52001DC0711

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Auswirkungen der E-economy auf die unternehmen in Europa: analyse der wirtschaftlichen aspekte und einflüsse auf die politik /* KOM/2001/0711 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT AUSWIRKUNGEN DER E-ECONOMY AUF DIE UNTERNEHMEN IN EUROPA: ANALYSE DER WIRTSCHAFTLICHEN ASPEKTE UND EINFLÜSSE AUF DIE POLITIK

INHALTSVERZEICHNIS

VORBEMERKUNG

I. MAKROÖKONOMISCHE ASPEKTE: DIE HERAUSBILDUNG DER E-ECONOMY

1. Wirtschaftswachstum und Bedeutung der IKT

2. Produktivitätssteigerungen und Beschäftigungszuwächse

3. IKT, Unternehmensorganisation und Gesamtproduktivität

4. Werden die Produktivitätszuwächse langfristig anhalten-

II. MIKROÖKONOMISCHE ASPEKTE: AUSWIRKUNGEN DER E-ECONOMY AUF UNTERNEHMEN UND BRANCHEN

1. Die e-Economy als Katalysator für den Wandel

1.1 Rascher Wandel im Unternehmensbestand

1.2 Neue Dynamik in der Wirtschaft: die Bedeutung des Risikokapitals und der marktgestützten Finanzierung

1.3 Neues IKT-Wissen für eine sich rasch verändernde Wirtschaft

2. Neue Geschäftsmodelle für die e-Economy

2.1 Unterschiedliche Auswirkungen auf die einzelnen Sektoren

2.2 Befluegelnde und hemmende Faktoren in den Sektoren

2.3 Innovationsverbreitung: von ,Dotcoms" zu ,traditionellen Wirtschaftszweigen"

3. Neue Vertriebskanäle und neue Dynamik in den Märkten

3.1 Verschwommene Grenzen, neue Vertriebskanäle, neue Organisationsstrukturen der Märkte

3.2 E-Märkte könnten zur Stärkung des Binnenmarkts beitragen

3.3 B2C: eine neue Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden

3.4 Die Realisierung der e-Economy: die Schlüsselrolle der nachhaltigen Logistik

3.5 Die Dimension der Mobilität: eine strategische Chance für Europa

III. AUSWIRKUNGEN AUF DIE UNTERNEHMENSPOLITIK UND VERWANDTE POLITIKBEREICHE, DIE ZENTRALE BEDEUTUNG DES DYNAMISCHEN UNTERNEHMERGEISTES

1. Förderung der umfassenden Teilnahme von KMU an der e-Economy

2. Sicherstellung des für die e-Economy erforderlichen Wissens

3. Maximierung der vom Binnenmarkt gebotenen Chancen

4. Förderung der Offenheit und des Wettbewerbs

5. Förderung von Forschungen über die e-Economy

6. Effizientere Beziehungen zwischen öffentlichen Stellen und Unternehmen

FAZIT

ANHANG 1: BIP, Produktivität und Beschäftigungswachstum

ANHANG 2: Unterschiede im Wachstum der Gesamtproduktivität

ANHANG 3: Geschätzte Kosteneinsparungen durch B2B nach Branche

ANHANG 4: Index für die Einführung von E-Märkten nach Branche

ANHANG 5: Drei Fallstudien

Fallstudie 1: Die Kraftfahrzeugindustrie

Fallstudie 2: Der Einzelhandel

Fallstudie 3: Die Multimediaindustrie

VORBEMERKUNG

Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) wirken sich tiefgreifend auf das Wachstumspotential der Wirtschaft aus. Sie sind zu einem der wichtigsten Faktoren geworden, die eine gesunde Wettbewerbsfähigkeit und Einkommenssteigerungen ermöglichen. Daher sind sie in den Mittelpunkt der politischen Diskussionen gerückt. Als sich die Europäische Union im März 2000 in Lissabon das ehrgeizige Ziel setzte, innerhalb von zehn Jahren zur ,wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaft der Welt" zu werden, war ihr klar, dass sich dieses Ziel nur erreichen lässt, wenn die IK-Technologien optimal genutzt werden. Im Rahmen der Strategie von Lissabon wird der wissensbasierten Gesellschaft bei den laufenden politischen Maßnahmen vermehrt Bedeutung zugemessen, und der e-Europe-Aktionsplan für 2002, der den Weg zur Modernisierung der europäischen Wirtschaft vorgibt, wurde eingeleitet.

Die Kommission beobachtet ständig, wie sich die IKT auf die Wirtschaft, die Unternehmen und die wichtigsten wirtschaftspolitischen Instrumente auswirken. Im Rahmen der Europäischen Beschäftigungsstrategie wird auch den beschäftigungsbezogenen Aspekten volle Aufmerksamkeit gewidmet. In der vorliegenden Mitteilung werden die Auswirkungen der e-Economy [1] auf die europäischen Unternehmen im Lichte der jüngsten Marktentwicklungen und der zahlreichen Beiträge zu diesem Thema dargestellt. Als Ausgangspunkt dienen die bedeutenden Leistungen zur Liberalisierung der Telekommunikation und zur Errichtung eines klaren und berechenbaren Rechtsrahmens für den elektronischen Geschäftsverkehr. Ein weiterer Ausgangspunkt sind die Diskussionen auf der von der Kommission im März 2001 [2] veranstalteten Konferenz über die e-Economy. Durch die Korrektur der Überbewertungen auf den Aktienmärkten und die Konsolidierungsphase im IKT-Sektor wurden die Übertreibungen, die die Diskussionen bis dahin vernebelten, weitgehend ausgemerzt. Aufgrund statistischer Nachweise konnte weitgehend Einigkeit darüber erreicht werden, dass die IKT tatsächlich das Produktivitätswachstum steigern. Außerdem wird immer weiteren Kreisen klar, wie die IKT das Leben von Unternehmen, Arbeitnehmern, Behörden und den Bürgern generell verändern.

[1] Der Begriff ,e-Economy" wurde als Kürzel für den Wandel im Verhalten der Wirtschaftsakteure und der Bürger verwendet, der auf die Nutzung der Möglichkeiten, die die spektakuläre Entwicklung der IKT und der rasante Verfall der IKT-Preise bieten, und insbesondere auf die Ausbreitung des Internets zurückzuführen ist.

[2] The e-Economy in Europe: its potential impact on EU enterprises and policies. 1. und 2. März 2001, Brüssel. Siehe: http://europa.eu.int/comm/enterprise/events/e-economy/index.htm.

In dieser Mitteilung werden weitere detaillierte Analysen vorgelegt, die die Angemessenheit der von der Europäischen Union in den vergangenen Jahren verfolgten Strategie bestätigen. Die IKT beschleunigen den technischen Fortschritt, und dieser lässt sich am besten in einem Umfeld nutzen, in der die Unternehmen angespornt werden, mit der Zeit zu gehen, in der neue Unternehmen gegründet werden, wachsen und ältere Unternehmen ersetzen. Seit den tragischen Ereignissen des 11. September 2001 ist die Zuversicht der Verbraucher und der Wirtschaft stark gesunken. Die Wiederherstellung und Stärkung der Zuversicht der Verbraucher und der unternehmerischen Dynamik ist eine elementare Voraussetzung für die Sicherung günstiger Aussichten für die Wirtschaft. Die Schaffung eines Umfelds, das das dynamische Unternehmertum begünstigt, und die Beschleunigung struktureller Reformen ist die geeignete Strategie, die greifbarere und bedeutsamere Ergebnisse liefern dürfte.

In dieser Mitteilung werden gezielte Aktivitäten zur Vervollkommnung bereits laufender Maßnahmen vorgeschlagen, die helfen sollen, IKT einzuführen, sie in entsprechende Produktionstechnologien zu integrieren, die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten vermehrt zur Verfügung zu haben, die Möglichkeiten des Binnenmarktes noch besser zu nutzen, die Innovation anzuregen und die Forschung zu unterstützen. Zudem wird unterstrichen, dass sicherzustellen ist, dass die Behörden nicht nur selbst die IKT effizient nutzen, sondern auch deren weitere Verbreitung anregen.

I. MAKROÖKONOMISCHE ASPEKTE: DIE HERAUSBILDUNG DER E-ECONOMY

1. Wirtschaftswachstum und Bedeutung der IKT

In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre haben die USA, aber auch einige EU-Mitgliedstaaten (insbesondere Irland, die Niederlande und Finnland) sowie einige andere OECD-Länder (z. B. Australien und Kanada) einen neuerlichen Anstieg des Wirtschaftswachstums und der Produktivität, stabile oder sinkende Inflationsraten und eine Verringerung der Arbeitslosigkeit verzeichnet (vgl. Anhang 1).

Den politischen Entscheidungsträgern wurde die zentrale Bedeutung der IKT für diese Entwicklung immer stärker bewusst. Praktisch alle Bereiche des Wirtschaftslebens sind von IKT durchdrungen, und diese Technologien wirken sich ganz grundlegend auf die Organisation und die Abwicklung der Geschäftstätigkeit aus. Die Produktivitätssteigerungen und das beschleunigte Wirtschaftswachstum in den 1990ern hängen eng mit den Entwicklungen im IKT-Sektor zusammen. Die Preise von Halbleitern sind in den letzten vierzig Jahren unaufhaltsam gefallen, ihre Leistungsfähigkeit ist ebenso rasant gestiegen. In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre nahmen die um die Qualitätsänderungen bereinigten Preisrückgänge dramatisch zu, was zum Teil den Übergang der Halbleiterindustrie von einem dreijährigen auf einen zweijährigen Produktzyklus widerspiegelt, aber auch auf den verschärften Wettbewerb hinweist. Die Verbilligung von IKT-Kapital war ein starker Ansporn für die Verdrängung anderer Investitionsformen und von Arbeitsleistungen. In einigen Ländern wurde immer rascher und mehr in IKT investiert, wodurch neues und produktiveres Kapital in den Wirtschaftskreislauf einfloss und die Produktionsfähigkeit der Wirtschaft erhöht wurde. Die Beschleunigung der Produktivitätssteigerungen und des Wirtschaftswachstums hängt auch eng mit den Entwicklungen im Bereich der Software- und Steuerungstechnologien zusammen. Hier stehen nicht so sehr Preisrückgänge im Vordergrund, sondern vielmehr Verbesserungen in der Leistungsfähigkeit und Benutzerfreundlichkeit, die die Qualität der Produkte und Dienstleistungen erhöhen.

Diese Entwicklungen haben sich über den IKT-Sektor - Computer, Software, Telekommunikationseinrichtungen und entsprechende Dienstleistungen - auf die gesamte Wirtschaft ausgewirkt. Der umfangreiche Einsatz von IKT hat zu einem raschen Verfall der EDV- und Telekommunikationspreise und -kosten geführt. Dies wirkte sich auch auf viele andere Bereiche positiv aus, etwa auf die Herstellung von Flugzeugen, Kraftfahrzeugen und wissenschaftlichen Instrumenten. Die zuerst in den USA, dann auch in Europa stark rückläufigen IKT-Investitionen der Unternehmen im Jahr 2001 beeinträchtigten wiederum die Wachstumsaussichten der Wirtschaft.

2. Produktivitätssteigerungen und Beschäftigungszuwächse

Die guten makroökonomischen Leistungen wirkten sich auch positiv auf den Arbeitsmarkt aus. Durch die Zunahme der Produktivität erhöhten sich die Beschäftigungszahlen sowohl in Europa als auch in den USA. So hat die durch die vermehrte Produktionstätigkeit verursachte höhere Nachfrage nach Arbeit trotz des anhaltenden Trends zur Kapitalsubstitution einen Nettoanstieg der Beschäftigungszahlen bewirkt. Zwischen 1995 und 2000 wurden in der EU netto fast 10 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen. Die höchsten Beschäftigungszuwächse auf EU-Ebene verzeichneten und verzeichnen auch weiterhin die Sektoren, für die Arbeitsplätze im Bereich der Hochtechnologie oder der IKT bzw. hochqualifizierte Kenntnisse, die sich in hohen Bildungsabschlüssen der Beschäftigten widerspiegeln, kennzeichnend sind. Allein im Jahr 2000 wurden in diesen Sektoren in der EU netto 1,6 Millionen Arbeitsplätze geschaffen.

Die Zunahme der Produktivität wirkt sich entscheidend auf die Steigerung der Lebensqualität aus. Kurzfristig können vermehrte Investitionen in produktivitätssteigernde IKT-Güter allerdings für Arbeitskräfte, die nicht über die für den Einsatz dieser neuen Technologien erforderlichen Kenntnisse verfügen, negative Auswirkungen haben. Die Nachfrage nach Arbeitskräften mit IKT-Kenntnissen dürfte jedoch zunehmen, wie die in Europa und den USA in den 1990er Jahren gewonnenen Erfahrungen zeigen. Trotz des bedeutenden Abbaus von Arbeitsplätzen im IKT-Sektor im Jahr 2001 [3] bleiben die langfristigen Beschäftigungsaussichten vielversprechend.

[3] Die vorhergehende Konsolidierungsphase fiel in den Zeitraum zwischen 1989 und 1992.

Die durch die IKT bewirkte Steigerung der Produktivität führt letztendlich zur Schaffung von Arbeitsplätzen. In einigen Bereichen können zwar Arbeitsplätze verloren gehen, die durch den IKT-Einsatz angeregte generelle Dynamik ermöglicht aber in anderen Bereichen die Schaffung von Arbeitsplätzen, die den Arbeitsplätzeabbau mehr als wettmachen. Allgemein gesehen verschwinden mit dem Einsatz von IKT repetitive Arbeiten, die oft von gering qualifizierten Arbeitskräften ausgeführt werden. Neue Beschäftigungsmöglichkeiten dürften sich in IKT-bezogenen Bereichen und bei ,persönlichen" Dienstleistungen ergeben, in Bereichen also, die höhere und andere Qualifikationen erfordern. Ungleichgewichte zwischen den vorhandenen und den gesuchten Kenntnissen stellen eine große Herausforderung an das Arbeitsmarktmanagement und die Bildungspolitik der Mitgliedstaaten dar. Ein Mangel an Kenntnissen könnte die Verbreitung der IKT verlangsamen und damit das Wachstum hemmen.

3. IKT, Unternehmensorganisation und Gesamtproduktivität

Die IKT sind wirtschaftlich von Bedeutung, weil sie Innovationen und organisatorische Veränderungen in den Unternehmen erleichtern und weil sie die Wettbewerbsbedingungen und die Marktstrukturen verändern. Die IKT tragen unmittelbar zum Wirtschaftswachstum bei, und zwar durch die Herstellung von IKT-Gütern und die Verbreitung des IKT-Einsatzes in der gesamten Wirtschaft. Die makroökonomisch nachweisbare Beschleunigung der Produktivitätssteigerung spiegelt zum Teil organisatorische Reformen wider, die von den Unternehmen als Reaktion auf IKT-Innovationen vorgenommen wurden.

Der Anteil an IKT-Investitionen nimmt in industrialisierten Volkswirtschaften zu. 1999 machten IKT-Investitionen in den USA 4,54 % des BIP aus, gegenüber 2,60 % in 1992. Für die EU insgesamt wird ihr Anteil am BIP für 1999 auf 2,42 % geschätzt, während es 1992 1,81 % waren. Der Anteil der IKT-Investitionen im Jahr 1999 liegt in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten zwischen 1,58 % in Spanien und 3,76 % im Vereinigten Königreich [4]. Dass Europa mit seinen IKT-Investitionen hinter den USA zurück bleibt, ist eindeutig ein Grund zur Besorgnis.

[4] Die Angaben über die Investitionen sind Schätzungen, die auf den IKT-Ausgaben beruhen. Siehe Daveri, F., "Information technology growth in Europe", Universität Parma, 2001.

Die Zahlen für Europa (siehe Anhang 2) beweisen, dass die Gesamtproduktivität in sechs Mitgliedstaaten zwischen 1996 und 2001 im Vergleich zum Zeitraum von 1991 bis 1995 abgenommen hat; dies sind in absteigender Reihenfolge: Dänemark, das Vereinigte Königreich, Deutschland, Italien, Luxemburg und Spanien. Dagegen stieg die Produktivität in Griechenland, Finnland und Irland deutlich an, in Portugal, Belgien, Frankreich und Schweden etwas weniger stark. In den Niederlanden und in Österreich veränderte sich das Produktivitätswachstum der beiden Zeiträume kaum. Diese verschiedenen Produktivitätszuwachsraten in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten sind nicht nur auf den unterschiedlichen Einsatz der IKT zurückzuführen, in einigen Fällen weisen sie auch auf einen Aufholprozess hin.

Die durchschnittliche jährliche Produktivität ging in den EU-15 zwischen der ersten und der zweiten Hälfte der 1990er Jahre um 0,1 Prozentpunkte zurück, in den USA stieg sie hingegen um 0,6 Prozentpunkte. In Griechenland, Finnland und Irland nahm die Produktivität schneller zu als in den USA. Das Ausbleiben eines beschleunigten Produktivitätszuwachses in einigen Mitgliedstaaten könnte auf eine langsame Verbreitung der IKT und eine starre institutionelle Umgebung hindeuten. IKT stehen allen zur Verfügung. Dennoch weisen die großen Unterschiede zwischen den USA und Europa in den IKT-Investitionen und Produduktivitätssteigerungen darauf hin, dass Europa dieses Potential noch nicht optimal genutzt hat.

4. Werden die Produktivitätszuwächse langfristig anhalten-

Einige Forscher haben die Meinung vertreten, dass sich der plötzliche Produktivitätsanstieg in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre in den USA nur auf das enge Segment der IKT-produzierenden Wirtschaft beschränke und sich kaum auf den weit größeren übrigen Teil der Wirtschaft, die sogenannte ,old economy" auswirke. Es wurde auch angenommen, dass der starke Produktivitätszuwachs in den 1990ern zyklischer Natur sei und sich daher in einen Abschwung verkehren würde. Trotz der derzeitigen Rezession treten immer mehr Hinweise zu Tage, die untermauern, dass die IKT einen fundamentalen Wandel in der Funktionsweise unserer Wirtschaft bewirkt haben und ihre Auswirkungen auf die Produktivität auch außerhalb des IKT-produzierenden Sektors spürbar sind. Zudem wird der IKT-Sektor angesichts des erwarteten weiteren Verfalls der Halbleiterpreise und der höheren Qualität künftiger Technologiegenerationen es auch weiterhin ermöglichen, der Wirtschaft mit fallenden Kosten neues und produktiveres Kapital zuzuführen. Wenn dieser Prozess, wie von einigen angenommen wird, für mindestens weitere zehn Jahre anhält, ist ein beträchtliches Potential zur Steigerung des Lebensstandards gegeben.

Es ist offensichtlich, dass die USA einen fruchtbaren Boden für die Ausbreitung der IKT geboten haben und mit Hilfe dieser neuen Technologien bedeutende Produktivitätszuwächse erzielen konnten. Die USA haben Europa aber auch auf anderen Gebieten übertroffen, etwa im Hinblick auf die Beschäftigung. Europa muss gegenüber den USA noch einiges aufholen. Wenn jedoch die e-Economy weitere Fortschritte bei der Öffnung des Binnenmarktes und der Beschleunigung struktureller Reformen auslöst, dann könnte sie Europa noch größeren Nutzen bringen als den USA. Die große Herausforderung besteht darin, dieses Potential in allen Mitgliedstaaten zu nutzen. Da der Großteil Europas geringere Produktivitätszuwächse erzielen konnte als die USA, wäre es ein kostspieliger Fehler, aus den stürmischen Fortschritten einiger europäischer Länder und insbesondere der USA nicht die entsprechenden Lehren über die Bedeutung der IKT zu ziehen.

II. MIKROÖKONOMISCHE ASPEKTE: AUSWIRKUNGEN DER E-ECONOMY AUF UNTERNEHMEN UND BRANCHEN

Es gibt Hinweise dafür, dass die e-Economy einen Wandel der organisatorischen Strukturen und der Marktstrukturen bewirkt, vor allem die folgenden:

- Zunehmender Wettbewerb aufgrund geringerer Hemmnisse und neuer Vertriebskanäle für Waren und Dienstleistungen

- Neue Geschäftsmodelle, die Kosteneinsparungen, höhere Qualität und verbraucherorientierte Innovationen ermöglichen

- Neue Ein- und Verkaufsmethoden, mit denen sich Waren und Dienstleistungen noch besser den Kundenwünschen anpassen lassen

- Veränderter Bedarf an Kenntnissen und Fertigkeiten.

Je nach Branche wirkt sich die e-Economy sehr unterschiedlich aus. In informationsintensiven Bereichen, etwa bei digitalen Produkten, Informationsdiensten, Finanz- und Unternehmensdienstleistungen, bilden sich neue Geschäftsmodelle heraus und der Wettbewerb verschärft sich. In Branchen, in denen der Einstieg schwieriger ist, wie dem Bauwesen und der Schwerindustrie, dürften sich die Auswirkungen nur allmählich zeigen. Die digitale Interaktion zwischen Behörden und Unternehmen ist ein wichtiger Bestandteil der e-Economy. Behörden können den Unternehmen konkrete Anreize zur Einführung des elektronischen Geschäftsverkehrs geben, wenn sie einen Online-Zugriff auf öffentliche Dienste anbieten.

1. Die e-Economy als Katalysator für den Wandel

1.1 Rascher Wandel im Unternehmensbestand

Der rasche Wandel in der Technologie, der durch den weit verbreiteten Einsatz der IKT angeregt wird, übt einen starken Einfluss auf die Struktur und den Lebenszyklus der Unternehmen aus. Zum Ersten verringern sich durch die IKT die wirtschaftlichen Auswirkungen der Entfernung und die Kosten für den Zugriff auf Informationen. Dadurch vergrößert sich der Raum für den Wettbewerb innerhalb eines Marktes. Zum Zweiten lassen sich mit IK-Technologien oft die Kosten für die Gründung eines kleinen Unternehmens senken, was zu zusätzlichem Wettbewerb führen kann. Zum Dritten schaffen IKT neue Möglichkeiten für die Zusammenarbeit bei der Lieferung von Waren und Dienstleistungen. Dadurch kann sich die Qualität und die Kostenwirksamkeit erhöhen. Schließlich, und vielleicht als wichtigster Punkt, werden durch die IKT viele neue Produkte und Dienstleistungen ins Leben gerufen.

Mit der Gründung neuer und der Anpassung oder Ersetzung traditioneller Unternehmen stellt sich die Wirtschaft auf das veränderte Umfeld und die neuen Marktbedingungen ein. Dieser Prozess, der sich entscheidend auf die Wachstumsrate der Wirtschaft auswirkt, legte seit den späten 1990ern deutlich an Geschwindigkeit zu. Es ist an den politischen Entscheidungsträgern, dafür zu sorgen, dass er möglichst effizient und glatt ablaufen kann. Dazu ist auch anhand geeigneter ,sozialer Stoßdämpfer" sicherzustellen, dass dieser Wandel nicht die Sozialstruktur im Mitleidenschaft zieht.

1.2 Neue Dynamik in der Wirtschaft: die Bedeutung des Risikokapitals und der marktgestützten Finanzierung

Die IKT regen zum Wandel an, aber es müssen noch viele andere wichtige Voraussetzungen erfuellt sein, damit der oben beschriebene Prozess tatsächlich in Gang kommt. So ist etwa der Zugang zu geeigneten Finanzquellen so wichtig, dass viele Analysten dazu neigen, ihn als einen der Schlüsselfaktoren darzustellen, die die spektakulären Leistungen der US-amerikanischen Wirtschaft im vergangenen Jahrzehnt ermöglicht haben.

Eigenkapital hat sich als besseres und effizienteres Mittel zur Finanzierung neuer Unternehmen erwiesen als die traditionellen Bankkredite, die nach wie vor die wichtigste Finanzquelle für viele KMU bilden, insbesondere für solche außerhalb des Kernbereichs der e-Economy. Sehr oft basieren die neuen Unternehmen, die aufgrund von IKT möglich werden, ebenso auf einer Idee, einem Konzept, einer Softwareanwendung wie auf den Kenntnissen, den Fähigkeiten und der Energie eines Unternehmers. Unternehmen, die auf sogenannten ,immateriellen" Werten aufbauen, fällt es oft schwer, Finanzmittel aus traditionellen Quellen zu erhalten. Die Tatsache, dass in Europa nur relativ wenig und zersplittertes Risikokapital zur Verfügung steht, behindert die Entwicklung der e-Economy. Obwohl sich die Situation verbessert, ist der Risikokapitalmarkt der EU immer noch weitaus kleiner als der in den USA, wo Pensionsfonds eine wichtige Rolle spielen. Im Jahr 2000 wurde in den USA in frühen Phasen des Unternehmens fünfmal so viel investiert wie in Europa [5]. Das finanzielle Umfeld ist in Europa immer noch nicht ausreichend innovationsfreundlich; dies gilt für technologische wie auch für organisatorische Innovationen. Diese Hindernisse müssen in Europa überwunden werden, damit der Strukturwandel schneller und umfassender stattfinden kann. Wie es die Strategie von Lissabon erfordert, haben die Europäische Investitionsbank mit ihrer Initiative ,Innovation 2000" und die Kommission im Rahmen des Aktionsplans für den Finanzmarktrahmen [6] und des Mehrjahresprogramms für Unternehmen und unternehmerische Initiative (2001-2005) Maßnahmen ergriffen, um zur Bereitstellung von Risikokapital für innovative Unternehmen beizutragen.

[5] Quelle: European Venture Capital Association (EVCA).

[6] KOM(1999) 232 endg. vom 11.5.1999 ,Umsetzung des Finanzmarktrahmens: Aktionsplan".

1.3 Neues IKT-Wissen für eine sich rasch verändernde Wirtschaft

Neue Verfahren erfordern meist auch neue Kenntnisse. Das Ungleichgewicht zwischen vorhandenen und benötigten Kenntnissen ist seit langem ein Thema, mit dem sich die politischen Entscheidungsträger auseinandersetzen müssen, und die Bildungssysteme standen schon immer unter dem Druck, sich an die Nachfrageänderungen anzupassen. Mit den IKT erhielt dieses alte Problem eine zusätzliche Dimension. Mit den IKT haben sich die Produktionsprozesse in der gesamten Wirtschaft verändert, traditionelle Tätigkeiten wurden durch IKT-basierende Aufgaben der Ablaufsteuerung ersetzt. Den Arbeitgebern fällt es schwer, Beschäftige mit entsprechenden IKT-Kenntnissen zu finden. Andererseits werden durch die IKT repetitive Tätigkeiten eliminiert, wodurch die Nachfrage nach minderqualifizierten Arbeitnehmern sinkt.

Trotz des jüngsten Einbruchs der Wirtschaft besteht in Europa langfristig nach wie vor große Nachfrage nach Mitarbeitern mit IKT-Kenntnissen. Kurzfristige Ereignisse stellen den grundlegenden Wachstumstrend nicht in Frage. In der IKT-Branche war ein deutlicher Abschwung zu verzeichnen, der zur Freisetzung vieler Arbeitskräfte führte. Damit verringert sich zwangsläufig vorübergehend das Ungleichgewicht zwischen dem Angebot an qualifizierten IKT-Kräften und der Nachfrage nach solchen. Laut Schätzungen dürfte sich aber der Mangel an IKT-Fachkräften bis 2003 auf 1,5 Millionen Arbeitnehmer belaufen [7].

[7] Quelle: International Data Corporation (IDC), Juni 2001.

Die Unternehmen reagieren mit unterschiedlichen Vorgehensweisen. Einige entscheiden sich für das Outsourcing bestimmter IKT-Aufgabenbereiche, wodurch der Markt für IKT-Dienstleistungen und Beratungen weiter stimuliert wird. So können diese Unternehmen Technologien und Wissen rascher, aber nicht unbedingt billiger erwerben. Das Verhalten der Unternehmen in der Praxis deutet darauf hin, dass der Spielraum für interne Bildungsmaßnahmen begrenzt ist. Zudem ist festzustellen, dass die Nachfrage häufig von KMU generiert wird, denen es im Wettbewerb mit gewichtigeren Akteuren, die den Großteil des verfügbaren Fachwissens an sich ziehen, oft sehr schwer fällt, qualifizierte Kräfte mit IKT und e-Business-Kenntnissen anzuwerben.

Durch den Mangel an IKT-Fachwissen ist das weitere Wachstum in Europa ernsthaft bedroht. In Europa ist dieser Mangel aufgrund der rückläufigen Bevölkerungszahlen und des abnehmenden Interesses junger Europäer an naturwissenschaftlichen Studien besonders schwerwiegend. Legislative Maßnahmen einiger unserer Handelspartner, etwa der "US Competitiveness and Workforce Improvement Act", mit dem die Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen an ausländische Fachkräfte ermöglicht wird, verschärfen den Wettbewerb um qualifizierte Kräfte in Europa. Viele junge Europäer finden die höhere Entlohnung und die besseren Arbeitsbedingungen in den USA verlockend. In Europa ist es aufgrund des kulturellen und regulatorischen Umfelds oft schwieriger, begabte ausländische Fachkräfte anzuziehen und zum Bleiben zu bewegen. Einschränkungen bei vorübergehenden Beschäftigungsverhältnissen, bei Aufenthaltsbestimmungen, bei der Übertragung von Rentenansprüchen, in der Besteuerung, bei der Vereinbarung von Unteraufträgen und bei Bildungszuschüssen tragen ebenfalls dazu bei, Europa für IKT-Spezialisten weniger attraktiv erscheinen zu lassen.

2. Neue Geschäftsmodelle für die e-Economy

2.1 Unterschiedliche Auswirkungen auf die einzelnen Sektoren

Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal der einzelnen Sektoren ist ihr jeweiliges Potential für Kosteneinsparungen und Produktivitätssteigerungen. Seit Jahrzehnten sind IKT zur Produktivitätssteigerung, zur Qualitätsverbesserung und zur Kostensenkung eingesetzt worden. Internetbasierende Anwendungen erweitern allerdings auch die kostenwirksamsten Sektoren um eine neue Dimension (siehe Anhang 3).

Kosteneinsparungen sind ein sehr verlockendes Motiv für die Teilnahme an der e-Economy. Es wird allgemein anerkannt, dass der Schritt von der ersten Anwendungsgeneration, wie dem elektronischen Datenaustausch, zu internetbasierenden e-Business-Anwendungen der zweiten Generation weitere Kosteneinsparungen ermöglichte. Zudem können e-Business-Anwendungen aufgrund eines umfangreicheren Angebots an Waren und Dienstleistungen hilfreich sein, etwa indem sie den Kunden erlauben, die Bearbeitung eines Auftrags Schritt für Schritt zu verfolgen oder einen Online-Kundendienst in Anspruch zu nehmen. So können die Unternehmen in einigen Branchen rascher und flexibler auf Marktsignale reagieren und einen besseren Dienst am Kunden bieten.

Die e-Economy bietet die Gelegenheit, verschiedene Modelle der Zusammenarbeit zu nutzen, um das Angebot an Waren und Dienstleistungen auszubauen und damit die Gewinnträchtigkeit eines Unternehmens zu erhöhen. So wurde beispielsweise das ,just in time"-Verfahren durch neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Herstellern und ihren vernetzten Partnern in den Lieferketten bereichert. Im Gegensatz zum elektronischen Datenaustausch ermöglichen die neuen Formen der Zusammenarbeit nicht nur offenere Beziehungen, sie erweitern auch den Interaktionsbereich beträchtlich. Typische Verfahren sind die Echtzeitzusammenarbeit in der Entwurfsphase, die gemeinsame Produktentwicklung, Zusammenarbeit im Marketing und der Austausch von Personal. In einigen Fällen gewähren Unternehmen ihren Partnern Zugang zu den Produktions- und Vertriebsabläufen und führen damit das ,full contact" e-Business ein.

2.2 Befluegelnde und hemmende Faktoren in den Sektoren

In der Regel sind die erzielten Kosteneinsparungen und/oder Produktivitätszuwächse umso höher und der organisatorische Wandel umso tiefgreifender je stärker ein Sektor auf Informationen angewiesen ist, wie es etwa bei Finanzdienstleistungen und IKT-Produkten und -Dienstleistungen der Fall ist. Für Sektoren, die bereits effiziente Produktionsverfahren eingeführt haben und sich in einem stark wettbewerbsorientierten Umfeld bewegen, beispielsweise die Automobilindustrie, führt die e-Economy eher zu einem weiteren Schritt in den laufenden Veränderungen und zu zusätzlichen Effizienzsteigerungen als zu einer Revolution (siehe Anhang 4 und 5).

Dagegen kann ein Sektor umso mehr vom e-Commerce profitieren, je stärker seine Marktstrukturen diversifiziert sind. Die Textilindustrie beispielsweise mit ihrer stark zersplitterten Struktur, ihren zahlreichen grenzübergreifenden Verflechtungen und ihren schnell wechselnden Produkten gilt als Musterbeispiel für Industriezweige, die vom elektronischen Geschäftsverkehr profitieren können. Auch die Tourismusbranche ist ein Vorreiter in der Nutzung des Internets. Kennzeichnend für diese Situation ist, dass etablierte Akteure ihre Geschäftsabläufe neu gestalten und sich auf Mehrwertdienstleistungen konzentrieren, und dass neue, speziell auf das Internet abzielende Akteure auftreten. Ein weiteres Maß für den durch die e-Economy verursachten Wandel ist der Grad der Spezialisierung eines Unternehmens. Hochspezialisierte KMU haben in einigen Fällen dazu geneigt, die Möglichkeiten des e-Business zu nutzen, um ihre Waren und Dienstleistungen auf neuen Märkten anzubieten.

2.3 Innovationsverbreitung: von ,Dotcoms" zu ,traditionellen Wirtschaftszweigen"

Das Entstehen neuer Geschäftsmodelle ist kennzeichnend für die e-Economy. Viele davon sind gescheitert, ebenso wie viele ,Dotcoms". Andere hingegen, insbesondere im Bereich des Geschäftsverkehrs zwischen Unternehmen (B2B), haben sich als durchaus geeignet erwiesen. Für die Unternehmen in der EU könnte es eher ein Vorteil als ein Nachteil sein, sich der e-Economy in einer ausgereifteren Phase anzuschließen. Sie haben aus den Fehlern der Pioniere gelernt und können jetzt erprobte Technologien einsetzen und existenzfähige Geschäftsmodelle implementieren. Für viele Unternehmen ist allerdings die Einführung des elektronischen Geschäftsverkehrs und die umfassende Teilnahme am e-Business ein komplexer Vorgang, der wohl mehr Zeit und Aufwand erfordert als ursprünglich angenommen.

Heute wird allgemein angenommen, dass traditionelle Wirtschaftszweige die e-Economy in Europa auch weiterhin stärker vorantreiben werden als Dotcoms. Den Kernbereich des Marktes bildet der B2B-Bereich, der nach Vorausschätzungen 90 % der Gewinne im e-Business generieren soll, und nicht Dotcom-gestütze Anwendungen für Endverbraucher. Gerade in diesem B2B-Bereich scheint Europa am wettbewerbsfähigsten zu sein. Ein spezieller Faktor, der die e-Economy in Europa befluegelt, ist die anhaltende Nachfrage nach e-Business-Technologien von Wirtschaftszweigen, die diese Technologien anwenden, während in den USA diese Sektoren bereits in den vergangenen Jahren viel investiert haben und jetzt mit ihren Investitionen zurückhaltender sind.

3. Neue Vertriebskanäle und neue Dynamik in den Märkten

3.1 Verschwommene Grenzen, neue Vertriebskanäle, neue Organisationsstrukturen der Märkte

In der e-Economy werden die Produkte zunehmend zu ,erweiterten Produkten", die auch einen wichtigen Anteil an Dienstleistungen beinhalten. Traditionelle Wirtschaftszweige verlegen sich zunehmend auf das Angebot von Mehrwertdiensten. Einzelhändler haben damit begonnen, Versicherungs- und andere Finanzdienstleistungen anzubieten, während IT-Hersteller weiterhin von der einfachen Herstellung von Produkten auf die Erbringung von Dienstleistungen umschwenken, indem sie e-Business-Dienstleistungen in ihr Angebot aufnehmen. In einigen Bereichen, etwa in der Logistik, bewirkt die Umstellung von traditionellen Tätigkeiten - dem Transport von Waren - auf das Informationsmanagement - das einen gemeinsamen Zugangspunkt für sämtliche Anforderungen der e-Economy bietet - einen radikalen Wandel des Kerngeschäfts. In vielen Sektoren wird mit Dienstleistungen mehr Wertzuwachs erzielt als mit dem Güterabsatz.

Viele Unternehmen entscheiden sich für ein Modell, das sowohl eine Online-Präsenz als auch eine physische Präsenz beinhaltet (das sogenannte ,bricks and clicks"-Modell). Internetorientierte Unternehmen beginnen sich Kennzeichen traditioneller Unternehmen anzueignen, etwa Lagerhäuser und Ladenketten. Traditionelle Einzelhändler verlegen hingegen einen Teil ihrer Aktivitäten auf den Online-Betrieb und schaffen sich so neue Vertriebskanäle und neue Strategien zur Erschließung von Bezugsquellen. Diese Hybridisierung, die durch die Konsolidierung von Dotcoms begünstigt wurde, hat unterschiedliche dynamische Vorgänge in den Märkten ausgelöst. Meist führt die Neuorganisation der Vertriebswege lediglich zu einer größeren Preistransparenz und zu verschärftem Wettbewerb. In einigen Bereichen wird der Status Quo aber vom e-Business ernsthaft in Frage gestellt und in einigen Fällen werden die Folgen von Quasi-Monopolen, die durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften geschaffen wurden, deutlich. Dies ist in Wirtschaftszweigen der Fall, in denen die Vertriebswege vorgeschrieben sind, wie in der Arzneimittelindustrie, oder in reglementierten Berufen, etwa bei Rechtsanwälten oder Heilberufen. In diesem Sinne trägt das e-Business zur Erosion von Marktnischen bei und weitet den Wettbewerb auf neue Bereiche aus.

Die e-Economy wird immer mehr von einer Informationsinfrastruktur abhängig, auf die sich jede Geschäftsabwicklung und jede Transaktion abstützt. Kennzeichnend dafür ist eine noch nie da gewesene Abhängigkeit von anderen Infrastrukturen, wie Energie-, Telekommunikations-, Finanz- und Verkehrsinfrastrukturen. Die Unternehmen müssen darüber hinaus zunehmend die Risiken der erweiterten und dynamischen Unternehmenskonzeption identifizieren und bewältigen. Die Gewinnträchtigkeit eines Unternehmens wird immer mehr von mobilen und verteilten Ressourcen abhängen, die auf vorübergehenden strategischen Partnerschaften basieren, aber auch von Kunden-, Lieferanten- und Zwischenhändlernetzen. Daraus folgt, dass organisatorische, rechtliche und technische Abläufe als Ganzes zu betrachten sind.

Die Kommission hat sich bemüht, die Fähigkeit der Unternehmen zur ganzheitlichen Einschätzung von Chancen und Risiken zu fördern. So sind etwa in der Mitteilung über die Sicherheit der Netze und Informationen [8] konkrete Maßnahmen zur Sensibilisierung und Verbreitung einschlägiger vorbildlicher Verfahren vorgesehen. Es bleibt aber noch viel zu tun. Die Herausforderung besteht darin, die wirtschaftliche Sicherheit zu garantieren, die wiederum einer verlässlichen, stabilen und funktionstüchtigen Informationsinfrastruktur bedarf, und gleichzeitig den Unternehmen zu ermöglichen, ihre Geschäfte in einer offenen Umgebung abzuwickeln.

[8] KOM(2001) 298 endg. vom 6.6.2001. ,Sicherheit der Netze und Informationen: Vorschlag für einen europäischen Politikansatz" In der Mitteilung sind Maßnahmen zur Verbesserung der Koordination zwischen den Mitgliedstaaten (z. B. Erhebung und Verbreitung von Informationen über neu entstehende Sicherheitsrisiken), zur Sicherstellung effizienterer Standardisierungs- und Zertifizierungsverfahren, zum besseren Schutz vor Cyberkriminalität, zur Gewinnung aktiver Unterstützung der Regierungen beim Einsatz sicherer Lösungen für öffentliche Dienste und zur Stärkung der internationalen Zusammenarbeit vorgesehen.

3.2 E-Märkte könnten zur Stärkung des Binnenmarkts beitragen

Elektronische Märkte stellen einen speziellen Aspekt der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit im Internet, des sogenannten ,collaborative e-business" dar. In den vergangenen beiden Jahren wurden in den USA und in Europa mehrere hundert private e-Märkte eingerichtet. Einige davon waren branchenspezifisch und richteten sich nach den speziellen Bedürfnissen eines Wirtschaftszweigs, andere waren horizontal ausgerichtet. Einige wurden von Käufer- oder Verkäuferkonsortien gebildet, andere wurden von Fremdfirmen oder Technologieanbietern geschaffen. Wie e-Märkte funktionieren ist gut dokumentiert. Elektronische Märkte bilden Käufer- und Verkäufergemeinschaften und stellen Mechanismen bereit, mit denen Unternehmen kostengünstig an globalen Märkten teilhaben können. Neben der technischen Interoperabilität erfordern e-Märkte auch eine Kompatibilität der Geschäftspraktiken, z. B. gemeinsame Kataloge, der Zahlungsmethoden und der Sicherheitsaspekte. Hier könnten XML-basierende Standards, die derzeit von Wirtschaftskonsortien entwickelt werden, eine wichtige Rolle spielen.

E-Märkte bieten die Möglichkeit, eine große Anzahl von Produkten aus vielen zersplitterten Quellen zu beziehen. In dieser Hinsicht könnten sie den KMU die Erweiterung des Kundenbestands ermöglichen. In der Praxis ist es jedoch dem überwiegenden Teil der unabhängigen Märkte nicht gelungen, eine stabile Basis für Erlöse zu schaffen. Da die e-Märkte der Wirtschaft und insbesondere den KMU Entwicklungschancen verschaffen können, werfen sie wichtige politische Fragen über die Offenheit, die Regeln für die Teilnahme an den Märkten, die Eigentumsverhältnisse und die Überwachung auf. Auch im Hinblick auf Vertrauen und Zuversicht stellen sich konkrete Fragen. So werden etwa Qualitätsstandards zur Abschätzung der Vertrauenswürdigkeit von Handelspartnern sowie einvernehmlich festgelegte gemeinsame Produktspezifikationen benötigt. Daher muss Vertrauen aufgebaut werden und es sind Industriestandards zu entwickeln.

3.3 B2C: eine neue Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden

Das Potential des elektronischen Geschäftsverkehrs zwischen Unternehmen und Kunden (B2C) muss noch erschlossen werden. In der EU wird nur etwa 1 % des Einzelhandels über B2C abgewickelt. Dass dieses Segment nicht richtig in Schwung kommt ist zum Teil auf das Unvermögen der Unternehmen zurückzuführen, verlockende Angebote und erfolgreiche Geschäftsmodelle zu entwickeln, sowie auf das Versäumnis, auf die Befürchtungen der Kunden hinsichtlich mangelnder Sicherheit, Vertraulichkeit und der Lieferung von Waren bzw. Dienstleistungen einzugehen. Es ist vorerst anzunehmen, dass reine B2C-Modelle kaum erfolgreich sein werden. Am vielversprechendsten sind ,bricks and clicks"-Modelle, die das Beste der Online- und der Offline-Welt in sich vereinigen.

Die Unterschiede in den Vorschriften für Online- und Offline-Geschäfte behindern eindeutig die Unternehmen, die versuchen, ihre Online- und Offline-Bereiche nahtlos zu verknüpfen. Die Politik der EU trägt zum Abbau dieser Hindernisse bei. Der Binnenmarkt als der weltweit größte Verbraucherblock könnte groß genug sein, um eine sehr mannigfaltige e-Economy in Schwung zu halten. Die Einführung von Euro-Banknoten und Münzen könnte einen wichtigen psychologischen Anstoß zu vermehrten Einkäufen jenseits der Landesgrenzen geben. Damit sich aus diesem Potential praktischer Nutzen ziehen lässt, müssen die politischen Entscheidungsträger die Hindernisse abbauen, die das Vertrauen der Kunden gegenüber Einkäufen im Ausland und die Bereitschaft der Unternehmen, ihre Güter jenseits der Landesgrenzen anzubieten, beeinträchtigen.

3.4 Die Realisierung der e-Economy: die Schlüsselrolle der nachhaltigen Logistik

Die meisten der für die e-Economy charakteristischen Geschäftsmodelle sind von einer effizienten Logistik abhängig. Der Logistik kommt bei der Steigerung der Effizienz von Lieferketten, der Errichtung von e-Märkten und der Schaffung neuer Formen der Zusammenarbeit im Handel eine Schlüsselrolle zu. Die Logistikbranche ist daher ein wichtiger Faktor, nicht nur weil sie andere Geschäftstätigkeiten unterstützt, sondern auch, weil sie selbst ein Pionier der e-Economy ist. Die Wahl der Versandart ermöglicht nun etwas, das man als ,e-Materialisierung" bezeichnen könnte, nämlich dass Güter, die früher physisch bewegt wurden, zumindest teilweise elektronisch zu Versandstellen verschickt werden, die sich näher beim Kunden befinden. Das Kerngeschäft bleibt die effiziente Zustellung von Waren, insbesondere im grenzüberschreitenden Verkehr, aber die weltweit tätigen Logistikunternehmen können jetzt Informationen viel besser verwalten. Sie bieten nicht nur zusätzliche Funktionalitäten an, etwa die Verfolgung von Paketen, die Erhebung von Abgaben und die automatische Berechnung der ,Kosten bis zum Löschen", sie stellen auch einen zentralen Kontaktpunkt für sämtliche Anforderungen des e-Business bereit.

Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit [9] stehen die Logistikdienste vor der Herausforderung, die durch die zunehmenden Umsätze im e-Business verursachten negativen Auswirkungen auf die Umwelt und den Energieverbrauch deutlich zu reduzieren. Im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Göteborg ist beabsichtigt, das Verkehrswesen effizienter zu gestalten, um so die Verbindung zwischen Wirtschaftswachstum und Zunahme des Verkehrs weitgehend aufzubrechen, ohne dabei die Mobilität einzuschränken. Durch das e-Business vergrößert sich zwar die Zahl der einzelnen Lieferungen und möglicherweise auch die Zahl der Lieferfahrzeuge, mit einer effizienten Logistik lassen sich aber die schädlichen Auswirkungen, insbesondere Verkehrsstaus und Umweltverschmutzung verringern, indem unnötige Verkehrsbewegungen und schlecht ausgelastete Fahrten oder Leerfahrten möglichst gering gehalten werden. Mit Hilfe hocheffizienter Systeme zur Verwaltung und Zusammenfassung von Lieferungen werden in Europa bereits die Auslastungsgrade im Straßen- und Schienenverkehr angehoben. Insbesondere erlauben mobile Datendienste den Logistikunternehmen, die Nachfrage besser mit den vorhandenen Kapazitäten in Einklang zu bringen. So dürfte die Zusammenfassung von Lieferungen für KMU eine der ersten Anwendungen sein, bei denen e-Business über mobile Netze abgewickelt wird.

[9] Im Weißbuch ,Die europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft" wird versucht, den negativen Auswirkungen der verstärkten Nachfrage nach Mobilität mit einer Reihe von Maßnahmen entgegenzuwirken. Dabei geht es unter anderem um die Tarifierung der Verkehrsinfrastruktur, den Umstieg vom Straßenverkehr auf andere, wiederbelebte Verkehrsträger und um zielgerichtete Investitionen.

3.5 Die Dimension der Mobilität: eine strategische Chance für Europa

Die Mobilkommunikation könnte eine neue Dimension der e-Economy darstellen. Dies eröffnet Europa möglicherweise strategische Chancen. Die Mobilkommunikation hat in Europa einen ungeheueren Erfolg erlebt. In Europa sind GSM-Telefone viel weiter verbreitet als in den USA (der Durchdringungsgrad beträgt heute 70 %, bis 2003 soll er auf 85 % steigen). Jetzt gilt es, den Vorsprung der EU in der Mobilkommunikation in Wettbewerbsvorteile für die mobile Wirtschaft umzusetzen.

Anwendungen der nächsten Generation, die auf intermediären Technologien oder vollständigen Standards der dritten Generation (3G) basieren, dürften sich sehr stark auf das Kunden- und Unternehmensumfeld auswirken. Viele verschiedene Unternehmen, etwa Einzelhandelsfirmen, Banken und Unternehmensdienstleister, arbeiten an der Entwicklung kommerziell erfolgreicher Anwendungen für Kunden und Unternehmen. Die wirtschaftliche Nutzung von 3G-Technologien wird nicht nur von der Sprachübertragung ausgehen, sondern auch von verwandten Zusatzdiensten, wie E-Mail oder standortbezogenen Diensten, sowie von Inhalten. Dadurch könnte sich vielen verschiedenen Unternehmen, etwa Einzelhandelsfirmen, Banken und Unternehmensdienstleistern, die Möglichkeit eröffnen, nicht nur diese Technologien zu nutzen, sondern auch an der Konzeption und Implementierung innovativer Mehrwertdienste teilzuhaben.

Die 3G-Umgebung hat allerdings bis jetzt auch viele, meist unbeantwortete Fragen aufgeworfen. Etwa die Frage, welche Rolle den verschiedenen Akteuren, insbesondere denen, die mit Inhalten befasst sind oder Vermittlertätigkeiten ausüben, bei der Generierung von Werten und der Kontrolle der Ertragsströme zukommt. Die Mobilität ergänzt das ,klassische" e-Business um eine weitere Dimension, die mit dem Schutz privater Daten und mit Sicherheitsaspekten zu tun hat. Innovative Entwicklungen wie standortbezogenes Marketing oder der mobile Zugriff von reisenden Mitarbeitern auf wichtige Unternehmensfunktionalitäten bringen neue Herausforderungen rechtlicher und verwaltungstechnischer Natur mit sich. Die Dienstleister haben auch finanzielle Belastungen zu tragen, die sich aus dem Erwerb von Lizenzen und dem Aufbau von geeigneten 3G-Infrastrukturen ergeben. Die Rolle der intermediären Technologien ist ebenfalls noch unklar. Schließlich verschärft sich auch der internationale Wettbewerb. Japan hat mit der nächsten Generation mobiler Datendienste einige Fortschritte erzielt, obwohl es selbst in Japan einige technische Schwierigkeiten bereitet hat, die Dienste den Endbenutzern zur Verfügung zu stellen. Der Erfolg des ,I-Mode", der von europäischen Betreibern genau beobachtet wird, könnte wertvolle Hinweise für ein wirtschaftlich erfolgreiches Vorgehen geben. Er könnte auch für einen lebhaften Wettbewerb in der globalen e-Economy sorgen.

III. AUSWIRKUNGEN AUF DIE UNTERNEHMENSPOLITIK UND VERWANDTE POLITIKBEREICHE, DIE ZENTRALE BEDEUTUNG DES DYNAMISCHEN UNTERNEHMERGEISTES

Die e-Economy ist zu einem Phänomen geworden, das sich über geografische Grenzen hinweg auswirkt und verschiedene Wirtschaftszweige gleichermaßen betrifft. Sie berührt auch eine ganze Reihe von europäischen Politikbereichen. Die Analysen der makro- und mikroökonomischen Auswirkungen der e-Economy liefern weitere Rechtfertigungen für die politische Orientierung, die die EU in Lissabon festgelegt hat und die die Kommission mit verschiedenen Maßnahmen umsetzt.

Der dynamische Unternehmergeist ist in der Strategie von Lissabon von zentraler Bedeutung. Auch für die e-Economy stellt er eine fundamentale Voraussetzung dar. Der Unternehmergeist ist eine der wichtigsten Antriebeskräfte für eine dynamische Wirtschaft und für die Unternehmen. Die Förderung des Unternehmergeistes erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, mit einer Reihe einander ergänzender Maßnahmen, die unternehmerfreundlichere Rahmenbedingungen garantieren, zum Eingehen von Risiken ermutigen und Märkte für neue Kenntnisse und Einstellungen schaffen. Hindernisse für die Gründung und das Wachstum neuer und die Umwandlung bestehender Unternehmen sind abzubauen und es sind Anreize für die Belohnung von Mobilität und die Erleichterung des Zugangs zu Finanzmitteln zu schaffen. Die Strategie von Lissabon verlang von Europa auch verstärkte Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen und mehr Innovation, damit das Ziel, Europa zu einer wissensbasierten Wirtschaft zu machen, die das Potential der Informationsgesellschaft nutzt, bis 2010 erreicht wird. Der Vorschlag der Kommission für ein Rahmenprogramm 2002-2006 steht voll im Zeichen dieses Ziels innerhalb des umfassenderen Kontexts des schrittweisen Aufbaus eines Europäischen Forschungsraumes.

Um sicherzustellen, dass die Bedürfnisse der in der e-Economy tätigen Unternehmen gebührende Beachtung finden, bedürfen die im Folgenden beschriebenen Themen weiterer Aufmerksamkeit auf Gemeinschaftsebene.

1. Förderung der umfassenden Teilnahme von KMU an der e-Economy

In Europa hängt die Zukunft der e-Economy weitgehend von der umfassenden Teilnahme der KMU ab. Die eEuropa-Initiative ,Go Digital" [10] ist die erste politische Reaktion auf diese Herausforderung. Diese Initiative soll sicherstellen, dass europäische Unternehmen und insbesondere KMU den elektronischen Handel voll in ihre Geschäftstätigkeit einbeziehen und aktiv an der e-Economy teilnehmen. Die wichtigsten Elemente davon sind das Benchmarking nationaler Strategien zur Förderung des e-Business der KMU, die Bewusstseinsbildung und die Bekanntmachung vorbildlicher Verfahren sowie die Unterstützung von KMU. Go Digital ist ein fortlaufender Aktionsplan, in seinem Rahmen wird auch weiterhin an der Ermittlung und Beseitigung von Hemmnissen für KMU gearbeitet.

[10] KOM(2001) 136 endg. vom 13.3.2001: ,Den KMU den Weg zum Elektronischen Handel ebnen".

Insbesondere sind KMU sehr an interoperablen Lösungen, offenen Standards und robusten Anwendungen interessiert. Sie sind noch viel mehr als größere Unternehmen auf die Zuverlässigkeit von Netzen und Informationen angewiesen. Sie sind auch besonders anfällig für Sicherheitsrisiken, die ihre Geschäftstätigkeit stören und ihre wirtschaftliche Lebensfähigkeit beeinträchtigen könnten. Die KMU benötigen einen klaren und verlässlichen Rechtsrahmen sowie einfachen Zugang zu Auskünften über das geltende Recht und bestehende Verhaltensnormen. Im Gegensatz zu größeren Unternehmen, die firmeneigene Rechtsberater hinzuziehen oder entsprechende Ressourcen zukaufen können, haben die KMU oft nicht das nötige Fachwissen und die erforderlichen Finanzmittel. Daher ist es von grundlegender Bedeutung, leicht zugängliche Online-Rechtsinformationssysteme und erschwingliche Quellen für maßgeschneiderte Ratschläge zu schaffen. E-Government-Initiativen könnten als erstes den KMU zugute kommen und ihnen die Beziehungen zu den Behörden erleichtern. Solche Initiativen könnten auch einen greifbaren Anreiz für die KMU darstellen, elektronische Verfahren einzuführen. Die elektronische Steueranmeldung, die in einigen Mitgliedstaaten möglich ist, hat sich als ein wichtiger Beweggrund für die KMU erwiesen, an der e-Economy teilzunehmen.

Es besteht somit Bedarf an folgenden Maßnahmen:

- Förderung offener Standards und Zertifizierungsverfahren. Die Kommission wird daher auch weiterhin den eEurope-Aktionsplan für die Standardisierung aktiv unterstützen.

- Erhöhung der Sicherheit der Netze und der Informationen. Dazu sind spezifische Maßnahmen zur Sensibilisierung und zur Verbreitung vorbildlicher Verfahren zu ergreifen, wobei nicht nur die vorhandenen technologischen Lösungen relevant sind, sondern auch Verfahren zur Gewährleistung der Sicherheit und zum Risikomanagement.

- Ermunterung der Behörden, bei der Bereitstellung von Online-Dienstleistungen mit gutem Beispiel voran zu gehen und den KMU entsprechende Anreize zur Inanspruchnahme dieser Dienste zu bieten, insbesondere in Schlüsselbereichen wie elektronischen Ausschreibungen, der elektronischen Steuerabrechnung und der Abwicklung von Sozialversicherungsangelegenheiten, der Online-Unternehmenseintragung, der netzgestützten Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitsrechts, des Lizenzrechts, des Patentrechts usw.

- Beitrag zur Stärkung der Rechtssicherheit für KMU, die grenzübergreifenden elektronischen Handel treiben, nicht nur durch die Errichtung eines klaren und berechenbaren Rechtsrahmens, sondern auch durch die benutzerfreundliche Bereitstellung leicht zugänglicher, kostengünstiger und praxistauglicher Auskünfte über das geltende Recht und Verhaltenskodizes. Dazu soll das Projekt zur Einrichtung eines Rechtsportals für KMU vertieft und weiterentwickelt werden.

- Optimale Nutzung vorhandener Ressourcen, wie Strukturfonds und FTE-Haushaltsmittel, um die genannten Ziele zu erreichen. Insbesondere sollen Pilotprojekte eingeleitet und Maßnahmen zur Informationsverbreitung ergriffen werden.

2. Sicherstellung des für die e-Economy erforderlichen Wissens

Wissen ist ein Grundpfeiler des Unternehmertums. Diese beiden Themen sind sehr eng miteinander verflochten. Dem Problem des Wissensdefizits, sowohl bei unternehmerischen als auch IK-technischen Kenntnissen, ist mit einer Reihe bedeutender Initiativen entgegen gewirkt worden, insbesondere im Rahmen der Europäischen Beschäftigungsstrategie [11], des eLearning-Aktionsplans [12] (2001-2004) und der Career-Space-Initiative [13]. Zusätzlich beschäftigt sich die vom Europäischen Rat in Stockholm gebilligte hochrangige Arbeitsgruppe für Wissen und Mobilität mit Fragen von Wissensdefiziten und beruflicher Mobilität. Von dieser Arbeitsgruppe wird erwartet, dass sie Empfehlungen für eine Reihe von politischer Maßnahmen vorlegt, die die Grundlage des Aktionsplans der Kommission im Bereich Wissen und Mobilität bilden sollen in 2002.

[11] Die Europäische Beschäftigungsstrategie umfasst relevante Empfehlungen an die Mitgliedstaaten in Bereichen der Weiterbildung für Arbeitslose, lebenslanges Lernen, e-Lernen, Wissensengpässe, Aus- und Weiterbildung für Unternehmertum sowie Computerkenntnisse als Teil der weiter gefassten Anpassungsfähigkeit von Arbeitnehmern. Weitere Initiativen sind vor allem die Mitteilung der Kommission ,Strategien für Beschäftigung in der Informationsgesellschaft", KOM(2000) 48 endg. vom 4.2.2000, und der daran anschließende Benchmarking-Bericht SEC(2001) 222 vom 7.2.2001 - Follow-up zur Mitteilung ,Strategien für Beschäftigung in der Informationsgesellschaft".

[12] KOM(2001) 172 endg. vom 28.3.2001 ,Aktionsplan eLearning - Gedanken zur Bildung von morgen".

[13] Career Space ist eine bedeutende von der Wirtschaft getragene Initiative. Siehe: http://www.career-space.com.

Spezieller Aufmerksamkeit bedarf jedoch die unternehmensbezogene Dimension des IKT-Wissens. Es stellt sich die Frage, wie sich die Defizite in IK-technischem Wissen und e-Business-Know-how konkret auf die Unternehmen, insbesondere die KMU, sowohl in der IKT-Branche selbst also auch bei den Endbenutzern auswirken. Die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage ist möglichst rasch zu schließen und den Unternehmen der EU sind konkrete Lösungen zu bieten, die ihnen helfen, sich an die e-Economy anzupassen, auch schon bevor die Mitteilung zum lebensbegleitenden Lernen [14] und andere horizontale Initiativen Früchte tragen. Unternehmenszentrierte politische Maßnahmen sollten sich auf konkrete und pragmatische Lösungen konzentrieren. In dieser Hinsicht sollte eine Reihe von Instrumenten in Betracht gezogen werden, einschließlich steuerlicher Anreize für Mobilität sowie die Optimierung der Reichweite von Einrichtungen, die Unternehmen zum Wissenserwerb anregen (z. B. Vernetzung von Kenntnissen, unternehmensinterne Akademien oder Bildungsprogramme der Wirtschaft und der Wirtschafsschulen).

[14] KOM(2001) 678 endg. Vom 21.11.2001 ,A europäischer Raum für lebenslanges Lernen".

In Anbetracht dieser Herausforderungen und in Übereinstimmung mit der Europäischen Beschäftigungsstrategie besteht folgender Handlungsbedarf:

- Stärkung des Dialogs mit allen Akteuren und Förderung von Partnerschaften zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor, um die Entwicklung zielgerichteter Programme zum Wissenserwerb und Lösungen für das e-Learning voranzutreiben.

- Verstärkung laufender Initiativen auf allen Ebenen, mit dem Ziel, den Unternehmen und insbesondere den KMU beim Erwerb von IK-technischem Wissen und e-Business-Know-how zu helfen; Unterstützung von Initiativen der Wirtschaft und Förderung der Zusammenarbeit mit den Beitrittskandidaten.

- Beobachtung der Nachfrage nach IKT- und e-Business-Wissen in Europa, Benchmarking nationaler Strategien und Abgabe von Empfehlungen für eine Politik zur Erhöhung des Angebots an qualifizierten Fachkräften.

- Vertiefung der Zusammenarbeit und Koordinierung auf europäischer Ebene, um die Wirkung der vorhandenen Instrumente zu maximieren.

- Einleitung zielgerichteter Projekte im Jahr 2002 in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und der Privatwirtschaft, die darauf abzielen, die speziellen Bedürfnisse der Unternehmen einschließlich der KMU zu befriedigen. Diese Projekte würden die Arbeiten der Gruppe zur Beobachtung von IKT-Wissen [15] unterstützen und ergänzen.

[15] Siehe: http://europa.eu.int/comm/enterprise/ict/policy/ict-skills.htm.

3. Maximierung der vom Binnenmarkt gebotenen Chancen

Die e-Economy hat das Potential, dem Binnenmarkt zusätzlichen Schwung zu geben. Transparentere Preise, gestützt durch den Euro, eine größere Auswahl und eine Vereinfachung von Bestellungen auch jenseits der Landesgrenzen sind dem Binnenmarkt sehr förderlich. Durch die Entwicklung des e-Business werden aber auch die Grenzen der bestehenden Rechtsvorschriften deutlich, sowohl auf Gemeinschafts- als auch auf nationaler Ebene. Die Unterschiede in den Ansätzen der einzelnen Länder zur Förderung des Binnenmarktes treten klarer zu Tage, ebenso wie mögliche Ungleichgewichte zwischen alternativen Vertriebskanälen und die drohende Verzerrung des Wettbewerbs zwischen Unternehmen in der EU und solchen außerhalb der EU.

Die Rechtsvorschriften sollten die Entwicklung der e-Economy fördern, nicht behindern. Unterliegt der Online-Handel anderen Regelungen als der Offline-Handel, so stoßen die Unternehmen auf Hindernisse, wenn sie ihr Online- und Offline-Angebot nahtlos integrieren möchten. Für elektronische Dienstleistungen wurde mit der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr eine rechtliche Grundlage geschaffen [16]. Es ist systematisch zu erkunden, inwieweit die vorhandenen Rechtsvorschriften nicht den Bedürfnissen der e-Economy Rechnung tragen können. Es bleibt noch einiges zu tun, insbesondere im Bereich des Produktrechts, des Verbraucherschutzes und der Offline-Dienste [17]. Die politischen Entscheidungsträger müssen die Hindernisse, die das Vertrauen der Verbraucher in grenzüberschreitende Einkäufe beeinträchtigen und es den Unternehmen erschweren, ihre Güter grenzüberschreitend anzubieten, in Angriff nehmen.

[16] Richtlinie 2000/31/EG, ABl. L 178 vom 17.7.2000, S. 1.

[17] Daher hat die Kommission die Mitteilung ,Eine Binnenmarktstrategie für den Dienstleistungssektor" vorgelegt, KOM(2000) 888 endg. vom 29.12.2000- sowie ein Grünbuch zum europäischen Verbraucherschutz, das viele der in dieser Mitteilung angesprochenen Fragen behandelt KOM(2001) 531 endg. vom 2.10.2001. Außerdem hat die Kommission den Vorschlag für eine Verordnung über Verkaufsförderung im Binnenmarkt vorgelegt, KOM(2001) 546 endg. Vom 2.10.2001.

Die Politik der EU muss laufend dazu beitragen, die Hemmnisse abzubauen, die den Unternehmen den Aufbau des e-Business erschweren. Im Interesse der Transparenz und der Zugänglichkeit ist es auch wichtig, dass das Produktrecht und Produktnormen online verfügbar sind, damit sie sich leichter einhalten lassen. Zudem stellt der globale Charakter des e-Business herkömmliche Konformitätsbewertungsverfahren in Frage, insbesondere dort, wo Hersteller aus Drittländern ihre Erzeugnisse in der EU zertifizieren lassen möchten. Das Produktrecht ist weiterhin zu überprüfen, um eine Gleichbehandlung von Online- und Offline-Absatz sicherzustellen. Mit dem e-Business werden immer mehr grenzübergreifende Transaktionen getätigt. Daraus könnten sich Konflikte zwischen verschiedenen einzelstaatlichen Absatzregelungen ergeben (z. B. beim Fernverkauf von Arzneimitteln). Gleichzeitig bringt das e-Business neue Herausforderungen im Bereich der Marktaufsicht und der Durchsetzung des Produktrechts mit sich, im B2B-Segment (z. B. verbotene chemische Stoffe) ebenso wie im B2C-Segment (z. B. in der EU nicht zugelassene Arzneimittel). Es ist sicherzustellen, dass die Marktaufsichtsbehörden wirksam dafür sorgen können, dass Erzeugnisse, die auf ihrem Hoheitsgebiet von Unternehmen außerhalb der EU online verkauft werden, dem einschlägigen Produktrecht der EU entsprechen.

Nicht alle Probleme lassen sich durch Rechtsvorschriften lösen. Die Selbstregulierung könnte auch viel zur Vertiefung des Vertrauens zwischen den an elektronischen Transaktionen beteiligten Partnern beitragen. Die Politik sollte darauf abzielen, die Glaubwürdigkeit der Selbstregulierung zu stärken und sicherzustellen, dass Verhaltenskodizes eingehalten werden. Dazu sollen bei Bedarf Rechtsmittel zur Verfügung stehen.

Um diese Probleme in Angriff zu nehmen ist Folgendes zu tun:

- Weitere Prüfung des bestehenden Produktrechts. Dabei ist insbesondere auf Zertifizierungsanforderungen zu achten und auf Verfahren, die sicherstellen dass mit diesen Anforderungen die verschiedenen Arten der Lieferung von Gütern bzw. Erbringung von Dienstleistungen gleich behandeln werden.

- Analyse der Auswirkungen des e-Business auf die verschiedenen Vertriebskanäle, und insbesondere Ermittlung eventueller Konflikte zwischen den Regelungen in verschiedenen Mitgliedstaaten (z. B. im Bezug auf Marketing oder Werbung).

- Stärkung der Marktüberwachung, insbesondere im Hinblick auf unerlaubte Einfuhren und unlautere Handelspraktiken von Drittländern sowie Vertiefung der Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in diesem Bereich.

- Vereinfachung und Harmonisierung des Rechtsrahmens, um die rasche Entwicklung paneuropäischer Unternehmen zu ermöglichen; Förderung fairer Geschäftspraktiken im B2B- und B2C-Segment, insbesondere durch Stärkung der Mechanismen zur Selbstregulierung.

- Weitere Analyse der Auswirkungen der e-Economy auf Verkehr und Logistik.

4. Förderung der Offenheit und des Wettbewerbs

Die Entwicklung der e-Economy und insbesondere innovativer neuer Unternehmen und Marktmodelle dürfte den Wettbewerb anheizen. Die e-Economy könnte den Markt transparenter werden lassen. Sie könnte dazu beitragen, die geografisch voneinander getrennten Märkte zu integrieren und die Expansion in neue Märkte zu erleichtern. Allerdings bringt die e-Economy auch politische Herausforderungen mit sich. Es ist oft schwierig, die gesuchten Daten zu finden; Waren und Dienstleistungen sind oft technisch sehr komplex und ändern sich rasch - wodurch die Festlegung relevanter Märkte schwierig wird.

Die bestehenden Wettbewerbsregeln bieten mächtige und flexible Instrumente zur Verhinderung wettbewerbswidriger Verhaltensweisen, da die Verhinderung wettbewerbswidriger Verhaltensweisen recht allgemein gefasst ist. Aufmerksamkeit erfordern die Infrastruktur (Kommunikationsinfrastruktur, Domain-Namen und Verschlüsselung) sowie Dienstleistungen (Austausch zwischen Unternehmen, Portale für Endverbraucher, Online-Musikstücke, interaktives Fernsehen). Befürchtungen wurden insbesondere in Hinblick auf eine Marktdominanz, die Kontrolle von Informationen, gemeinsame Ein- und Verkäufe, Diskriminierungen und unerlaubte Absprachen geäußert. Wettbewerbsbehörden der EU, der USA und der Mitgliedstaaten haben vor kurzem eine Reihe einzelner Fälle geprüft, insbesondere in der Automobilindustrie und in der Finanzdienstleistungsbranche. Bisher haben die meisten dieser Fälle keinen Anlass zu unbegründeten Befürchtungen über ein eventuelles wettbewerbswidriges Verhalten gegeben, und die Wettbewerbsbehörden konnten in diesen Fällen grünes Licht geben. Eine Reform der Wettbewerbsregeln scheint nicht erforderlich zu sein, die Kommission wird allerdings die Entwicklungen aufmerksam verfolgen, um sicherzustellen, dass die bestehenden Regeln im Online- wie im Offline-Segment kohärent angewandt werden. Die Wettbewerbsbeschränkungen sollen möglichst gering gehalten und jede Marktdominanz soll verhindert werden.

Ein weiteres mächtiges Hilfsmittel zur Förderung der Offenheit ist die Normung. Die europäische Normung, ein auf Freiwilligkeit beruhendes und von der Wirtschaft getragenes Verfahren zur Konsensbildung, hat dazu beigetragen, ausgeglichene Rahmenbedingungen für Güter zu schaffen. Die e-Economy konfrontiert die Normung aber auch mit neuen Herausforderungen. Die Entwicklung digitaler Technologien und die Ausbreitung des Internets lassen die Grenzen zwischen Telekommunikation, Fernsehen und Rundfunk und der IT verschwimmen. Neue integrierte Dienste, Güter und Anwendungen entstehen. Zudem ist die e-Economy von Natur aus global und marktbestimmt. Die einzelnen Akteure werden eng zusammenarbeiten müssen, um Probleme der technischen und organisatorischen Interoperabilität zu lösen.

Die Kommission ist sehr daran interessiert, sicherzustellen, dass das europäische Normungssystem eine offene, neutrale und transparente Plattform für die Teilnahme an der e-Economy bietet. Bei der Normung geht es vor allem darum, allen relevanten europäischen Akteuren (Dienstleistern und Verbrauchern) gemeinsame Plattformen zu bieten, um sowohl die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen zu erhöhen als auch das Interesse der breiten Öffentlichkeit an der Umsetzung der wettbewerbspolitischen Ziele zu fördern. In der europäischen Normung sollte daher über die Organisationsstrukturen nachgedacht werden, auch über die Rolle der nationalen Normungsgremien, um sich den Herausforderungen der e-Economy zu stellen. Die Kommission hat kürzlich einen Bericht fertiggestellt, aus dem insbesondere hervorgeht, wie sich Normen und andere freiwillige Vereinbarungen besser zur Sicherstellung offener elektronischer Märkte und zum Aufbau des notwendigen Vertrauens nutzen lassen [18].

[18] KOM(2001) 527 endg. vom 26.9.2001. ,Bericht über die Maßnahmen auf Grundlage der Entschließungen über die europäische Normung, die 1999 vom Rat und vom Europäischen Parlament verabschiedet wurden". Der Rat verwies auf diese Herausforderungen in seiner Entschließung zur Funktion der Normung in Europa vom 28. Oktober 1999, ABl. C 141 vom 19.5.2000.

In diesem Zusammenhang besteht folgernder Handlungsbedarf:

- Weitere Prüfung eventuell auftretender wettbewerbsrelevanter Fragen im jeweiligen Einzelfall.

- Förderung der Entwicklung von Verhaltenskodizes im B2B- und B2C-Segment, insbesondere zur Sicherstellung der Offenheit elektronischer Märkte und des Zugangs zu diesen.

- Unterstützung formeller und informeller Normungstätigkeiten, insbesondere im Sinne des eEurope-Aktionsplans für 2002.

- Erörterungen mit Mitgliedstaaten und anderen Betroffenen über die Bedeutung der ,neuen Normungsprodukte", die auf flexibleren Regeln und einer rascheren Annahme derselben aufbauen und die Politik der EU unterstützen sollen.

5. Förderung von Forschungen über die e-Economy

Um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, müssen sich die europäischen Unternehmen IKT-intensive Produktionssysteme zu Eigen machen. IKT sind aber sehr arbeitsintensive Dienstleistungen, die für viele Unternehmen noch recht teuer sind. Zudem sind IKT-basierende Systeme oft noch nicht so zugänglich, funktionell und offen wie es die Benutzer erwarten. All diese Faktoren könnten die Einführung von IKT in Unternehmen weiter verzögern. Um hier Abhilfe zu schaffen, sind Forschungstätigkeiten notwendig. Insbesondere sind benutzerfreundliche, erschwingliche und interoperable technische Lösungen zu entwickeln, die für die Verbreitung der e-Economy in der Geschäftswelt unentbehrlich sind.

Darüber hinaus erfordert die Modernisierung europäischer Unternehmen in der e-Economy ergänzende Forschungen nicht nur im Technologiebereich, sondern auch über die einschlägigen sozioökonomischen Aspekte und die Auswirkungen der e-Economy auf die Humanressourcen. Die Forschungsanstrengungen in Europa zielen unter anderem auf die Erweiterung des Fachwissens ab, auf die Erhöhung der Mobilität, die Unterstützung branchenspezifischer Bildungspläne und auf die Anregung zu neuen interdisziplinären Arbeitsweisen.

Daher besteht folgender Handlungsbedarf:

- Unterstützung ehrgeiziger multidisziplinärer Forschungsvorhaben zur Sicherung flexiblerer, wissensbasierter und nachhaltiger Unternehmen der e-Economy.

- Stimulierung des Managements des Wandels in den Organisationsstrukturen der Unternehmen der e-Economy durch Forschungs- und Demonstrationsaktivitäten (z. B. über effiziente und zuverlässige Werkzeuge für den B2B- und B2C-Bereich, die die gesamte Wertschöpfungskette optimieren).

- Einleitung von Initiativen, die zur Einführung des elektronischen Geschäftsverkehrs ermutigen und beispielsweise folgende Themen aufgreifen: - Technologien und Anwendungen von globaler Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen (z. B. mobile Geschäftstätigkeit und e-Work-Umgebungen). - Lösungen zur Stärkung des Binnenmarktes (z. B. interoperable EU-weite Finanz- und e-Logistik-Systeme, e-Government und Lösungen zur Gewährleistung der Sicherheit). - Indikatoren, Messverfahren, Modelle und Szenarien für die e-Economy zur mittel- und langfristigen Einschätzung der Auswirkungen der Technologie- und Unternehmenspolitik.

6. Effizientere Beziehungen zwischen öffentlichen Stellen und Unternehmen

Die Beziehungen zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen bergen umfangreiche Möglichkeiten zur Förderung der e-Economy. Dies ist ein Bereich, in dem die Behörden das Verhalten beeinflussen können, indem sie gute Beispiele für Online-Anwendungen geben. Insbesondere sollten die Behörden Online-Dienste anbieten, mit denen Bürger und Unternehmen Verwaltungskosten sparen können. Dazu ist nach Möglichkeit sicherzustellen, dass e-Government-Lösungen etwa gleich schnell eingeführt werden wie kommerzielle Lösungen und dass sie auch keine anderen technischen Strategien anwenden. Dies gilt beispielsweise für Zahlungssysteme und Authentisierungsverfahren. Parallel zur Beseitigung der Ungleichbehandlung elektronischer Unterschriften und elektronischer Verträge im Unternehmensumfeld sollte auch die Ungleichbehandlung elektronischer Ablagesysteme für amtliche Unterlagen schrittweise abgeschafft werden. Der Schlüssel zur Sicherstellung der Interoperabilität ist hier die Verwendung von offenen Standards und Standardanwendungen.

Im grenzüberschreitenden Verkehr sollte eine ähnliche Offenheit erreicht werden, insbesondere dort, wo Auswirkungen auf die Ziele des Binnenmarkt spürbar sind. D. h. e-Government-Anwendungen sollten nach Möglichkeit nicht nur Unternehmen innerhalb eines Mitgliedstaates offen stehen, sondern allen europäischen Unternehmen.

In dieser Hinsicht besteht folgender Handlungsbedarf:

- Förderung der Online-Verfügbarkeit von Informationen und des Online-Informationsaustausches. Dies sollte auf allen Ebenen erfolgen, zwischen Herstellern und öffentlichen Stellen, zwischen verschiedenen Behörden und zwischen Zertifizierungs- und Normungseinrichtungen. Die Kommission wird die Mitgliedstaaten dazu ermuntern, die Online-Registrierung von Produkten zu ermöglichen.

- Stärkung der Interoperabilität, im Hinblick auf die Infrastruktur, wie elektronische Unterschriften, wechselseitige Zertifizierung und Smardcards, wie auch im Bereich der Standards für Dienste. Es soll eine breite Interoperabilität über die Landesgrenzen hinweg, aber auch zwischen Behörden und Unternehmen sichergestellt werden.

- Benchmarking von Online-Diensten öffentlicher Stellen in den Mitgliedstaaten. Dazu soll eine Studie eingeleitet werden, in der vorhandene Lösungen beurteilt und vorbildliche Verfahren präsentiert werden.

FAZIT

Im März 2001 trafen sich Führungspersönlichkeiten der europäischen Wirtschaft auf einer von der Kommission abgehaltenen e-Economy-Konferenz mit Präsident Prodi und sechs Kommissionsmitgliedern, um die Veränderungen in der europäischen Wirtschaft zu erörtern, die sich aus der immer umfangreicheren Nutzung der IKT ergeben. Es herrscht nun Einigkeit darüber, dass sich mit der zunehmenden Nutzung der IKT die Produktivität und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und der Wirtschaft insgesamt steigern lässt. Dies wiederum ermöglicht ein höheres Wirtschaftswachstum als es ohne diese Technologien möglich wäre.

Der wirtschaftliche Abschwung in der letzten Zeit und der Zusammenbruch vieler Dotcoms haben gezeigt, dass die ,neue" Wirtschaft dem Auf und Ab der Konjunkturzyklen ebenso ausgesetzt ist wie die sogenannte ,alte" Wirtschaft und dass ein solides Management für das Überleben eines jeden Unternehmens unentbehrlich ist. Dies lenkt jedoch nicht von der Erkenntnis ab, dass die IKT das Potential haben, die Produktivität der Unternehmen zu steigern, ihre organisatorische Effizienz zu erhöhen und die Wertschöpfungskette zu optimieren. Die Kommission ist fest davon überzeugt, dass die erfolgreiche Einbindung der IKT in den Geschäftsablauf der Unternehmen für die Sicherung der anhaltenden und nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit sowohl auf makroökonomischer wie auch auf firmeninterner Ebene von grundlegender Bedeutung ist.

Daher ist es wichtig, die europäischen Unternehmen über die Möglichkeiten zu informieren, die die IKT bieten. Die im Jahr 2001 eingeleitete Initiative ,den KMU den Weg zum elektronischen Handel ebnen" ist in dieser Hinsicht ein wichtiger politischer Beitrag, der den 19 Millionen KMU in Europa hilft, die möglichen Vorteile der IKT und des e-Business zu nutzen.

In dieser Mitteilung werden die nächsten Schritte dargelegt, die zu setzen sind, um sicherzustellen, dass die europäischen Unternehmen möglichst große Vorteile aus der e-Economy ziehen können. Dabei geht es darum, die Kultur des Unternehmertums und der Innovation zu fördern, die zur effizienten Teilnahme an der e-Economy erforderlichen IKT-Kenntnisse zu vertiefen, die Fähigkeit der europäischen Unternehmen, sich im Wettbewerb in einer modernen globalen Wirtschaft zu behaupten zu stärken und die Funktion des Binnenmarkts weiter zu verbessern.

Diesen Herausforderungen ist mit einer klaren und gemeinsamen Zielvorstellung und mit einer langfristigen unternehmenspolitischen Strategie zu begegnen. Die praktische Umsetzung der politischen Maßnahmen erfordert eine wirkungsvolle und zeitgerechte Koordinierung. Dazu müssen die betroffenen Akteure entschlossen sein, die Herausforderung des Europäischen Rates von Lissabon, Europa innerhalb der nächsten 10 Jahre zur wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaft zu machen, anzunehmen. Dazu ist aber auch die ,e-Dimension" systematisch in alle EU-Politikbereiche zu integrieren, die für die europäischen Unternehmen einschließlich der KMU relevant sind.

Zu diesem Zweck wird die Kommission im Jahr 2002 den Dialog und die Zusammenarbeit mit sämtlichen Betroffenen, also den Mitgliedstaaten, der Wirtschaft, den Konsumenten und den Sozialpartnern, vertiefen, um einen Plan dafür zu entwickeln, wie die europäischen Unternehmen die Vorteile der e-Economy optimal nutzen können.

ANHANG 1: BIP, Produktivität und Beschäftigungswachstum

Zunahme des BIP

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Gesamtproduktivität Beschäftigungswachstum

Prozentuale Änderung im Jahresdurchschnitt

In diesem Schaubild sind Angaben zur Entwicklung des BIP, zum Beschäftigungswachstum und zur Produktivitätssteigerung [19] zwischen 1996 und 2000 in den EU-Mitgliedstaaten und den USA dargestellt.

[19] Gemessen anhand der Gesamtproduktivität. Die Gesamtproduktivität stellt den Teil der Produktionssteigerung dar, der sich nicht durch die Erhöhung des Kapital- und Arbeitseinsatzes erklären lässt. Es wird angenommen, dass dieser Anteil den Beitrag der Technologie, seit kurzem auch der Informationstechnologie, zum Wirtschaftswachstum widerspiegelt.

Man sieht, dass in allen Länder das BIP stärker stieg als die Beschäftigungszahlen, was eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität in diesem Zeitraum bedeutet. Einige Länder - Irland, Finnland, die Niederlande, Spanien und die USA - fallen dadurch auf, dass sie für diesen Zeitraum die beste Kombination zwischen Produktions- und Beschäftigungszuwächsen verzeichnen. Deutschland und Italien weisen hingegen die ungünstigste Kombination zwischen diesen beiden Faktoren auf. Die übrigen EU-Staaten liegen ebenso wie der EU-15-Durchschnitt zwischen diesen beiden Extremen.

ANHANG 2: Unterschiede im Wachstum der Gesamtproduktivität

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Differenz zwischen den Durchschnittswerten für 1995-2001 und 1990-1995 in Prozentpunkten

Quelle: Europäische Kommission - Ameco-Datenbank

ANHANG 3: Geschätzte Kosteneinsparungen durch B2B nach Branche

Branche // Geschätzte Einsparung

Luftfahrttechnik // 11 %

Chemie // 10 %

Kohle // 2 %

Kommunikation // 5-15 %

EDV // 11-20 %

Elektronische Bauelemente // 29-39 %

Nahrungsmittelbestandteile // 3-5 %

Erzeugnisse d. Forstwirtschaft // 15-25 %

Frachtverkehr // 15-20 %

Gesundheitswesen // 5 %

Biotechnik // 12-19 %

Metallbearbeitung // 22 %

Medien und Werbung // 10-15 %

Erdöl und Erdgas // 5-15 %

Papier // 10 %

Stahl // 11 %

Quelle: Goldman Sachs (2000)

ANHANG 4: Index für die Einführung von E-Märkten nach Branche

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Quelle: Forrester Research (2001)

ANHANG 5: Drei Fallstudien

Fallstudie 1: Die Kraftfahrzeugindustrie

Mit ihrem umfangreichen elektronischen Datenaustausch war die Kfz-Industrie bahnbrechend an der innovativen Nutzung des Internets beteiligt. In der Lieferkette wurde eine Vielzahl internetgestützter Plattformen eingeführt. Einige davon beschränken sich auf ein einzelnes Unternehmen (z. B BMW), andere werden von mehreren Herstellern gemeinsam genutzt (Covisint) und einige werden von IT-Unternehmen betrieben (z. B. IBM). Es geht darum, die Integration der Lieferkette durch offenere Kommunikation zwischen Herstellern und Lieferanten und durch erweiterte Funktionalität (Werkzeuge für Verhandlungen, Software für kooperatives Design) neu zu definieren. Diese Anstrengungen zur Neugestaltung der Lieferkette fügen sich in einen umfassenderen Wandel ein, zu dem auch das ,e-Enabling" unternehmensinterner Abläufe gehört und der letztlich auch die Kunden einbezieht.

In der Brache wird damit gerechnet, dass sich die Kosteneinsparungen aus folgenden Faktoren ergeben:

- Verringerung der Einkaufspreise aufgrund eines stärkeren Wettbewerbs zwischen Lieferanten (laut Ford schätzungsweise zwischen 3 und 14 %),

- Senkung der Kosten für die Geschäftsabwicklung (sollten laut Daimler Chrysler um 90 % fallen),

- Schnellere Kommunikation, raschere Lieferung und Senkung der Lagerkosten. Hier werden vom Einsatz des Internets bedeutende Kosteneinsparungen gegenüber älteren ,just in time"-Systemen erwartet. Insgesamt sollen in der Lieferkette Kosteneinsparungen in der Höhe von 3 500 Euro je Fahrzeug erzielt werden (Ford 2001).

Neben Kosteneinsparungen soll das e-Enabling den Unternehmen noch weitere entscheidende wirtschaftliche Vorteile bringen: raschere Markteinführung von Gütern, flexiblere Reaktion auf Änderungen im Markt, geringere Lagerbestände und nach Kundenwünschen angefertigte Erzeugnisse. Gleichzeitig ermöglicht eine engere Zusammenarbeit eine optimierte Produktentwicklung (Zusammenarbeit in Echtzeit), Verbesserungen im Beschaffungswesen (Online-Lieferaufträge und -Ausschreibungen und ein effizienteres Management der Lieferkette (Sichtbarmachen der Abläufe in der gesamten Lieferkette in Echtzeit, optimierte Lagerbestandsverwaltung und besseres Logistikmanagement). Diese Entwicklung ist bei den e-Märkten besonders deutlich geworden. Covisint wurde im Oktober 2000 in Betrieb genommen. Diese Plattform schafft eine Verbindung zwischen Herstellern (die vier Gründer Ford, General Motors, Daimler Chrysler und Renault-Nissan, später stießen fünf weitere hinzu) und Zulieferern. Die praktische Umsetzung hat sich als alles andere als einfach erwiesen. Es gab viele Hindernisse, etwa Unsicherheiten über die Rechtslage, Probleme mit der Technologie und Schwierigkeiten im kommerziellen Bereich, etwa im Hinblick auf einen Kulturwandel oder auf Versuche von Befürwortern des Projekts, parallel dazu Märkte einzurichten. Covisint hat diese Hürden überwunden, aber es verdeutlicht die beträchtlichen Schwierigkeiten bei der Errichtung neuer Märkte.

B2C hat noch nicht die vorausgesagte revolutionäre Wirkung auf die Kfz-Industrie entfaltet. Es wird nur wenig direkt an den Endverbraucher verkauft. Das Internet wird in den USA zwar bei 45 % aller Autokäufe genutzt, vorrangig aber zur Informationsgewinnung. Es werden jedoch einige innovative Geschäftsmodelle entwickelt. Dazu gehören Dienstleistungen Dritter (Vermittlungsdienste, die nicht unmittelbar verkaufen, sondern die Kunden an Händler verweisen, z. B. Autobytel), Direkthändler (die direkt an Endverbraucher verkaufen, z. B Virgincars), Informationsdienste (die an der Werbung und an Partnerschaften mit Händlern verdienen, z. B. Yahoo-cars), gemeinsame Websites von Herstellern und Händlern (z. B. FordDirect), Websites von Herstellern (die Informationen anbieten, auf Händler verweisen aber auch Sonderangebote enthalten, z. B. Citroen) und Websites von Händlerorganisationen (z. B. Ecarcom des französischen Autohändlerverbands). Mit der zunehmenden Preistransparenz und der Ausweitung des Angebots über die Landesgrenzen hinweg übt das Internet auch Druck auf bestehende Vertriebsvereinbarungen aus.

Fallstudie 2: Der Einzelhandel

Der europäische Einzelhandelsmarkt erreichte im Jahr 2000 einen Wert von fast 1 800 Milliarden Euro. Dieser Markt ist sehr vielfältig. Große, global tätige Akteure (Carrefour, Metro, Ahold, Tesco usw.) nehmen ebenso an ihm teil wie zahlreiche KMU und Familienbetriebe, insbesondere in Südeuropa. Der gesamte Sektor befindet sich im Umbruch, ein Prozess, der indirekt durch die IKT und das Internet noch an Geschwindigkeit gewinnt. Für diese Entwicklung sind drei Trends kennzeichnend:

- Konzentrierung (mit engeren Verbindungen zwischen Herstellern, Groß- und Einzelhändlern);

- Diversifizierung (z. B. sowohl in nachgelagerte Bereiche wie Finanzdienstleistungen, Reisedienstleistungen als auch in vorgelagerte Bereiche wie gemeinsame Zusammenarbeit in der Herstellung und Logistikmanagement);

- Globalisierung (Einzelhändler aus der EU wie Ahold expandieren in Märkte außerhalb der EU und US-amerikanische Einzelhändler wie Wal-Mart und Costco fassen in Europa Fuß).

Dieser Bereich schien sich besonders für die revolutionären Umwälzungen des e-Business anzubieten. Die ursprünglichen Erwartungen hinsichtlich der Entwicklung des B2C-Segments (nach Schätzungen von Merrill Lynch sollte etwa das B2C-Segment im Jahr 2000 einen Anteil von 5 % bis 7 % am gesamten Einzelhandelsmarkt der EU erreichen) mussten nach unten revidiert werden. Die wahre Revolution findet in den vorgelagerten Segmenten statt, und zwar im Bereich der Zulieferung, wo große Gruppen das e-Business nutzen, um Kosten zu senken, Lagerbestände zu verkleinern, auf die Nachfrage am Markt zu reagieren und bessere Dienstleistungen zu bieten. Die Zahl der ausschließlich über Internet tätigen Einzelhändler ist mit dem Verschwinden der Dotcoms, von denen viele von größeren Gruppen aufgekauft wurden, zurückgegangen. Die Einzelhändler nutzen jetzt das Internet als einen von mehreren Absatzkanälen.

Für den Einkauf haben große Einzelhändler in der EU neue Plattformen entwickelt, über die sie ihre Einkäufe tätigen und miteinander zusammenarbeiten. Einige Gruppen (Carrefour, Sears) haben sich für mehrere Unternehmen umfassende e-Märkte entschieden (z. B. GlobalNetXchange), andere bevorzugen unternehmensspezifische Einkaufsplattformen (z. B. Tesco Information Exchange). Die größten dieser Plattformen zielen darauf ab, eine neutrale Umgebung bereitzustellen, die den Unternehmen im Vergleich zu früher von der Wirtschaft für den elektronischen Datenaustausch eingesetzten Systemen nur geringe Einstiegskosten verursacht. Ursprünglich sollte die verbundene Lieferkette von 85 000 Lieferanten, über die Güter im Wert von geschätzten 85 000 Millionen Euro vertrieben werden, weltweit vollständig automatisiert werden.

Für diesen Wirtschaftszweig mit seinen traditionell niedrigen Margen sind Kosteneinsparungen von großer Bedeutung. Carrefour schätzt, dass sich durch Einkäufe über elektronische Märkte im Durchschnitt 10 % der Kosten einsparen ließen (wobei allerdings nicht klar ist, ob diese Einsparungen in der Praxis nicht den Druck auf die Handelsspannen der Lieferanten widerspiegeln). Nach Schätzungen von Sainsbury sollen die Investitionen dieser Firma in der Höhe von 300 000 Euro in Plattformen für den elektronischen Einkauf in 18 Monaten Einsparungen von 3,3 Millionen Euro ermöglichen, ebenso wie eine Verringerung des Lagerbestands und raschere Reaktionen auf Änderungen der Marktlage.

Die Integration von Einkaufsplattformen mit Geschäftsmanagementsystemen und Anwendungen zur Verwaltung von Kundenbeziehungen wird von vielen Einzelhändlern als die bedeutendste Herausforderung angesehen. Dies gilt insbesondere für kleinere Einzelhändler, die nicht über die finanziellen und technischen Ressourcen verfügen, die für die Installation, aber auch die effiziente Nutzung derartiger Systeme nötig sind. Die Vielzahl der Anbieter (insbesondere von Anwendungen zur Verwaltung von Kundenbeziehungen) und die Schwierigkeiten, die sich bei der Integration von Lieferanten- und Kundenanwendungen in der Praxis ergeben, haben bisher die Nutzung der Vorteile solcher integrierter Systeme erschwert.

In einer von zunehmendem Wettbewerb geprägten Umgebung ist es von grundlegender Bedeutung, sich auf die Bedürfnisse des Kunden einzustellen. Hier haben die etablierten ,Bricks-and-Mortar"-Einzelhändler einen entscheidenden Vorteil gegenüber internetspezifischen Unternehmen, wenn es darum geht, Kunden zu gewinnen und zu behalten. Die erfolgreichsten Einzelhändler (z. B. Tesco oder Sainsbury) haben ein Konzept mit mehreren Kanälen gewählt, bei dem sowohl in Ladengeschäften als auch online Kundenmanagement betrieben wird.

Fallstudie 3: Die Multimediaindustrie

In Folge der Konvergenz von Netzen, Plattformen und Inhalt ist der Multimediasektor in den letzten Jahren rasch gewachsen. Die Möglichkeit, Inhalte zu digitalisieren und auf vielen verschiedenen Plattformen zu nutzen war die treibende Kraft für die Bildung großer zusammengeschlossener Unternehmen wie AOL-Time Warner und Vivendi-Universal. Sie hat auch das Entstehen vieler kleiner Unternehmen, insbesondere in Europa, begünstigt.

Die wichtigsten Auswirkungen der e-Economy sind folgende:

- Entwicklung neuer Geschäftsmodelle Es entstehen viele neue Geschäftsmodelle, die auf der medienübergreifenden Neuorientierung von Inhalten und auf neuen Distributionskanälen basieren. Die Verlags- und die Musikbranche haben Neuentwicklungen den Weg bereitet, jetzt erprobt auch die Lichtspielindustrie das Internet als neuen Distributionskanal. Wichtige Aspekte sind hier das Risiko der ,Kannibalisierung" vorhandener Distributionskanäle (z. B. Auswirkungen des Vertriebs von Filmen über das Internet auf den Pay-per-View-Markt, auf Online-Zeitungen und Zeitschriften sowie auf den Absatz traditioneller Zeitungen) wie auch das Entstehen neuer, internetbasierender Distributionskanäle (z. B. Napster). Im Allgemeinen war ausschließlich über das Internet agierenden Unternehmungen nur geringer Erfolg beschieden. Entweder wurden von den Mutterunternehmen zu wenig Finanzmittel breitgestellt (so wurden einige ,Webzines" eingestellt, die in den späten 1990ern mit großem Werbeaufwand gegründet worden waren), oder bereits etablierte Konkurrenzunternehmen konnten sich mit ihren Klagen vor Gericht durchsetzen. Hingegen wird die Distribution über mehrere Kanäle (d. h. die Neuorientierung und die Verkaufsförderung über mehrere verschiedene Kanäle) zur Regel.

- Entstehen neuer politischer Herausforderungen: Hier handelt es sich um Wettbewerbsangelegenheiten (z. B. gerichtliche Klagen von kommerziellen Verlagen und Multimediabetreibern wie Pearson gegen mit öffentlichen Geldern finanzierte Rundfunk- und Fernsehanstalten im Multimediabereich) und um wichtige Fragen zum Urheberrecht und zur Verwaltung von Rechten an digitalen Produkten.