30.5.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 169/11


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 23. Mai 2017

zur Unterrichtung der Republik Liberia, dass sie möglicherweise als bei der Bekämpfung der illegalen, ungemeldeten und unregulierten Fischerei nichtkooperierendes Drittland eingestuft wird

(2017/C 169/12)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1005/2008 des Rates vom 29. September 2008 über ein Gemeinschaftssystem zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei, zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 2847/93, (EG) Nr. 1936/2001 und (EG) Nr. 601/2004 und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 1093/94 und (EG) Nr. 1447/1999 (1), insbesondere auf Artikel 32,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   EINLEITUNG

(1)

Mit der Verordnung (EG) Nr. 1005/2008 (IUU-Verordnung) wird ein Unionssystem zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der illegalen, ungemeldeten und unregulierten Fischerei (IUU-Fischerei) eingeführt.

(2)

In Kapitel VI der IUU-Verordnung sind das Verfahren zur Ermittlung nichtkooperierender Drittländer, das Vorgehen gegenüber solchen Ländern, die Aufstellung einer Liste solcher Länder, die Streichung von dieser Liste, die Veröffentlichung dieser Liste sowie Sofortmaßnahmen festgelegt.

(3)

Gemäß Artikel 31 der IUU-Verordnung muss die Kommission Drittländer ermitteln, die sie bei der Bekämpfung der IUU-Fischerei als nichtkooperierende Drittländer betrachtet. Ein Drittland ist als nichtkooperierend einzustufen, wenn es als Flaggen-, Hafen-, Küsten- oder Marktstaat seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der IUU-Fischerei nicht nachkommt.

(4)

Bevor die Kommission Länder gemäß Artikel 31 der IUU-Verordnung als nichtkooperierende Drittländer einstuft, muss sie die Drittländer zunächst darüber informieren, dass sie möglicherweise gemäß Artikel 32 der IUU-Verordnung als nichtkooperierende Länder eingestuft werden. Eine solche Mitteilung hat vorläufigen Charakter. Die Mitteilung erfolgt auf der Grundlage der Kriterien gemäß Artikel 31 der IUU-Verordnung. Darüber hinaus muss die Kommission gegenüber den betreffenden Drittländern alle in Artikel 32 der genannten Verordnung festgelegten Maßnahmen durchführen. Insbesondere muss die Kommission in der Mitteilung Angaben zu den wichtigsten Fakten und Erwägungen machen, die dieser Einstufung zugrunde liegen, und den betreffenden Ländern die Möglichkeit einräumen, zu antworten und Beweise zur Widerlegung einer solchen Einstufung oder gegebenenfalls einen Aktionsplan zur Verbesserung der Lage und hierzu getroffene Maßnahmen vorzulegen. Die Kommission muss den betreffenden Drittländern ausreichend Zeit zur Beantwortung der Mitteilung sowie eine angemessene Frist zur Durchführung von Abhilfemaßnahmen einräumen.

(5)

Grundlage der Ermittlung nichtkooperierender Drittländer gemäß Artikel 31 der IUU-Verordnung bildet die Auswertung aller gemäß Artikel 31 Absatz 2 der IUU-Verordnung eingeholten Informationen.

(6)

Gemäß Artikel 33 der IUU-Verordnung stellt der Rat eine Liste der nichtkooperierenden Drittländer auf. Für diese Länder gelten die unter anderem in Artikel 38 der IUU-Verordnung festgelegten Maßnahmen.

(7)

Gemäß Artikel 20 Absatz 1 der IUU-Verordnung werden von Drittländern validierte Fangbescheinigungen nur akzeptiert, wenn die Kommission eine Mitteilung darüber erhalten hat, welche Regelungen für die Anwendung, Überwachung und Durchsetzung von Rechtsvorschriften und Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen gelten, an die die Fischereifahrzeuge der betreffenden Drittländer gebunden sind.

(8)

Gemäß Artikel 20 Absatz 4 der IUU-Verordnung muss die Kommission in Bereichen, die die Umsetzung dieser Verordnung betreffen, auf Verwaltungsebene mit Drittländern zusammenarbeiten.

2.   VERFAHREN GEGENÜBER DER REPUBLIK LIBERIA

(9)

Die Republik Liberia (im Folgenden „Liberia“) hat der Kommission keine Flaggenstaat-Mitteilung gemäß Artikel 20 der IUU-Verordnung vorgelegt.

(10)

Seit dem 5. Februar 2014 arbeitet die Kommission im Rahmen der Verwaltungszusammenarbeit gemäß Artikel 20 Absatz 4 der IUU-Verordnung auf Verwaltungsebene mit den Behörden Liberias zusammen. Diese Zusammenarbeit bezog sich auf die Anwendung, Überwachung und Durchsetzung von Rechtsvorschriften und Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen durch Liberia. Sie umfasste den Austausch mündlicher und schriftlicher Stellungnahmen sowie einen Besuch vom 19. bis 23. Oktober 2015 in Liberia, bei dem die Kommission alle Informationen sammelte und prüfte, die sie bezüglich der von Liberia ergriffenen Maßnahmen zur Umsetzung seiner Verpflichtungen bei der Bekämpfung der IUU-Fischerei für erforderlich erachtete.

(11)

Liberia ist Vertragspartei der Internationalen Kommission für die Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik (ICCAT), kooperierende Nichtvertragspartei der Thunfischkommission für den Indischen Ozean (IOTC), der Fischereikommission für den Nordostatlantik (NEAFC) und der Regionalen Fischereiorganisation für den Südpazifik (SPRFMO) sowie kooperierendes Nichtmitglied der Fischereikommission für den westlichen und mittleren Pazifik (WCPFC) sowie der Interamerikanischen Kommission für tropischen Thunfisch (IATTC). Liberia hat das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ) von 1982 und das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Fischbestände (UNFSA) ratifiziert (2).

(12)

Um zu bewerten, ob Liberia seinen internationalen Verpflichtungen als Flaggen-, Hafen-, Küsten- oder Marktstaat gemäß den in Erwägungsgrund (11) genannten internationalen Vereinbarungen sowie gemäß den Vorgaben der betreffenden regionalen Fischereiorganisationen nachkommt, holte die Kommission alle hierzu erforderlichen Informationen ein und analysierte sie.

3.   MÖGLICHE EINSTUFUNG LIBERIAS ALS NICHTKOOPERIERENDES DRITTLAND

(13)

Gemäß Artikel 31 Absatz 3 der IUU-Verordnung prüfte die Kommission die Pflichten Liberias als Flaggen-, Hafen-, Küsten- oder Marktstaat. Bei dieser Überprüfung stützte sie sich auf die in Artikel 31 Absätze 4 bis 7 der IUU-Verordnung genannten Kriterien.

3.1.   Maßnahmen zur Verhinderung des wiederholten Auftretens von IUU-Fischereitätigkeiten und IUU-Handelsströmen (Artikel 31 Absatz 4 der IUU-Verordnung)

(14)

In der nationalen Fischereigesetzgebung Liberias (Fischereiverordnungen von 2010) sind Fischereifahrzeuge definiert als „alle Schiffe, die für den Fischfang oder damit verbundene Tätigkeiten genutzt werden“. Die Fischereiverordnungen von 2010 gelten für alle Fischfang- und fischereibezogenen Tätigkeiten in den Gewässern unter der Gerichtsbarkeit Liberias sowie für die Tätigkeiten aller liberianische Schiffe und Personen in einem beliebigen Gebiet außerhalb der Gerichtsbarkeit Liberias, soweit dies nicht gegen die Rechtsvorschriften eines anderen Staates verstößt.

(15)

Die für die Schiffsregistrierung zuständige nationale Behörde in Liberia konsultiert bei der Registrierung neuer Fischereifahrzeuge, die in den nationalen Gewässern tätig sein werden, die Fischereibehörden, wohingegen die für das Internationale Schiffsregister zuständige Behörde (Liberianische Seeschifffahrtsbehörde) (3) die nationalen Fischereibehörden (4) nicht konsultiert, bevor ein Fischereifahrzeug registriert wird, das außerhalb der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) Liberias tätig sein wird. Dadurch kann keine konsolidierte Liste aller Fischereifahrzeuge unter der Flagge Liberias erstellt werden. Offenbar hat die nationale Fischereibehörde keine Informationen über Fischereifahrzeuge, die außerhalb der liberianischen AWZ tätig sind. Aufgrund der offenkundig fehlenden Zusammenarbeit zwischen der Liberianischen Seeschifffahrtsbehörde und den nationalen Fischereibehörden kann davon ausgegangen werden, dass Liberia nicht hinreichend in der Lage ist, die Größe und die Tätigkeiten seiner Flotte zu überwachen, sodass illegal agierende Wirtschaftsbeteiligte ohne angemessene Kontrolle unter der Flagge Liberias operieren können.

(16)

Die Kommission stellte fest, dass über 100 Fischereifahrzeuge unter der Flagge Liberias ohne Genehmigung durch die zuständigen liberianischen Behörden außerhalb der AWZ Liberias tätig sind. Die liberianischen Fischereibehörden räumten ein, dass die Liberianische Seeschifffahrtsbehörde zwar die internationale Flotte unter der Flagge Liberias überwacht, dass außerhalb der AWZ tätige Fischereifahrzeuge jedoch nicht von der Fischereibehörde überwacht und kontrolliert werden. Diese Fischereifahrzeuge melden weder ihre Positionsdaten an das Fischereiüberwachungszentrum Liberias noch übermitteln sie Informationen über Fänge, Anlandungen oder Umladungen an die liberianischen Fischereibehörden.

(17)

Gemäß Artikel 31 Absatz 4 Buchstabe b der IUU-Verordnung untersuchte die Kommission, welche Maßnahmen Liberia ergriffen hat, um zu verhindern, dass Fischereierzeugnisse aus IUU-Fischerei in Liberia auf den Markt gelangen.

(18)

Liberianische Schiffe, die außerhalb der AWZ Liberias tätig sind, werden in keiner Form durch die Fischereibehörden des Landes kontrolliert. Diese Schiffe melden bzw. übermitteln keine Informationen über ihre Tätigkeiten, Anlandungen und Umladungen an die liberianischen Fischereibehörden. Somit kann die Rückverfolgbarkeit von Fisch oder Fischereierzeugnissen dieser Schiffe aller Wahrscheinlichkeit nach nicht gewährleistet werden.

(19)

Die Leistung Liberias (siehe Erwägungsgründe (15) bis (17)) steht nicht mit Artikel 94 Absätze 1 und 2 des SRÜ im Einklang, wonach jeder Staat seine Hoheitsgewalt und Kontrolle über die seine Flagge führenden Schiffe wirksam sicherstellen muss. Darüber hinaus missachtet Liberia die Nummer 24 des Internationalen Aktionsplans der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der illegalen, ungemeldeten und unregulierten Fischerei (im Folgenden „FAO-Aktionsplan“) (5), wonach eine umfassende und wirksame Kontrolle von Fischereitätigkeiten vorgeschrieben ist, und die Nummer 35 des FAO-Aktionsplans, wonach Flaggenstaaten sicherstellen sollten, dass sie vor der Registrierung eines Schiffs ihrer Verantwortung gerecht werden und gewährleisten, dass das Fischereifahrzeug keine IUU-Fischerei betreibt. Zudem verstößt das Land gegen die Nummer 36 des FAO-Aktionsplans, wonach Flaggenstaaten keine Schiffe einflaggen sollten, die bereits gegen Vorschriften verstoßen haben, sowie gegen die Nummer 42 des FAO-Aktionsplans, wonach jeder Staat ein Schiffsregister zu führen hat, das die Namen und Einzelheiten der seine Flagge führenden Schiffe enthält. Auch der Nummer 71 des FAO-Aktionsplans wird nicht nachgekommen, in der den Staaten Maßnahmen empfohlen werden, um ihre Märkte transparenter zu gestalten und so die Rückverfolgbarkeit von Fisch oder Fischereierzeugnissen zu gewährleisten. Zudem wird Artikel 11 des Verhaltenskodex der FAO für verantwortungsvolle Fischerei (im Folgenden „FAO-Verhaltenskodex“) nicht beachtet, in dem bewährte Verfahren für eine verantwortungsvolle Fischverwendung sowie für einen verantwortungsvollen internationalen Handel festgelegt sind.

(20)

Angesichts der in diesem Abschnitt dargelegten Erwägungen und auf der Grundlage aller von der Kommission zusammengetragenen Fakten sowie aller Aussagen des betreffenden Landes konnte gemäß Artikel 31 Absatz 3 und Artikel 31 Absatz 4 Buchstaben a und b der IUU-Verordnung festgestellt werden, dass Liberia seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen als Flaggen-, Hafen-, Küsten- und Marktstaat in Bezug auf IUU-Schiffe und IUU-Fischerei, die von Schiffen unter der Flagge Liberias oder von liberianischen Staatsangehörigen ausgeübt oder unterstützt wurde, nicht nachgekommen ist und nicht verhindert hat, dass Fischereierzeugnisse aus IUU-Fischerei auf seinen Markt gelangen.

3.2.   Mangelnde Zusammenarbeit und Rechtsdurchsetzung (Artikel 31 Absatz 5 der IUU-Verordnung)

(21)

Die Fischereibehörden Liberias zeigten sich gegenüber der Kommission in der Regel kooperativ, beantworteten Auskunftsersuchen und gaben Feedback, wobei sie jedoch aufgrund des Status des internationalen Schiffsregisters und der fehlenden Zusammenarbeit zwischen der Liberianischen Seeschifffahrtsbehörde und den nationalen Fischereibehörden (siehe Abschnitt 3.1) auf bestimmte Fragen nur eingeschränkt antworten konnten.

(22)

Liberia ist ein wichtiger Flaggenstaat, der das weltweit zweitgrößte internationale Register führt, und zieht Fischereifahrzeuge aus Drittländern an, die keinen direkten Bezug zu dem Land haben. Wie in Erwägungsgrund (16) erläutert, sind diese Schiffe außerhalb der AWZ Liberias, auf Hoher See und in den Gewässern von Drittländern tätig. Liberia ist auch Mitglied oder Vertragspartei von sechs regionalen Fischereiorganisationen und arbeitet im Rahmen des Fischereiausschusses für den westlich-zentralen Golf von Guinea (FCWC) mit anderen Ländern auf subregionaler Ebene zusammen. Die Kommission stellte jedoch fest, dass die liberianischen Fischereibehörden — mit Ausnahme des Ostatlantiks — offenbar nicht mit Drittländern in allen Regionen, in denen liberianische Fischereifahrzeuge tätig sind, zusammenarbeiten bzw. zur Zusammenarbeit in der Lage sind. Diese offensichtlich mangelhafte Zusammenarbeit besteht weiterhin, obwohl Liberia Mitglied oder Vertragspartei von sechs regionalen Fischereiorganisationen ist, und könnte daraus resultieren, dass den liberianischen Fischereibehörden offenbar keine Informationen über Schiffe vorliegen, die die Flagge Liberias führen und außerhalb der nationalen AWZ und des Gebiets im Zuständigkeitsbereich der Internationalen Kommission zur Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik tätig sind; dies ist auf die fehlende interne administrative Abstimmung mit den von der Liberianischen Seeschifffahrtsbehörde registrierten Schiffen zurückzuführen.

(23)

Die Fischereiverordnungen von 2010 sind veraltet und müssen überarbeitet werden, um die Kohärenz zwischen den nationalen Rechtsvorschriften und internationalen sowie regionalen Vorschriften zu gewährleisten. Die Begriffsbestimmung für Fischereitätigkeiten gemäß den Fischereiverordnungen von 2010 schließt die Suche nach, den Fang, die Entnahme und die Ernte von Fisch sowie alle Tätigkeit zur Unterstützung oder Vorbereitung dieser Tätigkeiten ein, auch durch die Nutzung von Luftfahrzeugen. Die Begriffsbestimmung für Fischereifahrzeuge schließt Schiffe ein, die fischereibezogene Tätigkeiten betreiben. Zu den fischereibezogenen Tätigkeiten gehören Umladung, Lagerung, Verarbeitung, Transport sowie Betankung und Versorgung von Fischereifahrzeugen. Das Sanktionssystem enthält verschiedene Kategorien je nach Schwere des Verstoßes, die sich auch in der Höhe der Geldbuße für jede Art von Verstoß widerspiegeln, und die Sanktionen sind möglicherweise abschreckend und verhältnismäßig gemäß den internationalen Verpflichtungen. Allerdings sind IUU-Fischerei und schwere Verstöße in diesen Texten nicht entsprechend dem Völkerrecht präzise definiert.

(24)

Das Nationale Fischereiamt Liberias betreibt ein Fischereiüberwachungszentrum (FÜZ), um den Verpflichtungen im Bereich der Überwachung und Kontrolle nachzukommen. Das FÜZ ist zur Wahrnehmung von Überwachungs- und Kontrollaufgaben ausgestattet. Allerdings werden lediglich Schiffe, die für die nationale AWZ zugelassen sind, vom FÜZ überwacht; Schiffe unter liberianischer Flagge, die auf Hoher See oder in den Gewässern von Drittländern tätig sind, werden vom FÜZ nicht überwacht. Darüber hinaus sind aufgrund begrenzter Mittel, insbesondere für die Luftüberwachung, bestimmte Bereiche der Überwachung und Kontrolle offenbar eingeschränkt. Dadurch kann Liberia kein wirksames und umfassendes Überwachungs- und Kontrollsystem für Fischereifahrzeuge unter seiner Flagge gewährleisten. Somit fehlt es Liberia augenscheinlich an angemessenen Ressourcen zur Bekämpfung der IUU-Fischerei oder das Land stellt keine ausreichenden Mittel dafür zur Verfügung.

(25)

Der Rechtsrahmen und die Durchsetzungsmaßnahmen in Liberia entsprechen offenbar nicht den grundlegenden Anforderungen gemäß den Artikeln 61, 62, 117, 118 und 119 des SRÜ. Die in den Erwägungsgründen (20) bis (23) erläuterten Fakten weisen darauf hin, dass Liberia die Bedingungen des Artikels 94 des SRÜ nicht erfüllt, wonach der Flaggenstaat die Hoheitsgewalt nach seinem innerstaatlichen Recht über jedes seine Flagge führende Schiff sowie dessen Kapitän, Offiziere und Besatzung ausüben muss, und stellen einen Verstoß gegen Artikel 18 Absatz 3 des UNFSA dar, in dem die Maßnahmen aufgeführt sind, die ein Staat gegenüber den Schiffen unter seiner Flagge ergreifen muss. Liberia missachtet augenscheinlich die Empfehlungen unter Nummer 24 des FAO-Aktionsplans, wonach Flaggenstaaten eine umfassende und wirksame Kontrolle und Überwachung der Fischerei vom Fang über die Anlandung bis hin zum endgültigen Bestimmungsort sicherstellen sollen, auch unter Nutzung von den jeweiligen nationalen, regionalen und internationalen Standards entsprechenden Schiffsüberwachungssystemen (VMS) an Bord von Fischereifahrzeugen.

(26)

Angesichts der in diesem Abschnitt dargelegten Erwägungen und auf der Grundlage der von der Kommission zusammengetragenen Fakten sowie aller Aussagen des Landes konnte gemäß Artikel 31 Absätze 3 und 5 der IUU-Verordnung festgestellt werden, dass Liberia seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen bezüglich Zusammenarbeit und Rechtsdurchsetzung nicht nachgekommen ist.

3.3.   Mangelnde Umsetzung internationaler Vorschriften (Artikel 31 Absatz 6 der IUU-Verordnung)

(27)

Die Kommission hat alle Informationen analysiert, die sie in Bezug auf den Status Liberias als Vertragspartei des SRÜ, des UNFSA, und der ICCAT, als kooperierende Nichtvertragspartei der NEAFC, der SPRFMO und der IOTC sowie als kooperierendes Nichtmitglied der WCPFC und der IATTC für zweckdienlich hielt.

(28)

Zwischen 2014 und 2016 wurde Liberia Vertragspartei, kooperierende Nichtvertragspartei oder kooperierendes Nichtmitglied in sechs regionalen Fischereiorganisationen (6). Allerdings stellte sich bei dem Evaluierungsbesuch vom 19. bis zum 23. Oktober 2015 in Monrovia heraus, dass die Liberianische Seeschifffahrtsbehörde die entsprechenden Maßnahmen ergriffen hat, all diesen regionalen Fischereiorganisationen, mit Ausnahme der ICCAT, beizutreten, ohne dabei die nationalen Fischereibehörden zu konsultieren. Der Beitritt zur ICCAT fiel in die Zuständigkeit der nationalen Fischereibehörden. Dadurch besteht die Gefahr, dass Liberia seinen Verpflichtungen in den einzelnen regionalen Fischereiorganisationen nicht umfassend nachkommen kann; so wurden unter Verstoß gegen die Verpflichtungen im Rahmen der jeweiligen regionalen Fischereiorganisation Berichte verspätet (ICCAT) oder gar nicht (SPRFMO) vorgelegt.

(29)

Liberia hat zwei internationale Rechtsinstrumente für das Fischereimanagement ratifiziert: das SRÜ und das UNFSA. Die Leistung Liberias bei der Umsetzung internationaler Instrumente steht nicht im Einklang mit den Empfehlungen unter Nummer 11 des FAO-Aktionsplans, worin die Staaten aufgerufen werden, vorrangig nicht nur das SRÜ und das UNFSA, sondern auch das FAO-Übereinkommen zur Förderung der Einhaltung internationaler Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen durch Fischereifahrzeuge auf Hoher See zu ratifizieren, anzunehmen oder diesen beizutreten. Zudem wird gegen die Nummer 14 des FAO-Aktionsplans verstoßen, wonach die Staaten den Verhaltenskodex und die damit verbundenen internationalen Aktionspläne uneingeschränkt und wirksam umsetzen sollten.

(30)

Liberia hat das FAO-Übereinkommen von 2009 über Hafenstaatmaßnahmen nicht ratifiziert. Momentan gibt es zwar in Liberia nur selten direkte Anlandungen von Fischereierzeugnissen, doch einige Anlandungen finden statt, und Liberia schafft derzeit im Rahmen eines internationalen Projekts Anlandemöglichkeiten. Dann muss das Land auch in der Lage sein, seinen Verpflichtungen als Hafenstaat nachzukommen.

(31)

Liberia hat entgegen den Empfehlungen der Nummern 25, 26 und 27 des FAO-Aktionsplans keinen nationalen Aktionsplan gegen IUU-Fischerei aufgestellt.

(32)

Während der Evaluierungssitzung am 24. März 2015 erklärten die liberianischen Behörden der Kommission zudem, dass das internationale Register Liberias von einem privaten Unternehmen mit Sitz außerhalb des Landes geführt wird. Bei dieser Sitzung und nachfolgenden Kontakten konnte Liberia nicht nachweisen, wie es sicherstellt, dass Fischereifahrzeuge unter seiner Flagge eine echte Verbindung zu dem Land haben. Dies steht im Widerspruch zu Artikel 91 des SRÜ, wonach eine echte Verbindung zwischen dem Flaggenstaat und seinen Schiffen bestehen muss.

(33)

Angesichts der in diesem Abschnitt dargelegten Erwägungen und auf der Grundlage aller von der Kommission zusammengetragenen Fakten sowie aller Aussagen des betreffenden Landes konnte gemäß Artikel 31 Absätze 3 und 6 der IUU-Verordnung festgestellt werden, dass Liberia seine völkerrechtlichen Verpflichtungen bezüglich internationaler Rechtsvorschriften sowie Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen nicht erfüllt hat.

3.4.   Besondere Sachzwänge der Entwicklungsländer (Artikel 31 Absatz 7 der IUU-Verordnung)

(34)

Gemäß dem UN-Index für menschliche Entwicklung (UNHDI) (7) galt Liberia 2015 als ein Land mit niedriger menschlicher Entwicklung (Platz 177 unter 188 Ländern).

(35)

Obwohl es hinsichtlich Überwachung und Kontrolle spezifische Kapazitätslücken geben mag, lassen sich nicht alle in den vorstehenden Abschnitten festgestellten Mängel durch die spezifischen, aufgrund des Entwicklungsstands in Liberia bestehenden Sachzwänge rechtfertigen. Dies betrifft insbesondere die fehlende interne Koordinierung bei der Registrierung von Fischereifahrzeugen im internationalen Register Liberias und die fehlenden konsolidierten Informationen zur Identifikation dieser Schiffe, weshalb keine wirksame Kontrolle ausgeübt werden kann.

(36)

Die festgestellten Mängel beruhen offenbar in erster Linie auf unzureichenden administrativen Rahmenbedingungen, durch die Liberia seine Pflichten als Flaggen-, Küsten-, Hafen- und Marktstaat nicht wirksam erfüllen kann. Liberia hat Unterstützung seitens regionaler Initiativen, deren Ziel es ist, die Verwaltung zu stärken und IUU-Fischerei, unter anderem durch verbesserte Überwachung und Kontrolle, zu bekämpfen, sowie sektorbezogene Unterstützung im Rahmen des mit der Europäischen Union geschlossenen partnerschaftlichen Abkommens über nachhaltige Fischerei erhalten. Zudem erhielt das Land Unterstützung für die Luftüberwachung von der Mission der Vereinten Nationen in Liberia. Allerdings wurde mit dem Ende der Mission auch diese Unterstützung eingestellt, und es wurden keine nationalen Mittel zur Aufrechterhaltung der Überwachung und Kontrolle bereitgestellt, weshalb Liberia keine wirksame Überwachung und Kontrolle gewährleisten kann.

(37)

Angesichts der in diesem Abschnitt dargelegten Erwägungen und auf der Grundlage aller von der Kommission zusammengetragenen Fakten sowie der Aussagen des betreffenden Landes konnte gemäß Artikel 31 Absatz 7 der IUU-Verordnung festgestellt werden, dass Liberias Entwicklungsstatus und Gesamtleistungsfähigkeit im Bereich der Fischereiwirtschaft durch den Entwicklungsstand des Landes beeinträchtigt sein könnten. Der Entwicklungsstand des Landes kann angesichts der Art der festgestellten Defizite die im Bereich der Fischereiwirtschaft erbrachte Gesamtleistung Liberias als Flaggen-, Hafen-, Küsten- oder Marktstaat und die unzureichenden Maßnahmen zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der IUU-Fischerei jedoch nicht umfassend erklären oder rechtfertigen.

4.   SCHLUSSFOLGERUNGEN ZUR MÖGLICHEN EINSTUFUNG ALS NICHTKOOPERIERENDES DRITTLAND

(38)

Vor dem Hintergrund der Ergebnisse, denen zufolge Liberia seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen als Flaggen-, Hafen-, Küsten- oder Marktstaat nicht nachkommt und keine geeigneten Maßnahmen zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der IUU-Fischerei ergreift, sollte dem Land gemäß Artikel 32 der IUU-Verordnung mitgeteilt werden, dass die Kommission es möglicherweise als bei der Bekämpfung der IUU-Fischerei nichtkooperierendes Drittland einstufen wird.

(39)

Darüber hinaus sollte die Kommission gegenüber Liberia alle in Artikel 32 der IUU-Verordnung festgelegten Maßnahmen ergreifen. Im Interesse einer ordnungsgemäßen Abwicklung sollte eine Frist festgelegt werden, innerhalb deren das Land schriftlich Stellung beziehen und die Situation bereinigen kann.

(40)

Darüber hinaus werden durch die Mitteilung an Liberia, dass es möglicherweise als Land eingestuft wird, das die Kommission im Sinne dieses Beschlusses als nichtkooperierendes Drittland betrachtet, weitere Schritte der Kommission oder des Rates zum Zwecke der Einstufung und der Erstellung einer Liste nichtkooperierender Drittländer weder ausgeschlossen noch automatisch vollzogen —

BESCHLIESST:

Einziger Artikel

Liberia wird darüber informiert, dass die Kommission es möglicherweise als bei der Bekämpfung der illegalen, ungemeldeten und unregulierten Fischerei nichtkooperierendes Drittland einstufen wird.

Brüssel, den 23. Mai 2017

Für die Kommission

Karmenu VELLA

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 286 vom 29.10.2008, S. 1.

(2)  https://treaties.un.org/

(3)  Durch das Internationale Schiffs- und Unternehmensregister Liberias umgesetzt.

(4)  Nationales Fischereiamt.

(5)  Internationaler Aktionsplan zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) der Vereinten Nationen, 2001.

(6)  Vertragspartei der ICCAT; kooperierende Nichtvertragspartei der NEAFC, der SPRFMO und der IOTC; kooperierendes Nichtmitglied der WCPFC und der IATTC. Liberia ist kein Mitglied bzw. kein kooperierendes Nichtmitglied der CCSBT, obwohl 18 Schiffe eine Genehmigung für den Bereich dieser regionalen Fischereiorganisation haben.

(7)  Quelle: http://hdr.undp.org/sites/default/files/2015_human_development_report_1.pdf