52002DC0233

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - auf dem weg zu einem integrierten grenzschutz an den aussengrenzen der EU-mitgliedstaaten /* KOM/2002/0233 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT - AUF DEM WEG ZU EINEM INTEGRIERTEN GRENZSCHUTZ AN DEN AUSSENGRENZEN DER EU-MITGLIEDSTAATEN

I. EINLEITUNG

Der politische und institutionelle Rahmen

1. Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung vom 14. und 15. Dezember in Laeken Folgendes festgehalten:

«Effizientere Kontrollen an den Außengrenzen der Union werden zur Bekämpfung von Terrorismus,Schleuserkriminalität und Menschenhandel beitragen. Der Europäische Rat ersucht den Rat und die Kommission, die Mechanismen für eine Zusammenarbeit zwischen den für die Kontrolle der Außengrenzen zuständigen Dienststellen festzulegen und die Voraussetzungen für die mögliche Schaffung eines Mechanismus oder gemeinsamer Dienststellen für die Kontrolle der Außengrenzen zu prüfen (...)". [1]

[1] Schlussfolgerung 42 des Vorsitzes, Laeken, 14. und 15. Dezember 2001.

Damit erinnert der Europäische Rat daran, dass ein in sich schlüssiger, wirksamer und gemeinsamer Schutz der Außengrenzen der EU-Mitgliedstaaten zur Sicherheit der Bürger beitragen und ihnen das Gefühl vermitteln wird, dass sie Teil eines gemeinsamen Raums und einer Schicksalsgemeinschaft sind. Diese Schlussfolgerung knüpft an die Anstrengungen zur Bekämpfung des Terrorismus, der Schleuserkriminalität und des Menschenhandels an. [2] Der Europäische Rat hebt bei dieser Gelegenheit gleichzeitig eine starke Komplementarität der unterschiedlichen, bei den Kontrollen und bei der Überwachung der Aussengrenzen zu erfuellenden Aufgaben hervor, wobei ebenfalls unter dem institutionellen Gesichtspunkt die Aufgaben auf den ersten und dritten Pfeiler aufgeteilt sind.

[2] Mitteilung der Kommission zur illegalen Einwanderung (KOM)(2001) 672 vom 15. Novembre 2001, Rede von Präsident Prodi vor dem Europakolleg, Brügge, November 2001.

Zweifellos betrifft beispielsweise das Überschreiten der Aussengrenzen durch Personen einen Bereich, der durch das Gemeinschaftsrecht des Titels IV EG-V bestimmt wird. Ohne Zweifel fällt ferner die Festnahme einer durch die Justiz- oder Polizeibehörden gesuchten Person oder die Überprüfung einer Person, die eine Bedrohung für die öffentliche Ordnung darstellt, in den Bereich des dritten Pfeilers. Bei einer tagtäglichen Maßnahme kann es indes sein, dass die zuständigen Behörden zum Schutz der Aussengrenzen, beide Aufgaben gleichzeitig wahrnehmen: Die Kontrolle beim Grenzübertritt beginnt immer mit einer Überprüfung der Pässe und der Visa, also einer Aufgabe, die dem Gemeinschaftsrecht unterliegt, aber die Grenzübertrittskontrolle kann auch zu einer Wahrnehmung einer Aufgabe führen, die polizeilichen- oder Strafverfolgungscharakter hat, wenn nach dieser Person gefahndet wird oder eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht.

2. Die Handlungsmöglichkeiten, die in der Einheitlichen Europäischen Akte, dem Maastrichter Vertrag und dem "Schengen-Laboratorium" entwickelt worden sind, haben in den Vertrag von Amsterdam mit seinen Protokollen und Anhängen Eingang gefunden. Am 1. Mai 1999 wurden die rechtlichen und operativen Bestandteile des Schengen-Besitzstands in den institutionellen Rahmen der Europäischen Union übernommen. Die zentralen Elemente, die das Überschreiten der Außengrenzen betreffen, wurden in Titel IV EG-Vertrag, die Ausgleichsmaßnahmen auf dem Gebiet der inneren Sicherheit in Titel VI EU-Vertrag integriert. Doch ob die Sicherheitsmaßnahmen nun im Rahmen des ersten Pfeilers (z.B. die Verschärfung der Kontrollen an den gemeinsamen Außengrenzen [3]) oder im Rahmen des dritten Pfeilers (z.B. die Zusammenarbeit der Polizei und der Justizbehörden im Freizügigkeitsraum [4]) ergriffen werden, sie alle sind komplementär und müssen gemeinsam vorangetrieben werden. Dies ist die Finalität eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, der durch den Amsterdamer Vertrag geschaffen wurde.

[3] Im Rahmen von Titel IV EG-Vertrag, insbesondere Artikel 62.

[4] Artikel 61 EG-Vertrag verweist auf "Maßnahmen im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit (...) nach dem Vertrag über die Europäische Union". Artikel 29 EU-Vertrag sieht einen "Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts mit einem hohen Maß an Sicherheit, dank insbesondere "einer engeren Zusammenarbeit der Polizei-, Zoll- und andererer zuständiger Behörden in den Mitgliedstaaten (...)" vor.

Der rechtliche und operative Schengen-Besitzstand wurde durch seine Integration in die Europäische Union nicht angetastet oder gar verändert, sondern auf neue rechtliche Grundlagen gestellt. [5] Dies bedeutet konkret, dass

[5] Im Beschluss des Rates Nr. 1999/435/EG vom 20. Mai 1999 zur Bestimmung des Schengen-Besitzstands (ABl. L 176 vom 10. Juli 1999, S. 1 bis 16) sind alle Bestimmungen aufgelistet, die rechtlich zum geltenden Schengen-Besitzstand gehörden. Mit Beschluss des Rates Nr. 1999/436/EG vom 20. Mai 1999 sind nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen des EG-Vertrags und des EU-Vertrags die Rechtsgrundlagen für die einzelnen Bestimmungen und Beschlüsse festgelegt worden, die den Schengen-Besitzstand bilden (ABl. L 176 vom 10. Juli 1999, S.17 bis 30).

- die Bestimmungen des Schengen-Besitzstands heute den rechtlichen bzw. institutionellen Status haben, der sich aus der neuen Rechtsgrundlage in Titel IV EG-Vertrag oder Titel VI EU-Vertrag ergibt;

- sich aus der Aufteilung des Schengen-Besitzstands auf Titel IV EG-Vertrag und Titel VI EU-Vertrag ergibt, welches institutionelle Verfahren heranzuziehen ist, um den Besitzstand zu ändern oder weiterzuentwickeln; hingegen bestimmt diese Aufteilung weder Art noch Status oder Organisation der nationalen Kräfte, die beauftragt sind, die Bestimmungen des Besitzstands über die Kontrollen an den Außengrenzen anzuwenden.

In diesem Punkt gibt es mitunter noch Missverständnisse: Es gilt deutlich zu unterscheiden zwischen der Quelle der Rechtsnormen einerseits und der Organisation der betreffenden nationalen Behörden andererseits.

3. Der bestehende EU Acquis im Bereich Aussengrenzen wurde meist im Schengenkontext und im Bereich des Titels IV des EG-V entwickelt. Bei der Entwicklung einer umfassenden Strategie für die Aussengrenzen der Europäischen Union ist festzuhalten, dass das Vereinigte Königreich und Irland nicht automatisch an Schengen und im Bereich des Titels IV teilnehmen und dass sie berechtigt sind, Personen beim Grenzübertritt von anderen Mitgliedstaaten kommend an ihren Grenzen zu kontrollieren. Umgekehrt sind die anderen Mitgliedstaaten berechtigt, solche Kontrollen bei Personen durchzuführen, ,die aus dem Vereinigten Königreich oder aus Gebieten, deren Aussenbeziehungen in seiner Verantwortung liegen , sowie aus Irland kommen.

Indes beteiligen sich beide Mitgliedstaaten an der gesamten Zusammenarbeit im Bereich des Titels VI und haben sich jetzt dazu entschlossen, auch an der Zusammenarbeit im polizeilichen und justitiellen Bereich des Schengen Acquis einschließlich bestimmter Bereiche bei der Bekämpfung der illegalen Einwanderung teilzunehmen. Beide Staaten beabsichtigen ebenfalls an Gemeinschaftsmaßnahmen im Bereich des Titels IV teilzunehmen, wie an Maßnahmen gegen Beförderungsunternehmen, gegen unerlaubten Grenzübertritt, Transit und Aufenthalt, Rückführungsabkommen mit Drittstaaten und an Maßnahmen zur Verbesserung der Visasicherheit.

Unbeschadet der besonderen Position des Vereinigten Königreichs und Irlands ist zu berücksichtigen, dass Maßnahmen zu Stärkung der EU-Aussengrenzen von Bedeutung für alle Mitgliedstaaten ist. Unzureichende Grenzsicherung, die Notwendigkeit Infrastruktur in den Beitrittsstaaten und in Drittländern zu schaffen und illegale Einwanderung sowie Gefahren der organisierten Kriminalität und des Terrorismus zu bekämpfen, haben Auswirkungen für alle Mitgliedstaaten, unabhängig davon, ob sie den Schengen Acquis voll anwenden oder nicht. Ein Schwerpunkt muss in dieser Hinsicht auf eine vertiefte operationelle Zusammenarbeit gelegt werden. Dies sind Bereiche, bei denen erste Schritte nicht notwendigerweise einer Rechtsgrundlage bedürfen, wie Fälschungserkennung und Stärkung der Drittländer. Hier kann ein Nutzen aus der Erfahrung und dem Beitrag aller Mitgliedstaaten gezogen werden.

Die Kernthemen

4. Die Sicherheit der Aussengrenzen der Europäischen Union stellt ein Kernthema für die europäischen Bürger dar. Die Außengrenzen der Europäischen Union gelten nach wie vor - zu Recht oder zu Unrecht - als ein schwaches Glied des Systems, das die innere Sicherheit der Mitgliedstaaten im Raum ohne Binnengrenzen gewährleisten soll. Die Europäische Union verfügt bereits über einen präzisen gemeinschaftlichen Besitzstand im Bereich der Aussengrenzen; indes besteht augenblicklich die Hauptschwierigkeit darin, alle operationellen Synergien der Mitgliedstaaten nutzen zu können, um gemeinsame Maßnahmen besser zu koordinieren und hierdurch ein homogeneres Niveau an allen Aussengrenzen zu erreichen. Vor dem Hintergrund der Erweiterung betonen die Bürger die Notwendigkeit, das Niveau der inneren Sicherheit in der erweiterten europäischen Union beizubehalten oder zu verstärken. Zur Abwehr der vielfältigen Gefahren, die mit dem Personen- und Warenverkehr über die Außengrenzen einhergehen, wäre es durchaus denkbar, durch eine größere Öffnung der einzelstaatlichen Grenzschutzsysteme Synergieeffekte, Kostenvorteile und eine effizientere Mittelverteilung zu erreichen, ohne dass dadurch die institutionellen und geografischen Gegebenheiten angetastet werden.

Die innere Sicherheit ist für die Europäische Union nunmehr eine vorrangige Angelegenheit, denn sie steht hier vor insgesamt vier Herausforderungen:

- zwischen den Mitgliedstaaten, die an ihren Binnengrenzen keine Personen- und Warenkontrollen mehr durchführen [6], ein Vertrauensverhältnis schaffen, um Personen das Reisen zu erleichtern;

[6] Das Zollgebiet der Gemeinschaft umfasst das Gebiet aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Dazu gehören auch einige Regionen in äußerster Randlage, auf die gemäß Artikel 138 des Schengener Durchführungsübereinkommens und entsprechend den Erklärungen, die dem Amsterdamer Vertrag beigefügt sind, der Schengen-Besitzstand nicht Anwendung findet. Nicht zum Zollgebiet der Gemeinschaft gehören hingegen Norwegen und Island sowie einige periphere oder autonome Gebiete, die der Nordischen Passunion angehörten und nunmehr ausdrücklich zum räumlichen Geltungsbereich des Schengener-Besitzstands gehören.

- wirksamer gegen illegale Migration unter Berücksichtigung der Grundsätze des Asylrechts vorzugehen, sowie gegen jegliche Form organisierter Kriminalität und insbesondere Menschen- und Drogenhandel;

- die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen, um die Gefahren abzuwehren, die der Terrorismus von außen und von innen für die Mitgliedstaaten und die Sicherheit der Menschen bedeutet;

- zu gewährleisten, dass auch nach der Erweiterung innerhalb der Europäischen Union ein hohes Maß an Sicherheit gegeben ist [7]., und insbesondere, dann, wenn neuen Mitgliedstaaten gestattet worden ist, den Schengen-Besitzstand anzuwenden was in der Folge eine erhebliche Vergrößerung der Landaussengrenzen bedeutet, oftmals in einer regional schwierigeren Umgebung.

[7] Gemäß Artikel 8 des Protokolls zur Einbeziehung des Schengen-Besitzstands in den Rahmen der Europäischen Union "gelten der Schengen-Besitzstand und weitere Maßnahmen, welche die Organe im Rahmen seines Anwendungsbereichs getroffen haben, als Besitzstand, der von allen Staaten, die Beitrittskandidaten sind, vollständig zu übernehmen ist." Anders als der gemeinschaftliche Besitzstand im Bereich Zoll jedoch gilt der Schengen-Besitzstand für die neuen Mitgliedstaaten nicht unmittelbar nach ihrem Beitritt.

In diesem Zusammenhang ist zu unterstreichen, dass die Anwendung des Schengenbesitzstandes sich für die neuen Mitgliedstaaten in zwei unterschiedlichen Etappen vollzieht, wie dies auch in der Vergangenheit der Fall gewesen ist [8]: Der Beitritt zur Europäischen Union bedeutet nicht automatisch, dass dieser neue Staat die Gesamtheit des Schengen Besitzstandes anwenden kann. Hierzu ist zunächst eine Entscheidung des Rates erforderlich, in der festgestellt wird, dass dieser Staat den erforderlichen Sicherheitsstandard an den Aussengrenzen erreicht hat. Die Mitgliedstaaten bereiten sich seit einigen Jahren ernsthaft auf die Erfuellung der Anforderungen des Acquis von Schengen im Bereich Justiz und Inneres vor. Sie erhalten hierfür sehr hohe finanzielle Mittel sowie Wissensvermittlung der Europäischen Union. Die Anpassung ihrer institutionellen Systeme und Gesetzgebung, sowie die Modernisierung der Infrastrukturen und Ausstattung des Grenzschutzes der Beitrittsstaaten entwickeln sich in vielversprechender Weise.

[8] Die neuesten Beispiele, die der Situation der aktuellen Beitrittsländer, am ehesten vergleichbar sind, betreffen insbesondere Österreich, Finnland und Schweden die am 1. Januar 1995 Mitgliedstaaten der Europäischen Union wurden. Österreich trat dem Schengener Übereinkommen am 28 April 1996 bei, die volle Anwendung des Schengener Besitzstandes erfolgte erst am 31 März 1998. Finnland und Schweden sind dem Schengener Übereinkommen am 19 Dezember 1996 beigetreten , die volle Anwendung des Schengener Besitzstandes erfolgte erst am 26 März 2001.

In diesem Zusammenhang ist auch zu unterstreichen, dass die Verbesserung der Wirksamkeit der Kontrollen an den Aussengrenzen nicht nur dazu dient, die innere Sicherheit der Mitgliedstaaten zu erhöhen, sondern auch dazu, den Personen-, Güter- und Warenverkehr zwischen der Europäischen Union und Drittstaaten zu beschleunigen. Wirtschaftlicher und kultureller Austausch insbesondere mit den geographisch am nächsten gelegenen Drittstaaten würde hierdurch im gegenseitigen Interesse gefördert.

5. An den Außengrenzen der Europäischen Union manifestiert sich auch eine gemeinsame Vorstellung von innerer Sicherheit. Das Fehlen eines gemeinsamen Konzepts und einer unmissverständlich artikulierten gemeinsamen Politik auf diesem Gebiet könnte zu gravierenden politischen und strategischen Problemen führen und die Herausbildung einer praktikablen Politik der EU im Bereich Justiz und Inneres behindern. Problematisch wären insbesondere:

- Ein rein nationaler oder sich auf Abkommen zwischen angrenzenden Staaten stützender Schutz der Außengrenzen, der nicht zur Stärkung des gegenseitigen Vertrauens beiträgt, dass für die Abschaffung der Personenkontrollen an den Binnengrenzen unerlässlich ist;

- das Fehlen eines strukturierten, langfristig angelegten und Handlungskontinuität garantierenden Haushaltsrahmens, so dass sich die Europäische Union kein ehrgeizigeres Ziel als die Durchführung punktueller Aktionen setzen kann. Entscheidend ist hier, ob die Mitgliedstaaten und die EU sich auf eine faire Verteilung der finanziellen Belastung einigen können und imstande sind, Synergieeffekte und Kosteneffekte zu erzielen und damit Ressourcen einzusparen;

- die Unmöglichkeit, die außenpolitische Dimension der Politik auf dem Gebiet der Kontrollen an den Außengrenzen und deren Überwachung mit einer Stimme zu artikulieren: bei Verhandlungen oder Beratungen mit Drittländern sowie in den Fachgremien internationaler Organisationen, in denen direkt oder indirekt um Grenzkontrollen geht, gerät die Fähigkeit der EU, ihre eigene Politik durchzusetzen, auf den Prüfstand.

Die Ziele

6. Ein Ziel dieser Mitteilung ist es, auf Unionsebene einen Arbeitsmechanismus vorzuschlagen durch den die tatsächlich mit den Kontrollen an den Aussengrenzen befassten Vollzugsbeamten an einen Tisch gesetzt werden, um ihre operationellen Maßnahmen im Rahmen einer integrierten Strategie miteinander zu koordinieren und dabei schrittweise der Pluralität der Dimension des Grenzschutzes an den Aussengrenzen Rechnung zu tragen. Dabei geht es darum, einen kohärenten Rahmen für ein gemeinsames Vorgehen mittel- und langfristig zu entwickeln. Die vorliegende Mitteilung befasst sich mit dem Personenverkehr und stützt sich daher auf den Schengen-Besitzstand, der zur Zeit allein in diesem Bereich eine gemeinschaftsrechtliche Wirklichkeit darstellt. Die in dieser Mitteilung enthaltenen Leitlinien und empfohlenen Maßnahmen haben einen dynamischen zeitlichen Charakter. Sie sollen in einer ersten Phase, auf der Grundlage der heute bestehenden Verträge, durch eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstand verwirklicht werden Dabei geht es nicht darum, die zum Erlass von Rechtsnormen erforderliche institutionelle Wirklichkeit der drei Pfeiler in Frage zu stellen. Vielmehr soll vor allem eine Dynamik von operationellen Maßnahmen bewirkt werden, die aufbaut, auf der Aussengrenzdimension von Justiz und Inneren. Wenn sich auf dem Wege zu dieser Dynamik neue institutionelle Erfordernisse ergeben sollten, um besser auf Gemeinschaftsebene handeln zu können, wäre es indes nützlich, dass der Konvent zur Zukunft Europas hiervon Kenntnis nimmt. Ohnehin und um die Überlegungen zu den Aussengrenzen im bestehenden Rahmen zu vervollständigen wird der vorliegenden Mitteilung eine zweite folgen, die sich mit dem Waren- und Güterverkehr jeglicher befasst. Diese beiden Mitteilungen, die sich auf die unterschiedlichen Erfahrungen stützen, sollten gemeinsam dazu beitragen, eine globale Strategie zu entwickeln, um eine verstärkte Wirksamkeit des integrierten Grenzschutzes an den Aussengrenzen zu erreichen.

Darüber hinaus bedeutet die Erweiterung neue Herausforderungen für den Schutz der Aussengrenzen. Zu einem großen Teil werden die zukünftigen Mitgliedsstaaten die Verantwortung für die Sicherheit der Union tragen, während sie sich noch im Prozess des wirtschaftlichen und sozialen Übergangs befinden. Der Schutz dieser zukünftigen Aussengrenzen wird bei der voraussichtlichen Entwicklung des Verhältnisses der Union zu ihren zukünftigen Nachbarn, wie Weißrußland und Ukraine, eine Schlüsselrolle spielen. Mithin besteht die Notwendigkeit einen kohärenten Ansatz in enger Abstimmung mit den zukünftigen Mitgliedstaaten in Hinblick auf die Verlängerung der seit einigen Jahren seitens der europäischen Union auf den Weg gebrachten Maßnahmen zu entwickeln.

7. In dieser Mitteilung erfolgt eine Bestandsaufnahme des Schengen-Besitzstands und der bisherigen operativen Praxis sowie eine Analyse der Bedürfnisse der Europäischen Union (Teil II) auf dem Weg zur Erweiterung. Auf dieser Grundlage wird die Entwicklung einer gemeinsamen Politik für den Grenzschutz an den Außengrenzen der EU-Mitgliedstaaten vorgeschlagen (Teil III), deren Komponenten untrennbar miteinander verknüpft sind.

II. BESTANDSAUFNAHME: DEM GEMEINSCHAFTLICHEN BESITZSTAND AUF DEM GEBIET DES ÜBERSCHREITENS DER AUSSENGRENZEN MANGELT ES IN DER PRAXIS AN EINER ECHTEN OPERATIVEN KOORDINIERUNG.

Im Folgenden werden zunächst kurz der rechtliche und institutionelle Rahmen, der aus dem Schengen-Besitzstand hervorgegangen ist, sowie die derzeitige operative Praxis beschrieben; anschließend wird eine Bedarfsanalyse aufgestellt.

II. a) Der rechtliche und institutionelle Rahmen für die Verwaltung der Außengrenzen

8. Der gemeinschaftliche Besitzstand und die Quellen der geltenden Rechtsnormen

Seit dem Zeitpunkt, zu dem das Schengener Durchführungsübereinkommen [9] zur Anwendung gelangt ist (26. März 1995), unterliegen die Kontrollen an den und die Überwachung der Außengrenzen der beteiligten Mitgliedstaaten gemeinsamen und einheitlichen Grundsätzen. Diese sind in Kapitel 2 im Titel II des Schengener Durchführungsübereinkommens festgeschrieben. Genaue Durchführungsbestimmungen zu diesen Grundsätzen finden sich im Gemeinsamen Handbuch für die Außengrenzen. [10] Für alle Bestimmungen wurde eine neue Rechtsgrundlage in Titel IV EG-Vertrag festgelegt. [11]

[9] Die genaue Bezeichnung des Schengener Durchführungsübereinkommens lautet "Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen". Das Durchführungsübereinkommen wurde am 19. Juni 1990 unterzeichnet (ABl. L 239 vom 22. September 2000, S. 19 bis 62).

[10] Dem Beschluss vom 28. April 1999, mit dem der Schengen-Exekutivausschuss dieses Handbuch angenommen hat (ABl. L 239 vom 22. September 2000, S.317), wurde mit Beschluss des Rates Nr. 1999/436/CE vom 20. Mai 1999 einer Rechtsgrundlage zugeordnet.

[11] Siehe den Beschluss des Rates 1999/436/EG vom 20. Mai 1999 (ABl. L 176 vom 10. Juli 1999).

Nach Artikel 3 des Schengener Durchführungsübereinkommens "dürfen die Außengrenzen grundsätzlich nur an den Grenzübergangsstellen und während der festgesetzten Verkehrsstunden überschritten werden". Artikel 5 des Schengener Durchführungsübereinkommens schreibt die Grundsätze der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die Einreise von Drittausländern für einen Aufenthalt von bis zu drei Monaten im gemeinsamen Raum ohne Binnengrenzen fest und regelt das Vorgehen des Grenzschutzes, wenn Personen gemäß Artikel 96 des Schengener Durchführungsübereinkommens zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sind.

In Artikel 6 des Schengener Durchführungsübereinkommens sind die Pflichten der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Kontrollen an den Außengrenzen und deren Überwachung festgelegt. [12] Kontrolliert werden Personen, die Außengrenzen rechtmäßig überschreiten. Den Mitgliedstaaten sind in Bezug auf die Personenkontrollen verhältnismäßig umfassende Pflichten auferlegt worden. So ist die systematische Identitätskontrolle auch dann obligatorisch, wenn es sich um EU-Bürger oder sonstige Begünstigte des Gemeinschaftsrechts handelt. Die Überwachung der Außengrenzen außerhalb der Grenzübergangsstellen hat hingegen den Zweck, Menschen davon abzuhalten, die Grenzen illegal zu überschreiten. Die Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass die Überwachung an allen Außengrenzen einem gleichmäßigen Standard folgt.

[12] Siehe Anlage 1 "Terminologische Hinweise".

9. Untrennbar mit der Thematik der Kontrollen an den Außengrenzen und deren Überwachung verbunden sind auch folgende Elemente des Schengen-Besitzstands:

-Artikel 26 (Verantwortlichkeit des Beförderungsunternehmers) und Artikel 27 (Verantwortlichkeit von Personen, die zu Erwerbszwecken einem Drittausländer helfen, illegal einzureisen) des Schengener Durchführungsübereinkommens sowie die sich daran anschließenden Bestimmungen [13], die auf die Vorbeugung der illegalen Einwanderung abzielen;

[13] Richtlinie Nr. 2001/51/EG des Rates vom 28. Juni 2001 zur Ergänzung der Regelungen nach Artikel 26 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 (ABl. L 187 vom 10. Juli 2001, S. 45-46).

- Artikel 71 Absatz 3, der die Stärkung der Kontrollen des Personenverkehrs, des Waren- und Güterverkehrs an den Außengrenzen "zur Bekämpfung der unerlaubten Einfuhr von Suchtstoffen von Suchtstoffen und psychotropen Stoffen..." betrifft;

- horizontale Bestimmungen, wie das Schengener Informationssystem (SIS [14]), die bei den Außengrenzen ebenfalls zur Anwendung gelangen.

[14] Siehe die Artikel 92 bis 101 des Schengener Durchführungsübereinkommens.

Artikel 101 Absatz 1 Buchstabe a) des Schengener Durchführungsübereinkommens sieht vor, dass die "die für die Grenzkontrollen zuständigen Stellen Zugriff auf die im SIS gespeicherten Daten mit dem Recht erhalten, diese unmittelbar abzurufen". Ziel dieser Bestimmung ist, dass die Außengrenze bei Ein- und Ausreisekontrollen von Personen mit Blick auf die innere Sicherheit im weitesten Sinne als Barriere oder Filter fungiert. Darüber hinaus haben die konsularischen Behörden Zugriff auf die Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung gemäß Artikel 96 des Schengener Durchführungsübereinkommens. Sie sind gehalten, das SIS zu konsultieren, bevor sie einem Drittausländer ein Visum erteilen [15].

[15] EU-Bürger, Staatsangehörige der Länder des Europäischen Wirtschaftsraums sowie die Familienangehörigen dieser Begünstigten des Gemeinschaftsrechts dürfen, unabhängig davon, welche Staatsangehörigkeit sie besitzen, im Prinzip nicht gemäß Artikel 96 ausgeschrieben werden.

10. Wie ist gewährleistet, dass die gemeinsamen Vorschriften über das Überschreiten der Außengrenzen ordnungsgemäß angewandt werden-

Im Rahmen der Regierungszusammenarbeit für Schengen ist ein System zur gegenseitigen Überwachung eingerichtet worden, der Ständige Ausschuss Schengener Durchführungsübereinkommen, der über ein Mandat für ganz bestimmte Fragen verfügt. [16] So kann er für jeden Mitgliedstaat in der Regel Folgendes bewerten: die Verbindungen und Beziehungen zwischen den Kontrollen an den Außengrenzen und deren Überwachung, die Praxis der Visumerteilung, die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit an den Binnengrenzen und den Einsatz des SIS. Zwei Ziele wurden diesem Ausschuss gesetzt:

[16] Siehe Beschluss des Schengen-Exekutivausschusses SCH/Com-ex (98) 26 endg. vom 16. September 1998, ABl. L 239 vom 22. September 2000 (S.138).

- Bewertung neuer Mitgliedstaaten zur Vorbereitung des Beschlusses des Rates, der diesen ermächtigt, den Schengen-Besitzstand in Kraft zu setzen; [17]

[17] Die letzte Bewertung dieser Art betraf die aus Dänemark, Finnland, Schweden, Norwegen und Island gebildete Gruppe für den Zeitraum des ersten Quartals 2000 bis zum ersten Quartal 2001.

- Überprüfung, ob die Mitgliedstaaten den Schengen-Besitzstand ordnungsgemäß anwenden. [18]

[18] Die letzte Bewertung dieser Art betraf Frankreich (erstes Quartal 2002).

Dieser Bewertungsausschuss wurde dem Artikel 66 EG-Vertrag sowie den Artikeln 30 und 31 EU-Vertrag zugeordnet. [19]

[19] Siehe den Beschluss des Rates 1999/436/EG vom 20. Mai 1999 (ABl. L 176 vom 10. Juli 1999).

11. Im Rahmen dieses Bewertungssystems sind keine unangekündigten Besuche möglich; außerdem sind diese Besuche keine echten Inspektionen. So können keine Phänomene oder Probleme geprüft werden, die gleichzeitig mehrere Mitgliedstaaten betreffen, z.B. bestimmte Arten von Außengrenzen (See-, Land- oder Luftgrenzen) oder die Konsulate mehrerer Mitgliedstaaten in ein und derselben Region.

Für Mitgliedstaaten, die den Schengen-Besitzstand anwenden, wird nach dem Bewertungsbesuch ein Bericht erstellt, aus dem jedoch nicht alle logischen Konsequenzen gezogen werden können, beispielsweise Sanktionen oder operative bzw. finanzielle Hilfen für einen oder mehrere Mitgliedstaaten. Gleichwohl stellt dieses aus dem Ständigen Ausschuss Schengener Durchführungsübereinkommen hervorgegangene System einen wertvollen Ausgangspunkt dar für die Bemühungen um eine Intensivierung der Bewertung der Außengrenzen mit Blick auf die innere Sicherheit. Es sollte unter Beachtung der Erklärung, die die Kommission anlässlich der Einbeziehung des Schengen-Besitzstands in die Europäische Union abgegeben hat [20] sowie unter Beachtung der regulären institutionellen Verfahren bei Verstößen der Mitgliedstaaten gegen Gemeinschaftsrecht vertieft werden.

[20] "Nach Artikel 1 des Protokolls zur Einbeziehung des Schengen-Besitzstands in den Rahmen der Europäischen Union erfolgt die verstärkte Schengen-Zusammenarbeit 'innerhalb des rechtlichen und institutionellen Rahmens der Europäischen Union und unter Beachtung der einschlägigen Bestimmungen des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft'. Daher berührt nach Ansicht der Kommission die Einbeziehung des Beschlusses des Exekutivausschusses zur Einrichtung des Ständigen Ausschusses Schengener Durchführungsübereinkommen (SCH/Com-ex (98) 26 endg. vom 16.9.1998) in den Rahmen der Union in keiner Weise ihre Zuständigkeiten aufgrund der Verträge, insbesondere ihre Verantwortung als Hüterin der Verträge" (ABl. L 176 vom 10. Juli 1999, S.30).

II. b) Die derzeitige operative Praxis

12. Was sind heute die Grenzschutzbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union-

Nach Artikel 6 des Schengener Durchführungsübereinkommens werden die einheitlichen Kontrollen "in nationaler Zuständigkeit, nach Maßgabe des nationalen Rechts und unter Berücksichtigung der Interessen aller Vertragsparteien durchgeführt" . Das bedeutet, dass es im Ermessen jedes Mitgliedstaats liegt, zu entscheiden, wer in seinem nationalen System für die Kontrollen an den Außengrenzen und deren Überwachung zuständig ist. In einigen Staaten werden diese Aufgaben von einer einzigen Einrichtung, in anderen von unterschiedlichen Einrichtungen übernommen, die verschiedenen Ministerien unterstehen. Im letzten Fall erfolgt die Koordinierung, wie im Schengen-Katalog der bewährten Praktiken [21] empfohlen, auf zentraler oder auf regionaler Ebene.

[21] EU-Schengen-Katalog: Kontrollen an den Außengrenzen, Abschiebung und Rückübernahme: Empfehlungen und bewährte Praktiken ( vom Rat JI am 28. Februar 2002 angenommen und vom Generalsekretariat des Rates veröffentlicht).

13. Die Aufgaben, die die Mitgliedstaaten den einzelnen für die Außengrenzen zuständigen Behörden übertragen, umfassen vielfältige Tätigkeiten. Den einzelnen nationalen Stellen steht nicht immer eine genau entsprechende Stelle in einem anderen Mitgliedstaat gegenüber, die die gleichen Aufgaben und die gleichen Strafverfolgungs-, Vorbeugungs- oder Ermittlungsbefugnisse hätte. Diese Vielfalt der Verwaltungsstrukturen in den Mitgliedstaaten ist durchaus legitim, muss gleichwohl praktisch in den Rahmen einer gemeinsamen Grenzschutzstrategie auf Ebene der Europäischen Union eingebunden werden. Daher ist den Verantwortlichen und den Bediensteten der einzelnen Stellen das Bewusstsein dafür zu wecken, dass sie nunmehr die Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union schützen und ihre Arbeit ein Beitrag zu einem europäischen Kontroll- und Überwachungsnetz ist. Wenn alle Tätigkeiten und Aufgaben sämtlicher Stellen zusammengefügt werden, muss sich daraus eine einheitliche Anwendung des Schengen-Besitzstands, des Gemeinschaftlichen Zollkodexes und aller anderen Rechtsvorschriften der EG und der EU ergeben, die für die Außengrenzen maßgeblich sein können. Es geht darum, die Koordination zwischen den verschiedenen zuständigen Behörden zu steigern. Dies würde zu einem Mehrwert führen, zum Beispiel für den Austausch ihrer Methoden der Risikoanalyse.

14. Die Personal- und Ausstattungskosten werden aus den nationalen Haushalten finanziert und sind für einige Mitgliedstaaten, die z.B. Seegrenzen überwachen müssen, besonders hoch. Trotz des Artikels 6 des Schengener Durchführungsübereinkommens richten sich die Arbeitsmethoden, der Einsatz von Personal und Material sowie die Bewirtschaftung dieser Ressourcen nach innerstaatlichen Erwägungen. [22] Beim Zollwesen ist das nicht der Fall: Die Mitgliedstaaten behalten 25 % der Zollabgaben, also der Eigenmittel der Gemeinschaft, für Infrastrukturausgaben an den Außengrenzen des Zollgebiets ein [23]. Gemeinschaftliche Unterstützung steht für gemeinsame Maßnahmen an den Aussengrenzen, einschliesslich der Seegrenzen, für den Polizeibereich, Zoll und die justitielle Zusammenarbeit zur Verfügung. Auf Unionseite können solche Maßnahmen wie unter der INTERRREG Gemeinschaftsinitiative zulässig gefördert werden, die grenzüberschreitende, transnationale und interegionale Zusammenarbeit unterstützt. Dies wird auf der anderen Seite der Grenze durch die Nutzung von anderen Instrumenten entsprechend dem geographischen Kontext ergänzt (TACIS, PHARE, CARDS, MEDA, INTERREG). INTERREG wird nach der Erweiterung auf die neuen Mitgliedstaaten ausgedehnt werden.

[22] "[Die Mitgliedstaaten] verpflichten sich, geeignete Kräfte in ausreichender Zahl für die Durchführung der Kontrollen und die Überwachung der Außengrenzen zur Verfügung zu stellen. (...) Für die Kontrollen an den Außengrenzen gilt ein gleichmäßiger Überwachungsstandard".

[23] Gemäß der Entscheidung 2000/597/CE, Euratom, über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften, in Kraft getreten am 1. März 2002, sind die Mitgliedstaaten ermächtigt, 25 % der Kosten, die mit der Einziehung der herkömmlichen Eigenmittel verbunden sind, zu behalten.

15. Welche Schwierigkeiten sind mit der Anwendung des gemeinschaftlichen Besitzstands auf dem Gebiet des Überschreitens der Außengrenzen durch Personen verbunden-

Nach Artikel 5 des Schengener Durchführungsübereinkommens darf die Einreise in den gemeinsamen Raum ohne Binnengrenzen nur gestattet werden, wenn der Drittausländer "keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die nationale Sicherheit oder die internationalen Beziehungen [eines der Mitgliedstaaten] darstellt". Dieser Grundsatz lässt sich an den Außengrenzen kaum einheitlich umsetzen, denn die Beurteilung der Lage der betreffenden Person erfolgt anhand innerstaatlicher Kriterien, die von Land zu Land unterschiedlich sind. Die gleichen Schwierigkeiten wirft die Anwendung der Bestimmung von Artikel 6 des Schengener Durchführungsübereinkommens auf, die die fahndungstechnische Überprüfung und Abwehr von Gefahren betreffen. [24]

[24] "Die Personenkontrolle umfasst (....) auch die fahdungstechnische Überprüfung und die Abwehr von Gefahren für die nationale Sicherheit und die öffentliche Ordnung [der Mitgliedstaaten]. Die Kontrollen beziehen sich auch auf die Fahrzeuge der die Grenze überschreitenden Personen und die von ihnen mitgeführten Sachen".

Wegen der unterschiedlichen Rechtsvorschriften und Verwaltungsverfahren kommt es möglicherweise zu unterschiedlichen Sicherheitsniveaus an den von den einzelnen Mitgliedstaaten kontrollierten Außengrenzen. Auch die Vorschriften über die Speicherung einer Ausschreibung im SIS werden von den Mitgliedstaaten unter Umständen unterschiedlich ausgelegt. Ebenso unterschiedlich gestaltet sich der Zugriff, den die für die Kontrolle an den Außengrenzen und deren Überwachung zuständigen Stellen auf das SIS haben. All dies behindert eine einheitliche Verwaltung der Außengrenzen im Sinne der inneren Sicherheit des gemeinsamen Raums der Freizügigkeit.

Artikel 6 des Schengener Durchführungsübereinkommens sieht die Kontrolle aller die Außengrenzen überschreitenden Personen bei der Einreise und der Ausreise vor, doch aus dem Wortlaut [25] könnte man schließen, dass die Kontrolle bei der Ausreise zweitrangig ist. Diese Situation sollte hinsichtlich der ordnungsgemäßen Anwendung der Vorschriften über das Ausreiseverbot oder die verdeckte Observierung von Personen, die eine Gefahr für die innere Sicherheit darstellen könnten, eingehend geprüft werden. So wäre insbesondere bei der Kontrolle des Ausreiseverkehrs verstärkt darauf zu achten, dass die Stellen, die für Personenkontrollen zuständig sind, und die Zoll- oder Steuerkontrollstellen einander ergänzen.

[25] " (...)Bei der Ausreise finden die Kontrollen statt, die im Interesse aller Vertragsparteien aufgrund des Ausländerrechts und für Zwecke der Fahndung und Abwehr von Gefahren für die nationale Sicherheit und die öffentliche Ordnung geboten sind. Diese Kontrollen erfolgen in jedem Falle bei Drittausländern. Können solche Kontrollen wegen besonderer Umstände nicht durchgeführt werden, sind Schwerpunkte zu setzen. Dabei hat die Kontrolle des Einreiseverkehrs grundsätzlich Vorrang vor der Kontrolle des Ausreiseverkehrs. (...)".

16. Formen der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten an den Außengrenzen

Die Kontrollen an den Außengrenzen und die Überwachung der Außengrenzen erfolgen derzeit im Rahmen von zwei Kooperationssystemen nach Maßgabe des Schengen-Besitzstands:

- Austausch von Verbindungsbeamten gemäß Artikel 7 des Schengener Durchführungsübereinkommens [26]: Ziel ist die gegenseitige Unterstützung und ständige Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten mit Blick auf eine "wirksame Durchführung der Kontroll- und Überwachungsaufgaben" sowie "eine einheitliche Aus- und Fortbildung des Kontrollpersonals";

[26] Artikel 7 des Schengener Durchführungsübereinkommens wurde Artikel 66 EG-Vertrag zugeordnet "soweit diese Bestimmungen nicht Formen der polizeilichen Zusammenarbeit nach den Bestimmungen des Titels III des Schengener Durchführungsübereinkommens betreffen", Beschluss des Rates 1999/436/EG vom 20. Mai 1999, ABl. L 176 vom 10. Juli 1999.

- bilaterale Verträge über die polizeiliche Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 47 des Schengener Durchführungsübereinkommens [27]: Ziel ist hier im Wesentlichen die Bekämpfung der illegalen Einwanderung und die Abwehr organisierter Kriminalität entsprechend den Leitlinien des Schengen-Exekutivausschusses. [28]

[27] Für diese Bestimmung wurden Artikel 34 und Artikel 30 Absatz 1 EU-Vertrag festgelegt (Beschluss des Rates 1999/436/EG vom 20. Mai 1999). Artikel 47 des Schengener Durchführungsübereinkommens ist Teil des Kapitels "Polizeiliche Zusammenarbeit"; Artikel 7 des Schengener Durchführungsübereinkommens hingegen gehört zum Kapitel "Überschreiten der Außengrenzen".

[28] Siehe den Beschluss des Exekutivausschusses SCH/Com-ex (99) 7, rev.2 vom 28. April 1999 (ABL. L 239 vom 22. Septembre 2000).

17. Gelegentlich werden im Rahmen der bilateralen Abkommen über polizeiliche Zusammenarbeit versuchshalber gemischte Gruppen mit Polizisten aus zwei Mitgliedstaaten an die Außengrenzen abgeordnet. Umfang, Auftrag und Handlungsfähigkeit dieser Teams sind noch begrenzt. Offenbar ist es hier schwierig, den bilateralen Rahmen zu überwinden und eine wirklich europäische Dimension zu erlangen. Die in diesem Rahmen in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats abgeordneten Beamten dürfen nicht die hoheitlichen Befugnisse ausüben, die erforderlich wären, um die Kontroll- und Überwachungsaufgaben an den Außengrenzen zu erfuellen. Außerdem ist keine Koordinierung dieser aus dem Schengen-Besitzstand hervorgehenden Formen der bilateralen Zusammenarbeit mit anderen Kooperationsformen, wie im Zollwesen an den Außengrenzen, vorgesehen.

II. c) Die grundsätzlichen Erfordernisse

18. Die vom Rat unter den jeweiligen Präsidentschaften und von den Mitgliedstaaten eingebrachten Initiativen lassen darauf schließen, dass es einer operativeren Kooperations- und Koordinierungsinstanz [29] für die Kontrollen an den Außengrenzen und deren Überwachung bedarf. Außerdem soll offensichtlich auch auf eine verstärkte Integration der an den Außengrenzen zu erfuellenden Aufgaben und der Aufgaben, die andere Behörden innerhalb des gemeinsamen Raums ohne Binnengrenzen wahrnehmen, hingewirkt werden. [30]

[29] Vermerk des belgischen Vorsitzes an den Rat vom 27. November 2001 "Border management concept" (Dok. des Rates 14570/01 FRONT 69).

[30] Siehe das in Neusiedl/See (Österreich) am 10./11. Januar 2002 mit Mitteln aus dem Programm OISIN organisierte Seminar "Workshop Police and Border Security".

19. Nach Auffassung der Kommission sind auf Ebene der EU Antworten auf mehrere Fragen zu erarbeiten, wie die Komplexität der Diskussionen der letzten Monate im Rahmen des Rates gezeigt hat:

- Wie können die Vorgehensweisen der nationalen Stellen, die mit den Kontrollen an den Außengrenzen und deren Überwachung beauftragt sind, stärker vereinheitlicht werden-

- Wie kann eine bessere operative Abstimmung zwischen den Maßnahmen an den Außengrenzen und den Maßnahmen im Gebiet des gemeinsamen Raums ohne Binnengrenzen sichergestellt werden-

- Wie kann dafür gesorgt werden, dass zwischen den für die Verwaltung und den für die operative Planung Verantwortlichen im Hinblick auf die Bereitstellung von Personal und Ausstattung regelmäßige Kontakte stattfinden-

- Wie kann es den operativen Diensten ermöglicht werden, zu einer gemeinsamen Analyse der Gefahren und so zu einer Rangfolge und zur Koordinierung ihrer operativen Ziele auf EU-Ebene zu gelangen-

- Müssen bestimmte Rechtsvorschriften über die Kontrolle an den Außengrenzen und deren Überwachung geändert werden-

- Wie kann die finanzielle und operative Belastung aufgeteilt werden-

- Wie ließe sich eine gemeinsame Basis für die Grenzschutzausbildung organisieren-

III. EINE GEMEINSAME POLITIK FÜR DEN SCHUTZ DER AUSSENGRENZEN: AUF DEM WEG ZU EINEM EUROPÄISCHEN GRENZSCHUTZKORPS

20. Um sicherzustellen, dass für die von den Mitgliedstaaten punktuell vorgebrachten und weiter oben identifizierten Bedürfnisse kohärente Lösungen gefunden werden, empfiehlt die Kommission ein strukturiertes und auf Dauer angelegtes Vorgehen im Rahmen einer gemeinsamen Politik für den integrierten Grenzschutz an den Außengrenzen. Eine derartige Politik müsste mindestens die fünf folgenden, untrennbar miteinander verknüpften Bestandteile haben:

a) Ein gemeinsamer Bestand an Rechtsvorschriften;

b) einen gemeinsamen Mechanismus für Absprachen und operative Zusammenarbeit;

c) eine gemeinsame integrierte Risikobewertung;

d) ein für die europäische Dimension und auf dem Gebiet der interoperativen Ausstattungen geschultes Personal;

e) die Aufteilung der Belastungen zwischen den Mitgliedstaaten im Hinblick auf ein Europäisches Grenzschutzkorps.

Dabei muss die demokratische und justitielle Kontrolle bei der Gesamtheit der Maßnahmen gewährleistet sein.

21. Für jede Komponente dieser Politik sind Leitlinien aufzuzeigen und die durchzuführenden Maßnahmen zu präzisieren.

Dieser Mitteilung ist in Anhang I eine Liste beigefügt, in der die in Teil III verwendeten Begriffe - Kontrolle an den Außengrenzen, Überwachung der Außengrenzen, innere Sicherheit des gemeinsamen Raums ohne Binnengrenzen, Sicherheit der Außengrenzen, Grenzschutzbeamter, Grenzschutz an den Außengrenzen - erläutert werden, wobei diese Erläuterung keine rechtlich verbindliche Definition darstellt.

III. a) Ein gemeinsamer Bestand an Rechtsvorschriften

22. Titel IV, insbesondere die Artikel 62 und 66 des EG-Vertrags bieten viele rechtliche Möglichkeiten, um eine Strategie zu entwickeln, aber auch eine gemeinsame Politik für den integrierten Grenzschutz an den Außengrenzen in allen ihren Bestandteilen auf den Weg zu bringen und durchzuführen.

23. Die Kommission empfiehlt vier Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Überschreiten der Außengrenzen kurzfristig durchführbar sind:

- Neufassung des Gemeinsamen Handbuchs für die Außengrenzen, um die Rechtsnatur der einzelnen Bestimmungen zu klären und es zu einer Rechtsquelle zu machen, die andere bereits existierende Rechtsinstrumente, z.B. über die Freizügigkeit der EU-Bürger und zur Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands, sowie die für Grenzkontrollen maßgeblichen völkerrechtlichen Instrumente, ergänzen; die Kommission beabsichtigt, hierzu eine Gesetzgebungsinitiative zu ergreifen.

- Aufnahme bestimmter "bewährter Praktiken" in das Gemeinsame Handbuch (in Anlehnung an den Schengen-Katalog), um diese zu obligatorischen Vorgehensweisen umzuwandeln.

- Erstellung eines handlichen Leitfadens für die Praxis, den die Grenzschutzbeamten jederzeit - auch elektronisch - konsultieren können. Dieser Leitfaden wäre keine Rechtsquelle, sondern eine in sich schlüssige Zusammenstellung aller Kontroll- und Überwachungsvorschriften, die sich aus den maßgeblichen Rechtsinstrumenten ergeben.

- Entwicklung von Prinzipien und Annahme gemeinsamer Maßnahmen im Zusammenhang mit dem "kleinen Grenzverkehr" [31], insbesondere mit Blick auf die EU-Erweiterung. Die Kommission beabsichtigt, eine Initiative zu ergreifen mit dem Ziel, die Grundsätze und Modalitäten dieses Systems genauer zu definieren und gegebenenfalls zu prüfen, inwieweit zwischen der Gemeinschaft und den angrenzenden Drittstaaten Übereinkommen geschlossen werden können.

[31] Nach Artikel 3 des Schengener Durchführungsübereinkommens "legt der Exekutivausschuss das Nähere sowie die Ausnahmen und Modalitäten des kleinen Grenzverkehrs fest". Weder der Schengener Exekutivausschuss noch der Rat, der nach Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrags an seine Stelle getreten ist, haben von dieser Bestimmung je Gebrauch gemacht.

24. Mittelfristig empfiehlt die Kommission, die "Maßnahmen bezüglich des Überschreitens der Außengrenzen" zu ergänzen durch neue "Normen und Verfahren, die von den Mitgliedstaaten bei der Durchführung der Personenkontrollen an diesen [Aussen]Grenzen einzuhalten sind" [32]:

[32] Wortlaut von Artikel 62 Absatz 2 Buchstabe a) EG-Vertrag.

- Unter Beachtung von Artikel 64 Absatz 1 EG-Vertrag Aufnahme eines Mechanismus zum Austausch und zur Weiterverfolgung von Informationen und Erkenntnissen in die "Normen und Verfahren, die von den Mitgliedstaaten bei der Durchführung der Personenkontrollen an diesen [Aussen]Grenzen einzuhalten sind". Dieser Mechanismus würde zwischen den an den Außengrenzen tätigen Behörden und den im Gebiet des gemeinsamen Raums ohne Binnengrenzen tätigen Behörden eingerichtet.

- Festlegung der Befugnisse, die gegebenenfalls einem Europäischen Grenzschutzkorps zuzuweisen wären.

- Geografische Abgrenzung des Bereichs, in dem ein Europäisches Grenzschutzkorps befugt wäre, seine Aufgaben wahrzunehmen.

25. Soll ein quantifizierbares Maß an innerer Sicherheit in einem Raum ohne Binnengrenzen gewährleistet werden, setzt dies auch voraus, dass es eine Inspektion der Außengrenzen mit einer entsprechenden Rechtsgrundlage gibt. Ein derartiger operativer Inspektionsmechanismus muss entweder auf Ersuchen eines Mitgliedstaats, oder aus eigenem Antrieb zum Einsatz kommen, und zwar insbesondere dann, wenn wegen zeitweiliger und objektiver Kontroll- oder Überwachungsschwierigkeiten offenkundig eine verstärkte Präsenz der Mitgliedstaaten an einer Außengrenze erforderlich ist.

26. Schließlich empfiehlt es sich, neben den Beiträgen der Mitgliedstaaten die Finanzierung dieser gemeinsamen Politik zu planen; dabei wäre insbesondere auf Artikel 66 EG-Vertrag zurückzugreifen, der eine Zusammenarbeit zwischen den Dienststellen der Behörden der Mitgliedstaaten und den Dienststellen der Kommission vorsieht.

III. b) Wie kann ein gemeinsamer Mechanismus für eine operative Abstimmung und Zusammenarbeit eingerichtet werden-

27. Zwei Instrumente könnten die Grundlage eines gemeinsamen Abstimmungs- und Kooperationsmechanismus bilden:

- eine gemeinsame Instanz von Praktikern für die Außengrenzen, die zu schaffen wäre;

- ein ständiger Prozess des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen sowie deren Anwendung; ein derartiger Prozess wäre schrittweise und mittelfristig zwischen den an den Außengrenzen und den im gemeinsamen Raum ohne Binnengrenzen operierenden Behörden der Mitgliedstaaten in Gang zu bringen.

28. Die gemeinsame Instanz für die Außengrenzen

Die Kommission empfiehlt die Einrichtung einer gemeinsamen Instanz von Praktikern für die Außengrenzen [33]. Diese Instanz hätte folgende Funktionen:

[33] Auf der Sondertagung des Europäischen Rates vom 21.09.01 und auf der Tagung des Rates JI vom 16.11.01 hat Finnland bereits die Idee eines " Forums für die Außengrenzen" zur Sprache gebracht.

- als "Kopf" der gemeinsamen Politik für den Schutz der Außengrenzen die gemeinsame und integrierte Risikobewertung zu übernehmen;

- als "Dirigent" die operativen Maßnahmen vor Ort, insbesondere in Krisensituationen, zu koordinieren und zu leiten ;

- als "Manager und Stratege" für eine größere Konvergenz der nationalen Politiken auf dem Gebiet des Personalwesens und der Ausstattung zu sorgen;

- eine Art von Inspektionsbefugnis auszuüben, insbesondere in Krisensituationen, oder wenn es aufgrund der Gefahrenabschätzung erforderlich ist.

29. Da die gemeinsame Instanz von Praktikern für die Außengrenzen vornehmlich Personen zusammenführen soll, die sich in leitender Position in der Praxis mit der Kontrolle und Überwachung der Außengrenzen befassen, wäre sie nicht auf die von Artikel 62 Absatz 2 Buchstabe a) EG-Vertrag erfassten Bereiche beschränkt [34]. Vielmehr sollte sie multidisziplinäre und horizontale Aufgaben wahrnehmen, in die folgende Behörden eingebunden werden:

[34] "Normen und Verfahren, die von den Mitgliedstaaten bei der Durchführung der Personenkontrollen an diesen Grenzen einzuhalten sind".

- die Behörden, die Visa für kurz- und langfristige Aufenthalte erteilen und in den Bereichen des Artikels 62 Absatz 2 Buchstabe b) ii) [35] sowie des Artikels 63 Absatz 3 Buchstabe a) [36] EG-Vertrag tätig sind;

[35] "Verfahren und Voraussetzungen für die Visumerteilung durch die Mitgliedstaaten".

[36] "Einreise- und Aufenthaltsvoraussetzungen sowie Normen für die Verfahren zur Erteilung von Visa für einen langfristigen Aufenthalt und Aufenthaltstiteln, einschließlich solcher zur Familienzusammenführung, durch die Mitgliedstaaten".

- die Behörden, die beauftragt sind, die in den Artikeln 61 Buchstabe e) [37] und 62 Absatz 1 [38] EG-Vertrag genannten Maßnahmen zur Realisierung eines "Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts" umsetzen müssen. Dabei handelt es sich um Behörden von Polizei, Justiz, Zoll und EUROPOL gemäß dem EU-Vertrag [39].

[37] "Maßnahmen im Bereich der polizeilichen und justitiellen Zusammenarbeit in Strafsachen, die durch die Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität in der Union nach dem Vertrag über die Europäische Union auf ein hohes Maß an Sicherheit abzielen".

[38] "Maßnahmen, die nach Artikel 14 sicherstellen, dass Personen, seien es Bürger der Union oder Staatsangehörige dritter Länder, beim Überschreiten der Außengrenzen nicht kontrolliert werden".

[39] Artikel 61 Buchstabe e) EG-Vertrag verweist auf den EU-Vertrag. Artikel 29 EU-Vertrag lautet: "Unbeschadet der Befugnisse der Europäischen Gemeinschaft verfolgt die Union das Ziel, den Bürgern in einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ein hohes Maß an Sicherheit zu bieten (...). Dieses Ziel wird erreicht durch (...) eine engere Zusammenarbeit der Polizei-, Zoll- und anderer zuständiger Behörden in den Mitgliedstaaten, sowohl unmittelbar als auch unter Einschaltung des Europäischen Polizeiamts (Europol)(...)".

30. Die allgemeinen politischen Leitlinien für die gemeinsame Instanz von Praktikern für die Außengrenzen würden durch den Rat festgelegt werden, entsprechend dem Maße, in dem sich diese gemeinsame Instanz wahrscheinlich aus der Arbeitsgruppe SCIFA (Strategischer Ausschuss für Asyl und Immigration) und einer damit vereinigten Formation leitender Beamter der Grenzschutzdienste der Mitgliedstaaten entwickeln wird. In dieser ersten Aktionsphase würde Artikel 66 EG-Vertrag den Wirkungskreis dieser Instanz beschränken. Die leitenden Beamten blieben nämlich bei der konkreten Zusammenarbeit in den durch den Schengen-Besitzstand und Titel IV EG-Vertrag bestimmten Bereichen des Grenzschutzes weiterhin hierarchisch in ihre nationalen Dienststellen eingebunden. Es ist jedoch offensichtlich, dass der Rahmen von SCIFA, wie er sich aus Artikel 66 ergibt, sich rasch als unzureichend erweisen wird, um diese Instanz in die Lage zu versetzen, wirklich in der Zusammenarbeit im Zollwesen und vor allem bei der polizeilichen Zusammenarbeit multidisziplinär Synergien freizusetzen.

Es würde sich deshalb empfehlen, wenigstens für einen Teil ihrer Aufgaben die Aktivitäten der gemeinsamen Instanz von Praktikern für die Außengrenzen stetig auszubauen, und zwar über den Anwendungsbereich des Artikel 66 EG-Vertrag hinaus und, falls nötig, auch außerhalb der Strukturen der Rats-Arbeitsgruppen. Das gilt insbesondere dann, wenn sich mit der Schaffung eines Europäischen Grenzschutzkorps die Notwendigkeit eines ständigen Einsatzstabes stellt, der für seine operative Führung, sein Personalwesen und seinem Ausrüstungsmanagement verantwortlich ist.

Um ihre Inspektionstätigkeit ausüben zu können, würde die Instanz von vornherein das Mandat des Ständigen Schengener Bewertungs- und Anwendungsausschuss wahrnehmen, das sich aus dem Schengen-Besitzstand ergibt. Jedoch könnte sich empfehlen, dieses Mandat auszubauen, ohne die horizontale Verbindung zu trennen, die dieses Mandat zwischen den Befugnissen schafft, die sich aus dem ersten Pfeiler und aus dem dritten Pfeiler herleiten. Diese Vorgehensweise erscheint die praktikabelste zu sein, da dieses Mandat derzeit von der Ratsarbeitsgruppe Schengen Evaluierung (SCH/EVAL) ausgeübt wird. Diese Arbeitsgruppe ist unterhalb des SCIFA angesiedelt, die den Rahmen für die Schaffung der gemeinsamen Instanz von Praktikern für die Außengrenzen bilden würde. Es sollte aber keine Vervielfachung der Strukturen geben: Die Inspektionsfunktion würde in Krisenzeiten praktisch von den Vorgesetzten der Grenzschutzbeamten wahrgenommen werden, die schon derzeit die "routinemäßigen" Bewertungsbesuche der Arbeitsgruppe SCH/EVAL gewährleisten.

In jedem Fall hätten die Funktionen, die von der gemeinsamen Instanz wahrgenommen werden, seien sie kurzfristiger oder langfristiger Art, zum Ziel, auf eine bessere Anwendung der EU-Rechtsvorschriften hinzuwirken, nicht aber Rechtsvorschriften oder Durchführungsbestimmungen gemäß Artikel 202 EG-Vertrag vorzuschlagen.

Die Kommission wird sich an der Schaffung dieser gemeinsamen Instanz beteiligen und dabei ihre institutionelle Initiativ- und Kontrollfunktion wahrnehmen, die ihr nach dem EG-Vertrag zukommt.

31. Die gemeinsame Instanz von Praktikern für die Außengrenzen, deren Tätigkeit als Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands zu betrachten wäre, böte auch den idealen Rahmen, um die neuen Beitrittskandidaten schrittweise einzubinden. Die volle Mitwirkung der neuen Mitgliedstaaten an der Tätigkeit der gemeinsamen Instanz und an der gemeinsamen Politik für den integrierten Grenzschutz an den Außengrenzen wird nur in dem Maße möglich sein, wie jeder einzelne Mitgliedstaat den Schengen-Besitzstand anwendet. Allerdings wäre es wünschenswert, dem betreffenden Zeitplan vorgreifen zu können, um die Konvergenz der Politiken bei Personal und Ausstattung zu fördern und gegebenenfalls mit neuen Mitgliedstaaten oder Beitrittskandidaten einige punktuelle Aktionen durchzuführen.

32. Die gemeinsame Instanz von Praktikern für die Außengrenzen könnte beauftragt werden, im Rahmen der Risikobewertung die Modalitäten des zweiten Instruments des gemeinsamen Abstimmungs- und Kooperationsmechanismus, nämlich den Austausch und die Weiterverfolgung von Informationen und Erkenntnissen (siehe weiter unten) zu analysieren.

33. Ständiger Mechanismus zum Austausch und zur Weiterverfolgung von Informationen und Erkenntnissen

Der hier ins Auge gefasste ständige Mechanismus zum Austausch und zur Weiterverfolgung von Informationen und Erkenntnissen ist weder eine Datenbank oder ein DV-Netz noch eine Verwaltungsstruktur, sondern vielmehr ein Verfahren (oder ein Verhaltenskodex), das es erlaubt, je nach Art der Informationen oder Gefahren direkte Verbindungen und einen direkten Austausch zwischen den für Grenzsicherheit zuständigen Behörden herzustellen. Dieses Sicherheitsverfahren (PROSECUR [40]: "PROcédure de SECURité" oder "PROcedure of SECURity") würde auf mehreren Austauschinstrumenten und -modalitäten beruhen, von denen einige bereits bestehen, andere wiederum schrittweise einzuführen wären. PROSECUR könnte sich beispielsweise auf folgende Hilfsmittel stützen, die einander ergänzen sollten, damit die Sicherheit der Außengrenzen soweit wie möglich umfassend abgedeckt ist:

[40] Einfachheitshalber wird das Verfahren im weiteren Text mit diesem Akronym bezeichnet.

- das SIS, das bei Kontrollen an Außengrenzen konsultiert wird;

- die elektonischen Datenbanken, die zur Zeit entwickelt werden (z.B. über erteilte und verweigerte Visa) und den Zugriff auf von anderen Behörden aktualisierte Informationen ermöglichen;

- die Informationsaustauschkanäle zur Bekämpfung des Drogenhandels;

- ein verschlüsseltes "Intranet", in dem die nationalen Kontaktstellen vernetzt sind und interaktiv Informationen austauschen oder sich darüber abstimmen können, welche punktuelle Maßnahmen kurzfristig gegenüber einer bestimmten Person zu ergreifen sind, die eine Außengrenze überschreitet;

- die herkömmlichen Kommunikationsmittel Telefon und Rundfunk, gegebenenfalls unter Einschaltung der nationalen Kontaktstellen [41].

[41] Entweder zur Erleichterung der sprachlichen Kommunikation, oder weil es sich um Erkenntnisse handelt, die für die nationalen Sicherheitsbehörden von Bedeutung sind.

34. Im Rahmen von PROSECUR könnte zudem eine Stelle aufgefordert werden, einer anderen die Informationen und Materialien zukommen zu lassen, die letztere benötigt, um in einem an der Außengrenze festgestellten Verstoß, ein Delikt oder eine Bedrohungumfassend handeln zu können. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn sie rechtlich oder materiell nicht in der Lage ist, den Fall in seiner Gesamtheit zu bearbeiten und weiterzuverfolgen. Von PROSECUR wird man sich denn erhoffen, dass die Abschottungen zwischen den Stellen überwunden werden, ohne dass ihre Befugnisse, die sich aus dem innerstaatlichen Recht ergeben, berührt werden. Außerdem müsste im Rahmen von PROSECUR ein Verfahren zur Warnung der Zollstellen und zur Heranziehung von Gesundheitsdiensten und wissenschaftlichen Laboratorien vorgesehen sein. Umgekehrt muss es den innerstaatlichen Nachrichtendiensten möglich sein, allen Grenzschutzstellen und Konsulaten der Mitgliedstaaten unverzüglich relevante und genaue Informationen mitzuteilen, die es erlauben, bestimmte Kategorien von Personen, Sachen, geografischen Herkünften und Beförderungsmitteln gezielt zu beobachten .

35. Damit PROSECUR ordnungsgemäß funktionieren kann, bedarf es mittelfristig eines Rechtsinstruments [42] der EU, in dem festgeschrieben ist, welches die Rechte und Pflichten sind, die für die Beziehungen:

[42] Dieses Rechtsinstrument könnte auf der Grundlage von Artikel 62 Absatz 1 und Artikel 62 Absatz 2 Buchstabe a) EG-Vertrag angenommen werden, denn es würde die Modalitäten der Personenkontrolle an den Außengrenzen ergänzen, mit dem Ziel im Sinne von Artikel 6 des Schengener Durchführungsübereinkommens dem Aspekt der Sicherheit des gemeinsamen Raums der Freizügigkeit Rechnung zu tragen .

- zwischen den Grenzschutzstellen gelten, die für die Kontrolle und die Überwachung des Überschreitens der Außengrenzen durch Personen oder Waren zuständig sind;

- zwischen den Grenzschutzstellen und anderen innerstaatlichen Verwaltungs-, Polizei- und Justizbehörden gelten, die an der Sicherstellung der Sicherheit im gemeinsamen Raum ohne Binnengrenzen mitwirken.

Der Austausch von Informationen und Erkenntnissen im Rahmen von PROSECUR sollte so weit wie möglich auch zwischen den Behörden desselben Mitgliedstaats oder zwischen den Behörden mehrerer Mitgliedstaaten stattfinden. Je nach Art der Informationen und Risiken sowie je nachdem, wie der Austausch technisch geregelt und welchen Dringlichkeitscharakter die Information hat, sollten außerdem im Rahmen von PROSECUR besondere Verbindungen zu EUROPOL sowie zu den sonstigen bereits bestehenden Mechanismen der Zusammenarbeit in den Bereichen Polizei, Zoll und Justiz vorgesehen werden.

III. c) Wie sollte die gemeinsame integrierte Risikobewertung gestaltet werden-

36. Für den Schutz der Außengrenzen an den drei strategischen Fronten - den Drittländern, den Außengrenzen selbst und dem gemeinsamen Raum ohne Binnengrenzen - kommt auch der gemeinsamen integrierten Risikobewertung zentrale Bedeutung zu.

Hier sind zwei aufeinanderfolgende Etappen zu unterscheiden:

- zunächst die Festlegung von Indikatoren, die für die Analyse und die Entwicklung der Risiken relevant sind;

- anschließend die kontinuierliche Beobachtung dieser Indikatoren, um aus ihrer Entwicklung operative Konsequenzen zu ziehen.

Zu diesem Zweck sollte die gemeinsame Instanz von Praktikern für die Außengrenzen beauftragt werden, diese Bewertungstätigkeit zu organisieren und die unmittelbaren operativen Bedürfnisse zu ermitteln. Aufgrund ihres interdisziplinären Charakters dürfte sie in der Lage sein, mit EUROPOL und den Einrichtungen der polizeilichen Zusammenarbeit im Hinblick auf die Auswahl der Risiken zusammenzuwirken, die für den Schutz der Außengrenzen relevant sind.

37. Mit und in den Drittländern handeln, um die Risiken im Vorfeld der Außengrenze festzustellen.

Die Risikoanalyse in den Drittländern zur Gewährleistung eines hohen Maßes an Sicherheit an den Außengrenzen der Europäischen Union hat zwei Säulen: die Konsulate der Mitgliedstaaten [43] sowie die Verbindungsbeamten und die Polizei-Attachés. Die Zusammenarbeit der Konsulate auf örtlicher Ebene, die durch die Gemeinsame Konsularische Instruktion [44] geregelt ist, und die Visumpolitik müssen zum Schutz der Außengrenzen der EU beitragen. Die Entsendung von Verbindungsbeamten in Drittländer würde sich zeitlich und räumlich weniger punktuell gestalten. Die Verbindungsbeamten und die in den Botschaften bestimmter Mitgliedstaaten tätigen Polizei-Attachés könnten mehr Aufgaben übernehmen und das Interesse aller Mitgliedstaaten berücksichtigen, damit die konsularische Zusammenarbeit ausgebaut wird und verstärkt zur Abwehr von Terrorismus beitragen kann.

[43] Gegebenenfalls die gemeinsamen Visumerteilungsstellen.

[44] Der Beschluss des Schengen-Exekutivausschusses zur Annahme der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion wurde im Amtsblatt veröffentlicht ( L 239 vom 22. September 2000, S. 317). Mit Beschluss des Rates Nr. 1999/436/EG vom 20. Mai 1999 wurde ihr eine EU-Rechtsgrundlage gegeben.

38. Bestimmung der direkt die Außengrenzen betreffenden Risiken

Mehrere Schwerpunkte wären für die unmittelbar auf die Grenzübergangsstellen bezogene Risikoanalyse denkbar:

a) Optimierung der Kontrolle und der Überwachung: Der Schengen-Katalog der bewährten Praktiken dürfte die Risikoanalyse erleichtern, insbesondere bei den Seegrenzen. Die verschiedenen Formen der Arbeitsorganisation könnten unter dem Gesichtspunkt ihrer Zuverlässigkeit in Bezug auf die Sicherheit der Außengrenzen und ihre flexible Anpassung an unterschiedliche Bedarfssituationen untersucht werden.

b) Technologiebeobachtung: Die Risikoanalyse müsste dazu beitragen, die Konsequenzen des technischen Fortschritts für die Arbeit des Grenzschutzes zu antizipieren, z.B. elektronische Datenbanken, biometrische und digitalisierte Daten, oder Fernerkundungstechniken für die Überwachung der Außengrenzen. Sobald die Union die Entscheidung treffen wird, ein Instrument wie GALILEO zu entwickeln, müssen seine Nutzungsmöglichkeiten für die Überwachung der grenzüberschreitenden Ströme aufgezeigt werden.

c) die tägliche Zusammenarbeit mit den angrenzenden Drittstaaten in der Praxis (an den Landgrenzen): Die Risikoanalyse könnte dazu beitragen, herauszufinden, wie die Kontrollen ohne Zeit- und Infrastrukturaufwand [45] organisiert werden könnten, damit die grenzüberschreitende Zusammenarbeit gefördert wird. Es geht darum, die Risikoströme während ihres Auftretens und Entstehens in Drittländern oder Drittgebieten festzustellen. Mit Hilfe dieser oft angrenzenden Drittländer soll diesen Strömen Einhalt geboten werden. Jedoch darf kein Teil der Überwachung oder der Kontrollen an den Außengrenzen de facto einem Drittland übertragen werden.

[45] Mehrere Jahrzehnte lang haben sich die in gemeinsamen Einrichtungen nebeneinanderliegenden nationalen Grenzabfertigungsstellen in den Mitgliedstaaten bewährt; einige bauen sie an den Grenzen zu Drittländern weiter aus.

d) topografisch und regional bedingte "Sicherheitsverzerrungen".

e) Verbesserung und Ausbau der nachrichtendienstlichen Arbeit: Die Risikoanalyse sollte Wege aufzeigen, wie die Außengrenzen optimal zur Sammlung von Erkenntnissen über die Ströme von Menschen, Sachen und Kraftfahrzeugen genutzt werden können, gegebenenfalls einschließlich des Drogenhandels .

39. Bestimmung der Risiken und Vorgehensweise, bei denen ein enges Zusammenwirken des Grenzschutzes und anderer nicht an den Grenzen tätigen Behörden erforderlich ist:

Die neue gemeinsame Instanz von Praktikern für die Außengrenzen z für die Außengrenzen sollte in der ersten Phase, in der die für die Risikoanalyse relevanten Indikatoren bestimmt werden, prüfen, welche Erkenntnisse an den Außengrenzen gesammelt werden sollten und wie diese Erkenntnisse im Sinne der inneren Sicherheit des gemeinsamen Raums ohne Binnengrenzen genutzt werden sollten. Im Einzelnen sollte:

a) bestimmt werden, welche Aktionen des Grenzschutzes und der nicht an den Außengrenzen tätigen Stellen miteinander in Beziehung gesetzt werden sollten ;

b) bestimmt werden, welche Erkenntnisse der Grenzschutz und die sonstigen Stellen austauschen sollten, um angesichts eines präzisen Risikos, das an den Außengrenzen auftreten könnte, Strafverfolgungs-, Vorbeugungs- und Ermittlungsmaßnahmen ergreifen zu können.

Wenn diese Analyse abgeschlossen ist, müsste die gemeinsame Instanz von Praktikern für die Außengrenzen für die Außengrenzen in der Lage sein, die inhaltliche Ausgestaltung von PROSECUR zu präzisieren.

III. d) Bereitstellung von Personal und interoperativer Ausstattung für die gemeinsame Politik des integrierten Grenzschutzes an den Außengrenzen

40. Das Personal und die operative Ausstattung zur Kontrolle und Überwachung stellen einen wesentlichen Teil der gemeinsamen Politik des integrierten Grenzschutzes an den Außengrenzen dar. Ihre Wirksamkeit sollte durch eine größere Konvergenz zwischen den Maßnahmen der Mitgliedstaaten in diesem Bereich verstärkt werden.

41. Herstellung von Übereinstimmung in der Personalpolitik sowie der Aus- und Fortbildung des Personals in den Mitgliedstaaten

Um Konvergenz der Personalpolitik der einzelnen Mitgliedstaaten zu erzielen, sollten die quantitativen und qualitativen Unterschiede verringert werden, die an den Außengrenzen zu "Sicherheitsverzerrungen" zwischen den Mitgliedstaaten führen könnten.

Bereits sehr kurzfristig könnten eine gemeinsame Basis für die Grenzschutzausbildung und die mittlere Verwaltungsebene eingerichtet sowie regelmäßige Fortbildungsveranstaltungen abgehalten werden. Besondere Aufmerksamkeit sollte der Weiterbildung von Grenzschutzbeamten im Hinblick auf die europäische Dimension ihrer Aufgaben gewidmet werden. Dies gilt vor allem für die Erweiterung der Sprachkenntnisse, die Aneignung der wesentlichen Elemente der Aufgaben und der Rechtsstellung der Grenzschutzbeamten der anderen Mitgliedstaaten sowie Praktika bei dem Grenzschutz eines anderen Mitgliedstaats [46]. Die Aus- und Fortbildung der Beamten könnte den integrierten Charakter des Grenzschutzes an den Außengrenzen stärken, indem die Beamten mit den Aufgaben der Einheiten, die zusammen zur inneren Sicherheit des gemeinsamen Raumes ohne Binnengrenzen beitragen, und der in Drittstaaten tätigen konsularischen Dienste und Verbindungsbeamten vertraut gemacht werden. Ebenso wichtig ist es, eine Ausbildung der Grenzschutzbeamten sicherzustellen, die den Rechten und dem Schutz Asylsuchender Rechnung trägt.

[46] Das neue Programm ARGO wird dabei für die ersten Schritte sicherlich hilfreich sein.

42. Mit der Erstellung eines speziellen Unterrichtsplans zur Aus- und Fortbildung der Grenzschutzbeamten sollte die gemeinsame Instanz von Praktikern für die Außengrenzen für die Außengrenzen betraut werden, die sich auf die nationalen Stellen zur Aus- und Fortbildung stützen könnte, um schließlich ein Europakolleg für Grenzschutz zu bilden.

43. Zusammenfügen der nationalen Maßnahmen im Bereich der operativen Ausstattung

Auch im Bereich der Ausstattung des Grenzschutzes, der ortsfesten Infrastruktur, der mobilen Ausrüstung und der Telekommunikation sollte eine Konvergenz der nationalen Ansätze angestrebt werden.

Die Schaffung von Grenzübergangsstellen an den Außengrenzen zu Lande (an Straßen oder Eisenbahnstrecken), in Häfen und Flughäfen hängt insbesondere von der Entwicklung des Personen-, Wirtschafts- und Dienstleistungsverkehrs ab. Hinsichtlich der Öffnung neuer Grenzübergangsstellen wäre eine gute Zusammenarbeit zwischen den öffentlichen Stellen und den privaten Wirtschaftsbeteiligten sowie eine Übereinstimmung mit den wesentlichen Strategien im Bereich der Verkehrspolitik, die auf Ebene der Europäischen Union beschlossen werden, wünschenswert. Da nun bald neue Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben werden, den Schengen-Besitzstand vollständig anzuwenden, sollten die Investitionsstrategien der Mitgliedstaaten und der Kandidatenländer in Bezug auf die künftigen Außengrenzen zu Lande mit der gemeinsamen Politik der integrierten Verwaltung der Außengrenzen in Einklang gebracht werden.

44. Eine gemeinsame Politik im Bereich der ortsfesten Infrastruktur könnte auch die Entwicklung neuer Technologien einschließen, mit deren Hilfe die Kontrollen an den Grenzübergangsstellen und die Überwachung zwischen den Stellen erleichtert werden könnten. Die Überwachung der Küsten durch Radar oder Satellit sollte zwischen den Mitgliedstaaten besser koordiniert werden, um einheitliche Sicherheitsstandards zu erzielen. Die geografische Lage einzelner Mitgliedstaaten spräche für eine Teilung der finanziellen Belastung für das gute Funktionieren der ortsfesten und mobilen Infrastruktur zur Kontrolle und Überwachung, das allen Mitgliedstaaten zugute kommen würde. Das System GALILEO ist ein Beispiel eines europäischen Instruments der Hochtechnologie, von dem erwartet werden kann, dass es eine neue Dimension der Gemeinschaftspolitik im Bereich der Überwachung und Kontrolle der Außengrenzen eröffnet [47].

[47] Die Europäische Union befasst sich zur Zeit mit dem satelitengestützten Radionavigationssystem GALILEO, das ab 2008 operativ sein wird. Dieses System, das durch landgestützte Stationen verstärkt wird, wird insbesondere mit einem verschlüsselten und geschützten Sendesignal arbeiten.

Die Konvergenz der nationalen Maßnahmen sollte auch auf die Erzielung einer größeren Kompatibilität der mobilen Ausstattungen der Mitgliedstaaten ausgerichtet werden [48]. Ferner sollte eine stärkere Mobilität angestrebt werden, so dass Ausstattungsgegenstände je nach Bedarf problemlos von einem Mitgliedstaat in einen anderen transportiert werden können. Besonders teure Ausstattungen wie Überwachungsnetze der Grenzen zu Wasser durch Satellit sollten gemeinsam betrieben werden.

[48] Fahrzeuge für Patrouillen an den Außengrenzen, Schnellboote für die Überwachung der Küsten, Helikopter oder Überwachungsflugzeuge, die den Fahrzeugen und Booten Informationen liefern können.

III. e) Von der Aufteilung der finanziellen Belastungen zwischen den Mitgliedstaaten zu einem Europäischen Grenzschutzkorps

45. Nach Auffassung der Kommission sollte künftig ein Finanzausgleich zwischen den Mitgliedstaaten mit Haushaltsmittel der Union geschaffen beruhend auf den bestehenden nationalen Finanzbeiträgen und einer finanziellen Unterstützung der Union Diese Teilung der finanziellen Lasten sollte künftig durch eine gemeinsame Verantwortlichkeit für die operativen Kräfte ergänzt werden. Nach Klärung der verfassungsrechtlichen Fragen in den Mitgliedstaaten könnte ein Europäisches Grenzschutzkorps eingerichtet werden. Die Kommission wird eine erste Bewertung der finanziellen Auswirkungen auf der Grundlage der auszuwählenden Optionen vornehmen, wenn erste konkrete Maßnahmen feststellbar sind.

46. Kostenteilung durch Unterstützung aus dem Gemeinschaftshaushalt

Die Politik eines gemeinsamen integrierten Grenzschutzes an den Außengrenzen müsste sich in gleicher Weise darauf richten, eine faire Teilung der finanziellen Lasten ebenso wie der Lasten für die Ausstattung und das Personal zu erreichen. Derzeit sind diese Lasten nicht ausgewogen auf die Mitgliedstaaten verteilt. Einige Mitgliedstaaten müssen aufgrund ihrer geografischen Lage exponierte und sehr lange Außengrenzen zu Land oder zu Wasser im gemeinsamen Interesse kontrollieren und überwachen, während andere Mitgliedstaaten einzig ihre Flughäfen als Außengrenze haben. Es liegt auch im Interesse der letztgenannten Mitgliedstaaten, an den gemeinsamen Anstrengungen zum Schutz aller Außengrenzen teilzunehmen, da die Sicherheit des gesamten Raumes ohne Binnengrenzen davon abhängt. Die Lastenteilung hat nicht zum Ziel, die Gesamtheit der Kontrollen und die Überwachung der Außengrenzen aus dem Gemeinschaftshaushalt zu finanzieren. Die nationalen Haushalte würden die hauptsächlichen Quellen für diese Ausgaben bleiben. Trotzdem würde die Unterstützung aus dem Gemeinschaftshaushalt dazu führen, dass ein Finanzausgleichs-Mechanismus zwischen den Mitgliedstaaten geschaffen würde. Dieser Finanzausgleich würde dazu dienen, um langfristig die Beschaffung gemeinsamer Ausrüstungsgegenstände zu finanzieren, vor allem dann, wenn ein Europäisches Grenzschutzkorps geschaffen werden würde. Kurzfristig, könnte Artikel 66 und das Programm ARGO dazu dienen, zum Beispiel den dringendsten an gemeinsamer Ausbildung zu finanzieren. Ebenso ist daran zu erinnern, dass die Beitrittsstaaten schon derzeit Nutznießer bedeutender Finanzleistungen im Rahmen des PHARE-Programms sind, mit deren Hilfe sie den Grenzschutz an den Außengrenzen im Hinblick auf ihren Beitritt zur Europäischen Union verbessern und anpassen.

Unabhängig davon, welche Option gewählt wird, sollte durch die Verwendung von Gemeinschaftsmitteln in erster Linie jedenfalls vermieden werden, dass die Finanzbeiträge in bilateralen Verträgen zwischen einzelnen Mitgliedstaaten und damit in komplizierter und unausgewogener Weise festgesetzt werden. Die Heranziehung von Gemeinschaftsmitteln könnte zudem die Garantie für Stabilität und Vorhersehbarkeit für die Mitgliedstaaten, eine größere Transparenz für das Parlament und eine wirtschaftliche Verwaltung aufgrund der Kontrolle des Rechnungshofes bieten. Künftig könnte eine Lastenteilung zwischen den Mitgliedstaaten ermöglichen, auch eine Aufteilung der finanziellen Belastung zwischen den Dienststellen in Aussicht zu nehmen, indem die Finanzierung folgender Tätigkeiten in einem einzigen Haushaltsrahmen zusammengefasst wird:

- die Kontrolle und Überwachung des Personen- und Warenverkehrs über die Außengrenzen [49]; - die Mechanismen für den Austausch und die Weiterverfolgung von Informationen und Erkenntnissen, die eventuell zwischen den Behörden, die an den Außengrenzen tätig sind, und jenen, die im Inneren des gemeinsamen Raumes ohne Binnengrenzen arbeiten, eingerichtet werden.

[49] Es könnte geprüft werden, ob Synergieeffekte mit der Finanzierung des Betriebsablaufs des Zollwesens an den Außengrenzen - möglich sind, und zwar auch dann, wenn keine ausdrückliche Finanzierung im Gemeinschaftshaushalt vorgesehen ist, unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Mitgliedstaaten 25 % der Eigenmittel behalten, die sie durch ihre Zollverwaltungen vereinnahmen.

Die Kommission wird zu gegebener Zeit eine vertiefte Prüfung aller damit verbundenen möglichen finanziellen, juristischen und institutionellen Aspekte durchführen, die sich aus den verschiedenen vorhersehbaren Optionen ergeben.

47. Auf dem Weg zu einem Europäischen Grenzschutzkorps

Die Kommission tritt dafür ein, dass die nationalen Dienste der Mitgliedstaaten von einem Europäischen Grenzschutzkorps unterstützt werden. In einem ersten Schritt könnte das Korps mit aus verschiedenen Nationalitäten zusammengesetzten Einheiten Überwachungs funktionen an den Außengrenzen, vielleicht beginnend mit den Seeaussengrenzen, wahrnehmen: Im Vergleich mit anderer bilateraler Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei den Landgrenzen und Flughäfen scheint die gemeinsame Erfahrung in diesem Bereich zur Zeit am wenigsten ausgeprägt zu sein. Die operativen Aufgaben müssten natürlich in Rechtsakten festgelegt werden, die die Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für die Einsätze dieses europäischen Korps gewährleisten, ohne die notwendige rechtliche und demokratische Kontrolle für seine Einsätze zu vernachlässigen. Ohnehin könnte das Korps nach geltender Rechtslage nicht die nationalen Behörden zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und zum Schutz der inneren Sicherheit des Aufnahmestaats ersetzen, wie sich aus Artikel 64 Absatz 1 EG-Vertrag ergibt. .

48. Aus derzeitiger Sicht sollte ein Europäisches Grenzschutzkorps unter Wahrung der folgenden, wesentlichen Grundsätze eingerichtet werden und seine Tätigkeit ausüben [50]:

[50] Die Italien zur Durchführung übertragene Machbarkeitsstudie über eine "Europäische Grenzpolitik" wird zu den Überlegungen beitragen , die zu einem "Europäischen Grenzschutzkorps" führen könnten. Mit dieser Bezeichnung könnte vermieden werden, dass unterschiedliche Namen, Rechtsgrundlagen und Zuständigkeiten der Bediensteten, die derzeit die Kontroll- und Überwachungstätigkeit wahrnehmen, ein Problem darstellen.

- in einem ersten Schritt Übernahme von Überwachungsaufgaben an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union [51]; danach Übernahme von Kontrollaufgaben an den Grenzübergangsstellen;

[51] Zuerst einmal würde es sich darum handeln, die Außengrenzen jener Mitgliedstaaten, die den gesamten Schengen-Besitzstand anwenden, zu überwachen oder zu kontrollieren. Danach könnten möglicherweise Modelle einer verstärkten Zusammenarbeit die Betrauung eines Europäischen Grenzschutzkorps mit Tätigkeiten der Überwachung der Außengrenzen des gemeinsamen Zollraums unter Einschluss jener Staaten ermöglichen, die nicht den gesamten Schengen-Besitzstand anwenden.

- Zusammensetzung aus Bediensteten, die in jenem Umfang zur Ausübung der öffentlichen Gewalt ermächtigt sind, der für die Wahrnehmung der oben genannten Aufgaben erforderlich ist, wobei ihre Staatsangehörigkeit und ihre Zuteilung keine Rolle spielen;

- Unterstellung unter die operative Aufsicht der gemeinsamen Instanz von Praktikern für die Außengrenzen;

- Wahrung der Befugnisse der lokalen Behörden der Mitgliedstaaten für Bereiche, die nicht unter Titel IV [52] oder Titel X [53] EG-Vertrag oder eine andere unmittelbar anwendbare Gemeinschaftsrechtsnorm fallen;

[52] "Visa, Asyl, Einwanderung und andere Politiken betreffend den freien Personenverkehr".

[53] "Zusammenarbeit im Zollwesen".

- Offenheit auf allen hierarchischen Ebenen für die Bürger der Mitgliedstaaten der Europäischen Union [54] unter Wahrung der beruflichen und ethischen Erfordernisse.

[54] Norwegen und Island sollten hinsichtlich jener Aufgaben des Europäischen Grenzschutzkorps, die sich aus der Anwendung des Schengen-Besitzstands ergeben, assoziiert werden.

49. Das Hauptproblem, das es bei der Einrichtung eines Europäischen Grenzschutzkorps zu überwinden gilt, ist wohl die Übertragung hoheitlicher Befugnisse an Bedienstete des Europäischen Korps, die nicht die Staatsangehörigkeit des Mitgliedstaats besitzen, in dem sie Dienst tun. Dabei handelt es sich aus verfassungsrechtlicher Sicht um eine wesentliche Frage. Schwierigkeiten bereiten könnten ferner die Einstellung der Bediensteten, ihre Beschäftigungsbedingungen und Disziplinarvorschriften. Es muss sicherlich in Aussicht genommen werden, den wesentlichen Teil der Bediensteten des Europäischen Korps aus Personen zu bilden, die von den Mitgliedstaaten für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung gestellt werden. In Krisenfällen könnte dieser stabile Personalkern bei Bedarf durch bestimmte nationale Bedienstete ergänzt werden, die eine Vorauswahl absolviert haben und als Reserveeinheit dienen würden, die binnen kurzer Zeit von der gemeinsamen Instanz von Praktikern für die Außengrenzen eingesetzt werden könnte.

Die Ausstattung des Europäischen Korps sollte aus dem Gemeinschaftshaushalt bezahlt werden, damit die gemeinsame Instanz von Praktikern für die Außengrenzen nicht in die Lage kommt, eine schwierige Wahl zwischen nationalen Prioritäten und Prioritäten der Union im Hinblick auf den Einsatz bestimmter mobiler Ausstattungen treffen zu müssen.

50. Die für die wirksame Durchführung der gemeinsamen Überwachungstätigkeiten unabdingbaren Aufgaben sollten mit folgenden Befugnissen einhergehen:

- Kontrolle der Ausweise, Reisedokumente und Visa von Personen, die rechtmäßig oder illegal die Außengrenze überschreiten;

- Befragung von Ausländern über die Gründe für ihren Aufenthalt im gemeinsamen Raum der Freizügigkeit oder über die Gründe, aus denen sie die Außengrenze nicht an den Grenzübergangsstellen überschritten haben;

- Betreten ziviler Schiffe oder Boote in den Hoheitsgewässern eines Mitgliedstaats zur Befragung des Kapitäns über die Route und zur Überprüfung der Identität der Passagiere;

- Mitteilung an eine Person, ob sie in den gemeinsamen Raum ohne Binnengrenzen einreisen darf oder nicht;

- Anhaltung einer Person zum Zweck ihrer Übergabe an die zuständigen nationalen Behörden, damit diese bei Bedarf die nötigen vorbeugenden oder repressiven verwaltungsrechtlichen, polizeilichen, zollrechtlichen oder justiziellen Maßnahmen ergreifen können.

51. Diese Befugnisse der Beamten des Europäischen Grenzschutzkorps könnten unbeschadet der polizeilichen Zusammenarbeit aufgrund von Abkommen, gestützt auf die Artikel 7 und 47 des Schengener Durchführungsübereinkommens, territorial beschränkt ausschließlich auf die Überwachung und Kontrolle nach Artikel 62 EG-Vertrag begrenzt werden. Diese Beschränkung könnte für die Überwachung einen Streifen von einigen hundert Metern Tiefe an den Außengrenzen zu Land und ein bestimmtes Gebiet der Hoheitsgewässer ausmachen. Für die Kontrolle könnten eventuell bestimmte Grenzübergangsstellen zu Lande, an Gewässern und auf Flughäfen eingeschlossen werden. Diese Gebiete mit Sonderstatus müssten abschließend aufgezählt und auf Karten und Plänen, die dem Gemeinsamen Handbuch für die Außengrenzen beigefügt werden könnten, genau abgegrenzt werden.

IV. ZUSAMMENFASSUNG: PRIORITÄRE MASSNAHMEN

52. Die Europäische Union verfügt im Bereich der Personenkontrollen an den Außengrenzen über eine weitgehend vollständige und detaillierte gemeinschaftliche Gesetzgebung. Dieser Besitzstand baut wesentlich auf dem Schengen Acquis auf, dem die neuen Rechtsgrundlagen des Titels IV EGV zugeordnet wurden. Die aktuelle Problematik besteht vor allem darin, eine größere operative Koordination und eine größere Komplementarität bei den Maßnahmen zwischen den für die Außengrenzen zuständigen Behörden zu erreichen. Auch läßt sich feststellen, dass ein echtes Bedürfnis besteht, den unterschiedlichen Aspekten der Sicherheit der Außengrenzen Rechnung zu tragen, die sich auf die innere Sicherheit eines gemeinsamen Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen auswirken.

Die beabsichtigten Maßnahmen sind Bestandteil einer künftigen dynamischen Entwicklung. Diese besteht darin, eine Gemeinschaftspolitik im Bereich der Außengrenzen zu entwickeln. Mit einigen dieser Maßnahmen kann bereits im derzeit bestehenden institutionellen Rahmen ohne Änderung der Verträge begonnen werden. Andere Maßnahmen bedürfen zu ihren vollen Wirksamkeit wahrscheinlich einer Weiterentwicklung der Verträge in bestimmten Punkten. Was den von der Kommission beabsichtigten Zeitrahmen für die vorgenannten Maßnahmen anbelangt, meint ,kurzfristig" den Zeitraum von einem Jahr. ,Mittelfristig" zielt auf die Umsetzung der operativen Maßnahmen, bevor die Mitgliedstaaten in die Lage versetzt sind, in vollem Umfang den Schengen-Besitzstand anzuwenden.

Nach Ansicht der Kommission sollten kurz- und mittelfristig folgende Maßnahmen durchgeführt werden:

a) Ein gemeinsamer Rechtsbestand

* Kurzfristig, auf Grundlage der geltenden Verträge sollte das Gemeinsame Handbuch für die Außengrenzen neu gefasst werden, entsprechend einem Vorschlag, den die Kommission in angemessener Frist vorzulegen beabsichtigt;

* Bestimmte Empfehlungen des Schengen-Katalogs der bewährten Praktiken sollten normativen Charakter erhalten;

* Erstellung eines Leitfadens für die Praxis, in dem die Grenzschutzbeamten eine Zusammen stellung aller Kontroll- und Überwachungsvorschriften, die sich aus den maßgeblichen Rechtsinstrumenten ergeben, vorfinden;

* Präzisierung des Rechtsrahmens und der praktischen Modalitäten im Zusammenhang mit dem "kleinen Grenzverkehr", auf der Grundlage einer Initiative, die die Kommission beabsichtigt, kurzfristig vorzulegen;

* Mittelfristig, falls notwendig nach einer Anpassung der Verträge, sollte der institutionelle und rechtliche Rahmen für die Bediensteten eines künftigen Europäischen Grenzschutzkorps genau festgelegt werden.

b) Ein gemeinsamer operativer Abstimmungs- und Kooperationsmechanismus

* Kurzfristig sollte eine gemeinsame Instanz für die Außengrenzen eingerichtet werden, die sich aus Verantwortlichen des Grenzschutzes der Mitgliedstaaten sowie, einem pluridisziplinären Ansatz folgend, Vertretern verschiedener Dienste, deren Tätigkeit ebenfalls zur Sicherheit der Außengrenzen beiträgt, zusammensetzt. Die gemeinsame Instanz sollte eine Lenkungsfunktion haben, um eine integrierte Risikobewertung durchzuführen und die Maßnahmen vor Ort zu koordinieren, eine größere Konvergenz im Bereich des Personals und der Ausstattung zu fördern, Inspektionstätigkeiten vorzunehmen und operative Maßnahmen in Notfällen vorzuschlagen. Zu gegebener Zeit wird die Kommission die rechtlich-institutionellen Aspekte dieser gemeinsamen Instanz bewerten, insbesondere zur Feststellung der Maßnahmen, die einer Vertragsänderung bedürfen.

* Mittelfristig, auf Grundlage der geltenden Verträge sollte die gemeinsame Instanz für die Außengrenzen die Machbarkeit und den Nutzen eines Verfahrens zur Sicherung der Außengrenzen prüfen. Dazu sollte sie einen Mechanismus zum Austausch von Informationen und zur Weiterverfolgung von Erkenntnissen zwischen den Behörden, die mit der Sicherheit der Außengrenzen befasst sind, sowie gegebenenfalls ständige Kontaktstellen einrichten.

c) Eine gemeinsame und integrierte Risikobewertung

* Kurzfristig, auf Grundlage der geltenden Verträge sollte die gemeinsame Instanz von Praktikern für die Außengrenzen eine gemeinsame Risikoanalyse entwerfen.

* Mittelfristig, auf Grundlage der geltenden Verträge sollte die gemeinsame Instanz eine ständige Bewertung der Risikoentwicklung sicherstellen, um die nötigen praktischen Konsequenzen im Hinblick auf den Einsatz des Personals und der Ausstattung an den Außengrenzen zu ziehen.

d) Zusammenwirken bei Personal und Ausstattung

* Kurzfristig, auf Grundlage der geltenden Verträge sollte die gemeinsame Instanz von Praktikern für die Außengrenzen eine gemeinsame Basis für die Aus- und Fortbildung der Grenzschutzbeamten der Europäischen Union erarbeiten.

* Die Instanz könnte die gemeinsame Verwendung mobiler Überwachungseinrichtungen fördern.

* Mittelfristig, auf Grundlage der geltenden Verträge könnte eine gemeinsame Überwachung der Außengrenzen durch Radar oder Satellit (insbesondere mit Hilfe des Systems GALILEO) gebildet, und die ortsgebundene Infrastruktur zur Kontrolle an den Außengrenzen auf Ebene der Europäischen Union besser koordiniert werden.

* Ebenso- sollte die Gründung eines Europakollegs für Grenzschutz, das sich auf die nationalen Aus- und Fortbildungseinrichtungen stützt, erwogen werden.

e) Die Verteilung der Belastungen auf die Mitgliedstaaten und die Union

* Kurzfristig, auf Grundlage der geltenden Verträge sollten die von Titel IV EG-Vertrag umfassten Tätigkeiten im Rahmen der Politik zum Grenzschutz an den Außengrenzen aus dem Gemeinschaftshaushalt bezahlt werden. Die Kommission wird eine erste Bewertung der finanziellen Folgen der beabsichtigten Maßnahmen vornehmen.

* Mittelfristig und wahrscheinlich nach einer Vertragsänderung, sollte ein Europäisches Grenzschutzkorps eingerichtet werden, das die "gemeinsame Überwachung" der sensibelsten Stellen insbesondere an den Grenzen zu Wasser, und danach auch Kontrollaufgaben an den Grenzübergängen wahrnehmen sollte. Die Kommission wird zu gegebener Zeit die juristische und institutionelle Natur dieser Struktur bewerten.

* In Übereinstimmung mit den Maßnahmen der Zollbehörden sollten mittelfristig Synergieeffekte in dem von den Verträgen gedeckten Umfang genutzt werden, um bei der gemeinschaftlichen Finanzierung des Grenzschutzes an den Außengrenzen Einsparungen zu erreichen.

ANLAGE 1

TERMINOLOGISCHE HINWEISE:

Kontrolle an den Außengrenzen:

Gesamtheit der Maßnahmen, die von den Behörden der Mitgliedstaaten an den Grenzübergangsstellen durchgeführt werden, um gemäß Artikel 6 des Schengener Durchführungsübereinkommens sicherzustellen, dass Personen samt ihrem Fahrzeug und den in ihrem Besitz befindlichen Gegenständen die Einreise in den gemeinsamen Raum ohne Binnengrenzen oder die Ausreise aus diesem Raum erlaubt werden kann.

Überwachung der Außengrenzen:

Alle Tätigkeiten und Maßnahmen, die von den Behörden der Mitgliedstaaten an den Außengrenzen zu Land, Wasser und Luft durchgeführt werden, um gemäß Artikel 6 des Schengener Durchführungsübereinkommens zu verhindern, dass Personen die Grenzübergangsstellen umgehen, um sich den Kontrollen zu entziehen und illegal in den Gemeinsamen Raum ohne Binnengrenzen einzureisen.

Innere Sicherheit des gemeinsamen Raums ohne Binnengrenzen:

Das im gemeinsamen Raum ohne Binnengrenzen bestehende Schutzniveau für natürliche und juristische Personen, Waren und Güter aller Art, Vermögen, Dienstleistungen und sämtliche rechtmäßigen Handelsgeschäfte sowie Rechte des geistigen und künstlerischen Eigentums gegen eine Beeinträchtigung ihrer Interessen und ihrer Integrität durch:

- einen Verstoß gegen nationales Recht oder Gemeinschaftsrecht;

- Kriminalität, Terrorismus, Menschenhandel, Straftaten gegenüber Kindern, Waffenhandel, Bestechung und Bestechlichkeit sowie Betrug im Sinne von Artikel 29 EU-Vertrag, ebenso wie den Drogenhandel.

Sicherheit der Außengrenzen:

Fähigkeit der Außengrenzen, für die Mitgliedstaaten als "Damm" oder zumindest zuverlässiger Filter im Hinblick auf Gefahren zu fungieren, die folgende Werte beeinträchtigen könnten:

- die Wirksamkeit der Kontrollen und der Überwachung;

- die Einhaltung von nationalem Recht oder Gemeinschaftsrecht;

- das Niveau der inneren Sicherheit im gemeinsamen Raum ohne Binnengrenzen;

- die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Mitgliedstaaten, ausgenommen der militärischen Verteidigung der Außengrenzen der Europäischen Union gegen eine von einem oder mehreren Drittstaaten offen geführte oder einbekannte Aggression.

Grenzschutzbeamter:

Öffentlicher Bediensteter, der entweder an einer Grenzübergangsstelle an Land, in Häfen oder Flughäfen oder entlang der Außengrenze zu Land oder zu Wasser oder in unmittelbarer Nähe dazu seinen Dienst versieht, und über Hoheitsgewalt verfügt, um eine oder mehrere der folgenden Aufgaben durchzuführen:

- Ausübung der Kontrolle oder der Überwachung der Außengrenzen;

- Vornahme der notwendigen vorbeugenden oder repressiven Maßnahmen an der Außengrenze zur Wahrung des Gemeinschaftsrechts, der inneren Sicherheit des gemeinsamen Raums der Freizügigkeit sowie der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit;

- Durchführung von Untersuchungen, die bei der Ausübung der Kontrollen oder der Überwachung der Außengrenzen erforderlich wurden.

Grenzschutz an den Außengrenzen:

Gesamtheit der von den Behörden der Mitgliedstaten durchgeführten Tätigkeiten mit folgendem Ziel:

- Durchführung der Kontrollen und der Überwachung der Außengrenzen gemäß den Artikeln 5 und 6 des Schengener Durchführungsübereinkommens;

- Einholung, Bewertung und Austausch von Auskünften oder allgemeinen Informationen, die es den Grenzschutzbeamten ermöglichen, das Risiko zu bewerten, das eine Person oder ein Gegenstand für die innere Sicherheit des gemeinsamen Raums ohne Binnengrenzen für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Mitgliedstaaten und die Wahrung des Gemeinschaftsrechts darstellt;

- Bewertung der Entwicklung möglicher Gefahren für die Sicherheit der Außengrenzen und Festlegung entsprechender Prioritäten für den Grenzschutz;

- Vorausplanung des Bedarfs an Personal und Ausstattung, um die Sicherheit der Außengrenzen zu gewährleisten.