52000DC0724




MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT Fischerei und Armutsbekämpfung

1. Die Fischerei gehört zur Entwicklungspolitik der EU ...

2. Der Handel mit Fischereiressourcen ist von globaler Bedeutung...

3. Die Nachhaltigkeit der globalen Fischereiressourcen gibt Anlass zu internationaler Besorgnis ...

4. Leitlinien für gezielte Aktionen der Gemeinschaft...

ANHANG 1 Anteil von Fisch an der Versorgung der Bevölkerung der

Entwicklungsländer mit Fisch

ANHANG 2 Die Entwicklungspolitik der Europäischen Gemeinschaft

(KOM(2000)212 endg. "Gewährleistung der Kohärenz und

der Koordinierung"

ANHANG 3 Wesentlichste Erkenntnisse des FAO-Berichts über den

Zustand der Fischerei und Aquakultur in bezug auf die

Fischereiressourcen, 1998

ANHANG 4 Leitlinien der internationalen Gemeinschaft für die Entwicklung

im Zusammenhang mit den aquatischen Ressourcen

ANHANG 5 Entwicklungspolitische Maßnahmen

EINLEITUNG

Die Kommission hat eine Untersuchung der Bedeutung des Fischereisektors für die Gesellschaften der Entwicklungsländer vorgenommen. Diese Untersuchung erbrachte wertvolle Leitlinien für die künftige Gestaltung von Entwicklungsprogrammen. Ferner wird die Notwendigkeit hervorgehoben, in vorrangigen Ländern Sektorprogramme aufzustellen. Für Interventionen in Ländern, mit denen die Gemeinschaft ein Fischereiabkommen geschlossen hat, werden bestimmte zusätzliche Aktionsleitlinien benötigt. Mit dieser Mitteilung sollen spezifische Vorschläge zur künftigen Gestaltung dieser Leitlinien für eine gezielte Aktion der Gemeinschaft unterbreitet werden.

Ferner besteht hier ein enger Zusammenhang mit anderen Gemeinschaftspolitiken, insbesondere mit der Gemeinsamen Fischereipolitik. Die Auswirkungen auf diesen Politikbereich werden offenbar in einem besonderen Abschnitt des Grünbuchs für die GFP (dessen Veröffentlichung für Anfang 2001 vorgesehen ist), das im Jahre 2002 zu einer grundlegenden Überarbeitung der GFP führen soll, unter eher operationellen Gesichtspunkten behandelt. Mit dieser Mitteilung möchte die Kommission die Aufmerksamkeit des Rates und des Europäischen Parlaments auch auf diejenigen Aspekte der Reform der GFP lenken, die unmittelbar mit der Bekämpfung der Armut in den Entwicklungsländern zusammenhängen.

1. Die Fischerei gehört zur Entwicklungspolitik der EU ...

Fisch und Fischerei sind für die Entwicklungsländer von immenser Bedeutung. Fisch wird gezüchtet, gefangen, verkauft, verarbeitet und verzehrt - und in jeder einzelnen Phase dieses Prozesses entsteht für die Entwicklungsländer ein nutzbarer wirtschaftlicher und sozialer Mehrwert. Daher bietet ein entwicklungspolitisches Konzept für die Fischerei ein beträchtliches Potential zur Armutsbekämpfung. Aus entwicklungspolitischer Sicht kommt es mithin entscheidend darauf an, wie die Entwicklungsländer und die Industrieländer auf diesem Gebiet zusammenwirken.

Die gesellschaftliche Bedeutung des Fischereisektors für die Entwicklungsländer ist hinreichend dokumentiert. Über 150 Millionen arme Menschen in der Welt leben von der Fischerei. Der Fischereisektor bietet eine breite Palette an Arbeitsplätzen: Fischen, Löschen der Ladungen, Verarbeitung, Verteilung sowie Bau und Wartung der Fischereifahrzeuge. In vielen Ländern stellen die Fänge eine essenzielle Komponente der Ernährungssicherung dar. In den Entwicklungsländern wird die Zufuhr an tierischem Eiweiß durchschnittlich zu 19 % durch den Verzehr von Fisch gedeckt. In einer Vielzahl von armen Ländern, wo dieser Prozentsatz über 25 % beträgt, ist der Beitrag von Fisch für die Ernährungssicherung und die Gesundheit der Bevölkerung von existenzieller Bedeutung [1]. Im Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen wird darauf hingewiesen, dass sich die Fangmengen in der Meeresfischerei in den letzten 50 Jahren vervierfacht haben, und dass ,fast eine Milliarde Menschen in 40 Entwicklungsländern vom Verlust ihrer wichtigsten Proteinquelle bedroht sind, weil der zunehmende Export von Fischen, die auf Kosten des heimischen Verbrauchs zu Tierfutter und Ölen verarbeitet werden, zur Überfischung der Bestände führt".

[1] Siehe Anhang 1

Schließlich stellen die Fischereiressourcen für viele Entwicklungsländer eine wichtige Deviseneinnahmequelle dar - sei es durch die Ausfuhr ihrer Erzeugnisse, oder aber durch die Veräußerung der Fangrechte im Rahmen der Fischereiabkommen.

Die Entwicklungspolitik der Gemeinschaft muss sich dieser Problematik frontal annehmen. Die Armutsbekämpfung ist zu einem zentralen Anliegen der Gemeinschaft geworden [2]. Fünf der sechs vorrangigen Aktionsfelder, die im Hinblick auf die Erreichung dieses Ziels ausgewählt wurden (Handel und Entwicklung, regionale Zusammenarbeit, Transport, Ernährungssicherung und Aufbau institutioneller Kapazitäten) sind für den Fischereisektor unmittelbar relevant. Daher ist es notwendig und an der Zeit, die einschlägige Politik der Gemeinschaft im Detail darzulegen.

[2] Die Entwicklungspolitik der Europäischen Gemeinschaft, KOM(2000)212 endg., 26. April 2000

...aber die Entwicklungspolitik ist auf die Unterstützung durch andere Politikbereiche der Gemeinschaft angewiesen

Die Kommission hat bereits deutlich auf ihre Absicht hingewiesen, sich für eine bessere Kohärenz zwischen der Entwicklungspolitik und anderen Politiken einzusetzen, welche die Entwicklungsländer berühren könnten. Diese Verpflichtung ist in Artikel 3 Absatz 2 des EU-Vertrags und in Artikel 178 des EG-Vertrags verankert. In ihrer jüngsten Mitteilung zur Entwicklungspolitik hat sich die Kommission verpflichtet, ,alle notwendigen Anstrengungen zu unternehmen, um sicherzustellen, dass das Prinzip der Kohärenz in ihren eigenen Vorschlägen mehr und mehr zur Anwendung kommt. Gleichzeitig sollten Ersuchen, die in Konflikt miteinander stehen, vermieden oder ihnen Widerstand geleistet werden, oder, wenn er ebenso legitim ist, sollte der Konflikt in den Vordergrund gerückt und gelöst werden" [3]. Die nachstehenden Vorschläge sind als erster Beitrag zur Erfuellung dieser Verpflichtung zu werten.

[3] KOM(2000)212 endg., Abschnitt 2.2.2, Seite 15 (Siehe Anhang 2)

...und es muss für die Komplementarität mit den Maßnahmen der Mitgliedstaaten gesorgt werden

In Artikel 180 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ist festgelegt, dass ,die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten ihre Politik auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit koordinieren und ihre Hilfsprogramme abstimmen". Die Verwaltungen und Entwicklungsagenturen der Mitgliedstaaten verfügen über einen wertvollen Erfahrungsschatz und umfangreiche Sachkenntnis im Bereich der Zusammenarbeit in Fischerei und Aquakultur.

Es werden zahlreiche Projekte durchgeführt, die auf bestimmte geographische Gebiete oder auf eine spezifische Thematik ausgerichtet sind. Dank dieser Erfahrungen konnten die einzelnen Mitgliedstaaten Interessensschwerpunkte und spezifische Kompetenzen entwickeln: Unterstützung der örtlichen Gemeinschaften, Evaluierung der Ressourcen, Systeme zur Überwachung der Fischereitätigkeiten, integrierte Bewirtschaftung der Küstengebiete, Schutz der Korallenriffe, Heranführung der Industrie an die geltenden Normen, rechtliche und institutionelle Unterstützung... Angesichts der Komplexität dieser Bereiche der Zusammenarbeit und der relativ begrenzten Zahl von Experten, die diese verschiedenen Aspekte beherrschen, ist es von ausschlaggebender Bedeutung, dass zwischen diesen Projekten und Kompetenzen ein Synergieeffekt angestrebt wird.

Daher wird die Kooperationsstrategie der Gemeinschaft auch Informationen über die Maßnahmen der Mitgliedstaaten und anderer wichtiger Geber umfassen. Diese Bestandsaufnahme dient als Grundlage für ein nahtloses Ineinandergreifen von Interventionen der Mitgliedstaaten und denen der anderen multilateralen Geber.

2. Der Handel mit Fischereiressourcen ist von globaler Bedeutung...

50 bis 60% des Wertes der Fischfänge weltweit entfallen auf Gewässer, die der Rechtspflege der Entwicklungsländer unterliegen. In den Gewässern der Länder Afrikas, der Karibik und des Pazifik (AKP) werden über 50 % der Fänge von ausländischen Fischereifahrzeugen vorgenommen. Über 40% der weltweiten Erzeugung werden über den internationalen Handel vermarktet und bilden damit den Teil der Nahrungsmittelproduktion, der am stärksten international geprägt ist. Dank dieses Handels konnten die Entwicklungsländer 1996 einen Außenhandelsüberschuss von netto 16,6 Mrd. USD erzielen. Der überwiegende Teil der Ausfuhren entfällt auf Erzeugnisse mit hohem Handelswert wie gefrorene dicke rosa Garnelen, Thunfisch, gefrorene Fischfilets. Diese Ausfuhren gehen zum größten Teil in die Industrieländer, die fast 80% der auf dem Weltmarkt abgesetzten Erzeugnisse kaufen. Dieser internationale Handel mit Fischereierzeugnissen zeichnet sich durch hohe Wachstumsraten aus.

...und die EU tritt gleichzeitig als wichtiger Importeur, Verbraucher und Erzeuger auf

In diesem internationalen Handel mit Fischereierzeugnissen spielt Europa eine wichtige Rolle als Verbraucher, Nettoimporteur wie auch als Erzeuger. Von 1976 bis 1996) haben sich die Einfuhren nach Europa infolge einer deutlichen Zunahme des Fischverbrauchs verneunfacht. Die Europäische Gemeinschaft führt jährlich rund 1,6 Millionen Tonnen Fisch aus, während sich die Einfuhren sich auf 4,3 Millionen Tonnen belaufen. Das heißt, 58% des europäischen Verbrauchs werden aus Einfuhren gedeckt. 1999 erreichten die Fischausfuhren dieser Länder in die Europäische Gemeinschaft einen Wert von fast 4 Mrd. EUR; davon entfielen 1,4 Milliarden auf Lateinamerika, 1,4 Milliarden auf die AKP-Länder und 1,2 Milliarden auf Asien. Schätzungen zufolge waren in den letzten Jahren 63 % der Ausfuhren der Länder Afrikas, der Karibik und des Pazifischen Raums für die Europäische Gemeinschaft bestimmt, 27 % für Japan und 10 % für die Vereinigten Staaten.

...indem sie über die Fischereiabkommen im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik Zugang zu den Fischereiressourcen erhält

Die Gemeinschaft hat bis vor kurzem Fischereiabkommen mit 26 Ländern unterhalten, von denen 17 Entwicklungsländer sind. Diese Fischereiabkommen sind für den Gemeinschaftshaushalt mit einer jährlichen Belastung (1998-2000) von durchschnittlich 270 Mio. EUR verbunden. Dieser Betrag ist wesentlich höher als die gesamten jährlichen Mittelbindungen der Gemeinschaft (EEF und Haushalt) zugunsten des Fischereisektors aller Entwicklungsländer zusammengenommen. Daher ist die Frage, in wie weit diese Mittel auch im Hinblick auf die Erreichung der Entwicklungsziele eingesetzt werden, durchaus legitim.

Als Grundlage für die Fischereiabkommen dienen die Grundsätze des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen. Danach legt der Küstenstaat die zulässige Fangmenge für die lebenden Ressourcen in seiner ausschließlichen Wirtschaftszone fest (Artikel 61). Wenn seine eigene Flotte nicht die Kapazität zum Fang der gesamten zulässigen Fangmenge hat, gewährt er anderen Staaten Zugang zum Überschuss der zulässigen Fangmenge (Artikel 62). Dieses Konzept setzt die Verfügbarkeit zuverlässiger wissenschaftlicher Daten über die lebenden Ressourcen und die Fangkapazitäten voraus.

Das 1982 unterzeichnete Übereinkommen ist eng mit dem Begriff der ,Überschussbestände" verknüpft, die vom örtlichen Fischereisektor nicht gefangen werden können. Dementsprechend waren die Fischereiabkommen der ersten Generation an dem einfachen Konzept der Zahlung von Vergütungen an die Regierungen der Entwicklungsländer als Gegenleistung für den Fisch ausgerichtet (Fisch gegen Cash). Diese Zahlungen führten jedoch nicht zu einer angemessenen Entwicklung der örtlichen Fischereiwirtschaft, und der dafür gewährte Zugang ausländischer Fischereifahrzeuge wird heute von vielen örtlichen Gemeinschaften als regelrechte Bedrohung der traditionellen örtlichen Fischerei angesehen. Die Gemeinschaft ist sich bewusst, dass die Reform der GFS in diesem Bereich darauf ausgerichtet werden muss, die Gesamtheit der politischen Ziele der Gemeinschaft einschließlich der entwicklungspolitischen Ziele der EU miteinander in Einklang zu bringen.

...und gleichzeitig die europäische Fischerei wirtschaftlich und sozial unterstützt

Anfangs wurden die Fischereiabkommen aus wirtschaftlichen und sozialen Erwägungen abgeschlossen, die für die Flotten der Europäischen Union von existenzieller Bedeutung waren. Etwa 2.800 Fischereifahrzeuge aus der Gemeinschaft sind im Rahmen dieser Abkommen befugt, in den Gewässern von Drittländern zu fischen. Von diesen Abkommen leben rund 22.000 Fischer sowie die vor- und nachgelagerten Industrie- und Handelszweige; fast 6.000 von ihnen kommen aus Drittländern, die Küstenstaaten sind.

3. Die Nachhaltigkeit der globalen Fischereiressourcen gibt Anlass zu internationaler Besorgnis ...

Die Nachhaltigkeit der aquatischen Ressourcen gibt weltweit Anlass zu ernster Sorge, denn es besteht eindeutig die Gefahr der Erschöpfung der Ressourcen. Der überwiegende Teil der Fischereiressourcen der Erde befindet sich in den Händen der Entwicklungsländer, doch sind diese Ressourcen begrenzt und durch ungeregelte und illegale Ausbeutung gefährdet. 1998 stellte die FAO fest, dass die Fischereierzeugung in den vergangenen 20 Jahren weltweit enorm zugenommen hatte und sich auf knapp 120 Millionen Tonnen belief [4]. Indessen gehen die Wachstumsraten zurück und die Produktivität des Fischereisektors ist weltweit rückläufig. Auch zeichnet sich weltweit ein rückläufiger Trend bei Fängen von edlen Grundfischarten (demersale Arten) bei gleichzeitiger Zunahme der Fangmengen kleiner pelagischer Arten von geringerem Handelswert ab. Ein gewisses Potential für die Erhöhung der Fangmengen besteht noch im östlichen und westlichen Indischen Ozean und im nordwestlichen Pazifik. Allerdings befindet sich der größte Teil der maritimen Ressourcen auf einem engen Festlandsockel, der aufgrund eines massiven Bevölkerungswachstums in den Küstengebieten einer beträchtlichen Umweltbelastung ausgesetzt ist. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass 50 % der Weltbevölkerung innerhalb eines 60 km breiten Küstenstreifens leben. Dieser Anteil wird bis zum Jahr 2020 voraussichtlich auf 70 % steigen [5].

[4] Siehe Anhang 3

[5] The state of world fisheries and aquaculture, FAO 1998

Die Ernsthaftigkeit dieses Problems wurde auf verschiedenen internationalen Konferenzen anerkannt, die zu einem internationalen Konsens über die anzuwendenden Grundsätze geführt haben (siehe Anhang 4).

...deshalb muss die politische Anwort Europas in einem globalen Konzept für Nachhaltigkeit und Armutsbekämpfung bestehen

In ihren eigenen Gewässern hat die Europäische Union die Frage der Nachhaltigkeit im Wege der Einführung einer Gemeinsamen Fischereipolitik in Angriff genommen. Angesichts der Vielzahl von Fischereifahrzeugen, die in den europäischen Gewässern und anderen Teilen der Welt im Einsatz sind, bedarf es wirksamer Monitoring-, Kontroll- und Überwachungssysteme, um die vereinbarten Regelungen für die Bewirtschaftung und Ausbeutung der Ressourcen in der Praxis durchzusetzen [6].

[6] Wie auf der jüngsten Internationalen Konferenz über Fischereiüberwachung und Kontrollen (Brüssel, 24.-27. Oktober 2000) aufgezeigt

Für die Entwicklungsländer ist Fisch ein knappes und von Erschöpfung bedrohtes Gut. Unter den derzeitigen Umständen sind die Behörden der meisten Entwicklungsländer auf Unterstützung angewiesen, um ihren armen Bevölkerungsschichten einen ausreichenden und nachhaltigen Zugang zu den aquatischen Ressourcen gewährleisten zu können. Ferner ist weltweit eine verantwortungsvollere Verwaltungsführung notwendig, die auf die Bedürfnisse der Armen Rücksicht nimmt, die für ihren Lebensunterhalt auf die Fischereibestände angewiesen sind.

Als eine der wichtigsten Fischereimächte der Welt muss die EU hohe Standards vorgeben und bereit sein, gezielte Maßnahmen im Hinblick auf intensivere Forschung, Bestandsaufnahme und Kontrollen, Ausbildung, Infrastruktur, Verwaltungsführung, Hygienebedingungen usw. zu ergreifen. Die EU wird ein verantwortungsvolles Konzept für einen globalen Ordnungsrahmen für die Fischerei verfolgen.

Das große Ziel muss die Wahrung der Nachhaltigkeit der Ressourcen sein, und dieses Ziel muss in den europäischen Gewässern ebenso ernsthaft wie in den außereuropäischen Gewässern verfolgt werden.

...das gleichzeitig den Anliegen der Verbraucher und den Interessen des Handels gerecht wird

Für die europäischen Verbraucher ist das Thema Fisch und Fischereierzeugnisse ein reales und ernstes Anliegen. Dabei sorgt man sich zum einen um die Verfügbarkeit von Einfuhren, zum anderen aber auch um den Verbraucherschutz, der angesichts der unzureichenden Hygiene- und Veterinärschutzstandards ein Hindernis für den Handel mit Fisch und Fischereierzeugnissen darstellen kann. Hier bedarf es einer entwicklungspolitischen Antwort. Dabei gilt es auch innereuropäische wirtschaftliche und soziale Erwägungen zu berücksichtigen, obschon die dem Gemeinschaftshaushalt entstehenden Kosten für die Fischereiabkommen gegen den Umfang der örtlichen Gemeinschaften in Europa aufgewogen werden müssen, denen diese Abkommen zugute kommen.

In jedem Fall muss die Gemeinschaft eine langfristig angelegte Politik einleiten, die auf den Grundsätzen der Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit beruht. Dementsprechend muss die Gemeinschaft alle ihr zur Verfügung stehenden politischen Möglichkeiten einsetzen (Entwicklung, Fischerei, Handel, Forschung, Umwelt und Verbraucherschutz) und im Hinblick auf die folgenden Ziele zum Einsatz bringen:

*Solidarität mit den Entwicklungsländern, für deren Bevölkerung die Fischereiressourcen sowohl in bezug auf ihre Ernährung als auch auf ihre Wirtschaftstätigkeit von existenzieller Bedeutung sind;

*Kommerzielle Interessen, da Europa in großem Umfang auf Fischeinfuhren aus den Entwicklungsländern angewiesen ist, um die Nachfrage der Verbraucher und der Nahrungsmittelindustrie zu decken;

*Wirtschaftlich/soziale Interessen, indem bestimmte traditionelle europäische Fischereiregionen darin unterstützt werden, weiterhin in fernen Hochseegewässern fischen zu können;

*Umwelterwägungen, da die Ozeane, Meere und grenzübergreifenden Binnengewässer ,globale Ressourcen" darstellen, die in immer stärkerem Maße als gemeinsames Erbe der Menschheit gelten.

4. Leitlinien für gezielte Aktionen der Gemeinschaft...

Bei der Verfolgung dieser Ziele und Interessen sollte die Gemeinschaft ihre Interventionen nach den folgenden Aktionsleitlinien ausrichten:

In den Ländern, in denen die Fischerei zu den vorrangigen Komponenten der Entwicklungsstrategie zählt ...

*In Zusammenarbeit mit den zuständigen regionalen und nationalen Behörden werden verschiedene Kriterien aufgestellt, anhand derer sich feststellen läßt, in welchen Ländern oder Regionen Fischerei und Aquakultur ein vorrangiges Element der Entwicklungszusammenarbeit mit der Gemeinschaft darstellen [7].

[7] Dazu zählen die Zahl der Gemeinschaften, die für ihren Lebensunterhalt von den aquatischen Ressourcen abhängen, Beitrag dieser Erzeugnisse zur Ernährungssicherung, relative Bedeutung der aquatischen Ressourcen, Beitrag der Fischerei zu BIP und Beschäftigung, Umfang des Handels mit Fischereierzeugnissen usw.

*Die EU sollte die Aufstellung und anschließende Umsetzung von Sektorpolitiken und Programmen in denjenigen Ländern unterstützen, in denen die Fischerei und/oder Aquakultur eindeutig ein vorrangiges entwicklungspolitisches Anliegen darstellen. Dies dient der Vertiefung der Partnerschaft, der Stärkung des politischen Dialogs mit dem betreffenden Land und einer besseren Koordinierung zwischen den Geldgebern. Beispiele für derartige Aktionen sind im Anhang aufgelistet (Anhang 5).

*In den Länderstrategiepapieren wird die Rollenverteilung zwischen den Mitgliedstaaten und den anderen Gebern hervorgehoben und ein Geber vorgeschlagen, der die Federführung bei der Aufstellung und Umsetzung der betreffenden Sektorstrategie übernimmt.

*Angesichts der vielfach regionalen Dimension der Probleme im Zusammenhang mit der Fischerei und der komparativen Vorteile, die die Europäische Gemeinschaft bei einem Tätigwerden auf dieser Ebene aufweist, betrachtet die Europäische Kommission Entwicklungsmaßnahmen mit regionaler Dimension als eine ihrer vorrangigen Aufgaben.

In Ländern, mit denen die Gemeinschaft Fischereiabkommen unterzeichnet hat

In den Entwicklungsländern, die europäischen Fischereifahrzeugen im Rahmen von Fischereiabkommen Zugang zu ihren ausschließlichen Wirtschaftszonen gewähren, wird die Entwicklungszusammenarbeit der Gemeinschaft auf die Unterstützung der Gemeinschaften ausgerichtet, die für ihren Lebensunterhalt von der Fischerei abhängen. Diese Unterstützung erfolgt über ein Sektorprogramm, das dem Beitrag der Fischerei zur Ernährungssicherung und der Bedeutung dieses Sektors für die Entwicklung des Landes voll und ganz Rechnung trägt.

Die Europäische Gemeinschaft wird daher ihre Anstrengungen darauf konzentrieren, die notwendige Kohärenz zwischen ihrer Entwicklungspolitik und der externen Komponente ihrer Fischereipolitik zu stärken. In diesem Sinne werden in den Beziehungen der Gemeinschaft zu ihren Partnerländern folgende Aspekte im Vordergrund stehen:

*Die Gemeinschaft und ihre Partnerländer müssen dafür sorgen, dass die Artikel 61 und 62 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen wirksam zur Anwendung kommen.

*Der Grundsatz der nachhaltigen Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen muss verstärkt angewendet werden. Insbesondere wird ein steigender Anteil der für Fischereiabkommen eingesetzten Mittel des Gemeinschaftshaushalts gezielt für die Stärkung der institutionellen Kapazitäten zur Fischereiüberwachung und Kontrolle sowie zur Erhaltung der lebenden Ressourcen und Bereitstellung der notwendigen zuverlässigen wissenschaftlichen Daten über die Ressourcen und Fangkapazitäten verwendet.

*Das Prinzip der verantwortungsvollen und transparenten Verwaltungsführung gilt auch für die finanziellen Mittel im Rahmen der Fischereiabkommen. In ihrem Bestreben um Transparenz ist die Kommission der Ansicht, dass die Finanzbeiträge im Rahmen der Fischereiabkommen direkt in den nationalen Haushalt der betreffenden Länder übertragen werden sollten. Die gezielten Aktionen sollten unter Einhaltung der üblichen Gepflogenheiten auf der Grundlage der gegenseitigen Rechte und Pflichten über ein öffentliches Konto abgerechnet werden. Die Kommission sollte sich dafür einsetzen, dass die traditionellen Fischereigemeinschaften in den Entwicklungsländern konsultiert werden und ein echtes Mitspracherecht über die Verwendung der Mittel erhalten.

*Die Kommission wird unmißverständlich festlegen, welche Maßnahmen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit, und welche im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik durchgeführt werden sollen. Die für die jeweiligen Maßnahmenpakete bereitgestellten Mittel werden eindeutig zugewiesen, um Doppelbuchungen zu vermeiden. Die Auswahl der einzelnen Maßnahmen für ein bestimmtes Land oder eine Region sollte einer ex-ante-Evaluierung unterzogen werden. Die Gemeinschaft wird dafür sorgen, dass ihre Interventionen in sich kohärent sind und mit dem globalen Ziel der Armutsbekämpfung in Einklang stehen. Dies setzt auch voraus, dass ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung der örtlichen Fischerei gerichtet wird, einschließlich der Verarbeitungs- und Vertriebsnetze für den örtlichen Verbrauch.

*Die Kommission wird dafür sorgen, dass die Zivilgesellschaft und die Berufsorganisationen der Fischer aus den südlichen Ländern stärker an der Ausarbeitung und Umsetzung der Fischereiabkommen beteiligt werden.

ANHANG 1 Anteil von Fisch an der Versorgung der Bevölkerung der Entwicklungsländer mit Proteinen [8]

[8] Bei den aufgeführten Ländern handelt es sich um Länder, auf die die europäische Politik der Ernährungssicherung abzielt, und Entwicklungsländer, in denen der Anteil von Fisch an der Ernährung über 20 kg pro Kopf beträgt und/oder Entwicklungsländer, in denen die globale Zufuhr von tierischem Eiweiß zu über 20 % auf Fischeiweiß entfällt

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ANHANG 2 Die Entwicklungspolitik der Europäischen Gemeinschaft (KOM(2000)212 endg.) Abschnitt 2.2 "Gewährleistung der Kohärenz und der Koordinierung"

2.2. Gewährleistung der Kohärenz und der Koordinierung

Gemäß Art. 3 Absatz 2 EU-Vertrag muss die Kohärenz der außenpolitischen Maßnahmen der Union gewährleistet sein. Außerdem verlangt Art. 178 EG-Vertrag [9], dass die Gemeinschaft bei der Durchführung anderer Politiken, welche die Entwicklungsländer berühren können, die Ziele der Entwicklungszusammenarbeit berücksichtigen muss. Eine Entschließung des Rats für Entwicklungszusammenarbeit vom Mai 1997 fordert die Kommission auf, Vorschläge zur Verbesserung der Kohärenz, einschließlich praktischer Verfahren und regelmäßiger Berichterstattung, zu erarbeiten.

[9] Vertrag über die Europäische Union bzw. Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

2.2.1 Die Kohärenz der auswärtigen Politiken

Kohärenz hat mehrere Dimensionen. Eine davon ist die allgemeine Kohärenz unserer auswärtigen Politiken Die schrittweise und harmonische Integration der Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft (Art. 177/1) verlangt einerseits eine drastische Verbesserung der internen Politiken dieser Länder, und andererseits stärkere und kohärentere internationale Unterstützung dieser Politiken. Die EU ist der hauptsächliche Geber und Handelspartner der Entwicklungsländer. Ihr internationales Gewicht hat mit der Einführung des Euro zugenommen. Sie hat eine wachsende Rolle in internationalen Verhandlungen über Umwelt- und Konsumentenschutz. Sie muss folglich ihre Kapazität, innerhalb der verschiedenen Säulen des internationalen Wirtschaftssystems zu handeln, maximieren, um Kohärenz zu sichern zwischen Handelsliberalisierung (Welthandelsorganisation), Hilfe und finanzieller Zusammenarbeit (Bretton-Woods-Institutionen) und Normalisierung mit dem Ziel nachhaltiger Entwicklung (Umweltschutz, Internationale Arbeitsorganisation, Codex Alimentarius, usw.). Die Kommission wird in naher Zukunft einen Aktionsplan vorstellen, um ihre auswärtigen Politiken dafür zu nützen, Kohärenz und internationale Wirtschaftsverwaltung zu verbessern, und die schrittweise und harmonische Integration der Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft weiter zu fördern.

2.2.2 Unbeabsichtigte Inkohärenz vermeiden

Artikel 178 des EG-Vertrags und gesunder Hausverstand verpflichten die EU darauf zu achten, dass die Ziele ihrer Entwicklungspolitik berücksichtigt werden, wenn die Durchführung anderer Politiken die Entwicklungsländer berühren könnte. Diese Kohärenzkontrolle ist für viele Bereich der Gemeinschaftspolitik relevant, einschließlich Handel, Landwirtschaft, Umwelt, Energie, Forschung und technologische Entwicklung, Fischerei, Einwanderung und Asyl, Konfliktverhütung, Gesundheit, Wettbewerb, Verbraucherschutz und humanitäre Hilfe. Die Ziele der Entwicklungszusammenarbeit sollten auch in den allgemeinen strategischen Leitlinien für Bereiche wie Investitionen, Schuldendienst, Verkehrs- und Telekommunikationsnetzwerke, Bildung und Ausbildung ihren Widerhall finden.

Bei der Durchführung dieser anderen Politiken kann die EU die Entwicklungsländer tatsächlich in positivem oder beeinträchtigendem Sinne berühren. Das Mindeste, was erwartet werden kann, ist dass jene, die die Entscheidungen treffen, dies in vollem Wissen um diese indirekten Auswirkungen der Politiken tun. Gründliche Analyse und Quantifizierung dieser Auswirkungen werden gefördert werden.

Es ist dennoch möglich, dass die EU die politische Wahl trifft, mit einer bestimmten Politik fortzufahren trotz ihrer potentiell negativen, indirekten und unbeabsichtigten Auswirkung auf die Entwicklungsländer. In solchen Fällen ist es wichtig sicherzustellen, dass diese Entscheidung in vollem Wissen ihrer indirekten Konsequenzen getroffen wird. Wenn es mehrere Optionen gibt, dann müssen solche Politiken auf jene Art und Weise durchgeführt werden, die den Entwicklungsländern den geringsten Schaden verursacht. Wenn notwendig und möglich können Maßnahmen und Programme entworfen werden, um die Entwicklungsländer in die Lage zu versetzen, die negativen und unvermeidbaren Auswirkungen anderer EU-Politiken auszugleichen oder ihnen zu widerstehen.

Dieses Streben nach verbesserter Kohärenz ist die Verantwortung aller Institutionen, in erster Linie des Parlaments, der Kommission und des Rates. Was sie selbst angeht, so wird die Kommission alle notwendigen Anstrengungen unternehmen, um sicherzustellen, dass das Prinzip der Kohärenz in ihren eigenen Vorschlägen mehr und mehr zur Anwendung kommt. Gleichzeitig sollten Ersuchen, die in Konflikt miteinander stehen, vermieden oder ihnen Widerstand geleistet werden, oder, wenn er ebenso legitim ist, sollte der Konflikt in den Vordergrund gerückt und gelöst werden. Die Aufmerksamkeit wird auf inkohärente Entscheidungen und Orientierungen gerichtet werden. Die Koordinationsmechanismen jeder Institution müssen in vollem Maße ausgeschöpft werden.

2.2.3 Koordination und Komplementarität

Es ist Aufgabe der EG, im weiteren internationalen Umfeld die Koordinierung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten zu fördern und die Komplementarität zu gewährleisten. Einer der besonders kritischen Aspekte der Koordinierung innerhalb der EU ist der Umstand, dass die EU stärker in der Lage sein muss, in internationalen Gremien gemeinsame Standpunkte zu vertreten, wenn sie ihren potentiellen Einfluss erhöhen will. Ferner sollten die Koordinierungsbemühungen im Bereich der Länder- und Sektorstrategien und auf operationeller Ebene in den Partnerländern intensiviert werden. Das ist im Falle von Entwicklungsländern wichtig, die nur über begrenzte Humanressourcen verfügen und es mit vielen Gebern zu tun haben.

Unter Berücksichtigung der bisherigen Erfahrungen bei der Koordinierung muss die Europäische Union weiter vorangehen und zur Erreichung der gemeinsam gesetzten Ziele eine Arbeitsteilung herbeiführen. Hier kommt es auf Fortschritte bei der Definition europäischer Leitlinien zwecks Integration der Politik der einzelnen Mitgliedstaaten an, während gleichzeitig die Koordinierung in den verschiedenen Foren betrieben wird. Auf keinen Fall darf die Rolle der Gemeinschaft in der Entwicklungszusammenarbeit auf die einer sechzehnten Durchführungsbehörde beschränkt werden; vielmehr ist sie als Organisator und Förderer bei der Suche nach neuen Führungsformen in Europa zu sehen.

ANHANG 3 Wesentlichste Erkenntnisse des FAO-Berichts über den Zustand der Fischerei und Aquakultur in bezug auf die Fischereiressourcen 1998

44 % der Fischbestände sind offenbar vollständig ausgebeutet und haben ihre maximale Ergiebigkeit erreicht oder nahezu erreicht, ohne dass weitere Erhöhungsspielräume zur Verfügung stehen, 16 % sind bereits überfischt (verbunden mit der Gefahr der Unterbrechung der Produktionszyklen, sofern keine Gegenmaßnahmen getroffen werden), 6 % der Bestände sind offenbar erschöpft. 3 % der Fischbestände scheinen sich langsam zu regenerieren. Für 70 % der Fischbestände der Erde besteht demnach keinerlei Möglichkeit einer Erhöhung der Fangmengen. Dies betrifft den Atlantik, den zentralöstlichen und nordöstlichen Teil des Pazifik, das Schwarze Meer und das Mittelmeer.

Es zeichnet sich weltweit ein rückläufiger Trend bei Fängen von hochwertigen demersalen Arten bei gleichzeitiger Zunahme der Fangmengen kleiner pelagischer Arten von geringerem Handelswert ab.

Ein gewisses Potential für die Erhöhung der Fangmengen besteht im östlichen und westlichen Indischen Ozean und im nordwestlichen Pazifik (die gemäßigten und tropischen Zonen des Pazifik weisen beträchtliche Bestände von Thunfischarten auf). Der größte Teil der maritimen Ressourcen befindet sich auf einem engen Festlandsockel, der aufgrund eines massiven Bevölkerungswachstums in den Küstengebieten (50 % der Weltbevölkerung lebt innerhalb eines 60 km breiten Küstenstreifens, und dieser Anteil könnte bis zum Jahr 2020 auf 70 % steigen) einer beträchtlichen Umweltbelastung ausgesetzt ist.

25 % der bekannten jährlichen Fangmengen der befischten Arten werden aufgrund ihres geringen Handelswerts ins Meer zurückgeworfen. Zu dieser Verschwendung von Biomasse kommt noch der Verlust einer nicht ermittelten, aber vermutlich beträchtlichen Zahl von Meeressäugetieren, Vögeln und Meeresreptilien, die zufällig mitgefangen worden sind.

ANHANG 4 Leitlinien der internationalen Gemeinschaft für die Entwicklung im Zusammenhang mit den aquatischen Ressourcen

In mehreren internationalen Erklärungen wurden verschiedene große Aktionsleitlinien abgesteckt, die eine Grundlage für die weitere Entwicklungszusammenarbeit im Bereich der aquatischen Ressourcen bilden können. Mit der Annahme dieser Leitlinien wurde gleichzeitig ein internationaler Konsens über deren Anwendung erzielt. Die Europäische Gemeinschaft ist bei zahlreichen Anlässen übereingekommen, diese Leitlinien umzusetzen. Auf neun dieser Leitlinien soll nachstehend in der chronologischen Reihenfolge der Foren eingegangen werden, auf denen sie verabschiedet wurden:

Montego Bay, 1982

Zum Abschluss der dritten Seerechtskonferenz der Vereinten Nationen wurde ein einschlägiges Übereinkommen unterzeichnet. Dieses Übereinkommen der Vereinten Nationen, das am 16. November 1994 in Kraft trat, war darauf ausgerichtet, die Nutzung der Meere und Ozeane zu friedlichen Zwecken, die ausgewogene und wirkungsvolle Nutzung ihrer Ressourcen, die Erhaltung ihrer lebenden Ressourcen und die Untersuchung, den Schutz und die Bewahrung der Meeresumwelt zu fördern.

*Leitlinie 1

Die Küstenstaaten fördern die optimale Nutzung der lebenden Ressourcen in ihren ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ). Diese Maßnahmen müssen darauf ausgerichtet sein, die Populationen befischter Arten auf einem Stand zu halten oder auf diesen zurückzuführen, der den größtmöglichen erreichbaren Dauerertrag sichert. Dabei wird den Umwelt- und Wirtschaftsfaktoren, den wirtschaftlichen Bedürfnissen der vom Fischfang lebenden Küstengemeinden und den besonderen Bedürfnissen der Entwicklungsländer Rechnung getragen.

*Leitlinie 2

Die Küstenstaaten legen ihre Kapazitäten zum Fang der lebenden Ressourcen fest. Hat ein Küstenstaat nicht die Kapazität zum Fang der gesamten zulässigen Fangmenge, so gewährt er anderen Staaten durch Abkommen und andere Vereinbarungen Zugang zum Überschuss der zulässigen Fangmenge.

Rio de Janeiro, Juni 1992

Auf dem Gipfel von Rio über Umwelt und Entwicklung wurden eine Erklärung sowie ein Aktionsprogramm (Agenda 21) verabschiedet, die verschiedene Empfehlungen und Grundsätze im Hinblick auf die Bewirtschaftung der Fischereiressourcen enthalten.

*Leitlinie 3

In alle Entwicklungsprozesse sollen Umweltschutzbelange einbezogen werden: "Im Hinblick auf die Erzielung einer nachhaltigen Entwicklung muss der Umweltschutz zu einem festen Bestandteil des Entwicklungsprozesses werden und darf nicht isoliert betrachtet werden."

*Leitlinie 4

Es soll der Vorsorgeansatz angewendet werden: "Zum Schutz der Umwelt ergreifen die Staaten entsprechend ihren Möglichkeiten vorbeugende und vorsorgende Maßnahmen. Wenn die Gefahr schwerer oder irreversibler Schäden besteht, darf das Fehlen sicherer wissenschaftlicher Informationen nicht als Vorwand dafür dienen, die Einleitung wirksamer Maßnahmen zur Verhinderung der Umweltschäden aufzuschieben."

*Leitlinie 5

Die örtlichen Gemeinschaften sollen mehr Eigenverantwortung tragen: "Die einheimischen Bevölkerungsgruppen und Gemeinschaften sowie die Gebietskörperschaften sollen aufgrund ihrer Kenntnisse der örtlichen Gegebenheiten und ihrer traditionellen Gebräuche eine tragende Rolle in der Bewirtschaftung und Entwicklung der Umwelt übernehmen."

Rom, Oktober 1995

Auf der 28. Konferenz der FAO wurde der Verhaltenskodex für verantwortungsvolle Fischerei [10] per Konsens angenommen. Dieser nicht bindende Kodex wurde von der FAO auf der Grundlage der Anregungen des Gipfels von Rio zur nachhaltigen Entwicklung ausgearbeitet. Ziel dieses Kodex ist die Aufstellung von Grundsätzen für die nachhaltige Bewirtschaftung der Ressourcen. Dabei wird der in der Entwicklung der Fischerei angewendete Vorsorgeansatz aufgegriffen und näher ausgeführt. Zur Verstärkung und Ergänzung der bereits genannten Leitsätze werden hier folgende Prinzipien aufgestellt:

[10] Der Verhaltenskodex wurde von der Europäischen Gemeinschaft und fast ausnahmslos allen Entwicklungsländern unterzeichnet, mit denen sie Fischereiabkommen geschlossen hat

*Leitlinie 6

Das Recht auf Fischfang verpflichtet gleichzeitig zu einer verantwortungsvollen Fischerei, wobei der Fischereiaufwand in einem angemessenen Verhältnis zur Produktivität der Fischereiressourcen stehen soll.

*Leitlinie 7

Die Staaten sollen auf subregionaler, regionaler und globaler Ebene zusammenarbeiten, um die Erhaltung und Bewirtschaftung der aquatischen Ressourcen sicherzustellen. "Aufgrund des zunehmenden fischereilichen Drucks und der besseren Kenntnisse über die Bestände wird die gemeinsame Bestandsbewirtschaftung zum vorrangigen Anliegen".

*Leitlinie 8

In Anerkennung der wichtigen Beiträge, die die handwerkliche Fischerei für Beschäftigung und Ernährungssicherheit leistet, sollen die Rechte der Fischer und der in der Fischerei Tätigen geschützt werden. Dabei ist dem Ernährungsbedarf ortsansässiger Gemeinschaften Vorrang einzuräumen. "Angesichts der jüngsten Tendenzen sollen regulierende Eingriffe im Fischereisektor immer mehr im Wege einer direkten Beteiligung der Akteure des Sektors, der Zuweisung von Nutzungsrechten, der Dezentralisierung der Bewirtschaftungsfunktionen erfolgen, ohne dass die Regierungen jedoch ihren Verwaltungsauftrag gegenüber diesem Sektor gänzlich abgeben, sowie im Wege der finanziellen Eigenständigkeit des Sektors".

Kyoto, Dezember 1995

Auf der Internationalen Konferenz über den nachhaltigen Beitrag der Fischerei zur Ernährungssicherung bekräftigten 95 Teilnehmerstaaten sowie die Europäische Gemeinschaft, dass sie sich folgender Tatsache durchaus bewusst seien: "wenn nicht sehr rasch geeignete Maßnahmen getroffen werden, werden die Auswirkungen des weltweiten Bevölkerungswachstums und des Wirtschaftswachstums in Verbindung mit den Folgen anhaltender Überfischung, übermäßiger Ausbeutung und Schädigung der aquatischen Umwelt den Fischereisektor hinsichtlich seiner Kapazität, seinen unverzichtbaren Beitrag zur Ernährungssicherung nachhaltig aufrechtzuerhalten, enorm unter Druck setzen".

*Leitsatz 9

Der internationale Handel mit Fisch und Fischereierzeugnissen darf sich nicht nachteilig auf die Umwelt und die Ernährungssicherheit der ortsansässigen Gemeinschaften auswirken. Es muss darauf "geachtet werden, dass der Handel mit Fisch und Fischereierzeugnissen der Ernährungssicherung förderlich ist, die Umwelt nicht gefährdet und den Rechten und dem Ernährungsbedarf derjenigen Bevölkerungsgruppen keinen Abbruch tut, die im Hinblick auf ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen auf Fisch und Fischereierzeugnisse angewiesen sind..."

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Der anhaltende und zunehmende fischereiliche Druck und die Schwierigkeiten der Entwicklungsländer bei der Verfolgung einer Fischereipolitik, die vorrangig auf die Bedürfnisse ihrer eigenen Bevölkerung ausgerichtet ist, weisen darauf hin, dass zwischen den vorstehend genannten Leitsätzen und der Realität vor Ort eine tiefe Kluft besteht.

ANHANG 5 Entwicklungspolitische Maßnahmen

1.1. Stärkere Beteiligung der Zivilgesellschaft

*Förderung des Auf- und Ausbaus von Berufs- und Wirtschaftsorganisationen, die die Akteure des Fischereisektors vertreten. Organisatorische Unterstützung der örtlichen Gemeinschaften, die von der Fischerei abhängen. Unterstützung der Gebietskörperschaften im Hinblick auf deren aktive Beteiligung an der nachhaltigen Entwicklung der Küstengebiete.

*Förderung des Aufbaus und des Betriebs von Netzen und Strukturen zur Förderung des Gedanken- und Erfahrungsaustauschs zwischen den von der Fischerei abhängenden Gemeinschaften. Unterstützung dieser Organisationen bei der Durchführung ihrer Vorhaben, einschließlich Förderung von Investitionen in das Produktionsvermögen.

*Förderung der Beteiligung der Frauen an den Organisationen, insbesondere im Bereich der Verarbeitung und Vermarktung der Erzeugnisse.

*Unterstützung bei der Entwicklung und beim Einsatz von Finanzinstrumenten und -dienstleistungen, die auf den Bedarf des Sektors, vor allem der kleinen handwerklichen Fischer und der in der Produktionskette tätigen Frauen abgestimmt sind.

1.2. Verantwortungsvolle Verwaltungsführung im Bereich der nachhaltigen, auf Armutsbekämpfung ausgerichteten Bestandsbewirtschaftung

*Unterstützung der Entwicklungsländer bei der Umsetzung der Zielsetzungen und Grundsätze des Verhaltenskodex der FAO für verantwortungsvolle Fischerei. Verbesserung der Kenntnisse über den Zustand der Ressourcen und Erhaltung der aquatischen Ökosysteme. Bessere Verwaltung der Zugangsrechte, Auswahl der Fangmethoden mit Blick auf eine mögliche Verringerung des fischereilichen Drucks. Verbesserung der selektiven Fangmethoden und/oder Einführung von Schonzeiten und -bereichen. Einführung einer integrierten Bewirtschaftung der Küstengebiete.

*Unterstützung der verantwortungsvollen Verwaltungsführung im Zusammenhang mit der Schaffung angemessener rechtlicher und institutioneller Rahmenbedingungen. Förderung von Mechanismen für eine partizipative Planung und Evaluierung.

Unterstützung bei der Umsetzung der nationalen Programme für den Fischereisektor

Wissenschaftliche Erkenntnisse

*Verbesserung des wissenschaftlichen Kenntnisstands über die aquatischen Ökosysteme und den Zustand der Fischereiressourcen, insbesondere durch Stärkung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Forschungseinrichtungen der EU und der Entwicklungsländer. Unterstützung der Verbreitung dieser Kenntnisse und Ausbildung.

*Verbesserung des Kenntnisstands in allen Bereichen, die direkt mit der Verbesserung der Lebensbedingungen der von den aquatischen Ressourcen abhängenden Gemeinschaften zusammenhängen.

*Unterstützung bei der Durchführung vom Umwelt- und Sozialstudien im Vorfeld der Eingriffe, die möglicherweise mit sozialen oder ökologischen Auswirkungen verbunden sind.

Fischereibewirtschaftung

*Schaffung wirksamer Mechanismen zur Überwachung, Aufsicht und Kontrolle der Fischerei. Bekämpfung der unkontrollierten und nicht registrierten illegalen Fischerei.

*Förderung der Bestandsbewirtschaftung zur Gewährleistung der nachhaltigen Nutzung der Ressourcen, insbesondere durch Kleinbetriebe (Fischer und/oder kleine Aquakulturbetriebe); dies soll durch Einbeziehung der wichtigsten Partner erreicht werden - Wissenschaftler, Regierung, sonstige Nutzer, Fischer, Fischzuchtbetriebe usw.. Stärkung der Gebietskörperschaften.

Schutz und Valorisierung der aquatischen Ökosysteme

*Aufstellung von Programmen zur Wiederherstellung der biologischen Produktivität der aquatischen Ökosysteme.

*Maßnahmen zum Schutz und zur Valorisierung von Gebieten, die für die Nachhaltigkeit der aquatischen Ressourcen von ausschlaggebender Bedeutung sind; integrierte Bewirtschaftung der Küstengebiete Schutz, von Mangroven, Korallenriffen, Aufwuchs- und Laichgebieten usw.

Verbesserung der Produktion und Vermarktung sowie des Beitrags zur Ernährungssicherung

*Unterstützung der Fang- und Aquakulturbetriebe sowie der Verarbeitungs- und Aufbereitungsbetriebe bei der besseren Valorisierung ihrer Erzeugnisse.

*Maßnahmen zur Sicherung der Qualität der Erzeugnisse und eines hohen Mehrwerts auf den örtlichen und regionalen Märkten.

*Verbesserung der Hygienebedingungen zur Gewährleistung der Ausführbarkeit der Erzeugnisse, Produktförderung, Etikettierung usw.

*Förderung privater Partnerschaften in den Bereichen Erzeugung, Verarbeitung, Aufbereitung und Vermarktung.

*Maßnahmen zur Reduzierung von Verschwendung durch die gesamte Produktionskette hindurch, d.h. von den Fängen (Verringerung der Rückwürfe) bis zur Verarbeitung (bessere Konservierung) und Vermarktung (Produktionsabläufe, die eine bessere Valorisierung gewährleisten).

*Maßnahmen zur Ernährungssicherung auf der Grundlage der Erzeugung und Vermarktung von Fischereierzeugnissen.

1.3. Ausbau der subregionalen, regionalen und internationalen Kooperation zur Förderung der Erhaltung und Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen

Die subregionale oder regionale Ebene bietet sich in mehrfacher Hinsicht an, beispielsweise für die Harmonisierung der Rechtsvorschriften und sonstige Maßnahmen, die sich aufgrund von Einsparungen bei Projektdurchführung in großem Maßstab oder das Zustandekommen einer ausreichenden kritischen Masse besonders für diese Ebene eigenen. Dazu zählen folgende Maßnahmen:

*Förderung der Schaffung und Konsolidierung von subregionalen und regionalen Organisationen, die sich mit Forschung, Bestandsaufnahme und -bewirtschaftung, Überwachung, Aufsicht und Kontrolle der Fischerei, Schutz und/oder Wiederherstellung der Ökosysteme befassen.

*Förderung des Auf- und Ausbaus regionaler Fischereiorganisationen.

*Aufstellung regionaler Sektorprogramme, beispielsweise zur Erreichung der Hygienenormen, Etikettierung, Marktorganisation.

*Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften im Hinblick auf eine bessere gemeinsame Bestandsbewirtschaftung.

*Förderung des Aufbaus und der Koordinierung von regionalen Netzen zur Förderung der Zusammenlegung von Erfahrungen und Know-how.

*Förderung internationaler Forschungsprogramme, die den entwicklungspolitischen Zielen in diesem Bereich förderlich sind.

*Förderung der Beteiligung der Entwicklungsländer an internationalen Verhandlungen über Vermarktung, Bestandsbewirtschaftung und biologische Vielfalt sowie an den internationalen Foren zum Austausch wissenschaftlicher Erkenntnisse und aller weiteren Fragen im Zusammenhang mit dem Verhaltenskodex der FAO.