung betrifft, so flossen 61 % in die AKP-Länder und 14 % bzw. 12 % nach Lateinamerika und in den Mittelmeerraum. Der verbleibende Anteil wurde Asien und der früheren Sowjetunion zugewiesen (9 % bzw. 4 %).

Insgesamt werden 60 % der Projekte auf regionaler und 40 % auf nationaler Ebene durchgeführt. Die handelsbezogenen Programme stehen häufig im Zusammenhang mit neuen Handelsabkommen mit der EU (z. B. im Falle der AKP-Gruppe, Lateinamerikas und des Mittelmeerraums). Einige der in Lateinamerika und Asien durchgeführten Programmen haben eine signifikante handelsbezogene Komponente zur Förderungen engerer Beziehungen zwischen der Region und der EU durch Joint-ventures und Investitionen.

Aus jüngerer Zeit stammen u. a. folgende handelsbezogene Hilfeprogramme:

* ein mit 10 Mio. ausgestattetes Programm zur Unterstützung der AKP-Länder bei der Umsetzung der Ergebnisse der Uruguay-Runde, beim Beitritt zur WTO und bei der Beteiligung an der DDA;

* ein mit 20 Mio. ausgestattetes Programm zur Vorbereitung der AKP-Länder und -Regionen auf die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen;

* ein mit 45 Mio. ausgestattetes Programm für den Kapazitätsaufbau zwecks Verbesserung der Hygienebedingungen bei Fischereiexporten;

* ein mit 29 Mio. ausgestattetes Programm ,Pestizidinitiative" zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Gartenbausektors der AKP-Länder;

* ein mit 60 Mio. ausgestattetes Handelsförderungsprogramm für Ägypten;

* ein mit 6 Mio. ausgestattetes Handelsförderungsprogramm für Pakistan;

* ein mit 2 Mio. ausgestattetes WTO-bezogenes Kapazitätsaufbauprogramm für die Philippinen;

* ein mit 8 Mio. EUR ausgestattetes Programm zur Förderung der Freihandelszone mit Mexiko;

* ein mit 8 Mio. EUR ausgestattetes Programm zur Unterstützung der Zollunion in Mittelamerika;

* ein mit 4 Mio. EUR ausgestattetes Programm für Normen und technische Standards im Mercosur;

* ein mit 5 Mio. EUR ausgestattetes Programm für die Zusammenarbeit mit dem Mercosur in Zollangelegenheiten;

* 1,2 Mio. EUR für die Task Force von UNEP/UNCTAD für den Kapazitätsaufbau in den Bereichen Handel, Umwelt und Entwicklung.

Als unmittelbare Folge der Entwicklungsagenda von Doha ist eine Reihe neuer Initiativen und Tätigkeiten für das Jahr 2002 vorgesehen. Dazu zählen:

* ein zusätzlicher Beitrag zum Treuhandfonds für den Integrierten Rahmen (750.000 EUR);

* ein Beitrag zum ,Allgemeinen Treuhandfonds"(700.000 EUR );

* die Vorbereitung einer intensiven Schulung für die Verhandlungsführer der Entwicklungsländer (2,4 Mio. EUR).

Anhang 2 - Integrierter Rahmen für die LDC

Der Integrierte Rahmen, eine gemeinsame Initiative von sechs internationalen Organisationen (WTO, Weltbank, IWF, UNCTAD, UNDP und ITC), wurde 1996 geschaffen, um die LDC bei der Einbeziehung des Handels in ihre Entwicklungspolitik zu unterstützen. Dies erfolgt auf der Grundlage einer umfassenden Analyse des Handelspotenzials durch eine ,Diagnostic Trade Integration Study" (DTIS), in der der Bedarf an handelsbezogener Hilfe und Kapazitätsaufbau für die Beseitigung der Schwächen ihrer Produktions- und Vermarktungssysteme ermittelt wird und ihre institutionelle, rechtliche und ordnungspolitische Kapazität zur Teilnahme am internationalen Handelssystem bewertet wird.

Die Folgemaßnahmen zu den ersten Studien blieben jedoch hinter den Erwartungen zurück, und das Funktionieren des IF-Prozesses wurde als nicht zufriedenstellend eingestuft. Daher beschlossen die beteiligten Organisationen Anfang 2001, die Initiative neu zu beleben. Unter Führung der Weltbank wurden eine Methodik und ein Muster für Leistungsbeschreibungen für eine neue Reihe von DTIS festgelegt. Bis November 2001 wurden drei Pilotstudien (Kambodscha, Mauretanien und Madagaskar) fertig gestellt. In Kambodscha und Mauretanien fanden im Anschluss an die Studien landesinterne Workshops statt.

Der nächste Schritt besteht darin, die Finanzierungsmodalitäten für die in den DTIS empfohlenen Maßnahmen festzulegen. Dies geschieht idealerweise im Rahmen der Konsultativgruppe unter Schirmherrschaft der Weltbank oder durch den Rundtisch-Mechanismus der UNDP. Um unnötige Verzögerungen zu vermeiden, wird in Fällen, in denen innerhalb einer vernünftigen Zeitspanne nach dem landesinternen Workshop keine Sitzung der Konsultativgruppe oder kein Rundtisch vorgesehen sind, von dem Entwicklungsland mit Hilfe eines Geberlandes (,Förderer"), eine Sondersitzung mit allen Gebern organisiert, um die Finanzierung zu sichern. In diesen Fällen verpflichtet sich das Land selbst, die Ergebnisse der DTIS in sein Strategiepapier zur Armutsbekämpfung zu übernehmen, um sicherzustellen, dass das ,Mainstreaming"-Ziel berücksichtigt wird.

In den nächsten 15 Monaten werden DTIS in elf weiteren Ländern durchgeführt: Malawi, Senegal, Lesotho, Jemen, Äthiopien, Nepal, Eritrea, Dschibuti, Burundi, Guinea und Mali.

Die DTIS werden aus dem IF-Treuhandfonds finanziert, der vom UNDP verwaltet wird. Die bilateralen Geber wurden Mitte 2001 gebeten, Beiträge zum IF-Treuhandfonds zuzusagen. Die Europäische Kommission stellte 200.000 EUR für 2001 bereit. 2002 will sie 750.000 EUR beitragen, insbesondere für die LDC, die zur AKP-Ländergruppe gehören. Im IF-Treuhandfonds befinden sich insgesamt über 10 Mio. USD, von denen die Hälfte von der Europäischen Union (Mitgliedstaaten und Kommission) bereitgestellt wurden.

Dank seiner soliden methodischen Grundlage und der von den LDC übernommenen Eigenverantwortung stellt der IF ein wichtiges Instrument für die Einbeziehung des Handels in die Wirtschafts- und Entwicklungspolitik dieser Länder dar.