52002DC0072

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen - Aktionsplan der Kommission für Qualifikation und Mobilität /* KOM/2002/0072 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN - Aktionsplan der Kommission für Qualifikation und Mobilität

INHALTSVERZEICHNIS

ZUSAMMENFASSUNG

1. Das politische Umfeld

2. Die Herausforderungen

A. Unzureichende berufliche Mobilität

B. Geringe geographische Mobilität

C. Zersplitterung der Informationen und fehlende Transparenz hinsichtlich Arbeitsmöglichkeiten

3. Ziele und Massnahmen

3.1. Ausweitung von beruflicher Mobilität und Qualifizierung

3.1.1 Sicherstellen, dass sich die Systeme allgemeiner und beruflicher Bildung stärker am Arbeitsmarkt orientieren, der Ausdruck einer zunehmend wissensbasierten Wirtschaft und Gesellschaft ist

3.1.2. Wirksame Qualifizierungsstrategien einführen und konsolidieren

3.1.3. Die Barrieren für die Anerkennung Lernerfolgen, unabhängig davon, wo sie erzielt wurden, absenken und die Transparenz und Übertragbarkeit der Qualifikationen in ganz Europa fördern

3.1.4. Die Anstrengungen in den Mitgliedstaaten und Regionen mit Entwicklungsrückstand intensivieren

3.2. Erleichterung der geographischen Mobilität

3.2.1. Verbleibende administrative und rechtliche Barrieren beseitigen

3.2.2. Die sprachlichen und kulturübergreifenden Fertigkeiten erweitern

3.2.3. Die Anerkennung von Qualifikationen durch mehr Transparenz der Systeme allgemeiner und beruflicher Bildung fördern

3.2.4. Entwicklung einer EU-weiten Einwanderungspolitik

3.3. Verbesserung der Informationen und der Transparenz im Zusammenhang mit Beschäftigungsmöglichkeiten

4. Überwachung und Folgemassnahmen

5. Schlussbemerkungen

ANHANG I

Übersicht zu Aktionen, verantwortlichen Gremien und Umsetzungsfristen

ANHANG II

Statistischer Anhang

1) Berufliche Mobilität und Fluktuation

2) Auswirkungen des Bildungsstandes auf Beschäftigung und Arbeitslosigkeit

3) Beschäftigungswachstum in Sektoren mit hohen Qualifikationsanforderungen

4) Bildungsstand

5) Schulabbrecher

6) Grundfertigkeiten (Lesen, Schreiben, Rechnen)

7) Teilnahme erwachsener Arbeitnehmer an der Ausbildung

8) Engpässe bei IKT-Berufen und in der IKT-Branche

9) Demografische Entwicklungen: Veränderungen bei der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter und Zusammensetzung nach Altersgruppen

10) Geographische Mobilität

11) Pendlermobilität

12) Regionen mit hoher Beschäftigung und Qualifikationsbedarf

13) Fremdsprachenunterricht

14) Migration

ZUSAMMENFASSUNG

Der Aktionsplan für Qualifikation und Mobilität bildet den Höhepunkt des Prozesses, der im Februar 2001 mit der Mitteilung der Kommission über die neuen europäischen Arbeitsmärkte [1] eingeleitet wurde und sich mit den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates im März 2001 in Stockholm und der Arbeit der hochrangigen Taskforce für Qualifikation und Mobilität fortsetzte. Der Aktionsplan baut auf den Schlussfolgerungen der Taskforce auf und zielt darauf ab, bis 2005 eine günstigere Umgebung für offenere und leichter zugängliche europäische Arbeitsmärkte zu schaffen. Er stützt sich außerdem auf andere laufende Initiativen, insbesondere auf die Mitteilung zum Thema ,Einen europäischen Raum des lebenslangen Lernens schaffen". Dadurch bietet dieser Aktionsplan in Übereinstimmung mit den Lissabonner Zielen eine kohärente politische Vision zur Förderung der Humanressourcen in der Europäischen Union; dies bedeutet in erster Linie, dass es dem Bürger ermöglicht werden soll, sich aus beruflichen Gründen oder für Bildungszwecke überall in der EU frei zu bewegen, und es ihm leichter gemacht werden soll, von den Vorteilen der europäischen Integration einschließlich des Binnenmarktes zu profitieren.

[1] KOM(2001)116 endg.

Die Lissabonner Ziele, nämlich mehr und bessere Arbeitsplätze, größerer sozialer Zusammenhalt und eine dynamische wissensbasierte Gesellschaft, können nur erreicht werden, wenn qualifizierte und anpassungsfähige Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Mehr Mobilität auf dem Arbeitsmarkt, und zwar sowohl zwischen Arbeitsplätzen als auch zwischen Mitgliedstaaten, ist ausschlaggebend für das Erreichen dieses ehrgeizigen Ziels, und die Verbesserung der Qualifikationen und Beseitigung von Mobilitätshindernissen sind in diesem Kontext wesentliche Anliegen. Die entsprechenden Maßnahmen müssen mit den Prozessen im Rahmen der europäischen Beschäftigungsstrategie koordiniert werden und mit diesen konsistent sein. Diejenigen Maßnahmen, die sich auf die Verbesserung der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung beziehen, werden im Kontext der Folgemaßnahmen zur Mitteilung über lebenslanges Lernen und zum Bericht über die konkreten künftigen Ziele der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung vorangetrieben. Mit Blick auf die Erweiterung sollten die Beitrittsländer aufgefordert werden, die Ziele des Aktionsplans so weit wie möglich zu übernehmen. Ungeachtet der Tatsache, dass für die Mobilität der Arbeitskräfte aus den Beitrittsländern in die EU nach dem Beitritt ein flexibles System von Übergangszeiten gelten wird, werden sich auch die neuen Mitgliedstaaten der Herausforderung gegenübersehen, alles tun zu müssen für besser qualifizierte und anpassungsfähige Arbeitskräfte.

Im Aktionsplan werden drei grundlegende Herausforderungen hervorgehoben, die bewältigt werden müssen, wenn das Ziel erreicht werden soll, die europäischen Arbeitsmärkte offener und allgemeiner zugänglich zu gestalten. Zunächst einmal stellt sich die Herausforderung der unzureichenden beruflichen Mobilität, was bedeutet, dass die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung wirksamer an den Arbeitsmarkt angepasst, dass das lebenslange Lernen und der lebenslange Erwerb von Qualifikationen (insbesondere im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie - IKT) angekurbelt und dass die Systeme zur Anerkennung von Qualifikationen und Kompetenzen verbessert werden müssen. Zum anderen legt die geringe geographische Mobilität innerhalb von und zwischen Mitgliedstaaten die Vermutung nahe, dass die Vorteile des Binnenmarktes noch nicht vollständig erkundet wurden, beispielsweise im Hinblick auf die Beseitigung von Qualifikationsengpässen oder Ungleichgewichten auf dem Arbeitsmarkt. Es gibt nach wie vor viele Mobilitätshindernisse, etwa fehlende Sprachenkompetenz, familiäre Umstände, Aspekte im Zusammenhang mit Steuern, Renten, Sozialversicherung usw. Darüber hinaus scheint der durch die demografischen Veränderungen bedingte Rückgang der Arbeitskräfte in der EU den Schluss zuzulassen, dass auch die Einwanderung von Drittstaatsangehörigen dazu beitragen könnte, einige der Qualifikationsdefizite auszugleichen. Schließlich tragen auch die schlechte Zugänglichkeit und mangelhafte Qualität der Informationen über Mobilität und einzelne Branchen dazu bei, dass viele Menschen davon abgehalten werden, einen Arbeitsplatzwechsel oder eine bestimmte Berufswahl ins Auge zu fassen.

Mit den im Aktionsplan festgelegten Zielen und Maßnahmen will man sich diesen Herausforderungen stellen. Zum einen zielen sie darauf ab, mehr berufliche Mobilität und Qualifizierung zu erreichen, indem dafür gesorgt wird, dass sich die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung stärker am Arbeitsmarkt orientieren, dass Qualifizierungsstrategien für Arbeitnehmer entwickelt werden, dass Lernergebnisse, unabhängig davon, wo sie erzielt wurden, anerkannt werden und dass Qualifikationen leichter übertragbar sind, aber auch indem gerade in den Regionen mit Entwicklungsrückstand mehr in die Humanressourcen investiert wird. Zum anderen ist es zur Erleichterung der geographischen Mobilität erforderlich, noch bestehende administrative und rechtliche Hindernisse aus dem Weg zu räumen (beispielsweise durch eine allgemein gültige Krankenversicherungskarte), die sprachlichen und kulturübergreifenden Fertigkeiten zu erweitern, die grenzüberschreitende Anerkennung von Qualifikationen zu fördern und eine EU-weite Einwanderungspolitik zu betreiben. Um schließlich den Zugang zu Informationen zu verbessern, muss eine Website zur Mobilität als einheitliche europäische Anlaufstelle für einschlägige Informationen eingerichtet, muss die Leistungsfähigkeit des Arbeitsplatzvermittlungssystems EURES [2] verbessert und muss eine Informationskampagne zum Thema Mobilität gestartet werden.

[2] EURopean Employment Service.

Damit die Ziele erreicht und die hierfür erforderlichen Aktionen durchgeführt werden können, muss eine ganze Reihe von Akteuren Verantwortung übernehmen und Engagement an den Tag legen: die Mitgliedstaaten, die Kommission, die übrigen Organe der EU, die Sozialpartner u. a. Wo es angebracht ist, werden Benchmarks und Teilziele festgelegt, anhand deren die Fortschritte überwacht werden können. Die Kommission wird die Durchführung des Aktionsplans jährlich anlässlich der Frühjahrstagung des Europäischen Rates bewerten. Diese Vorgehensweise ist unverzichtbar, wenn echte, greifbare Fortschritte im Hinblick auf die Lissabonner Gesamtziele erreicht werden sollen.

1. Das politische Umfeld

Die Förderung des Wachstums der europäischen Wirtschaft verlangt ein besseres Zusammenpassen der in den Wachstumssektoren und Regionen gefragten Fertigkeiten und der bei den Arbeitskräften vorhandenen Qualifikationen. Es ist in der Tat ein grundlegendes Ziel der Europäischen Union die Möglichkeiten zu schaffen, die es den Einzelnen erlauben, freie und verantwortliche Entscheidungen für ihr eigenes Leben zu treffen, inklusive der, in einen anderen Mitgliedstaat zu ziehen. Dies kann zu einer Verringerung sektoraler und regionaler Ungleichgewichte beitragen und schafft so die Bedingungen für eine bessere Nutzung der vorhandenen Ressourcen.

Dies verlangt eine größere Mobilität von Kapital und Arbeit, um die zusammengehörigen Ziele einer erfolgreicheren und dynamischeren europäischen Wirtschaft und einer ausgewogenen geographischen und sozialen Verteilung des Lohns eines schnelleren Wachstums zu erreichen. Allerdings wird die Reduzierung der individuellen und sozialen Kosten von Mobilität sowohl die Stärkung der Bereitstellung öffentlicher Güter, als auch weitere Anstrengungen seitens der Sozialpartner in den Bereichen grundlegende Bildung, Förderung höherer Qualifikationen und Weiterbildung der Arbeitskräfte erfordern.

Es verlangt auch verbesserte Investitionsmöglichkeiten in unterentwickelten und abgelegenen Gebieten, um Arbeitsplätze so zu schaffen und Arbeitslosigkeit so zu reduzieren, dass andere Regionen mit besseren Arbeitsbedingungen nicht mit übermäßiger Abwanderung, demographischem Druck, Verkehrsproblemen und Umweltverschmutzung zu kämpfen haben.

Es ist Sache der Kommission, sicherzustellen, dass die in den Verträgen verankerte Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet wird und konkret möglich ist. Maßnahmen, mit denen die Qualifizierung der Arbeitnehmer gefördert wird, also Qualifikationsdefizite und Engpässe, die als Hemmschuh für die EU-Wirtschaft wirken, bekämpft werden, sind integrierender Bestandteil der beruflichen Mobilität.

Ob es möglich sein wird, eine zu nachhaltigem Wachstum fähige, dynamische und wissensbasierte Wirtschaft mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und größerem sozialem Zusammenhalt zu erreichen, wie vom Europäischen Rat in Lissabon angekündigt, wird davon abhängen, ob Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, die die erforderlichen Qualifikationen, aber auch die Fähigkeit haben, sich anzupassen und während ihres gesamtem Arbeitslebens neue Kenntnisse zu erwerben. Strategien für lebenslanges Lernen und Mobilität sind ausschlaggebend, soll mit Hilfe der europäischen Beschäftigungsstrategie das Ziel der Vollbeschäftigung erreicht werden.

Ganz allgemein werden solche Strategien nicht nur benötigt, um eine aktive Unionsbürgerschaft, den sozialen Zusammenhalt und die Verringerung von Ungleichheit zu fördern, sondern auch, um den weiteren Aufbau des Binnenmarktes und eine erfolgreiche Integration der europäischen Wirtschaft im Rahmen der Wirtschafts- und Währungsunion sicherzustellen. Durch die EU-Erweiterung wird in den kommenden Jahren eine größere Plattform für diese Entwicklungen zum Nutzen einer noch größeren Zahl von EU-Bürgern entstehen.

Um zum Erreichen dieser Ziele beizutragen, hat die Kommission eine hochrangige Taskforce für Qualifikation und Mobilität eingesetzt, wie in ihrer Mitteilung über neue europäische Arbeitsmärkte (KOM(2001)116) angekündigt und vom Europäischen Rat in Stockholm befürwortet. Aufgabe der Taskforce war es, die treibenden Kräfte und Hauptmerkmale der europäischen Arbeitsmärkte zu ermitteln, die Hemmnisse für die berufliche und geographische Mobilität zu untersuchen und eine Reihe von Empfehlungen zu erarbeiten. Die Taskforce wurde von der Kommission im Juni 2001 eingesetzt und legte dieser am 14. Dezember 2001 ihren Bericht vor.

Das vorliegende Dokument baut auf der Arbeit der Taskforce auf und beinhaltet ein ehrgeiziges Aktionsprogramm zur Entwicklung der europäischen Arbeitsmärkte, die für alle offen, für alle zugänglich sein sollen. Es ergänzt mehrere bereits laufende Initiativen, die zur Mobilität der Unionsbürger beitragen sollen, insbesondere die Empfehlung des Rates und des Europäischen Parlaments über die Mobilität [3] und den entsprechenden Aktionsplan, dem die Mitgliedstaaten zugestimmt haben [4]. Während diese Initiativen den rechtlichen, administrativen und sprachlichen Mobilitätshemmnissen gelten, denen sich Studierende, in der Ausbildung stehende Personen, Lehrkräfte und Ausbilder gegenüber sehen, konzentriert sich der vorliegende Aktionsplan darauf, die Hindernisse aus dem Weg zu räumen, die sich der Mobilität entgegenstellen. Er ergänzt außerdem die Mitteilung der Kommission ,Einen europäischen Raum des lebenslangen Lernens schaffen" [5], in der das lebenslange Lernen als Rahmen für die Politik der allgemeinen und beruflichen Bildung gesehen wird und vordringliche Bereiche für Maßnahmen im Kontext des lebenslangen Lernens aufgezeigt werden. Mehrere der in der Mitteilung enthaltenen Vorschläge werden auch in diesem Aktionsplan aufgegriffen, unter stärkerer Berücksichtigung der europäischen Arbeitsmärkte, beispielsweise im Zusammenhang mit der Anerkennung von Qualifikationen. Der Aktionsplan ergänzt außerdem den vom Europäischen Rat im März 2001 in Stockholm befürworteten Bericht über die konkreten künftigen Ziele der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung. Er steht im Einklang mit der Mitteilung der Kommission ,Eine Mobilitätsstrategie für den europäischen Forschungsraum" [6] vom 20. Juni 2001 und baut auch auf der Mitteilung der Kommission über die Auswirkungen der e-Economy auf die Unternehmen in Europa [7] auf sowie auf den im September 2001 in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten lancierten Aktionen zur Überwachung des in Europa bestehenden Bedarfs an IKT- und e-Business-Qualifikationen und der entsprechenden Fortschritte [8].

[3] Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates (2001/613/EG).

[4] Aktionsplan zur Förderung der Mobilität (ABl. 2000/C 371/03 vom 23.12.2000)

[5] Siehe Mitteilung der Kommission ,Einen europäischen Raum des lebenslangen Lernens schaffen" KOM(2001)678 endg.

[6] KOM(2001)331 endg.

[7] KOM(2001) 711 endg., 29.11.2001. ,Auswirkungen der e-Economy auf die Unternehmen in Europa: Analyse der wirtschaftlichen Aspekte und Einfluesse auf die Politik". Siehe: http://europa.eu.int/comm/enterprise/ict/policy/e-economy.htm

[8] Siehe: http://europa.eu.int/comm/enterprise/ict/policy/ict-skills.htm

Die Vorlage dieses Aktionsplans ist auch zu sehen in Verbindung mit dem von der Kommission kürzlich vorgelegten Bericht ,Erhöhung der Erwerbsbeteiligung und Förderung des aktiven Alterns" [9] und der von der Kommission an die Sozialpartner gerichteten Einladung zum Dialog über die Frage, wie die sozialen Folgen von Unternehmensumstrukturierungen antizipiert und bewältigt werden können, wobei auch die Beschäftigungsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmer zur Sprache kommen sollen [10]. In ihrer Mitteilung an den Europäischen Rat in Barcelona [11] unterstrich die Kommission, dass alle diese Elemente unverzichtbar sind, wenn es darum geht, die Lissabonner Strategie voranzutreiben.

[9] KOM(2002)9 endg. vom 15.01.2002.

[10] Einleitung einer formellen Anhörung der Sozialpartner zu der Frage, wie die Unternehmen und Arbeitnehmer die sozialen Folgen von Unternehmensumstrukturierungen antizipieren und bewältigen können, 15.01.2002.

[11] ,Die Lissabonner Strategie - den Wandel herbeiführen" (KOM(2002)14 endg.)

2. Die Herausforderungen

Soll sichergestellt werden, dass die europäischen Arbeitsmärkte für alle offen, für alle zugänglich sind, dann müssen drei wichtige Herausforderungen angenommen und bewältigt werden (für statistische Angaben siehe auch Anhang II).

A. Unzureichende berufliche Mobilität

Die EU ist traditionellerweise gekennzeichnet durch wenig berufliche Mobilität - Wechsel von Arbeitnehmern zwischen Arbeitsplätzen oder Branchen, sei es innerhalb von oder zwischen Mitgliedstaaten - und geringe Personalfluktuation. Doch in einer zunehmend wissens- und dienstleistungsbasierten Wirtschaft ist die berufliche Mobilität ausschlaggebend, wenn es darum geht, den Strukturwandel zu bewältigen und einen solchen Wandel in einer wettbewerbsgeprägten Welt anzutreiben und damit zu besser funktionierenden Arbeitsmärkten sowie mehr Produktivität, Beschäftigung, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit beizutragen. Mangelnde Übereinstimmung zwischen angebotenen und nachgefragten Fachkenntnissen ist ein wichtiger Grund für Ungleichgewichte bei Arbeitsangebot und -nachfrage zwischen Wirtschaftszweigen und Regionen; durch die sich rasch verändernde Welt der Arbeit wird von den Menschen zunehmend verlangt, dass sie sich darauf einstellen, sich an neue Arbeitsweisen, neue Technologien, neue Branchen und neue Arbeitsbedingungen anpassen zu müssen.

Alle Bürger müssen eine ordentliche Grundausbildung haben und die Gelegenheit erhalten, während ihres gesamten Arbeitslebens und darüber hinaus ihr Wissen zu aktualisieren und neue Qualifikationen zu erwerben. Dafür sollten sich Regierung, Behörden, Arbeitgeber, Sozialpartner und die einzelnen Bürger gemeinsam verantwortlich fühlen. In vielen Fällen kann ein Arbeitsplatzwechsel mehr bedeuten als einen schlichten Wechsel von einem Unternehmen zu einem anderen oder von einer Branche in eine andere; er kann auch bedeuten, dass eine andere Karriere eingeschlagen oder ein anderer Beruf ausgeübt wird. Daher muss unbedingt sichergestellt werden, das sich der Mix aus Lernangeboten an der Notwendigkeit orientiert, Beschäftigungsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmer während ihres gesamten Arbeitslebens sicherzustellen und dadurch ihre Fähigkeit zu beruflicher Mobilität zu steigern (Anhang II Nummer 2).

Die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung müssen aber noch stärker an die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes und einer zunehmend wissensbasierten Wirtschaft und Gesellschaft angepasst werden, eine Aufgabe, die im wesentlichen in den Zuständigkeitsbereich der einzelnen Mitgliedstaaten fällt. In den letzten fünf Jahren war das Beschäftigungswachstum in den so genannten Branchen mit hohen Qualifikationsanforderungen (das sind diejenigen Branchen, in denen mindestens 40 % der Arbeitskräfte einen Hochschulabschluss haben) dreimal höher als das durchschnittliche Beschäftigungswachstum, alle Wirtschaftszweige zusammen genommen (Anhang II Nummer 3). Allerdings ist der Bildungsstand, betrachtet man die EU insgesamt, immer noch eher niedrig. Zwar hatten im Jahr 2000 im EU-Schnitt mehr al 60 % der 25- bis 64-Jährigen einen Abschluss der Sekundarstufe II, doch je nach Mitgliedstaat variierte dieser Anteil von 78 % bis unter 20 % (Anhang II Nummer 4). In einer Zeit, in der weniger junge Menschen auf den Arbeitsmarkt kommen, ist es, sollen die Herausforderungen der Wissensgesellschaft angenommen und ihre Chancen genutzt werden, von höchster Bedeutung, dass eine möglichst große Zahl von Menschen einen möglichst hohen Bildungsstand erreicht. Ein guter Bildungsstand ist auch weiterhin besonders wichtig für Frauen, die sich unter Umständen wegen Mutterschaft und Familienbetreuung vorübergehend vom Arbeitsmarkt zurückziehen und für die ein solider Bildungsstand entscheidend ist bei der Rückkehr auf den Arbeitsmarkt.

Die Anpassungsfähigkeit und Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitnehmern über ihr gesamtes Arbeitsleben hängt daher von der hohen Qualität ihrer allgemeinen und beruflichen Erstausbildung und von einer Senkung der Schulabbrecherquote ab. Nach wie vor ist der Prozentsatz derjenigen beunruhigend hoch, die die Schule verlassen, ohne eine formale Qualifikation erreicht zu haben; im EU-Durchschnitt lag der Anteil der Schulabbrecher im Jahr 2000 bei 18,5 %, in den einzelnen Mitgliedstaaten zwischen 8 % und mehr als 40 % (Anhang II Nummer 5). Entsprechend sollten alle Unionsbürger von frühester Jugend an Gelegenheit erhalten, zusätzlich zu den Grundfertigkeiten Rechnen, Lesen und Schreiben (Anhang II Nummer 6) neue Schlüsselkompetenzen zu erwerben. Daher müssen die Lehrpläne modernisiert werden, damit die Jugendlichen auf die Anforderungen immer dynamischer werdender Arbeitsmärkte vorbereitet werden; die formalen Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung müssen offener und flexibler werden, und die formale und nicht formale Bildung müssen besser integriert werden, damit sie den Bedürfnissen der Lernenden und den Anforderungen des Arbeitsmarktes besser entsprechen können. Im Weißbuch der Kommission ,Neuer Schwung für die Jugend Europas" [12] wird unterstrichen, dass die allgemeine und berufliche Bildung, ob sie in Schulen, an Universitäten oder in Berufsbildungseinrichtungen erworben wird, modernisiert werden muss, um die Qualität und Wirksamkeit der Bildungssysteme sicherzustellen; außerdem wird der komplementäre Charakter des formalen und nicht formalen Lernens betont.

[12] Weißbuch der Europäischen Kommission ,Neuer Schwung für die Jugend Europas", KOM(2001) 681 endg.

Die Entwicklung einer europäischen Dimension der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung muss, auch durch Mobilität, größere Bedeutung erhalten, damit der Bedarf des Arbeitsmarktes an Arbeitnehmern mit europäischer Einstellung und Erfahrung gedeckt werden kann und damit die Berufsaussichten für diese Arbeitnehmer verbessert werden können.

Auf dem Arbeitsmarkt selbst sollten die erwachsenen Arbeitnehmer mehr Gelegenheit erhalten, ihre Qualifikationen zu verbessern, so dass die im allgemeinen geringe Teilnahme erwachsener Arbeitnehmer an der Ausbildung deutlich angehoben werden kann, insbesondere bei den Personen mit niedrigem bis mittlerem Bildungsstand (von diesen nahmen im Jahr 2000 EU-weit 6,1 % an Maßnahmen allgemeiner oder beruflicher Bildung teil, gegenüber 15,4 % bei den Personen mit hohem Bildungsstand (Anhang II Nummer 7). Der technologische und industrielle Wandel hat zur Folge, dass neue Qualifikationsprofile entwickelt werden müssen, um die Unternehmen in die Lage zu versetzen, ihren Beschäftigten die benötigte Ausbildung anzubieten, wobei die Bedürfnisse und Umstände der KMU Berücksichtigung finden müssen. Insbesondere ist die Entwicklung von IKT- und e-Business-Qualifikationsprofilen notwendig, damit der Fachkräftemangel bei den IKT-Berufen und in der IKT-Branche gelindert werden kann [13] (Anhang II Nummer 8).

[13] Die Hochrangige Gruppe Beschäftigung und soziale Dimension der Informationsgesellschaft (ESDIS) hat untersucht, welche Rolle die IKT bei der Sicherstellung von Qualität und notwendiger Erneuerung in der Informationsgesellschaft spielt. Die Gruppe wird Anfang Februar einen Bericht herausgeben.

Über allgemeine Maßnahmen zur Anhebung des Bildungsstands hinaus können sich besondere Schritte als erforderlich erweisen, um die Qualifikationen und die Mobilität derjenigen zu fördern, die sich auf dem Arbeitsmarkt in einer benachteiligten Position befinden. Die Teilnahme von Frauen an der Ausbildung hat sich verbessert, doch die Ausbildungsmöglichkeiten müssen an die Lebensumstände vieler Frauen (häufig Teilzeitarbeit, Kinderbetreuung, familiäre Verantwortung) angepasst werden. Aus demselben Grund müssen die Qualifikationslücken derjenigen, die unter Formen von Ausgrenzung oder Benachteiligung leiden, beseitigt werden, wobei bedacht werden muss, dass möglicherweise viele Menschen gerade durch den technologischen Wandel ausgegrenzt werden - insbesondere gering qualifizierte Arbeitnehmer, Arbeitslose und ältere Menschen, denen es an Gelegenheit fehlt, die erforderlichen Qualifikationen zu erwerben. Auch die demografische Entwicklung in der EU muss bei den Strategien zur Förderung der Arbeitskräfte beachtet werden, angesichts der düsteren Aussicht, dass es in naher Zukunft weniger junge Menschen unter den Erwerbstätigen geben wird (die im allgemeinen besser qualifiziert und mobiler sind) und einen wachsenden Anteil älterer Arbeitnehmer (die im allgemeinen weniger mobil und weniger qualifiziert sind) (Anhang II Nummer 9). Wegen des Älterwerdens der Bevölkerung müssen allgemeine und berufliche Bildung als lebenslanger Zyklus angesehen werden, um sicherzustellen, dass künftige Generationen älterer Menschen in der Lage sind, sich weiter zu qualifizieren, sich an Veränderungen in Wirtschaft und Arbeitsumgebung anzupassen und sich dafür zu rüsten, von einem flexibleren Ablauf ihres Berufslebens größtmöglichen Nutzen zu ziehen.

Berufliche Mobilität und Weiterqualifizierung der Arbeitskräfte können auch dadurch verbessert werden, dass den Arbeitnehmern und Arbeitgebern der Zugang zu Information, Orientierung und Beratung erleichtert wird. Derartige Dienstleistungen wurden bisher in den meisten Ländern eher getrennt nach allgemeiner Bildung, Berufsausbildung und Beschäftigung angeboten, und an den Arbeitsplätzen fehlten sie fast ganz.

Probleme bei der Anerkennung von nicht formalem oder informellem Lernen [14] vonseiten der Arbeitgeber und Bildungseinrichtungen kann ein schwerwiegendes Mobilitätshemmnis sein, sowohl innerhalb von als auch zwischen Mitgliedstaaten. Gerade für ältere Arbeitnehmer ist oft die Anerkennung des Werts von Erfahrung und On-the-job-Ausbildung wichtiger als formale Qualifikationen. Aber auch für junge Menschen spielt die Anerkennung nicht formalen Lernens beispielsweise bei freiwilligen Tätigkeiten für die Gemeinschaft eine entscheidende Rolle und muss verbessert werden. Im Fall kleiner und mittlerer Unternehmen, denen es oft schwer fällt, Mittel und Zeit für die Ausbildung bereitzustellen, können die Beurteilung und Anerkennung nicht formalen und informellen Lernens im wechselseitigen Interesse von Arbeitnehmern und Arbeitgeber sein.

[14] Nicht formales oder informelles Lernen findet beispielsweise statt bei ehrenamtlicher Tätigkeit, Tätigkeiten in der Zivilgesellschaft, durch Arbeitserfahrung und nicht formale Ausbildung vonseiten des Arbeitgebers oder in dessen Auftrag.

Die gering qualifizierten Arbeitnehmer haben in Europa wenig Neigung zu beruflicher Mobilität, und der Anteil der gering qualifizierten Arbeitnehmer ist zumeist in den Mitgliedstaaten und Regionen mit geringer Erwerbsquote und hoher Arbeitslosigkeit, also mit Entwicklungsrückstand, am höchsten. Will man die Möglichkeiten beruflicher Mobilität erweitern, sind daher die größten Anstrengungen erforderlich, um in diesen Mitgliedstaaten und Regionen den Bildungsstand anzuheben und die Qualifikationen und Kompetenzen zu verbessern.

B. Geringe geographische Mobilität

Die geographische Mobilität ist in der EU ebenfalls relativ schwach ausgeprägt, insbesondere zwischen Mitgliedstaaten, aber auch innerhalb von Mitgliedstaaten (Anhang II Nummer 10). Dies hat teilweise mit rechtlichen und administrativen Hemmnissen zu tun, teilweise aber auch mit wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Sachzwängen und Gewohnheiten. Auch wenn sich die Muster der geographischen Arbeitskräftemobilität im Laufe der Jahre verändert haben (mit einem zunehmenden Trend hin zu zeitlich befristeter Migration, Pendeln über große Entfernungen und grenzüberschreitendem Pendeln) (Anhang II Nummer 11), ist das Gesamtniveau der Arbeitskräftemobilität nach wie vor niedrig. Die geographische Mobilität ist zwar kein Selbstzweck, aber sie kann den Bürgern bessere Berufsaussichten oder berufliche Alternativen bieten.

Die Verbesserung des Potentials an geographischer Mobilität hängt mit der Existenz dualer Arbeitsmärkte in Europa zusammen, d. h. Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit grenzen unmittelbar an Regionen mit Fachkräftemangel an (Anhang II Nummer 12); auch ist berufliche Mobilität häufig eine Voraussetzung der geographischen Mobilität. Bemühungen zur Förderung der geographischen Mobilität müssen daher kombiniert werden mit Maßnahmen zugunsten beruflicher Mobilität, damit die Arbeitnehmer die Möglichkeit erhalten, gleichzeitig zwischen Branchen und Regionen zu wechseln. Allerdings müssen derartige Maßnahmen im Kontext der Förderung nachhaltigen Wachstums und nachhaltiger Entwicklung der benachteiligten Regionen erfolgen. Eine Förderung der geographischen Mobilität widerspricht daher keineswegs der Notwendigkeit, insbesondere in den benachteiligten Regionen neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen und die Lebensqualität zu erhöhen. Dies wird für die erweiterte EU von noch größerer Bedeutung sein.

Die europäische Wirtschaft gründet sich zunehmend auf Dienstleistungen. Durch Verbesserung der Bedingungen für den freien Verkehr der Dienstleistungen über nationale Grenzen hinweg und durch Gewährleistung der Niederlassungsfreiheit sollten die dem Binnenmarkt innewohnenden dynamischen Kräfte freigesetzt und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit, das Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen gestärkt werden. Durch Beseitigung der bestehenden Hemmnisse für Dienstleistungen sollte sich auch die Mobilität der Arbeitnehmer und der Selbstständigen erhöhen lassen. Hemmnisse sind z. B. Bestimmungen, die eine Gesellschaft daran hindern, ihre gesamte Belegschaft zur Erbringung einer Dienstleistung über eine Grenze zu schicken, oder Beschränkungen für die Gründung einer Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat oder für den Einsatz von Zeitarbeitskräften und Leiharbeitsfirmen. Weitere Probleme ergeben sich aus einem gewissen Mangel an Klarheit, Sicherheit und Flexibilität bei den Regelungen zur Anerkennung von Qualifikationen im Bereich der reglementierten Berufe; diese Regelungen haben sich im Laufe von 25 Jahre entwickelt und sind Stückwerk geblieben. Daraus ergeben sich Schwierigkeiten wie gewisse Unklarheiten durch Textüberschneidungen, bestimmte praktische Schwierigkeiten in der Verwaltung und Aktualisierung des Systems und Bedenken der Bürger wegen zuweilen unnötig unsicherer, komplexer oder wenig transparenter Prozesse.

Wegen eines Arbeitsplatzes in eine andere Region oder in ein anderes Land umzuziehen, setzt voraus, dass man die Kosten gegen die wirtschaftlichen Vorteile aufrechnet; dazu gehört die Beurteilung der Arbeitsplatzsicherheit und des Sozialschutzniveaus im Vergleich zu dem, was anderswo geboten wird. Innerhalb von Mitgliedstaaten gibt es trotz nach wie vor großer regionaler Unterschiede oft nur wenig geographische Mobilität hin zu Regionen mit geringerer Arbeitslosigkeit und höheren Einkommen. Empirische Untersuchungen lassen vermuten, dass Menschen nur dann in eine andere Region umziehen, wenn sie sich davon eine Erhöhung ihrer Kaufkraft erhoffen, wobei die Umzugskosten, die örtlichen Preise, die Steuern, die Sozialleistungen usw. in Rechnung gestellt werden. Die Neigung, umzuziehen, hängt daher stark von regionalen Lohnunterschieden, den Merkmalen der Steuer- und Sozialleistungssysteme und dem Funktionieren des Wohnungsmarktes ab. In vielen Mitgliedstaaten müssen in den Tarifverträgen regionale Unterschiede bei Produktivität und Arbeitsbedingungen besser berücksichtigt werden. Es kann sich als erforderlich erweisen, das Steuer- und Sozialleistungssystem zu reformieren, um den Bürgern den Umzug in eine Gegend zu erleichtern, in der sie Arbeit finden können; dabei sollte man sich darauf konzentrieren, die Anreize zu verbessern, die sicherstellen, dass Arbeit sich lohnt, und gleichzeitig dafür sorgen, dass die eigentlichen Ziele des Sozialsystems nicht unterminiert werden. Ein für den Wohnungsmarkt entscheidendes Element ist die Frage, ob die Transaktionskosten wie Steuern und Gebühren für Makler, Notare und Grundbucheintragungen niedrig sind.

Die Umzugskosten wiegen oft schwerer, wenn es sich um einen Umzug in ein anderes Land handelt; die Einführung des Euro macht die Beurteilung der Vorteile eines Umzugs in einen anderen Mitgliedstaat der Eurozone leichter, weil Lohnunterschiede und die steuerliche Belastung der Arbeit (also Sozialabgaben und Einkommenssteuer) direkt verglichen werden können. Ein Umzug in ein anderes Land, selbst in einen anderen EU-Mitgliedstaat, bedeutet auch, dass eine Reihe rechtlicher und administrativer Hindernisse überwunden werden müssen, die zumeist, wenn auch nicht ausschließlich, mit den Steuer- und Sozialversicherungssystemen zu tun haben.

Verkompliziert wird das Ganze häufig noch durch die Notwendigkeit, mit der örtlichen Sprache und Kultur vertraut zu sein. Insgesamt werden in den Schulen zu wenig Fremdsprachen gelehrt und gelernt, weshalb auf diesem Gebiet beträchtliche Investitionsanstrengungen unternommen werden müssen (Anhang II Nummer 13). Durch Fortschritte beim Fremdsprachenunterricht würde eine der wichtigsten kulturellen und psychologischen Mobilitätsbarrieren aus dem Weg geräumt und auch die Grundlage geschaffen für den Erwerb interkultureller Fähigkeiten zum besseren Verstehen dessen, was es bedeutet, zum Leben und Arbeiten in ein anderes Land zu ziehen. In diesem Zusammenhang darf man die Bildungsmobilität nicht unterschätzen, nicht zuletzt wegen der sprachlichen und interkulturellen Fertigkeiten, die mobile Studierende erwerben. Es ist erwiesen, dass Menschen, die während ihres Studiums international mobil waren, im späteren Leben eher Arbeitsmöglichkeiten in einem anderen Mitgliedstaat als ihrem eigenen in Betracht ziehen, suchen oder wahrnehmen.

Sollen die Möglichkeiten geographischer Mobilität nicht begrenzt werden, muss darüber hinaus angesichts der Zunahme der Doppelverdienerhaushalte mehr auf die Notwendigkeit geachtet werden, dass beide Partner im gleichen geographischen Bereich eine geeignete Beschäftigungsmöglichkeit finden müssen. Es sind noch weitere wichtige gesellschaftliche Fragen mit der geographischen Mobilität verbunden. Um ein voll integriertes Mitglied in der Gastgesellschaft zu werden, muss man Zugang haben zu erschwinglicher Wohnung und zu erschwinglichen Gesundheits- und Sozialleistungen. Der Zugang zu diesen grundlegenden Dienstleistungen und die entsprechenden Kosten können zwischen verschiedenen Regionen der EU erheblich variieren, was die Bereitschaft von Menschen, umzuziehen, stark beeinflussen kann.

Während die fehlende Anerkennung von nicht formalem und informellem Lernen zu Problemen beim Arbeitsplatzwechsel sowohl innerhalb eines Staats als auch zwischen Staaten führen kann, sind die fehlende Anerkennung formaler schulischer und beruflicher Qualifikationen zwischen Mitgliedstaaten und die fehlende Transparenz der Systeme allgemeiner und beruflicher Bildung schwerwiegende Hindernisse bei der Suche nach Arbeit in einem anderen Land. Dies gilt nicht nur für den Arbeitsuchenden, sondern bereitet auch den Familienmitgliedern Schwierigkeiten, die in relativ kurzer Zeit zwischen verschiedenen Bildungssystemen wechseln müssen.

Die Migration von EU-Bürgern zwischen Mitgliedstaaten ist nur ein Teil des gesamten Migrationsmusters in der EU (Anhang II Nummer 14). Die Einwanderung von Drittstaatsangehörigen in die EU, darunter auch von Staatsbürgern der Beitrittsländer, ist in mehreren Mitgliedstaaten die einzige Quelle für Bevölkerungswachstum und daher ein wichtiges Mittel, um die Arbeitskräfte aufzustocken. Ein Teil dieser Migration wird zum ,Binnenproblem" werden, sobald die Freizügigkeitsbestimmungen für die neuen Mitgliedstaaten uneingeschränkt gelten. Doch würde eine gemeinsame Einwanderungspolitik auch die geographische Mobilität in die und innerhalb der EU durch Beseitigung einiger der für die Freizügigkeit von Drittstaatsangehörigen bestehenden Hindernisse erleichtern.

C. Zersplitterung der Informationen und fehlende Transparenz hinsichtlich Arbeitsmöglichkeiten

Wer an einen anderen Arbeitsplatz oder in eine andere Branche wechseln oder in ein anderes Land ziehen möchte, braucht, um gut informiert seine Wahl treffen zu können, zunächst und vor allem korrekte und angemessene Informationen über die Beschäftigungsbedingungen und Lebensverhältnisse sowie Informationen über die Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen und entsprechenden Ausbildungsmöglichkeiten. Zwar erfassen private und öffentliche Einrichtungen eine Vielzahl von Informationen, aber der Zugang zu diesen ist oft sehr zersplittert. Es ist daher vorrangig, zunächst die Informationen in ein leicht zugängliches Format zu bringen, die Vernetzung der einschlägigen Organisationen und Einrichtungen auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene zu fördern und schließlich durch entsprechende Werbemaßnahmen sicherzustellen, dass die Menschen von diesen Möglichkeiten erfahren.

Auf einer anderen Ebene sind einige Berufe - etwa im technischen Bereich und dort, wo wissenschaftliche Kenntnisse vorausgesetzt werden - dadurch benachteiligt, dass sie vielen jungen Menschen, besonders Mädchen, nicht besonders attraktiv erscheinen, was sie zögern lässt, die Karriereaussichten in diesen Bereichen zu nutzen. Ansprechende Informationen über diese Arbeitsplätze und die Möglichkeiten, die sie bieten, sowie entsprechende Lehrpläne in den Schulen und Lernerfahrung mit dieser Art von Arbeit könnten dazu beitragen, dass bestimmte Engpässe auf dem Arbeitsmarkt und damit auch in der wirtschaftlichen Entwicklung der betroffenen Branchen beseitigt werden, die durch den Fachkräftemangel in diesen Bereichen gebremst wird.

3. Ziele und Massnahmen

Als Reaktion auf diese Herausforderungen sind nach Ansicht der Kommission Maßnahmen mit folgenden Zielsetzungen dringend geboten:

3.1. Ausweitung von beruflicher Mobilität und Qualifizierung

3.1.1 Sicherstellen, dass sich die Systeme allgemeiner und beruflicher Bildung stärker am Arbeitsmarkt orientieren, der Ausdruck einer zunehmend wissensbasierten Wirtschaft und Gesellschaft ist [15]

[15] Im Rahmen der vom Europäischen Rat in Lissabon eingeführten neuen offenen Methode der Koordinierung wurde der Rat (Bildung) ersucht, allgemeine Überlegungen über die konkreten künftigen Ziele der Bildungs systeme für die nächsten zehn Jahre anzustellen. Ein Bericht über die konkreten künftigen Ziele der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung wurde vom Europäischen Rat in Stockholm im März 2001 angenommen; ein detailliertes Arbeitsprogramm wird derzeit gemeinsam vom Rat und von der Kommission auf der Grundlage eines Kommissionsentwurfs (KOM(2001)501 endg.) zur Umsetzung dieses Berichts ausgearbeitet.

1) Als Grundlage für eine langfristige Beschäftigungsfähigkeit und weiteres Lernen sollten alle Bürger kostenfrei die Möglichkeit erhalten, Schlüsselfertigkeiten zu erwerben, neben dem Lesen, Schreiben und Rechnen auch weitere Schlüsselfertigkeiten wie Mathematik, Wissenschaft und Technik, Fremdsprachen, ,Lernfertigkeiten" (also Fähigkeit und Wunsch, ständig Wissen und Kompetenzen neu zu erwerben bzw. zu aktualisieren), kulturelles Bewusstsein, soziale/persönliche Kompetenzen, Unternehmergeist, Technologiekultur (einschließlich IKT-Fertigkeiten, die beispielsweise durch Instrumente wie den Europäischen Computer-Führerschein, sowie die Nutzung von IKT und e-Learning für weiter gehendes Lernen anzuerkennen sind).

Die Mitgliedstaaten sollten sich um ein echtes Recht auf freien Zugang zum Erwerb von Schlüsselfertigkeiten für alle Bürger ohne Rücksicht auf ihr Alter bemühen [16]. Die Kommission wird in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten nationale Vorgehensweisen prüfen, um die Qualität von IKT-basiertem Lernen und e-Learning sicherzustellen im Hinblick auf die Einführung von europäischen Qualitätssiegeln im Interesse des Verbraucherschutzes [17].

[16] Siehe Ziel 1.2 des Berichts über die konkreten künftigen Ziele der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung und Abschnitt 3.5 der Mitteilung der Kommission ,Einen europäischen Raum des lebenslangen Lernens schaffen", KOM(2001)678 endg. (Mitteilung über lebenslanges Lernen).

[17] Siehe den fünften Aktionsschwerpunkt unter ,Neue Lehr- und Lernmethoden und neue Rolle von Lehrern, Ausbildern und sonstigen Lernförderern" in Abschnitt 3.6 der Mitteilung der Kommission über lebenslanges Lernen.

2) Um derzeitige und zu erwartende Qualifikationsdefizite im IKT-Bereich und in anderen Branchen zu bekämpfen, sollten die Interessen und Leistungen junger Menschen in Mathematik, Naturwissenschaft und Technik besser gefördert und folglich die Zahl derjenigen, die sich für diese Fächer entscheiden, erhöht werden [18], insbesondere bei Mädchen und jungen Frauen. Das Lehren dieser Fächer sollte attraktiver gestaltet werden, um Qualität und Quantität der Neueinstellungen zu verbessern. Lernförderer und insbesondere Berufsberater sollten in der Fähigkeit ausgebildet werden, für Studium, Forschung und Karriere im naturwissenschaftlichen und technischen Bereich und im IKT-Bereich zu sensibilisieren und gegebenenfalls zu werben, besonders bei Mädchen und jungen Frauen. Mehr junge Menschen mit Qualifikationen in diesen Bereichen sollten für entsprechende Berufe interessiert und angeworben werden.

[18] Siehe Ziel 1.4 des Berichts über die konkreten künftigen Ziele der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung.

Die Kommission wird zusammen mit den Mitgliedstaaten daran arbeiten, angemessene Indikatoren und Ziele für Verbesserungen auf diesen Gebieten und einen geeigneten Zeitplan festzulegen und die entsprechenden Fortschritte zu überwachen.

Die Sozialpartner sollten in Zusammenarbeit mit den Bildungsbehörden und Vertretern der Wissenschaft geeignete, an Studierende gerichtete Sensibilisierungsmaßnahmen einführen und insbesondere mehr Mädchen und Frauen ermutigen, entsprechende Arbeitsmöglichkeiten wahrzunehmen. Die Mitgliedstaaten und die Sozialpartner sollten sich gemeinsam um Verbesserung der Qualität der Informationen über einschlägige Berufe bemühen, die von öffentlichen und privaten Berufsberatungsstellen zur Verfügung gestellt werden.

3) Der Anteil derjenigen Menschen, die zumindest einen Abschluss der Sekundarstufe II erreicht haben, sollte erhöht werden, um das Risiko der Arbeitslosigkeit zu reduzieren, von der weniger qualifizierte Arbeitnehmer unverhältnismäßig stärker betroffen sind als besser qualifizierte. Für die drei leistungsstärksten Mitgliedstaaten liegt dieser Prozentsatz derzeit bei 77 %. Der Anteil derjenigen, die ohne formale Qualifikation aus der Schule ausscheiden, muss verringert werden [19], um die Beschäftigungsfähigkeit und Anpassungs fähigkeit einer größeren Zahl von Arbeitnehmern auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.

[19] Siehe beschäftigungspolitische Leitlinien 2001 und Ziel 2.3 des Berichts über die konkreten künftigen Ziele der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung.

Die Kommission wird zusammen mit den Mitgliedstaaten daran arbeiten, angemessene Ziele für die Verbesserung des Bildungsstandes und einen geeigneten Zeitplan festzulegen und die entsprechenden Fortschritte zu überwachen. Die Mitgliedstaaten sollten die Zahl der 18-24-Jährigen, die mit einem Schulabschluss der Sekundarstufe I oder darunter die Schule verlassen und keine weitere Ausbildung absolvieren, halbieren (bis 2010, verglichen mit dem Stand des Jahres 2000) [20]. Die Mitgliedstaaten sollten die Integration benachteiligter Jugendlicher, insbesondere jugendlicher Behinderter, Jugendlicher mit Lernschwierigkeiten und Jugendlicher aus Einwanderergruppen oder ethnischen Minderheiten, in die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung verstärkt fördern.

[20] Siehe beschäftigungspolitische Leitlinien 2001 (Leitlinie 4) und Ziel 2.3 des Berichts über die konkreten künftigen Ziele der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung, in Übereinstimmung mit den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates in Lissabon.

4) Bildungseinrichtungen und andere Lernanbieter sollten im Interesse größerer Offenheit und besserer Orientierung an den Bedürfnissen der Lernenden und des Arbeitsmarktes engere Verbindungen und Partnerschaften mit der Wirtschaft, dem Arbeitsmarkt, den Informations- und Beratungsdiensten und der Gesellschaft als Ganzem aufbauen, auch durch grenzüberschreitende Aktionen zur Mobilität in Ausbildung und Beruf [21].

[21] Siehe Ziel 3.1 des Berichts über die konkreten künftigen Ziele der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung.

Die Mitgliedstaaten, die regionalen und lokalen Behörden sollten diese Verbindungen und öffentlich-private Partnerschaften mit diversen Maßnahmen fördern, etwa mit Besuchen und Ortsbesichtigungen, Lernerfahrung, gemeinsamen Projekten, Mentoring und Austausch von Lehrern und Managern/Beschäftigten aus der Arbeitswelt. Die Kommission wird ein Netz aus gemeinsamen Beratungsstellen von Wirtschaft und Bildungswesen aufbauen, wodurch die Zusammenarbeit zwischen der Welt der Arbeit und den Bildungssystemen insgesamt intensiviert werden soll. Der Aufbau dieses Netzes sollte bis 2004 abgeschlossen sein. Im Rahmen dieser Initiative muss besonders sorgfältig auf die besonderen Verbindungen zwischen Hochschulen und Wirtschaft im Forschungsbereich geachtet werden, um bestehende Mobilitätshemmnisse zu überwinden. Die Mitgliedstaaten sollten ihre Politik und Praxis im Hinblick auf ihre Informations- und Beratungsdienste mit dem Ziel überprüfen, die Transparenz und Kohärenz dieser Dienste sicherzustellen [22].

[22] Siehe Abschnitt 3.2 der Mitteilung der Kommission über lebenslanges Lernen. Durch die Einrichtung des Europäischen Forums Beratung und die laufende OECD-Studie auf diesem Gebiet sollte diese Analyse und Entwicklung erleichtert werden.

3.1.2. Wirksame Qualifizierungsstrategien einführen und konsolidieren

5) Der künftige Bedarf an beruflicher Fortbildung sollte ermittelt und die Fortbildung in Unternehmen oder Forschungseinrichtungen sollte nach Umfang und Qualität verbessert werden mit dem Ziel, die Anpassungsfähigkeit, die Beschäftigungsfähigkeit und die Weiterbeschäftigung von Arbeitnehmern zu fördern. Die Teilnahme an der Weiterbildung sollte verstärkt werden, u. a. dadurch, dass sie allen während des gesamten Berufslebens zugänglich gemacht wird (insbesondere den Niedriglohnempfängern/gering qualifizierten Arbeitnehmern, Arbeitnehmern mit Behinderungen und Arbeitnehmern aus benachteiligten Gruppen oder Minderheiten). Es sollten größere Anstrengungen unternommen werden für die Ausbildung, Weiterbeschäftigung und Einstellung älterer Arbeitnehmer, wobei auf ihren Fertigkeiten und Kenntnissen - formaler, nicht formaler und informeller Art - aufgebaut werden sollte, die sie während ihres Arbeitslebens erworben haben, und sie die Möglichkeit erhalten sollten, die für die Informationsgesellschaft erforderlichen Kompetenzen zu erwerben. Im Rahmen von Qualifizierungsstrategien sollte die besondere Situation von Frauen - Betreuungspflichten u. Ä. - berücksichtigt und es sollten spezielle Vorkehrungen getroffen werden, um ihren Zugang zur Ausbildung zu verbessern. Die Unternehmen sollten ihre Fähigkeit verbessern, sich als lernende Organisationen weiterzuentwickeln, sie sollten IKT- und e-Learning-Lösungen bestmöglich nutzen, den Zugang zu Wissen ,auf neuestem Stand" maximieren und Fortbildungspläne auf individueller und Unternehmensebene erstellen. Die vorhandenen Informations-, Orientierungs- und Beratungsdienste im Bildungswesen und bei den Arbeitsmarktverwaltungen sollten genutzt werden, um am Arbeitsplatz Beratungsmöglichkeiten zur Unterstützung der Fortbildungspläne von Unternehmen und Arbeitnehmern anzubieten.

Die Mitgliedstaaten und die Sozialpartner sollten bis 2004 gemeinsame Initiativen ergreifen [23], um Arbeitnehmer länger im Arbeitsmarkt zu halten, und sich dabei auf den Zugang der Arbeitnehmer zur und ihre Teilnahme an der betrieblichen Ausbildung konzentrieren, wobei für ein entsprechendes Monitoring anhand vergleichbarer Statistiken und Indikatoren zu sorgen ist. Dazu sollten spezielle Zielvorgaben und Maßnahmen für ältere Arbeitnehmer gehören, wobei anzugeben wäre, wie die angestrebten 50 % Beschäftigungsquote für ältere Arbeitnehmer (zwischen 55 und 64 Jahren) bis 2010 erreicht werden sollen.

[23] KOM(2002)9 endg. vom 15.01.2002, Nummer 3.2.A.

Die Mitgliedstaaten und die Sozialpartner sollten gegebenenfalls die Voraussetzungen schaffen, um den Zugang von Frauen zu allgemeiner und beruflicher Bildung sowie zum lebenslangen Lernen zu fördern, mit besonderem Augenmerk für die Förderung des Zugangs von Frauen zu IKT-Berufen.

Im Rahmen dieser Initiativen sollten die Sozialpartner auf allen Ebenen spezielle Strategien der Personalförderung anwenden, u. a. Zielvorgaben zur Erhöhung der Teilnahme an Weiterbildung und zur Verbesserung der Arbeitsqualität; in diesen Strategien sollte die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Umstrukturierung berücksichtigt und die Anpassungsfähigkeit und langfristige Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitnehmer gefördert werden. Die Sozialpartner sollten anerkennen, dass jeder Beschäftigte Anspruch auf einen Qualifizierungsplan haben sollte, der auf der Bewertung seiner jeweiligen Kompetenzen beruht und mit dem Gesamtqualifizierungsplan auf Unternehmensebene übereinstimmt [24]. Dabei sind die besonderen Bedürfnisse und Umstände der KMU voll zu berücksichtigen. Arbeitgeber sollten eine größere Verantwortung übernehmen und die Investitionen in ihr Humankapital erhöhen. Dabei sollten sie sich insbesondere um die Ausbildung und das Angebot von Aufstiegschancen für geringverdienende/wenig qualifizierte Arbeitnehmer und Behinderte kümmern.

[24] Siehe Abschnitt 3.4 der Mitteilung der Kommission über lebenslanges Lernen.

Zur Unterstützung dieser Initiativen sollten die Mitgliedstaaten Anreize zum einen für die Arbeitgeber einführen (z. B. Steuererleichterungen, Abschläge auf die Sozialabgaben, Auszeichnungen für bewährte Verfahren, etwa durch ein System von Gütesiegeln für lebenslanges Lernen und Unternehmensbeiträge zu Ausbildungsfonds), zum anderen für Einzelpersonen (z. B. Lernkonten oder Gutscheine); die Mitgliedstaaten sollten den Zugang zu lokalen Beratungsnetzen und zu IKT-basierten Lern- und Beratungsdiensten fördern, um zum einen individuelle Qualifizierungspläne, zum anderen Unternehmensstrategien zu unterstützen [25]. Diese Unterstützung sollte auf der Auffassung basieren, dass diese Bemühungen für die Gesellschaft als Ganzes von erheblichem Interesse und Vorteil sind und deshalb eine Umleitung der öffentlichen Mittel zugunsten dieses Bereichs mit sich bringen können.

[25] Siehe den ersten Aktionsschwerpunkt unter ,Lernen am Arbeitsplatz - auch in KMU - unterstützen und fördern" in Abschnitt 3.4 der Mitteilung der Kommission über lebenslanges Lernen.

6) Europäische Preise für lebenslanges Lernen sollten gefördert werden, um - sowohl öffentliche wie private - Arbeitgeber auszuzeichnen, die innovative Qualifizierungsstrategien einführen.

Die Kommission wird Auszeichnungen für Unternehmen oder Organisationen des öffentlichen Sektors sponsern, die im Bereich des lebenslangen Lernens besonders innovativ vorgehen [26], und Beispiele für von den Arbeitgebern angewandte bewährte Verfahren herausgeben.

[26] Siehe Abschnitt 3.4 und 3.6 der Mitteilung der Kommission über lebenslanges Lernen.

7) IKT- und e-Business-Fertigkeiten sollten ausgehend von den Erfordernissen der Wirtschaft definiert werden, um zu erreichen, dass diese Fertigkeiten transparent, weltweit anerkannt und innerhalb der bzw. zwischen den Mitgliedstaaten verfügbar zu machen; untermauert sollte dies werden durch europaweite Normen sowie Validierungs-, Zulassungs- und Anerkennungsprogramme für diese Fertigkeiten.

Die Kommission wird die Zusammenarbeit der zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten mit den Sozialpartnern bei der Entwicklung von Definitionen der IKT- und e-Business-Fertigkeiten fördern. Sie wird die Entwicklung, die Beibehaltung und Propagierung von europaweit gültigen Normen sowie Validierungs-, Zulassungs- und Anerkennungsprogrammen bis 2005 unterstützen. Die Mitgliedstaaten sollten diese Normen und Programme für IKT- und e-Business-Fertigkeiten in ihre Systeme einbauen und sich an die europaweit gültigen Normen halten.

8) Der Bedarf an IKT- und e-Business-Fertigkeiten sollte besser überwacht werden, wobei man insbesondere auf der Arbeit der ,ICT Skills Monitoring Group" [27] aufbauen sollte, mit dem Ziel, sie präziser zu definieren, die Prioritäten festzulegen und das Ganze an den Erfordernissen der Wirtschaft einschließlich der KMU auszurichten. Es sollten detaillierte Qualifikationsprofile aufgestellt werden (z. B. nach den Grundsätzen des Career Space Consortium [28] in der IKT-Branche), zusammen mit entsprechenden Lehrplänen und Ausbildungseinrichtungen, und e-Learning sollte gefördert werden.

[27] Die mit Vertretern der Mitgliedstaaten im September 2001 eingesetzte Gruppe arbeitet mit der Wirtschaft zusammen. Siehe: http://europa.eu.int/comm/enterprise/ict/policy/ict-skills.htm

[28] Career Space ist ein Konsortium unter Führung des EICTA (European Information and Communication Technologies Association) und elf weiterer IKT-Unternehmen in Europa. Siehe: www.career-space.com.

Die Mitgliedstaaten sollten für die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit den IKT- und e-Business-Fertigkeiten öffentlich/private Partnerschaften für große und kleine Unternehmen und den öffentlichen Sektor fördern und in der Arbeitsgruppe e-Learning und in der ICT Skills Monitoring Group Informationen über die Fortschritte austauschen. 2002 wird die Kommission die Debatte über die e-Economy intensivieren und eine Agenda zur Maximierung der Vorteile der e-Economy für die europäischen Unternehmen, einschließlich der KMU, aufstellen [29]. Im Oktober 2002 wird zusammen mit der IKT-Branche eine hochrangige Konferenz - der eSkills Summit - organisiert.

[29] Wie im Fazit der Mitteilung der Kommission ,Auswirkungen der e-Economy auf die Unternehmen in Europa: Analyse der wirtschaftlichen Aspekte und Einfluesse auf die Politik" angekündigt. KOM(2001) 711 endg., 29.11.2001. Siehe: http://europa.eu.int/comm/enterprise/ict/policy/e-economy.htm.

3.1.3. Die Barrieren für die Anerkennung Lernerfolgen, unabhängig davon, wo sie erzielt wurden, absenken und die Transparenz und Übertragbarkeit der Qualifikationen in ganz Europa fördern

9) Es sollte ein europäischer Rahmen aus Methoden und Normen für die Feststellung, Beurteilung und Anerkennung der verschiedenen Formen nicht formalen und informellen Lernens, von Arbeitserfahrung und Ausbildung entwickelt werden, die von bzw. für Unternehmen oder in anderen Arbeitsumgebungen erteilt werden. Ergänzend dazu sollte der Erfahrungsaustausch auf diesem Gebiet systematisiert werden.

Die Kommission wird Ende 2002 einen systematischen Austausch von Erfahrungen und bewährten Verfahren auf dem Gebiet der Feststellung, Beurteilung und Anerkennung nicht formalen Lernens lancieren. Das von der Kommission und Cedefop [30] verwaltete Europäische Forum für die Transparenz beruflicher Qualifikationen soll diesen Prozess in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, den Sozialpartnern, den Nichtregierungsorganisationen, Eurydice [31] und der Europäischen Stiftung für Berufsbildung koordinieren [32].

[30] Europäisches Zentrum für die Förderung der Berufsbildung.

[31] Informationsnetz für das Bildungswesen in der Europäischen Gemeinschaft.

[32] Siehe den ersten Aktionsschwerpunkt unter ,Bewertung von nicht-formalem und informellem Lernen; Erfahrungsaustausch" in Abschnitt 3.1 der Mitteilung der Kommission über lebenslanges Lernen.

10) Es sollten Instrumente zur Förderung der Transparenz und Übertragbarkeit der Qualifikationen entwickelt und ausgebaut werden, um die Mobilität innerhalb der und zwischen den Wirtschaftszweigen zu erleichtern.

Die Mitgliedstaaten sollten, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit der Kommission und den Sozialpartnern, gemeinsam die Verpflichtung eingehen, Instrumente wie das Europäische System zur Anrechnung von Studienleistungen, Zusätze zu Diplomen und Qualifikationsnachweisen, Europass, europäisches Portfolio und europäischen Lebenslauf [33] bis 2003 zu implementieren und weiterzuentwickeln. Die Kommission wird bis 2003 in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten ein ,Modulsystem" für die Akkumulation von Qualifikationen ausarbeiten, das es den Bürgern erlaubt, in unterschiedlichen Einrichtungen und Staaten erworbene allgemeine und berufliche Bildung zu kombinieren.

[33] Siehe die Aktionsschwerpunkte unter ,Neue Instrumente auf europäischer Ebene zur Bewertung aller Lernformen" in Abschnitt 3.1 der Mitteilung der Kommission über lebenslanges Lernen.

3.1.4. Die Anstrengungen in den Mitgliedstaaten und Regionen mit Entwicklungsrückstand intensivieren

11) Besondere Aufmerksamkeit sollte dem größeren Bedarf an Investitionen in Humankapital und IKT gelten, insbesondere in den Mitgliedstaaten und Regionen, die hinter der allgemeinen Entwicklung zurück sind, wobei ein wirksamer und produktiver Einsatz dieser Investitionen sicherzustellen ist. Dies wird in den neuen Mitgliedstaaten von noch größerer Bedeutung sein.

Die Mitgliedstaaten sollten in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern darauf abzielen, dass insbesondere in den Regionen mit Entwicklungsrückstand angemessene Ressourcen für Investitionen in Humankapital zur Verfügung gestellt werden. Zu den Quellen für die Unterstützung gehören privaten Quellen und andere Betroffene, und, soweit gerechtfertigt, eine Kofinanzierung im Rahmen der Programmierung der Strukturfonds und vor allem des Europäischen Sozialfonds. Die Kommission wird die Mitgliedstaaten dringend ersuchen, dieses Ziel bei der Halbzeitüberprüfung der Durchführung der Strukturfonds 2003 im Auge zu behalten. Was die künftigen Mitgliedstaaten angeht, so muss nach der Bewertung ihres Bedarfs der Entwicklung des Humankapitals bei der Aushandlung dieser Programme besonderes Augenmerk gelten.

3.2. Erleichterung der geographischen Mobilität

3.2.1. Verbleibende administrative und rechtliche Barrieren beseitigen

12) Die Bestimmungen zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Verordnung 1612/68) und zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten (Verordnung 1408/71) sollten strenger befolgt werden, um beispielsweise Diskriminierung beim Zugang zu Arbeitsplätzen zu unterbinden (insbesondere im öffentlichen Sektor) sowie Berechnung und Mitnahme von Leistungsansprüchen sicherzustellen (unter Berücksichtigung von Fakten und Ereignissen auf dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten). Verbleibende Probleme mit dem Verbot von Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit im Bereich der Steuern und Sozialleistungen müssen beseitigt werden.

Die Mitgliedstaaten sollten ihre Bemühungen intensivieren, die volle Anwendung der entsprechenden Bestimmungen sicherzustellen. Um die Probleme der Wanderarbeitnehmer im öffentlichen Sektor abzumildern, wird die Kommission im Sommer 2002 eine Mitteilung über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer im öffentlichen Sektor herausgeben. Das Europäische Parlament und der Rat sollten sich bemühen, den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, rasch anzunehmen. Mit dieser Richtlinie sollen Freizügigkeit und Aufenthaltsrecht in der Europäischen Union durch Vereinfachung der Verwaltungsformalitäten erleichtert werden [34].

[34] KOM(2001)257 vom 23.5.2001

13) Die Koordinierung der Sozialversicherungssysteme sollte modernisiert und vereinfacht werden durch Ausdehnung des Anwendungsbereichs - was die Sache und was die Personen angeht - der Verordnung 1408/71 und durch deren Vereinfachung in Wortlaut und Anwendung. In diesem Zusammenhang sollte die EU-weit gültige Krankenversicherungskarte eingeführt werden, mit der die einschlägigen europäischen Papierformulare in eine elektronische Karte umgewandelt werden sollen. Die Karteninhaber werden unmittelbaren Anspruch auf Gesundheitsversorgung in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen haben, in dem sie versichert sind und der aber dennoch die Kosten übernimmt.

Der Rat und das Europäische Parlament sollten auf der Grundlage des Kommissionsvorschlags und der vom Rat vereinbarten Parameter bis 2003 für die erforderliche Modernisierung und Vereinfachung der Sozialversicherungsbestimmungen sorgen. Die Kommission wird Anfang 2003 einen Vorschlag für die Einführung einer EU-weit gültigen Krankenversicherungskarte zur Annahme im Jahr 2004 vorlegen.

14) Es sind Fortschritte bei der Übertragbarkeit von Zusatzrentenansprüchen von Wanderarbeitnehmern erforderlich.

Die Sozialpartner, die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaftsorgane sollten sich intensiver um die Verbesserung der Übertragbarkeit bemühen. Die Kommission wird im Frühjahr 2002 die Sozialpartner im Hinblick auf weitere legislative oder gleichwertige Schritte anhören. Das Europäische Parlament und der Rat sollten ihre Bemühungen intensivieren, bis Dezember 2002 den Vorschlag über Betriebsrentenkassen anzunehmen, mit dem auch die grenzüberschreitende Mobilität innerhalb einer Gesellschaft erleichtert werden soll. In diesem Kontext sollte auch zur Kenntnis genommen werden, dass die Kommission in ihrer Mitteilung vom 19. April 2001 bereits zu dem Schluss gelangte, dass innerstaatliche Vorschriften, die eine Gleichbehandlung von Versorgungssystemen, die von einer Einrichtung mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat betrieben werden, nicht zulassen, eine Verletzung des EG-Vertrags darstellen [35]. Die Mitgliedstaaten, die ihren diesbezüglichen Verpflichtungen nicht nachkommen, laufen Gefahr, vor dem Gerichtshof auf der Grundlage von Artikel 226 EG-Vertrag verklagt zu werden. Wenn Wanderarbeitnehmer die Möglichkeit haben, bei ihrem ursprünglichen Rentensystem zu bleiben, könnte dies beträchtlich zur grenzüberschreitenden Mobilität beitragen. Darüber hinaus hat der Rat ECOFIN auf der Grundlage der Mitteilung der Kommission an den Rat vom 16. Oktober 2001 den AStV aufgefordert, die Beseitigung der Doppelbesteuerung von Renten in Situationen mit grenzüberschreitenden Bezügen in Angriff zu nehmen, was ebenfalls zur grenzüberschreitenden Mobilität beitragen wird [36].

[35] KOM(2001) 214 vom 19.4.2001, ABl. C 165/4 vom 8.6.2001.

[36] Schlussfolgerungen des Rates ECOFIN vom 16. Oktober 2001, Pressemitteilung Luxemburg (16.10.2001) - Presse: 363 - Nr.: 12827/01.

Die beratende Rolle der einschlägigen EU-Ausschüsse bei der Überwachung der Durchführung dieser Bestimmungen und bei der Beseitigung verbleibender administrativer und rechtlicher Barrieren sollte ausgebaut werden. Die Kommission wird prüfen, ob ein Mechanismus eingerichtet werden sollte, um die von Arbeitnehmern erfahrenen Hemmnisse für die geographische Mobilität zu analysieren und darüber zu berichten.

15) Das bestehende Gemeinschaftssystem für die Anerkennung reglementierter Berufe sollte grundlegend verbessert werden, um es leichter verwaltbar, klarer, schneller und benutzerfreundlicher zu machen und dadurch Beschäftigungsmöglichkeiten zu fördern und die Bereitstellung von Dienstleistungen zu erleichtern.

Die Gemeinschaftsorgane und die Mitgliedstaaten sollten die bestehenden Systeme beruflicher Anerkennung reglementierter Berufe konsolidieren und so ein einheitlicheres, transparenteres und flexibleres System schaffen, wobei sich die Verbesserungen vor allem darauf richten sollten, klarere und aktuellere automatische Anerkennungsbedingungen sicherzustellen, und zwar durch die Annahme der Vorschläge im Jahr 2003 im Hinblick auf eine Umsetzung bis 2005.

16) Der Binnenmarkt für Dienstleistungen sollte gestärkt werden.

Die Kommission und die Mitgliedstaaten sollten ihre Anstrengungen intensivieren, die Binnenmarktstrategie für den Dienstleistungssektor zu realisieren, um die bestehenden Barrieren für die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen und die Niederlassungsfreiheit zu beseitigen [37].

[37] KOM(2000)888 vom 29.12.2000.

17) Um die Möglichkeiten für geographische Mobilität auch innerhalb der Mitgliedstaaten zu verbessern, sollten vorhandene Mobilitätshindernisse untersucht und angemessene Maßnahmen ergriffen werden. Zu den Mobilitätshindernissen, die bereits identifiziert wurden, gehören die fehlende Lohndifferenzierung, abschreckende Faktoren, die sich aus den Steuer- und Sozialleistungssystemen ergeben, und die Umzugskosten (die beeinflusst werden durch hohe Transaktionskosten auf dem Wohnungsmarkt).

Die Mitgliedstaaten sollten Untersuchungen zu den Hindernissen für die Mobilität der Arbeitnehmer zwischen den Regionen durchführen und geeignete Maßnahmen ergreifen, und sie sollten die Sozialpartner auffordern, zu überprüfen, wie im Rahmen der Lohnmechanismen Produktivität und örtliche Arbeitsmarktbedingungen besser berücksichtigt werden können.

3.2.2. Die sprachlichen und kulturübergreifenden Fertigkeiten erweitern

18) Alle Schüler sollten ermutigt werden, zusätzlich zu ihrer Muttersprache mindestens zwei europäische Sprachen zu erlernen. Arbeitnehmer sollten die Möglichkeit erhalten, die für ihr Arbeitsleben relevanten Sprachkompetenzen im Rahmen des lebenslangen Lernens zu verbessern.

Die Mitgliedstaaten sollten für das frühzeitige Erwerben von Fremdsprachenkompetenzen in Vor- und Grundschule und für deren Ausbau in der Sekundarschule und in Berufsausbildungseinrichtungen sorgen [38]. Der Unterricht in der ersten Fremdsprache sollte für alle Schüler möglichst früh beginnen, beispielsweise spätestens mit 8 Jahren. Die Mitgliedstaaten sollten die erforderlichen Maßnahmen treffen, um den Schülern die Möglichkeit zu bieten, bis zum Ende der Pflichtschule (also je nach Land bis zum Alter von 16-18 Jahren) zusätzlich zu ihrer Muttersprache mindestens zwei europäische Sprachen zu erlernen. Bis 2005 sollten die zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten eine Strategie und einen Zeitplan für das Erreichen dieses Ziels aufstellen, wobei die Sprachunterrichtskapazitäten festzustellen und die Verwendung entsprechender Technologien vorzuschlagen sind. Dabei sollte der Sprachbedarf auf den europäischen Arbeitsmärkten angemessen berücksichtigt werden. Die Sozialpartner sollten aufgefordert werden, sich um eine geeignete Sprachausbildung für Arbeitnehmer im Rahmen ihres Qualifizierungsplans (siehe Aktion 5) bemühen. Im Anschluss an das Europäische Jahr der Sprachen wird die Kommission weitere Vorschläge für Maßnahmen zur Förderung des Lernens von Fremdsprachen vorlegen.

[38] Siehe Ziel 3.3 des Berichts über die konkreten künftigen Ziele der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung.

19) Alle Lehrgänge im Rahmen der Hochschulbildung und weiterführenden Bildung sollten eine europäische Dimension umfassen, die es allen Studierenden und Auszubildenden ermöglicht, mit Studierenden, Lehrenden und Lehrmaterial von Partnereinrichtungen in anderen europäischen Ländern zu arbeiten. Studierenden und Auszubildenden sollten noch mehr Möglichkeiten geboten werden, einen wesentlichen Teil ihrer Ausbildung (beispielsweise ein Drittel) in einem anderen Mitgliedstaat zu absolvieren [39]. Die Mobilität der betroffenen Personengruppen sollte durch die Beseitigung der verschiedenen Arten von Hindernissen verbessert werden.

[39] Siehe Ziel 3.4 des Berichts über die konkreten künftigen Ziele der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung.

Die Mitgliedstaaten sollten allen Universitäten und sonstigen postsekundären Lehranstalten die notwendige Unterstützung und die erforderlichen Anreize bieten, damit sie, aufbauend auf den bereits mit den Programmen Sokrates und Leonardo da Vinci geschaffenen Grundlagen, ihre Verbindungen und Beziehungen mit mindestens einer vergleichbaren Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat aufrechterhalten können. Im gleichen Kontext sollten sie die Bemühungen intensivieren, Mobilitätshindernisse in diesem Bereich zu beseitigen durch Implementierung des Aktionsplans zur Förderung der Mobilität [40] und der Empfehlung des Rates und des Europäischen Parlaments über die Mobilität von Studierenden, in der Ausbildung stehenden Personen, Freiwilligen, Lehrkräften und Ausbildern [41], und Informationen über die Fortschritte austauschen. Gegebenenfalls sollten bereits vorhandene Instrumente und Prozesse, etwa das Europäische System zur Anrechnung von Studienleistungen und der ,Bologna"-Prozess zur Förderung der Konvergenz der Hochschulausbildung in Europa, genutzt und unterstützt werden. Größtmöglicher Nutzen sollte auch aus den zunehmenden technischen Möglichkeiten für virtuelle Mobilität gezogen werden. Die Mitgliedstaaten sollten außerdem Maßnahmen zur Förderung des kulturellen Bewusstseins in das Schulsystem einführen oder weiterentwickeln, um die Schüler dazu anzuregen, aktiver nach Möglichkeiten zur Fortsetzung ihrer allgemeinen oder beruflichen Bildung in einem anderen EU-Staat Ausschau zu halten.

[40] Aktionsplan zur Förderung der Mobilität (ABl. 2000/C 371/03 vom 23.12.2000).

[41] Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates (2001/613/EG) vom 10.07.2001.

3.2.3. Die Anerkennung von Qualifikationen durch mehr Transparenz der Systeme allgemeiner und beruflicher Bildung fördern

20) Für die Anerkennung von Qualifikationen in nicht reglementierten Berufen innerhalb der EU sollte ein neues Konzept entwickelt werden. Dies würde die geographische Mobilität sowohl innerhalb der Mitgliedstaaten als auch zwischen ihnen erleichtern. Ein derartiges Konzept könnte auf freiwilligen Mindeststandards in der allgemeinen und beruflichen Bildung beruhen, wodurch eine solidere Basis für Transparenz und Vertrauen entstehen würde.

Die Kommission und die Mitgliedstaaten werden, gegebenenfalls zusammen mit den Sozialpartnern, gemeinsam Funktion und Art freiwilliger Qualitätsstandards in der allgemeinen und beruflichen Bildung prüfen. Die Ausarbeitung derartiger Standards, die durch ein Peer-Review-Konzept ergänzt werden sollen, würden die Transparenz und Kohärenz der nationalen Systeme allgemeiner und beruflichen Bildung erhöhen und dadurch eine solidere Basis für gegenseitiges Vertrauen und gegenseitige Anerkennung von Qualifikationen schaffen. Zusätzlich wird die Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und Hochschuleinrichtungen den ,Bologna"-Prozess im Bereich der Hochschulbildung aktiv unterstützen. Erfahrungen aus diesem Prozess sollen als Grundlage für die Förderung einer engeren Zusammenarbeit in anderen Bereichen genutzt werden, etwa der Berufsausbildung [42].

[42] Siehe den ersten und vierten Aktionsschwerpunkt unter ,Bewertung formaler Abschlüsse und Qualifikationsnachweise" in Abschnitt 3.1 der Mitteilung der Kommission über lebenslanges Lernen.

21) In Tarifverträgen sollten sich die Bestimmungen, die sich auf Qualifikationen beziehen, nicht auf bestimmten lokale, regionale oder nationale Qualifikationen beschränken, und sie sollten die Gleichbehandlung von Arbeitnehmern mit gleichwertigen Qualifikationen aus anderen Orten, Regionen oder Mitgliedstaaten erleichtern.

Die Sozialpartner werden aufgefordert, für die Streichung derartiger Beschränkungen im Kontext von Tarifverträgen und für die konkrete Durchführung der Bestimmungen in Artikel 7 Absatz 4 der Verordnung 1612/68 zu sorgen [43]

[43] ,Alle Bestimmungen in Tarif- oder Einzelarbeitsverträgen oder sonstigen Kollektivvereinbarungen betreffend Zugang zur Beschäftigung, Beschäftigung, Entlohnung und alle übrigen Arbeits- und Kündigungsbedingungen sind von Rechts wegen nichtig, soweit sie für Arbeitnehmer, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten sind, diskriminierende Bedingungen vorsehen oder zulassen."

3.2.4. Entwicklung einer EU-weiten Einwanderungspolitik

22) Die sich verändernde demografische Lage macht in der EU eine ernsthafte Analyse der Wechselwirkung zwischen Einwanderungspolitik auf der einen Seite und Beschäftigungs- und Sozialpolitik auf der anderen Seite erforderlich, da die derzeitigen Trends bei Demografie und Beschäftigung vermuten lassen, dass viele Mitgliedstaaten in den nächsten Jahren stärker auf die Kompetenzen und die Arbeit von Drittstaatsangehörigen angewiesen sein werden. Es sollte eine gemeinsame Einwanderungspolitik für Drittstaatsangehörige entwickelt werden, die - unter Berücksichtigung bestehender bilateraler und multilateraler Übereinkommen und Verpflichtungen sowie der besonderen Bedürfnisse der Entwicklungsländer - auf erfolgreichen nationalen Praxisbeispielen für einen erleichterten und beschleunigten Zugang von tatsächlich gebrauchten Arbeitskräften zum EU-Arbeitsmarkt aufbauen könnte. Die Politik sollte auf dem Grundsatz basieren, dass diejenigen, die in der EU eine Arbeitserlaubnis erhalten haben, vergleichbare Rechte wie die EU-Bürger unter Berücksichtigung der Dauer ihres Aufenthalts haben sollten. Beispielsweise sollte sichergestellt werden, dass Drittstaatsangehörige mit Aufenthaltserlaubnis hinsichtlich der Anerkennung von Qualifikationen die gleichen Rechte haben wie EU-Bürger [44]. Außerdem sollten Migranten erforderlichenfalls Zugang zu den geeigneten Diensten erhalten, die ihnen bei der sozialen Integration in ihrem Gastland helfen können.

[44] Richtlinienentwurf zu den Bedingungen der Einreise und des Aufenthalts von Angehörigen von Drittstaaten zum Zweck bezahlter Beschäftigung und selbstständiger Erwerbstätigkeiten, Artikel 11.

Der Rat sollte die vorgeschlagene Richtlinie über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit (KOM(2001)386) und die vorgeschlagene Richtlinie betreffend den Status der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (KOM(2001)127) möglichst bald annehmen; letztere enthält ein Kapitel, nach dem in einem Mitgliedstaat langfristig Aufenthaltsberechtigte das Recht auf Aufenthalt in anderen Mitgliedstaaten haben. Sie sollten auch der Ausdehnung der Gemeinschaftsbestimmungen über soziale Sicherheit für Wanderarbeitnehmer auf Drittstaatsangehörige zustimmen. Der Zustimmung zur rechtlichen Grundlage für den entsprechenden Kommissionsvorschlag [45] sollte rasch die Annahme des Vorschlags selbst folgen. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass Migranten Zugang zu geeigneten Diensten erhalten, die sie bei der Integration in die Gastgesellschaft unterstützen können. Die Kommission wird die Wechselwirkung zwischen Einwanderung einerseits und Beschäftigungs- und Sozialpolitik andererseits in der EU prüfen und darüber im Jahr 2003 berichten.

[45] Ministerrat 3.12.2001

3.3. Verbesserung der Informationen und der Transparenz im Zusammenhang mit Beschäftigungsmöglichkeiten

23) Ausgehend von bereits bestehenden Initiativen, wie Dialog mit Bürgern und Unternehmen und EURES, sollte als Teil eines umfassenderen europäischen Netzes eine Website zur Mobilität als einheitliche europäische Anlaufstelle für einschlägige Informationen eingerichtet werden, um den Bürgern vollständige und leicht zugängliche Informationen über Schlüsselaspekte von Beschäftigung, Mobilität, Lernmöglichkeiten und Transparenz der Qualifikationen [46] in Europa (einschließlich Datenbanken über Arbeitsplätze, Lernmöglichkeiten und Forscher) und andere einschlägige Informationen zur Verfügung zu stellen. Ein umfassenderer Dienst ist erforderlich, um Informationen und Beratung zugeschnitten auf individuelle Interessen und Rechte von Beschäftigten in reglementierten Berufen bereitstellen zu können und sie damit in ihrer geographischen Mobilität zu unterstützen.

[46] Die Kommission wird bis Ende 2002 ein Handbuch mit Glossar vorlegen, in dem die Gemeinschaftsinstrumente vorgestellt werden, die für die Transparenz von Abschlüssen und Qualifikationsnachweisen relevant sind. Das Handbuch soll das Auffinden und den Einsatz solcher Instrumente erleichtern. Siehe den zweiten Aktionsschwerpunkt unter ,Bewertung formaler Abschlüsse und Qualifikationsnachweise" in Abschnitt 3.1 der Mitteilung der Kommission über lebenslanges Lernen.

Die Kommission wird die Website unter Benutzung bestehender Datenbanken im Jahr 2003 einrichten und mit den Mitgliedstaaten und gegebenenfalls mit den Sozialpartnern zusammenarbeiten, um ihre weitere Vernetzung in einem europäischen Netzwerk zu gewährleisten, dem auch Informationszentren über Qualifikationen allgemeiner und beruflichen Bildung angeschlossen sind. Die Mitgliedstaaten sollten die Zugänglichkeit einschlägiger nationaler Datenbanken garantieren und die Interoperabilität dieser Datenbanken auf europäischer Ebene sicherstellen. Die Mitgliedstaaten sollten bis 2005 einen umfassenderen Informationsdienst für Beschäftigte in reglementierten Berufen einrichten.

24) EURES sollte modernisiert, ausgebaut und in die Arbeitsverwaltungen der Mitgliedstaaten eingegliedert werden. Diese Verwaltungen sollten eine vergleichbare Klassifikation der Berufe benutzen; hierfür ist es erforderlich, die derzeitigen Klassifikationssysteme mit dem Ziel einer besseren Vergleichbarkeit der Berufe in der EU zu überarbeiten.

Die Kommission wird 2002 Vorschläge für die Modernisierung des EURES-Systems vorlegen und mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass es bis 2004 zu einem integrierenden Bestandteil der nationalen Systeme wird. Die Kommission wird in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten prüfen, wie die Berufe in der EU im Interesse einer besseren Vergleichbarkeit und zur Erleichterung der Mobilität am besten zu klassifizieren sind.

25) Es sollte eine an die Arbeitgeber und Arbeitnehmer gerichtete EU-weite Informationskampagne über Mobilität lanciert werden, die über die vom Binnenmarkt und von den europäischen Arbeitsmärkten gebotenen wichtigen Dimensionen, Gelegenheiten und Möglichkeiten informiert. Weitere Informationskampagnen sollten eher auf bestimmte Branchen ausgerichtet sein und dazu beitragen, das Image bestimmter Berufszweige zu aktualisieren und zu verbessern und mehr qualifizierte Frauen für diese Bereiche zu interessieren.

Die Kommission und die Mitgliedstaaten werden die Informationskampagne über Mobilität im Jahr 2003 starten. Die Sozialpartner und andere interessierte Parteien sollten Informationskampagnen in den einzelnen Wirtschaftszweigen in die Wege leiten.

4. Überwachung und Folgemassnahmen

Dieser Aktionsplan soll dem Ziel dienen, die europäischen Arbeitsmärkte bis 2005 für alle offen und zugänglich zu machen. Deshalb wird die Kommission dafür Sorge tragen, dass der Aktionsplan bei der bevorstehenden Überprüfung der europäischen Beschäftigungsstrategie berücksichtigt wird.

Um Fortschritte bei der Umsetzung des Aktionsplans als Ganzem und der einzelnen Aktionen sicherzustellen, muss ein präzises Überwachungs- und Follow-up-Verfahren als integrierender Bestandteil dieses Plans festgelegt werden. Wenn immer möglich, sollten bestehende Verfahren und Kanäle genutzt werden, insbesondere die im Rahmen der europäischen Beschäftigungsstrategie existierenden. Diejenigen Vorschläge, die sich auf die Verbesserung der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung beziehen, werden vor allem im Kontext der Schaffung eines europäischen Raums des lebenslangen Lernens [47] und der Folgemaßnahmen zum Bericht über die konkreten künftigen Ziele der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung [48] vorangetrieben. Größtmöglicher Nutzen sollte aus den Quellen und Strukturen des europäischen statistischen Systems gezogen werden, um international vergleichbare statistische Angaben zur erhalten, die für die Überwachung der Fortschritte auf dem Weg zu den festgesetzten Zielen erforderlich sind.

[47] Siehe Mitteilung der Kommission ,Einen europäischen Raum des lebenslangen Lernens schaffen" KOM(2001)678 endg.

[48] Der Bericht über die Ziele liefert insbesondere den Rahmen für die Erfassung von Informationen über und für den Vergleich von Leistung und Wirkung der Systeme allgemeiner und beruflicher Bildung sowie für die Analyse ihrer Bedeutung.

Die Kommission wird die Durchführung des Aktionsplans jährlich anlässlich der Frühjahrstagung des Europäischen Rates bewerten.

5. Schlussbemerkungen

Die Kommission begrüßt die Gelegenheit, diesen auf der Mitteilung über die neuen europäischen Arbeitsmärkte, den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates in Stockholm und der Arbeit der hochrangigen Taskforce für Qualifikation und Mobilität aufbauenden Aktionsplan für Qualifikation und Mobilität dem Europäischen Rat in Barcelona vorzulegen. Sie ersucht den Europäischen Rat dringend, zum einen ihre Analyse der Herausforderungen zu bestätigen, die sich der Europäischen Union in diesem Bereich stellen, zum anderen den Ministerrat in seinen unterschiedlichen Zusammensetzungen aufzufordern, die einschlägigen Maßnahmen zu verabschieden, die ihm in Durchführung des Aktionsplans vorgelegt werden.

ANHANG I

Übersicht zu Aktionen, verantwortlichen Gremien und Umsetzungsfristen

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ANHANG II

Statistischer Anhang

1) Berufliche Mobilität und Fluktuation

Europäer haben im allgemeinen keine große Neigung zum Arbeitsplatzwechsel: Auch wenn die entsprechenden Zahlen in den meisten EU-Mitgliedstaaten seit 1995 steigen, waren im Jahr 2000 durchschnittlich nur 16,4 % der Arbeitnehmer seit weniger als einem Jahr bei ihrem gegenwärtigen Arbeitgeber (für die USA kann man von rund 30 % ausgehen. Quelle: OECD Employment Outlook 1996).

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2) Auswirkungen des Bildungsstandes auf Beschäftigung und Arbeitslosigkeit

In der gesamten EU zeigt sich deutlich, dass unzweifelhaft eine Verbindung zwischen dem Bildungsstand eines Menschen besteht und seinem Risiko, arbeitslos zu werden. Hoher Bildungsstand bedeutet höhere Beschäftigungsquote und niedrigere Arbeitslosenquote, während Arbeitnehmer mit niedrigerem Bildungsstand stärker durch Arbeitslosigkeit gefährdet sind.

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Anmerkung: Der Bildungsstand wird bei einem Hochschulabschluss als ,hoch", bei einem Abschluss der Sekundarstufe II als ,mittel" und unterhalb der Sekundarstufe II als ,gering" definiert. Die Erwerbstätigen-, Arbeitslosen- und Erwerbsquoten in der Spalte ,Gesamt" werden auf der Grundlage der Arbeitskräfteerhebung unter Einbeziehung aller Personen berechnet, für die Informationen zum Bildungsstand vorliegen. Es können sich Abweichungen von den Quoten ergeben, die unter Einbeziehung sämtlicher Beobachtungen - d. h. auch der Fälle, in denen keine Informationen zum Bildungsstand vorhanden sind - berechnet werden

3) Beschäftigungswachstum in Sektoren mit hohen Qualifikationsanforderungen

Zwischen 1995 and 2000 betrug das Beschäftigungswachstum in Branchen mit hohen Qualifikationsanforderungen, beispielsweise Herstellung von Büromaschinen und -geräten, Datenverarbeitung und Datenbanken, Erziehung und Unterricht, Gesundheits- und Sozialwesen, kirchliche und sonstige Vereinigungen, 3 % pro Jahr, gegenüber 1 % in anderen Branchen (Quelle: Eurostat, AKE).

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4) Bildungsstand

In der EU haben 60 % der 25-64-Jährigen erfolgreich die Sekundarstufe II abgeschlossen. Deutschland, Österreich, Schweden und Dänemark stehen mit rund 77 % an der Spitze. Portugal und Spanien weisen mit 191 % bzw. 37 % die niedrigsten Prozentsätze auf. Der Anteil ist bei den jüngeren Menschen deutlich höher (25-34 Jahre: 72 %) als bei den älteren (55-64 Jahre: 44 %).

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1999 hatten 20,5 % der 25-64-Jährigen eine Hochschulabschluss (gegenüber 18,2 % im Jahr 1996). Vorne liegen Finnland (31,3 %), Schweden (28,5 %) und das Vereinigte Königreich (27,3 %), die niedrigsten Anteile weisen Portugal (9,8 %) und Italien (9,5 %) auf.

In der EU und in der EFTA/im EWR geht die Schulbesuchsquote am Ende der Pflichtschulzeit nach und nach zurück, und zwar um rund 10 % pro Jahr. In den meisten EU- und EFTA/EWR-Staaten gehen Mädchen etwas länger zur Schule als Jungen und erreichen mehr Mädchen als Jungen den Abschluss der Sekundarstufe II.

An den Hochschulen der EU sind mehr als 12 Millionen Studenten immatrikuliert (diese Zahl hat sich in den letzten zwanzig Jahren mehr als verdoppelt), was 15 % aller im Bildungssystem erfassten Schüler und Studenten entspricht.

5) Schulabbrecher

Auch wenn der Bildungsgrad bei den jüngeren Generationen insgesamt zunimmt, so geben doch die Jugendlichen, die die Schule vorzeitig verlassen und keine weiteren Qualifikationen erwerben, einigen Anlass zur Sorge.

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6) Grundfertigkeiten (Lesen, Schreiben, Rechnen)

Auch wenn die Definition der Grundfertigkeiten Lesen, Schreiben, Rechnen im Kontext einer wissensbasierten Gesellschaft überprüft wird, insbesondere hinsichtlich des wachsenden Bedarfs an IKT-Fertigkeiten, stimmt doch nach wie vor, dass der europäische Kontinent die niedrigste Analphabetenrate weltweit aufweist (1,3 gegenüber einem Weltdurchschnitt von 20,6), die auch weit unter der Rate des nordamerikanischen Kontinents liegt (7,3) (Quelle: UNESCO - Jahr 2000 - Zahlen als geschätzter Prozentanteil an der Bevölkerung im Alter von 15 Jahren oder darüber). In vielen Ländern geht das Interesse an mathematischen oder naturwissenschaftlichen Studien zurück oder es entwickelt sich nicht nur langsam. Dies zeigt sich daran, dass sich weniger Schüler für diese Fächer entscheiden, als man erwarten könnte, an der Einstellung der jungen Menschen und ihrer Eltern zu diesen Fächern und später am Umfang der Neueinstellungen in der Forschung und in verwandten Berufen. Außerdem erweist es sich als problematisch, Frauen für diese Fächer zu gewinnen. Die Leistungen in Mathematik und Naturwissenschaften (von 13-Jährigen) in 26 europäischen Ländern zeigen, dass die meisten Beitrittsländer besser abschneiden als die EU-Staaten und sogar besser als die USA. Auch im Vergleich zu Japan sind die Durchschnittsergebnisse der EU schlechter.

Eine neue OECD-Studie zeigt, dass einige EU-Länder (z. B. Deutschland, Griechenland, Italien, Portugal und Spanien) unter dem OECD-Durchschnitt für die Schülerleistungen in Lesekompetenz und naturwissenschaftlicher und mathematischer Grundbildung liegen.

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Quelle: OECD - Lernen für das Leben, Erste Ergebnisse von PISA 2000

Verbesserungsfähig ist noch der Unterricht in IKT-Fertigkeiten im Schulsystem, da er in der EU sehr uneinheitlich ist:

- In 8 von 15 EU-Mitgliedstaaten steht IKT-Unterricht auf dem Lehrplan der Grundschulen (1997/1998).

- In 12 von 15 EU-Mitgliedstaaten steht IKT-Unterricht auf dem Lehrplan der Sekundarschulen (1997/98).

- In 8 von15 EU-Mitgliedstaaten sind IKT-Kurse Pflichtfach in der Grundausbildung von Grundschullehrern, in 9 von 15 von Lehrern für Sekundarstufe I (1997/98) (Quelle - Eurydice)

7) Teilnahme erwachsener Arbeitnehmer an der Ausbildung

Die Teilnahme erwachsener Arbeitnehmer an der Ausbildung variiert in der EU je nach Bildungsstand, Altersgruppe und Geschlecht. Männer, ältere Arbeitnehmer und Menschen mit niedrigerem Bildungsstand nehmen weniger an Ausbildung teil als Frauen, jüngere Menschen und hochgebildete Menschen . Die Beteiligungsquoten steigen insgesamt, aber immer noch mit ausgeprägten Unterschieden zwischen den Mitgliedstaaten mit einer soliden Tradition der Erwachsenenbildung (insbesondere in Nordeuropa) und anderen Mitgliedstaaten, wo noch sehr viel Raum für Fortschritte vorhanden ist.

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8) Engpässe bei IKT-Berufen und in der IKT-Branche

Zu den größten Sorgen der Unternehmen gehört es nach wie vor, Beschäftigte mit IKT-Fachwissen oder e-Business-Kompetenzen [49] zu finden. Die Ausbreitung des e-Business verstärkt auch die Nachfrage nach Arbeitskräften, die Einblick in die Branche haben, die sie ansprechen wollen.

[49] Der Inhalt der e-Business-Berufe umfasst die gesamten Planungs- und Entscheidungsprozesse sowie Durchführungsmaßnahmen im Zusammenhang mit: - Gestaltung, Entwicklung und Lieferung von e-Commerce-Produkten und -Dienstleistungen; - Ausführung von Geschäfts- oder Organisationsprozessen über das Internet (etwa e-Training oder Telearbeit); - Gestaltung und Erbringung von Dienstleistungen über Internet in öffentlichen oder privaten Organisationen.

Nach der IDC/EITO-Studie 2001 [50] entsprachen die Beschäftigungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit der Entwicklung oder der Verwendung des Internet im Jahr 2000 einem Äquivalent von 14,5 Millionen Arbeitsplätzen. Die Nachfrage nach IKT-Kompetenzen [51] erreichte im gleichen Jahr mehr als 10,4 Millionen (Angebot 9,2 Millionen). Rund 2,8 Millionen entfielen auf e-Business-Berufe (Angebot 2,3 Millionen) und 1,3 Millionen auf Beschäftigungen in Callcenter (Angebot 1,2 Millionen). Der Fachkräftemangel bei den IKT- und e-Business-Berufen insgesamt erreichte im Jahr 2000 13 %; der Mangel an IKT-Kompetenz entsprach in diesem Jahr in Europa 1,2 Millionen Arbeitsplätzen, die bis 2002 möglicherweise auf 1,7 Millionen steigen werden. Das Defizit an e-Business-Kompetenz in Europa wurde auf 0,7 Millionen Arbeitsplätze geschätzt, die bis 2002 auf 2,2 Millionen anwachsen werden (24 % der gesamten Nachfrage).

[50] IDT - International Data Corporation / EITO - European Information Technology Observatory

[51] IKT-Arbeitsplätze machen 8,3 % der Gesamtbeschäftigung in Westeuropa aus; im Jahr 2003 werden es rund 13,4 % sein. Quelle: EITO. - IKT-Fachleute, die die IKT-Infrastruktur in Unternehmen entwickeln und unterstützen, oder Dienstleistungsanbieter, die IKT-Ressourcen auf Zeitbasis anbieten; - e-Business-Fachleute, die auf die Unterstützung internetbezogener Geschäftsstrategien spezialisiert sind; - Callcenter-Fachkräfte für Verkauf und Unterstützung im Rahmen der neuen Telefondienstleistungen.

Der langfristige Bedarf Europas an Menschen mit IKT-Kompetenz bleibt groß, und der grundsätzliche Wachstumstrend wird durch kurzfristige Ereignisse nicht untergraben. Es stimmt zwar, dass der Rückgang der IKT-Branche zu nicht unerheblichen Entlassungen geführt hat; z. B. kündigten 2001 die Telekom-Unternehmen, die Computer- und Elektronikbranche mehr als 350 000 Arbeitsplatzstreichungen an [52]. Diese Arbeitsplatzverluste betreffen aber hauptsächlich Arbeitnehmer in der Produktion und nicht so sehr hochqualifizierte Fachkräfte. Zweifellos werden einige dieser Entlassenen vorhandene Lücken fuellen; dennoch wird geschätzt, dass die ,Lücke" zwischen dem Angebot an Arbeitskräften mit IKT-Kompetenz und dem voraussichtlichen Bedarf allein in der EU 2003 1,6 Millionen erreichen wird. (Quelle Juni: IDC, Juni 2001). Dafür gibt es mehrere Gründe; einer besteht darin, dass es zwar bei den IKT-Unternehmen mehrere tausend Entlassungen gegeben hat, dass aber nur wenige Firmen qualifizierten IKT-Fachleute in größerer Zahl gekündigt haben. Ein anderer Grund ist der branchenübergreifende Einsatz und Bedarf von IKT-Kompetenz; viele Organisationen brauchen jetzt mehr Menschen einfach um die bereits vorhandene Ausrüstung, geschweige denn künftige Spitzentechnologien optimal nutzen zu können.

[52] Quelle: Outplacement firm Challenger, Gray & Christmas

Angesichts des Mangels an einheimischen Fachkräften haben einige Mitgliedstaaten Arbeitserlaubnisse für IKT-Fachleute aus Drittstaate erteilt, beispielsweise Deutschland und das Vereinigte Königreich. Allerdings wirkt sich dieser Zustrom von außen nicht signifikant auf die Gesamtnachfrage aus.

9) Demografische Entwicklungen: Veränderungen bei der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter und Zusammensetzung nach Altersgruppen

Demografische Projektionen sagen voraus, dass die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter in den folgenden Jahrzehnten abnehmen wird. Außerdem wird es zu einer Verschiebung in der Zusammensetzung der Arbeitskräfte kommen, mit einer starken Zunahme älterer Arbeitnehmer (55-64 Jahre) und parallel dazu einem Rückgang der jüngeren Arbeitnehmer (15-24 Jahre).

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10) Geographische Mobilität

Die geographische Mobilität zwischen den EU-Mitgliedstaaten ist weiterhin relativ gering. So wechselten 225 000 Personen bzw. 0,1 % der gesamten EU-Bevölkerung 2000 ihren Wohnort zwischen zwei Ländern. Doch die geographische Mobilität zwischen Regionen wird immer wichtiger: ungefähr 1,2 % der Gesamtbevölkerung der EU verlegten 1999 ihren offiziellen Wohnsitz in eine andere Region (zumeist innerhalb eines Mitgliedstaates). Ferner wechselten etwa zwei Millionen Arbeitnehmer im Alter zwischen 15 und 64 Jahren, die ungefähr 1,4 % der Erwerbspersonen der EU entsprachen, ihren Wohnort zwischen verschiedenen Regionen. Im Vergleich dazu verlegten 1999 5,9 % der amerikanischen Gesamtbevölkerung ihren Wohnsitz in einen anderen Verwaltungsbezirk.

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11) Pendlermobilität

Geographische Mobilität ist nicht nur gegeben, wenn Menschen von einem Mitgliedstaat in einen anderen oder von einer Region in eine andere umziehen, sondern es gibt sie auch in Form des Pendelns (täglich, wöchentlich) und zeitweiliger Abstellung an einen anderen Arbeitsplatz.

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12) Regionen mit hoher Beschäftigung und Qualifikationsbedarf

Folgenden Karten (sie beruhen auf Szenarios eines jährlichen Beschäftigungswachstums von 2 % oder 1 %) ist zu entnehmen, in welchen Regionen in Zukunft von hohen Erwerbstätigenraten auszugehen und daher auch mit großen Qualifikationsdefiziten zu rechnen ist: Dazu gehören beispielweise der Süden des Vereinigten Königreichs, Dänemark, Schweden, Zentralportugal, die Niederlande und in geringerem Maße verschiedene Regionen Deutschlands und Norditaliens.

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13) Fremdsprachenunterricht

- Die verbreitetste Fremdsprache in den Grundschulen der EU ist Englisch: im Schnitt lernen 41 % der Schüler in der EU diese Sprache. Die Länder mit dem größten Anteil an Englisch lernenden Schülern sind Schweden (76 %), Österreich (75 %), Spanien (73 %) und Finnland (63 %), die Länder mit dem niedrigsten Anteil die Französisch sprechenden Teile Belgiens (5 %, aber 32 % lernen Niederländisch als zweite Sprache), Luxemburg (2 %) und Deutschland (14 %). An zweiter Stelle steht Französisch mit einem Anteil von 3 % in der ganzen EU; im allgemeinen übersteigt der Prozentsatz in den Mitgliedstaaten die 10 % nicht.

- In den Sekundarschulen lernen 93 % Englisch (Sekundarstufe I und II), 33 % Französisch (Sekundarstufe I 33 %, jedoch Sekundarstufe II 28 %), 15 % Deutsch (Sekundarstufe I 13 %, Sekundarstufe II 20 %).

- Zwischen 1995 und 1999 stieg die Durchschnittszahl der erlernten Fremdsprachen in der Grundschule (von 0,3 auf 0,5) und in der Sekundarstufe II (von 1,2 auf 1,5) leicht an. In der Sekundarstufe I blieb sie unverändert bei 1,3. (Quelle: Eurostat)

14) Migration

Die Migrationsströme in der EU zeigen eine allgemein höhere Inzidenz der Einwanderung von Drittstaatsangehörigen als von EU-Bürgern.

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Ein Vergleich zwischen der EU, ihren Mitgliedstaaten und den USA zeigt beträchtliche Unterschiede in der Fähigkeit, einen natürlichen Bevölkerungszuwachs sicherzustellen, und in der Nutzung der Einwanderung. In Deutschland, Italien und Schweden war eine durchschnittliche natürliche Bevölkerungsabnahme zu verzeichnen, die durch einen positiven Wanderungssaldo mehr als wettgemacht wurde.

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