12.9.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 271/93


EMPFEHLUNG DER KOMMISSION

vom 10. September 2014

zum Monitoring des Vorkommens von 2- und 3-Monochlorpropan-1,2-diol (2- und 3-MCPD), von 2- und 3-MCPD-Fettsäureestern und Glycidyl-Fettsäureestern in Lebensmitteln

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2014/661/EU)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 292,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

3-Monochlorpropan-1,2-diol (3-MCPD) ist ein bei der Verarbeitung von Lebensmitteln entstehender Kontaminant, der als potenziell humankarzinogen eingestuft ist und für den eine duldbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) von 2 μg/kg Körpergewicht festgelegt wurde (1). Mit der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 der Kommission (2) wurde für hydrolysiertes Pflanzenprotein (HVP) und Sojasoße ein Höchstgehalt von 20 μg/kg festgelegt, der sich auf flüssige Erzeugnisse mit 40 % Trockenmasse bezieht, was einem Höchstgehalt von 50 μg/kg Trockenmasse entspricht.

(2)

2- und 3-Monochlorpropan-1,2-diol (MCPD)-Ester und Glycidylester sind wichtige Kontaminanten in verarbeiteten Speiseölen, die als Lebensmittel oder Lebensmittelzutat verwendet werden. Das Gremium für Kontaminanten in der Lebensmittelkette der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), CONTAM, stimmte der Einschätzung zu, dass 3-MCPD-Ester zu 100 % im menschlichen Körper freigesetzt werden (3).

(3)

Glycidylfettsäureester (GE) sind Kontaminanten, die bei der Raffination von Speiseölen während der Verarbeitungsstufe der Desodorierung entstehen. Die toxikologische Relevanz von Glycidylfettsäureestern ist noch nicht vollständig geklärt. Glycidyl selber ist als wahrscheinlich humankarzinogen eingestuft. Jüngste Studien weisen darauf hin, dass Glycidyol aus Fettsäureestern im menschlichen Verdauungstrakt (fast) vollständig freigesetzt wird.

(4)

Am 20. September 2013 hat die EFSA einen wissenschaftlichen Bericht über das Vorkommen von 3-Monochlorpropan-1,2-diol (3-MCPD) in Lebensmitteln in Europa in den Jahren 2009-2011 mit einer vorläufigen Expositionsbewertung veröffentlicht (4).

(5)

Für eine präzisere Expositionsbewertung sind mehr Daten zum Vorkommen der MCPD-Fettsäureester und Glycidyl-Fettsäureester erforderlich.

(6)

Daher ist es angezeigt, ein Monitoring des Vorkommens von MCPD, MCPD-Estern und Glycidylestern in Pflanzenölen und -fetten, daraus gewonnenen Lebensmitteln und Lebensmitteln, die Pflanzenöle und -fette enthalten, zu empfehlen —

HAT FOLGENDE EMPFEHLUNG ABGEGEBEN:

(1)

Die Mitgliedstaaten sollten unter aktiver Mitwirkung der Futter- und Lebensmittelunternehmer das Vorkommen von 2- und 3-MCPD, 2- und 3-MCPD-Fettsäureestern und Glycidyl-Fettsäureestern in Lebensmitteln überwachen, insbesondere in:

a)

Pflanzenölen und -fetten und daraus gewonnenen Lebensmitteln wie Margarine und ähnliche Erzeugnisse;

b)

Lebensmitteln für eine besondere Ernährung im Sinne der Richtlinie 2009/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (5), die für Säuglinge und Kleinkinder bestimmt sind, einschließlich Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung im Sinne der Richtlinie 2006/141/EG der Kommission (6) und diätetischen Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke im Sinne der Richtlinie 1999/21/EG der Kommission (7), die für Säuglinge bestimmt sind,

c)

feinen Backwaren, Brot und Brötchen,

d)

Dosenfleisch (geräuchert) und Dosenfisch (geräuchert),

e)

Knabbereien auf Kartoffel- oder Getreidebasis und sonstigen frittierten Kartoffelerzeugnissen,

f)

Lebensmitteln, die Pflanzenöle enthalten und Lebensmittel, die mit Pflanzenölen zubereitet/hergestellt werden.

Es ist bekannt, dass der Nachweis von 2- und 3-MCPD, 2- und 3-MCPD-Fettsäureestern und Glycidyl-Fettsäureestern in den unter den Buchstaben b bis f genannten Lebensmitteln schwierig ist und noch keine Analysemethoden existieren, die in einem Ringversuch validiert wurden. Daher muss der Analyse von Lebensmitteln gemäß den Buchstaben b bis f besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, damit gewährleistet ist, dass die erhobenen Daten zuverlässig sind.

Mitgliedstaaten, die planen, die unter den Buchstaben b bis f genannten Lebensmittel auf das Vorkommen von 2- und 3-MCPD, 2- und 3-MCPD-Fettsäureestern und Glycidyl-Fettsäureestern zu analysieren, können daher, sofern dies angemessen und erforderlich erscheint, die Gemeinsame Forschungsstelle der Kommission, Institut für Referenzmaterialien und -messungen (IRMM), Referat „Standards for Food Bioscience“ (Normen für Lebensmittel-Biowissenschaften) um technische Unterstützung ersuchen.

(2)

Um sicherzustellen, dass die Proben repräsentativ für die beprobte Charge sind, sollten die Mitgliedstaaten den in Teil B des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 333/2007 der Kommission (8) aufgeführten Probenahmeverfahren folgen.

(3)

Zum Nachweis von verestertem MCPD und Glycidol wird die Verwendung der Standardmethoden der American Oil Chemists' Society empfohlen. Dabei handelt es sich um Gaschromatographie-Massenspektrometrie-Methoden (GC-MS), die in einem Ringversuch für Pflanzenöle und -fette validiert wurden und unter www.aocs.org verfügbar sind.

Die Bestimmungsgrenze für die Analyse auf MCPD und mit Fettsäuren verestertes Glycidol in Speiseölen und -fetten sollte nicht über 100 μg/kg liegen. Bei anderen Lebensmitteln, die mehr als 10 % Fett enthalten, sollte die Bestimmungsgrenze vorzugsweise im Verhältnis zum Fettanteil des Lebensmittels nicht höher sein, d. h., die Bestimmungsgrenze für die Analyse auf MCPD- und Glycidol-Fettsäureestern in Lebensmitteln, die 20 % Fett enthalten, sollte nicht über 20 μg/kg — bezogen auf das Gesamtgewicht — liegen. Bei Lebensmitteln, die weniger als 10 % Fett enthalten, sollte die Bestimmungsgrenze nicht über 10 μg/kg — bezogen auf das Gesamtgewicht — liegen.

(4)

Labore sollten über Qualitätskontrollverfahren verfügen, damit eine Umwandlung der Glycidylester in MCPD-Ester bzw. der MCPD-Ester in Glycidylester während der Analyse vermieden wird. Außerdem ist eine eindeutige Spezifizierung der Messgröße und eine separate Angabe des in der analysierten Matrix der 2- und 3-MCPD-Fettsäureester vorhandenen freien 2- und 3-MCPD erforderlich, da beide als 3-MCPD gemessen werden. Folgende Messgrößen sollten separat ausgewiesen werden:

2-MCPD,

3-MCPD,

2-MCPD-Ester,

3-MCPD-Ester,

Glycidylester.

Bislang liegen keine Nachweise für das Vorkommen von freiem Glycidol in den unter Nummer 1 genannten Lebensmitteln vor. Sollte jedoch bei der Analyse freies Glycidol nachgewiesen werden, sollte dies separat angegeben werden.

(5)

Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass die Ergebnisse der Analysen der EFSA regelmäßig (alle sechs Monate) übermittelt werden und dass dies in Form des EFSA-Übermittlungsformats gemäß dem EFSA-Leitfaden zur „Standard Sample Description (SSD)“ für Lebens- und Futtermittel (9) und den zusätzlichen spezifischen Berichterstattungsanforderungen der EFSA geschieht.

Um zu gewährleisten, dass möglichst viele nützliche und verfügbare Daten zum Monitoring eingereicht werden, wird ein vereinfachtes Format mit weniger auszufüllenden Pflichtfeldern zur Verfügung gestellt.

(6)

Um eine einheitliche Anwendung dieser Empfehlung und die Vergleichbarkeit der Berichte über die Ergebnisse zu gewährleisten, wird ein entsprechender Leitfaden erstellt.

Brüssel, den 10. September 2014

Für die Kommission

Tonio BORG

Mitglied der Kommission


(1)  Stellungnahme des Wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses zu 3-Monochlorpropan-1,2-diol (3-MCPD), aktualisierte Fassung der Stellungnahme des Ausschusses aus dem Jahr 1994 (abgegeben am 30. Mai 2001), http://ec.europa.eu/food/fs/sc/scf/out91_en.pdf

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 der Kommission vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln (ABl. L 364 vom 20.12.2006, S. 5).

(3)  Stellungnahme des Wissenschaftlichen Gremiums für Kontaminanten in der Lebensmittelkette (CONTAM) zu 3-MCPD-Estern auf Anfrage der Europäischen Kommission (Statement of the Scientific Panel on Contaminants in the Food chain (CONTAM) on a request from the European Commission related to 3-MCPD esters) http://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/doc/1048.pdf.

(4)  Analyse der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit in Bezug auf das Vorkommen von 3-Monochlorpropan-1,2-diol (3-MCPD) in Lebensmitteln in Europa in den Jahren 2009-2011 und vorläufige Expositionsbewertung aus dem Jahr 2013 (European Food Safety Authority, 2013 Analysis of occurrence of 3-monochloropropane-1,2-diol (3-MCPD) in food in Europe in the years 2009-2011 and preliminary exposure assessment). EFSA Journal 2013; 11(9):3381. [45 S.] doi:10.2903/j.efsa.2013.3381. Online unter: www.efsa.europa.eu/efsajournal.

(5)  Richtlinie 2009/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind (ABl. L 124 vom 20.5.2009, S. 21).

(6)  Richtlinie 2006/141/EG der Kommission vom 22. Dezember 2006 über Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung und zur Änderung der Richtlinie 1999/21/EG (ABl. L 401 vom 30.12.2006, S. 1).

(7)  Richtlinie 1999/21/EG der Kommission vom 25. März 1999 über diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (ABl. L 91 vom 7.4.1999, S. 29).

(8)  Verordnung (EG) Nr. 333/2007 der Kommission vom 28. März 2007 zur Festlegung der Probenahmeverfahren und Analysemethoden für die amtliche Kontrolle des Gehalts an Blei, Cadmium, Quecksilber, anorganischem Zinn, 3-MCPD und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen in Lebensmitteln (ABl. L 88 vom 29.3.2007, S. 29).

(9)  http://www.efsa.europa.eu/de/datex/datexsubmitdata.htm