18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/51


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm Frankreichs 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Frankreichs 2015

(2015/C 272/14)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Frankreichs 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Frankreichs 2014 ab. Am 28. November 2014 legte die Kommission im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) ihre Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung Frankreichs für 2015 vor.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Frankreich als einer der Mitgliedstaaten genannt wird, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, intensivierte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Frankreich 2015. Darin wurden die Fortschritte Frankreichs bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet. Der Länderbericht enthält auch die Ergebnisse der eingehenden Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Kommission gelangt aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Frankreich übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die entschlossene politische Maßnahmen und ein spezifisches Monitoring erfordern. Vor dem Hintergrund eines schwachen Wachstums und einer niedrigen Inflation in Verbindung mit einer geringen Unternehmensrentabilität sowie angesichts bislang unzureichender politischer Antworten sind insbesondere die Risiken im Zusammenhang mit der Wettbewerbsfähigkeit — sowohl bei den Kosten als auch bei anderen Wettbewerbsfaktoren — und der ohnehin bereits hohen und weiter zunehmenden Verschuldung, vor allem der öffentlichen Hand, signifikant gestiegen. Der Handlungsbedarf, um die Gefahr nachteiliger Auswirkungen auf die französische Wirtschaft und — angesichts deren Größe — darüber hinaus auch auf die Wirtschafts- und Währungsunion zu verringern, ist besonders groß.

(7)

Am 30. April 2015 übermittelte Frankreich sein nationales Reformprogramm 2015 und sein Stabilitätsprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Frankreich befindet sich derzeit in der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Dem Stabilitätsprogramm 2015 zufolge plant die Regierung, das übermäßige Defizit im Einklang mit der Ratsempfehlung vom 10. März 2015 bis 2017 zu korrigieren und bis 2018 das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 0,4 % des BIP — zu erreichen (6). Die französische Regierung will zwar die vom Rat vorgegebenen Ziele für das Gesamtdefizit einhalten, doch bleibt der Umfang der in den Jahren 2015-2017 geplanten Konsolidierungsanstrengungen (7) hinter den Ratsempfehlungen zurück. In ihrem Stabilitätsprogramm 2015 geht die Regierung davon aus, dass die öffentliche Schuldenquote im Jahr 2016 mit 97 % des BIP ihren Höchststand erreichen und anschließend wieder bis auf 95,5 % des BIP im Jahr 2018 zurückgehen wird. Das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel. Frankreich hat am 10. Juni 2015 einen Bericht über die ergriffenen Maßnahmen vorgelegt, der weitere Informationen zu den für die Jahre 2015-2017 geplanten Maßnahmen liefert. Nach ihrer Bewertung des Berichts hat die Kommission am 1. Juli 2015 eine Mitteilung herausgegeben, in der die Ansicht vertreten wird, dass das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit ruhen sollte. Nach der Frühjahrsprognose 2015, die aktualisiert wurde, um dem von Frankreich vorgelegten Bericht über die ergriffenen Maßnahmen Rechnung zu tragen, dürfte das Gesamtdefizit für 2015 3,8 % des BIP betragen, womit die vom Rat im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit festgelegte Zielvorgabe von 4 % des BIP eingehalten würde. Die im Jahr 2015 zu erwartenden Konsolidierungsanstrengungen werden jedoch hinter den Ratsempfehlungen zurückbleiben. Für 2016 sieht die aktualisierte Prognose der Kommission unter Berücksichtigung der zusätzlichen Informationen, die in Frankreichs Bericht über die ergriffenen Maßnahmen enthalten sind, vor, dass das Gesamtdefizit gemäß dem empfohlenen Ziel 3,4 % des BIP erreichen wird. Die vom Rat empfohlene Konsolidierungsanstrengung wird jedoch voraussichtlich nicht vollbracht werden. In der Empfehlung des Rates vom 10. März 2015 wurde eine Bewertung der wichtigsten für die Jahre 2016 und 2017 geplanten Maßnahmen gefordert, die in dem Bericht über die ergriffenen Maßnahmen nicht dargelegt wurde.

Schließlich wurde das Gesetz über den mehrjährigen öffentlichen Haushaltsplan („Loi de Programmation des Finances Publiques“) nicht — wie vom Rat empfohlen — aktualisiert. Insgesamt beruht die von Frankreich verfolgte Konsolidierungsstrategie in erster Linie auf den sich verbessernden Konjunkturbedingungen und einem Fortbestehen des von niedrigen Zinssätzen geprägten Umfelds und ist daher Risiken ausgesetzt. Aufgrund seiner Bewertung des Stabilitätsprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission sowie der Mitteilung der Kommission vom 1. Juli 2015 ist der Rat der Auffassung, dass Frankreich die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts weitgehend einhält. Um jedoch eine dauerhafte Korrektur des übermäßigen Defizits bis zum festgesetzten Termin zu gewährleisten, müsste die Haushaltsstrategie verstärkt und durch die Umsetzung umfassender und ehrgeiziger struktureller Reformen unterstützt werden.

(9)

Es wird entscheidend darauf ankommen, verstärkt Ausgabenüberprüfungen vorzunehmen und größere Bereiche, die für Ausgabenkürzungen in Betracht kommen, zu ermitteln, damit die erwarteten Ergebnisse erreicht werden können. Frankreich sollte sicherstellen, dass die Ausgabenkürzungsziele der fast bei null liegenden Inflationsrate Rechnung tragen. Gleichzeitig sollten die Einsparungen, die aufgrund der niedrigeren Zinsen und der somit niedriger als erwartet ausfallenden Kosten der Staatverschuldung erzielt werden, zum Defizitabbau genutzt werden. Im Übrigen sind größere kurzfristige Einsparungen nur möglich, wenn es gelingt, den Anstieg der Sozialausgaben, die sich im Jahr 2014 auf 26 % des BIP beliefen und fast die Hälfte der gesamten öffentlichen Ausgaben ausmachten, erheblich einzudämmen. Im Zeitraum 2015-2017 sind Ausgabeneinsparungen im Gesundheitswesen in Höhe von 11 Mrd. EUR geplant, doch sind weitere Anstrengungen erforderlich, um den Ausgabenanstieg in diesem Bereich zu begrenzen. Insbesondere könnten weitere Strategien zur Kosteneindämmung in den Bereichen Arzneimittelpreise und Krankenhausausgaben implementiert werden. Das Rentensystem wird bis 2020 weiterhin mit Defiziten konfrontiert sein, und die bisherigen Reformen werden nicht ausreichen, um diese Defizite zu beseitigen. Beim Gesamtdefizit der Rentenkassen schlagen auch künftig vor allem die Altersversorgungssysteme für Staatsbedienstete und Beschäftigte staatlich kontrollierter Unternehmen zu Buche. Zudem hat die makroökonomische Lage erhebliche Auswirkungen auf die Tragfähigkeit des Rentensystems, insbesondere auf die Situation der ergänzenden Altersversorgungssysteme. Zur finanziellen Gesundung der ergänzenden Altersversorgungssysteme sind entschlossene Maßnahmen vonnöten.

(10)

Frankreich hat eine Reform der Kommunalverwaltung auf den Weg gebracht, die auf eine effizientere Ausgestaltung des Systems abzielt. Frankreich sollte die geplanten Kürzungen bei den von der Zentralregierung gewährten Zuschüssen weiter umsetzen und die Kontrolle der Ausgaben der kommunalen Gebietskörperschaften verstärken, indem Obergrenzen für den jährlichen Anstieg der Steuereinnahmen der kommunalen Gebietskörperschaften festgelegt werden, wobei den bei mehreren kommunalen Steuern und Abgaben bereits bestehenden Obergrenzen Rechnung zu tragen ist. Auch sind Maßnahmen erforderlich, um den Anstieg der Verwaltungskosten der kommunalen Gebietskörperschaften einzudämmen.

(11)

Es wurden politische Maßnahmen getroffen, um die Arbeitskosten zu senken und die Gewinnspannen der Unternehmen zu erhöhen; zu diesem Zweck wurden Steuervergünstigungen für Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung im Umfang von 20 Mrd. EUR und zusätzliche Kürzungen der Arbeitgebersozialbeiträge im Umfang von 10 Mrd. EUR im Rahmen des Verantwortungs- und Solidaritätspakts beschlossen. Diese beiden Maßnahmen schlagen mit 1,5 % des BIP zu Buche und dürften dazu beitragen, die bei der Steuer- und Abgabenbelastung der Arbeit bestehende Diskrepanz zwischen Frankreich und dem Durchschnitt des Euro-Währungsgebiets zu verringern. Die Maßnahmen sollten im Jahr 2016 weiter umgesetzt werden; in Anbetracht der hohen Kosten für die öffentliche Hand ist es jedoch wichtig, ihre Wirksamkeit auf Unternehmensebene zu bewerten. Bei dieser Bewertung sollte insbesondere den Rigiditäten auf dem Arbeitsmarkt und den Produktmärkten, vor allem bei Löhnen und Gehältern, Rechnung getragen werden. Die Arbeitskosten auf der Ebene des Mindestlohns sind im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten nach wie vor hoch. Der Mindestlohn sollte sich in einer der Wettbewerbsfähigkeit und der Arbeitsplatzschaffung förderlicheren Weise entwickeln. Zudem kann die automatische Indexierung des Mindestlohns vor dem Hintergrund einer niedrigen Inflation zu Lohnerhöhungen führen, die über das zum Erhalt der Kaufkraft erforderliche Maß hinausgehen.

(12)

Frankreich sollte entschlossene Maßnahmen treffen, um die im Arbeitsrecht und in den Rechnungslegungsvorschriften vorgesehenen Schwellenwerte aufzuheben, die das Wachstum französischer Unternehmen, insbesondere von KMU, behindern. Generell sind die Möglichkeiten für eine Steigerung des Wettbewerbs im Dienstleistungssektor, insbesondere bei den freien Berufen, im Einzelhandel und in den netzgebundenen Branchen, noch nicht ausgeschöpft. Verschiedene Vorschriften und Gebührenordnungen für reglementierte Berufe hemmen die Entwicklung der Wirtschaftstätigkeit. Mit dem neuen Gesetz zur Förderung von Wachstum, Wirtschaftstätigkeit und wirtschaftlicher Chancengleichheit („Loi pour la croissance, l'activité et l'égalité des chances économiques“) wurden neue Maßnahmen zur Belebung des Wettbewerbs in den Rechtsberufen eingeführt, deren Umsetzung von entscheidender Bedeutung sein wird, wenn sichergestellt werden soll, dass die bestehenden Hindernisse vor Ort ausgeräumt werden. Frankreich sollte ferner Maßnahmen treffen, um Hindernisse in anderen Sektoren, insbesondere im Gesundheitswesen, zu beseitigen. Der für den Zugang zu Gesundheitsberufen geltende „Numerus-clausus“-Grundsatz erschwert nach wie vor den Zugang zum Dienstleistungssektor und könnte überprüft werden, ohne dabei Qualität und Sicherheit zu gefährden.

(13)

Die Schuldenquote war 2014 mit 45,8 % eine der höchsten in der Union. Die hohe Körperschaftsteuer wirkt sich negativ auf die Investitionen französischer Unternehmen aus. Der von den Unternehmen zu zahlende durchschnittliche effektive Steuersatz beträgt 38,3 % und zählt damit zu den höchsten in der Union. Zusätzlich zu der bereits laufenden schrittweisen Abschaffung der Solidaritätsabgabe für Unternehmen zugunsten der Sozialversicherung („contribution sociale de solidarité des sociétés“, C3S) und zur Absenkung des gesetzlichen Steuersatzes auf 28 % im Jahr 2020 sollte Frankreich zeitnah seine Anstrengungen verstärken, um die Körperschaftsteuer so auszugestalten, dass Wachstum und Investitionen gefördert werden. Das Steuersystem muss vereinfacht werden, indem ineffiziente Steuern abgeschafft werden. Es wurden über 100 Steuern und Abgaben ermittelt, die lediglich geringe oder gar keine Einnahmen generieren und deren Abschaffung Verfahrenserleichterungen für Unternehmen und Privathaushalte bringen könnte.

(14)

Infolge des schwachen Wirtschaftswachstums verharrte die Arbeitslosenquote in Frankreich im Jahr 2014 auf hohem Niveau und die Langzeitarbeitslosigkeit hat sich verschärft. Die Gesamtarbeitslosenquote betrug 10,2 % — gegenüber 10,3 % im Jahr 2013 und 7,5 % im Jahr 2008; betroffen sind vor allem junge Menschen, ältere Arbeitskräfte und Geringqualifizierte. Frankreich leidet unter einer Segmentierung des Arbeitsmarktes, die dadurch gekennzeichnet ist, dass befristete Arbeitsverträge einen zunehmenden Anteil der Einstellungen ausmachen. Maßnahmen, mit denen dieser Segmentierung gezielt entgegengewirkt werden sollte, namentlich die Einführung höherer Sozialbeiträge bei Arbeitsverträgen mit sehr kurzer Laufzeit, haben nicht gegriffen. Eine Überprüfung des Rechtsrahmens für den Abschluss von Arbeitsverträgen könnte hier Abhilfe schaffen. Die jüngsten Reformen haben den Arbeitgebern lediglich begrenzten Spielraum dafür verschafft, durch Betriebsvereinbarungen von Branchenvereinbarungen abzuweichen. Damit werden die Unternehmen in ihren Möglichkeiten beschnitten, ihre Belegschaften an den jeweiligen Bedarf anzupassen. Branchen und Unternehmen verfügen über ausreichende Flexibilität, um auf Einzelfallbasis und nach entsprechenden Verhandlungen mit den Sozialpartnern entscheiden zu können, unter welchen Bedingungen eine von der 35-Stunden-Woche abweichende Arbeitszeitregelung eingeführt werden sollte, jedoch ist dies mit hohen finanziellen Auswirkungen verbunden. Das Gesetz zur Einführung der „Accords de maintien de l'emploi“ (Beschäftigungssicherungsvereinbarungen) hat nicht die erwarteten Ergebnisse erbracht. Nur sehr wenige Unternehmen haben von der neuen Regelung für Betriebsvereinbarungen zur Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen Gebrauch gemacht. Die Regelung sollte überprüft werden mit dem Ziel, den Unternehmen einen größeren Spielraum einzuräumen, der es ihnen ermöglicht, Löhne und Arbeitszeiten an der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens auszurichten.

(15)

Die anhaltende Verschlechterung der Arbeitsmarktlage hat negative Folgen für die Arbeitslosenversicherung und stellt die Tragfähigkeit des Modells infrage. Die seit dem 1. Juli 2014 geltende neue Vereinbarung zur Arbeitslosenversicherung ist für einen Abbau des Defizits unzureichend. Es wird erwartet, dass mit den eingeführten Maßnahmen im Jahr 2014 Einsparungen im Umfang von 0,3 Mrd. EUR und im Jahr 2015 weitere Einsparungen im Umfang von 0,8 Mrd. EUR erzielt werden. Gleichwohl wird nach wie vor davon ausgegangen, dass das Defizit des Systems von 3,9 Mrd. EUR im Jahr 2014 auf 4,4 Mrd. EUR im Jahr 2015 ansteigen wird, womit die Gesamtverschuldung des Systems weiter auf 25,9 Mrd. EUR anwachsen wird. Um seine Tragfähigkeit zu gewährleisten, sind strukturelle Maßnahmen erforderlich. Insbesondere sollten die Anspruchsvoraussetzungen, die degressive Ausgestaltung der Leistungen und die Lohnersatzleistungsquoten für die Arbeitnehmer mit den höchsten Löhnen zwischen den Sozialpartnern, denen die Verwaltung des Systems obliegt, geprüft werden.

(16)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Frankreichs umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Frankreich gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Frankreich berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 6 wider.

(17)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme (8) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung wider.

(18)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 6 wider.

(19)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Gestützt auf diese Analyse hat der Rat spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist (9). Als ein Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Frankreich auch die vollständige und fristgerechte Umsetzung dieser Empfehlungen sicherstellen —

EMPFIEHLT, dass Frankreich 2015 und 2016

1.

wirksame Maßnahmen im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit trifft und eine nachhaltige Korrektur des übermäßigen Defizits bis 2017 gewährleistet, indem es die Haushaltsstrategie verstärkt, die in den jeweiligen Jahren erforderlichen Maßnahmen ergreift und sämtliche unerwarteten Mehreinnahmen zum Defizit- und Schuldenabbau verwendet; die in diesen Jahren geplanten Ausgabenkürzungen spezifiziert und eine unabhängige Bewertung der Auswirkungen der wichtigsten Maßnahmen vorlegt;

2.

verstärkt Anstrengungen unternimmt, um eine effektive Ausgabenüberprüfung zu gewährleisten, weiterhin eine Bewertung staatlicher Maßnahmen vorzunehmen und Einsparpotenziale in allen Teilsektoren des Sektors Staat, unter anderem in der Sozialversicherung und bei den kommunalen Gebietskörperschaften, zu ermitteln; Maßnahmen trifft, um den Anstieg der Verwaltungsausgaben der kommunalen Gebietskörperschaften einzudämmen; zusätzliche Maßnahmen trifft, um das Rentensystem ins Gleichgewicht zu bringen, und insbesondere bis März 2016 die langfristige finanzielle Tragfähigkeit der ergänzenden Altersversorgungssysteme sicherstellt;

3.

gewährleistet, dass an der Senkung der Arbeitskosten, die aus den Steuergutschriften für Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung und dem Verantwortungs- und Solidaritätspakt resultiert, festgehalten wird und dass diese wie geplant im Jahr 2016 eingeführt werden; die Wirksamkeit dieser Regelungen im Lichte der Rigiditäten auf dem Arbeitsmarkt und den Produktmärkten bewertet; das Lohnbildungssystem in Konsultation mit den Sozialpartnern gemäß nationalen Gepflogenheiten reformiert, um zu gewährleisten, dass sich Löhne und Gehälter entsprechend der Produktivität entwickeln; eine mit den Zielen der Förderung von Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit vereinbare Entwicklung des Mindestlohns sicherstellt;

4.

bis Ende 2015 rechtliche Hindernisse, die dem Wachstum von Unternehmen im Wege stehen, abbaut und insbesondere in Rechtsvorschriften enthaltene Größenkriterien überprüft, um Schwelleneffekte zu vermeiden; ab 2015 die Beschränkungen für den Zugang zu reglementierten Berufen und deren Ausübung — über die Rechtsberufe hinaus — aufhebt, vor allem bei den Gesundheitsberufen;

5.

das Steuersystem einfacher und effizienter gestaltet und zu diesem Zweck insbesondere ineffiziente Steuerausgaben abschafft; mit Blick auf die Förderung von Investitionen Maßnahmen zur Senkung produktionsbezogener Steuern und des gesetzlichen Körperschaftsteuersatzes trifft und gleichzeitig die Bemessungsgrundlage für die Verbrauchsteuern verbreitert; ab 2015 Maßnahmen zur Abschaffung ineffizienter Steuern und Abgaben trifft, die lediglich geringe oder gar keine Einnahmen generieren;

6.

das Arbeitsrecht in einer Weise reformiert, dass stärkere Anreize für Arbeitgeber geschaffen werden, Einstellungen auf der Grundlage unbefristeter Verträge vorzunehmen; Abweichungen von allgemeinen Rechtsvorschriften, insbesondere in Bezug auf die Arbeitszeitregelungen, auf Unternehmens- und Branchenebene erleichtert; das Gesetz zur Einführung der „Accords de maintien de l'emploi“ bis Ende 2015 reformiert, um die Verbreitung solcher Vereinbarungen in den Unternehmen zu fördern; im Benehmen mit den Sozialpartnern und entsprechend den nationalen Gepflogenheiten Maßnahmen zur Reform der Arbeitslosenversicherung trifft mit dem Ziel, die finanzielle Tragfähigkeit des Systems wiederherzustellen und stärkere Anreize für die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit zu schaffen.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(4)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm Frankreichs 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Frankreichs 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 42).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 11).

(6)  Die Regierung hat ihr mittelfristiges Ziel gegenüber dem vorherigen Stabilitätsprogramm nach oben korrigiert und strebt nunmehr ein strukturelles Defizit von 0,4 % des BIP (gegenüber 0,25 % im letztjährigen Programm) an. Auch soll das mittelfristige Ziel ein Jahr später erreicht werden als im letztjährigen Stabilitätsprogramm vorgesehen.

(7)  Der strukturelle Saldo, der von der Kommission auf der Grundlage der Angaben im Stabilitätsprogramm nach der gemeinsamen Methodik neu berechnet wurde.

(8)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(9)  ABl. C 272 vom 18.8.2015, S. 98.