52000DC0789

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuß - Folgemaßnahmen zum Grünbuch über die Bekämpfung von Nachahmungen und Produkt- und Dienstleistungspiraterie im Binnenmarkt /* KOM/2000/0789 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS Folgemaßnahmen zum Grünbuch über die Bekämpfung von Nachahmungen und Produkt- und Dienstleistungspiraterie im Binnenmarkt

Zusammenfassung

1998 hat die Kommission mit ihrem Grünbuch über die Bekämpfung von Nachahmungen und Produkt- und Dienstleistungspiraterie im Binnenmarkt eine Sondierung bei den Betroffenen in Gang gesetzt, um die wirtschaftlichen Folgen dieses Phänomens im Binnenmarkt zu ermitteln, die Wirksamkeit der anwendbaren Rechtsvorschriften abzuschätzen und eine Reihe von Optionen zur Verbesserung der Situation aufzuzeigen.

Im Rahmen dieser Sondierung hat sich bestätigt, dass Nachahmungen und Produkt- und Dienstleistungspiraterie für die Mehrzahl der Wirtschaftszweige im Binnenmarkt ein erhebliches Problem darstellen und dass die Kommission, und allgemein die Europäische Union, etwas unternehmen sollte, um die Bekämpfung von Nachahmungen und Produkt- und Dienstleistungspiraterie im Binnenmarkt unionsweit zu forcieren und zu verbessern.

Die vorliegende Mitteilung umfasst einen Aktionsplan, der Sofortmaßnahmen, für die die Kommission innerhalb kurzer Frist Vorschläge unterbreiten wird, mittelfristige Maßnahmen und andere Initiativen beinhaltet.

Sofortmaßnahmen

(1) Die Kommission wird einen Vorschlag für eine Richtlinie vorlegen, mit der die Mittel zur Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum verbessert und ein allgemeiner Rahmen für den Informationsaustausch und die Verwaltungszusammenarbeit abgesteckt werden sollen.

(2) Die Kommission wird auf der Grundlage bestehender Programme Schulungsmaßnahmen für Beamte der Strafverfolgungsbehörden, einschließlich Mitarbeiter der Behörden der Beitrittsländer, sowie Kampagnen zur Aufklärung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit konzipieren.

(3) Die Kommission wird die Bekämpfung von Nachahmungen und Produkt- und Dienstleistungspiraterie im Rahmen der Beitrittsverhandlungen weiterhin als vorrangiges Thema behandeln.

(4) Die Kommission wird eine Studie in Auftrag geben zur Festlegung einer Methodik für die Erhebung, die Auswertung und den Vergleich der Daten über Nachahmungen und Piraterie.

(5) Die Kommission plant eine interne Anlaufstelle einzurichten, die als Schnittstelle zwischen den Kommissionsdienststellen, die mit der Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie befasst sind, fungiert und für mehr Transparenz nach außen sorgt.

Mittelfristige Maßnahmen

(6) Die Kommission wird prüfen, ob es sinnvoll ist, ergänzende Systeme der Verwaltungszusammenarbeit zur Bekämpfung von Nachahmungen und Produkt- und Dienstleistungspiraterie aufzubauen, insbesondere Verfahren zur Zusammenarbeit zwischen den zuständigen nationalen Behörden, aber auch zwischen diesen Behörden und der Kommission.

(7) Die Kommission wird prüfen, ob es notwendig ist, Vorschläge zu unterbreiten für die Harmonisierung der Mindeststrafmaße, die Erweiterung der Kompetenzen von Europol auf die Bekämpfung von Nachahmungen und Produkt- und Dienstleistungspiraterie sowie für den Aufbau einer Struktur, die es ermöglicht, z. B. über eine Website, auf einschlägige Entscheidungen der nationalen Gerichte zuzugreifen.

Andere Initiativen

(8) Die Kommission spricht in dieser Mitteilung Empfehlungen aus, die insbesondere auf eine bessere Nutzung der vorhandenen Informationssysteme und einen Ausbau von Zusammenarbeit und Informationsaustausch zwischen Privatsektor und staatlichen Stellen zielt.

Einleitung

1. Nachahmungen und Produkt- und Dienstleistungspiraterie im Binnenmarkt führen zu Handelsverlagerungen und Marktstörungen, vor allem dann, wenn Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bei der Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum ausgenutzt werden. Das Schutzniveau für geistiges Eigentum ist nämlich in den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sehr unterschiedlich, das gilt vor allem für die wirksame Durchsetzung der Rechte. So gibt es z. B. beträchtliche Abweichungen bei den Anwendungsbestimmungen für vorläufige Maßnahmen, die insbesondere zur Sicherung von Beweisen verhängt werden, bei der Berechnung von Schadensersatz oder bei den Durchführungsbestimmungen für Verfahren zur Einstellung der Nachahmungs- bzw. Pirateriehandlungen. In einigen Mitgliedstaaten stehen Mittel und Verfahren wie das Auskunftsrecht und der Rückruf rechtsverletzender Waren auf Kosten des Verletzers nicht zur Verfügung. Diese Unterschiede sind dem Funktionieren des Binnenmarktes abträglich und machen eine wirksame Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie schwierig. Die Situation führt dazu, dass das Vertrauen der Wirtschaft in den Binnenmarkt leidet und sie ihre Investitionen drosselt. Neben den wirtschaftlichen und sozialen Folgen, die dieses Phänomen zeitigt, manifestiert es sich verstärkt als Erscheinungsform der organisierten Kriminalität; ferner sind neue Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Internet zu beobachten. Die Bekämpfung von Nachahmungen und Produkt- und Dienstleistungspiraterie ist mithin für die Europäische Union von allergrößter Bedeutung.

2. In dieser Mitteilung werden, in Form eines Aktionsplans, Maßnahmen und Initiativen der Kommission für eine intensivere und wirksamere Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie im Binnenmarkt angekündigt. Die Umsetzung dieses Aktionsplans erfordert die Mitarbeit aller Betroffenen, in erster Linie die der Inhaber der Rechte an geistigem Eigentum. Der Aktionsplan soll die bereits in Kraft gesetzten Maßnahmen zur Kontrolle nachgeahmter Waren und unerlaubt hergestellter Vervielfältigungsstücke oder Nachbildungen an den Außengrenzen der EU (Verordnung Nr. 3295/94 in der geänderten Fassung) sowie die Initiativen zur Bekämpfung von Nachahmungen und Produkt- und Dienstleistungspiraterie im Rahmen der Beziehungen mit Drittländern und auf der Grundlage multilateraler Vereinbarungen (insbesondere des Abkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums, TRIPS, abgeschlossen im Rahmen der Welthandelsorganisation [1]) durch entsprechende Maßnahmen für den Binnenmarkt ergänzen.

[1] Beschluss des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986-1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche, Amtsblatt L 336 vom 23/12/1994, S. 213.

3. Am 15. Oktober 1998 hat die Kommission ein Grünbuch über die Bekämpfung von Nachahmungen und Produkt- und Dienstleistungspiraterie im Binnenmarkt [2] vorgelegt, um eine Diskussion mit allen Betroffenen in Gang zu setzen. Die im Grünbuch empfohlenen Handlungsfelder waren: Maßnahmen der Privatwirtschaft, Wirksamkeit technischer Schutzvorkehrungen, Sanktionen und Mittel zur Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum sowie die Verwaltungszusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden.

[2] KOM(98)569 endg.

4. Die Kommission hat zahlreiche Stellungnahmen (145) zum Grünbuch erhalten. Am 2. und 3. März 1999 hat sie, zusammen mit dem deutschen Ratsvorsitz, in München eine Anhörung veranstaltet, die allen Betroffenen offen stand. Ferner fand am 3. November 1999 unter Federführung der Kommission eine Sitzung mit Sachverständigen aus den Mitgliedstaaten statt. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss hat am 24. Februar 1999 eine Stellungnahme zum Grünbuch abgegeben [3], und das Europäische Parlament hat am 4. Mai 2000 eine Entschließung dazu verabschiedet [4].

[3] ABl. C 116 vom 28.04.1999, S. 35.

[4] Noch nicht veröffentlicht.

Die Reaktionen auf das Grünbuch [5]

[5] Die Zusammenfassung der Stellungnahmen zum Grünbuch der Europäischen Kommission über Nachahmungen und Produkt- und Dienstleistungspiraterie ist unter folgender Web-Adresse verfügbar:

5. Die Sondierung hat die schädlichen Auswirkungen von Nachahmungen und Piraterie auf den Binnenmarkt bestätigt. Die Ausmaße, die dieses Phänomen im Binnenmarkt angenommen hat, sind beträchtlich und nehmen allgemein weiter zu, auch wenn sie schwer zu messen sind, da es sich nun einmal um illegale Tätigkeiten handelt. Es handelt sich um ein gravierendes Problem für alle Wirtschaftszweige, denn Nachahmungen und Piraterie schrecken von Investitionen und Innovationen ab, führen zum Verlust von Arbeitsplätzen und stellen eine Gefahr für den Verbraucher dar. Die Zahlen des von der Internationalen Handelskammer gegründeten Counterfeiting and Intelligence Bureau [6], nach denen der Handel mit Nachahmungen und Piraterie 5 bis 7 % des Welthandels bei Kosten von 200 bis 300 Milliarden Euro pro Jahr und einem Verlust von 200.000 Arbeitsplätzen weltweit ausmacht, werden von den beteiligten Kreisen häufig zitiert. Sie gehen davon aus, dass die international tätigen Unternehmen der Europäischen Union zwischen 400 und 800 Millionen Euro im Binnenmarkt und 2.000 Millionen Euro außerhalb der Union verlieren. Der Anteil von Nachahmungen und Piraterie in Prozentsätzen im Verhältnis zum legalen Handel im Binnenmarkt, wäre nach den Angaben der betroffenen Sektoren der folgende:

[6] ,Countering Counterfeiting. A guide to protecting & enforcing intellectual property rights", Countering Counterfeiting Bureau, Internationale Handelskammer 1997.

Anteil an Nachahmungen/Piraterie % in des legalen Handels im Binnenmarkt

Betroffener Sektor // Prozentsatz an Nachahmungen/Piraterie

Informatik // 39

Audiovisuelles // 16

Textilien // 10 bis 16

Musik // 10

Autoersatzteile // 5 bis 10

Sport und Freizeit // 5 bis 7

Die Betroffenen beklagen die gegenwärtigen Unterschiede bei Art und Umfang der Sanktionen, die sich auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten auswirken und unmittelbare Folgen für die Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt haben. Es wird nämlich davon ausgegangen, dass diese Unterschiede Bedeutung für die Wahl der Orte innerhalb der Union haben, an denen die Fälschungs- und Pirateriehandlungen vorgenommen werden, mit anderen Worten, Plagiate werden am ehesten in den Ländern hergestellt und verkauft, in denen Fälschungen und Produkt- und Dienstleistungspiraterie weniger wirksam bekämpft werden als in anderen. Das führt zu Handelsverlagerungen, verfälscht den Wettbewerb und ruft Marktstörungen hervor. Deshalb wünschen die Betroffenen einschließlich der Mitgliedstaaten eine energische Inangriffnahme dieses Problems und ehrgeizige Initiativen auf Unionsebene.

6. Die Kommission teilt weitestgehend die Sorgen der Betroffenen. Deren Wünsche entsprechen auch den politischen Zielen der Kommission, zu denen die Förderung von Innovation und Kreativität in Europa, insbesondere durch einen einheitlichen und wirksamen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums im Binnenmarkt, zählt.

7. In den Reaktionen auf das Grünbuch kommt zum Ausdruck, dass die Initiativen der Privatwirtschaft ausgebaut werden könnten, insbesondere die Zusammenarbeit mit den Behörden. In den meisten Stellungnahmen wird nachdrücklich auf die Notwendigkeit verwiesen, die Datenbanken stärker zu koordinieren und für einen besseren Informationsfluss über die Grenzen hinweg zu sorgen, in den einzelstaatliche Behörden und Fachverbände eingebunden sind. Insgesamt werden in den Stellungnahmen Kampagnen zur Aufklärung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die negativen Auswirkungen und Gefahren von Nachahmungen und Produkt- und Dienstleistungspiraterie befürwortet. Ein Klagerecht von Fachverbänden wird allgemein befürwortet. Was technische Vorkehrungen zum Schutz und zur Kennzeichnung von Produkten angeht, so fordern die Betroffenen Rechtsvorschriften, die die Herstellung und Verteilung illegaler technischer Schutzvorkehrungen verbieten und Rechtsmittel gegen die Manipulation legaler Schutzvorkehrungen vorsehen. Im Falle von Multimedia-Produkten (CD-ROM, DVD) wünschen die Rechteinhaber, dass die Kennzeichnung durch einen Code verbindlich vorgeschrieben wird.

8. Sanktionen und andere Mittel zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums sollten nach Auffassung der Betroffenen in allen Mitgliedstaaten die gleiche Wirksamkeit haben. Einige Betroffene sprechen sich für eine Harmonisierung von Strafmaß und Strafverfahrensvorschriften aus. In der Mehrzahl der Stellungnahmen werden einheitliche Vorschriften über die Schließung von Verkaufsstellen bzw. von Einrichtungen, in denen die rechtsverletzenden Handlungen begangen wurden, sowie die Beschlagnahme der für illegale Zwecke verwendeten Ausrüstung gefordert. Im Übrigen beklagen die Betroffenen die Unterschiedlichkeit und die Unzulänglichkeit von operativen Maßnahmen und Maßnahmen zur Beweiserhebung auf nationaler Ebene. Sie fordern einheitliche Fahndungs- und Sicherstellungsverfahren sowie wirksamere einstweilige Maßnahmen über Grenzen hinweg. Sie sprechen sich ferner dafür aus, pauschale Schadensersatzbeträge oder Schadensersatz mit Strafcharakter in allen Mitgliedstaaten vorzusehen. In den meisten Stellungnahmen wird die EU-weite Einführung des Auskunftsrechts [7] und der Veröffentlichung der Urteile befürwortet. In den Reaktionen auf das Grünbuch zeigt sich ein breiter Konsens hinsichtlich der Notwendigkeit, die Verwaltungszusammenarbeit zwischen den in den Mitgliedstaaten für die Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie im Binnenmarkt zuständigen Behörden zu verbessern, auch was Schulung und Beamtenaustausch angeht. Die Stellungnahmen zeigen, dass die Kommission in dieser Frage eine zentrale Rolle spielen sollte.

[7] Verpflichtung des Nachahmers oder Produkt- und Dienstleistungspiraten, bestimmte Auskünfte über die Herkunft der rechtsverletzenden Güter, über die Vertriebswege sowie die Identität Dritter, die in der Herstellung und am Vertrieb der Güter beteiligt sind, zu geben.

Die von der Kommission vorgesehenen Maßnahmen

9. Die Kommission möchte betonen, dass dem Staat ohne jeden Zweifel eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Nachahmungen und Produkt- und Dienstleistungspiraterie zufällt, die Verantwortung in diesem Bereich jedoch in erster Linie bei den Inhabern der Rechte am geistigen Eigentum liegt. Diese müssen selbst wachsam sein, zum Beispiel bei ihrer Politik zur Vergabe von Lizenzen und der Kontrolle von Produkt- und Dienstleistungsqualität.

10. Die Kommission schlägt als Folgemaßnahme zum Grünbuch den vorgelegten Aktionsplan vor. Dieser beinhaltet Sofortmaßnahmen, für die die Kommission innerhalb kurzer Frist Vorschläge unterbreiten wird, mittelfristige Maßnahmen sowie Empfehlungen, die Teil des Aktionsplans selbst sind und sich sowohl an die Privatwirtschaft als auch an staatliche Stellen richten.

11. Da Nachahmung und Piraterie im Internet immer besorgniserregendere Ausmaße annehmen, wird die Kommission die Situation hier sehr genau beobachten und erforderlichenfalls entsprechende Initiativen im Rahmen der Umsetzung des Aktionsplans auf den Weg bringen.

12. Entsprechend den Bestimmungen des Vertrages von Amsterdam und den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere vom 15. und 16. Oktober 1999 [8] sowie den Leitlinien, die die Kommission in ihrer Mitteilung über Kriminalitätsverhütung dargelegt hat, und den Arbeiten des Europäischen Forums zur Verhütung von organisierter Kriminalität und Wirtschaftskriminalität [9] müssen sich die im vorliegenden Aktionsplan vorgesehenen Maßnahmen selbstverständlich in die bereichsübergreifenden Initiativen auf dem Gebiet Justiz und Inneres einfügen, namentlich in die Strategie der Europäischen Union zur Verhütung und Kontrolle der Kriminalität.

[8] ABl. C 124 vom 03.05.2000, S.1.

[9] Das Europäische Forum zur Verhütung von organisierter Kriminalität und Wirtschaftskriminalität ist eine Initiative der Kommission zur Strukturierung der Präventivarbeit auf europäischer Ebene. Es handelt sich um eine Plattform für den Aufbau eines Expertennetzes und die Ingangsetzung von Initiativen.

Sofortmaßnahmen

Richtlinie über Mittel zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums

13. Die Kommission wird einen Vorschlag für eine Richtlinie unterbreiten, durch die in diesem Bereich das Funktionieren des Binnenmarktes sichergestellt werden soll. Da das TRIPS Übereinkommen bereits Mindestregelungen vorsieht hinsichtlich der Mittel zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, die in allen Mitgliedstaaten angewandt werden, betreffen die von der Kommission auf diesem Gebiet geplanten Maßnahmen lediglich Verbesserungen gegenüber dem Übereinkommen.

14. Die Richtlinie soll die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten harmonisieren, die die Mittel zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums betreffen, und sicherstellen, dass die verfügbaren Schutzrechte im gesamten Binnenmarkt einen gleichwertigen Schutz gewähren. Es versteht sich, dass die Anwendung derartiger Mittel den Wettbewerbsregeln des Vertrags unterworfen bleiben. Die Richtlinie wird vor allem Folgendes zum Gegenstand haben:

- das Recht von Berufsverbänden, vor Gericht die Kollektivinteressen zu vertreten, mit deren Wahrung sie beauftragt sind [10];

[10] Bestimmungen dieser Art, die dieses besondere Recht schaffen, existieren bereits in den Rechtsordungen mehrerer Mitgliedsstaaten.

- den Rechtsschutz technischer Schutzvorkehrungen im Bereich des gewerblichen Eigentums [11]; die geplante Rechtsvorschrift sollte die Herstellung und Verteilung illegaler technischer Schutzvorkehrungen verbieten und Rechtsmittel gegen die Manipulation der legalen Schutzvorkehrungen vorsehen;

[11] Was das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte angeht, so enthält der gemeinsame Standpunkt des Rates zur Richtlinie über die Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechtes und verwandter Schutzrechte in der Informationsgesellschaft detaillierte Bestimmungen über den Rechtsschutz technischer Schutzvorkehrungen. Siehe auch Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen.

- für entsprechend gelagerte Fälle, unbeschadet der unter Ziffer 21 behandelten strafrechtlichen Sanktionen, die Möglichkeit, Verkaufsstellen und die Einrichtungen, in denen Plagiate hergestellt worden sind, zu schließen, die für illegale Zwecke verwendete Ausrüstung zu beschlagnahmen und Guthaben und Gewinne einzuziehen, die von den Tätern erzielt wurden;

- zivilrechtliche Maßnahmen und Verfahren, insbesondere hinsichtlich Fahndung, Sicherstellung und Beweismitteln, mit deren Hilfe die Rechteinhaber sicherstellen können, dass ihre Schutzrechte im Binnenmarkt tatsächlich beachtet werden;

- ein Verfahren für den Rückruf von auf den Markt gebrachten rechtsverletzenden Waren auf Kosten des Verletzers; einheitliche Kriterien für die Berechnung von Schadensersatz; unter Berücksichtigung der Datenschutzvorschriften insbesondere hinsichtlich personenbezogener Daten, Einführung eines Auskunftsrechts und der Möglichkeit, in den Mitgliedstaaten gefällte Gerichtsurteile in Fällen von Nachahmung und Produkt- und Dienstleistungspiraterie zu veröffentlichen [12];

[12] Der Aufbau eines Registers der Verurteilungen wird gegenwärtig im Rahmen der Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung der endgültigen Entscheidungen in Strafsachen, wie in den Schlussfolgerungen des Rates von Tampere vorgesehen, geprüft.

- die Benennung eines Beauftragten oder mehrerer Beauftragter bei den Behörden der einzelnen Mitgliedstaaten für Fragen, die die Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie im Binnenmarkt betreffen, wie es sie bereits für Fragen im Zusammenhang mit den Kontrollen an den EU-Außengrenzen gibt; diese Personen sollen gleichzeitig Ansprechpartner der Wirtschaft und der Aufsichtsbehörden in den anderen Mitgliedstaaten sein; die Einsetzung eines Kontaktausschusses auf EU-Ebene, der sich aus den Beauftragten der Mitgliedstaaten zusammensetzt, und in dem die Kommission den Vorsitz führt, mit der Aufgabe, die Zusammenarbeit weiterzuentwickeln, den Informationsaustausch zu fördern und all die Fragen im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Nachahmungen und Produkt- und Dienstleistungspiraterie im Binnenmarkt zu prüfen, die nicht unter das Strafrecht fallen [13];

[13] Diese Beauftragten und der Kontaktausschuss werden die Arbeiten des Europäischen Forums zur Verhütung von organisierter Kriminalität und Wirtschaftskriminalität berücksichtigen.

- die regelmäßige Erarbeitung eines Bewertungsberichtes über die Anwendung der Richtlinie, in dem unter anderem die Wirksamkeit der von den zuständigen Organen und Gremien getroffenen Maßnahmen beurteilt wird.

Überdies wird die Kommission die Möglichkeit prüfen, eine Verpflichtung zur Verwendung von Identifikationscodes auf optischen Disketten ebenso wie Maßnahmen zur Kontrolle von Anlagen und Herstellung einzuführen.

Schulung und Austausch von Beamten

15. Was die Fortbildung von Beamten der Strafverfolgungsbehörden, einschließlich des Beamtenaustauschs, angeht, so wird die Kommission auf eine optimale Nutzung bestehender und künftiger Fortbildungsprogramme achten, d. h. sie wird dafür sorgen, dass die Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie hier stärker berücksichtigt wird. Dabei wird man den Erfahrungen der Zollverwaltungen mit Gemeinschaftsprogrammen wie "Zoll 2002" Rechnung tragen.

Ausbau der Schulungsmaßnahmen und der technischen Unterstützung für die Beitrittsländer

16. Mit Blick auf die Beitrittsländer wird die Kommission die Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie im Rahmen der Beitrittsverhandlungen weiterhin als vorrangiges Thema behandeln und darauf achten, dass Schulungsmaßnahmen und technische Unterstützung in diesen Fragen im Rahmen der bestehenden Programme ausgebaut werden. Sie wird bei diesen Ländern darauf drängen, dass rasch die Instrumente und Infrastrukturen geschaffen werden, die einen wirksamen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums ermöglichen.

Sensibilisierung und Aufklärung der Öffentlichkeit

17. Die Kommission hat gemeinsam mit dem französischen Ratsvorsitz und namentlich mit Unterstützung der französischen Zollverwaltung am 20. und 21. November 2000 in Paris ein europäisches Forum zur Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie veranstaltet. Ferner wird sie, soweit es die ihr zur Verfügung stehenden Mittel zulassen, in Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft nationale Initiativen fördern, die zur Sensibilisierung und Information der Öffentlichkeit über die negativen Folgen von Nachahmungen und Piraterie, insbesondere mit Blick auf den Verbraucherschutz, den Gesundheitsschutz und die öffentliche Sicherheit, dienen. Hierfür werden die Informationsprogramme der Kommission genutzt.

Festlegung einer Methodik für Erhebung, Auswertung und Vergleich der Daten

18. Die Kommission wird eine Studie in Auftrag geben zur Festlegung einer Methodik für Erhebung, Auswertung und Vergleich der Daten im Binnenmarkt. Dabei wird insbesondere das für die Erhebung statistischer Zolldaten entsprechend den Verordnungen Nr. 3295/94 und 1367/95 entwickelte Konzept berücksichtigt. Es soll ein einfaches, zuverlässiges und wirksames Bewertungsinstrument geschaffen werden, das einfach anzuwenden ist und es den Betroffenen, den Mitgliedstaaten und der Kommission ermöglicht, geeignete Bekämpfungsmaßnahmen festzulegen und anzuwenden. Die auf der Grundlage dieser Methodik erhobenen Daten könnten in den Bewertungsbericht einfließen, der in der Richtlinie vorgesehen wird.

Anlaufstelle bei der Kommission

19. Innerhalb der Kommission könnte eine Anlaufstelle geschaffen werden, die für mehr Transparenz gegenüber Unternehmen und Mitgliedstaaten in all den Fragen sorgt, die Nachahmungen und Produkt- und Dienstleistungspiraterie im Binnenmarkt betreffen, insbesondere in Fragen, die mit der Anwendung der unter Ziffer 14 aufgeführten Richtlinie zusammenhängen. Diese Anlaufstelle bei der Kommission hätte keine eigene Zuständigkeit, sondern würde als Schnittstelle zwischen den verschiedenen Kommissionsdienststellen fungieren. Ihre Funktion würde die der Beauftragten in der Verwaltung der Mitgliedstaaten, des Kontaktausschusses (Ziffer 14 fünfter Gedankenstrich) sowie der Kontaktstelle für die Anwendung der Verordnung 3295/94 in der geänderten Fassung ergänzen.

Mittelfristige Maßnahmen

Verwaltungszusammenarbeit

20. Die Kommission wird prüfen, ob es sinnvoll ist, zusätzlich zu den unter Punkt 14 fünfter Absatz aufgeführten Mechanismen besondere Kooperationsverfahren für die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen nationalen Stellen und der Kommission bei der Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie im Binnenmarkt, möglicherweise in Form einer Verordnung, zu entwickeln. Entsprechende Vorschläge könnten sich an in anderen Bereichen bestehende Verfahren zur Verwaltungszusammenarbeit anlehnen, insbesondere in den Bereichen des Zolls und der Landwirtschaft ebenso wie dem Bereich der gemeinschaftseigenen Ressourcen. Denkbar wäre ein System der Amtshilfe zwischen den zuständigen nationalen Behörden für den Informationsaustausch, einschließlich des Austauschs über konkrete Fälle von Fälschung und Piraterie, unter Beachtung von Vertraulichkeit und Datenschutz, ferner die Durchführung etwaiger gemeinsamer Ermittlungen und Kontrollen, aber auch, wenn die Interessen der Gemeinschaft auf dem Spiel stehen, eine Gemeinschaftskooperation zwischen nationalen Behörden und Kommission.

Harmonisierung der Mindeststrafmaße

21. Die Kommission wird prüfen, ob Vorschläge für Maßnahmen zur Einführung von Mindestregelungen über Straftatbestände und das entsprechende Strafmaß (gestützt auf Titel VI Artikel 34 EU-V) vorgelegt werden sollten. Sie wird ferner die Möglichkeiten zur Weiterentwicklung des Zollrechtes in diesem Bereich prüfen. Die geplante Initiative könnte die Annäherung der Mindeststrafen der Mitgliedstaaten zum Gegenstand haben, die bei Verletzung eines bestimmten Schutzrechtes zur Anwendung kommen, sowie die Angleichung der Strafmaße für Verletzungen der verschiedenen Schutzrechte.

Erweiterung der Kompetenzen von Europol

22. Für die Aspekte von Nachahmung und Piraterie, die über den Bereich der Ersten Säule hinausgehen, müssten laut Europol-Konvention die Kompetenzen von Europol auf die Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie erweitert werden. [14]

[14] Siehe Art. 2 Abs. 2 Z 3 der Europol Konvention, Amtsblatt C 316 vom 27/11/1995 S. 1.

Verbesserung des Informationszugangs

23. Um den Unternehmen und Vereinigungen den Informationszugang zu erleichtern, plant die Kommission, unter Berücksichtigung des Schutzes personenbezogener Daten eine Struktur zu schaffen, z. B. eine Website, über die die Betroffenen und die Strafverfolgungsbehörden auf in den Mitgliedstaaten veröffentlichte Urteile zugreifen können. Dabei könnte man sich insbesondere auf das Informationssystem des europäischen justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen stützen. Durch Verknüpfungen (Hyperlinks) würde der Zugang zu entsprechenden nationalen Sites ermöglicht.

Andere Initiativen

Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Privatwirtschaft und staatlichen Stellen

24. Die Kommission empfiehlt den staatlichen Stellen und der Privatwirtschaft, unter Beachtung von Geheimhaltung und Datenschutz eine bessere Nutzung der vorhandenen öffentlichen und privaten Datenbanken und Informationssysteme auf dem Gebiet der Bekämpfung von Fälschungen und Piraterie. In diesem Zusammenhang sollte man sich um Kompatibilität zwischen bestehenden Systemen bzw. erforderlichenfalls die Schaffung von Gateways bemühen. Die Kommission unterstützt nationale und private Initiativen zum Abschluss von Vereinbarungen über Zusammenarbeit und Informationsaustausch.

Europäische justizielle Zusammenarbeit

25. Die Kommission wird Erfordernisse im Rahmen bestehender Strukturen oder im Rahmen der laufenden Arbeiten auf dem Gebiet der justiziellen Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen berücksichtigen, z. B. bei den Arbeiten zum Aufbau des europäischen justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen, den Arbeiten zur Koordinierung von Strafverfahren über EUROJUST, zur gegenseitigen Anerkennung von Entscheidungen in Strafsachen [15] oder der gegenseitigen Anerkennung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Im Rahmen der Regierungskonferenz hat die Kommission am 1. März 2000 einen ergänzenden Beitrag zur Reform der Rechtsprechungsorgane der Gemeinschaft [16] vorgelegt, in dem sie die Auffassung vertritt, dass für gemeinschaftliche Schutztitel, und insbesondere mit Blick auf das künftige Gemeinschaftspatent, ein auf diesen Bereich spezialisiertes gemeinschaftliches Rechtsprechungsorgan geschaffen werden sollte, das insbesondere für Fälle zuständig ist, die die Gültigkeit und die Verletzung gemeinschaftlicher Schutztitel betreffen.

[15] Siehe Mitteilung der Kommission vom 26.07.2000 (KOM(2000)495).

[16] Kom(2000)109 endg.

Möglichkeiten im Rahmen der spezifischen Programme des Fünften FuE-Rahmenprogramms

26. Die Kommission ermutigt die Betroffenen dazu, die Möglichkeiten der spezifischen Programme des Fünften FuE-Rahmenprogramms für die Entwicklung neuer Technologien und neuer technischer Schutzvorkehrungen zu nutzen. In Frage kommen insbesondere die spezifischen Programme für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration in den Bereichen "Wettbewerbsorientiertes und nachhaltiges Wachstum" [17] und "Technologien der Informationsgesellschaft". Sie ermutigt die Betroffenen auch, zur Vorbereitung des Sechsten Rahmenprogramms beizutragen und Informationen über FuE-Ziele zu geben, die in Zukunft unterstützt werden könnten.