19.6.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 167/41


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 19. Dezember 2012

über die staatliche beihilfe SA 26374 (C 49/08) (ex N 402/08) Polens zugunsten von PZL Dębica S.A.

(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2012) 9464)

(Nur der polnische Text ist verbindlich.)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2013/294/EU)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 erster Unterabsatz,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme nach den vorgenannten Artikeln (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   DAS VERFAHREN

(1)

Mit Schreiben vom 13. August 2008 unterrichtete Polen die Kommission über seine geplanten Maßnahmen zur Unterstützung der Umstrukturierung von PZL Dębica S.A. (im Folgenden „PZL Dębica“ oder „das Unternehmen“). Mit Schreiben vom 3. Oktober 2008 forderte die Kommission Polen zur Übermittlung noch fehlender Dokumente auf. Diese wurden am 20. Oktober 2008 vorgelegt.

(2)

Die Kommission unterrichtete Polen mit Schreiben vom 19. Dezember 2008 über ihre Entscheidung zur Eröffnung des Verfahrens nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden „AEUV“) in Bezug auf die Maßnahmen (im Folgenden „Eröffnungsentscheidung“).

(3)

Die Eröffnungsentscheidung wurde im Amtsblatt der Europäischen Union  (2) veröffentlicht. Die Kommission forderte die Beteiligten zur Stellungnahme auf. Stellungnahmen von Dritten zur Eröffnungsentscheidung gingen nicht ein.

(4)

Als Antwort auf die Eröffnungsentscheidung übermittelten die polnischen Behörden am 12. Februar 2009, 9. Juli 2010, 16. Mai 2011, 7. Juni 2011 und 8. Juni 2011 weitere Informationen.

(5)

Am 18. August 2011 forderte Polen die Kommission auf, bis zum 31. Oktober 2011 auf eine Bewertung der angemeldeten Beihilfe zu verzichten. Am 10. Oktober 2011 nahm Polen einige der angemeldeten Maßnahmen, d. h. eine Kapitalzuführung und ein zinsgünstiges Darlehen, zurück, die beide von der staatlichen Agentur für industrielle Entwicklung gewährt werden sollten.

(6)

Am 2. November 2011 legte Polen einen Bericht vor, um nachzuweisen, dass die verbleibende angemeldete Maßnahme, d. h. die Stundung der Verbindlichkeiten gegenüber dem Sozialversicherungsträger, das Kriterium des privaten Gläubigers erfüllt und daher keine staatliche Beihilfe darstellt.

(7)

Mit Schreiben vom 26. Juli 2012 forderte die Kommission Polen auf, zu mehreren Punkten ergänzende Erläuterungen vorzulegen. In seinem Antwortschreiben vom 31. August 2013 teilte Polen der Kommission mit, dass am 1. März 2012 eine Vereinbarung über die Stundung der Verbindlichkeiten gegenüber dem Sozialversicherungsträger getroffen wurde und die Schulden beim örtlichen Marschallamt am 14. August 2012 beglichen wurden.

(8)

Die letzten Informationen wurden von den polnischen Behörden am 6. Dezember 2012 übermittelt.

II.   DER BEGÜNSTIGTE UND SEINE UMSTRUKTURIERUNGSPLÄNE

1.   Der Begünstigte

(9)

PZL Dębica hat 212 Beschäftigte. Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit des mittelständischen Unternehmens ist neben der Herstellung von Kühlgeräten, wie Kompressoren, Eiswasseraggregaten und Kühlanlagen, Luft- und Flüssigkeitskühlern, Sprüh- und Verdampfungskondensatoren, vertikalen und horizontalen Röhrenkondensatoren, die Produktion von Kühlventilen und Behälterapparaten, z. B. Flüssigkeitsabscheidern, horizontalen Behältern, Zwischenkühlern, Sparvorrichtungen und Ölabscheidern.

(10)

Das Unternehmen hat seinen Sitz in der Woiwodschaft Podkarpackie, einer Region, die unter Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV fällt. Es wurde 1938 gegründet und ist seit 1995 eine Aktiengesellschaft. 1999 waren die Aktien des Unternehmens im Besitz des Staates (25,08 %) und der Beschäftigten (74,92 %). 2006 wurde das Unternehmen vollständig privatisiert: Der größte Teil der Aktien gehörte der Belegschaft sowie bereits ausgeschiedenen Beschäftigten und deren Erben. 2010 erwarb der private Investor Eurotech einen Anteil von 16,7 % an PZL Dębica.

(11)

Der Marktanteil des Unternehmens am polnischen Markt für Kühlgeräte ist gering (2006 weniger als 1 %). 2006 machten die Ausfuhren 15,6 % des Gesamtumsatzes aus, wovon 6,8 % auf Ausfuhren in Drittländer entfielen. PZL Dębica ist auf dem polnischen Markt einem hohen Wettbewerbsdruck ausgesetzt, z. B. durch Unternehmen wie York International, GEA GRASSO Refrigeration Division, Mycom International Refrigeration (Ltd.), MOSTOSTAL Wrocław S.A., Aerzener Maschinenfabrik GmbH und Zakład Metalowy PILZNO.

2.   Der erste Umstrukturierungsplan

(12)

Den polnischen Behörden zufolge befindet sich das Unternehmen bereits seit 2002 in finanziellen Schwierigkeiten. Zu dieser Zeit wurde ein Umstrukturierungsplan für die Jahre 2002-2007 angenommen. Dieser im Oktober 2003 aktualisierte Plan sah folgende Maßnahmen vor:

a)

einen Schuldenerlass in Höhe von 2 358 689,41 PLN durch den Staatlichen Fonds für die Rehabilitierung von Menschen mit Behinderungen;

b)

einen Schuldenerlass in Höhe von 1 063 790,45 PLN durch die Stadtverwaltung Dębica;

c)

ein zinsgünstiges Darlehen aus dem Fonds für die Umstrukturierung von Unternehmen in Höhe von 3 890 000 PLN für die teilweise Rückzahlung der fälligen Sozialversicherungsbeiträge an den Sozialversicherungsträger;

d)

die Stundung von Verbindlichkeiten gegenüber dem Sozialversicherungsträger mit einem Nominalwert von 1 364 600 PLN;

e)

einen Schuldenerlass in Höhe von 914 522,15 PLN durch die Finanzbehörde von Dębica;

f)

vier Maßnahmen, die als „De-minimis“-Beihilfen eingestuft werden, im Gesamtwert von 17 055,81 PLN.

(13)

Aufgrund knapper Mittel konnte PZL Dębica das zugesagte Darlehen (Erwägungsgrund 12 Buchstabe c) aus dem Fonds für die Umstrukturierung von Unternehmen nicht gewährt werden. Daraufhin entschied der Sozialversicherungsträger, keinen Zahlungsaufschub für die Restschuld zu gewähren (siehe Erwägungsgrund 12 Buchstabe d). Dies hatte zur Folge, dass PZL Dębica das wichtigste Ziel des Umstrukturierungsplans, die Umstrukturierung der Finanzen, nicht verwirklichen konnte.

(14)

Trotzdem gelang es dem Unternehmen, die übrigen Elemente des Umstrukturierungsplans umzusetzen, so dass bereits 2006 ein bescheidener Gewinn ausgewiesen werden konnte. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Finanzergebnisse des Unternehmens im Zeitraum 2002-2011.

Tabelle 1

Finanzergebnisse von PZL Dębica 2002-2011 (in Mio. PLN)

 

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012 (3)

Netto-umsatz

11,5

13,1

15

11,6

15,9

14

15

15,2

14

15,9

21,5

EBIT

–0,7

0,3

–0,2

–2

1,6

2

1,3

1,9

1,1

1,5

3,5

Netto-gewinn

–2,1

–0,9

–1,2

–3

0,5

1

0,01

0,5

0,01

0,2

2,7

1 EUR = ca. 4 PLN.

3.   Der zweite Umstrukturierungsplan

(15)

Nachdem die Umstrukturierung der Finanzen im Rahmen des ersten Umstrukturierungsplans nicht erreicht werden konnte, meldete Polen im August 2008 einen zweiten Umstrukturierungsplan bei der Kommission an. Der Zweck dieses zweiten Plans bestand im Wesentlichen darin, eine Umstrukturierung der Finanzen des Unternehmens vorzunehmen. Er sah folgende Maßnahmen vor:

a)

eine Kapitalzuführung durch die Agentur für industrielle Entwicklung in Höhe von 4 965 800 PLN;

b)

ein zinsgünstiges Darlehen der Agentur für industrielle Entwicklung in Höhe von 5 534 200 PLN für die Rückzahlung eines Teils der Verbindlichkeiten gegenüber dem Sozialversicherungsträger;

c)

die Stundung weiterer Verbindlichkeiten gegenüber dem Sozialversicherungsträger mit einem Nominalwert von 3 Mio. PLN;

d)

den Schuldenerlass in Höhe von 101 600 PLN durch das örtliche Marschallamt.

III.   DIE ERÖFFNUNGSENTSCHEIDUNG

(16)

In der Eröffnungsentscheidung wurden Zweifel daran geäußert, dass die folgenden Beihilfemaßnahmen, die Bestandteil des ersten Umstrukturierungsplans sind, mit dem Binnenmarkt vereinbar sind:

a)

die Stundung der Verbindlichkeiten mit einem Nominalwert von 1 164 900 PLN durch die Stadtverwaltung Dębica;

b)

ein Schuldenerlass in Höhe von 914 522,15 PLN durch die Finanzbehörde von Dębica;

c)

die Stundung der Verbindlichkeiten gegenüber dem Sozialversicherungsträger mit einem Nominalwert von 1 364 600 PLN.

Die Kommission stellte außerdem in Frage, dass es sich bei den in Tabelle 2 aufgeführten Maßnahmen um „De-minimis“-Beihilfen handelt.

(17)

Darüber hinaus äußerte die Kommission Zweifel, ob der Umstrukturierungsplan alle notwendigen Elemente für eine Wiederherstellung der Rentabilität von PZL Dębica beinhaltet und ob ein Umstrukturierungszeitraum von zwölf Jahren in Anbetracht von Randnummer 35 der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (4) (im Folgenden „Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien“) möglicherweise zu lang ist.

(18)

Da das Unternehmen bereits im Rahmen des ersten Umstrukturierungsplans (Erwägungsgrund 12 Buchstaben a und b) Beihilfen erhalten hat, stellte die Kommission außerdem in Frage, dass dem Unternehmen nach dem Grundsatz der einmaligen Beihilfe (der in Abschnitt 3.3 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien festgelegt ist) eine neue Umstrukturierungsbeihilfe (siehe Erwägungsgrund 15) gewährt werden darf.

(19)

In der Eröffnungsentscheidung erklärte die Kommission, dass ihr für die Maßnahmen, die von Polen als Maßnahmen vor dem Beitritt (Erwägungsgründe 16 Buchstaben a bis c) eingestuft wurden, kein rechtsverbindliches Dokument der zuständigen nationalen Behörden für die Genehmigung der Beihilfen vorgelegt wurde.

(20)

Auch in Bezug auf die tatsächliche Höhe der Beihilfe, die das Unternehmen bereits erhalten hat, äußerte die Kommission Zweifel, ob die 2006 gewährte „De-minimis“-Beihilfen als solche angesehen werden können, da sie für ein Unternehmen in Schwierigkeiten bereitgestellt wurden, das nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe h der Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 der Kommission vom 15. Dezember 2006 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf „De-minimis“-Beihilfen (5) eine solche Beihilfe nicht in Anspruch nehmen kann.

(21)

Ferner bezweifelte die Kommission, dass die vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen akzeptiert werden können, da sie mit der Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität des Unternehmens verbunden sind und folglich nicht als Ausgleichsmaßnahmen in Betracht kommen. Die Kommission erklärte ferner, dass von Polen nicht nachgewiesen wurde, dass es sich bei den aufgegebenen Tätigkeitsbereichen nicht um defizitäre Bereiche handelte.

IV.   STELLUNGNAHME DES MITGLIEDSTAATES

(22)

Dieses Kapitel enthält nur die Stellungnahmen der polnischen Behörden zu den Maßnahmen, die im Verlauf des Prüfverfahrens nicht zurückgezogen wurden.

1.   Die Umstrukturierungsdauer

(23)

Zur Dauer des Umstrukturierungsverfahrens erklärten die polnischen Behörden, dass die beiden Umstrukturierungspläne nicht als zwei separate Pläne, sondern als ein Plan betrachtet werden sollten, da das Scheitern des ersten Plans nicht durch das Unternehmen verschuldet wurde und mit dem zweiten Umstrukturierungsplan im Wesentlichen die noch nicht vollendete finanzielle Umstrukturierung des ersten Plans fortgesetzt wurde.

2.   Grundsatz der einmaligen Beihilfe

(24)

Polen zog die im Erwägungsgrund 15 Buchstaben a und b aufgeführten Beihilfemaßnahmen zurück, da gemäß der Eröffnungsentscheidung die Durchführung dieser Maßnahmen möglicherweise nicht mit dem Grundsatz der einmaligen Beihilfe vereinbar gewesen wäre. Die polnischen Behörden erklärten, dass die Rücknahme erfolgte, weil PZL Dębica nicht mehr als Großunternehmen eingestuft wurde. Als Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten erfüllte PZL Dębica nicht mehr die Voraussetzungen für eine finanzielle Unterstützung durch die Agentur für industrielle Entwicklung, die nur für Großunternehmen Finanzmittel bereitstellt. Die Stundung der Verbindlichkeiten gegenüber dem Sozialversicherungsträger und der Schuldenerlass durch das Marschallamt wurden jedoch nicht zurückgenommen. Die Argumente, die Polen in Bezug auf diese Maßnahmen anführte, werden nachfolgend erläutert.

3.   Die Beihilfe wurde vor dem EU-Beitritt zugesagt

(25)

Zu den drei Maßnahmen, die in der Eröffnungsentscheidung als vor dem Beitritt zugesagte Beihilfen eingestuft wurden (Erwägungsgrund 16 Buchstaben a bis c dieser Entscheidung), hat Polen schriftliche Nachweise zur Begründung seiner Aussage, dass die Beihilfen vor dem Beitritt gewährt wurden und somit keine neuen Beihilfen darstellen, beigebracht.

(26)

In Bezug auf die Verbindlichkeiten gegenüber der Stadtverwaltung Dębica übermittelte Polen eine notarielle Urkunde, in der bestätigt wird, dass die Forderung am 31. Mai 2004 durch eine Übertragung von Vermögenswerten an die Stadtverwaltung Dębica beglichen wurde. Die Urkunde belegt die Rückzahlung der Hauptforderung in Höhe von 1 116 788,60 PLN und der Zinsen in Höhe von 592 669,80 PLN. (6)

(27)

Polen teilte ferner mit, dass diese Maßnahme im ersten Umstrukturierungsplan nicht enthalten war, da der von PZL Dębica bei der Stadtverwaltung Dębica eingereichte Beihilfeantrag abgelehnt worden war.

(28)

Was die Verbindlichkeiten gegenüber der Finanzbehörde in Höhe von 914 552,15 PLN betrifft, übermittelte Polen eine vom Leiter der örtlichen Finanzbehörde unterzeichnete Entscheidung vom 20. Oktober 2003 über die Bedingungen der Umstrukturierung. Nach dieser Entscheidung sollte ein Betrag von 636 729,85 PLN zuzüglich Zinsen in Höhe von 277 822,30 PLN abgeschrieben werden.

(29)

Polen führte aus, dass die Erklärung in der Eröffnungsentscheidung, wonach diese Beihilfe vor dem Beitritt zugesagt, jedoch nicht gewährt wurde, aus mehreren Gründen nicht den Tatsachen entspricht.

(30)

In diesem Zusammenhang erläuterte Polen zunächst die Regelung für die Gewährung von Beihilfen, die im Gesetz vom 30. August 2002 über die Umstrukturierung öffentlich-rechtlicher Verbindlichkeiten von Unternehmen (7) (im Folgenden „Gesetz aus dem Jahr 2002“) festgelegt ist. Dieses Gesetz sieht vor, dass nach Eingang eines Antrags von einem Unternehmen in Schwierigkeiten eine Bewilligungsbehörde (z. B. die Finanzbehörde) einen Beschluss über die Bedingungen der Umstrukturierung („Umstrukturierungsbeschluss“) erlassen kann. Dieser Beschluss berechtigt den Begünstigten zur Inanspruchnahme einer Beihilfe. Die eigentliche Zahlung oder der Schuldenerlass (abhängig von der Maßnahme) erfolgt auf der Basis eines Durchführungsbeschlusses, in dem die Bewilligungsbehörde bestätigt, dass die Umstrukturierung abgeschlossen ist („Durchführungsbeschluss“). Den polnischen Behörden zufolge dient dieser Durchführungsbeschluss als Bestätigung, dass der Begünstigte i) ein aktuelles Umstrukturierungsprogramm sowie Angaben zur finanziellen Situation des Unternehmens vorgelegt hat, ii) eine Umstrukturierungsgebühr bezahlt hat und iii) nicht erneut in Zahlungsverzug gegenüber der Bewilligungsbehörde geraten ist. Der Durchführungsbeschluss ist ein reines Verwaltungsdokument, mit dem die Einhaltung der Bedingungen des Umstrukturierungsbeschlusses bestätigt wird. Nach dem Gesetz aus dem Jahr 2002 überprüft die Bewilligungsbehörde die Einhaltung der Umstrukturierungsbedingungen frühestens 15 Monate nach Zugang des Umstrukturierungsbeschlusses.

(31)

Zweitens informierte Polen die Kommission darüber, dass die Finanzbehörde keinen Durchführungsbeschluss für PZL Dębica erlassen hat. Grund dafür war nach Angaben von Polen, dass bei einigen öffentlichen Behörden Unsicherheiten im Hinblick auf die Auslegung der seit 1. Mai 2004 geltenden Vorschriften über staatliche Beihilfen bestanden. Daher wollten mehrere Behörden die Stellungnahme der Kommission zu diesen Maßnahmen abwarten. Polen übermittelte eine Erklärung des Leiters der betreffenden Finanzbehörde, die bestätigt, dass dies bei PZL Dębica der Fall war.

(32)

Drittens teilte Polen mit, dass PZL Dębica mit der Entscheidung der Finanzbehörde vom 20. Oktober 2003 das Recht auf einen Schuldenerlass eingeräumt wurde. Polen berief sich auf die Entscheidung der Kommission vom 6. November 2008 über die staatliche Beihilfe Polens für die Gdingener Werft (8), um seine Aussage zu untermauern, dass auf der Grundlage der nationalen Rechtsordnung entschieden werden muss, ob das fragliche Dokument das Anrecht auf eine Beihilfe begründet. Zudem verwies Polen auf die berechtigten Erwartungen der Beihilfeempfänger und erklärte, dass PZL Dębica gerichtliche Schritte gegen die Bewilligungsbehörde einleiten könnte, weil diese keinen Durchführungsbeschluss erlassen hat. In diesem Zusammenhang bezog sich Polen auf Urteile des Obersten Gerichts sowie des Obersten Verwaltungsgerichts, die bestätigen, dass Umstrukturierungsbeschlüsse dem Staat eine Verpflichtung auferlegen und dass Durchführungsbeschlüsse diese Verpflichtung nicht berühren, weil diese obligatorisch sind, d. h. nicht im Ermessen der Verwaltung liegen. (9)

(33)

Darüber hinaus übermittelte Polen eine Erklärung des Leiters der örtlichen Finanzbehörde, in der bestätigt wurde, dass PZL Dębica die notwendigen rechtlichen Anforderungen für den Erlass des Durchführungsbeschlusses (wie in Erwägungsgrund 30 erläutert) erfüllt, gleichzeitig aber darauf hingewiesen wurde, dass die Finanzbehörde das Ergebnis des Prüfverfahrens der Kommission abwarten wird.

(34)

Unter Punkt 5 – Stundung der Verbindlichkeiten gegenüber dem Sozialversicherungsträger – wird die Maßnahme, auf die im Erwägungsgrund 16 Buchstabe c Bezug genommen wird, näher erläutert.

4.   „De-minimis“-Beihilfen

(35)

Die polnischen Behörden teilten der Kommission mit, dass sämtliche „De-minims“-Maßnahmen für das Unternehmen 2006 gewährt wurden und somit der Verordnung (EG) Nr. 69/2001 der Kommission vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf „De-minimis“-Beihilfen unterliegen (10) (die Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 der Kommission trat erst am 1. Januar 2007 in Kraft). Nach der Verordnung (EG) Nr. 69/2001 der Kommission war es zulässig, „De-minimis“-Beihilfen für Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten zu gewähren.

(36)

Bezug nehmend auf die Zweifel, die von der Kommission an der Berechnungsmethode geäußert worden waren, erläuterten die polnischen Behörden die Berechnungsformel für Beihilfen, die in der polnischen Verordnung vom 11. August 2004 (11) festgelegt ist. Bei der Formel wird die Differenz zwischen dem Referenzzins und dem Zinssatz berücksichtigt, der zur Errechnung des Säumniszuschlags herangezogen wird. Eine aktuelle Berechnung der „De-minimis“-Beihilfen wurde vorgelegt (siehe Tabelle 2).

Tabelle 2

„De-minimis“-Beihilfen – Angaben Polens

Bewilligungs-behörde

Art der Maßnahme und Datum der Entscheidung

 

Laufzeit

 

Bürgermeister von Dębica

Entscheidung über die Stundung vom 7.4.2006

264 186 PLN

84 Tage

35,00 PLN

Bürgermeister von Dębica

Entscheidung über die Stundung vom 7.4.2006

14 Tage

52,84 PLN

Leiter der Finanzbehörde von Dębica

Entscheidung über die Stundung vom 8.9.2006

614 520 PLN

7 Tage

6,06 PLN

Bürgermeister von Dębica

Entscheidung über den Schuldenerlass vom 5.10.2006

20 772 PLN

20 772 PLN

Bürgermeister von Dębica

Entscheidung über die Stundung vom 5.10.2006

83 704 PLN

72 Tage

7,75 PLN

GESAMT:

20 873,65

(37)

Polen informierte die Kommission darüber, dass nur die Finanzbehörde eine Sicherheit für die Stundung gestellt habe. Diese deckte 100 % des Nominalwerts der Stundung ab. Polen hob außerdem hervor, dass selbst bei einem Zuschlag von 600 Basispunkten auf den Zinssatz, der nach der Mitteilung der Kommission über die Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze von 1997 (12) erhoben werden kann, der Wert der „De-minimis“-Beihilfen noch weit unter dem Schwellenwert von 100 000 EUR läge.

5.   Stundung der Verbindlichkeiten gegenüber dem Sozialversicherungsträger

(38)

Was die Stundung der Schulden in Form von fälligen Sozialversicherungsbeiträgen angeht, die in beiden Umstrukturierungsplänen angestiegen waren, erinnerten die polnischen Behörden zunächst daran, dass das weitere Anwachsen dieser Schulden dadurch bedingt war, dass die im ersten Umstrukturierungsplan vorgesehene finanzielle Umstrukturierung scheiterte. Nach dem ersten Plan sollten die Verbindlichkeiten gegenüber dem Sozialversicherungsträger wie folgt beglichen werden: i) Rückzahlung von 3 890 000 PLN mit dem Darlehen des Fonds für die Umstrukturierung von Unternehmen und ii) Stundung eines Betrags von 1 364 600 PLN. Wie oben erwähnt (siehe Erwägungsgrund 13) gelang es nicht, eine finanzielle Umstrukturierung dieser Verbindlichkeiten vorzunehmen.

(39)

Darüber hinaus stellten die polnischen Behörden fest, dass sich der Sozialversicherungsträger zu einer Beteiligung am zweiten Umstrukturierungsplan bereit erklärt hatte, der i) die Rückzahlung von 5,5 Mio. PLN mit einem Darlehen der Agentur für industrielle Entwicklung und ii) die Stundung eines weiteren Betrags von 3 Mio. PLN vorsah. Wie oben erläutert (siehe Erwägungsgrund 5), erhielt PZL Dębica das zugesagte Darlehen nicht, woraufhin Polen den betreffenden Teil der angemeldeten Maßnahmen zurückzog.

(40)

Polen setzte die Kommission darüber in Kenntnis, dass für die Verbindlichkeiten von PZL Dębica gegenüber dem Sozialversicherungsträger, wie für alle den Behörden geschuldeten Beträge, Zinsen aufgelaufen sind, die nach der in Artikel 56 der polnischen Abgabenordnung vom 29. August 1997 (13) beschriebenen Methode berechnet wurden. Der Zinssatz entspricht einem Wert von 200 % des von der polnischen Nationalbank veröffentlichten Basiszinssatzes zuzüglich eines Aufschlags von 2 % (200 Basispunkte) (siehe unten Tabelle 3). Der Zinssatz darf nicht weniger als 8 % betragen; im vorliegenden Fall schwankte der Zinssatz zwischen 10 % und 46 %.

Tabelle 3

Zinsschwankungen im Zeitraum 2000-2012

Zins-satz

Laufzeit

Zins-satz

Laufzeit

Zins-satz

Laufzeit

Zins-satz

Laufzeit

41 %

18.11.1999 bis 23.2.2000

20 %

26.9.2002 bis 23.10.2002

13 %

30.6.2005 bis 27.7.2005

13 %

24.12.2008 bis 28.1.2009

43 %

24.2.2000 bis 30.8.2000

18 %

24.10.2002 bis 27.11.2002

12,5 %

28.7.2005 bis 31.8.2005

11,5 %

28.1.2009 bis 26.2.2009

46 %

31.8.2000 bis 28.2.2001

17,5 %

28.11.2002 bis 29.1.2003

12 %

1.9.2005 bis 31.1.2006

11 %

26.2.2009 bis 26.3.2009

44 %

1.3.2001 bis 28.3.2001

17 %

30.1.2003 bis 26.2.2003

11,5 %

1.2.2006 bis 28.2.2006

10,5 %

26.3.2009 bis 25.6.2009

42 %

29.3.2001 bis 27.6.2001

16 %

27.2.2003 bis 26.3.2003

11 %

1.3.2006 bis 25.4.2007

10 %

25.6.2009 bis 09.11.2010

39 %

28.6.2001 bis 22.8.2001

15,5 %

27.3.2003 bis 24.4.2003

11,5 %

27.4.2007 bis 26.6.2007

12 %

9.11.2010 bis 20.1.2011

37 %

23.8.2001 bis 25.10.2001

14,5 %

25.4.2003 bis 28.5.2003

12 %

28.6.2007 bis 29.8.2007

12,5 %

20.1.2011 bis 6.4.2011

34 %

26.10.2001 bis 28.11.2001

14 %

29.5.2003 bis 25.6.2003

12,5 %

30.8.2007 bis 28.11.2007

13 %

6.4.2011 bis 12.5.2011

31 %

29.11.2001 bis 30.1.2002

13,5 %

26.6.2003 bis 30.6.2004

13 %

29.1.2007 bis 31.1.2008

13,5 %

12.5.2011 bis 9.6.2011

27 %

31.1.2002 bis 25.4.2002

14,5 %

1.7.2004 bis 28.7.2004

13,5 %

31.1.2008 bis 28.2.2008

14 %

9.6.2011 bis 10.5.2012

25 %

26.4.2002 bis 29.5.2002

15 %

29.7.2004 bis 25.8.2004

14 %

28.2.2008 bis 27.3.2008

14,5 %

10.5.2012

24 %

30.5.2002 bis 26.6.2002

16 %

26.8.2004 bis 30.3.2005

14,5 %

27.3.2008 bis 26.6.2008

 

 

23 %

27.6.2002 bis 28.8.2002

15 %

31.3.2005 bis 27.4.2005

15 %

26.6.2008 bis 27.11.2008

 

 

21 %

29.8.2002 bis 25.9.2002

14 %

28.4.2005 bis 29.6.2005

14,5 %

27.11.2008 bis 24.12.2008

 

 

(41)

Polen übermittelte detaillierte Tabellen über die Entwicklung der Verbindlichkeiten gegenüber dem Sozialversicherungsträger. In Tabelle 4 ist die Entwicklung der Verbindlichkeiten bis zum 31. August 2012 zusammengefasst. Nach Auskunft Polens leistete das Unternehmen trotz der Schulden, die größtenteils zwischen 2000 und 2005 entstanden waren, beträchtliche laufende Zahlungen an den Sozialversicherungsträger, die sich zwischen 2000 und August 2012 auf über 16 Mio. PLN beliefen.

Tabelle 4

Entwicklung der Verbindlichkeiten gegenüber dem Sozialversicherungsträger

Sozialversicherungsträger

Jahr der Entstehung der Schulden

Höhe der Schulden

Bis zur Stundung aufgelaufene Zinsen für den Betrag

Beglichene Schulden

(Verkauf von Vermögens-werten, Pfändung, sonstige Maßnahmen)

Laufende Zahlungen

2000

858 316,96

1 620 527

 

716 640,45

2001

316 419

459 493

 

1 488 486,33

2002

865 163

1 047 139

 

660 324,32

2003

895 884

934 062

85 778,2

605 518,54

2004

901 451

811 765

1 693 035,91

746 285,3

2005

864 702,91

649 609

359 747,06

434 477,93

2006

 

 

 

1 296 650,17

2007

52 576,90

28 202

2 143 961,82

1 537 920,23

2008

733,03

262

860 347,5

2 173 711,58

2009

605,51

159

61 677,5

1 709 954,28

2010

585,2

104

1 943 231,85

1 933 300,65

2011

 

 

1 281 171,85

1 998 651,89

2012

 

 

996 249,84

1 229 480,82

Summe am 15.8.2012

4 756 437,51

5 551 322

9 425 201,53

16 531 402,49

(42)

Die polnischen Behörden legten zudem Informationen über andere Maßnahmen vor, die vom Sozialversicherungsträger zur Sicherung und Rückzahlung der Schulden unternommen wurden.

a)

Erstens besaß der Sozialversicherungsträger von 2001 bis 2007 eine Hypothek, die 100 % des Werts der Verbindlichkeiten abdeckte. Als die Schulden weiter wuchsen, wurden weitere Vermögenswerte in die Hypothek einbezogen, um die neuen Verbindlichkeiten abzudecken.

b)

Zweitens führte der Sozialversicherungsträger von 2003 an Verfahren zur Einziehung seiner Forderungen durch, in deren Rahmen mit dem geordneten Verkauf von Vermögenswerten des Unternehmens sowie aus Pfändungen der Konten von PZL Dębica über 9 Mio. PLN erzielt werden konnten. Polen legte detaillierte Angaben über den Verkauf von Vermögenswerten von PZL Dębica vor, durch den das Unternehmen seine Verbindlichkeiten gegenüber dem Sozialversicherungsträger zwischen 2004 und 2008 um etwa 7 Mio. PLN verringern konnte (siehe Tabelle 5). Polen teilte mit, dass PZL Dębica die Veräußerung weiterer Vermögenswerte plant. Aufgrund der Wirtschaftskrise sucht das Unternehmen jedoch seit 2009 vergeblich nach einem Käufer, der diese Vermögenswerte zu Marktpreisen erwirbt.

c)

Drittens übermittelte Polen Dokumente aus dem fraglichen Zeitraum, aus denen hervorging, dass der Sozialversicherungsträger 2006 erwogen hatte, für PZL Dębica einen Insolvenzantrag zu stellen. Polen legte ein Schreiben vom 20. November 2006 vor, in dem der Sozialversicherungsträger das Unternehmen über den beabsichtigten Insolvenzantrag für PZL Dębica informierte. In seiner Antwort vom 12. Dezember 2006 übermittelte PZL Dębica dem Sozialversicherungsträger detaillierte Angaben über den ersten Umstrukturierungsplan sowie über seine finanzielle Situation und seine Zukunftsaussichten, aus denen unter anderem hervorging, dass das Unternehmen 2006 erstmals wieder einen Gewinn verzeichnen würde. PZL Dębica ersuchte den Sozialversicherungsträger, von einem Insolvenzantrag abzusehen und keine weiteren Vermögenswerte des Unternehmens zu pfänden, weil dadurch, so das Argument von PZL Dębica, der laufende Umstrukturierungsprozess behindert werde. In seiner Antwort vom 16. Januar 2007 unterrichtete der Sozialversicherungsträger PZL Dębica darüber, dass er auf einen Insolvenzantrag verzichte, die Pfändung und die Veräußerung von Vermögenswerten des Unternehmens jedoch fortsetzen werde.

d)

Ferner führte Polen aus, dass der Betrag von 9 Mio. PLN, der dem Sozialversicherungsträger im Zeitraum 2003-2013 zurückgezahlt wurde, auch freiwillige Rückzahlungen des Unternehmens beinhaltete, die durch die seit 2006 erzielten Gewinne und die Kapitalzuführung eines privaten Investors im Jahr 2010 ermöglicht wurden.

Tabelle 5

Verkauf von Vermögenswerten von PZL Dębica

Flurstück-nummer

Art des Vermögenswerts

Verkaufs-datum

Verkaufspreis (PLN)

430/51

430/52

430/14

Verzinkungsanlage

17.2.2004

[…] (14)

430/144

unbebaute Fläche

19.10.2006

[…]

430/104

unbebaute Fläche

31.1.2007

[…]

430/141

Kompressorgebäude

5.7.2007

[…]

430/44

bebaute Fläche

15.11.2007

[…]

430/10

Betriebsgebäude

12.12.2007

[…]

430/113

bebaute Fläche

430/114

bebaute Fläche

430/115

bebaute Fläche

430/156

Straße

430/49

430/140

430/155

430/157

430/159

bebaute und unbebaute Flächen, Straße

16.1.2008

[…]

430/162

Lagerhalle

09.7.2008

[…]

430/164

430/166

unbebaute Flächen

16.12.2008

[…]

Gesamt:

7 171 500

(43)

Im Oktober 2011, nach der Rücknahme eines Teils der angemeldeten Maßnahmen, d. h. der Kapitalzuführung und des zinsgünstigen Darlehens, informierte Polen die Kommission über sein Bewertungsergebnis, dass die Stundung der Verbindlichkeiten gegenüber dem Sozialversicherungsträger (siehe Erwägungsgrund 15 Buchstabe c) als Bestandteil des angemeldeten Umstrukturierungsplans das Kriterium des privaten Gläubigers erfüllt und daher keine staatliche Beihilfe darstellt.

(44)

Zur Klärung dieser Frage war 2011 von PZL Dębica eine Studie bei dem unabhängigen Unternehmen „Consulting“ mit Sitz in Kattowitz in Auftrag gegeben worden. Der Bericht enthielt eine Analyse des Kriteriums des privaten Gläubigers auf der Grundlage der beiden folgenden Szenarien:

a)

Option 1 – Eintreibung aller finanziellen Forderungen durch den Sozialversicherungsträger. Der Studie zufolge wäre PZL Dębica in einem solchen Fall gezwungen, einen Insolvenzantrag zu stellen. Bei diesem Szenario könnte der Sozialversicherungsträger in drei bis vier Jahren zwischen 60 % und 70 % seiner Forderungen eintreiben.

b)

Option 2 – Begleichung der Verbindlichkeiten gegenüber dem Sozialversicherungsträger durch die Stundung des gesamten geschuldeten Betrags. Bei diesem Szenario würde dem Sozialversicherungsträger der gesamte geschuldete Betrag zuzüglich einer Stundungsgebühr in Höhe von 1,6 Mio. PLN, zahlbar in 96 Raten, zurückgezahlt. Zusätzlich würde der Sozialversicherungsträger aufgrund der Fortführung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens jährlich 2 Mio. PLN an laufenden Zahlungen erhalten.

(45)

Im August 2012 teilte Polen der Kommission mit, dass auf der Grundlage des Kriteriums des privaten Gläubigers am 1. März 2012 eine Vereinbarung über die Stundung der Verbindlichkeiten zwischen PZL Dębica und dem Sozialversicherungsträger getroffen wurde. Polen erklärte, dass der Sozialversicherungsträger die Vorteile beider Optionen unter dem Aspekt geprüft habe, wie eine Rückzahlung der Schulden mit den geringsten Verlusten erreicht werden kann. Gegenstand der Vereinbarung ist der am Tag der Unterzeichnung geschuldete Betrag in Höhe von [7-13 Mio.] PLN, der sich aus Verbindlichkeiten von [3,5-6,5 Mio.] PLN und Zinsen von [3,5-6,5 Mio.] PLN zusammensetzt. Zu diesem Betrag wurde eine Stundungsgebühr von [1,0-1,7 Mio.] PLN hinzugerechnet. Die Stundung sieht eine Rückzahlung in 96 Monatsraten vor, von denen neun bereits beglichen wurden. 2012 übermittelte Polen die folgende Gegenüberstellung der möglichen Optionen für den Sozialversicherungsträger (Tabelle 6).

Tabelle 6

Gegenüberstellung der Optionen für die Rückzahlung der Verbindlichkeiten von PZL Dębica gegenüber dem Sozialversicherungsträger (in PLN)

 

Option 1 – Stundung

Option 2 – Liquidation

Anteil der beglichenen Verbindlichkeiten

[7-13 Mio.]

[4-8 Mio.]

(Hauptforderung + Zinsen)

100 %

zwischen 60 % und 70 %

Zusätzliche Beträge

[1,0-1,7 Mio.]

Stundungsgebühr

keine Zinsen ab dem Zeitpunkt der Liquidation

Laufende Zahlungen bis zur vollständigen Rückzahlung der Schulden

15,2 Mio.

2,9 Mio.

Erhaltener Gesamtbetrag

[23,2 - 29,9 Mio.]

[6,9 - 10,9 Mio.]

Fälligkeitsdatum

bis 2020

Frühere Rückzahlung möglich, wenn vor 2020 weitere hypothekarisch belastete Vermögenswerte zum Marktpreis verkauft werden können.

nach 2016

(46)

Polen verwies darauf, dass der Sozialversicherungsträger nach wie vor eine Hypothek auf Vermögenswerte des Unternehmens besitzt, deren Gesamtwert sich auf 6 243 002,55 PLN beläuft. Nach der Vereinbarung verringert sich der gestundete Betrag durch jeden Verkauf von Vermögenswerten automatisch, so dass die Rückzahlung schneller als in den vorgesehenen 96 Monaten erfolgen kann.

6.   Verbindlichkeiten gegenüber dem Marschallamt

(47)

Polen teilte der Kommission mit, dass die im zweiten Umstrukturierungsplan aufgeführten Verbindlichkeiten gegenüber dem örtlichen Marschallamt am 14. August 2012 beglichen wurden. Diese bestanden aus Forderungen in Höhe von 61 104,97 PLN, die zwischen 1999 und 2001 entstanden waren, und den seitdem angefallenen Zinsen in Höhe von 103 566,29 PLN.

V.   WÜRDIGUNG

(48)

Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(49)

Die Bedingungen in Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind kumulativ und müssen daher allesamt erfüllt sein, damit eine Maßnahme als staatliche Beihilfe eingestuft wird.

(50)

Auf der Grundlage der Eröffnungsentscheidung führt die Kommission eine Bewertung folgender Maßnahmen durch:

a)

der zurückgezogenen Maßnahmen;

b)

der Maßnahmen vor dem Beitritt;

c)

der durch PZL Dębica beglichenen Verbindlichkeiten;

d)

der nach dem EU-Beitritt Polens gewährten Maßnahmen:

(i)

„De-minimis“-Beihilfen;

(ii)

Stundung der Verbindlichkeiten gegenüber dem Sozialversicherungsträger.

1.   Die zurückgezogenen maßnahmen

(51)

Nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (15) kann ein Mitgliedstaat die Anmeldung nach der Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens innerhalb einer angemessenen Frist zurücknehmen, bevor die Kommission eine Entscheidung über den Beihilfecharakter der angemeldeten Maßnahme erlassen hat. Das förmliche Prüfverfahren wird in einem solchen Fall eingestellt.

(52)

Die polnischen Behörden haben zwei der Maßnahmen zurückgezogen, die im zweiten Umstrukturierungsplan vorgesehen waren, und zwar eine Kapitalzuführung sowie ein zinsgünstiges Darlehen im Gesamtwert von 10,5 Mio. PLN (siehe Erwägungsgrund 15 Buchstaben a und b). Nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates muss daher die Prüfung dieser Maßnahmen durch die Kommission eingestellt werden.

2.   Die Maßnahmen vor dem Beitritt

(53)

Beihilfemaßnahmen, die vor dem EU-Beitritt Polens durchgeführt wurden und nach dem Beitritt keine Anwendung finden, dürfen von der Kommission weder nach dem Verfahren des Artikels 108 AEUV noch nach dem Übergangsverfahren geprüft werden. Nach dem Übergangsverfahren ist die Kommission weder verpflichtet noch ermächtigt, Beihilfemaßnahmen zu überprüfen, die nach dem Beitritt nicht mehr zur Anwendung gelangen.

(54)

Die von Polen gewährten Beihilfen gelten als Beihilfen vor dem Beitritt, sofern der rechtsverbindliche Akt, durch den die Beihilfe gewährt wurde, von der zuständigen Behörde vor dem 1. Mai 2004 erlassen wurde. Einzelbeihilfen sind nach dem Beitritt nicht anwendbar, wenn der genaue Betrag der finanziellen Zusagen des Staates zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe bekannt war.

(55)

Wurden die Maßnahmen jedoch nach dem Beitritt gewährt, gelten sie als neue Beihilfen und ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt wird von der Kommission nach Artikel 108 AEUV geprüft.

(56)

Polen vertrat die Auffassung, dass neben den beiden Maßnahmen, die in der Eröffnungsentscheidung als Maßnahmen vor dem Beitritt genannt wurden (siehe Erwägungsgrund 12 Buchstaben a und b), eine Entscheidung der örtlichen Finanzbehörde von 2003 über einen Schuldenerlass in Höhe von 914 522,15 PLN ebenfalls als vor dem Beitritt gewährte Beihilfe eingestuft werden sollte.

(57)

Nachdem die Kommission in der Eröffnungsentscheidung bemängelt hatte, dass kein Dokument über die Gewährung der Beihilfen vorgelegt wurde, übermittelte Polen ein entsprechendes Dokument mit Datum vom 20. Oktober 2003 und erläuterte die Regelung für die Gewährung von Beihilfen nach dem Gesetz aus dem Jahr 2002 (siehe Erwägungsgrund 30).

(58)

Die polnischen Behörden informierten die Kommission ausführlich über die Rechtslage in Polen und machten geltend, dass der Umstrukturierungsbeschluss von 2003 ein rechtsverbindliches Dokument darstellt, das die Finanzbehörde zur Abschreibung von Steuerrückständen verpflichtet. Dem Umstrukturierungsbeschluss wurden mehrere objektiv nachprüfbare Bedingungen beigefügt (siehe Erwägungsgrund 28). Von den polnischen Behörden wurde bestätigt, dass PZL Dębica diese Bedingungen erfüllt. Da keine gegenteiligen Erkenntnisse vorliegen, stellt die Kommission fest, dass der Schuldenerlass vor dem EU-Beitritt Polens gewährt wurde.

3.   Die durch PZL Dębica beglichenen Verbindlichkeiten

(59)

Im Verlauf des Prüfverfahrens teilte Polen der Kommission mit, dass folgende Verbindlichkeiten von PZL Dębica beglichen wurden:

a)

Verbindlichkeiten gegenüber der Stadtverwaltung Dębica mit einem Nominalwert von 1 116 788,60 PLN zuzüglich Zinsen in Höhe von 592 669,80 PLN, beglichen am 31. Mai 2004;

b)

Verbindlichkeiten gegenüber dem örtlichen Marschallamt mit einem Nominalwert von 61 104,97 PLN zuzüglich Zinsen in Höhe von 103 566,29 PLN, beglichen am 14. August 2012.

(60)

Polen legte eine Bestätigung über die Tilgung dieser Schulden vor.

(61)

Polen unterrichtete die Kommission darüber, dass im Rahmen der Umstrukturierungsverhandlungen mit öffentlichen Gläubigern, die zur Aktualisierung des ersten Umstrukturierungsplans im Oktober 2003 geführt hatten, PZL Dębica die Stadtverwaltung Dębica ersuchte, den ihr geschuldeten Betrag von 1 116 788,60 PLN in den Umstrukturierungsplan aufzunehmen. Die Stadtverwaltung Dębica lehnte dies ab, das Unternehmen konnte den fälligen Betrag am 31. Mai 2004, einen Monat nach dem Beitritt Polens zur Europäischen Union, zurückzahlen.

(62)

Die Kommission weist darauf hin, dass für diese Verbindlichkeiten Zinseszinsen zu hohen Zinssätzen zwischen 44 % und 13,5 % berechnet wurden (siehe Tabelle 3). Die aufgelaufenen Zinsen, die von PZL Dębica am 31. Mai 2004 bezahlt wurden, beliefen sich auf 592 669,80 PLN.

(63)

Die Kommission hätte für rechtswidrige Beihilfen, die einem Unternehmen in Polen gewährt wurden, zwischen dem 1. und 31. Mai 2004 einen Rückforderungszinssatz von 7,62 % (16) angewandt. Damit liegt dieser Satz deutlich unter dem Zinssatz, den Polen für die Schulden in Rechnung stellte.

(64)

Da die Verbindlichkeiten vollständig beglichen wurden und der Zinssatz, der zwischen 1. und 31. Mai 2004 dafür berechnet wurde, mit 13,5 % erheblich über dem von der Kommission angewandten Rückforderungszinssatz von 7,62 % lag, gelangt die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Rückforderung im Einklang mit der Bekanntmachung der Kommission „Rechtswidrige und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen: Gewährleistung der Umsetzung von Rückforderungsentscheidungen der Kommission in den Mitgliedstaaten“ (17) (im Folgenden „Rückforderungsbekanntmachung“) vollzogen wurde. Der Betrag der tatsächlich zurückgezahlten Zinsen übersteigt den Zinsbetrag, der im Falle eines Negativbeschlusses zurückzahlen gewesen wäre und der auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (18) errechnet wird. Die Kommission nimmt daher lediglich die Begleichung der Verbindlichkeiten zur Kenntnis, ohne die künftige Einstufung dieser Maßnahme im Hinblick auf den Grundsatz der einmaligen Beihilfe vorwegzunehmen.

(65)

Die Kommission weist darauf hin, dass das örtliche Marschallamt 2007 einen Schuldenerlass beschlossen hatte, der in den zweiten Umstrukturierungsplan aufgenommen wurde. Der Umstrukturierungsplan wurde bei der Kommission angemeldet.

(66)

Gleichzeitig stellt die Kommission fest, dass für diese Verbindlichkeiten Zinseszinsen zu Zinssätzen zwischen 46% und 10% berechnet wurden (siehe Tabelle 3). Der Gesamtbetrag der Zinsen, die am 14. August 2012 von PZL Dębica zurückgezahlt wurden, belief sich auf 103 566,29 PLN und war damit fast doppelt so hoch wie die ursprünglichen Verbindlichkeiten von 61 104,97 PLN.

(67)

Die Kommission ist der Ansicht, dass zwischen 1999 (als der erste Teil der Verbindlichkeiten entstand) und 2012 (als die Verbindlichkeiten beglichen wurden) de facto bereits eine Stundung erfolgte und das örtliche Marschallamt dem Unternehmen, das sich schon damals in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten befand, einen Vorteil verschaffte, indem es die mit einer normalen Geschäftstätigkeit verbundene Belastung, die auch die Rückzahlung von Schulden an Behörden einschließt, verminderte.

(68)

Der Rückforderungszinssatz, den die Kommission für rechtswidrige Beihilfen, die einem Unternehmen in Polen gewährt wurden, für die Zeit ab dem EU-Beitritt Polens bis zur Begleichung der Verbindlichkeiten angewandt hätte, beträgt zwischen 5,26 % und 7,62 %. (19) Damit liegt dieser Satz deutlich unter dem Zinssatz, den Polen für die Schulden tatsächlich in Rechnung stellte.

(69)

Da die Verbindlichkeiten vollständig beglichen wurden und der Zinssatz, der zwischen 1. Mai 2004 und 14. August 2012 für die Verbindlichkeiten von PZL Dębica berechnet wurde, mit 10 % bis 16 % erheblich über dem von der Kommission angewandten Rückforderungszinssatz von 5,26 % bis 7,62 % lag, gelangt die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Rückforderung, unbeschadet der Rechtmäßigkeit der Beihilfe, im Einklang mit der Rückforderungsbekanntmachung der Kommission vollzogen wurde. Der tatsächlich bezahlte Zinsbetrag ist höher als der Zinsbetrag, der nach der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 in Rechnung gestellt worden wäre.

4.   Maßnahmen, die nach dem EU-Beitritt Polens gewährt wurden

4.1.   „De-minimis“-Beihilfen

(70)

Polen informierte die Kommission über fünf Maßnahmen mit einem Gesamtwert von 20 873,65 PLN, die seiner Ansicht nach als „De-minimis“-Beihilfen betrachtet werden sollten (aufgeführt in Tabelle 2). Diese Maßnahmen fallen in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 69/2001.

(71)

Die Kommission räumt ein, dass die Verordnung (EG) Nr. 69/2001, nach der Beihilfen bis 100 000 EUR (ca. 400 000 PLN) zulässig sind, Unternehmen in Schwierigkeiten nicht ausdrücklich ausschließt. Die Verordnung sieht jedoch bei Darlehen, die mit einem Zahlungsaufschub vergleichbar sind, ausdrücklich vor, dass das Darlehen „durch übliche Sicherheiten abgesichert [sein muss] und nicht mit ungewöhnlich hohen Risiken behaftet sein [darf]“ (Erwägungsgrund 6). In diesem Fall vertritt die Kommission die Auffassung, dass nur die Stundung durch die Finanzbehörde vom 8. September 2006 diese Anforderung erfüllt.

(72)

Die Kommission stellt zunächst fest, dass die von Polen übermittelten Angaben nicht ausreichen, um die Berechnungsmethode für die „De-minimis“-Beihilfen und die Höhe der Beihilfen, die von Polen als „Beihilfebetrag“ in Tabelle 2 angegeben wurden, zu überprüfen. Insbesondere wurden keine detaillierten Angaben über die anwendbaren Referenzzinssätze und Zinssätze für die Berechnung des Säumniszuschlags vorgelegt, die eine Überprüfung der nach der Formel Polens vorgenommenen Berechnungen ermöglicht hätten (siehe Erwägungsgrund 36). Daher betrachtet die Kommission den Nominalbetrag der drei Zahlungsaufschübe, die der Bürgermeister von Dębica am 7. April, am 28. Juli und am 5. Oktober 2006 gewährte und für die keine Sicherheiten gestellt wurden, als den maßgeblichen Betrag zur Klärung der Frage, ob eine De-minimis-Beihilfe vorliegt. Ein Betrag von 264 186 PLN war Gegenstand von zwei Entscheidungen des Bürgermeisters von Dębica über einen Zahlungsaufschub. Da diese Entscheidungen denselben Bereich betrafen, wird der Betrag nur einmal berücksichtigt.

(73)

Bei dem siebentägigen Zahlungsaufschub, den die Finanzbehörde am 8. September 2006 gewährte und für den eine Sicherheit geleistet wurde, die 100 % des gestundeten Betrags in Höhe von 614 550 PLN abdeckte, errechnete die Kommission die Beihilfe, indem sie, wie in der Mitteilung der Kommission über die Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze von 1997 (20) vorgesehen, einen Zuschlag von 400 Basispunkten zum anwendbaren Referenzzinssatz von 5,56 % hinzurechnete. In diesem Fall beläuft sich der Beihilfebetrag auf 1 126 PLN.

(74)

Die Entscheidung über den Schuldenerlass, die vom Bürgermeister von Dębica am 5. Oktober 2006 getroffen wurde, kommt einer Barzuwendung gleich und daher sollte der gesamte Betrag berücksichtigt werden.

(75)

Vor diesem Hintergrund beläuft sich der Gesamtwert der Beihilfe auf 369 788 PLN (ca. 93 437 EUR (21) ) (siehe Tabelle 7). Da die Gesamtsumme unter 100 000 EUR liegt, fallen diese Maßnahmen unter die Verordnung (EG) Nr. 69/2001. Von Polen wurde bestätigt, dass PZL Dębica keine sonstigen „De-minimis“-Beihilfen erhalten hat.

Tabelle 7

„De-minimis“-Beihilfen

Bewilligungs-behörde

Art der Maßnahme und Datum der Entscheidung

Nominalbetrag

Laufzeit

Beihilfebetrag

Bürgermeister von Dębica

Entscheidung über die Stundung vom 7.4.2006

264 186 PLN

66 604 EUR

84 Tage

264 186 PLN

66 604 EUR

Bürgermeister von Dębica

Entscheidung über die Stundung vom 28.7.2006

14 Tage

Leiter der Finanzbehörde von Dębica

Entscheidung über die Stundung vom 8.9.2006

614 520 PLN

154 236 EUR

7 Tage

1 126 PLN

282 EUR

Bürgermeister von Dębica

Entscheidung über den Schuldenerlass vom 5.10.2006

20 772 PLN

5 279 EUR

20 772 PLN

5 279 EUR

Bürgermeister von Dębica

Entscheidung über die Stundung vom 5.10.2006

83 704 PLN

21 272 EUR

72 Tage

83 704 PLN

21 272 EUR

GESAMT

369 788 PLN

93 437 EUR

4.2.   Stundung der Verbindlichkeiten gegenüber dem Sozialversicherungsträger

(76)

Artikel 107 Absatz 1 AEUV bezieht sich auf Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat und die somit zwar keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen aber nach Art und Wirkung gleichstehen. Nach der Rechtsprechung verschafft das Verhalten einer öffentlichen Einrichtung, die für die Einziehung der Sozialversicherungsbeiträge zuständig ist und zulässt, dass diese Beiträge verspätet gezahlt werden, einem Unternehmen in großen finanziellen Schwierigkeiten einen geschäftlichen Vorteil, indem es die Belastung, die sich aus der normalen Anwendung des Sozialversicherungssystems ergibt, mildert. Die Zinsen und Säumniszuschläge, die auf rückständige Sozialversicherungsbeiträge erhoben werden, heben den Vorteil nicht vollständig auf. (22)

(77)

In diesem Fall ließ der Sozialversicherungsträger zu, dass die Verbindlichkeiten von PZL Dębica im Zeitraum 2000-2005 erheblich anwuchsen. Tabelle 4 gibt einen Überblick über die Entwicklung der Gesamtverbindlichkeiten, einschließlich Zinsen.

(78)

Die Kommission verweist vorab darauf, dass die staatliche Beihilfe für PZL Dębica möglicherweise darin zu sehen ist, dass die öffentlichen Verbindlichkeiten von PZL Dębica gegenüber dem Sozialversicherungsträger nicht vollständig eingetrieben wurden. (23)

(79)

Polen macht geltend, dass es sich bei der Stundung der Verbindlichkeiten durch den Sozialversicherungsträger nicht um eine staatliche Beihilfe handelt, da der Sozialversicherungsträger wie ein privater Gläubiger gehandelt habe, als er im März 2012 einer Stundung des geschuldeten Gesamtbetrags zustimmte, der nach einem festgelegten Tilgungsplan in 96 Raten zurückgezahlt werden sollte. Polen legte eine Analyse des Kriteriums des privaten Gläubigers vor, die im Oktober 2011 durchgeführt wurde und seiner Ansicht nach bestätigt, dass für den Sozialversicherungsträger eine Stundung seiner Forderungen gegenüber PZL Dębica vorteilhafter ist als deren Eintreibung. Zudem führt Polen an, dass dem Sozialversicherungsträger, der sich an beiden Umstrukturierungsplänen beteiligte, zu jeder Zeit ausführliche Informationen über die finanzielle Lage und die Zukunftsaussichten von PZL Dębica vorlagen und dieser stets in voller Kenntnis der Situation des Unternehmens handelte. Schließlich verwies Polen auf mehrere Maßnahmen, die der Sozialversicherungsträger zur Absicherung und Eintreibung seiner Forderungen unternommen hat. Nach Ansicht von Polen bestätigt dies, dass der Sozialversicherungsträger wie ein privater Gläubiger handelte und die Eintreibung seiner Forderungen anstrebte.

(80)

Nach der Rechtsprechung werden die Voraussetzungen, die eine Maßnahme erfüllen muss, um als „Beihilfe“ im Sinne von Artikel 107 AEUV zu gelten, nicht erfüllt, wenn das begünstigte öffentliche Unternehmen denselben Vorteil, der ihm aus Staatsmitteln gewährt wurde, unter Umständen, die normalen Marktbedingungen entsprechen, hätte erhalten können. Bei öffentlichen Unternehmen erfolgt diese Beurteilung grundsätzlich unter Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers (in diesem Fall unter Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers). (24) Daher muss ein Mitgliedstaat, wenn er sich im Verwaltungsverfahren auf dieses Kriterium beruft, im Zweifelsfall eindeutig und anhand objektiver und nachprüfbarer Nachweise belegen, dass die Maßnahme das Kriterium auch tatsächlich erfüllt. (25) Damit festgestellt werden kann, ob ein Vorteil gewährt wurde, der als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV eingestuft werden kann, muss Polen daher den Nachweis erbringen, dass die öffentlichen Behörden in gleicher Weise wie ein hypothetischer privater Gläubiger gehandelt haben, der eine Nichtzahlung nicht geduldet und wirksame Schritte zur Eintreibung der Forderungen unternommen hätte, selbst wenn dies zu einem Insolvenzverfahren geführt hätte.

(81)

Der hypothetische private Gläubiger würde die wirtschaftliche Situation des Schuldners genau verfolgen; das Fehlen eines Umstrukturierungsplans und die schlechten Aussichten für eine Wiederherstellung der Rentabilität würden den Gläubiger dazu veranlassen, die Schulden schnellstmöglich einzutreiben.

(82)

Daraus folgt, dass zur Klärung der Frage, ob von den Behörden Beihilfen gewährt wurden, nachgewiesen werden muss, dass der Sozialversicherungsträger im vorliegenden Fall versuchte, sämtliche Forderungen ohne finanzielle Verluste einzutreiben und dass dieser durch seine Entscheidung, keinen Insolvenzantrag für das Unternehmen zu stellen, die Eintreibung seiner Forderungen optimieren wollte, so wie es ein hypothetischer Gläubiger getan hätte. (26)

(83)

Die Kommission wird den von Polen vorgelegten Bericht über die 2012 getroffene Entscheidung zur Unterzeichnung der Stundungsvereinbarung analysieren. Die Kommission weist jedoch darauf hin, dass der Sozialversicherungsträger über mehrere Jahre hinweg zugelassen hat, dass fällige Zahlungen nicht geleistet wurden. Die von Polen vorgelegten Angaben beziehen sich auf den gesamten Zeitraum vom Ende des ersten Umstrukturierungszeitraums (und davor) bis zum Oktober 2011, als die Studie über eine mögliche Stundungsvereinbarung in Auftrag gegeben wurde. Da 2008 ein zweiter Umstrukturierungsplan angemeldet wurde, bemühte sich das Unternehmen nicht aktiv um eine Vereinbarung mit seinen Gläubigern. Die Kommission muss daher auch prüfen, ob das Verhalten des Sozialversicherungsträgers in der Zeit zwischen dem Ende der ersten Umstrukturierungsperiode und der Unterzeichnung der Stundungsvereinbarung das Kriterium des privaten Gläubigers erfüllt.

(84)

In den folgenden Erwägungsgründen wird die Kommission auf i) die Beteiligung des Sozialversicherungsträgers am ersten Umstrukturierungsplan, ii) die Eintreibung eines Teils der Forderungen durch den Sozialversicherungsträger zwischen 2007 und 2012 nach dem Scheitern des ersten Umstrukturierungsplans und iii) die Stundungsvereinbarung vom 1. März 2012 eingehen. Der erste Umstrukturierungsplan wurde von der zuständigen nationalen Behörde vor dem EU-Beitritt Polens genehmigt und betrifft hauptsächlich den Zeitraum vor dem Beitritt. Die Beurteilung der Punkte ii) und iii) ist für die Schlussfolgerung in Bezug auf das Verhalten des Sozialversicherungsträgers entscheidend. Die Kommission wird bei ihrer Bewertung aber auch erneut beleuchten, wie sich der erste Umstrukturierungsplan auf die Situation von PZL Dębica ausgewirkt hat, weil dies wichtig ist, um die Entwicklungen zu verstehen.

(85)

Wie oben erwähnt, beschloss der Sozialversicherungsträger, sich am ersten Umstrukturierungsplan zu beteiligen, der 2002, also vor dem EU-Beitritt Polens, erstellt und genehmigt wurde. Der Plan sah unter anderem die Umstrukturierung der finanziellen Verbindlichkeiten gegenüber dem Sozialversicherungsträger vor. Auf der Basis dieses Umstrukturierungsplans stimmte der Sozialversicherungsträger der Stundung von Verbindlichkeiten in Höhe von 1 364 600 PLN zu, während ein größerer Betrag von 3 890 000 PLN über ein Darlehen des Fonds für die Umstrukturierung von Unternehmen beglichen werden sollte. Wie oben erläutert (siehe Erwägungsgrund 13) erhielt PZL Dębica jedoch keine Mittel aus diesem Fonds. Daraufhin entschied der Sozialversicherungsträger, für die Restschuld keinen Zahlungsaufschub zu gewähren und drohte 2006 damit, gerichtliche Schritte zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen das Unternehmen einzuleiten.

(86)

Die Kommission weist darauf hin, dass PZL Dębica trotz des Scheiterns der finanziellen Umstrukturierung und der Zahlungsrückstände, die am Ende des ersten Umstrukturierungszeitraums bestanden, 2006 einen bescheidenen Gewinn ausweisen konnte (siehe Tabelle 1). Dies bestätigt, dass die organisatorischen und technischen Umstrukturierungsmaßnahmen des Unternehmens Früchte getragen hatten.

(87)

Hinzu kommt, dass der Sozialversicherungsträger ab 2001 die Übertragung von Vermögenswerten von PZL Dębica zur Absicherung der wachsenden Schulden verlangte. Der Wert der Hypothek, die 100 % der Schulden abdeckte, belief sich 2007 auf 11,6 Mio. PLN.

(88)

Abschließend stellt die Kommission fest, dass der Sozialversicherungsträger ab 2003 begann, die Forderungen durch den Verkauf von Vermögenswerten von PZL Dębica einzutreiben (wie in Tabelle 5 aufgeführt). Der Sozialversicherungsträger entschied sich jedoch gegen eine Zwangsveräußerung, mit der in der Regel geringere Einnahmen erzielt werden als bei einem normalen Verkauf. Die geringe Nachfrage nach Industrievermögensgütern infolge der aktuellen Wirtschaftslage hätte dieses Phänomen nur noch verstärkt. Stattdessen willigte der Sozialversicherungsträger ein, dass vom Unternehmen ein geordneter Verkauf durchgeführt wurde. Für jeden Verkauf war die Zustimmung des Sozialversicherungsträgers erforderlich, die dieser auf der Basis des Angebots einer dritten Partei erteilte. Der Nettogewinn aus dem Verkauf wurde anschließend an den Sozialversicherungsträger überwiesen. Anhand der von Polen erbrachten Nachweise wird festgestellt, dass bei dem Verkauf durch PZL Dębica zwar Marktpreise erzielt werden konnten, das Verkaufsverfahren aber länger dauerte als dies bei einer Zwangsveräußerung der Fall gewesen wäre. Zwischen 2004 und 2006 konnten durch den geordneten Verkauf von Vermögenswerten von PZL Dębica über 1,6 Mio. PLN an den Sozialversicherungsträger zurückgezahlt werden.

(89)

Nachdem die im ersten Umstrukturierungsplan vorgesehene finanzielle Umstrukturierung gescheitert war und die Verbindlichkeiten von PZL Dębica wuchsen, zog der Sozialversicherungsträger Ende 2006 die Möglichkeit eines Insolvenzantrags ernsthaft in Erwägung. Wie oben erläutert (siehe Erwägungsgrund 42 Buchstabe c), unterrichtete der Sozialversicherungsträger das Unternehmen am 20. November 2006 über seine Absicht, einen Insolvenzantrag für PZL Dębica zu stellen. Nach den Informationen, die PZL Dębica dem Sozialversicherungsträger am 12. Dezember 2006 übermittelte, wurde diese Absicht nicht in die Tat umgesetzt. Die Kommission hat geprüft, ob der Sozialversicherungsträger zwischen 2007 (als die erste Umstrukturierungsperiode endete) und 2012 (als die Stundungsvereinbarung geschlossen wurde) wie ein hypothetischer privater Gläubiger gehandelt handelte.

(90)

Zunächst wurden von der Kommission die Informationen bewertet, die dem Sozialversicherungsträger am 12. Dezember 2006 von PZL Dębica übermittelt wurden. Das Unternehmen legte eine umfassende Analyse seiner wirtschaftlichen und finanziellen Situation vor und erläuterte seine Zukunftsaussichten ausführlich. Die Kommission erklärt, dass die folgenden Punkte, die das Unternehmen gegenüber dem Sozialversicherungsträger anführte, für einen hypothetischen privaten Gläubiger wichtig wären, um die Situation des Schuldners zu bewerten und die geeignete Vorgehensweise zur Eintreibung der Forderungen mit dem geringsten Verlust festzulegen. Daher würde der Gläubiger folgende Punkte prüfen:

a)

die steigenden Umsätze und die sinkenden Produktionskosten des Unternehmens, die durch die von PZL Dębica durchgeführten Umstrukturierungsmaßnahmen des ersten Umstrukturierungsplans erreicht wurden;

b)

die Gewinnprognosen für 2006 und eine Erklärung, nach der die Schulden wuchsen und PZL Dębica nicht zu einer schnelleren Rückzahlung in der Lage war, weil erst 2006 wieder Gewinne erzielt werden konnten;

c)

die insgesamt positive Prognose für die Umsatzentwicklung der nächsten Jahre, die eine kontinuierliche Rückzahlung der Schulden ermöglichen und sicherstellen würde, dass keine neuen Verbindlichkeiten entstehen;

d)

die Marketing- und Innovationsmaßnahmen des Unternehmens und die neuen Märkte, die das Unternehmen mithilfe der neuen Marketingstrategie nun erschließen kann (Kohle- und Kupferbergbau und neue Verträge mit Partnern in der Ukraine und in China);

e)

das Fehlen weiterer maßgeblicher Verbindlichkeiten gegenüber anderen Behörden oder privaten Gläubigern;

f)

eine Verpflichtung des Unternehmens, laufende und zukünftige Sozialversicherungsbeiträge fristgerecht zu entrichten.

(91)

Die Kommission hebt hervor, dass aufgrund der oben beschriebenen ausführlichen Informationen, die eine positive Entwicklung von PZL Dębica und beträchtliche Einnahmen für den Sozialversicherungsträger erwarten ließen, Grund zu der Annahme bestand, dass durch die Zustimmung zur Weiterführung der Unternehmenstätigkeit eine höhere Rückzahlung erreicht werden könnte als durch eine erzwungene Insolvenz des Unternehmens. Gleichwohl stellt die Kommission fest, dass der Sozialversicherungsträger umsichtig vorging, als er die Eintreibung seiner Forderungen nicht einstellte, wodurch nach Ansicht von PZL Dębica der Umstrukturierungsprozess behindert wurde. Der Sozialversicherungsträger handelte daher wie ein privater Gläubiger, der die Vorgehensweise auswählt, die eine Rückzahlung der Verbindlichkeiten mit den geringsten Verlusten verspricht.

(92)

Die Kommission merkt an, dass sich der Sozialversicherungsträger 2008 am zweiten Umstrukturierungsplan beteiligte und damit der Stundung eines Teils der Verbindlichkeiten zustimmte. Die restlichen Verbindlichkeiten sollten mit einer Kapitalzuführung durch die staatliche Agentur für industrielle Entwicklung beglichen werden. Das Durchführungsverbot wurde jedoch eingehalten und die Maßnahmen wurden nicht umgesetzt. Die Kommission weist darauf hin, dass der Sozialversicherungsträger bei der Eintreibung seiner Forderungen nicht auf die Umsetzung des zweiten Umstrukturierungsplans vertraute, sondern seine 2007 begonnenen Maßnahmen, wie oben beschrieben, fortsetzte.

(93)

2007 und 2008 konnte der Sozialversicherungsträger durch den geordneten Verkauf von Vermögenswerten von PZL Dębica zusätzlich zu den in Erwägungsgrund 88 genannten Beträgen mehr als 5,4 Mio. PLN einziehen (siehe Tabelle 5). Dass nach 2008 keine Vermögenswerte des Unternehmens verkauft wurden, obwohl der Sozialversicherungsträger eine Hypothek auf drei Grundstücke im Gesamtwert von über 6 Mio. PLN besaß, muss Polen zufolge im Kontext der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gesehen werden, unter denen der Verkauf der Vermögenswerte von PZL Dębica stattfand. Polen machte geltend, dass die Wirtschaftskrise und die rückläufige Konjunktur in der Region dazu beitrugen, dass kein großes Interesse an den Vermögenswerten von PZL Dębica bestand und es daher schwierig war, diese zu einem für den Sozialversicherungsträger annehmbaren Preis zu veräußern.

(94)

Wie oben erwähnt, hat der Sozialversicherungsträger jedoch die Pfändung der Konten von PZL Dębica beibehalten, die ihm zwischen 2007 und 2010 weitere 475 369 PLN einbrachte.

(95)

Tatsächlich konnte der Sozialversicherungsträger durch die fortlaufende Eintreibung seiner Forderungen im Prüfzeitraum über 7 Mio. PLN einziehen (siehe Erwägungsgrund 96 Buchstabe b); über die für die Verbindlichkeiten berechneten Zinseszinsen wurde ein Ausgleich für die längere Rückzahlungsdauer geschaffen.

(96)

Die Kommission untersuchte außerdem, ob PZL Dębica zwischen 2007 und 2012 die Zusagen eingehalten hat, die dem Sozialversicherungsträger gegeben wurden, als dieser im Januar 2007 auf die Einleitung eines Insolvenzverfahrens gegen das Unternehmen verzichtete. Die Kommission stellt fest, dass

a)

PZL Dębica seit 2006 Gewinne erwirtschaftet und das Unternehmen 2010 einen privaten Kapitalgeber gewinnen konnte (siehe Erwägungsgrund 10); andererseits wurden die Nettoergebnisse des Unternehmens dadurch geschmälert, dass es nicht an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen konnte und wegen seiner Schulden auf dem Markt keine Kredite erhielt;

b)

das Unternehmen seine Schulden seit 2006 um 7 Mio. PLN verringern konnte; neben dem geordneten Verkauf von Vermögenswerten und der oben beschriebenen Pfändung kam das Unternehmen in jedem Jahr seinen Rückzahlungsverpflichtungen nach und verwendete seine Gewinne sowie die Kapitalzuführung durch einen privaten Kapitalgeber im Jahr 2010 zum Abbau seiner Schulden;

c)

das Unternehmen seit 2006 den laufenden Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Sozialversicherungsträger und anderen öffentlichen Behörden nachkommt und daher, abgesehen von einem geringfügigen Zahlungsrückstand in Höhe von 1 900 PLN, keine neuen Verbindlichkeiten entstanden sind.

(97)

Die Kommission kommt zu dem Ergebnis, dass die Wiederherstellung der Rentabilität von PZL Dębica im Jahr 2006, die guten Aussichten im Hinblick auf die langfristige Rentabilität des Unternehmens und die kontinuierliche Erfüllung seiner laufenden finanziellen Verpflichtungen seit 2006 ebenso wie der Einstieg eines privaten Kapitalgebers im Jahr 2010 wichtige Faktoren sind, die ein privater Gläubiger bei der Entscheidung darüber berücksichtigen würde, ob der 2007 eingeschlagene Weg weiterhin die beste Lösung zur Eintreibung seiner Forderungen mit den geringsten Verlusten ist.

(98)

Polen legte eine Analyse des Kriteriums des privaten Gläubigers vor, die im Oktober 2011, d. h. vor dem Abschluss der Stundungsvereinbarung am 1. März 2012, von einem externen Beratungsunternehmen durchgeführt wurde. In dem Bericht werden zwei Optionen gegenübergestellt: i) die Eintreibung aller finanziellen Forderungen durch den Sozialversicherungsträger und (ii) die Begleichung der Verbindlichkeiten gegenüber dem Sozialversicherungsträger durch die Stundung des gesamten geschuldeten Betrags. Die Analyse ergab, dass sich der Sozialversicherungsträger für einen Zahlungsaufschub entscheiden sollte, der die Wiedererlangung der gesamten ausstehenden Forderung gewährleistet. Beim Szenario einer Liquidation des Unternehmens wäre hingegen nur mit einer Rückzahlung von 60 % bis 70 % des geschuldeten Betrags zu rechnen.

(99)

Die Kommission hat den Bericht und die darin zugrunde gelegten Annahmen kritisch beleuchtet.

(100)

Zunächst weist die Kommission darauf hin, dass die Ergebnisse der Analyse auf der Überprüfung folgender Faktoren basieren: i) der aktuellen wirtschaftlichen und finanziellen Situation von PZL Dębica, ii) der Vermögenswerte und aller Verbindlichkeiten des Unternehmens, iii) der Marktposition des Unternehmens, iv) der Ergebnisse der Umstrukturierung und v) der in Polen geltenden Rechtsvorschriften und Praxis für Insolvenzverfahren.

(101)

Beim Szenario einer Liquidation des Unternehmens könnte der Sozialversicherungsträger in drei bis vier Jahren nur rund 60 % bis 70 % seiner Forderungen einziehen. (27) Die Verringerung des möglichen Rückzahlungsbetrags ergibt sich vor allem aus den hohen Kosten einer Liquidation und dem geringen Liquidationswert der Vermögensgegenstände des Unternehmens. Was den Liquidationswert angeht, stellt die Kommission fest, dass sich beim Insolvenzszenario der Wert dieser Vermögensgegenstände in einer Zwangsveräußerung um rund 50 % verringert, weil die Vermögenswerte einzeln veräußert werden und die Vermögensbewertung daher nicht auf der Basis einer fortgesetzten Nutzung erfolgt. Die geringere Nachfrage nach Industriegütern angesichts der Krise in der Realwirtschaft wirkt sich ebenfalls auf diesen Wert aus, der jedoch weiterhin über den durchschnittlichen Einnahmen aus dem Verkauf einer Insolvenzmasse liegt, die in Polen 26,86 % des beizulegenden Zeitwerts betragen.

(102)

Bei dem in Erwägungsgrund 44 beschriebenen Szenario einer Stundung beleuchtet der Bericht folgende Aspekte, die aus der Sicht eines privaten Gläubigers, der die ihm geschuldeten Beträge mit dem geringsten Verlust eintreiben will, wichtig sind:

die Wiederherstellung der Rentabilität von PZL Dębica im Jahr 2006 infolge der Umstrukturierung;

den aktuellen Auftragsbestand von PZL Dębica und sein Vertriebsnetz in Polen und im Ausland;

den Einstieg des privaten Kapitalgebers Eurotech im Jahr 2010, der 16,7 % der neu ausgegebenen Aktien von PZL Dębica erworben hat;

eine 2011 abgegebene Absichtserklärung von Eurotech dahingehend, dass – vorbehaltlich des Beschlusses der Kommission – eine erneute Kapitalzuführung und der Erwerb von weiteren 15 % der Aktien des Unternehmens geplant sind;

die Aussicht auf deutlich bessere Finanzergebnisse, wenn mit der Unterzeichnung der Stundungsvereinbarung die Voraussetzung dafür erfüllt ist, dass das Unternehmen wieder Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen und zur Fremdfinanzierung erhält;

die Tatsache, dass PZL Dębica zwischen 2006 und 2011 seine laufenden Beiträge an alle öffentlichen Einrichtungen fristgerecht bezahlt hat (durchschnittlich 5 Mio. PLN pro Jahr) und

der Umstand, dass der Sozialversicherungsträger dank der Stundung in den acht Jahren, in denen die Schulden zurückgezahlt werden, zusätzlich 18 Mio. PLN an laufenden Sozialversicherungsbeiträgen erhalten wird.

(103)

Die Kommission kann der Berücksichtigung des letzten Elements nicht zustimmen, da die obligatorischen künftigen Zahlungen nicht mit den Einnahmen vergleichbar sind, die ein privates Unternehmen aus einer Wirtschaftstätigkeit erwarten könnte. Bei der Einziehung obligatorischer Sozialversicherungsbeiträge handelt es sich nicht um eine Wirtschaftstätigkeit.

(104)

Die Kommission stellt fest, dass die unterzeichnete Vereinbarung die Rückzahlung des Gesamtbetrags der zum 1. März 2012 fälligen Verbindlichkeiten, d. h. von [7-13 Mio.] PLN, vorsieht, der sich aus den Schulden in Höhe von [3,5-6,5 Mio.] PLN und den Zinsen in Höhe von [3,5-6,5 Mio.] PLN zusammensetzt. Zu diesem Betrag wurde eine Stundungsgebühr von [1,0-1,7 Mio.] PLN hinzugerechnet. Die Schulden sollen in 96 Monatsraten zurückgezahlt werden.

(105)

Die Kommission weist außerdem darauf hin, dass der Sozialversicherungsträger weiterhin ein Pfandrecht an Vermögensgegenständen von PZL Dębica im Wert von 6 243 002,55 PLN besitzt, die der Sozialversicherungsträger in einem ähnlichen geordneten Verkaufsverfahren veräußern will, wie es bereits für andere Vermögenswerte durchgeführt wurde. Die Einnahmen aus dem Verkauf dieser Vermögenswerte sollen zum Abbau der Schulden verwendet werden, die PZL Dębica beim Sozialversicherungsträger hat.

(106)

Ferner merkt die Kommission an, dass der Bericht keine Gegenüberstellung des aktuellen Werts der Zahlungseingänge unter Option 1 und Option 2 enthält, auf dessen Grundlage der private Gläubiger die günstigere der beiden Optionen auswählen könnte. Die Kommission hat diese aktuellen Werte für mehrere Abzinsungssätze errechnet und dabei zurückhaltende Annahmen, d. h. drei Jahre bei einer Liquidation des Unternehmens und acht Jahre bei einer Stundung der Verbindlichkeiten, zugrunde gelegt. Zukünftige Einnahmen des Sozialversicherungsträgers, die sich aus den laufenden Zahlungen ergeben, wurden in den Berechnungen der Kommission nicht berücksichtigt. Für alle wesentlichen Abzinsungssätze gilt, dass für einen privaten Gläubiger das Szenario der Stundung vorteilhafter ist als eine Liquidation.

(107)

Schließlich verweist die Kommission auch darauf, dass PZL Dębica bis zum November 2012 die in der Stundungsvereinbarung vorgesehenen neun Raten bezahlt hat.

(108)

Vor diesem Hintergrund stellt die Kommission fest, dass sich der Sozialversicherungsträger mit seiner Zustimmung zu einer Stundung im März 2012 wie ein privater Gläubiger verhielt, der seine Forderungen von einem Schuldner in finanziellen Schwierigkeiten eintreiben will. Daher verschaffte der öffentliche Gläubiger PZL Dębica keinen Vorteil. Die Begleichung der ausstehenden Forderungen auf der Grundlage der Stundung, die im März 2012 in der Vereinbarung zwischen dem Unternehmen und dem Sozialversicherungsträger festgelegt wurde, stellt folglich keine staatliche Beihilfe nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar.

VI.   SCHLUSSFOLGERUNG

(109)

Die Kommission gelangt zu dem Schluss, dass die Beihilfemaßnahmen, auf die in Erwägungsgrund 52 Bezug genommen wird, zurückgezogen wurden. Nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates muss daher die Prüfung dieser Maßnahmen durch die Kommission eingestellt werden.

(110)

Die Kommission stellt fest, dass die Beihilfemaßnahmen, auf die in Erwägungsgrund 56 Bezug genommen wird, vor dem EU-Beitritt Polens durchgeführt wurden und nach diesem Datum nicht mehr zur Anwendung gelangen. Sie dürfen von der Kommission weder nach dem Verfahren des Artikels 108 AEUV noch nach dem Übergangsverfahren geprüft werden.

(111)

Zu den in Erwägungsgrund 59 genannten Maßnahmen stellt die Kommission fest, dass rechtswidrige Beihilfen als im Einklang mit der Rückforderungsbekanntmachung zurückgezahlt betrachtet werden.

(112)

Die in Tabelle 7 aufgeführten Beihilfemaßnahmen fallen in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 69/2001 und übersteigen den dort festgelegten Schwellenwert nicht.

(113)

Ferner stellt die Kommission fest, dass es sich bei den Maßnahmen, auf die in den Erwägungsgründen 76 bis 108 Bezug genommen wird, nicht um staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV handelt —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV, das mit der Entscheidung der Kommission vom 19. Dezember 2008 über die staatliche Beihilfe C 49/08 (ex N 402/08) – Umstrukturierungsbeihilfe zugunsten von PZL Dębica eingeleitet wurde, wird für die folgenden Maßnahmen für PZL Dębica eingestellt:

a)

Zwei Maßnahmen im Umfang von 4 965 800 PLN und 5 534 200 PLN, die von Polen am 13. August 2008 angemeldet und am 10. Oktober 2011 nach Artikel 8 der Verfahrensverordnung zurückgezogen wurden.

b)

Eine Maßnahme im Umfang von 914 522,15 PLN, zu der am 20. Oktober 2003 eine Entscheidung der Finanzbehörde getroffen wurde, mit der Begründung, dass diese Maßnahme vor dem EU-Beitritt Polens gewährt wurde und nach diesem Datum nicht mehr zur Anwendung gelangt.

c)

Eine Maßnahme mit einem Nominalwert von 61 104,97 PLN zuzüglich Zinsen in Höhe von 103 566,29 PLN, beglichen am 14. August 2012, die eine rechtswidrige Beihilfe nach Artikel 7 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 darstellt. Die Beihilfe wurde am 14. August 2012 im Einklang mit der Rückforderungsbekanntmachung (28) an Polen zurückgezahlt.

d)

Die fünf in Tabelle 7 aufgeführten Maßnahmen zugunsten von PZL Dębica, mit der Begründung, dass es sich dabei um „De-minimis“-Beihilfen im Sinne von Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 69/2001 handelt.

e)

Die Stundung von [7-13 Mio.] PLN, die PZL Dębica aufgrund der Stundungsvereinbarung vom 1. März 2012 mit dem Sozialversicherungsträger gewährt wurde, nach Maßgabe von Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999, mit der Begründung, dass die Maßnahme keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt.

Artikel 2

Dieser Beschluss ist an die Republik Polen gerichtet.

Brüssel, den 19. Dezember 2012

Für die Kommission

Joaquín ALMUNIA

Vizepräsident


(1)  ABl. C 53 vom 6.3.2009, S. 17.

(2)  ABl. C 53 vom 6.3.2009, S. 17.

(3)  Prognose vom August 2012 für das gesamte Jahr 2012 auf der Grundlage der Daten für das erste und zweite Quartal 2012.

(4)  ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2.

(5)  ABl. L 379 vom 28.12.2006, S. 5.

(6)  Für diese zwischen 2001-2002 entstandenen Forderungen wurde im Stundungszeitraum 2001-2004 ein Zinssatz zwischen 14 % und 31 % berechnet (siehe Tabelle 3). Der in der Eröffnungsentscheidung genannte Betrag (1 164 900 PLN) wurde von Polen berichtigt und mit 1 116 788,60 PLN angegeben.

(7)  Gesetzblatt Nr. 155, Position 1287, in geänderter Fassung.

(8)  Entscheidung der Kommission vom 6. November 2008 über die staatliche Beihilfe C 17/05 (ex N 194/05 und PL 34/04) Polens für die Gdingener Werft (ABl. L 33 vom 4.2.2010, S. 1).

(9)  Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts vom 22. Februar 2005 in der Rechtssache I FSK 630/05 und Urteil des Obersten Gerichts vom 12. März 2007 in der Rechtssache I UK 288/06.

(10)  ABl. L 10 vom 13.1.2001, S. 30.

(11)  Kabinettsverordnung vom 11. August 2004 über die spezifische Methode zur Berechnung des Werts staatlicher Beihilfen, die in verschiedenen Formen gewährt werden (Gesetzblatt Nr. 194, Position 1983).

(12)  ABl. C 273 vom 9.9.1997, S. 3.

(13)  Gesetzblatt Nr. 137, Position 926, in geänderter Fassung.

(14)  Geschäftsgeheimnis

(15)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

(16)  Der anwendbare Rückforderungszinssatz kann abgerufen werden unter: http://ec.europa.eu/competition/state_aid/legislation/reference_rates.html

(17)  ABl. C 272 vom 15.11.2007, S. 4.

(18)  ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1.; siehe insbesondere die Artikel 9 und 11.

(19)  Siehe Fußnote 14.

(20)  ABl. C 273 vom 9.9.1997, S. 3.

(21)  Zur Umrechnung verwendete die Kommission den durchschnittlichen Wechselkurs der polnischen Nationalbank an dem Tag, an dem die Entscheidung über die Beihilfe getroffen wurde. Siehe http://www.nbp.pl/home.aspx?c=/ascx/archa.ascx

(22)  Urteil des Gerichtshofs vom 29. Juni 1999, Déménagements-Manutention Transport SA (DMT), C-256/97, Slg. 1999, I-3913, Randnr. 30; Urteil des Gerichts vom 21. Oktober 2004, Lenzing AG/Kommission, T-36/99, Slg. 2004, II-3597, Randnr. 137.

(23)  Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 1999, Spanien (Tubacex)/Kommission, C-342/96, Slg. 1999, I-2459, Randnr. 46; Urteil des Gerichtshofs vom 29. Juni 1999, Déménagements-Manutention Transport SA (DMT), C-256/97, Slg. 1999, I-3913, Randnr. 21; Urteil des Gerichtshofs vom 12. Oktober 2000, Spanien (Magefesa)/Kommission, C-480/98, Slg. 2000, I-8717; Urteil des Gerichts vom 11. Juli 2002, HAMSA/Kommission, T-152/99, Slg. 2002, II-3049, Randnr. 167.

(24)  Urteil des Gerichtshofs vom 5. Juni 2012, Électricité de France/Kommission, C-124/10 P, noch nicht veröffentlicht, Randnr. 78, und die dort angeführte Rechtsprechung (vgl. in diesem Sinne die Urteile des Gerichtshofs vom 21. März 1991, Italien/Kommission, C-303/88, Slg. 1991, I-1433, Randnr. 20, und vom 16. Mai 2002 Frankreich/Kommission, C-482/99, Slg. 2002, I-4397, Randnrn. 68 bis 70, sowie das Urteil des Gerichtshofs vom 9. Juni 2011, Comitato „Venezia vuole vivere“ u. a./Kommission, C-71/09 P, C-73/09 P und C-76/09 P, noch nicht veröffentlicht, Randnr. 91, und die dort angeführte Rechtsprechung).

(25)  Urteil des Gerichtshofs vom 5. Juni 2012, Électricité de France/Kommission, C-124/10, noch nicht veröffentlicht.

(26)  Urteil des Gerichtshofs vom 29. Juni 1999, Déménagements-Manutention Transport SA (DMT), C-256/97, Slg. 1999, I 3913, Randnr. 30.

(27)  Basierend auf den Daten der Obersten Rechnungskontrollbehörde über die Dauer des Insolvenzverfahrens.

(28)  ABl. C 272 vom 15.11.2007, S. 4.