6.11.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 295/1


VERORDNUNG (EU) Nr. 1051/2013 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 22. Oktober 2013

zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 zwecks Festlegung einer gemeinsamen Regelung für die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen unter außergewöhnlichen Umständen

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION,

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 77 Absätze 1 und 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der Aufbau eines Raums, in dem der freie Personenverkehr über die Binnengrenzen hinweg gewährleistet ist, ist eine der größten Errungenschaften der Union. In einem Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen bedarf es einer gemeinsamen Antwort auf Situationen, die eine ernsthafte Bedrohung für die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit dieses Raums, Teilen dieses Raums oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten darstellen, indem die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen unter außergewöhnlichen Umständen gestattet wird, ohne dass der Grundsatz des freien Personenverkehrs berührt wird. Angesichts der möglichen Auswirkungen derartiger nur als letztes Mittel anzuwendender Maßnahmen auf alle Personen, die innerhalb des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen über das Recht auf Freizügigkeit verfügen, müssen die Bedingungen und Verfahren für die Wiedereinführung solcher Maßnahmen festgelegt werden, um sicherzustellen, dass sie eine Ausnahme darstellen und dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wird. Der Umfang und die Dauer der vorübergehenden Wiedereinführung solcher Maßnahmen sollten auf das zur Bewältigung einer ernsthaften Bedrohung für die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit unbedingt erforderliche Mindestmaß begrenzt werden.

(2)

Der freie Personenverkehr innerhalb des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen ist eine zentrale Errungenschaft der Union. Da der freie Personenverkehr durch die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen beeinträchtigt wird, sollten Entscheidungen über die Wiedereinführung solcher Kontrollen nach gemeinsam festgelegten Kriterien getroffen und der Kommission ordnungsgemäß mitgeteilt oder von einem Organ der Union empfohlen werden. In jedem Fall sollte die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen eine Ausnahme bleiben und nur als letztes Mittel in begrenztem Umfang und für einen befristeten Zeitraum auf der Grundlage bestimmter objektiver Kriterien und einer auf Unionsebene zu überwachenden Bewertung der Notwendigkeit einer derartigen Maßnahme eingesetzt werden. Erfordert eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit sofortiges Handeln, so sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit zur Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen für einen Zeitraum von längstens zehn Tagen haben. Eine Verlängerung dieses Zeitraums sollte auf Unionsebene überwacht werden.

(3)

Die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen sollte anhand der Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit, die dem Erfordernis einer solchen Wiedereinführung zugrunde liegt, geprüft werden; darüber hinaus sollte untersucht werden, welche alternativen Maßnahmen auf nationaler und/oder Unionsebene ergriffen werden könnten und welche Auswirkungen diese Kontrollen auf den freien Personenverkehr innerhalb des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen hätte.

(4)

Im Falle einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit auf Ebene des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen oder auf nationaler Ebene, insbesondere als Folge von terroristischen Zwischenfällen oder Bedrohungen oder von Bedrohungen durch die organisierte Kriminalität, könnte die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen im Ausnahmefall geboten sein.

(5)

Migration und das Überschreiten der Außengrenzen durch eine große Anzahl von Drittstaatsangehörigen sollte nicht an sich als Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit betrachtet werden.

(6)

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist eine Abweichung vom grundlegenden Prinzip der Freizügigkeit eng auszulegen und setzt der Rückgriff auf den Begriff der öffentlichen Ordnung auf jeden Fall voraus, dass eine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

(7)

Auf Grundlage der gesammelten Erfahrungen in Bezug auf die Funktionsweise des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen und als Beitrag zur Gewährleistung einer kohärenten Umsetzung des Schengen-Besitzstands kann die Kommission Leitlinien zur Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen erarbeiten, und zwar in Fällen, die eine Maßnahme als vorübergehende Reaktion verlangen, und in Fällen, die eine sofortige Maßnahme erforderlich machen. Diese Leitlinien sollten klare Indikatoren enthalten, die die Bewertung der Umstände erleichtern, die eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit darstellen könnten.

(8)

Werden in einem Evaluierungsbericht schwerwiegende Mängel bei Kontrollen an den Außengrenzen festgestellt, so sollten der Kommission, um die Einhaltung der gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 des Rates vom 7. Oktober 2013 zur Einführung eines Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus für die Überprüfung der Anwendung des Schengen-Besitzstands (2) angenommenen Empfehlungen zu gewährleisten, Durchführungsbefugnisse übertragen werden, damit sie empfehlen kann, dass der evaluierte Mitgliedstaat bestimmte Maßnahmen wie den Einsatz von Europäischen Grenzschutzteams, die Unterbreitung strategischer Pläne oder – als letztes Mittel unter Berücksichtigung des Ernstes der Lage – die Schließung einer bestimmten Grenzübergangsstelle ergreift. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (3), ausgeübt werden. Gemäß Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer iii jener Verordnung sollte das Prüfverfahren angewandt werden.

(9)

Die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an bestimmten Binnengrenzen nach einem besonderen Verfahren auf Unionsebene könnte auch im Falle außergewöhnlicher Umstände und als letztes Mittel gerechtfertigt sein, wenn aufgrund anhaltender schwerwiegender Mängel im Zusammenhang mit der Kontrolle von Außengrenzen, die im Rahmen eines strengen Evaluierungsverfahrens nach den Artikeln 14 und 15 der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 festgestellt wurden, das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen insgesamt gefährdet ist, insoweit diese Umstände eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit in diesem Raum oder in Teilen dieses Raums darstellen würden. Dieses besondere Verfahren für die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an bestimmten Binnengrenzen könnte auch unter denselben Voraussetzungen dadurch ausgelöst werden, dass der evaluierte Mitgliedstaat seine Pflichten in schwerwiegender Weise vernachlässigt hat. Da solche Maßnahmen, welche die nationalen Exekutiv- und Vollstreckungsbefugnisse in Bezug auf die Kontrolle an den Binnengrenzen berühren, politisch heikel sind, sollten dem Rat Durchführungsbefugnisse übertragen werden, damit er auf Vorschlag der Kommission Empfehlungen nach diesem besonderen Verfahren auf Unionsebene annehmen kann.

(10)

Vor der Annahme derartiger Empfehlungen über die vorübergehende Wiedereinführung der Kontrollen an bestimmten Binnengrenzen sollte rechtzeitig und gründlich geprüft werden, inwieweit auf Maßnahmen, die auf die Beseitigung des ursprünglichen Problems zielen, zurückgegriffen werden kann, beispielsweise auf Hilfsmaßnahmen durch Einrichtungen und sonstige Stellen der Union wie die durch die Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates (4) errichtete Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (im Folgenden „Frontex“) oder das durch den Beschluss 2009/371/JI des Rates (5) errichtete Europäische Polizeiamt (im Folgenden „Europol“) und Unterstützungsmaßnahmen technischer oder finanzieller Art auf nationaler und/oder auf Unionsebene. Wird ein schwerwiegender Mangel festgestellt, so kann die Kommission finanzielle Unterstützungsmaßnahmen ergreifen, um dem betreffenden Mitgliedstaat zu helfen. Des Weiteren sollte sich jegliche Empfehlung der Kommission oder des Rates auf fundierte Informationen stützen.

(11)

Die Kommission sollte die Möglichkeit haben, sofort geltende Durchführungsrechtsakte zu erlassen, wenn dies in hinreichend begründeten Fällen im Zusammenhang mit Umständen, die eine Verlängerung der Kontrollen an den Binnengrenzen erfordern, aus Gründen äußerster Dringlichkeit erforderlich ist.

(12)

Die Evaluierungsberichte und Empfehlungen nach den Artikeln 14 und 15 der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 sollten die Grundlage für das Auslösen der in dieser Verordnung vorgesehenen bestimmten Maßnahmen im Falle schwerwiegender Mängel bei den Kontrollen an den Außengrenzen und des ebenfalls in dieser Verordnung vorgesehenen besonderen Verfahrens im Falle außergewöhnlicher Umstände, in denen das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen insgesamt gefährdet ist, bilden. Die Mitgliedstaaten und die Kommission nehmen gemeinsam regelmäßige, objektive und unparteiische Evaluierungen vor, um zu überprüfen, ob diese Verordnung ordnungsgemäß angewendet wird, und die Kommission koordiniert die Evaluierungen in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten. Der Evaluierungsmechanismus umfasst folgende Elemente: mehrjährige und jährliche Evaluierungsprogramme, angekündigte und unangekündigte Inspektionen vor Ort durch ein kleines Team, das sich aus Vertretern der Kommission und von den Mitgliedstaaten benannten Experten zusammensetzt, von der Kommission angenommene Berichte über das Ergebnis der Evaluierung, vom Rat auf Vorschlag der Kommission angenommene Empfehlungen für Abhilfemaßnahmen, geeignete Folgemaßnahmen, Überwachung und Berichterstattung.

(13)

Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Festlegung gemeinsamer Regeln zur vorübergehenden Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen auf Ebene der Mitgliedstaaten im Falle außergewöhnlichen Umstände, nur auf Unionsebene zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(14)

Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet. Da diese Verordnung den Schengen-Besitzstand gemäß Titel V des dritten Teils des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ergänzt, beschließt Dänemark gemäß Artikel 4 des genannten Protokolls innerhalb von sechs Monaten nach dem Beschluss des Rates über diese Verordnung, ob es sie in nationales Recht umsetzt.

(15)

Diese Verordnung stellt eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, an denen sich das Vereinigte Königreich gemäß dem Beschluss 2000/365/EG des Rates vom 29. Mai 2000 zum Antrag des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, einzelne Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf sie anzuwenden (6), nicht beteiligt; das Vereinigte Königreich beteiligt sich daher nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

(16)

Diese Verordnung stellt eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, an denen sich Irland gemäß dem Beschluss 2002/192/EG des Rates vom 28. Februar 2002 zum Antrag Irlands auf Anwendung einzelner Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf Irland (7) nicht beteiligt. Irland beteiligt sich daher nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

(17)

Für Island und Norwegen stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Übereinkommens zwischen dem Rat der Europäischen Union sowie der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung der beiden letztgenannten Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (8) dar, die zu dem in Artikel 1 Buchstabe A des Beschlusses 1999/437/EG des Rates vom 17. Mai 1999 zum Erlass bestimmter Durchführungsvorschriften zu jenem Übereinkommen (9) genannten Bereich gehören.

(18)

Für die Schweiz stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (10) dar, die zu dem in Artikel 1 Buchstabe A des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 3 des Beschlusses 2008/146/EG des Rates (11) genannten Bereich gehören.

(19)

Für Liechtenstein stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung von Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Protokolls zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (12) dar, die zu dem in Artikel 1 Buchstabe A des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 3 des Beschlusses 2011/350/EU des Rates (13) genannten Bereich gehören.

(20)

Für Zypern stellt diese Verordnung einen auf dem Schengen-Besitzstand aufbauenden oder anderweitig damit zusammenhängenden Rechtsakt im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2003 dar.

(21)

Für Bulgarien und Rumänien stellt diese Verordnung einen auf dem Schengen-Besitzstand aufbauenden oder anderweitig damit zusammenhängenden Rechtsakt im Sinne des Artikels 4 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2005 dar.

(22)

Für Kroatien stellt diese Verordnung einen auf dem Schengen-Besitzstand aufbauenden oder anderweitig damit zusammenhängenden Rechtsakt im Sinne des Artikels 4 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2011 dar.

(23)

Diese Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, einschließlich denen des freien Personenverkehrs und der Aufenthaltsfreiheit, die insbesondere in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. Ihre Anwendung hat unter Beachtung dieser Rechte und Grundsätze zu erfolgen.

(24)

Die Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (14) sollte daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Verordnung (EG) Nr. 562/2006 wird wie folgt geändert:

1.

In Titel II wird folgendes Kapitel angefügt:

KAPITEL IVa

Bestimmte Maßnahmen im Falle schwerwiegender Mängel bei den Kontrollen an den Außengrenzen

Artikel 19a

Maßnahmen an Außengrenzen und Unterstützung durch die Agentur

(1)   Werden in einem nach Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 des Rates vom 7. Oktober 2013 zur Einführung eines Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus für die Überprüfung der Anwendung des Schengen-Besitzstands (15) erstellten Evaluierungsbericht schwerwiegende Mängel bei Kontrollen an den Außengrenzen festgestellt, so kann die Kommission, um die Einhaltung der Empfehlungen gemäß Artikel 15 jener Verordnung zu gewährleisten, dem evaluierten Mitgliedstaat im Wege eines Durchführungsrechtsakts empfehlen, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen, die eine oder beide der folgenden Maßnahmen umfassen können:

(a)

Anforderung des Einsatzes von Europäischen Grenzschutzteams gemäß den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004;

(b)

Unterbreitung seiner strategischen Pläne, die sich auf eine Risikoanalyse stützen und Angaben zu dem Einsatz von Personal und Ausrüstung beinhalten, an die Agentur für eine diesbezügliche Stellungnahme.

Dieser Durchführungsrechtsakt wird gemäß dem in Artikel 33a Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

(2)   Die Kommission unterrichtet den gemäß Artikel 33a Absatz 1 eingerichteten Ausschuss regelmäßig über die Fortschritte bei der Umsetzung der in Absatz 1 des vorliegenden Artikels aufgeführten Maßnahmen und über ihre Wirksamkeit bei der Beseitigung der ermittelten Schwachstellen.

Sie unterrichtet auch das Europäische Parlament und den Rat.

(3)   Ist in einem Evaluierungsbericht nach Absatz 1 festgestellt worden, dass der evaluierte Mitgliedstaat seine Pflichten in schwerwiegender Weise vernachlässigt und infolgedessen nach Artikel 16 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 verpflichtet ist, innerhalb von drei Monaten einen Bericht über die Umsetzung des einschlägigen Aktionsplans vorzulegen, und stellt die Kommission nach Ablauf der drei Monate fest, dass die Situation unverändert ist, so kann sie, wenn alle Voraussetzungen hierfür erfüllt sind, die Anwendung des in Artikel 26 der vorliegenden Verordnung vorgesehenen Verfahrens auslösen.

2.

Artikel 23 bis 27 erhalten folgende Fassung:

„Artikel 23

Allgemeiner Rahmen für die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen

(1)   Ist im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit in einem Mitgliedstaat ernsthaft bedroht, so ist diesem Mitgliedstaat unter außergewöhnlichen Umständen die Wiedereinführung von Kontrollen an allen oder bestimmten Abschnitten seiner Binnengrenzen für einen begrenzten Zeitraum von höchstens 30 Tagen oder für die vorhersehbare Dauer der ernsthaften Bedrohung, wenn ihre Dauer den Zeitraum von 30 Tagen überschreitet, gestattet. Die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen darf in Umfang und Dauer nicht über das Maß hinausgehen, das zur Bewältigung der ernsthaften Bedrohung unbedingt erforderlich ist.

(2)   Kontrollen an den Binnengrenzen werden nur als letztes Mittel und im Einklang mit den Artikeln 24, 25 und 26 wiedereingeführt. Wird ein Beschluss zur Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen nach Artikel 24, 25 oder 26 in Betracht gezogen, so sind die in Artikel 23a beziehungsweise 26a genannten Kriterien in jedem einzelnen Fall zu Grunde zu legen

(3)   Hält die ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit in dem betreffenden Mitgliedstaat über den in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Zeitraum hinaus an, so kann dieser Mitgliedstaat die Kontrollen an seinen Binnengrenzen unter Zugrundelegung der in Artikel 23a genannten Kriterien und gemäß Artikel 24 aus den in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Gründen und unter Berücksichtigung neuer Umstände für weitere Zeiträume von höchstens 30 Tagen verlängern.

(4)   Der Gesamtzeitraum, innerhalb dessen Kontrollen an den Binnengrenzen wiedereingeführt werden können, einschließlich etwaiger Verlängerungen nach Absatz 3 dieses Artikels, beträgt höchstens sechs Monate. Liegen außergewöhnliche Umstände im Sinne von Artikel 26 vor, so kann dieser Gesamtzeitraum gemäß Artikel 26 Absatz 1 auf eine Höchstdauer von zwei Jahren verlängert werden.

Artikel 23a

Kriterien für die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen

Beschließt ein Mitgliedstaat gemäß Artikel 23 oder Artikel 25 Absatz 1 als letztes Mittel die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an einer oder an mehreren seiner Binnengrenzen oder an bestimmten Abschnitten der Binnengrenzen oder eine Verlängerung dieser Wiedereinführung, so bewertet er, inwieweit mit einer derartigen Maßnahme der Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit voraussichtlich angemessen begegnet werden kann und ob die Verhältnismäßigkeit zwischen der Maßnahme und der Bedrohung gewahrt ist. Bei der Durchführung dieser Bewertungen trägt der Mitgliedstaat insbesondere folgenden Gesichtspunkten Rechnung:

a)

den voraussichtlichen Auswirkungen jeglicher Bedrohung seiner öffentlichen Ordnung oder seiner inneren Sicherheit, einschließlich als Folge von terroristischen Zwischenfällen oder Bedrohungen sowie durch die organisierte Kriminalität;

b)

den voraussichtlichen Auswirkungen, die diese Maßnahme auf den freien Personenverkehr innerhalb des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen haben wird.

Artikel 24

Bei der vorübergehenden Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen anzuwendendes Verfahren nach Artikel 23 Absatz 1

(1)   Beabsichtigt ein Mitgliedstaat die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen nach Artikel 23 Absatz 1, so teilt er dies den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission spätestens vier Wochen vor der geplanten Wiedereinführung mit, oder innerhalb einer kürzeren Frist, wenn die Umstände, welche die Wiedereinführung der Kontrollen an den Binnengrenzen erfordern, weniger als vier Wochen vor der geplanten Wiedereinführung bekannt werden. Hierzu übermittelt der Mitgliedstaat folgende Angaben:

a)

die Gründe für die geplante Wiedereinführung, einschließlich sämtlicher sachdienlichen Daten zu den Ereignissen, die eine ernsthafte Bedrohung seiner öffentlichen Ordnung oder seiner inneren Sicherheit darstellen;

b)

den Umfang der geplanten Wiedereinführung mit Angabe des Abschnitts/der Abschnitte der Binnengrenzen, an dem/denen die Kontrollen wieder eingeführt werden sollen;

c)

die Bezeichnungen der zugelassenen Grenzübergangsstellen;

d)

den Zeitpunkt und die Dauer der beabsichtigten Wiedereinführung;

e)

gegebenenfalls die von den anderen Mitgliedstaaten zu treffenden Maßnahmen.

Eine Mitteilung nach Unterabsatz 1 kann auch durch zwei oder mehr Mitgliedstaaten gemeinsam erfolgen.

Erforderlichenfalls kann die Kommission bei dem betreffenden Mitgliedstaat bzw. den betreffenden Mitgliedstaaten zusätzliche Informationen anfordern.

(2)   Die in Absatz 1 genannten Informationen sind dem Europäischen Parlament und dem Rat zur gleichen Zeit zu übermitteln, zu der sie den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission gemäß Absatz 1 übermittelt werden.

(3)   Der Mitgliedstaat, der eine Mitteilung gemäß Unterabsatz 1 macht, kann, sofern dies erforderlich ist und seinem nationalen Recht entspricht, beschließen, Teile dieser Informationen als Verschlusssache einzustufen.

Diese Einstufung schließt nicht aus, dass dem Europäischen Parlament von der Kommission Informationen zur Verfügung gestellt werden. Die Übermittlung und Behandlung der dem Europäischen Parlament nach diesem Artikel übermittelten Informationen und Dokumente erfolgt gemäß den Regeln für die Weiterleitung und Behandlung von Verschlusssachen, die zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission gelten.

(4)   Im Anschluss an die Mitteilung durch den betreffenden Mitgliedstaat nach Absatz 1 des vorliegenden Artikels und im Hinblick auf die Konsultationen gemäß Absatz 5 des vorliegenden Artikels kann die Kommission oder jeder andere Mitgliedstaat unbeschadet des Artikels 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union eine Stellungnahme abgeben.

Hat die Kommission aufgrund der in der Mitteilung enthaltenen Informationen oder aufgrund anderer erhaltener Informationen Bedenken hinsichtlich der Notwendigkeit oder Verhältnismäßigkeit der geplanten Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen oder hält sie eine Konsultation zu bestimmten Aspekten der Mitteilung für zweckmäßig, so gibt sie eine dahingehende Stellungnahme ab.

(5)   Die in Absatz 1 genannten Angaben sowie jegliche Stellungnahme der Kommission oder eines Mitgliedstaats nach Absatz 4 sind Gegenstand einer Konsultation, gegebenenfalls einschließlich gemeinsamer Sitzungen zwischen dem Mitgliedstaat, der die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen beabsichtigt, den anderen Mitgliedstaaten, insbesondere jenen, die von der solchen Maßnahmen unmittelbar betroffen sind, und der Kommission; Ziel dieser Konsultationen ist es, gegebenenfalls eine Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu organisieren und zu prüfen, ob die Maßnahmen im Verhältnis zu den Ereignissen, die der Anlass für die Wiedereinführung der Grenzkontrollen sind, sowie zur Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit stehen.

(6)   Die in Absatz 5 genannte Konsultation findet mindestens zehn Tage vor dem geplanten Zeitpunkt der Wiedereinführung der Grenzkontrollen statt.

Artikel 25

Besonderes Verfahren für Fälle, die sofortiges Handeln erfordern

(1)   Ist aufgrund einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit in einem Mitgliedstaat sofortiges Handeln erforderlich, so kann der betreffende Mitgliedstaat in Ausnahmefällen für einen begrenzten Zeitraum von höchstens zehn Tagen sofort wieder Kontrollen an den Binnengrenzen einführen.

(2)   Führt ein Mitgliedstaat an den Binnengrenzen wieder Kontrollen ein, so teilt er dies gleichzeitig den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission mit; er macht die Angaben gemäß Artikel 24 Absatz 1 einschließlich der Gründe, die eine Inanspruchnahme des in dem vorliegenden Artikel beschriebenen Verfahrens rechtfertigen. Nach Erhalt einer solchen Mitteilung kann die Kommission die anderen Mitgliedstaaten sofort konsultieren.

(3)   Dauert die ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit über den in Absatz 1 genannten Zeitraum an, so kann der Mitgliedstaat beschließen, die Kontrollen an den Binnengrenzen für verlängerbare Zeiträume von höchstens 20 Tagen zu verlängern. Der betreffende Mitgliedstaat berücksichtigt die in Artikel 23a genannten Kriterien, einschließlich einer aktualisierten Bewertung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahme, sowie etwaiger neue Umstände.

Im Falle einer derartigen Verlängerung finden die Bestimmungen des Artikels 24 Absätze 4 und 5 entsprechend Anwendung, und die Konsultation findet unverzüglich nach der Mitteilung des Beschlusses über die Verlängerung an die Kommission und an die Mitgliedstaaten statt.

(4)   Unbeschadet des Artikels 23 Absatz 4 beträgt der Gesamtzeitraum, innerhalb dessen Kontrollen an den Binnengrenzen wiedereingeführt werden können, ausgehend vom ursprünglichen Zeitraum nach Absatz 1 und etwaiger Verlängerungen nach Absatz 3 höchstens zwei Monate.

(5)   Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament unverzüglich über die nach diesem Artikel erfolgten Mitteilungen.

Artikel 26

Besonderes Verfahren im Falle außergewöhnlicher Umstände, unter denen das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen insgesamt gefährdet ist

(1)   Im Falle außergewöhnlicher Umstände, unter denen aufgrund anhaltender schwerwiegender Mängel bei den Kontrollen an den Außengrenzen nach Artikel 19a das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen insgesamt gefährdet ist, und soweit diese Umstände eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen oder in Teilen dieses Raums darstellen, können die Mitgliedstaaten Kontrollen an den Binnengrenzen gemäß Absatz 2 des vorliegenden Artikels für einen Zeitraum von höchstens sechs Monaten wieder einführen. Dieser Zeitraum kann höchstens dreimal um einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Monaten verlängert werden, wenn diese außergewöhnlichen Umstände bestehen bleiben.

(2)   Der Rat kann als letztes Mittel und als Maßnahme zum Schutz der gemeinsamen Interessen im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen und wenn alle anderen Maßnahmen, insbesondere diejenigen gemäß Artikel 19a Absatz 1, die festgestellte ernsthafte Bedrohung nicht wirksam verringern können, empfehlen, dass ein oder mehrere Mitgliedstaaten beschließen, an allen oder bestimmten Abschnitten ihrer Binnengrenzen Kontrollen wieder einzuführen. Die Empfehlung des Rates stützt sich auf einen Vorschlag der Kommission. Die Mitgliedstaaten können die Kommission ersuchen, dem Rat einen solchen Vorschlag für eine Empfehlung vorzulegen.

Die Empfehlung des Rates enthält zumindest die Angaben nach Artikel 24 Absatz 1 Buchstaben a bis e.

Der Rat kann unter den Bedingungen und Verfahren dieses Artikels eine Verlängerung empfehlen.

Bevor ein Mitgliedstaat nach diesem Absatz Kontrollen an allen oder bestimmten Abschnitten seiner Binnengrenzen wieder einführt, teilt er dies den anderen Mitgliedstaaten, dem Europäischen Parlament und der Kommission mit.

(3)   Setzt ein Mitgliedstaat die in Absatz 2 genannte Empfehlung nicht um, so teilt er der Kommission unverzüglich schriftlich die Gründe dafür mit.

In diesem Fall legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht vor, in dem die von dem betreffenden Mitgliedstaat genannten Gründe und die Auswirkungen auf den Schutz der gemeinsamen Interessen des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen bewertet werden.

(4)   In hinreichend begründeten Fällen der Dringlichkeit im Zusammenhang mit Situationen, in denen die Umstände, die eine Verlängerung der Kontrollen an den Binnengrenzen im Einklang mit Absatz 2 erfordern, weniger als 10 Tage vor dem Ende des vorherigen Zeitraums der Wiedereinführung bekannt werden, kann die Kommission erforderliche Empfehlungen im Wege sofort geltender Durchführungsrechtsakte gemäß dem in Artikel 33a Absatz 3 genannten Verfahren erlassen. Innerhalb von 14 Tagen nach der Annahme solcher Empfehlungen legt die Kommission dem Rat einen Vorschlag für eine Empfehlung im Einklang mit Absatz 2 vor.

(5)   Dieser Artikel lässt die Maßnahmen unberührt, die die Mitgliedstaaten im Falle einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit nach den Artikeln 23, 24 und 25 erlassen können.

Artikel 26a

Kriterien für die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen im Falle außergewöhnlicher Umstände, unter denen das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen insgesamt gefährdet ist

(1)   Empfiehlt der Rat als letztes Mittel gemäß Artikel 26 Absatz 2 die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen an einer oder mehreren Binnengrenzen oder an bestimmten Abschnitten der Binnengrenzen, so bewertet er, inwieweit mit einer derartigen Maßnahme der Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen voraussichtlich angemessen begegnet werden kann und ob die Verhältnismäßigkeit zwischen der Maßnahme und der Bedrohung gewahrt ist. Diese Bewertung stützt sich auf detaillierte Informationen des betreffenden Mitgliedstaats/der betreffenden Mitgliedstaaten und der Kommission oder auf andere einschlägige Informationen, einschließlich der gemäß Absatz 2 des vorliegenden Artikels erhaltenen Informationen. Bei der Durchführung dieser Bewertung ist insbesondere folgenden Gesichtspunkten Rechnung zu tragen:

a)

der Verfügbarkeit technischer oder finanzieller Unterstützungsmaßnahmen, die auf nationaler und/oder Unionsebene in Anspruch genommen werden könnten oder in Anspruch genommen worden sind, einschließlich Hilfsmaßnahmen durch Einrichtungen und sonstige Stellen der Union wie die Agentur, das durch die Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (16) eingerichtete Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen oder das durch den Beschluss des Rates 2009/371/JI (17) eingerichtete Europäische Polizeiamt (Europol), und der Frage, inwieweit mit derartigen Maßnahmen den Bedrohungen der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen voraussichtlich angemessen begegnet werden kann;

b)

den derzeitigen und voraussichtlichen künftigen Auswirkungen schwerwiegender Mängel bei den Kontrollen an den Außengrenzen, die im Rahmen der gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 vorgenommenen Evaluierungen festgestellt wurden und dem Ausmaß der von solchen schwerwiegenden Mängeln ausgehenden ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen;

c)

den voraussichtlichen Auswirkungen der Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen auf den freien Personenverkehr innerhalb des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen.

(2)   Bevor die Kommission einen Vorschlag für eine Empfehlung des Rates gemäß Artikel 26 Absatz 2 annimmt, kann sie

a)

von den Mitgliedstaaten, der Agentur, Europol oder anderen Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union weitere Informationen anfordern;

b)

mit der Unterstützung von Sachverständigen aus den Mitgliedstaaten und der Agentur, Europol oder jeder anderen einschlägigen Einrichtung der Union Inspektionen vor Ort durchführen, um Informationen zu gewinnen oder zu überprüfen, die für die Empfehlung von Bedeutung sind.

Artikel 27

Unterrichtung des Europäischen Parlaments und des Rates

Die Kommission und der betreffende Mitgliedstaat/die betreffenden Mitgliedstaaten unterrichtet/unterrichten das Europäische Parlament und den Rat so bald wie möglich über etwaige Gründe, die die Anwendung der Artikel 19a und 23 bis 26a auslösen könnten.

3.

Die Artikel 29 und 30 erhalten folgende Fassung:

„Artikel 29

Bericht über die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen

Innerhalb von vier Wochen nach Aufhebung der Kontrollen an den Binnengrenzen legt der Mitgliedstaat, der die Kontrollen an seinen Binnengrenzen durchgeführt hat, dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission einen Bericht über die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen vor, in dem insbesondere die erste Bewertung und die Einhaltung der in den Artikeln 23a, 25 und 26a genannten Kriterien, die Durchführung der Kontrollen, die praktische Zusammenarbeit mit den benachbarten Mitgliedstaaten, die Auswirkungen auf den freien Personenverkehr und die Wirksamkeit der Wiedereinführung der Kontrollen an den Binnengrenzen, einschließlich einer Ex-post-Bewertung der Verhältnismäßigkeit der Wiedereinführung der Grenzkontrollen, dargestellt werden.

Die Kommission kann eine Stellungnahme zu dieser Ex-post-Bewertung der vorübergehenden Wiedereinführung von Kontrollen an einer oder mehreren Binnengrenzen oder an bestimmten Abschnitten der Binnengrenzen abgeben.

Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat mindestens einmal im Jahr einen Bericht über das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen vor. Der Bericht enthält eine Liste aller Beschlüsse zur Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen im Laufe des betreffenden Jahres.

Artikel 30

Unterrichtung der Öffentlichkeit

Die Kommission und der betreffende Mitgliedstaat unterrichten die Öffentlichkeit in abgestimmter Weise, wenn ein Beschluss betreffend die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen gefasst wurde, und unterrichten die Öffentlichkeit insbesondere über Anfang und Ende einer derartigen Maßnahme, es sei denn, übergeordnete Sicherheitsgründe stehen dem entgegen.“

4.

Folgender Artikel wird eingefügt:

„Artikel 33a

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (18).

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011. Gibt der Ausschuss keine Stellungnahme ab, so erlässt die Kommission den Durchführungsrechtsakt nicht und Artikel 5 Absatz 4 Unterabsatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 findet Anwendung.

(3)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 8 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 in Verbindung mit deren Artikel 5.

5.

Folgender Artikel wird eingefügt:

„Artikel 37a

Evaluierungsmechanismus

(1)   Im Einklang mit dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und dem Vertrag über die Europäische Union und unbeschadet ihrer Vorschriften über Vertragsverletzungsverfahren wird die Umsetzung dieser Verordnung durch die einzelnen Mitgliedstaaten einer Evaluierung anhand eines Evaluierungsmechanismus unterzogen.

(2)   Die für den Evaluierungsmechanismus geltenden Vorschriften sind in der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 festgelegt. Gemäß diesem Evaluierungsmechanismus nehmen die Mitgliedstaaten und die Kommission gemeinsam regelmäßige, objektive und unparteiische Evaluierungen vor, um zu überprüfen, ob diese Verordnung ordnungsgemäß angewendet wird, und koordiniert die Kommission die Evaluierungen in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten. Im Rahmen dieses Mechanismus wird jeder Mitgliedstaat mindestens alle fünf Jahre durch ein kleines Team evaluiert, das sich aus Vertretern der Kommission und von den Mitgliedstaaten benannten Experten zusammensetzt.

Die Evaluierungen können im Wege angekündigter oder unangekündigter Inspektionen vor Ort an den Außen- und Binnengrenzen vorgenommen werden.

Im Einklang mit dem Evaluierungsmechanismus obliegt der Kommission die Annahme der mehrjährigen und jährlichen Evaluierungsprogramme und der Evaluierungsberichte.

(3)   Bei etwaigen Mängeln können den betreffenden Mitgliedstaaten Empfehlungen für Abhilfemaßnahmen übermittelt werden.

Werden in einem von der Kommission gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 angenommenen Evaluierungsbericht schwerwiegende Mängel bei der Durchführung von Kontrollen an den Außengrenzen festgestellt, so finden die Artikel 19a und 26 der vorliegenden Verordnung Anwendung.

(4)   Das Europäische Parlament und der Rat werden in allen Phasen der Evaluierung unterrichtet und erhalten alle einschlägigen Unterlagen nach Maßgabe der Vorschriften für Verschlusssachen.

(5)   Das Europäische Parlament wird sofort und umfassend über jeden Vorschlag unterrichtet, durch den die in der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 festgelegten Vorschriften geändert oder ersetzt werden sollen.“

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in den Mitgliedstaaten.

Geschehen zu Straßburg am 22. Oktober 2013.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

M. SCHULZ

Im Namen des Rates

Der Präsident

V. LEŠKEVIČIUS


(1)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 12. Juni 2013 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 7. Oktober 2013.

(2)  Siehe Seite 27 dieses Amtsblatts.

(3)  ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13.

(4)  Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates vom 26. Oktober 2004 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABl. L 349 vom 25.11.2004, S. 1).

(5)  Beschluss 2009/371/JI des Rates vom 6. April 2009 zur Errichtung des Europäischen Polizeiamts (Europol) (ABl. L 121 vom 15.5.2009, S. 37).

(6)  ABl. L 131 vom 1.6.2000, S. 43.

(7)  ABl. L 64 vom 7.3.2002, S. 20.

(8)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 36.

(9)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 31.

(10)  ABl. L 53 vom 27.2.2008, S. 52.

(11)  ABl. L 53 vom 27.2.2008, S. 1.

(12)  ABl. L 160 vom 18.6.2011, S. 21.

(13)  ABl. L 160 vom 18.6.2011, S. 19.

(14)  ABl. L 105 vom 13.4.2006, S. 1.

(15)  ABl. L 295 vom 6.11.2013, S. 27“.

(16)  ABl. L 132 vom 29.5.2010, S. 11.

(17)  ABl. L 121 vom 15.5.2009, S. 37.“

(18)  ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13.“


Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission

Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission begrüßen die Annahme der Verordnung zur Änderung des Schengener Grenzkodexes zwecks Festlegung gemeinsamer Regeln für die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen unter außergewöhnlichen Umständen und die Annahme der Verordnung zur Einführung eines Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus für die Überprüfung der Anwendung des Schengen-Besitzstands. Sie glauben, dass mit diesen neuen Mechanismen der Forderung des Europäischen Rates in geeigneter Weise Rechnung getragen wird, der in seinen Schlussfolgerungen vom 24. Juni 2011 erklärt hatte, dass die Zusammenarbeit und das Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten im Schengen-Raum gestärkt und ein wirksames und zuverlässiges Überwachungs- und Bewertungssystem geschaffen werden müssten, um die Durchsetzung der gemeinsamen Vorschriften und die Stärkung, Anpassung und Ausweitung der Kriterien auf der Grundlage des Besitzstands der EU sicherzustellen, wobei er erneut darauf hingewiesen hatte, dass die Außengrenzen Europas auf der Grundlage gemeinsamer Verantwortung, Solidarität und stärkerer Zusammenarbeit in der Praxis wirksam und einheitlich geschützt werden müssen.

Sie geben an, dass diese Änderung des Schengener Grenzkodexes die Koordinierung und Zusammenarbeit auf Unionsebene einerseits durch die Festlegung von Kriterien für jegliche Art der Wiedereinführung von Grenzkontrollen durch die Mitgliedstaaten sowie andererseits durch die Schaffung eines EU-basierten Mechanismus zur Reaktion auf wirklich kritische Situationen, in denen die Funktionsweise des Raumes insgesamt ohne interne Grenzkontrollen bedroht ist, verbessern wird.

Sie betonen, dass es sich bei diesem neuen Evaluierungssystem um einen EU-gestützten Mechanismus handelt, der sich auf alle Aspekte des Schengen-Besitzstands erstrecken und Experten der Mitgliedstaaten, der Kommission und der einschlägigen EU-Stellen einbeziehen wird.

Sie gehen davon aus, dass zu etwaigen künftigen Vorschlägen der Kommission zur Änderung dieses Evaluierungssystems das Europäische Parlament gehört wird, so dass seinem Standpunkt vor der Annahme eines endgültigen Textes möglichst umfassend Rechnung getragen werden kann.