20.9.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 253/5


VERORDNUNG (EU) Nr. 848/2012 DER KOMMISSION

vom 19. September 2012

zur Änderung von Anhang XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) hinsichtlich Phenylquecksilberverbindungen

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (1), insbesondere auf Artikel 68 Absatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

In ihrer Mitteilung an das Europäische Parlament und den Rat über eine Gemeinschaftsstrategie für Quecksilber (2) legte die Kommission die Notwendigkeit dar, die Quecksilberwerte in der Umwelt und die Exposition des Menschen zu reduzieren, und schlug als Ziele unter anderem die Verringerung des Eintritts von Quecksilber in die Gesellschaft durch Verringerung von Angebot und Nachfrage, die Verringerung der Quecksilberemissionen und den Schutz gegen Quecksilberemissionen vor. Diese Mitteilung wurde 2010 (3) überarbeitet.

(2)

Der Rat hat mehrfach sein Bekenntnis zu dem Gesamtziel bekräftigt, die menschliche Gesundheit und die Umwelt vor Freisetzungen von Quecksilber und Quecksilberverbindungen zu schützen, indem weltweit vom Menschen verursachte Freisetzungen von Quecksilber in die Luft, in das Wasser und in den Boden minimiert und dort, wo dies machbar ist, vollständig unterbunden werden. In diesem Zusammenhang unterstrich der Rat, dass dort, wo vertretbare Alternativen vorhanden sind, möglichst rasch und vollständig auf quecksilberhaltige Erzeugnisse verzichtet werden sollte; Ziel sollte es letztlich sein, auf alle quecksilberhaltigen Erzeugnisse zu verzichten, wobei den technischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten und dem Bedarf der wissenschaftlichen Forschung und Entwicklung in angemessener Weise Rechnung zu tragen ist (4).

(3)

Quecksilber und seine Verbindungen sind hochgiftig für Menschen, Ökosysteme und wildlebende Tiere. Hohe Dosen können für den Menschen tödlich sein, aber auch relativ niedrige Mengen können bereits ernsthafte Entwicklungsstörungen des Nervensystems verursachen und wurden zudem mit schädlichen Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-, das Immun- und das Fortpflanzungssystem in Verbindung gebracht. Quecksilber ist ein globaler persistenter Schadstoff, der in verschiedenen Formen zwischen den Bereichen Luft, Wasser, Sedimente, Boden sowie Flora und Fauna zirkuliert und sich in der Umwelt in Methylquecksilber, seine giftigste Form, umwandeln kann.

(4)

Nach der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 muss ein Mitgliedstaat, wenn er der Auffassung ist, dass die Herstellung, das Inverkehrbringen oder die Verwendung eines Stoffes als solchem, in einem Gemisch oder in einem Erzeugnis ein Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt mit sich bringt, das nicht angemessen beherrscht wird und behandelt werden muss, nach der Benachrichtigung der Europäischen Chemikalienagentur („Agentur“) ein diesbezügliches Dossier erstellen.

(5)

Entsprechend dem Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 25/2008 vom 14. März 2008 zur Änderung von Anhang II (Technische Vorschriften, Normen, Prüfung und Zertifizierung) des EWR-Abkommens (5) wurde die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 in das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum aufgenommen.

(6)

Norwegen hat ein Dossier über fünf Phenylquecksilberverbindungen, nämlich Phenylquecksilberacetat, Phenylquecksilberpropionat, Phenylquecksilber-2-ethylhexanoat, Phenylquecksilberoctanoat und Phenylquecksilberneodecanoat erstellt, welches belegt, dass das Risiko für die menschliche Gesundheit und die Umwelt durch die Herstellung, die Verwendung oder das Inverkehrbringen dieser Stoffe als solche, in Gemischen oder in Erzeugnissen ein unionsweites Vorgehen erforderlich macht. Das betreffende Dossier wurde der Agentur zur Einleitung des Beschränkungsverfahrens übermittelt.

(7)

Diese fünf Phenylquecksilberverbindungen finden bekanntlich insbesondere als Katalysatoren in Polyurethansystemen für Beschichtungen, Klebe- und Dichtmittel sowie Elastomere Verwendung. Die Quecksilberkatalysatoren werden in die Polymerstruktur eingebaut und verbleiben im Enderzeugnis, aus dem keine beabsichtigte Freisetzung von Quecksilber- oder Phenylquecksilberverbindungen erfolgt. Von anderen Phenylquecksilberverbindungen ist nicht bekannt, dass sie als Katalysatoren in Polyurethansystemen verwendet werden, weshalb sie nicht in die im Rahmen des Dossiers vorgenommene Beurteilung einbezogen wurden.

(8)

Der Lebenszyklus der Phenylquecksilberverbindungen führt dazu, dass beträchtliche Mengen von Quecksilber in die Umwelt gelangen, und erhöht die Gesamtquecksilberemissionen. Insbesondere werden die Phenylquecksilberverbindungen in der Umwelt abgebaut, dabei entstehen Abbauprodukte wie Methylquecksilber, die ebenso bedenklich wie persistente, bioakkumulierbare und toxische (PBT) Stoffe sind. Da sich die Metaboliten der Phenylquecksilberverbindungen ineinander umwandeln können, handelt es sich um grenzüberschreitende Schadstoffe. Wegen der Bildung von Umwandlungs- oder Abbauprodukten mit PBT-Eigenschaften sind Phenylquecksilberverbindungen somit im Hinblick auf die Emissions- und Expositionskontrolle wie PBT-Substanzen zu behandeln. Hierfür sollten die Exposition und die Emissionen für Menschen und die Umwelt so weit wie möglich verringert werden.

(9)

Die Exposition von Menschen über die Umwelt erfolgt möglicherweise vor allem durch Nahrungsmittel, die die Phenylquecksilber-Abbauprodukte enthalten können. Insbesondere in der aquatischen Nahrungskette kommt es zu einer Biomagnifikation von Methylquecksilber, so dass Bevölkerungsgruppen und wildlebende Tiere, die sich in hohem Maße von Fisch und Meeresfrüchte ernähren, besonders gefährdet sind. Methylquecksilber überwindet sowohl die Plazentaschranke als auch die Blut-Hirn-Schranke und hemmt die geistige Entwicklung möglicherweise schon vor der Geburt, weshalb die Exposition von Frauen im gebärfähigen Alter und von Kindern am bedenklichsten ist.

(10)

Am 10. Juni 2011 gab der Ausschuss für Risikobeurteilung (RAC) der Agentur seine Stellungnahme zu der vorgeschlagenen Beschränkung ab, wobei er die Wirksamkeit der Maßnahme für die Verringerung des Risikos für die menschliche Gesundheit und die Umwelt berücksichtigte. Außerdem stellte der RAC fest, dass andere quecksilberorganische Verbindungen als Katalysatoren für die Herstellung von Polymeren verwendet werden könnten. Diese Stoffe wurden allerdings nicht in die im Rahmen des Dossiers vorgenommene Beurteilung einbezogen.

(11)

Am 15. September 2011 gab der Ausschuss für sozioökonomische Analysen der Agentur seine Stellungnahme zu der vorgeschlagenen Beschränkung ab, wobei er die Wirksamkeit der Maßnahme gegen die erkannten Risiken im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der sozioökonomischen Vorteile und Kosten berücksichtigte.

(12)

Die Agentur hat die Stellungnahmen des Ausschusses für Risikobeurteilung und des Ausschusses für sozioökonomische Analysen der Kommission übermittelt.

(13)

Es sollte ein angemessener Zeitraum vorgesehen werden, damit die betroffenen Akteure die zur Einhaltung der in dieser Verordnung festgelegten Maßnahmen gegebenenfalls notwendigen Schritte unternehmen können.

(14)

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen stehen im Einklang mit der Stellungnahme des nach Artikel 133 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 eingesetzten Ausschusses —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Anhang XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 wird entsprechend dem Anhang dieser Verordnung geändert.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 10. Oktober 2017.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 19. September 2012

Für die Kommission

Der Präsident

José Manuel BARROSO


(1)  ABl. L 396 vom 30.12.2006, S. 1.

(2)  KOM(2005) 20 endg.

(3)  KOM(2010) 723 endg.

(4)  Schlussfolgerungen des Rates vom 15. März 2011„Überprüfung der Gemeinschaftsstrategie für Quecksilber“, vom 4. Dezember 2008„Die weltweite Quecksilberproblematik“ und vom 24. Juni 2005„Gemeinschaftsstrategie für Quecksilber“.

(5)  ABl. L 182 vom 10.7.2008, S. 11.


ANHANG

In Anhang XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 wird die folgende Nummer 62 angefügt:

„62.

a)

Phenylquecksilberacetat

 

EG-Nr. 200-532-5

 

CAS-Nr. 62-38-4

b)

Phenylquecksilberpropionat

 

EG-Nr. 203-094-3

 

CAS-Nr. 103-27-5

c)

Phenylquecksilber-2-ethylhexanoat

 

EG-Nr. 236-326-7

 

CAS-Nr. 13302-00-6

d)

Phenylquecksilberoctanoat

 

EG-Nr. —

 

CAS-Nr. 13864-38-5

e)

Phenylquecksilberneodecanoat

 

EG-Nr. 247-783-7

 

CAS-Nr. 26545-49-3

1.

Darf nach dem 10. Oktober 2017 weder als Stoff noch in Gemischen hergestellt, in Verkehr gebracht oder verwendet werden, wenn die Quecksilberkonzentration in den Gemischen 0,01 Gewichtsprozent beträgt oder übersteigt.

2.

Erzeugnisse oder deren Bestandteile, die einen oder mehrere dieser Stoffe enthalten, dürfen nach dem 10. Oktober 2017 nicht in Verkehr gebracht werden, wenn die Quecksilberkonzentration in den Erzeugnissen bzw. deren Bestandteilen 0,01 Gewichtsprozent beträgt oder übersteigt.“