28.8.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 227/62


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 19. November 2009

über die staatlichen Beihilfen C 38/A/04 (ex NN 58/04) und C 36/B/06 (ex NN 38/06), die Italien zugunsten von Alcoa Trasformazioni gewährt hat

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2009) 8112)

(Nur der italienische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2010/460/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme (1) nach Maßgabe der vorerwähnten Vorschriften und unter Berücksichtigung der Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

1.1.   Sache C 38/A/04

(1)

Mit Schreiben vom 4. Dezember 2003 wurde den Dienststellen der Kommission eine Reihe von Presseartikeln zur Kenntnis gebracht, denen zufolge die italienische Regierung beabsichtigte, bestimmten Unternehmen auf Sardinien einen Vorzugsstromtarif einzuräumen.

(2)

Die Einführung dieses Tarifs erfolgte gemäß Artikel 1 des Dekrets des Präsidenten des Ministerrats (Decreto del Presidente del Consiglio dei Ministri) vom 6. Februar 2004. Das Dekret hatte zwei Wirkungen: a) die Einführung eines Vorzugsstromtarifs zugunsten der Unternehmen Portovesme Srl (2), ILA (3) und Euroallumina (4) und b) die Verlängerung des bereits existierenden Vorzugstarifs zugunsten des Primäraluminiumherstellers Alcoa Trasformazioni (nachstehend „Alcoa“).

(3)

Mit Schreiben vom 22. Januar 2004 und vom 19. März 2004 ersuchten die Dienststellen der Kommission um ergänzende Auskünfte zu diesen Maßnahmen. Die italienischen Behörden reagierten darauf mit Schreiben vom 6. Februar 2004 und vom 9. Juni 2004. Mit Schreiben vom 20. September 2004 übermittelten sie weitere Erläuterungen.

(4)

Mit Schreiben vom 16. November 2004 teilte die Kommission Italien ihre Entscheidung mit, im Zusammenhang mit der vorerwähnten Beihilfemaßnahme das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten.

(5)

Die Entscheidung der Kommission zur Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union  (5) veröffentlicht. Die Kommission forderte darin alle Beteiligten auf, zu der fraglichen Maßnahme Stellung zu nehmen.

(6)

Mit Schreiben vom 4. Februar 2005 und vom 11. Februar 2005 übermittelte Italien seine Stellungnahmen.

(7)

Die Kommission leitete die bei ihr eingegangenen Stellungnahmen Beteiligter mit Schreiben vom 22. März 2005 an Italien weiter und gab Italien Gelegenheit, sich dazu zu äußern. Italien nahm mit Schreiben vom 20. September 2005 dazu Stellung.

(8)

Mit Schreiben vom 23. Dezember 2005 forderte die Kommission weitere Auskünfte an, die die italienischen Behörden mit Schreiben vom 3. März 2006 übermittelten. Ein erneutes Ersuchen um Auskünfte vom 22. August 2006 beantwortete Italien mit Schreiben vom 28. September 2006.

(9)

Am 29. Oktober 2008 wurde die Beihilfesache unterteilt: Teil A betrifft die Maßnahme zugunsten von Alcoa, Teil B betrifft die Unternehmen Portovesme, ILA und Euroallumina. Die vorliegende Entscheidung bezieht sich ausschließlich auf Alcoa (Teil A).

1.2.   Sache C 36/B/06

(10)

Im Zusammenhang mit einer ähnlich gelagerten Beihilfesache (6) hat die Kommission erfahren, dass Alcoa eine zweite Verlängerung des ermäßigten Stromtarifs genehmigt worden war. Grundlage dieser Verlängerung war Artikel 11 Absatz 11 des Gesetzesdekrets (Decreto-legge) Nr. 35 vom 14. März 2005, das am 14. Mai 2005 in das Gesetz Nr. 80 („Disposizioni urgenti nell’ambito del Piano di azione per lo sviluppo economico, sociale e territoriale“) umgewandelt wurde. Begünstigte dieser Maßnahme waren Alcoa und die drei aus der Terni SpA hervorgegangenen Unternehmen (7).

(11)

Mit Schreiben vom 23. Dezember 2005 ersuchte die Kommission die italienischen Behörden um einschlägige Auskünfte, die ihr mit Schreiben vom 24. Februar 2006 zugeleitet wurden. Mit Schreiben vom 2. März und 27. April 2006 übermittelten die italienischen Behörden weitere ergänzende Angaben.

(12)

Mit Schreiben vom 19. Juli 2006 setzte die Kommission Italien von ihrer Entscheidung in Kenntnis, wegen dieser beiden Maßnahmen das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten (Sache C 36/06).

(13)

Die Entscheidung der Kommission über die Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union  (8) veröffentlicht. Die Kommission forderte darin alle Beteiligten auf, zu den fraglichen Maßnahmen Stellung zu nehmen.

(14)

Mit Schreiben vom 25. Oktober 2006 übermittelte Italien seine Stellungnahme. Mit Schreiben vom 9. November und 7. Dezember 2006 wurden der Kommission weitere ergänzende Angaben zugeleitet.

(15)

Die Kommission übermittelte die weiteren bei ihr eingegangenen Stellungnahmen der Beteiligten an Italien und gab Italien Gelegenheit, sich dazu zu äußern. Dies erfolgte mit Schreiben vom 22. Dezember 2006.

(16)

Mit Schreiben vom 20. Februar 2007 ersuchte die Kommission Italien um weitere Auskünfte zu dieser Tarifregelung, die von den italienischen Behörden mit Schreiben vom 10. und 14. Mai 2007 übermittelt wurden.

(17)

Am 18. September 2007 wurde die Beihilfesache unterteilt: Teil A betrifft die drei aus der Aufspaltung der Terni SpA entstandenen Unternehmen, Teil B betrifft Alcoa. Am 20. November 2007 erließ die Kommission eine endgültige negative Entscheidung zu den aus Terni hervorgegangenen Unternehmen und ordnete die Rückzahlung der gewährten Beihilfe an (9).

(18)

Zwischenzeitlich teilte die Kommission mit Schreiben vom 19. Januar 2007 mit, die Möglichkeit von Übergangsmaßnahmen für die Alcoa auf Sardinien eingeräumte Tarifregelung zu erkunden, sofern Italien ein Programm zur Abtretung virtueller Kapazitäten (Virtual Power Plant, nachstehend „VPP“) einführe. Italien antwortete mit Schreiben vom 16. April und 5. November 2007. Am 13. März 2008 fand ein Treffen der italienischen Behörden mit den Dienststellen der Europäischen Kommission statt, bei dem Italien zur Stellungnahme bis spätestens 12. Mai 2008 ersucht wurde; Italien bat mit Schreiben vom 29. Mai 2008 zunächst um Verlängerung der Frist für die angeforderte Stellungnahme und übermittelte dann mit Schreiben vom 12. Juni und 7. Juli 2008 entsprechende Informationen.

(19)

Italien bat um ein Gespräch mit der Kommission, um die möglichen Modalitäten für ein VPP vorzustellen. Dieses Gespräch fand am 9. Dezember 2008 statt. Mit Schreiben vom 19. Dezember 2008 und vom 19. Mai 2009 übermittelte Italien weitere Erläuterungen.

(20)

Am 26. Mai 2009 fand ein weiteres Treffen statt. Mit Schreiben vom 10. Juli und vom 18. August 2009 übermittelte Italien weitere ergänzende Informationen.

2.   AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER MASSNAHME

2.1.   Die wichtigsten Sachverhalte des Falls

(21)

Der Aluminiumhersteller Alcoa erhält seit 1996 für seine beiden Primäraluminiumhütten auf Sardinien (Portovesme) und im Veneto (Fusina) einen Vorzugsstromtarif. Dieser im Rahmen einer Privatisierungsmaßnahme eingeführte Tarif war ursprünglich für einen Zeitraum von zehn Jahren (bis zum 31. Dezember 2005) vorgesehen. Der Tarif war von der Kommission auf der Grundlage der Bestimmungen über staatliche Beihilfen durch eine Entscheidung genehmigt worden, in der sie die Auffassung vertrat, dass dieser Stromtarif keine staatliche Beihilfe darstelle. Der Tarif wurde jedoch später verändert und von Italien zweimal verlängert, zuerst 2004 und dann noch einmal im Jahr 2005.

(22)

Die Subventionierung des streitigen Stromtarifs durch Barleistungen aus der Ausgleichskasse (10), einer öffentlichen Einrichtung, bewirkt eine Reduzierung des zwischen Alcoa und dem Stromversorger ENEL vereinbarten Preises. Die erforderlichen Mittel werden durch eine steuerähnliche Abgabe aufgebracht, die alle Stromverbraucher über die Komponente A4 des Stromtarifs zu entrichten haben.

2.2.   Die streitigen gesetzlichen Bestimmungen und das Regelungsumfeld

(23)

Die Einführung des Alcoa gewährten ermäßigten Stromtarifs erfolgte auf der Grundlage der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen (2.2.1) und des Regelungsrahmens der italienischen Strom- und Gasregulierungsbehörde AEEG (2.2.2.1). Die Ausgleichskasse ist für die Verwaltung des Systems zuständig (2.2.2.2). Die Europäische Kommission muss also bei der Untersuchung der Tarifregelung für Alcoa sowohl den gesetzlichen Bestimmungen als auch dem italienischen Regelungsumfeld Rechnung tragen.

2.2.1.   Die gesetzlichen Bestimmungen

(24)

Die relevanten gesetzlichen Bestimmungen sind Artikel 1 des Dekrets des Präsidenten des Ministerrats (Decreto del Presidente del Consiglio dei Ministri) vom 6. Februar 2004 (11) (nachstehend „Dekret von 2004“) in seiner Ausgestaltung durch die einschlägigen Vorschriften sowie Artikel 11 Absatz 11 des Gesetzesdekrets Nr. 35 vom 14. März 2005, umgewandelt in das Gesetz Nr. 80/2005 „Dringlichkeitsbestimmungen im Rahmen des Aktionsplans für die wirtschaftliche, soziale und territoriale Entwicklung“ („Disposizioni urgenti nell’ambito del Piano di azione per lo sviluppo economico, sociale e territoriale“) in seiner Ausgestaltung durch die einschlägigen Vorschriften (nachstehend „Gesetz Nr. 80/2005“) (12).

2.2.2.   Das Regelungsumfeld in Italien

2.2.2.1.   Die italienische Strom- und Gasregulierungsbehörde AEEG

(25)

1995 wurde die italienische Strom- und Gasregulierungsbehörde (Autorità per l’energia elettrica e il gas, nachstehend „AEEG“) eingerichtet (13). Der AEEG wurden ein breites Spektrum von Regulierungsaktivitäten und umfangreiche Befugnisse übertragen. Insbesondere legt die Behörde die Stromtarife und die Modalitäten der Beitreibung der erforderlichen Mittel zur Deckung der Gemeinkosten des Systems fest und aktualisiert sie (14). Bei der Wahrnehmung ihrer Funktionen berücksichtigt die AEEG die politischen Leitlinien der Regierung für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse für das Land (15).

(26)

Im Rahmen der ihr übertragenen Befugnisse hat die AEEG im Lauf der Jahre zahlreiche Beschlüsse mit detaillierten Vorschriften zur Abwicklung der Vorzugstarife in Italien gefasst.

2.2.2.2.   Die Ausgleichskasse

(27)

Die Verwaltung der Aufpreise und sonstigen Abgaben im Elektrizitätssektor obliegt der Ausgleichkasse für die Elektrizitätswirtschaft (Cassa Conguaglio per il Settore Elettrico, nachstehend „Ausgleichskasse“), einer durch das Gesetzesdekret Nr. 98 vom 26. Januar 1948 eingerichteten öffentlichen Einrichtung. Die Ausgleichskasse übt ihre Tätigkeit gemäß den Anweisungen der AEEG aus. Sie steuert insbesondere die Finanzströme im Zusammenhang mit den Vorzugstarifen (Beitreibung der Abgaben und Auszahlung an die Endbegünstigten).

2.3.   Kontext der Einführung des Vorzugstarifs und Entwicklung des Tarifs

(28)

Zur Bewertung des Vorzugstarifs für Alcoa, der Gegenstand dieser Entscheidung ist, ist es erforderlich, den Kontext seiner Einführung und seiner weiteren Entwicklung zu rekonstruieren.

2.3.1.   Einführung des Tarifs: Die Entscheidung Alumix von 1996

(29)

Zu Beginn der 1990er Jahre war der italienische Aluminiumhersteller Alumix im Zuge der Liquidation der staatlichen Holding-Gesellschaft EFIM (16) umstrukturiert und an Alcoa veräußert worden. Alumix betrieb seinerzeit je eine Verhüttungsanlage in Portovesme (Sardinien) und in Fusina (Veneto).

(30)

Die Übernahme von Alumix durch Alcoa war unter der Voraussetzung erfolgt, dass der staatliche Stromversorger ENEL für den Betrieb der beiden Anlagen einen Vorzugsstromtarif einräumte.

(31)

Der Alcoa eingeräumte Vorzugstarif wurde durch das Ministerialdekret („Decreto Ministeriale“) vom 19. Dezember 1995 eingerichtet (nachstehend „Dekret von 1995“). In diesem Dekret wurde festgelegt, dass Alcoa durch Beschluss Nr. 13/1992 des Interministeriellen Preisausschusses (Comitato Interministeriale dei Prezzi CIP) eine bevorzugte Behandlung bis zum Jahr 2005 zu gewähren sei (17). Nach diesem Datum sei der dem Unternehmen gewährte Tarif an den für die anderen Stromkunden geltenden anzugleichen.

(32)

Die Beurteilung des ermäßigten Tarifs erfolgte auf der Grundlage der Beihilfevorschriften im Zusammenhang mit der Sache C 38/1992. In der Entscheidung vom 4. Dezember 1996 (18) (nachstehend „Entscheidung Alumix“) war die Kommission auf der Grundlage der nachfolgend zusammengefassten Erwägungen zu der Auffassung gelangt, dass dieser Vorzugstarif keine staatliche Beihilfe darstellte.

(33)

Im Rahmen dieser Regelung setzte der Staat den für Alcoa anzuwendenden Tarif fest, und ENEL, seinerzeit der einzige Stromversorger Italiens, lieferte Alcoa den Strom zu diesem Tarif. Für beide Aluminiumhütten wurde der Preis für einen Zeitraum von zehn Jahren wie folgt festgesetzt: für das Werk auf Sardinien auf 36,3 LIT/kWh im Jahr 1996, mit schrittweiser Anhebung bis auf 39,6 LIT/kWh im Jahr 2005; für das Werk im Veneto war eine Anhebung bis auf 39,9 LIT/kWh im Jahr 2005 vorgesehen. Umgerechnet in Euro lagen diese Preise zwischen 18 und 20 EUR/MWh.

(34)

ENEL war seinerzeit ein öffentliches Unternehmen, das als Stromlieferant eine Monopolstellung innehatte (19). Die Kommission hatte deshalb geprüft, ob ENEL bei der Festlegung des Preises für Alcoa nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen agierte.

(35)

Die Kommission hatte das Stromangebot in den beiden betroffenen Regionen mit Blick auf den Zehnjahreszeitraum, für den der Vorzugstarif vorgesehen war, einer Bewertung unterzogen. Dabei hatte sie festgestellt, dass der Strommarkt auf Sardinien und im Veneto durch Produktionsüberkapazitäten gekennzeichnet war, deren Abbau in den nächsten zehn Jahren eher unwahrscheinlich erschien. Des Weiteren hatte sie festgestellt, dass die Erzeuger aufgrund der ungenügenden Vernetzung mit dem italienischen Festland im Fall von Sardinen und wegen fehlender Nachfrage aus den Nachbarregionen in dem des Veneto nicht in der Lage waren, Strom aus diesen Regionen zu exportieren (20).

(36)

Vor diesem Hintergrund war die Kommission zu der Ansicht gelangt, dass ein großer Industriekunde wie Alcoa eine beträchtliche Verhandlungsstärke gegenüber ENEL besitze, weil die Schließung der beiden Betriebsstätten, die zu den besten Kunden von ENEL in Italien zählten, die Überkapazität noch weiter erhöht und die Kostenstruktur von ENEL verschlechtert hätte. Deshalb habe es im wirtschaftlichen Interesse von ENEL gelegen, die beiden Anlagen in Portovesme und Fusina zu einem besonders günstigen Preis mit Strom zu beliefern.

(37)

Die Kommission war davon ausgegangen, dass ein marktwirtschaftlich orientierter Stromlieferant bereit wäre, zu einem Preis zu verkaufen, der die durchschnittlichen Grenzkosten der Stromerzeugung auf der Grundlage des in den Kraftwerken der betreffenden Regionen tatsächlich verwendeten Brennstoffmixes deckte, zuzüglich eines bescheidenen Beitrags zu den Fixkosten. Es stellte sich heraus, dass der mit Alcoa vereinbarte Preis diesen Kriterien entsprach. Die für die folgenden zehn Jahre vereinbarten bescheidenen jährlichen Preiserhöhungen hatte die Kommission in der Annahme, dass die Grenzkosten von ENEL aufgrund von Verbesserungen beim Brennstoffmix und bei der Produktionstechnologie im Lauf der Jahre sinken würden, für gerechtfertigt gehalten.

(38)

Die Kommission war somit zu dem Schluss gelangt, dass sich ENEL bei der Vereinbarung des Vorzugstarifs wie ein rationaler Marktteilnehmer verhielt, und hatte deshalb erklärt, dass die Maßnahme keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellte.

2.4.   Umwandlung des Alcoa-Tarifs in einen Teil der „Gemeinkosten der Stromerzeugung“ und wichtige Änderungen des Finanzierungsmechanismus

(39)

In den Jahren nach der Entscheidung Alumix wurde das italienische Stromnetz im Hinblick auf die schrittweise Liberalisierung des europäischen Elektrizitätsmarktes (21) umstrukturiert.

(40)

1997 wurde der Standardtarif (22) in mehrere Tarifkomponenten aufgeteilt (23). Dabei wurde die Alcoa-Regelung erstmals geändert. Der als einziger Stromlieferant in Italien diesen Tarif unmittelbar weiter: der Alumix–Tarif, vor der Reform ein Pauschaltarif, wurde zur Anpassung an die neue Tarifstruktur in mehrere Bestandteile untergliedert. Bei Alcoa wurden die anzuwendenden Tarifkomponenten so weit reduziert, dass der Endpreis exakt dem der Entscheidung Alumix entsprach. In dieser Phase gewährte ENEL Alumix-Preis wurde auf Alcoa angewendet, ohne dass eine entsprechende Kompensation für die Erbringung der Versorgungsleistung erfolgte.

(41)

Mit der Umsetzung der ersten Liberalisierungsrichtlinie der EU durch Italien im Jahr 1999 (24) verlor ENEL seine Monopolstellung als Stromlieferant und wurde in mehrere unabhängige Unternehmen aufgeteilt.

(42)

Im Jahr 2000 beschloss Italien, den Alumix-Tarif in die „Gemeinkosten der Stromerzeugung“ zu übernehmen (25). Dieser neue Status führte zur ersten signifikanten Änderung beim Finanzierungsmechanismus des Alumix-Tarifs. Während ENEL zuvor Alcoa den gelieferten Strom direkt zum Vorzugstarif verkauft hatte, erhielt der Stromversorger aufgrund des neuen Mechanismus (26) jetzt den normalen Preis für industrielle Großkunden in voller Höhe, und die Mittel, die erforderlich waren, damit Alcoa weiter nur den Alumix-Preis zahlen musste, wurden von den übrigen Stromverbrauchern aufgebracht. So wurde Alcoa zwar nominell der volle Preis berechnet, das Unternehmen erhielt aber einen Rechnungsrabatt. ENEL finanzierte diesen Rabatt mit den Erträgen einer neuen, von allen Verbrauchern zu entrichtenden steuerähnlichen Abgabe, die über die Komponente A4 des Stromtarifs erhoben wurde (27). 2002 schloss Alcoa mit ENEL einen Vertrag ab, bei dem der vereinbarte Strompreis in etwa dem Standardtarif von ENEL für die Lieferung von Hochspannungsstrom entsprach.

(43)

Eine weitere signifikante Änderung erfolgte 2004 mit Beschluss Nr. 148/04 der AEEG, in dem die Abwicklung des Tarifs allein der Ausgleichskasse übertragen wurde. Nun behielt ENEL die Erträge aus der Komponente A4 nicht mehr ein, sondern leitete sie in vollem Umfang an die Ausgleichskasse weiter, die die Berechnungen durchführte und die Rückerstattung an Alcoa vornahm. Alcoa bezahlte also den mit ENEL vertraglich vereinbarten Strompreis, erhielt aber nachträglich von der Ausgleichskasse einen Kompensationsbeitrag zurück, so dass das Unternehmen faktisch weiterhin den Alumix-Preis entrichtete. Dieser im September 2004 eingerichtete Preismechanismus für Alcoa findet noch heute Anwendung (28).

2.5.   Die erste beanstandete Verlängerung des Alcoa-Tarifs

(44)

Mit dem Dekret von 2004 verlängerte die italienische Regierung den per Dekret von 1995 eingeführten Vorzugsstromtarif für „Stromlieferungen an Unternehmen, die Aluminium, Blei, Silber und Zink herstellen, begrenzt auf Anlagen, die bei Inkrafttreten des vorliegenden Dekrets bereits existierten und in Inselgebieten liegen, die unzureichend oder gar nicht an das nationale Strom- und Gasnetz angeschlossen sind“ (29), bis zum 30. Juni 2007.

(45)

In der Praxis hatte das Dekret von 2004 die folgenden Zielsetzungen: a) die Verlängerung des für Alcoa geltenden Tarifs bis Juni 2007 und b) die Erweiterung dieser tariflichen Behandlung auf weitere auf Sardinien ansässige Unternehmen (Portovesme, ILA und Euroallumina).

(46)

Die Umsetzung der mit dem Dekret von 2004 erlassenen Verlängerung des Alcoa-Tarifs erfolgte mit Beschluss 148/04 der AEEG, mit dem auch der in Erwägungsgrund 43 beschriebene Finanzierungsmechanismus geändert wurde.

(47)

Diese erste Verlängerung ist Gegenstand des im Zusammenhang mit dem Dekret von 2004 in der Sache C 38/04 eingeleiteten förmlichen Prüfverfahrens (30). Nach dem Vorbringen Italiens (31) wurde das Dekret von 2004 in Bezug auf Alcoa nicht umgesetzt, sondern das Unternehmen nahm weiter den in der ursprünglichen Rechtsgrundlage, dem Dekret von 1995 vorgesehenen Tarif in Anspruch.

2.6.   Die zweite beanstandete Verlängerung des Alcoa-Tarifs

(48)

Mit Artikel 11 Absatz 11 des Gesetzes Nr. 80/2005 haben die italienischen Behörden den Vorzugsstromtarif für Alcoa unter den am 31. Dezember 2004 geltenden Tarifbedingungen bis 2010 verlängert (32). Gemäß diesem Gesetz sollte die Verlängerung des Tarifs am 1. Januar 2005 in Kraft treten. Dieses Datum wurde jedoch auf Anweisung der italienischen Behörden mit Beschluss Nr. 286/05 der AEEG durch den 1. Januar 2006 ersetzt.

(49)

Zur Ermittlung des Preises, den Alcoa nach 2005 zu entrichten hatte, wurde in Gesetz Nr. 80/2005 ein Indexierungsmechanismus eingeführt, wonach ab dem 1. Januar 2006 der ermäßigte Strompreis (d.h. der in der Entscheidung Alumix für das Jahr 2005 festgelegte Preis) um 4 % jährlich oder, wenn dieser letzte Wert höher wäre, um die durchschnittliche Erhöhung des an den europäischen Energiebörsen in Amsterdam und Frankfurt registrierten Großhandelspreises steigen würde (33).

(50)

Nach Konsultation mit den Begünstigten gelangte die AEEG jedoch zu einer anderen Auslegung des Aktualisierungsmechanismus. So wurde in Beschluss Nr. 217/05 der AEEG festgelegt, dass der jährliche Anstieg des Strompreises der Entwicklung des durchschnittlichen Großhandelspreises zu folgen hatte, 4 % aber nicht überschreiten durfte. Dieser Aktualisierungsmechanismus führte in der Praxis zu einem geringeren Anstieg des ermäßigten Strompreises als ursprünglich im Gesetz vorgesehen.

(51)

Die zweite Verlängerung ist Gegenstand des förmlichen Prüfverfahrens im Rahmen der Sache C 36/06. Nachdem die Kommission das förmliche Prüfverfahren im Hinblick auf Artikel 11 Absatz 12 des Gesetzes Nr. 80/2005 eingeleitet hatte, knüpfte die AEEG per Beschluss Nr. 190/06 die gemäß Gesetz Nr. 80/2005 fälligen Auszahlungen an die Bedingung, dass Alcoa eine Bank- bzw. Konzernbürgschaft beibringt, um das Risiko der Rückforderung der Beihilfe abzudecken.

(52)

Die Zahlungen der Ausgleichskasse an Alcoa im Zeitraum Januar 2006 – Januar 2009 sind in der nachfolgenden Tabelle aufgelistet. Die Zahlen für das Jahr 2009 sind unvollständig, da sie nur die im Januar geleisteten Zahlungen umfassen, während Alcoa auch in den nachfolgenden Monaten Zahlungen erhielt.

(in EUR)

 

2006

2007

2008

2009

Fusina (Veneto)

38 984 539,22

36 978 386,83

449 534 611,10

3 776 733,70

Portovesme (Sardinien)

133 556 933,73

121 087 555,95

160 529 510,20

12 365 849,45

Insgesamt

172 541 472,95

158 065 942,78

210 064 121,30

16 142 583,15

3.   ENTSCHEIDUNG ÜBER DIE EINLEITUNG DES VERFAHRENS NACH ARTIKEL 88 ABSATZ 2 EG-VERTRAG

(53)

Die Entscheidung der Kommission über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens basiert auf den im Folgenden dargelegten Gründen:

3.1.   Sache C 38/A/04

(54)

Die Kommission hat die mit dem Dekret von 2004 eingeführten Tarife als Betriebsbeihilfe eingestuft und geprüft, ob diese Beihilfe auf der Grundlage der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung genehmigt werden könnte (34), weil Sardinien im Jahr 2004 ein nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a EG-Vertrag förderbares Gebiet war. Die Kommission äußerte Zweifel an der Möglichkeit, die Beihilfe auf dieser Grundlage zu genehmigen, weil eine solche, nur einer begrenzten Zahl von Unternehmen gewährte Ad-hoc-Beihilfe nicht auf die Förderung der regionalen Entwicklung ausgerichtet zu sein schien.

(55)

Im Hinblick auf den spezifischen Fall des Unternehmens Alcoa unterstrich die Kommission, dass sich der neue Tarif insofern vom Alumix-Tarif zu unterscheiden schien, als letzterer vom italienischen Energiemonopolisten ENEL eingeräumt worden war, während der neue Tarif auf einem selektiven staatlichen Eingriff zum Ausgleich der Differenz zwischen dem mit einem Stromerzeuger vereinbarten Marktpreis und dem 1996 festgelegten ermäßigten Strompreis beruhte.

(56)

Des Weiteren äußerte die Kommission Zweifel dahingehend, dass die Maßnahme zur Reduzierung der Steuerlast des Unternehmens führen könne. Eine solche Reduzierung hätte ihre Rechtsgrundlage in der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (35) haben müssen.

3.2.   Sache C 36/B/06

(57)

Die Entscheidung von 2006 über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens bezog sich speziell auf den Alcoa-Tarif (36). Die Kommission stellte fest, dass zur Zeit der Entscheidung Alumix der Regelungsrahmen und die Marktbedingungen anders waren als in dem Zeitraum, auf den sich die Entscheidung bezog. Der Elektrizitätsmarkt war liberalisiert und die Durchführung der Regelung der Ausgleichskasse übertragen worden. Aus diesem Grund hielt die Kommission eine erneute Überprüfung für erforderlich, ob der Alcoa-Tarif eine staatliche Beihilfe darstelle.

(58)

Die Kommission stufte den Tarif aus vier Gründen als staatliche Beihilfe ein: a) die Reduzierung des Stromtarifs stellte einen wirtschaftlichen Vorteil dar; b) die Entscheidung über die Einräumung des Tarifs wurde von den italienischen Behörden gefällt und durch den Transfer staatlicher Mittel vermittels einer steuerähnlichen Abgabe finanziert; c) die Maßnahme drohte den Wettbewerb zu verfälschen; d) sie beeinträchtigte den Handel zwischen den Mitgliedstaaten, da Aluminium auf den Weltmärkten gehandelt wird. Die Kommission betrachtete die Maßnahme als Betriebsbeihilfe.

(59)

Weiter erklärte die Kommission, die frühere Schlussfolgerung, der Alumix-Tarif stelle keine staatliche Beihilfe dar, mache die neue Maßnahme nicht zur bestehenden Beihilfe. Die Genehmigung des Alumix-Tarifs durch die Kommission, die auf der wirtschaftlichen Einschätzung der damaligen Umstände gründete, war zeitlich befristet und konnte nicht auf die mit Gesetz Nr. 80/2005 verfügte Verlängerung des Tarifs angewendet werden.

(60)

Im Hinblick auf die Vereinbarkeit prüfte die Kommission, ob der Vorzugstarif auf der Grundlage der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung genehmigt werden könnte.

(61)

Zu der Anlage im Veneto stellte die Kommission fest, dass diese nicht in einem Fördergebiet nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a EG-Vertrag liege und deshalb nicht für eine Regionalförderung in Betracht komme.

(62)

Sardinien war bis Ende 2006 ein Fördergebiet im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a EG-Vertrag. Die Kommission bezweifelte jedoch, dass die Maßnahme auf der Grundlage der seinerzeit anzuwendenden Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung genehmigt werden könnte (37).

(63)

Zwar beharrte Italien darauf, dass die hohen Strompreise auf Sardinien ein Hindernis für die Entwicklung der Insel darstellten, doch die Kommission gelangte zu dem Schluss, dass Italien den Nachweis deutlich höherer Strompreise auf Sardinien im Allgemeinen und für stromintensive Unternehmen im Besonderen nicht erbracht hatte (Italien hatte keine Angaben zu den zwischen diesen Unternehmen und ihren Stromlieferanten abgeschlossenen Verträgen vorgelegt mit der Begründung, diese Angaben seien nicht öffentlich zugänglich). Zudem hatte Italien keine Erklärung geliefert, aus welchem Grund höhere Strompreise ein Hindernis für die regionale Entwicklung darstellten und auf welche Weise der in Rede stehende Tarif zur Entwicklung der Region beitragen werde. Die Kommission wies darauf hin, dass sie in der Sache C 34/02 (38) die fehlende Anbindung Sardiniens an das nationale Strom- und Gasnetz nicht als Hindernis für die Entwicklung der KMU der Region anerkannt und eine negative Entscheidung getroffen hatte. Deshalb äußerte die Kommission Zweifel an der Notwendigkeit der Beihilfe.

(64)

Des Weiteren bezweifelte die Kommission, dass eine derartige Ad-hoc-Beihilfe den regionalen Nachteilen in einem angemessenen Verhältnis entsprach, auch weil die Methode zur Ermittlung des ermäßigten Strompreises in keinem Zusammenhang zu den anderswo in Italien zu zahlenden Preisen stand.

(65)

Die Kommission hat festgestellt, dass angesichts der Begrenzung der Tariferhöhung auf 4 % realiter keine degressive Staffelung vorlag.

(66)

Weiter hat die Kommission festgestellt, dass Sardinien gemäß den Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung 2007-2013 (39) nicht mehr für Regionalbeihilfen gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a EG-Vertrag in Frage kommen wird, insbesondere nicht mehr für Betriebsbeihilfen. Zwar war auf der Grundlage der Regionalleitlinien die Genehmigung eines Übergangszeitraums von zwei Jahren für den linearen Abbau der bestehenden Betriebsbeihilfen möglich, doch erschien es nicht angebracht, eine Betriebsbeihilfe für wenige Monate einzuführen und dann schrittweise wieder auslaufen zu lassen, nicht zuletzt angesichts der bereits geäußerten Zweifel und des wettbewerbsverzerrenden Charakters der Beihilfe.

(67)

Als Schlussfolgerung äußerte die Kommission Zweifel an der Möglichkeit einer Genehmigung des Vorzugstarifs für Alcoa als Regionalbeihilfe oder auf einer anderen Rechtsgrundlage, die von Italien im Übrigen auch nicht dargelegt wurde.

3.3.   Klage von Alcoa gegen die Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens von 2006

(68)

Die Entscheidung von 2006 über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens wurde von Alcoa vor dem Gericht erster Instanz der Europäischen Union angefochten. Am 25. März 2009 erließ das Gericht ein Urteil (nachstehend „Urteil des Gerichts“), in dem die Entscheidung bestätigt und die Argumente von Alcoa in vollem Umfang abgewiesen wurden (40).

4.   STELLUNGNAHMEN DRITTER

(69)

Nach der Aufforderung der Kommission zur Abgabe von Stellungnahmen zu den beiden Entscheidungen über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens haben sich Alcoa und andere Beteiligte gemeldet. Im Folgenden werden ausschließlich die Stellungnahmen zum Alcoa-Tarif zusammengefasst.

4.1.   Stellungnahme von Alcoa

4.1.1.   Sache C 38/A/04

(70)

Alcoa führt aus, dieser Tarif sei dazu bestimmt, ein Marktversagen zu beheben, da der vor kurzem liberalisierte Energiemarkt nicht in der Lage sei, Strom zu wettbewerbsfähigen Preisen zu liefern, was auf die starke Marktposition der etablierten Stromversorger zurückzuführen sei. In Sardinien sei das Versagen des Marktes besonders deutlich ausgeprägt. Unter diesen Umständen seien Regulierungsmaßnahmen auch in Form von Tarifregelungen erforderlich, um den Übergang vom Monopolbetrieb zum vollständigen Wettbewerb zu begleiten.

(71)

Bei seiner rechtlichen Analyse beharrt Alcoa darauf, dass der Tarif keine Beihilfe gemäß Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstelle, da die Grundlagen der Entscheidung von 1996 für das Nichtvorliegen einer Beihilfe in der Sache Alumix nach wie vor vorhanden seien. Insbesondere gewähre der Tarif keinen Vorteil, der Finanzierungsmechanismus sei nicht mit dem Transfer staatlicher Mittel verbunden, und angesichts der besonderen Merkmale des Handels mit Primäraluminium führe der Tarif weder zur Behinderung des innergemeinschaftlichen Handels noch zur Verzerrung des Wettbewerbs.

(72)

Des Weiteren trägt Alcoa vor, auch wenn die Maßnahme als staatliche Beihilfe betrachtet würde, wäre der sardische Stromtarif auf der Grundlage der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

4.1.2.   Sache C 36/B/06

(73)

Alcoa führt aus, der Tarif behebe ein Marktversagen, sei nicht als staatliche Beihilfe bzw. allenfalls als bestehende staatliche Beihilfe zu betrachten, und der Grundsatz des Vertrauensschutzes stehe einer Rückforderung entgegen.

(74)

Alcoa liefert umfangreiche Informationen über die Herstellung von Aluminium und den Handel damit. Die Gewinnung von Primäraluminium (Verhüttung) ist das energieaufwändigste aller industriellen Verfahren (mit einem Energieeinsatz von 15 KWh/kg erzeugtem Aluminium). Weltweit wurden im Jahr 2006 etwa 33,7 Mio. t Aluminium hergestellt, davon nur 4,5 Mio. t im Europäischen Wirtschaftsraum. Die EU-25 und der EWR sind bedeutende Nettoimporteure von Primäraluminium. Die EU-25 hat im Jahr 2006 4,7 Mio. t eingeführt, und für 2010 wird mit einem Importvolumen von 5,5 Mio. t gerechnet. Im Jahr 2006 waren in der Aluminiumindustrie der EU-25 106 000 Personen direkt (41) und etwa 300 000 indirekt beschäftigt. Zum Zeitpunkt der Stellungnahme von Alcoa waren in der EU-25 insgesamt 22 Verhüttungsanlagen mit der Herstellung von Primäraluminium beschäftigt, und 31 im EWR; alle waren bei voller Auslastung in Betrieb.

(75)

Primäraluminium ist ein Grunderzeugnis, dessen Weltmarkt-Referenzpreis an der Londoner Metallbörse festgelegt wird. Die beiden italienischen Verhüttungsanlagen in Fusina und Portovesme erzeugen ca. 200 000 t. Alcoa zufolge kann dieses begrenzte Herstellungsvolumen den Preis für Primäraluminium nicht beeinflussen.

4.1.2.1.   Unabdingbarkeit von Vereinbarungen über die Lieferung von Strom

(76)

Elektrizität ist das wichtigste Kostenelement bei der Gewinnung von Primäraluminium. Gemäß dem Vorbringen von Alcoa können die Anlagen nur durch langfristige Vereinbarungen mit den Stromerzeugern betrieben werden. Langfristige, kostenorientierte Verträge mit entsprechend motivierten Stromerzeugern seien auch heute durchaus möglich, was die Vereinbarung von Alcoa in Island beweise (42). Ohne solche kostenorientierten vertraglichen Vereinbarungen müssten die Betriebsstätten geschlossen werden. Aus diesem Grund hätten seit 2003 in der EU-25 bereits drei Aluminiumhütten den Betrieb eingestellt, weitere Schließungen seien angekündigt worden. Alcoa sehe sich somit bei ausbleibender Verlängerung des Vorzugstarifs gezwungen, die beiden italienischen Standorte in Fusina (Veneto) und Portovesme (Sardinien) umgehend zu schließen.

(77)

Alcoa weist darauf hin, dass die Regierungen mehrerer Mitgliedstaaten den Abschluss langfristiger, kostenorientierter Verträge zwischen Stromerzeugern und stromintensiven Industrieunternehmen unterstützten, da die Strommärkte nicht reibungslos funktionierten. Solche Lösungen würden als vorübergehende Maßnahmen für notwendig gehalten, um angemessene Preise zu gewährleisten und Betriebsschließungen zu verhindern. Alcoa legt eine kurz gefasste Darstellung der Maßnahmen folgender Länder vor: Finnland (Konsortien, die in einen neuen Atomreaktor investieren, mit Bezugsrechten zu einem Preis, der auf den Erzeugungskosten basiert), Deutschland (35-50 % Rabatt auf die Übertragungskosten plus einer Ermäßigung der zur Förderung der Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien bestimmten EEG-Umlage für große industrielle Stromverbraucher), Spanien (regulierte Stromtarife), Frankreich (Konsortien großer Stromverbraucher, die in neue Kernkraftwerke investieren, regulierte „Rückkehrtarife“), Schweden (Konsortien für Investitionen in neue Kraftwerke) und Belgien (Einkaufskonsortium).

(78)

Alcoa betont, die Kommission erkenne in der Untersuchung des Energiesektors an (43), dass die europäischen Elektrizitätsmärkte nicht zufrieden stellend funktionierten. Des Weiteren listet Alcoa eine Reihe von Initiativen auf, die die Kommission im Energiesektor angekündigt bzw. ergriffen hat, wie zum Beispiel die Arbeit der Hochrangigen Gruppe für Wettbewerbsfähigkeit, Energie und Umwelt (44).

4.1.2.2.   Keine staatliche Beihilfe

(79)

Alcoa vertritt die Ansicht, dass der Tarif aus den folgenden Gründen keine staatliche Beihilfe darstelle: a) es habe keine nennenswerte Veränderung gegenüber den Umständen stattgefunden, die die Kommission zu der Einschätzung veranlasst hatten, dass der Alumix-Tarif keinen Vorteil darstelle; insbesondere stehe der von Alcoa zu zahlende Preis weiter mit den Parametern in Einklang, die die Kommission in der Entscheidung Alumix angeführt habe; b) die Maßnahme führe weder zu einer Verzerrung des Wettbewerbs noch zu einer Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten, und c) sie sei nach der Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte nicht mit dem Transfer staatlicher Mittel verbunden.

4.1.2.3.   Kein Vorteil

(80)

Nach dem Dafürhalten von Alcoa muss bei der Prüfung, ob ein Vorteil für das Unternehmen vorliegt, vor allem festgestellt werden, ob der von Alcoa gezahlte Strompreis unter dem „normalen Marktpreis“ liegt. Alcoa behauptet, der ermäßigte Preis entspreche dem Preis, den das Unternehmen unter „normalen“ Marktbedingungen, d. h. auf einem vollständig wettbewerbsorientierten Markt zu zahlen hätte. Im Fall Alumix war die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass in einem vollständig dem Wettbewerb geöffneten Markt ein privater Anbieter seinen besten Kunden den Strom zu den Grenzkosten der Erzeugung mit einem geringen Aufschlag für die Fixkosten anbieten würde und der Staat einen Tarif anhand dieser Kriterien festlegen könne. Somit müsse, so Alcoa, im vorliegenden Fall geprüft werden, ob die vom Unternehmen gezahlten Preise über oder unter den Grenzkosten seines Stromlieferanten (zuzüglich eines bestimmten Beitrags zu den Fixkosten) lägen. Zur Unterstützung dieser These legt Alcoa die folgenden Rechenbeispiele vor:

(in EUR/MWh)

 

2005

2006

Sardinien

Vorzugstarif für Alcoa Portovesme

24,94

25,90

Mindestpreis Strompool Region Sardinien

20,02

21,00

Veneto

Vorzugstarif für Alcoa Fusina (EUR/MWh)

25,70

27,10

Mindestpreis Strompool Region Norditalien (EUR/MWh)

20,02

21,00

(81)

Für Sardinien wie für den Veneto legt Alcoa als Näherungswerte für die Grenzkosten der Erzeugung die Mindestpreise der Strombörse IPEX (20,20 bzw. 21,00 EUR/MWh in den Jahren 2005 und 2006) zugrunde, da kein Lieferant den Strom auf den Spotmärkten unter seinen Grenzkosten verkaufen würde und die Mindestpreise auf dem Spotmarkt deshalb stets über den Grenzkosten der Erzeugung lägen. Das Unternehmen erklärt, die Zuverlässigkeit der angegebenen Mindestpreise lasse sich durch den Vergleich mit den Standardgrenzkosten für Kohlekraftwerke bestätigen, die Alcoa auf 20 EUR/MWh schätzt.

(82)

Zusammenfassend werde, so Alcoa, im Veneto wie auf Sardinien durch die in den Erwägungsgründen 80 und 81 genannten Methoden bestätigt, dass die von Alcoa gezahlten Preise die Kriterien der Entscheidung Alumix erfüllten.

(83)

Alcoa stellt die vermutete Verwendung der durchschnittlichen IPEX-Preise als Parameter zur Ermittlung eines Vorteils durch die Kommission in Frage. Der durchschnittliche IPEX-Preis sei nicht repräsentativ für den Preis eines großen Industriekunden wie Alcoa, der rund um die Uhr Strom verbrauche und diesen nicht auf dem Spotmarkt kaufe, sondern einen langfristigen Vertrag mit einem Versorgungsunternehmen abgeschlossen habe.

(84)

Weiter führt Alcoa aus, dass ENEL fast überall in Italien eine dominierende Position als Stromversorger einnehme. In Sardinien sei ENEL zudem wegen der ungenügenden Vernetzung mit dem italienischen Festland vor Konkurrenz durch nicht in der Region ansässige Stromversorger geschützt. Deshalb herrsche in Italien derzeit weder auf dem Spotmarkt noch auf dem Markt für langfristige Verträge echter Wettbewerb. Die von ENEL gegenüber Alcoa erhobenen Preise spiegelten somit nicht die Preise wider, die auf einem vollständig wettbewerbsorientierten Markt auf Sardinien oder im Veneto herrschen würden.

(85)

Abschließend führt Alcoa aus, dass die Preise, die das Unternehmen in Italien bezahlt hat, nach wie vor mit den von der Kommission in der Entscheidung Alumix festgelegten Kriterien in Einklang stünden und exakt das widerspiegelten, was auf einem korrekt funktionierenden Markt ablaufen würde. Das Unternehmen gelange somit nicht in den Genuss eines Vorteils, den es in einem vollständig wettbewerbsorientierten Markt nicht erhalten könnte.

4.1.2.4.   Keine Beeinträchtigung des Handels

(86)

Alcoa vertritt die Ansicht, dass der Tarif weder zu einer Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten noch zu einer Verzerrung des Wettbewerbs führe. Die Londoner Metallbörse lege den Preis für Primäraluminium fest, und Veränderungen bei den örtlichen Herstellungskosten würden sich nicht in Preisunterschieden niederschlagen. In Italien werde so wenig Primäraluminium produziert, dass Auswirkungen auf den Weltmarktpreis auszuschließen seien.

(87)

Die Nachfrage nach Primäraluminium ist in der EU-25 kontinuierlich angestiegen (Steigerung um 42 % im Zeitraum 1996-2005). Die europäische Produktion ist jedoch nicht im selben Rhythmus gefolgt. 2004 wurde die Nachfrage in der EU-25 nur zu 41 % durch in der Europäischen Union hergestelltes Primäraluminium gedeckt (gegenüber 50 % im Jahr 1996). Somit verzeichnet die EU ein anhaltendes Produktionsdefizit, während die Nachfrage zunehmend durch Importe aus Drittländern gedeckt wird.

(88)

Nach dem Dafürhalten von Alcoa könnte im Fall des Verschwindens der italienischen Aluminiumindustrie kein neuer Produzent aus Italien oder der EU die weggefallenen Kapazitäten ersetzen, weil die Anlagen in den Mitgliedstaaten bereits voll ausgelastet seien und kein etablierter oder neuer Hersteller einen Anreiz zur Erweiterung seiner Produktionskapazität habe, da die langfristige Aussicht auf eine kostengünstige Stromversorgung unsicher sei.

(89)

Des Weiteren erklärt Alcoa, die Interessen der anderen europäischen Hersteller würden durch die Verlängerung der italienischen Tarifregelungen nicht beeinträchtigt, da diese einen Strompreis sicherstellten, der nur geringfügig unter dem gewichteten Durchschnittswert der Preise liege, die die Hersteller von Primäraluminium in der EU-25 zu zahlen hätten.

(90)

Vergleich der durchschnittlichen Tarife für Aluminiumhütten

(in EUR/MWh)

 

2002

2003

2004

2005

Gewichteter Durchschnittstarif für Aluminiumhütten in Italien

22,00

23,40

24,20

25,10

Gewichteter Durchschnittstarif für Aluminiumhütten in der EU-25

24,90

24,00

25,10

26,40

Gewichteter Durchschnittstarif für Aluminiumhütten im EWR

21,40

21,20

22,00

23,30

Gewichteter Durchschnittstarif für Aluminiumhütten weltweit

21,10

19,30

19,40

21,20

4.1.2.5.   Keine staatlichen Mittel

(91)

Zur Untermauerung des Arguments, dass die fragliche Maßnahme nicht aus staatlichen Mitteln finanziert werde, stützt sich Alcoa auf die Rechtsprechung in den Fällen Preussen-Elektra (45) und Pearle (46). Alcoa führt aus, der Transfer der zur Finanzierung des Tarifs erforderlichen Mittel erfolge von Privatunternehmen (Stromverbrauchern) an ein anderes Privatunternehmen (Alcoa), während der Staat seine Rolle auf die Verabschiedung eines Gesetzes über die Entrichtung der geforderten Beträge beschränkt habe, ohne Ermessensspielraum im Hinblick auf die Verwendung der Mittel, die ausschließlich für die im Gesetz vorgesehene Tarifregelung zu erfolgen habe. Insbesondere übe die Ausgleichskasse keinerlei Kontrolle über die Mittel aus, sondern habe lediglich eine buchhalterische Mittlerfunktion.

4.1.2.6.   Keine neue, sondern eine bestehende Beihilfe

(92)

Nach dem Vorbringen von Alcoa sei der Tarif, wenn er denn als Beihilfe betrachtet würde, als „bestehende Beihilfe“ und nicht als „neue Beihilfe“ einzustufen.

(93)

Alcoa führt an, die Entscheidung Alumix sei nicht zeitlich befristet gewesen, und ihre Anwendbarkeit habe nicht am 31. Dezember 2005 geendet. Das Argument der Kommission, eine „Änderung der Umstände“ habe die Geltung der Entscheidung Alumix hinfällig werden lassen, sei unhaltbar, da weder die Liberalisierung des Strommarkts noch die der Ausgleichskasse übertragene Rolle zu einer wesentlichen Veränderung im Hinblick auf den Vorteil (bzw. das Nichtvorliegen eines Vorteils) aus der Alumix-Regelung geführt hätten. Alcoa habe nach den Reformen weiter denselben Nettopreis bezahlt, und dieser Preis gewähre, wie aus der Entscheidung Alumix hervorgehe, dem Stromkäufer keinen Vorteil. Die Reformen hätten also nicht zu einer „Änderung der Umstände“ geführt, die die Ungültigkeit der Entscheidung Alumix bewirken würde. Zur Rolle der Ausgleichskasse vertritt Alcoa die Ansicht, dies sei eine rein verwaltungstechnische Veränderung ohne Auswirkung auf den Finanzierungsmechanismus.

(94)

Des Weiteren erklärt Alcoa, selbst bei Annahme einer Änderung der Umstände habe das Unternehmen nach Artikel 1 Buchstabe b Ziffer v erster Satz der Verordnung (EG) 659/1999 (47) (Maßnahmen, die zu dem Zeitpunkt, zu dem sie eingeführt wurden, keine Beihilfe waren und später aufgrund der Entwicklung des Gemeinsamen Marktes zu Beihilfen wurden) dennoch Anspruch auf die Behandlung als „bestehende Beihilfe“. Dies sei durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den Koordinationszentren mit Sitz in Belgien bestätigt worden (48). Der Gerichtshof habe nämlich entschieden, dass die Kommission, sobald festgestellt wurde, dass eine Regelung keine staatliche Beihilfe darstellt, bei einer Änderung ihres Standpunktes nur nach dem Verfahren für die Überprüfung bestehender Beihilfen vorgehen könne und dass eine solche Revision nur für die Zukunft Wirkung entfalten könne.

(95)

Nach Ansicht von Alcoa ist es unerheblich, dass die Liberalisierung der Energiemärkte erst nach Erlass der Entscheidung Alumix durch die Kommission erfolgte, da die Liberalisierung nichts an dem Grundgedanken des Nichtvorliegens einer staatlichen Beihilfe geändert habe (weil die Preise die Grenzkosten abdeckten), und deshalb auch nicht zu einer Änderung des Charakters der Maßnahme habe führen können. Somit könne die Kommission nicht Artikel 1 Buchstabe b Ziffer v zweiter Satz der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 (49) geltend machen, um die Maßnahme zu einer „neuen Beihilfe“ zu erklären. Außerdem könne nach der geltenden Rechtsprechung in der Sache Alzetta  (50) die Kommission ihre Argumentation selbst dann, wenn die Liberalisierung eine Rolle gespielt haben sollte, nicht auf Artikel 1 Buchstabe b Ziffer v zweiter Satz der Verordnung Nr. 659/1999 gründen.

(96)

Die Liberalisierung des Strommarkts war jedoch vor Verabschiedung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 erfolgt. Deshalb kann diese Verordnung selbst dann nicht auf Maßnahmen im Stromsektor Anwendung finden, wenn sie infolge der Liberalisierung zu Beihilfen wurden; solche Maßnahmen unterliegen vielmehr Artikel 1 Buchstabe b Ziffer v erster Satz der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 (bestehende Beihilfe) und der Rechtsprechung des Gerichtshofs in der Sache Alzetta.

4.1.2.7.   Vertrauensschutz

(97)

Alcoa macht weiter geltend, dass das Unternehmen auch dann, wenn die gegenwärtige Regelung nicht als bestehende Beihilfe zu betrachten wäre, in jedem Fall das Recht habe, sich auf den Vertrauensschutz zu berufen, zum einen aufgrund der erheblichen Investitionen in die beiden Betriebsstätten, die in der Annahme getätigt worden seien, der Tarif stelle keine Beihilfe dar, zum anderen aufgrund der Präzedenzfälle in der Entscheidungspraxis der Kommission, die auf einen gewissen Entscheidungsspielraum im Hinblick auf die „Behandlung als bestehende Beihilfe“ schließen ließen, insbesondere die Entscheidung der Kommission über Steuervergünstigungen für Auslandsniederlassungen von Unternehmen (51).

4.1.2.8.   Vereinbarkeit des sardischen Stromtarifs mit dem Gemeinsamen Markt als staatliche Beihilfe mit regionaler Zielsetzung

(98)

Alcoa macht geltend, dass die beanstandete Maßnahme jedenfalls in Hinblick auf die sardische Betriebsstätte die Anforderungen an die Gewährung staatlicher Beihilfen mit regionaler Zielsetzung erfülle.

(99)

Alcoa beschreibt die regionalen Benachteiligungen Sardiniens und die Probleme stromintensiver Unternehmen aufgrund der ungenügenden Anbindung an das italienische Festland und der Duopolstellung der beiden Stromversorger ENEL und ENDESA, die den normalen Wettbewerb beeinträchtige und die Preise auch für die großen Stromverbraucher hoch halte. Mit dem Vorzugstarif solle dieser Nachteil ausgeglichen werden.

(100)

Die Schließung der beiden Betriebsstätten hätte, so Alcoa, als unmittelbare Auswirkung den Verlust von 2 500 Arbeitsplätzen zur Folge. Da Alcoa einer der wichtigsten Arbeitgeber in der Region sei, wären indirekt noch Tausende weitere Arbeitsplätze gefährdet. Noch dramatischere Auswirkungen seien zu befürchten, wenn der Betrieb nicht schrittweise heruntergefahren, sondern sofort eingestellt würde.

(101)

Der Tarif erfülle das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit, da er auf das zur Behebung des Marktversagens (Fehlen eines Wettbewerbsmarkts auf Sardinien) notwendige Maß begrenzt sei und der Preis dem gewichteten Durchschnittswert der von den anderen Aluminiumhütten in der EU-25 zu zahlenden Strompreise entspreche.

(102)

Für die Feststellung, dass die Beihilfe nicht degressiv gestaffelt sei, gebe es keinen Nachweis. Die Degressivität müsse im Hinblick auf die Grenzkosten der Stromlieferanten beurteilt werden; um nachzuweisen, dass der Tarif nicht degressiv gestaffelt sei, müsse die Kommission einen Anstieg dieser Kosten belegen. Hinsichtlich der Begrenzung der Preiserhöhung auf 4 %, die die Kommission beanstandet hat, weil sie die Degressivität des Tarifs nicht sicherstelle, führt Alcoa aus, es sei normal, dass der Preis für einen bestimmten Zeitraum festgelegt werde. Außerdem müsse ein Höchstwert die normale Entwicklung widerspiegeln, nicht aber unvorhersehbaren Ereignissen wie einem unerwartet starken Anstieg des Ölpreises Rechnung tragen. Im Übrigen habe die Kommission die Degressivität eines Mechanismus anerkannt, der vier bis fünf Jahre lang einen Vorteil gewährt, um ihn dann schrittweise zurückzunehmen (52).

(103)

Alcoa vertritt die Ansicht, dass es sich um einen vorübergehenden Tarif handle, da er nur bis zu dem Zeitpunkt gelte, an dem das Problem der ungenügenden Anbindung an das italienische Festland gelöst sei (voraussichtlich 2010). Außerdem sei das Vorbringen der Kommission, die Maßnahme sei bereits seit mehr als fünf Jahren in Kraft, unbegründet, da der Tarif bislang keine Beihilfe dargestellt habe.

(104)

Abschließend führt Alcoa an, die Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung 2007-2013 (53) seien nicht anzuwenden, da der Vorzugstarif bereits vor 2007 eingeräumt worden sei und somit, wie in den Übergangsbestimmungen der Leitlinien von 2007 angegeben, auf der Grundlage der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung von 1998 (54) bewertet werden müsse.

4.2.   Stellungnahmen Dritter

4.2.1.   Beihilfesache C 38/A/04

(105)

Ein Konkurrent von Portovesme Srl (55) hat eine Analyse des Alumix-Tarifs übermittelt, derzufolge alle Vorzugstarife, die Italien auf Sardinien auf der Grundlage des Dekrets von 2004 gewährt hat, rechtswidrige staatliche Beihilfen darstellten, die nicht auf der Grundlage der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung genehmigungsfähig seien, sondern für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt werden müssten.

4.2.2.   Beihilfesache C 36/B/06

(106)

Zwei Herstellerverbände im Aluminiumsektor halten die Tarife für notwendig, um zu verhindern, dass die Unternehmen ihre Betriebsstätten in Drittländer verlagern, solange keine langfristigen Lösungen vorlägen.

(107)

Der in Erwägungsgrund 105 erwähnte Konkurrent von Portovesme Srl ersuchte die Kommission, seinen Beitrag in der Sache C 13/06 (56) auch bei der Bewertung des vorliegenden Falls zu berücksichtigen. Das Unternehmen gelangt erneut zu dem Schluss, dass die Tarife für unvereinbar erklärt werden müssten.

(108)

Italien ersuchte die Kommission, diese Bemerkungen nicht zu berücksichtigen; sie seien unbeachtlich, da die Sache C 13/06 einen anderen Sachverhalt betreffe: die dort geprüften Maßnahmen stellten eine neue Beihilfe dar, während es sich beim Alcoa-Tarif um die Verlängerung einer bestehenden Beihilfe handele. Zudem sei der beteiligte Dritte kein Aluminiumhersteller und somit von der Maßnahme zugunsten von Alcoa nicht unmittelbar betroffen.

(109)

Die Kommission kann dem Ersuchen Italiens nicht stattgeben. Die Tatsache, dass der Alcoa-Tarif einen anderen Hintergrund hat als die anderen Tarife, ändert nichts an der Relevanz der vorgelegten Stellungnahme, soweit es sich um relevante Fragen wie den Beihilfecharakter der sardischen Stromtarife, ihren Beitrag zur regionalen Entwicklung und die Verzerrung des Wettbewerbs handelt. Zudem ist es im Rahmen eines Prüfverfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag nicht erforderlich, dass ein Dritter, der eine Stellungnahme zu einer Maßnahme abgegeben hat, unmittelbar und individuell von ihr betroffen sein muss.

5.   STELLUNGNAHME ITALIENS

5.1.   Sache C 38/A/04

5.1.1.   Behebung eines Marktversagens durch den Tarif

(110)

Italien betont, dass der Strommarkt in der EU noch nicht vollständig für den Wettbewerb geöffnet sei, was auch die Kommission anerkenne. Vor allem stromintensiven Unternehmen sei es in den verschiedenen Mitgliedstaaten nicht möglich, Strom zu vergleichbaren Bedingungen zu kaufen.

(111)

In Italien existierten trotz der Liberalisierung des Stromsektors strukturelle Defizite (zum Beispiel eine ungenügende Vernetzung). Sie führten zu höheren Energiepreisen und einer Marktkonzentration, die den zugelassenen Kunden die Wahl ihres Stromversorgers erschwere. In Sardinien, wo es nur zwei Stromlieferanten gebe, seien diese Probleme besonders akut. Italien macht daher geltend, dass ein ermäßigter Tarif, der die Nachfrage widerspiegelt, als gerechtfertigte ordnungspolitische Maßnahme zur Simulation der Mechanismen eines vollständig wettbewerbsfähigen Markts betrachtet werden könne. So würden zwischen stromintensiven Unternehmen in unterschiedlichen Mitgliedstaaten wieder gleiche Wettbewerbsbedingungen hergestellt.

5.1.2.   Keine staatliche Beihilfe

(112)

Im Hinblick auf Alcoa stellt Italien fest, dass die Kommission den mit dem Dekret von 1995 festgelegten ursprünglichen Alumix-Tarif nicht als staatliche Beihilfe eingestuft habe, weil er objektiv mit dem Verbrauchsprofil der Aluminiumhütte verknüpft sei und die spezifische Situation bei Energieangebot und -nachfrage in den betroffenen Regionen widerspiegele.

(113)

Nach Ansicht Italiens gründet das Dekret von 2004 auf denselben Sachverhalten, die die Kommission zu der Schlussfolgerung bewogen haben, dass keine staatliche Beihilfe vorliege, auch unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Krise in der sardischen metallurgischen Industrie. Das neue System unterscheide sich vom alten allein durch die „Tarifstruktur“. Die Änderungen seien durch den Start des Energie-Binnenmarktes und zur Sicherstellung der „Tarifneutralität“ erforderlich geworden.

(114)

Genau genommen falle der Alcoa-Tarif nicht unter das Verbot gemäß Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag, weil er keinen Transfer staatlicher Mittel mit sich bringe und weder zur Verzerrung des Wettbewerbs noch zu einer Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten führen könne. Da die Tarifregelung keine staatliche Beihilfe darstellte, habe Italien die Notifizierung des Dekrets von 2004 nicht für notwendig gehalten. Das Dekret von 2004 sei nach der Einleitung einer eingehenden Prüfung jedenfalls nicht mehr auf Alcoa angewendet worden.

5.1.3.   Keine staatlichen Mittel

(115)

Zum Einsatz staatlicher Mittel bringt Italien vor, der Alcoa-Tarif sei völlig vergleichbar mit dem Tarifsystem, zu dem der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache Preussen-Elektra erklärt hat, dass es sich nicht um die Verwendung staatlicher Mittel handle. Die Ausgleichskasse könne als „rein buchhaltungstechnische Einrichtung“ nicht frei über die finanziellen Mittel des Systems verfügen, sondern verwalte diese lediglich. Dass die AEEG und das Finanzministerium eine gewisse Kontrolle über die Tätigkeit der Ausgleichskasse ausübten, bedeute nicht, dass der italienische Staat frei über diese Mittel verfügen könne.

5.1.4.   Keine Beeinträchtigung des Handels

(116)

Die Argumente, die Italien zur Frage der Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten vorbringt, sind identisch mit denen von Alcoa (siehe Erwägungsgründe 86-90).

5.1.5.   Vereinbarkeit des sardischen Tarifs mit den Bestimmungen zu staatlichen Beihilfen mit regionaler Zielsetzung

(117)

Nach Ansicht Italiens kann der auf Sardinien anzuwendende Stromtarif aus den nachfolgenden Gründen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbare staatliche Beihilfe mit regionaler Zielsetzung betrachtet werden: Die Mängel des Elektrizitätsmarkts in Bezug auf die Stromversorgung auf Sardinien stellten einen regionalen Nachteil dar, der durch den Tarif behoben werden solle. Der Tarif habe positive Auswirkungen auf die Beschäftigung und trage zur Bewahrung der sozialen und wirtschaftlichen Strukturen der Insel bei. Der Tarif stehe in einem angemessenen Verhältnis zu den auszugleichenden Nachteilen und sei eine kurzfristige Übergangsmaßnahme.

5.2.   Beihilfesache C 36/B/06

5.2.1.   Nichtvorliegen einer staatlichen Beihilfe

(118)

Italien hielt es nicht für erforderlich, die Verlängerung des in Artikel 11 Absatz 11 des Gesetzes Nr. 80/2005 verfügten Tarifs auf der Grundlage der Bestimmungen für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung anzumelden, da die Maßnahme weiterhin keine staatliche Beihilfe darstelle. Italien vertritt die Auffassung, dass die Verlängerung einer Maßnahme, die keine Beihilfe darstellt, etwas anderes sei als die Verlängerung einer Maßnahme, die als Beihilfe zu betrachten ist, denn nur letztere könne eine neue Beihilfe darstellen.

(119)

Wie Alcoa bringt auch Italien vor, dass die Entscheidung Alumix nicht befristet gewesen sei. Der Verzicht auf eine zeitliche Begrenzung sei bewusst erfolgt und mache deutlich, dass auch die Kommission die Notwendigkeit einer langfristigen Maßnahme anerkannt habe. Italien habe diese Argumentation mit einem Verweis auf den Erwägungsgrund der Entscheidung Alumix bestätigt, in dem die Kommission erklärt: „Die Umstrukturierung und Wiederherstellung der Lebensfähigkeit der Alumix-Betriebe gewährleistet, dass die Entwicklung dieser Gebiete nicht nur kurzzeitig, sondern auf Dauer erfolgt.“

5.2.2.   Kein Vorteil, kein Einsatz staatlicher Mittel und keine Beeinträchtigung des Handels

(120)

Italien trägt vor, dass der Tarif aus den bereits von Alcoa angeführten und in den Erwägungsgründen 80-85 dargestellten Gründen keinen Vorteil biete, dass er den Handel zwischen den Mitgliedstaaten nicht beeinträchtige (vgl. Erwägungsgründe 86-90) und nicht mit einem Transfer von staatlichen Mitteln verbunden sei (vgl. Erwägungsgrund 115).

(121)

Italien verweist auf die Überkapazität bei der Stromerzeugung auf Sardinien und unterstreicht, dass Alcoa in einer derartigen Situation normalerweise eine sehr starke Verhandlungsposition hätte und einen konkurrenzfähigen Preis nur knapp über den Grenzkosten des Stromerzeugers erzielen könnte. Dass dies auf Sardinien nicht möglich sei, liege im Verhalten des dominierenden Stromversorgers begründet, der auf Sardinien den Preis festlegen könne und kein kommerzielles Interesse an einem niedrigeren Preis habe, weil er wisse, dass Alcoa den benötigten Strom nicht anderswo kaufen könne. Im Übrigen könnten die beiden Stromversorger ENEL und ENDESA (heute E.ON) (57) angesichts ihrer Duopolstellung daran interessiert sein, einen höheren als den wirtschaftlich optimalen Preis zu verlangen und so einen „unerwünschten Präzedenzfall“ für den Rest Italiens verhindern. Vor dem Hintergrund der nach wie vor erheblichen Marktmacht des ehemaligen Monopolisten ENEL (58) erklärt Italien abschließend, es bestehe kein substanzieller Unterschied zwischen dem Preis, der Alcoa in einer Monopol-Situation gewährt wurde (genehmigt von der Kommission in der Entscheidung Alumix), und dem Tarif, der unter den gegenwärtigen, recht unzureichenden Marktbedingungen angewendet wird.

(122)

Aus den gleichen Motiven wie in Erwägungsgrund 83 dargelegt stellt Italien auch die Bezugnahme auf die durchschnittlichen IPEX-Preise in Frage.

5.2.3.   Keine Rechtswidrigkeit der Maßnahme

(123)

Italien trägt weiter vor, dass sich die wirtschaftliche Grundlage, auf der die Entscheidung Alumix basierte, nicht geändert habe. Die Verlängerung des Tarifs beinhalte also kein neues Element und könne nicht als neue Beihilfe betrachtet werden. Es sei auch nicht korrekt, die Maßnahme als rechtswidrige Beihilfe zu betrachten.

5.2.4.   Begründetheit des Tarifs

(124)

Italien trägt vor, die Kommission hätte bei ihrer Bewertung auch den Schlussfolgerungen im ersten Bericht der Hochrangigen Gruppe für Wettbewerbsfähigkeit, Energie und Umwelt Rechnung tragen müssen, in dem zwei neue Faktoren genannt würden, die die Aluminiumerzeugung in den letzten Jahren begrenzt hätten, nämlich die Globalisierung und der Start des Energie-Binnenmarktes.

(125)

Insbesondere sei das seit 1996 bestehende, in der Entscheidung Alumix anerkannte Problem der hohen Stromkosten bei der Erzeugung von Aluminium auf Sardinien und im Veneto bis heute ungelöst. Dies rechtfertige die Verlängerung des Tarifs, der in jedem Fall als langfristige Maßnahme zur Förderung der industriellen Entwicklung geplant gewesen sei. Auch die Umstände, denen die Kommission in der Entscheidung Alumix Rechnung getragen habe, hätten sich nicht geändert; dies gelte insbesondere für das spezifische Verbrauchsprofil der Aluminiumhütten und die unzureichende Liberalisierung des Strommarkts.

(126)

Italien macht geltend, dass es bis zur vollständigen Liberalisierung des Marktes erforderlich sei, diese Vorzugstarife und eventuell in anderen Mitgliedstaaten eingeführte analoge Instrumente zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu verlängern.

(127)

Die einzige langfristige Lösung zur Senkung der Stromkosten sei der Aufbau einer angemessenen Erzeugungs- und Verbindungsinfrastruktur, durch die der Markt wirksam für neue Stromversorger geöffnet werde. Italien verweist auf die Gaspipeline GALSI, durch die Erdgas aus Algerien über Sardinien nach Europa gelangen wird, und auf das Hochspannungs-Seekabel SAPEI zur Verbesserung der Verbindung mit dem italienischen Festland. Diese Infrastruktureinrichtungen seien gegenwärtig im Bau, und bis zu ihrer Fertigstellung müssten die Vorzugstarife beibehalten werden.

(128)

Im Übrigen sei der vorliegende Fall nicht mit der in der Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens von 2006 zitierten Beihilfesache C 34/02 vergleichbar; dieser Verweis habe die Annahme nahe legen sollen, die Kommission habe bereits festgestellt, dass die ungenügende Vernetzung für Sardinien keinen regionalen Nachteil darstellt. Nach Ansicht Italiens bezieht sich die zitierte Beihilfesache auf kleine und mittlere Unternehmen, die keine großen Stromverbraucher seien und unter der fehlenden Infrastruktur und den Mängeln des sardischen Strommarkts weniger zu leiden hätten als Unternehmen wie Alcoa.

(129)

Italien merkt des Weiteren an, die Hochrangige Gruppe sei sich der Notwendigkeit bewusst, stromintensive Industrien wie die Eisenmetallindustrie und die NE-Metallindustrie (59) in der Europäischen Union zu halten, indem ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessert und ihnen insbesondere eine Stromversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen ermöglicht wird.

(130)

Italien liefert eine detaillierte Beschreibung der Maßnahmen, die andere Mitgliedstaaten wie Deutschland, Spanien, Frankreich, Finnland und Griechenland ergriffen haben, um die Elektrizitätskosten für stromintensive Unternehmen zu senken und ihre Abwanderung in Drittländer zu verhindern. Italien weist darauf hin, dass diese Maßnahmen ungeachtet ihrer unterschiedlichen Formen die gleichen wirtschaftlichen Auswirkungen hätten wie der italienische Vorzugstarif. Es sei wünschenswert, diese Maßnahmen unionsweit so zu harmonisieren, dass die Wettbewerbsbedingungen zwischen den europäischen Unternehmen und ihren Konkurrenten in den Drittländern angeglichen werden. Kurzfristig müsse bei den von Italien ergriffenen Maßnahmen jedenfalls davon ausgegangen werden, dass sie keine staatlichen Beihilfen darstellten, und sie müssten mit demselben Maßstab bewertet werden wie die Maßnahmen anderer Mitgliedstaaten.

6.   WÜRDIGUNG DER MASSNAHME

6.1.   Zeitlicher und materieller Rahmen der Untersuchung

(131)

Als ersten Schritt hält es die Kommission für erforderlich, den in den Entscheidungen zur Einleitung des Verfahrens definierten zeitlichen und materiellen Rahmen der Untersuchung zu klären.

6.1.1.   Das Verfahren von 2004 (Sache C 38/A/20)

(132)

Die Notwendigkeit dieser Klärung ergibt sich aus der Tatsache, dass bei Inkrafttreten des Dekrets von 2004 im April 2004 der Vorzugstarif für Alcoa bis Dezember 2005 als staatliche Beihilfe (Entscheidung Alumix) genehmigt war (60).

(133)

Wegen der zeitlichen Überschneidung der Alumix-Regelung mit den 2004 beanstandeten Bestimmungen ist zu klären, ob durch die Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens die Verlängerung des Alcoa-Tarifs über die ursprüngliche Dauer der Alumix-Regelung hinaus (ab dem 1. Januar 2006) in Frage gestellt wird oder ob wegen der Änderung des Finanzierungsmechanismus die gesamte Regelung für den Zeitraum 2004-2005 in Frage gestellt wird.

(134)

Bei aufmerksamer Prüfung der Entscheidung wird deutlich, dass sie eine allgemeine Beanstandung der neuen, mit dem Dekret von 2004 zugunsten der Unternehmen Portovesme Srl, ILA Spa, Euroallumina Spa und Alcoa eingeführten Tarifregelung darstellt, aber nicht so ausgelegt werden kann, als würde die Alumix-Regelung als solche in Zweifel gezogen. Diese Schlussfolgerung wird durch die nachfolgenden Feststellungen bekräftigt.

(135)

Zum einen erfolgt die Prüfung der Maßnahme in Form einer Gesamtprüfung ohne jede Unterscheidung zwischen den verschiedenen Begünstigten. Insbesondere wird die spezifische Rechtsstellung von Alcoa als dem begünstigten Unternehmen des genehmigten Alumix-Tarifs weder im Detail beschrieben noch bewertet.

(136)

Zum zweiten zielen die Bemerkungen der Kommission zum substanziellen Unterschied zwischen der Alumix-Regelung und dem neuen Tarif (61) ausschließlich auf die Feststellung ab, dass die Schlussfolgerungen in der Sache Alumix nicht auf die neue Tarifregelung übertragbar sind, da es sich um einen unterschiedlichen Finanzierungsmechanismus handelt.

(137)

Zum dritten wäre in der Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens von 2004, wenn sie auf die Beanstandung der ursprünglichen Alumix-Regelung abgezielt hätte, die Rechtsgrundlage für die Genehmigung der ursprünglichen Regelung zitiert worden (d.h. das Dekret von 1995), mitsamt einer Erläuterung der Gründe, warum sich der Tarifmechanismus nach der Änderung durch den neuen Regelungsrahmen auf die Gültigkeit der Schlussfolgerungen der Kommission in der Sache Alumix vor Ablauf der Regelung ausgewirkt habe.

(138)

Deshalb vertritt die Kommission die Auffassung, dass mit der Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens von 2004 die Verlängerung der Alumix-Regelung über ihren Ablauf zum 31. Dezember 2005 hinaus angefochten wird. Die Untersuchung von 2004 war daher auf den Zeitraum nach dem 1. Januar 2006 begrenzt.

(139)

Zu diesem Zeitpunkt wurden jedoch die Bestimmungen des Dekrets von 2004 durch das Gesetz Nr. 80/2005 abgelöst, das am 1. Januar 2006 in Kraft trat (s. Erwägungsgründe 48 und 142). Das Dekret von 2004 ist daher im wesentlichen für die Zwecke der hier in Rede stehenden Untersuchung nicht relevant.

6.1.2.   Das Verfahren von 2006 (Sache C 36/B/06)

(140)

Der Wortlaut der Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens von 2006 lässt keine unterschiedlichen Auslegungen zu und richtet sich zweifelsfrei gegen die durch Gesetz Nr. 80/2005 (62) erlassene Verlängerung des Vorzugstarifs bis 2010, nicht gegen die Alumix-Regelung als solche.

(141)

Zum Zeitraum der Untersuchung von 2006 stellt die Kommission fest, dass hier keine Überschneidung mit der im Dezember 2005 abgelaufenen Alumix-Regelung oder mit der beanstandeten Verlängerung des Tarifs vorliegt, die am 1. Januar 2006 in Kraft trat (vgl. Erwägungsgrund 48). Dies wird im Urteil des Gerichts in Randnummer 132 bestätigt.

6.1.3.   Schlussfolgerungen zum Geltungsbereich der Entscheidung

(142)

Da die Bestimmungen des Dekrets von 2004 am 1. Januar 2006 von Gesetz Nr. 80/2005 abgelöst wurden, sind sie nicht mehr die für die Untersuchung anzuwendende Rechtsgrundlage. Die Untersuchung stellt auf eine konkrete Maßnahme ab: die Verlängerung des Alcoa-Tarifs für den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2010 auf der Grundlage des Gesetzes Nr. 80/2005 in Verbindung mit den entsprechenden Verwaltungsvorschriften der AEEG. Sollte Italien jedoch die Ansicht vertreten, dass ungeachtet der Verabschiedung des Gesetzes Nr. 80/2005 das Dekret von 2004 auch im Zeitraum Januar 2006–Juni 2007 weiter als Rechtsgrundlage herangezogen werden könnte, würden die Schlussfolgerungen der vorliegenden Entscheidung auch für die mit dem Dekret von 2004 eingeführte Maßnahme gelten (63).

6.2.   Vorliegen einer staatlichen Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag

(143)

Nach Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag ist eine Maßnahme als staatliche Beihilfe zu betrachten, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind: a) die Maßnahme verschafft dem Begünstigten einen wirtschaftlichen Vorteil; b) sie wird mit staatlichen Mitteln finanziert; c) sie ist selektiv; d) sie beeinträchtigt den Handel zwischen den Mitgliedstaaten und ist geeignet, den Wettbewerb in der EU zu verzerren.

(144)

Sowohl Italien als auch Alcoa vertreten die Ansicht, dass der Tarif keine staatliche Beihilfe darstelle.

6.2.1.   Vorliegen eines Vorteils

(145)

Die Kommission stellt zunächst fest, dass der italienische Staat im Rahmen der mit Artikel 11 Absatz 11 des Gesetzes Nr. 80/2005 eingeführten Stromtarifregelung Maßnahmen ergreift, um einen Strompreis sicherzustellen, der erheblich unter dem Preis liegt, den Alcoa unter realen Marktbedingungen hätte erzielen können (und erzielt hatte). Wenn Alcoa in der Lage gewesen wäre, diesen ermäßigten Preis direkt von einem Stromversorger in den entsprechenden Regionen zu erhalten, wäre kein staatliches Eingreifen erforderlich gewesen. Weder Italien noch Alcoa bestreiten, dass die Marktpreise in den betroffenen Regionen über dem Preis liegen, den Alcoa dank der Erstattung durch die Ausgleichskasse tatsächlich bezahlt hat.

(146)

Im Hinblick auf die von Alcoa vorgeschlagene Methode zur Prüfung, ob dem Unternehmen ein Vorteil erwuchs (d.h. ob der ermäßigte Preis unter dem Preis lag, der auf einem vollständig wettbewerbsorientierten Markt hätte erzielt werden können), ist zunächst festzustellen, dass diese Argumentation bereits im Urteil des Gerichts (Randnummer 71) zurückgewiesen wurde. Weder die Kommission noch die Gerichte der Gemeinschaft haben bei der Prüfung, ob ein Vorteil vorliegt, jemals die Bedingungen auf einem hypothetischen, besser funktionierenden Markt zugrunde gelegt. Als Bezugsrahmen wurden stets die Bedingungen auf dem realen Markt herangezogen, so zum Beispiel im Fall der niederländischen Gartenbaubetriebe (64), in dem die Kommission den Test des marktwirtschaftlich handelnden Akteurs heranzog, um zu prüfen, ob bestimmte Gaspreise mit einem Vorteil verbunden waren.

(147)

Des Weiteren geht Alcoa bei seiner Argumentation davon aus, dass es im Falle eines Marktversagens gerechtfertigt sei, wenn ein Mitgliedstaat Preise festlegt, die faire Wettbewerbsbedingungen simulieren. Bei einem vollständig wettbewerbsorientierten Markt als Bezugsrahmen wären die auf diese Weise staatlich festgesetzten Preise nicht mit einem Vorteil verbunden. Dieser Gedankengang widerspricht dem in der Gemeinschaftsrechtsprechung fest verankerten Grundsatz, dass, „wenn ein Mitgliedstaat versucht, die Wettbewerbsbedingungen eines bestimmten Wirtschaftssektors denen in anderen Mitgliedstaaten durch einseitige Maßnahmen anzunähern, dies nach gefestigter Rechtsprechung diesen Maßnahmen nicht den Charakter von Beihilfen nehmen kann“ (65). Die Kommission vertritt den Standpunkt, dass der oben angeführte Grundsatz analog auch in Situationen gilt, in denen ein Mitgliedstaat versucht, die Wettbewerbsbedingungen denen auf einem vollständig wettbewerbsorientierten Markt anzunähern.

(148)

Wollte man dem Vorschlag von Alcoa folgen, wären Subventionen eines Mitgliedstaats zum Ausgleich der Differenz zwischen einem von zwei Marktteilnehmern frei ausgehandelten Preis und dem theoretischen Preis, zu dem unter Wettbewerbsbedingungen eine Vereinbarung getroffen worden wäre, keine staatliche Beihilfe. Damit würde das zentrale Ziel der Überwachung staatlicher Beihilfen vereitelt.

(149)

Alcoa macht jedoch geltend, gerade diese Methode habe die Kommission in der Sache Alumix angewendet.

(150)

Die Kommission weist darauf hin, dass die in der Sache Alumix verwendete Methode auf eine spezifische Situation zugeschnitten war. Seinerzeit war der Tarif von ENEL gewährt worden, dem damaligen Stromversorger in Monopolstellung, der in einem noch nicht liberalisierten Strommarkt agierte (66). In dieser Situation musste die Kommission prüfen, ob ENEL einen künstlich niedrigen Preis erhob oder wie ein marktwirtschaftlich orientierter Marktteilnehmer handelte. Angesichts der Monopolstellung von ENEL im Bereich der Stromversorgung gab es keinen Marktpreis, auf den sich die Kommission hätte beziehen können, um das Vorliegen eines Vorteils zu prüfen. Die Kommission hatte deshalb eine Methode zur Ermittlung des niedrigsten theoretischen Marktpreises entwickelt, zu dem ein marktwirtschaftlich orientierter Stromlieferant unter den auf Sardinien und im Veneto herrschenden spezifischen Marktbedingungen zum Verkauf an seinen „besten Kunden“ (den größten Verbraucher mit einem flachen Verbrauchsprofil) bereit gewesen wäre. Ein marktwirtschaftlich orientierter Stromlieferant hätte versucht, mindestens seine Erzeugungsgrenzkosten zu decken, plus einen Teil der Fixkosten.

(151)

Diese Methode kann jedoch nicht generell und nicht außerhalb des ursprünglichen Zusammenhangs angewendet werden, wie etwa in einer Situation, in der die Preise nicht mehr von einem staatlichen Unternehmen mit Monopolstellung festgesetzt, sondern auf dem Markt frei ausgehandelt werden, und der Preis für Alcoa kann nicht mehr als Ergebnis einer normalen geschäftlichen Transaktion betrachtet werden, sondern ist ganz klar ein subventionierter Tarif. Aus der in den Erwägungsgründen 39-43 dargestellten Entwicklung ergibt sich, dass die Regelung streng genommen kein „Tarif“ mehr ist, da es nicht mehr um den Alcoa vom Stromversorger in Rechnung gestellten Preis bzw. um einen von Alcoa zu zahlenden Nettopreis geht, sondern vielmehr um den „Endpreis“, der sich durch die Erstattungszahlungen der Ausgleichskasse in Höhe des Unterschieds zwischen dem gezahlten Preis und dem ermäßigten Preis ergibt. Die in der Entscheidung Alumix dargelegte Analyse des Verhaltens von ENEL ist hier offensichtlich unerheblich, wie im Urteil des Gerichts insbesondere in Randnummer 132 bestätigt wird.

(152)

Da die Kriterien von Alumix für die Prüfung der jetzigen Tarifregelung keine Relevanz besitzen, sind auch die von Italien und Alcoa vorgelegten Berechnungen unerheblich, denen zufolge der Strompreis noch diese Kriterien erfüllt, weil er die Erzeugungsgrenzkosten von ENEL deckt.

(153)

Die Kommission vertritt in jedem Fall die Ansicht, dass die von Italien und Alcoa vorgelegten Berechnungen zu dem Preis, den Alcoa unter „normalen Bedingungen“ auf einem vollständig wettbewerbsorientierten Markt bezahlen würde, zu niedrig angesetzt sind, selbst unter der Annahme, dass die Grenzkosten der Erzeugung einen geeigneten Vergleichsmaßstab darstellen könnten.

(154)

Die IPEX-Mindestpreise, die laut Alcoa repräsentativ dafür sind, was das Unternehmen „normalerweise“ auf einem vollständig wettbewerbsorientierten Markt bezahlen würde (20 EUR), entsprechen den Erzeugungsgrenzkosten der Grundlastkraftwerke (der wirtschaftlichsten Kraftwerke). Der Strom dieser Anlagen wird jedoch nur außerhalb der Spitzenzeiten zu einem niedrigen Preis verkauft (67). In den Spitzenzeiten wird der gesamte erzeugte Strom (einschließlich dem der Grundlastkraftwerke) zu einem sehr viel höheren Preis verkauft, da der Preis durch ein so genanntes Grenzkostenkraftwerk bestimmt wird, das im Mittellast- oder Spitzenlastbereich arbeitet (68). Alcoa verbraucht Strom nicht nur außerhalb der Spitzenlastzeiten, sondern rund um die Uhr. Ein repräsentativer Preis, der den uneingeschränkten Wettbewerb plausibel widerspiegelt, müsste ein gewogener Durchschnitt sein, bei dem die niedrigen Preise außerhalb der Spitzenzeiten ebenso berücksichtigt werden wie die hohen Preise zu Spitzenzeiten.

(155)

In Sardinien, das keine Erdgasvorkommen hat, wird der Strompreis für 80 % des Jahres von den Kohlekraftwerken bestimmt und in den verbleibenden 20 % von den Dieselkraftwerken. Auch bei Verwendung der sehr hypothetischen Schätzungen von Alcoa zu den Grenzkosten der Stromerzeugung mit Kohle (20 EUR/MWh) und Dieselöl (60 EUR/MWh) läge ein gewogener Durchschnitt der Kosten näher bei 28 EUR/MWh, also über dem Preis, den Alcoa gegenwärtig bezahlt (26 EUR/MWh). Nach Auffassung der Kommission liegt somit der Alcoa-Tarif zumindest auf Sardinien unter den Grenzkosten der Stromerzeuger und würde damit auch nicht die Alumix-Kriterien erfüllen, wenn diese Anwendung fänden.

(156)

Alcoa und Italien bringen vor, die Kommission habe zu Unrecht vorgeschlagen, die durchschnittlichen IPEX-Preise als Näherungswerte für den Marktpreis zu verwenden, den große industrielle Stromverbraucher in den in Rede stehenden Regionen normalerweise bezahlen (vgl. Erwägungsgrund 83). Dies ist eine falsche Darstellung der Begründung in der Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens von 2006, wo der Vergleich mit dem gewogenen Durchschnitt der Preise ausschließlich dazu diente, Zweifel an der Behauptung zu äußern, dass die Strompreise auf Sardinien erheblich höher lägen als in anderen Regionen Italiens. Die Kommission schlug vor, die regionalen Unterschiede bei den durchschnittlichen IPEX-Preisen als repräsentativ für die Unterschiede bei den bilateralen Preisen zu betrachten.

(157)

Insbesondere hat die Kommission zu keinem Zeitpunkt vorgeschlagen, die durchschnittlichen IPEX-Preise als Näherungswerte für den Preis heranzuziehen, den Alcoa auf dem Markt hätte aushandeln können. Im vorliegenden Fall ist es gar nicht erforderlich, auf Näherungswerte zurückzugreifen. Alcoa hatte mit ENEL vertraglich einen Nominalpreis vereinbart, der den vorliegenden Informationen zufolge in etwa dem Standardtarif von ENEL für die Lieferung von Hochspannungsstrom entsprach. Diese Vereinbarung ist der Bezugswert zur Ermittlung des Vorteils, den Alcoa besaß.

(158)

Somit vermindert der Vorzugstarif die Belastungen, die Alcoa gemäß dem mit ENEL geschlossenen Vertrag ansonsten zu tragen hätte, und nach ständiger Rechtsprechung gewährt die Maßnahme Alcoa deshalb einen wirtschaftlichen Vorteil (69). Die Kommission vertritt die Auffassung, dass der gewährte Vorteil den Zahlungen entspricht, die die Ausgleichskasse zur Kompensation des Unterschieds zwischen dem vertraglich vereinbarten Preis und dem ermäßigten Preis leistet. Diese Schlussfolgerung gilt für die beiden Betriebsstätten auf Sardinien und im Veneto.

6.2.2.   Selektivität

(159)

Da der ermäßigte Stromtarif ausschließlich für Alcoa gilt, ist der gewährte Vorteil selektiv.

6.2.3.   Staatliche Mittel und Zurechenbarkeit an den Staat

(160)

Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Vorteil nur dann als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 betrachtet werden, wenn er mittelbar oder unmittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt wird (70) und dem Staat zuzurechnen ist (71).

(161)

Wie in Erwägungsgrund 43 beschrieben, erfolgt die Finanzierung des in Rede stehenden Tarifs mit Hilfe einer von der Ausgleichskasse über die Komponente A4 des Stromtarifs eingezogenen steuerähnlichen Abgabe. Dabei handelt es sich um eine obligatorische Abgabe, die per Beschluss der AEEG in Umsetzung eines nationalen Gesetzes verfügt wurde. Die Ausgleichskasse ist eine öffentlich-rechtliche Einrichtung, die ihren Auftrag anhand von präzisen Weisungen aufgrund von Beschlüssen der AEEG wahrnimmt.

(162)

Nach gefestigter Rechtsprechung sind die Erlöse aus einer Abgabe, die aufgrund der nationalen Gesetzgebung obligatorisch ist und an eine öffentlich-rechtliche Einrichtung abgeführt wird, staatliche Mittel im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag, wenn sie zur Finanzierung einer Maßnahme bestimmt sind, die die anderen Kriterien dieses Artikels erfüllt (72).

(163)

Italien und Alcoa berufen sich zur Stützung der These, die Maßnahme sei nicht mit staatlichen Mitteln finanziert, auf die Urteile Preussen-Elektra (73) und Pearle (74). Beide Parteien vertreten die Ansicht, dass der Transfer der zur Finanzierung des Tarifs erforderlichen Mittel von Privatunternehmen (Stromverbrauchern) an ein anderes Privatunternehmen (Alcoa) erfolge, während die Rolle des Staates auf die Verabschiedung eines Gesetzes beschränkt sei, das die Entrichtung der geforderten Beträge vorschreibt, ohne jeden Ermessensspielraum bei der Verwendung der Mittel, die ausschließlich für die im Gesetz vorgesehene Tarifregelung erfolgen darf. Insbesondere übe die Ausgleichskasse keinerlei Kontrolle der Mittel aus, sondern habe lediglich eine buchhalterische Mittlerfunktion.

(164)

In der Rechtssache Preussen-Elektra hat der Gerichtshof entschieden, dass es keine staatliche Beihilfe darstellt, wenn den Elektrizitätsversorgungsunternehmen eine Pflicht zur Abnahme von Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu Mindestpreisen auferlegt wird, die über dem tatsächlichen wirtschaftlichen Wert dieses Stroms liegen, weil die Maßnahme nicht mit der unmittelbaren oder mittelbaren Übertragung staatlicher Mittel verbunden ist. Nach Ansicht von Italien und Alcoa ist der vorliegende Fall dem Fall Preussen-Elektra ähnlich, da die Mittel ebenfalls von Privatunternehmen (den Stromverbrauchern) an ein anderes Privatunternehmen (Alcoa) übertragen würden und der Staat keine Kontrolle über die in Rede stehenden Mittel ausübe.

(165)

Die Kommission weist darauf hin, dass im Fall Preussen-Elektra die zur Finanzierung der Maßnahme erforderlichen Mittel direkt von den Versorgungsunternehmen an die Erzeuger erneuerbarer Energien übertragen wurden, ohne den Umweg über ein öffentliches Unternehmen zu nehmen. Bei diesem System standen die zu übertragenden Mittel den Behörden des Mitgliedstaats de facto nie zur Verfügung. Im vorliegenden Fall hingegen gelangen die Mittel zunächst in eine öffentliche Einrichtung, die Ausgleichskasse, und werden dann an den Endbegünstigten weiter geleitet. Die Rechtsprechung in der Sache Preussen-Elektra hat einen anderen sachlichen Hintergrund und ist deshalb für den vorliegenden Fall nicht relevant.

(166)

Die Rechtsprechung in der Sache Pearle macht Vorgaben von größerer Relevanz. Allerdings wird dieses Urteil von der Kommission und von Italien bzw. Alcoa unterschiedlich ausgelegt. In der Rechtssache Pearle war der Gerichtshof zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die Erträge aus einer Abgabe, die über ein öffentliches Unternehmen weitergeleitet werden, unter bestimmten Bedingungen keine staatlichen Mittel darstellen. In dieser Sache erfolgte die Finanzierung der Maßnahmen in vollem Umfang durch einen Wirtschaftssektor und ausschließlich auf Initiative dieses Sektors. Die Mittel wurden durch eine steuerähnliche Abgabe erhoben und über eine öffentliche Einrichtung geleitet, die zu keinem Zeitpunkt über die Mittel verfügen konnte. Außerdem zogen diejenigen, die die Abgabe entrichteten, gleichzeitig auch Vorteil aus dieser Maßnahme.

(167)

Nach Ansicht von Italien und Alcoa ist das Schlüsselkriterium in der Sache Pearle die Frage, ob der Staat berechtigt ist, über die Mittel auch anders zu verfügen als durch die Anwendung der im Gesetz vorgesehenen Regelung. Sie machen geltend, dass die Ausgleichskasse keinerlei Ermessensspielraum bei der Vergabe der Mittel habe, die zur Finanzierung der Stromtarife bestimmt seien und somit zu keinem Zeitpunkt zum Bereich der öffentlichen Finanzen gezählt werden könnten. Deshalb habe der Staat keine Verfügungsgewalt über diese Beträge, die somit auch keine staatlichen Mittel darstellten.

(168)

Hier ist zunächst anzumerken, dass in der Sache Pearle zwar einige Kriterien subjektiv relevanter erscheinen mögen als andere, es existiert aber kein „Schlüsselkriterium“. Die im Urteil aufgezählten Bedingungen sind als kumulativ zu betrachten. Dies ist auch die Auslegung des Gerichts erster Instanz in der Rechtssache Earl Salvat (75), das die dort in Rede stehende streitige steuerähnliche Abgabe im Lichte der Kriterien der Sache Pearle geprüft hat.

(169)

Vor der Überprüfung der Rolle der Ausgleichskasse hat die Kommission zunächst geklärt, ob die übrigen in der Sache Pearle genannten Kriterien erfüllt sind. Anders als in der Sache Pearle wurde der Alcoa-Tarif nicht auf Initiative eines Wirtschaftssektors eingerichtet, sondern auf Veranlassung des Staates. Zudem waren im Fall Pearle die Begünstigten der Maßnahme zugleich auch die einzigen Abgabepflichtigen, weshalb die Einschaltung der öffentlichen Einrichtung nicht auf die Schaffung eines Vorteils mit zusätzlichen Belastungen für den Staat abzielte. Im vorliegenden Fall trägt nicht das begünstigte Unternehmen Alcoa die Finanzierungslast für die Abgabe, sondern alle Stromverbraucher. Unabhängig von der Beurteilung der Begründetheit der von Alcoa und Italien dargelegten Argumentation zur Rolle der Ausgleichskasse als bloßer buchhalterischer Mittler ist es deshalb nicht möglich, sich auf das Urteil in der Sache Pearle zu stützen.

(170)

Im Hinblick auf die Ausgleichskasse weist die Kommission darauf hin, dass nach gefestigter Rechtsprechung nicht danach unterschieden werden darf, „ob eine Beihilfe direkt vom Staat oder von einer öffentlichen oder privaten Einrichtung gewährt wird, die von diesem Staat dazu bestimmt oder errichtet wurde“ (76). Deshalb ist der Status der Ausgleichskasse als öffentliche oder private Einrichtung für die Anwendung der Bestimmungen für staatliche Beihilfen nicht ausschlaggebend. Die Tatsache, dass die Ausgleichskasse eine öffentliche Einrichtung ist, führt nicht automatisch zur Anwendung von Artikel 87 EG-Vertrag. (77) Ebenso wird durch die Einschaltung einer öffentlichen Einrichtung die Anwendbarkeit dieses Artikels nicht automatisch ausgeschlossen (78).

(171)

Die Analyse darf sich jedoch nicht allein auf die Befugnisse der Ausgleichskasse als öffentliche Einrichtung beschränken. Vielmehr ist generell zu klären, ob der Staat unmittelbar oder durch eine von ihm benannte Einrichtung die Kontrolle über die Mittel zur Finanzierung des Tarifs ausüben kann. Dies wäre auch dann zu prüfen, wenn die Ausgleichskasse ein Privatunternehmen wäre.

(172)

Das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Essent  (79) liefert zu diesem Punkt eindeutige Hinweise. In der Sache Essent hatten die Niederlande per Gesetz einen Aufschlag auf die Stromtarife eingeführt. Dieser Tarifaufschlag wurde von den Stromverbrauchern an die Netzbetreiber gezahlt, die die Einnahmen an die Gesellschaft SEP weiterleiteten. Die SEP hatte bei der Verwaltung der Mittel keinerlei Ermessensspielraum und wurde von den Behörden streng kontrolliert. Der Gerichtshof befand, dass die Erträge aus dem Tarifaufschlag staatliche Mittel darstellten und begründete dies mit den folgenden Überlegungen: Der Aufschlag wurde per Gesetz verordnet und war deshalb als Steuer zu betrachten. Die SEP war nicht befugt, die Erträge aus dem Aufschlag für andere als die im Gesetz festgelegten Zwecke zu verwenden. Deshalb blieben die Mittel unter öffentlicher Kontrolle, und die nationalen Behörden konnten darüber verfügen. Der Gerichtshof hielt diese Gesichtspunkte für ausreichend, um die in Rede stehenden Mittel als öffentliche Mittel zu qualifizieren.

(173)

Die Ähnlichkeiten mit dem vorliegenden Fall liegen auf der Hand. Wie im Fall Essent wurde auch der zur Finanzierung der Alcoa-Regelung dienende Tarifaufschlag durch ein Gesetz eingeführt. Die Ausgleichskasse übernimmt dieselbe Rolle wie die SEP, da sie die Erträge aus der steuerähnlichen Abgabe einnimmt und verwaltet und denselben Auflagen unterliegt, das heißt die Erträge nicht zu anderen Zwecken verwenden darf als zu dem im Gesetz festgelegten Zweck der Finanzierung der Vorzugstarife. Der Staat kann die Verwendung der Mittel kontrollieren und steuern: die Ausgleichskasse übt ihre buchhalterischen Funktionen gemäß der präzisen Anweisungen der AEEG aus, welche ihrerseits im Rahmen ihrer satzungsgemäßen Befugnisse bzw. der italienischen Gesetze agiert (s. Erwägungsgründe 26 und 27). Die von der Ausgleichskasse verwalteten Mittel verbleiben daher unter ständiger öffentlicher Kontrolle.

(174)

Diese Analyse steht im Einklang mit der in der Entscheidung der Kommission zur italienischen Beihilfesache der „verlorenen Kosten in der Stromwirtschaft“ (80), wo die von der Ausgleichskasse auf dem A-6-Konto verwalteten Mittel als öffentliche Mittel qualifiziert wurden.

(175)

Die Einstufung der von der Ausgleichskasse verwalteten Mittel als öffentliche Mittel wurde in der neueren Rechtsprechung des Gerichts erster Instanz zur Rechtssache Iride (81) unanfechtbar bestätigt.

(176)

Der italienische Kassationshof (Corte Suprema di Cassazione) hatte bereits mit Urteil Nr. 11632/03 vom 3. April 2003 entschieden, dass die Ausgleichskasse keine vom Staat getrennte Rechtspersönlichkeit besitze und dass dieser als Besitzer der an die Ausgleichskasse weitergeleiteten Beträge zu betrachten sei, auch wenn sie von Privatunternehmen kamen und für Privatunternehmen bestimmt waren. In der Rechtssache Iride hatten die Rechtsmittelführerinnen Iride Spa und Iride Energia Spa vor dem Gericht erster Instanz eine Entscheidung der Kommission angefochten, in der die von der Ausgleichskasse auf dem A-6-Konto verwalteten Mittel als öffentliche Mittel eingestuft worden waren. Die Argumentation der Rechtsmittelführerinnen war der von Alcoa sehr ähnlich. Sie stellten die Substanz des Urteils des Kassationshofs mit dem Vorbringen in Frage, die Ausgleichskasse übernehme nur die Rolle eines buchhalterischen Mittlers zwischen den abgabenpflichtigen Privatpersonen und den Empfängern der Beträge, eine Rolle, die ihr nicht erlaube, die hinterlegten Beträge auch nur für kurze Zeit zu verwenden. Außerdem beanspruchten die Rechtsmittelführerinnen die Anwendbarkeit der Rechtsprechung in der Sache Preussen-Elektra.

(177)

Das Gericht erster Instanz hat sich in seinem Urteil vom 11. Februar 2009 zu dieser Frage eindeutig geäußert. Nach dem Hinweis, dass es nicht dafür zuständig sei, die von der Corte Suprema di Cassazione vorgenommene Auslegung des innerstaatlichen italienischen Rechts in Frage zu stellen, bestätigte das Gericht, dass die auf das A-6-Konto der Ausgleichskasse eingezahlten Beträge als öffentliche Mittel eingestuft werden müssen, weil sie nicht nur im Eigentum des Staates stehen, sondern auch unter ständiger öffentlicher Kontrolle (82).

(178)

Diese Feststellung betrifft das A-6-Konto der Ausgleichskasse, mit dem die verlorenen Kosten des Elektrizitätssektors finanziert werden. Sie lässt sich aber auch auf das zur Finanzierung des beanstandeten Tarifs verwendete A-4-Konto übertragen. Der Kassationshof hatte sich bei seinem Urteil auf eine Analyse der Rechtspersönlichkeit der Ausgleichskasse gestützt, und die Feststellung, dass es sich um Eigentum des Staates handelt, betrifft deshalb alle bei der Ausgleichskasse eingezahlten Summen. Dasselbe gilt für die Feststellung des Gerichts erster Instanz, dass der Staat die von der Kasse verwalteten Mittel kontrollieren kann. Zwischen dem A-4-Konto und dem A-6-Konto besteht kein Unterschied, mit Ausnahme der Verwendung der Mittel (A-6-Konto: Finanzierung der verlorenen Kosten, A-4-Konto: Finanzierung der ermäßigten Tarife). Daher sind die vom A-4-Konto an Alcoa transferierten Beträge als öffentliche Mittel einzustufen.

(179)

Nicht nur wegen der Finanzierung mit öffentlichen Mitteln ist der Alcoa-Tarif dem Staat zurechenbar (83), denn die Rechtsgrundlage der Maßnahme besteht aus innerstaatlichen Rechtsvorschriften und Beschlüssen der öffentlichen Einrichtung AEEG.

6.2.4.   Beeinträchtigung des Handels und Verzerrung des Wettbewerbs

(180)

Was die Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels und die daraus resultierende Verzerrung des Wettbewerbs angeht, so ist unbestritten, dass der Aluminiummarkt vollständig für den Wettbewerb geöffnet ist. Die Kommission hat bei ihren Entscheidungen über Unternehmenszusammenschlüsse stets darauf hingewiesen, dass nach ihrer Ansicht der Weltmarkt als der geografisch relevante Markt für Primäraluminium zu betrachten ist (84).

(181)

Wie in Erwägungsgrund 214 festgestellt, wurde die in Rede stehende Verlängerung des Alcoa-Tarifs von Italien nicht notifiziert. Nach ständiger Rechtsprechung (85) ist die Kommission im Fall einer nicht notifizierten Beihilfe „nicht verpflichtet, die tatsächlichen Auswirkungen der Beihilfe darzulegen. Müsste sie nämlich in ihrer Entscheidung die tatsächlichen Auswirkungen bereits gewährter Beihilfen darlegen, so würden dadurch diejenigen Mitgliedstaaten, die Beihilfen unter Verstoß gegen die Anmeldepflicht zahlen, zu Lasten derjenigen begünstigt, die die Beihilfen in der Planungsphase anmelden.“

(182)

Somit hat die Kommission nur die möglichen negativen Auswirkungen einer Maßnahme auf den innergemeinschaftlichen Handel und den Wettbewerb darzulegen.

(183)

Die Kommission hat die von Alcoa und Italien vertretene These geprüft, dass der Tarif weder den Handel noch den Wettbewerb beinträchtige, weil signifikante Handelsströme zwischen den Mitgliedstaaten weder vorhanden noch in naher Zukunft zu erwarten seien (vgl. Erwägungsgründe 86-88), und weil der Tarif angesichts der spezifischen Merkmale des Aluminiumsektors die europäischen Konkurrenten von Alcoa nicht schädige (vgl. Erwägungsgrund 89).

(184)

Es ist daran zu erinnern, dass in der Entscheidungspraxis der Kommission und in der Rechtsprechung des Gerichtshofs das Fehlen realer Handelsströme zu keinem Zeitpunkt als Nachweis dafür anerkannt wurde, dass eine Beihilfemaßnahme keine Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels mit sich bringe. Der Gerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass eine Beihilfe zugunsten eines Unternehmens auch dann den innergemeinschaftlichen Handel beeinträchtigen und den Wettbewerb verzerren kann, wenn das betreffende Unternehmen selbst gar nicht am innergemeinschaftlichen Handel teilnimmt. Wenn ein Mitgliedstaat einem Unternehmen eine Beihilfe gewährt, kann die inländische Erzeugung unverändert bleiben oder steigen, mit der Folge, dass sich die Chancen der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen verringern, ihre Erzeugnisse auf den Markt dieses Mitgliedstaats auszuführen (86).

(185)

Im Übrigen ist eine Situation, in der die Erzeugung in der EU abnimmt und die Einfuhren aus Drittländern steigen und keine oder nur begrenzte Handelsströme zwischen den Mitgliedstaaten bestehen, für Sektoren mit strukturellen Schwierigkeiten und/oder starkem Wettbewerbsdruck nicht ungewöhnlich bzw. sogar typisch. Solche Wirtschaftssektoren reagieren besonders sensibel auf Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Verbesserung der Wettbewerbsposition ihrer heimischen Industrien.

(186)

Dass sich die italienische Primäraluminiumproduktion aufgrund ihres geringen Umfangs nicht auf den Referenzpreis auswirken kann, ist unerheblich. Die Tatsache, dass es einen Referenzpreis für Aluminium gibt, der von den Produktionsbedingungen in einem einzelnen Mitgliedstaat nicht so leicht beeinflusst werden kann, schließt nicht aus, dass Unternehmen miteinander konkurrieren, die ihren Sitz im EWR haben und ihr Aluminium auf dem Weltmarkt verkaufen. Es ist durchaus denkbar, dass die Beihilfe zugunsten der italienischen Werke von Alcoa nicht dazu führt, dass das Unternehmen den Weltmarktpreis für Aluminium senken kann und Konkurrenten aus dem Markt verdrängt, und dass andere europäische Hersteller so lange auf dem Markt aktiv bleiben können, wie sie ihr Aluminium auf dem Weltmarkt gewinnbringend verkaufen können. Doch die Gewinne, die Alcoa in Italien dank dem ermäßigten Tarif erzielt, führen zu einer allgemeinen Stärkung der Wettbewerbsposition des Unternehmens. So können zum Beispiel die gebildeten Rücklagen dazu verwendet werden, Konkurrenten zu übernehmen und den eigenen Marktanteil zu erhöhen.

(187)

Dass der Strompreis, den Alcoa in Italien zahlt, mit dem „üblichen“ Preis vergleichbar sei, den Aluminiumhütten in Europa zahlen, kann nicht als Nachweis für die Tatsache dienen, dass der italienische Tarif entgegen dem Vorbringen von Alcoa die Interessen der anderen europäischen Hersteller nicht gefährdet. Im Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Italien gegen Kommission (87) wird klargestellt, dass einseitige Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, die Wettbewerbsbedingungen in einem Mitgliedstaat denen in anderen Mitgliedstaaten anzugleichen, Auswirkungen auf den innergemeinschaftlichen Handel haben (und deshalb unter die Definition der Beihilfe fallen). Im Übrigen stellen auch einige Stromlieferungsverträge, die in anderen europäischen Ländern in Kraft sind, möglicherweise eine Beihilfe dar, und die Kommission hat zu einigen solchen Maßnahmen eingehende Untersuchungen eingeleitet (88). Obwohl weder Italien noch Alcoa dieses Argument ausdrücklich zu ihrer Verteidigung herangezogen haben, hält die Kommission den Verweis auf den in der Rechtsprechung anerkannten Grundsatz (89) für angezeigt, demzufolge die Existenz rechtswidriger Beihilfen in einigen Mitgliedstaaten keine Rechtfertigung dafür darstellt, dass ein anderer Mitgliedstaat ähnliche Maßnahmen ergreift.

(188)

Das von Alcoa vertretene Argument, die in Italien abgebauten Produktionskapazitäten würden nicht in anderen EU/EWR-Ländern wieder aufgebaut werden, steht in klarem Widerspruch zu der jüngsten Entscheidung von Alcoa, im EWR-Mitgliedstaat Island eine Aluminiumhütte zu errichten.

(189)

Dies zwingt zu der Schlussfolgerung, dass der Alcoa eingeräumte ermäßigte Stromtarif geeignet ist, die Wettbewerbsposition des Unternehmens im innergemeinschaftlichen Handel zu verbessern. Nach gefestigter Rechtsprechung (90) ist unter solchen Umständen davon auszugehen, dass die Beihilfe den innergemeinschaftlichen Handel beeinträchtigt und den Wettbewerb verzerrt.

6.2.5.   Schlussfolgerungen hinsichtlich des Vorliegens einer Beihilfe

(190)

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass der ermäßigte Stromtarif, der Alcoa gemäß Artikel 11 Absatz 11 des Gesetzes Nr. 80/2005 und gemäß dem Dekret von 2004 (soweit die Maßnahme selbst das Ergebnis der Anwendung dieses Dekrets im Zeitraum Januar 2006 — Juni 2007 sein kann) gewährt wurde, eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellt und nur genehmigt werden kann, wenn sie unter eine der im EG-Vertrag vorgesehenen Ausnahmebestimmungen fällt.

6.3.   Qualifizierung der Maßnahme als neue und nicht als bestehende Beihilfe

(191)

Das Urteil des Gerichts bestätigt in Randnummer 132 eindeutig das vorläufige Ergebnis der Kommission, dass der Stromtarif eine neue Beihilfe darstellt: „[…] ist zu folgern, dass die fragliche Maßnahme nicht als bestehende Beihilfe zu betrachten ist, nicht nur, weil sie sich auf einen anderen als den bei der Entscheidung Alumix geprüften Zeitraum bezieht, sondern auch, weil sie nicht mehr in der Anwendung des im Dekret von 1995 festgelegten Stromtarifs durch ENEL besteht, der einem Marktpreis gleichzusetzen war, sondern in der Genehmigung einer Erstattung durch die Ausgleichskasse auf der Grundlage öffentlicher Mittel, um die Differenz zwischen dem von ENEL angewendeten Tarif und dem mit Dekret von 1995 festgesetzten und mit Gesetzesdekret von 2005 verlängerten Tarif auszugleichen.“

(192)

Da Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts eingelegt wurden (Rechtssache C 194/09), hält die Kommission eine umfassende Analyse der Frage unter Berücksichtigung von Artikel 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 für angebracht, in dem alle Kategorien bestehender Beihilfen aufgeführt werden.

(193)

Unbestreitbar wurde die fragliche Maßnahme nicht vor dem Beitritt Italiens zur EU durchgeführt (Ziffer i des genannten Artikels), sie kann weder als genehmigte Beihilfe betrachtet werden, da die Kommission innerhalb der vorgeschriebenen Verfahrensfristen keine Entscheidung erlassen hat (Ziffer iii), noch ist sie aufgrund des Ablaufs der Verjährungsfristen als bestehende Beihilfe zu betrachten (Ziffer iv) (91).

(194)

Gemäß Artikel 1 Buchstabe b Ziffer v der Verordnung Nr. 659/1999 gilt: „Werden bestimmte Maßnahmen im Anschluss an die Liberalisierung einer Tätigkeit durch gemeinschaftliche Rechtsvorschriften zu Beihilfen, so gelten derartige Maßnahmen nach dem für die Liberalisierung festgelegten Termin nicht als bestehende Beihilfen.“ In ihren Entscheidungen zur Einleitung des Verfahrens stützt sich die Kommission bei der Schlussfolgerung, dass der Alcoa gewährte Stromtarif eine neue Beihilfe darstellt, nicht auf diese Bestimmung. Da die Liberalisierung des Elektrizitätssektors für Unternehmen nach der Genehmigung des ursprünglichen, keine Beihilfe darstellenden Stromtarifs für Alumix erfolgte, hat die Kommission gleichwohl vollständigkeitshalber die Frage geprüft, ob die Liberalisierung für die Qualifizierung des Stromtarifs als bestehende oder neue Beihilfe relevant sein könnte. Nach dem Dafürhalten von Alcoa ist dies nicht der Fall. Die Kommission teilt die Auffassung von Alcoa (92). Die Öffnung des Elektrizitätssektors für den Wettbewerb hat den Stromtarif nicht zu einer staatlichen Beihilfe werden lassen, denn der geeignete Bezugsrahmen für die Bewertung der Alcoa gewährten Beihilfe ist nicht der Elektrizitätsmarkt (auf dem Alcoa nicht als Akteur auftritt), sondern der Markt für Primäraluminium. Im Übrigen besteht kein kausaler Zusammenhang zwischen der Liberalisierung des Elektrizitätssektors und der Entscheidung, den Stromtarif über einen obligatorischen Beitrag zu finanzieren.

(195)

Nach dem Vorbringen von Alcoa wäre unter der (hypothetischen) Annahme, dass der Stromtarif den Charakter einer Beihilfe angenommen haben könnte, diese Entwicklung aufgrund einer Änderung der Marktbedingungen, anderer externer Faktoren oder der Entwicklung des Gemeinsamen Marktes erfolgt, was eine Qualifizierung als bestehende Beihilfe rechtfertige. Deshalb hat die Kommission geprüft, ob Artikel 1 Buchstabe b Ziffer v, erster Satz der Verordnung Nr. 659/1999 auf den vorliegenden Fall Anwendung finden kann. Nach dieser Bestimmung erhalten Maßnahmen den Status einer bestehenden Beihilfe, die „aufgrund der Entwicklung des Gemeinsamen Marktes zu Beihilfen wurden, ohne dass sie eine Änderung durch den betreffenden Mitgliedstaat erfahren haben“.

(196)

Die Kommission kann keine Entwicklung des Gemeinsamen Marktes im Sinne der Auslegung des Gerichtshofs (93) erkennen, d. h. keine „Änderung der wirtschaftlichen und rechtlichen Gegebenheiten in dem von der fraglichen Maßnahme betroffenen Sektor“, die den Stromtarif zur Beihilfe hätte werden lassen. Auch Alcoa konnte weder eine solche Änderung erkennen noch einen kausalen Zusammenhang mit der Änderung der Natur des Stromtarifs nachweisen. Selbst unter der Annahme, dass eine solche Entwicklung des Gemeinsamen Marktes stattgefunden hätte, würde dies die Beurteilung der in Rede stehenden Maßnahme nicht berühren: der durch den hypothetischen Faktor „Entwicklung des Gemeinsamen Marktes“ begründete Status einer bestehenden Beihilfe könnte jedenfalls nicht über den Zeitpunkt hinaus andauern, zu dem ein Mitgliedstaat eine substanzielle Änderung der Maßnahme (Finanzierungsmechanismus auf der Grundlage staatlicher Ressourcen) durchführt, auch im Hinblick auf das zweite Kriterium des Artikels 1 Buchstabe b Ziffer v erster Satz der Verordnung Nr. 659/1999. Da der hier in Rede stehende Zeitraum jedoch erst nach dieser Änderung einsetzte, kann die Entwicklung des Gemeinsamen Marktes für die Beurteilung nicht relevant sein. Ebenso irrelevant wäre ein Faktor „Entwicklung“, der nach der Einführung des neuen Finanzierungsmechanismus einsetzte, denn dann hätte die Maßnahme bereits während der „Entwicklung“ eine staatliche Beihilfe dargestellt. Somit kann das Argument von Alcoa zurückgewiesen werden.

(197)

Schließlich hat die Kommission geprüft, ob der Alcoa gewährte Stromtarif auf der Grundlage von Artikel 1 Buchstabe b Ziffer ii der Verordnung 659/1999 („Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die von der Kommission oder vom Rat genehmigt wurden“) als bestehende Beihilfe betrachtet werden kann. Die Argumentation von Alcoa und Italien gründet auf der angeblich unbefristeten Gültigkeit der Entscheidung Alumix, die den Alcoa eingeräumten Stromtarif aufgrund der genannten Vorschrift zu einer bestehenden Beihilfe mache.

(198)

Alcoa und Italien machen geltend, die Entscheidung Alumix sei zeitlich nicht befristet gewesen (vgl. Erwägungsgründe 93 und 119). Die Kommission sei in dieser Entscheidung zu der — zeitlich nicht begrenzten — Schlussfolgerung gelangt, dass der Alcoa gewährte Stromtarif keine Beihilfe darstelle. Im Übrigen stelle nur die Verlängerung einer bestehenden Beihilfe eine neue Beihilfe dar, nicht aber die Verlängerung einer Maßnahme, die keine Beihilfe ist. Wenn nun die Kommission ihre Beurteilung ändere und zu dem Schluss gelange, die Maßnahme sei doch eine staatliche Beihilfe, dann müsse der Alcoa bis dahin gewährte Stromtarif in jedem Fall als „bestehende Beihilfe“ gelten bzw. auf der Grundlage der Rechtsprechung zu den Koordinationszentren mit Sitz in Belgien (94) Anspruch auf die „Behandlung als bestehende Beihilfe“ haben, und eine Rückzahlung sei auszuschließen (vgl. Erwägungsgrund 94).

6.3.1.   Zeithorizont der Entscheidung Alumix

(199)

Es liegt in der Natur der Sache, dass eine Entscheidung der Kommission über das Nichtvorliegen einer staatlichen Beihilfe zeitlich begrenzt ist, wenn sie auf dem Test des marktwirtschaftlich handelnden Akteurs basiert und eine vorausschauende Bewertung der Marktbedingungen beinhaltet, die bei korrekter Durchführung nur für eine begrenzte Zeitspanne Geltung haben kann (95). Diese zeitliche Begrenzung bedeutet jedoch nicht, dass die Kommission davon ausgeht, dass die Maßnahme nach Ablauf des in der Entscheidung genannten Zeitraums zwangsläufig zu einer Beihilfe wird.

(200)

Die Entscheidung Alumix basierte auf dem Dekret von 1995, in dem der Stromtarif für einen Zeitraum von 10 Jahren mit der ausdrücklichen Bestimmung eingeführt wurde, dass er am 31. Dezember 2005 wieder abgeschafft werde. Dazu hatte die Kommission eine umfassende Bewertung der Preise und Entwicklungen im Stromsektor über einen Zeitraum von zehn Jahren vorgenommen; dies geht aus den Tabellen hervor, die integraler Bestandteil der Entscheidung sind und die den von Alcoa zu entrichtenden Preis nur bis zum Jahr 2005 enthalten. Die ermittelten Preise und Entwicklungen können sich naturgemäß ändern, und die Kommission hätte gerade auch vor dem Hintergrund der schrittweisen Liberalisierung der Energiemärkte keine unbefristete Erklärung abgeben können, dass die fragliche Maßnahme keine Beihilfe darstellt.

(201)

Deshalb sind die Schlussfolgerungen der Entscheidung nur im Sinne einer zeitlichen Begrenzung bis 2005 zu verstehen. Dies erkennt der Gerichtshof eindeutig in den Randnummern 105 und 106 des Urteils an, das die Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens von 2006 bestätigt (96).

(202)

Ebenfalls zurückzuweisen ist das Vorbringen Italiens, die Entscheidung Alumix sei bewusst ohne zeitliche Begrenzung erfolgt, um der Notwendigkeit einer langfristigen Maßnahme Rechnung zu tragen (Erwägungsgrund 119). Der Absatz der Entscheidung Alumix, auf den Italien rekurriert („Die Umstrukturierung und Wiederherstellung der Lebensfähigkeit der Alumix-Betriebe gewährleistet, dass die Entwicklung dieser Gebiete nicht nur kurzzeitig, sondern auf Dauer erfolgt“), bezieht sich nicht auf die Tarife, die nicht als staatliche Beihilfe gewertet wurden, sondern auf andere Umstrukturierungsbeihilfen zugunsten von Alumix. Außerdem wird in dem fraglichen Absatz lediglich konstatiert, dass die weitere Präsenz von Alumix zur dauerhaften Entwicklung der Gebiete beitragen werde, und er kann nicht in der von Italien nahe gelegten Weise ausgelegt werden.

(203)

Angesichts der Befristung der Gültigkeit der Entscheidung Alumix auf den 31. Dezember 2005 bleibt im Einklang mit der Rechtsprechung zu Diputacion Foral de Alava (97) festzuhalten, dass der ab dem 1. Januar 2006 gemäß Artikel 11 Absatz 11 des Gesetzes Nr. 80/2005 angewendete Stromtarif aufgrund der Änderung der Geltungsdauer der Maßnahme als eine neue Beihilfe anzusehen ist.

6.3.2.   „Änderung der Umstände“, die die Gültigkeit der Entscheidung Alumix in Frage stellen könnte

(204)

Die Kommission hat das Vorbringen von Alcoa geprüft, es sei zu keiner Zeit eine „Änderung der Umstände“ eingetreten, die geeignet war, die Wirksamkeit der Entscheidung Alumix zu beenden, da weder die Liberalisierung des Marktes noch die der Ausgleichskasse zugewiesene Rolle Auswirkungen auf den von Alcoa gezahlten Preis gehabt hätten. Da dieser Preis auch weiterhin den für Alumix geltenden Kriterien entsprochen habe, sei die Schlussfolgerung der Kommission, dass die Maßnahme keine Beihilfe darstellt, auch weiterhin vollumfänglich gültig (vgl. Erwägungsgrund 93).

(205)

Eine Prüfung des Sachverhalts ergibt jedoch, dass das von der Kommission im Fall Alumix genehmigte Tarifsystem sehr wohl eine grundlegende Änderung erfahren hat, die Alcoa als rein verwaltungstechnisches Detail darzustellen versucht, nämlich den Übergang von einem Tarif, der von einem Stromversorger zu Marktpreisen festgesetzt wurde, hin zu einem Tarif, der dies nur noch dem Namen nach ist und das Resultat einer staatlichen Subvention darstellt.

(206)

Es ist insofern schwerlich nachvollziehbar, dass diese „rein formelle“ Änderung „den Kern des genehmigten Tarifs nicht berührt“, als der neue Finanzierungsmechanismus eine Modifizierung der wirtschaftlichen Bedingungen herbeigeführt hat, auf denen die Entscheidung Alumix beruhte.

(207)

Es genügt der Hinweis, dass sich die Bewertung im Fall Alumix auf das Verhalten des Stromversorgers ENEL bezog. Der ermäßigte Stromtarif hatte keinen Vorteil für Alcoa zur Folge, da die Kommission beim Test des marktwirtschaftlich handelnden Akteurs zu dem Schluss kam, dass es für ENEL eine rationale Handlung darstellte, den Strom zum fraglichen Preis zu verkaufen. Jedoch verliert das Kriterium des marktwirtschaftlichen Handelns in dem Augenblick an Bedeutung, in dem der Tarif nicht mehr freiwillig von ENEL angeboten wird (das weiter den normalen Preis erzielt), sondern das Ergebnis einer Ausgleichszahlung durch den Staat ist. In diesem neuen System hat das Verhalten des Stromversorgers keine Bedeutung mehr.

(208)

Zudem stellt der zum 1. Januar 2006 eingeführte Indexierungsmechanismus mit einer Begrenzung der jährlichen Steigerung des von Alcoa zu zahlenden Tarifs auf 4 % (vgl. Erwägungsgrund 49) eine weitere substanzielle Änderung des ursprünglichen Tarifsystems dar, die sich kaum als marktkonform bezeichnen lässt, da ab dem Jahr 2005 bis zur Wirtschaftskrise Ende 2008 die Strompreise kontinuierlich gestiegen sind.

(209)

Entgegen dem Vorbringen von Alcoa kann aus dem Sachverhalt, dass der von Alcoa auf der Grundlage der neuen Regelung bis Ende 2005 gezahlte Preis identisch sei mit dem Preis, der gemäß der Entscheidung Alumix keine Beihilfe darstellte, nicht der Schluss gezogen werden, es sei keine substanzielle Änderung der Maßnahme erfolgt; in diesem Zusammenhang wird auf die Schlussanträge von Generalstaatsanwalt Fennelly in der Rechtssache Republik Italien und Sardegna Lines gegen die Kommission (98) verwiesen. Zur Frage, was eine substanzielle Änderung einer Beihilfemaßnahme darstellt, erklärte Generalstaatsanwalt Fennelly: „Die Einführung einer völlig neuen Methode zur effektiven Gewährung des gleichen Beihilfenniveaus stellte offensichtlich eine erhebliche Umgestaltung der ursprünglichen Regelung dar.“ Der beanstandete Tarif ist deshalb eine völlig andere Maßnahme als diejenige, die Gegenstand der Entscheidung Alumix war. Somit sind die Schlussfolgerungen zu Alumix für den vorliegenden Fall irrelevant, selbst wenn man unterstellte, die Entscheidung Alumix wäre zeitlich nicht begrenzt gewesen.

(210)

Aus den gleichen Gründen ist die von Alcoa angeführte Rechtsprechung zu den Koordinationszentren mit Sitz in Belgien keine zuverlässige Grundlage für die Forderung, die gleichen Verfahrensgarantien anzuwenden, wie sie für bestehende Beihilfen gelten. Dieses Urteil bezieht sich auf Fälle, in denen die Kommission ihre Beurteilung einer Beihilferegelung ändert, die sie zuvor nicht als staatliche Beihilfe eingestuft hatte. In Randnummer 77 des Urteils legt der Gerichtshof den Grundsatz fest, dass die Kommission in solchen Fällen das Verfahren anzuwenden hat, das für die Überprüfung bestehender Beihilfen vorgesehen ist. Dieser Grundsatz gilt aber nur, wenn an der Beihilferegelung keine substanziellen Änderungen vorgenommen wurden. Im vorliegen Fall wurde das Tarifsystem für Alcoa vom Mitgliedstaat substanziell verändert (vgl. Erwägungsgründe 205-208). Die Kommission rückt also nicht von ihrer vorherigen Beurteilung derselben Maßnahme ab, sondern bewertet vielmehr eine andere Maßnahme.

(211)

Die beschriebenen Änderungen können nicht von der ursprünglichen Regelung abgetrennt werden, weil sie den Kern des Finanzierungsmechanismus berühren, sodass der beanstandete Tarif insgesamt eine Beihilfe darstellt; siehe hierzu auch die Rechtsprechung in der Rechtssache Gibraltar (99).

6.3.3.   Schlussfolgerungen zur Definition des Tarifs als neue Beihilfe

(212)

Unter Würdigung der vorstehenden Ausführungen vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Verlängerung des Alcoa gewährten Tarifs eine neue Beihilfe darstellt, deren Beginn auf den 1. Januar 2006 beziehungsweise auf das Datum des Inkrafttretens des Gesetzes Nr. 80/2005 zu datieren ist.

6.4.   Rechtmäßigkeit der Beihilfe

(213)

Nach Artikel 88, Absatz 3 EG-Vertrag müssen die Mitgliedstaaten die Kommission von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen unterrichten und dürfen die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat.

(214)

Da Italien Artikel 11 Absatz 11 des Gesetzes Nr. 80/2005 nicht angemeldet hat, ist die Beihilfe rechtswidrig.

6.5.   Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt

(215)

In Abweichung vom allgemeinen Beihilfeverbot gemäß Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag kann eine Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden, wenn sie die Voraussetzung für eine der im Vertrag genannten Ausnahmen erfüllt.

(216)

Die Alcoa gemäß Artikel 11 Absatz 11 des Gesetzes Nr. 80/2005 gewährte staatliche Beinhilfe kann als Betriebsbeihilfe eingestuft werden, die mit dem Gemeinsamen Markt grundsätzlich nicht vereinbar ist. In der Rechtssache Italien/Kommission (100) befand der Gerichtshof, dass die streitige Beihilfe, die ohne besondere Bedingung und nur entsprechend der verwendeten Mengen gewährt wurde, als eine Betriebsbeihilfe für die betroffenen Unternehmen anzusehen sei und dass sie als solche die Handelsbedingungen in einer Weise verändere, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufe.

(217)

Auch in der Rechtssache Siemens/Kommission (101) hielt das Gericht erster Instanz an dem Grundsatz fest, dass „Betriebsbeihilfen, also Beihilfen, mit denen ein Unternehmen von den Kosten befreit werden soll, die es normalerweise im Rahmen seiner laufenden Verwaltung oder seiner üblichen Tätigkeiten hätte tragen müssen, grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 92 Absatz 3 [nunmehr Artikel 87 Absatz 3] fallen […] Nach der Rechtsprechung verfälschen diese Beihilfen nämlich grundsätzlich die Wettbewerbsbedingungen in den Sektoren, in denen sie gewährt werden, ohne insoweit ihrer Natur nach geeignet zu sein, einen der in den genannten Ausnahmebestimmungen festgesetzten Zwecke zu erreichen“.

(218)

Es gibt jedoch klar definierte Situationen, in denen die Gewährung einer Betriebsbeihilfe möglich ist. Insbesondere können Betriebsbeihilfen, die auf den Schutz der Umwelt abstellen, auf der Grundlage des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Umweltschutzbeihilfen gewährt werden (102). Auch können Betriebsbeihilfen in Fördergebieten in Ausnahmefällen als Regionalbeihilfen genehmigt werden. Die Kommission hat geprüft, ob der für Alcoa festgesetzte Tarif unter eine der genannten Kategorien fallen könnte.

(219)

Im Hinblick auf die Genehmigung des Tarifs als Umweltschutzbeihilfe schließt die Kommission diese Möglichkeit aus, da der in Rede stehende Tarif keine ökologischen Zielsetzungen verfolgt.

6.5.1.   Vereinbarkeit mit den Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung (Sardinien)

(220)

In Ausnahmefällen können Betriebsbeihilfen in Fördergebieten gewährt werden, die aufgrund der Ausnahmebestimmungen in Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a EG-Vertrag vorgesehen sind. Während des fraglichen Zeitraums war die Region Veneto, in der die Anlage Fusina liegt, gemäß dem genannten Artikel nicht beihilfeberechtigt. Die Region Sardinien hingegen war bis Ende 2006 beihilfeberechtigt. Die Kommission hat deshalb geprüft, ob der Vorzugstarif für die Anlage in Portovesme auf der Grundlage der Regionalleitlinien von 1998 (103) bis zu diesem Datum genehmigt werden könnte.

(221)

Gemäß Ziffer 4.15 der Regionalleitlinien können Betriebsbeihilfen ausnahmsweise genehmigt werden, i) wenn sie aufgrund ihres Beitrags zur Regionalentwicklung und ihrer Art nach gerechtfertigt sind, und ii) wenn ihre Höhe den auszugleichenden Nachteilen angemessen ist. Es obliegt den Mitgliedstaaten, die Existenz und den Umfang solcher Nachteile nachzuweisen. Gemäß Ziffer 4.17 der Regionalleitlinien müssen die Betriebsbeihilfen zeitlich begrenzt und degressiv gestaffelt sein.

(222)

Italien macht geltend (vgl. Erwägungsgrund 125), das in der Entscheidung Alumix anerkannte und weiterhin bestehende Problem der hohen Stromkosten bei der Herstellung von Aluminium auf Sardinien und im Veneto rechtfertige die Verlängerung des Tarifs.

(223)

In der Entscheidung Alumix wurde der Tarif für den Zeitraum 1996-2005 nicht etwa als Regionalbeihilfe anerkannt, sondern es wurde festgestellt, dass es sich nicht um eine Beihilfe handelte. Somit ist das Vorbringen nicht haltbar, die Kommission habe in der Entscheidung Alumix anerkannt, dass die Gewährung einer Betriebsbeihilfe auf der Grundlage regionaler Erwägungen gerechtfertigt sei.

(224)

Gemäß Ziffer 2 der Regionalleitlinien können „eine einzelne Ad-hoc-Beihilfe zugunsten nur eines Unternehmens oder Beihilfen, die auf einen einzigen Wirtschaftszweig begrenzt sind, erhebliche Auswirkungen auf den Wettbewerb in dem betroffenen Markt haben, tragen jedoch möglicherweise nur geringfügig zur regionalen Entwicklung bei (…) Infolgedessen werden die genannten Freistellungen grundsätzlich nur für sektorenübergreifende Beihilferegelungen gewährt, die in dem jeweiligen Gebiet sämtlichen Unternehmen der betreffenden Wirtschaftszweige zugänglich sind.“ Ein selektiv nur einzelnen Unternehmen des Metallurgiesektors gewährter Stromtarif widerspricht eindeutig dem Geist des Regelungsrahmens für Beihilfen mit regionaler Zweckbestimmung, demzufolge diese Beihilfen multisektorieller Natur sein müssen. Da jedoch kein absolutes Verbot von Ad-hoc-Beihilfen besteht, hat die Kommission geprüft, ob die Gewährung des in Rede stehenden Stromtarifs durch außergewöhnliche Umstände gerechtfertigt wäre.

(225)

Insbesondere hat die Kommission die von Italien und Alcoa dokumentierten Probleme des sardischen Stromsektors untersucht.

6.5.1.1.   Der sardische Strommarkt im italienischen Kontext

(226)

Der italienische Strommarkt ist generell durch eine hohe Konzentration gekennzeichnet, mit einer etwas geringeren Ausprägung im Norden des Landes. Marktbeherrschender Stromlieferant ist in allen Regionen der Ex-Monopolist ENEL, mit Ausnahme von Sardinien, wo ENEL zusammen mit E.ON eine Duopolstellung innehat. ENEL besitzt eine erhebliche Marktmacht und hat diese laut der italienischen Wettbewerbsbehörde im Zeitraum 2004-2005 missbraucht. Die landesweit generell hohen Strompreise hängen damit zusammen, dass der Energiemix auf fossilen Brennstoffen (vorwiegend Erdgas) basiert, keine Kernkraftwerke vorhanden sind und bei den Verbindungskapazitäten mit dem Rest Europas Netzengpässe bestehen.

(227)

In Sardinien, auf das 4,1 % der installierten Leistung in Italien entfallen (104), wird der Strom hauptsächlich in Wärmekraftwerken erzeugt, die mit fossilen Brennstoffen (Kohle, Diesel, Raffinerierückstände) betrieben werden. Auf der Insel existiert keine Infrastruktur zur Verteilung von Erdgas.

(228)

Das Überangebot an Strom auf Sardinien, insbesondere im hochpreisigen Segment (Dieselkraftwerke), ist auf nie realisierte Pläne der Regierung zurückzuführen, die Schwerindustrie des Landes auf dieser Insel zu konzentrieren. Das hatte seinerzeit den Stromversorger ENEL dazu veranlasst, erhebliche Investitionen in Stromerzeugungsanlagen zu tätigen. Die Stromübertragung von Sardinien zum italienischen Festland ist unter anderem durch die bescheidene Kapazität der Verbindung (105) begrenzt, wodurch es häufig zu Netzengpässen kommt.

(229)

Die Stromversorgung auf Sardinien ist zu 95 % in der Hand der beiden Versorger ENEL und E.ON (auf E.ON entfallen ca. 58 %, auf ENEL ca. 42 %). Gemäß der Untersuchung der Wettbewerbssituation im Stromsektor (106) lässt sich Sardinien als Duopol mit „kollektiver Dominanz“ bezeichnen. Die Marktkonzentration ist hoch, wenn auch nicht die höchste in ganz Italien (107). Da E.ON und ENEL praktisch alle Mittel- und Spitzenlastkraftwerke kontrollieren, bestimmen sie den Strompreis praktisch für alle Stunden. Trotzdem erscheint die Situation auf Sardinien weniger kritisch als im Süden Italiens (108), wo ENEL den Preis für alle Stunden festlegt.

(230)

Die Großhandelspreise für Strom in Italien zählen zu den höchsten in Europa (109), und die Preise auf Sardinien zu den höchsten in Italien. 2007 lag der „nationale Einheitspreis“ (prezzo unico nazionale PUN) bei 70,99 EUR pro MWh, der mittlere Preis für die Zone Sardinien bei 75 EUR pro MWh (2006: 80 EUR/MWh) (110). In den Jahren 2008 und 2009 hat sich die Tendenz zur Preissteigerung auf Sardinien fortgesetzt. Im ersten Halbjahr 2009 lag der mittlere Preis hier konstant über dem landesweiten Preis (106,60 EUR/MWh gegenüber einem PUN von 60,50 EUR/MWh). Informationen über Strompreise auf der Grundlage bilateraler Vereinbarungen auf Sardinien liegen nicht vor, da diese Daten nicht öffentlich zugänglich sind und Italien hierzu keine Angaben vorgelegt hat (vgl. Erwägungsgrund 63).

(231)

Insgesamt ist der Strommarkt auf Sardinien durch eine Reihe von Problemen gekennzeichnet (die zum Teil jedoch in ganz Italien anzutreffen sind), nämlich: hohe Preise, hoher Konzentrationsgrad des Marktes, marktbeherrschende Stellung der Hauptakteure, Kapazitätsüberschuss im kostenintensiven Segment, relative Ineffizienz der veralteten Erzeugungsanlagen, fehlende Infrastruktur zur Verteilung von Erdgas, gelegentliche Netzengpässe.

6.5.1.2.   Beitrag zur regionalen Entwicklung

(232)

Zunächst ist zu prüfen, ob die genannten Probleme gravierende Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung Sardiniens haben. Die Strompreise auf der Insel sind hoch und die Verbindungskapazitäten begrenzt. In der Sache C 34/02 (111) hat die Kommission nicht anerkannt, dass das Fehlen eines Versorgungsnetzes ein Nachteil für die Entwicklung der KMU sei.

(233)

Zwar sind KMU faktisch weniger stark von hohen Strompreisen betroffen als die großen stromintensiven Branchen, doch können die Interessen eines einzelnen Sektors nicht automatisch mit denen einer Region gleichgestellt werden. Mit anderen Worten: In einem Fördergebiet können Betriebsbeihilfen nicht genehmigt werden, wenn nur ein Sektor von Schwierigkeiten betroffen ist; vielmehr muss nachgewiesen werden, dass die Beihilfen dauerhaft zur regionalen Entwicklung beitragen. Die Kommission ist der Auffassung, dass Italien die auf die Situation am sardischen Strommarkt zurückzuführende regionale Benachteiligung nicht hinreichend nachgewiesen hat.

(234)

Selbst wenn eine regionale Benachteiligung vorläge, müssten die in den Regionalleitlinien festgelegten Kriterien erfüllt sein. Die Beihilfe muss dauerhaft zur regionalen Entwicklung beitragen und in einem angemessenen Verhältnis zu den auszugleichenden Nachteilen stehen.

(235)

Im vorliegenden Fall wurde nicht plausibel dargelegt, dass die genannte Betriebsbeihilfe einen dauerhaften Beitrag zur regionalen Entwicklung leistet. Selbst unter der Hypothese, dass der Weiterbetrieb der Aluminiumhütten von Alcoa (oder anderer durch den Vorzugsstromtarif Begünstigter) zur Beschäftigung und zur Aufrechterhaltung des Verarbeitenden Gewerbes auf Sardinien beitragen würde, wären diese Auswirkungen nicht von langfristiger Natur. Denn wie Alcoa ausführt, hätte die Aufhebung des Vorzugstarifs die sofortige Schließung der Anlage in Portovesme zur Folge. Die italienischen Behörden wollen den Vorzugstarif jedoch als befristete Maßnahme verstanden wissen, die nur bis zur 2010 anvisierten Fertigstellung der laufenden Infrastrukturprojekte zum Ausbau der Energieerzeugung und des Verbindungsnetzes (der Gasleitung GALSI und des Hochspannungs-Seekabels SAPEI) gewährt werden soll. Es ist nun zu prüfen, ob die genannte strukturelle Entwicklung geeignet ist, die Strompreise auf ein Niveau zu senken, das den Bedürfnissen der Aluminiumhersteller entspricht. Nach Ansicht der Kommission wird die neue Infrastruktur auf Sardinien die Erzeugung und den Verkauf von Elektrizität zu einem Preis ermöglichen, der in etwa dem auf dem italienischen Festland entspricht, und damit zur Beseitigung der Regionalgefälles beitragen. Die Kommission kann jedoch nicht erkennen, wie sich durch die genannten Projekte eine Senkung des Strompreises auf ein Niveau von 30 EUR/MWh bewerkstelligen ließe, das Alcoa zufolge notwendig ist, damit der Betrieb einer Aluminiumhütte wirtschaftlich ist.

(236)

Die Kommission stellt weiter fest, dass ein Beitrag des Staates zur Senkung der Stromkosten für Großkunden nicht dazu führt, dass die Stromversorger zur Bindung ihrer wichtigsten Kunden die Preise senken, und auch eine Verschlechterung der Kostenstrukturen nicht verhindert. Vielmehr werden die Stromversorger dadurch veranlasst, ihre Marktmacht zu nutzen. Denn selbst wenn es zuträfe, dass vor dem Hintergrund der Überkapazitäten Alcoa normalerweise in der Lage sein müsste, einen konkurrenzfähigen Preis auszuhandeln, wenn dies nicht durch die Marktmacht der Stromversorger verhindert würde (die ein Interesse an der Beibehaltung hoher Preise haben können, vgl. die Erwägungsgründe 121 bzw. 99), so hält die Kommission doch an ihrer Auffassung fest, dass ein Vorzugstarif nicht das geeignete Instrument ist, um dieser Marktmacht entgegenzutreten.

(237)

Im Übrigen ist anzumerken, dass die Entscheidung Alumix auf der gegenteiligen Annahme begründet war, nämlich dass Großkunden wie Alcoa durch ihre starke Verhandlungsposition gegenüber ENEL durchaus eine gewisse Marktmacht besäßen, die ENEL, wenn es ein privatwirtschaftlich geführtes Unternehmen gewesen wäre, dazu veranlasst hätte, den Preis zu senken.

6.5.1.3.   Verhältnismäßigkeit

(238)

Die Alcoa gewährte Unterstützung ist erheblich höher als jede mögliche Spreizung der Strompreise für diese Kundenkategorie zwischen dem italienischen Festland und Sardinien. Daher ist die Verhältnismäßigkeit des Vorzugstarifs im Hinblick auf die regionale Benachteiligung, die er ausgleichen sollte, nicht gegeben.

6.5.1.4.   Degressive Staffelung

(239)

Regionale Betriebsbeihilfen müssen degressiv gestaffelt sein (vgl. Ziffer 4.17 der Regionalleitlinien). Die italienische Strom- und Gasregulierungsbehörde AEEG legte den mit Artikel 11 Absatz 11 des Gesetzes Nr. 80/2005 eingeführten Indexierungsmechanismus des von Alcoa zu zahlenden Tarifs dahingehend aus (vgl. Erwägungsgründe 49 und 50), dass der Stromtarif jährlich um einen Prozentsatz angehoben wird, der die Entwicklung der Energiepreise in der EU widerspiegelt, jedoch nur bis zu einer Obergrenze von 4 %. Dieser Tarif ist also nur dann degressiv, wenn die Nettodurchschnittspreise in der EU real sinken (da der Tarif für Alcoa nicht sinken, sondern ausschließlich steigen kann). In allen anderen Fällen ist der Tarif progressiv und mit einem wachsenden Vorteil für Alcoa verbunden (112). In einem Kontext rasch steigender Preise in der EU hat sich die Alcoa gewährte Beihilfe seit Einführung des in Rede stehenden Tarifs in realen Werten kontinuierlich erhöht.

6.5.1.5.   Schlussfolgerungen zur Vereinbarkeit der Maßnahme als Regionalbeihilfe für Sardinien

(240)

Angesichts dieser Sachverhalte kann die Verlängerung des in Rede stehenden Vorzugstarifs nach Auffassung der Kommission nicht als Regionalbeihilfe auf der Grundlage der Regionalleitlinien von 1998 angesehen werden. Da Sardinien im Zeitraum 2007-2013 nicht länger als Fördergebiet im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a gilt, ist eine Prüfung der Vereinbarkeit der Maßnahme anhand der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung 2007—2013 nicht erforderlich.

6.5.2.   Weitere Erwägungen zur Vereinbarkeit (Veneto und Sardinien)

(241)

Italien und Alcoa machen geltend, der fragliche Tarif diene dem Ausgleich der Defizite der Strommärkte, aufgrund derer noch keine wettbewerbsfähigen Preise möglich seien. Die Wettbewerbsfähigkeit der stromintensiven Industriezweige, zu denen auch die Erzeugung von Primäraluminium zähle, werde durch hohe Strompreise bedroht. Die Beihilfe trage dazu bei, eine Verlagerung der Standorte nach außerhalb Europas zu verhindern. Sie habe insofern einen Anreizeffekt, als das Unternehmen im gegenteiligen Fall, d. h. ohne die Beihilfe, die Anlagen auf Sardinien und im Veneto werde schließen müssen.

(242)

Hierzu ist Folgendes zu bemerken. Streng genommen können die Schwächen und Defizite der Strommärkte nicht als Marktversagen betrachtet werden, denn Marktversagen bedeutet, dass ein wettbewerbsorientierter Markt nicht aus sich heraus in der Lage ist, ein wirklich sozialverträgliches Resultat zu erzielen; im vorliegenden Fall besteht das Problem aber darin, dass die Märkte nicht hinreichend wettbewerbsfähig sind. Die Lösung kann nur in mehr — und nicht in weniger — Wettbewerb liegen, d. h. in der Schaffung eines echten integrierten Energiemarktes. Die Festsetzung der Stromtarife durch den Staat bewirkt in der Regel das Gegenteil, sie schafft Hemmnisse und verhindert den Zugang neuer Akteure zum Markt, behindert somit die Integration. Deshalb vertritt die Kommission den Standpunkt, dass eine in Form künstlich niedriger Vorzugstarife gewährte Betriebsbeihilfe kein geeignetes Instrument darstellt, um die Defizite der Energiemärkte zu beseitigen.

(243)

Im Übrigen schlagen Expertengremien wie die Hochrangige Gruppe für Wettbewerbsfähigkeit, Energie und Umwelt in ihren häufig zitierten Schlussfolgerungen (Erwägungsgründe 78 und 124) keineswegs vor, Probleme der Wettbewerbsfähigkeit aufgrund hoher Energiepreise durch spezifische staatliche Beihilfen zu lösen, sondern betonen die Notwendigkeit der uneingeschränkten Einhaltung der Regelungen zu staatlichen Beihilfen (113).

(244)

Da die Kommission bereits in ihrer Entscheidung zur Sache Terni (114) Zweifel an einer Argumentation geäußert hat, die auf die Verknüpfung von Beihilfemaßnahmen mit dem Ziel der Verhinderung einer Standortverlagerung von Industriezweigen nach außerhalb der EU abstellt, ist eine weitere Vertiefung der Analyse in der vorliegenden Entscheidung nicht erforderlich.

(245)

Wegen der gegenwärtig niedrigen Weltmarktpreise für Aluminium aufgrund des Nachfragerückgangs im Zusammenhang mit der allgemeinen Wirtschaftskrise ist es möglich, dass die von Alcoa in Italien betriebenen Anlagen ohne den Vorzugstarif zumindest kurzfristig nicht rentabel arbeiten oder Verluste machen. Auch eine völlige Stilllegung der Anlagen ist nicht auszuschließen, wobei eine solche Entscheidung allerdings auch von anderen Faktoren beeinflusst sein wird, z. B. von den sozialen und ökologischen Kosten einer Schließung oder vom Kosten- und Zeitaufwand für den Aufbau neuer Kapazitäten, um einen Verlust von Marktanteilen zu verhindern.

6.5.3.   Der Vorschlag eines virtuellen Kraftwerks (Sardinien)

(246)

Mit Schreiben vom 19. Januar 2007 (nachstehend „Schreiben von 2007“) haben die Dienststellen der Generaldirektion Wettbewerb der Kommission das Konzept einer Übergangsmaßnahme in Form einer schrittweisen Reduzierung des auf Sardinien gewährten Stromtarifs erkundet; dies erfolgte in Erwägung des Umstands, dass die Situation auf dem sardischen Markt (unter anderem aufgrund der Insellage, der begrenzten Verbindungsmöglichkeiten zum italienischen Festland und der ungünstigen Wettbewerbsbedingungen) die Gewährung einer Betriebsbeihilfe in Form eines Vorzugstarifs für einen Übergangszeitraum („Phasing-out“) von zwei Jahren (115) ausnahmsweise zu rechtfertigen schienen, wenn im Gegenzug Maßnahmen zur Erhöhung des Wettbewerbs auf dem sardischen Markt in Form der Einrichtung eines virtuellen Kraftwerks (Virtual Power Plant VPP) (116) ergriffen würden. Die Anlage im Veneto wurde in diesem Schreiben explizit ausgeschlossen (117).

(247)

Im Schreiben von 2007 wurde ausgeführt, dass ein geeignetes VPP die Abtretung von virtueller Erzeugungskapazität an dritte Stromlieferanten vorsehen, etwa 25 % des Strombedarfs auf Sardinien abdecken und eine Laufzeit von mindestens 5 Jahren haben müsse. Darüber hinaus wurde die rasche Aufnahme einer Zusammenarbeit zwischen den Dienststellen der Generaldirektion Wettbewerb der Kommission und den italienischen Behörden vorgeschlagen, um die Modalitäten des VPP im Einzelnen festzulegen.

(248)

Mit erheblicher zeitlicher Verzögerung übertrug Italien der Strom- und Gasregulierungsbehörde AEEG am 9. Juli 2009 durch den Erlass entsprechender Rechtsvorschriften die Befugnis, einen solchen Mechanismus einzurichten. Am 17. August 2009 legte die AEEG per Beschluss (Delibera ARG/elt 115/09) die Bestimmungen zur Einrichtung des VPP fest. Die Modalitäten stehen im Einklang mit den im Schreiben von 2007 festgelegten Kriterien. Die Abschaffung des Tarifs soll drei Monate nach Inbetriebnahme des VPP erfolgen, spätestens aber bis zum 31. Dezember 2009.

6.5.3.1.   Beschreibung des italienischen VPP

(249)

Gemäß den detaillierten Bestimmungen der AEEG müssen sowohl ENEL als auch E.ON virtuelle Kapazitäten an Akteure abtreten, die mit keinem der beiden Unternehmen in Verbindung stehen. Die Höhe der abzutretenden Kapazitäten (ENEL: 225 MW, E.ON: 150 MW) wurde entsprechend der jeweiligen Marktmacht der beiden etablierten Stromlieferanten festgelegt. Das VPP wird mindestens 25 % des Strombedarfs auf Sardinien abdecken und eine Laufzeit von 5 Jahren haben, d. h. bis zur Fertigstellung der zurzeit laufenden Infrastrukturprojekte zur Verbesserung der Anbindung des sardischen Stromnetzes ans italienische Festland.

(250)

Die Vergabe wird allen Marktteilnehmern offen stehen, die Strom an Endverbraucher verkaufen. Die Laufzeit der angebotenen Produkte beträgt ein bzw. fünf Jahre. Die Vergabe bezieht sich auf den Zeitraum nach dem 1. Januar 2010.

(251)

Aufgrund der physikalisch-technischen Gegebenheiten des sardischen Stromnetzes ist das italienische VPP als Finanzierungsinstrument konzipiert (118). Dabei müssen die Erwerber der Erzeugungskapazitäten den Endverbrauchern die vereinbarte Strommenge nicht physisch liefern. Sie profitieren von einer automatischen Zahlung, die jedes Mal erfolgt, wenn der auf dem Day-ahead-Markt gezahlte Preis einen bestimmten Schwellenwert übersteigt. Der Vorteil des Besitzes von VPP-Kapazitäten liegt für einen bereits auf dem Markt agierenden Anbieter oder für einen neuen Anbieter, der sich einen Kundenkreis aufbauen möchte, darin, dass das VPP als Absicherungsinstrument für (andere) physisch abgewickelte Transaktionen verwendet werden kann.

(252)

Die wettbewerbsfördernde Wirkung dieser Art von VPP besteht darin, dass für die marktbeherrschenden Stromlieferanten kein Anreiz mehr besteht, die eigene Marktmacht zu nutzen, um die Preise auf dem Day-ahead-Markt hochzuhalten, da jeder mit dieser Strategie erzielte Vorteil an die Erwerber der Erzeugungskapazitäten gehen würde.

6.5.3.2.   Vereinbarkeit des Tarifs auf der Grundlage des VPP

(253)

Auch wenn das VPP wettbewerbsfördernde Auswirkungen auf dem sardischen Strommarkt zeitigen dürfte und trotz des im Januar 2007 vorgelegten Vorschlags ist die Kommission zu der Schlussfolgerung gelangt, dass das VPP im vorliegenden Fall keine hinreichende Grundlage für die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt bildet, weder für einen Übergangszeitraum nach der Einführung des VPP noch für den Zeitraum vor der Einführung des VPP; die Gründe für diese Auffassung werden im Folgenden ausführlich erläutert.

(254)

Die Kommission schließt nicht aus, dass unter ganz besonderen Umständen eine Maßnahme wie die „Liberalisierung eines Marktes“ (oder in diesem Fall treffender: eine strukturelle Maßnahme zur Verbesserung des Wettbewerbs auf einem gesetzlich liberalisierten, aber noch stark konzentrierten Markt) die Grundlage für die Vereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt darstellen kann. In diesem spezifischen Fall hat die Kommission die problematische Wettbewerbssituation auf dem sardischen Strommarkt (119), den ursächlichen Zusammenhang zwischen diesem Problem und der Beihilfe sowie die Wirksamkeit des VPP als Korrekturinstrument geprüft.

(255)

Zur Problematik des Wettbewerbs auf Sardinien ist zunächst festzustellen, dass die dortigen hohen Preise auf eine Verknüpfung mehrerer Faktoren zurückzuführen sind: die ungenügende Vernetzung mit dem Festland, die Kostenstruktur des Erzeugungsportfolios und die Marktmacht der beiden etablierten Stromerzeuger. Die durch die Insellage bedingte ungenügende Vernetzung ist kein Problem der Liberalisierung, sondern eine natürliche Folge der geografischen Gegebenheiten. Zahlreiche Mitgliedstaaten der EU sind Inseln, und das Territorium fast aller Mitgliedstaaten umfasst Inseln mit ungenügender oder fehlender Vernetzung. Die Kostenstruktur des Erzeugungsportfolios steht weder in unmittelbarem Zusammenhang mit der Funktionsfähigkeit des Strommarkts noch mit der Tatsache, dass die beiden Hauptlieferanten ihre Marktmacht nutzen. Sie hängt vielmehr mit der Verfügbarkeit der primären Energieressourcen und mit anderen physischen und geografischen Gegebenheiten zusammen, die die Investitionsentscheidungen der stromerzeugenden Unternehmen beeinflussen. Und schließlich ist ein stark konzentrierter Markt auf einer Insel wohl eher die Regel als die Ausnahme. Somit bleibt als einziger Faktor, in dem das Element des Wettbewerbs zum Tragen kommt, die Situation des Duopols, soweit sie die marktbeherrschenden Akteure dazu bewegen kann, hohe Preise festzusetzen. Dies ist jedoch nur einer der Faktoren, die zum hohen Preisniveau auf Sardinien beitragen.

(256)

Zweitens hat die Kommission eine Bewertung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Vorzugstarif und der Situation auf dem sardischen Markt vorgenommen. Der Tarif stellte zu keinem Zeitpunkt darauf ab, die Wettbewerbssituation auf Sardinien zu verbessern, denn die von Italien angemeldeten sardischen Vorzugstarife zielten auf einen begrenzten Verbraucherkreis, noch dazu auf den mit der größten Verhandlungsmacht. Italien hat selbst eingeräumt, dass die Ausgestaltung des Alcoa gewährten Tarifs mit dem Ziel erfolgte, den von diesem Unternehmen auf Sardinien gezahlten Strompreis an den Preis anzugleichen, den vergleichbare Aluminiumhersteller in anderen europäischen Ländern zahlen.

(257)

Die fragliche Beihilfe kann allenfalls zur Verschärfung der Situation beigetragen haben, die sich aus dem Duopol der Stromerzeugung ergab. Das System der Kompensationszahlungen, aus dem die in Rede stehende Maßnahme besteht, gab Alcoa insofern keinerlei Anreize, die eigene Nachfragemacht zur Senkung der Stromkosten zu nutzen, als das Interesse des Unternehmens an einer Stromversorgung zu möglichst geringen Kosten durch die Ausgleichszahlungen befriedigt wurde und nicht durch Nutzung der eigenen Verhandlungsposition auf dem Endkundenmarkt als wichtiger Stromverbraucher auf Sardinien. Dadurch, dass für Alcoa der Anreiz verringert wurde, mit dem etablierten Stromversorger andere als die von diesem angebotenen Bedingungen für die Stromlieferung auszuhandeln, können die Ausgleichszahlungen in gewissem Maße den Wettbewerb auf dem Endkundenmarkt zum Schaden aller Stromverbraucher negativ beeinflusst haben, da sie zur Stärkung der finanziellen Position des etablierten Versorgers beitrugen.

(258)

Drittens scheint die beabsichtigte Verbesserung der Voraussetzungen für einen wirksamen Wettbewerb durch Einrichtung eines VPP bezogen auf Umfang und Intensität der gewährten Beihilfe nicht angemessen zu sein. Vielmehr dürften die positiven Auswirkungen dieser Maßnahme auf den sardischen Markt eher begrenzt sein. Die Maßnahme wird sich ausschließlich auf das Verhalten der marktbeherrschenden Versorger auswirken, denn ein als Finanzierungsinstrument eingesetztes VPP wie das in Italien kann keine Auswirkungen auf die Vernetzung oder die Erzeugungskosten zeitigen und zielt, anders als ein „Tolling Agreement“, auch nicht darauf ab, eine strukturelle Veränderung des Marktes auf der Ebene der Erzeugung herbeizuführen.

(259)

Viertens verzerrt die Beihilfe den Wettbewerb auf dem Markt für Primäraluminium, während die Einrichtung des VPP eine gewisse Verbesserung der Wettbewerbsituation auf einem anderen Markt zeitigt, nämlich dem für Strom. Ein VPP ist naturgemäß nicht in der Lage, direkte Auswirkungen auf dem Markt für Aluminium herbeizuführen.

6.5.4.   Schlussfolgerungen zur Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt (Veneto und Sardinien)

(260)

Deshalb ist die Kommission der Auffassung, dass auf den Alcoa gewährten Stromtarif zum Betreiben seiner Anlagen im Veneto und auf Sardinien keine der Ausnahmen nach Artikel 87 EG-Vertrag anwendbar ist. Die Ausnahmen nach Artikel 87 Absatz 2 sind nicht anwendbar, weil die Beihilfe weder sozialer Art ist noch zur Beseitigung von Schäden dient, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind, noch zum Ausgleich der durch die Teilung Deutschlands verursachten wirtschaftlichen Nachteile erforderlich ist. Auch die Ausnahmen nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstaben b und d finden keine Anwendung, da die Maßnahme weder der Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats noch der Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes dient. Hinsichtlich der Ausnahme nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a wird auf die Analyse in den Erwägungsgründen 220-240 verwiesen, derzufolge der Tarif nicht als Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung eines Gebiets anerkannt werden kann, in dem die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht. Auch im Hinblick auf Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c ergab die Analyse, dass der Tarif nicht als vereinbar mit dieser Ausnahme gelten kann (vgl. insbesondere die Erwägungsgründe 216, 217, 241-245 sowie 253-259).

(261)

Somit muss die Verlängerung des Vorzugstarifs für Alcoa durch Artikel 11 Absatz 11 des Gesetzes Nr. 80/2005 und das Dekret von 2004 (soweit die Maßnahme auf die Anwendung des genannten Dekrets im Zeitraum Januar 2006-Juni 2007 zurückgeführt werden kann — vgl. Erwägungsgrund 44) für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden.

6.6.   Rückforderung

(262)

Gemäß Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates ist bei Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen, die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind, der wirksame Wettbewerb wiederherzustellen und die betreffende Beihilfe einschließlich Zinsen unverzüglich zurückzufordern, sofern der Rückforderung nicht ein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts entgegensteht.

6.6.1.   Vertrauensschutz und andere allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, die der Rückforderung entgegenstehen können

6.6.1.1.   Vertrauensschutz

(263)

Nach ständiger Rechtsprechung darf der Begünstigte einer Beihilfe, die ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission gemäß Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag gewährt wurde, nicht auf die Ordnungsmäßigkeit der Gewährung dieser Beihilfe vertrauen (120). Ein umsichtig handelndes Unternehmen ist in der Regel selbst in der Lage, festzustellen, ob das Anmeldeverfahren eingehalten wurde und die Beihilfe rechtmäßig ist.

(264)

Jedoch ist nicht auszuschließen, dass sich der Begünstigte einer rechtswidrigen Beihilfe ausnahmsweise auf Umstände berufen kann, die sein Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe begründen und folglich einer Rückforderung der Beihilfe entgegenstehen. (121) Andererseits kann sich „ein umsichtiger und besonnener Wirtschaftsteilnehmer [der in der Lage ist,] den Erlass einer seine Interessen berührenden Gemeinschaftsmaßnahme vorherzusehen, im Fall ihres Erlasses nicht auf diesen Grundsatz berufen.“ (122).

(265)

Die Kommission hat geprüft, ob die von Alcoa geltend gemachten außergewöhnlichen Umstände, die mit der Entscheidung Alumix in Zusammenhang stehen, ein berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsgemäßheit der Beihilfe begründen konnten.

(266)

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs kann ein berechtigtes Vertrauen allein durch spezifische, unbedingte und übereinstimmende Zusicherungen seitens der Gemeinschaftsorgane begründet werden, die zu der berechtigten Erwartung Anlass geben, dass die Maßnahme keine Beihilfe darstellt und somit rechtmäßig ist (123).

(267)

Alcoa macht geltend, dass die derzeitige Regelung auch dann, wenn sie nicht als „bestehende Beihilfe“ betrachtet werde, ein berechtigtes Vertrauen begründen könne, denn bei der Übernahme von Alumix und der Entscheidung zu weiteren Investitionen in die beiden Anlagen sei man davon ausgegangen, dass es sich im Fall Alumix nicht um eine Beihilfe gehandelt habe. Als Präzedenzfall verweist Alcoa auch auf die Entscheidung der Kommission über Steuervergünstigungen für Auslandsniederlassungen von Unternehmen der Stahlbranche (124) (vgl. Erwägungsgrund 97).

(268)

In der genannten Entscheidung der Kommission über Steuervergünstigungen Frankreichs für Auslandsniederlassungen von Unternehmen der Stahlbranche konnten die Bestimmungen zu bereits bestehenden Beihilfen nicht direkt angewendet werden, da dort die fragliche Beihilfe im Stahlsektor unter den EGKS-Vertrag fiel, in dem der Begriff „bestehende Beihilfe“ nicht vorkommt. Die Kommission hat in sinngemäßer Anwendung der entsprechenden Bestimmungen des EG-Vertrags das schutzwürdige Vertrauen der Begünstigten anerkannt und die Rückforderung der Beihilfe nicht angeordnet. Dieser Fall war jedoch im Kern ähnlich gelagert wie die Sache der Koordinationszentren mit Sitz in Belgien, bei der die Kommission ihre Beurteilung einer bislang nicht als Beihilfe bewerteten Maßnahme geändert hat, ohne dass die Maßnahme vom betreffenden Mitgliedstaat modifiziert wurde. Vor dem Hintergrund ihrer Ausführungen in Erwägungsgrund 210 weist die Kommission das Vorbringen zurück, die zitierte Entscheidung könne als Grundlage dafür herangezogen werden, Alcoa ein schutzwürdiges Vertrauen zuzugestehen.

(269)

Zur Relevanz, die Alcoa der Entscheidung Alumix beimisst, ist festzustellen, dass diese Entscheidung für das begünstigte Unternehmen einzig einen Vertrauensschutz dahingehend begründen konnte, dass das dort beurteilte Tarifsystem bis zum 31. Dezember 2005 keine Beihilfe darstellte.

(270)

Aus der Entscheidung Alumix lässt sich jedoch kein Vertrauensschutz im Hinblick auf die durch Artikel 11 Absatz 11 des Gesetzes Nr. 80/2005 verordnete Verlängerung des Vorzugstarifs herleiten. Alcoa konnte kein berechtigtes Vertrauen darauf haben, dass die Maßnahme von 2005, mit der der Tarif bis 2010 verlängert wurde, automatisch keine Beihilfe darstellen würde. Bei einer Maßnahme, die a) substanziell modifiziert und b) zeitlich ausgeweitet wurde, hätte sich ein umsichtig handelnder Begünstigter von sich aus vergewissern müssen, dass die Beihilfe rechtmäßig ist.

(271)

Dass aus der Entscheidung Alumix keine berechtigte Erwartung abzuleiten war, wird in Randnummer 109 des Urteils des Gerichts ausdrücklich bestätigt.

(272)

Die Investitionen von Alcoa in seine Anlagen in Italien begründen kein berechtigtes Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der modifizierten und verlängerten Tarifvereinbarung, da zum Zeitpunkt der Gewährung klar war, dass der ursprüngliche Alumix-Tarif eine Laufzeit von lediglich zehn Jahren haben würde; Alcoa hat seine Investitionen auf dieser Grundlage geplant und nicht in der Annahme eines unbefristeten Tarifs.

(273)

Aufgrund dieser Erwägungen ist die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass die Existenz eines genehmigten Alumix-Tarifs Alcoa nicht dazu veranlassen konnte, berechtigtes Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der fraglichen Maßnahme zu haben.

(274)

Im Hinblick auf die Anlage auf Sardinien hat die Kommission darüber hinaus geprüft, ob das Schreiben von 2007 und die nachfolgenden Entwicklungen geeignet waren, ein berechtigtes Vertrauen vonseiten Alcoas zu begründen.

(275)

Dazu ist festzustellen, dass die Kommission mit diesem Schreiben keine konkreten, uneingeschränkt geltenden Zusicherungen im Hinblick auf den Wert des VPP für eine positive Entscheidung über die Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt gegeben hat. Das von den Dienststellen der Kommission verfasste Schreiben von 2007 beschränkte sich auf den Hinweis, die Wettbewerbskommissarin werde „bereit sein, dem Kollegium die Genehmigung einer kurzfristig erfolgenden schrittweisen Abschaffung der Stromtarife auf Sardinien vorzuschlagen“. Mit dieser Formulierung wurde klargestellt, dass ein positiver Ausgang des fraglichen Vorgangs in jedem Fall von der Genehmigung des Projekts durch das Kollegium der Mitglieder der Kommission abhängen würde. Somit ist das Schreiben von 2007 aufgrund seines Status (Schreiben der Kommissionsdienststellen) und seines Inhalts (bedingte Zusicherung) nicht geeignet, ein vom Gerichtshof anzuerkennendes berechtigtes Vertrauen zu begründen.

6.6.1.2.   Andere allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts

(276)

Weder Italien noch Alcoa haben hierzu Stellungnahmen abgegeben. Die Kommission hat jedoch geprüft, ob andere allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts einer Rückforderung ganz oder teilweise entgegenstehen.

(277)

Zu der Anlage im Veneto ist festzustellen, dass der Rückforderung kein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts entgegensteht; die Kommission hatte bei ihrer Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens im Hinblick auf diese Betriebsstätte von Alcoa ernste Zweifel an der Vereinbarkeit der Beihilfe geäußert, und der weitere Verlauf des Verfahrens gab Alcoa keinen Grund zu der Vermutung, an diesem zu Beginn der Prüfung bestehenden Eindruck hätte sich etwas geändert.

(278)

Zu der Anlage auf Sardinien hat die Kommission die Situation geprüft, die sich im Nachgang zum Schreiben von 2007 und den nachfolgenden Entwicklungen ergeben hat. Wie bereits in Erwägungsgrund 275 dargelegt, beinhaltete das Schreiben der Kommissionsdienststellen keine konkreten, uneingeschränkt geltenden Zusicherungen im Hinblick auf das VPP als Grundlage für eine positive Entscheidung über die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt, sondern es war auf den Hinweis beschränkt, dass die Wettbewerbskommissarin — im Falle einer zügigen Beantwortung des Vorschlags durch Italien — der Kommission empfehlen werde, einem kurzfristigen „Phasing-out“ des Tarifs zuzustimmen. Der Gedanke an die Einführung eines VPP stand gleichwohl während der gesamten Verfahrenszeit im Raum, bis sich Italien zu seiner Umsetzung entschloss.

(279)

Ungeachtet dieses Vorschlags ist die Kommission, wie in den Erwägungsgründen 253-259 dargelegt, zu der Schlussfolgerung gelangt, dass das VPP nicht als Grundlage für eine Entscheidung der Kommission zugunsten der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt dienen kann; dies hängt mit den Umständen der Maßnahme und mit der generellen Natur des VPP zusammen und nicht mit dem Ergebnis der Gespräche, die mit Italien geführt wurden. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die langen Diskussionen über das VPP möglicherweise dazu führten, dass Abstand genommen wurde von der Annahme, die Bewertung einer rechtswidrigen Beihilfe als unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt habe zwangsläufig die Rückforderung der Beihilfe zur Folge.

(280)

Obwohl die Dauer des (dreijährigen) Prüfverfahrens an sich nicht außergewöhnlich lang war, erkennt die Kommission an, dass die Diskussionen um die Einführung des VPP zu einer zeitlichen Verzögerung geführt haben.

(281)

Wenngleich die Länge der Diskussion um das VPP zum großen Teil auch der späten Reaktion Italiens auf den Vorschlag geschuldet ist, erkennt die Kommission an, dass der zeitliche Verzug nicht mit dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung im Einklang stand und das Verhalten des Begünstigten im Verlauf der Prüfung beeinflusst hat. Die von der Kommission geschaffene und nicht umgehend wieder ausgeräumte Aussicht, die Einführung des VPP könne zu einem günstigen Ergebnis für die Anlage auf Sardinien führen, mag Alcoa veranlasst haben, die Gefahr einer Rückforderung der Beihilfe für diese Anlage nach Einleitung des Verfahrens anders zu bewerten, was wiederum die Strategie der Unternehmens im Hinblick auf Investitionen und Lokalisierung der Aktivitäten beeinflusst haben mag. Ohne das Schreiben von 2007 hätte sich Alcoa gegen die Fortsetzung der Unternehmensaktivitäten auf Sardinien entscheiden und damit die Höhe der fraglichen Rückforderung begrenzen können.

(282)

Unter Berücksichtigung dieser Umstände hält es die Kommission für angebracht, für die Anlage auf Sardinien bezogen auf den Zeitraum zwischen dem Schreiben vom 19. Januar 2007 und dem Datum der hier vorliegenden Entscheidung keine Rückforderung vorzuschreiben.

6.6.2.   Bezifferung der rückzufordernden Beträge

(283)

Sämtliche mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfebeträge, die Alcoa gemäß Artikel 11 Absatz 11 des Gesetzes Nr. 80/2005 erhalten hat und die sich auf den Zeitraum seit dem 1. Januar 2006 beziehen, sind nach Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 EG-Vertrag (125) einschließlich Zinsen zurückzufordern.

(284)

Mit der Rückforderung soll die Wettbewerbssituation wiederhergestellt werden, in der sich der Begünstigte vor Gewährung der nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbarten Beihilfe befand. Zur Bezifferung der rückzuzahlenden Beträge ist folglich der Marktpreis zu ermitteln, den Alcoa für die Stromversorgung gezahlt hätte, wenn der Vorzugstarif nicht verlängert worden wäre.

(285)

Wie bereits in Erwägungsgrund 157 ausgeführt, hatte Alcoa mit ENEL vertraglich einen nominellen Preis vereinbart, der in etwa dem von ENEL erhobenen Standardtarif für Hochspannungsstrom entsprach. Nach dem Dafürhalten der Kommission ist dies der Preis, den Alcoa ohne die Einräumung eines Vorzugstarifs gezahlt hätte. Aus diesem Grund geht die Kommission davon aus, dass der zurückzufordernde Betrag der Differenz zwischen dem vertraglich vereinbarten Preis und dem ermäßigten Preis entspricht. Dieser Betrag stimmt mit den Ausgleichszahlungen überein, die das Unternehmen im fraglichen Zeitraum erhalten hat (126). Die gleiche Berechnungsmethode wurde von der Kommission in der Sache Terni (127) angewendet, die mit dem hier vorliegenden Fall direkt vergleichbar ist.

(286)

Der Vollständigkeit halber hat die Kommission auch das Argument geprüft — und zurückgewiesen —, dass Alcoa ohne die staatliche Subvention einen besseren Preis mit dem Stromlieferanten ausgehandelt hätte und dass die Rückforderung somit auf einer anderen, für realistischer gehaltenen Grundlage zu berechnen sei.

(287)

Aus grundsätzlichen Erwägungen lehnt es die Kommission ab, einen theoretischen Parameter zu konstruieren, wenn ein konkreter und angemessener Bezugspunkt vorhanden ist. In der Rechtssache Unicredito (128) hat der Gerichtshof einen solchen hypothetischen Ansatz verworfen und festgestellt: „Die Wiederherstellung der früheren Lage […] bedeutet keine Neuerschaffung der Vergangenheit anhand hypothetischer Umstände wie der oft vielfältigen Entscheidungen, die die betreffenden Wirtschaftsteilnehmer hätten treffen können.“

(288)

Nachdem die Kommission in den Jahren 2004 und 2006 ein förmliches Prüfverfahren im Hinblick auf den Stromtarif eingeleitet hatte und Alcoa zur Vorlage einer Konzernbürgschaft als Sicherheit für den Fall der Rückforderung aufgefordert worden war, bestand für das Unternehmen ein klarer Anreiz, mit ENEL die bestmöglichen Konditionen für die Energieversorgung auszuhandeln. Somit liegt kein Hinweis vor, dass der zwischen Alcoa und ENEL frei ausgehandelte Vertragspreis den Marktpreis, den Alcoa ohne die Beihilfe gezahlt hätte, nicht korrekt widerspiegeln würde.

7.   SCHLUSSFOLGERUNG

(289)

Die Kommission stellt fest, dass Italien die Bestimmungen von Artikel 1 des Dekrets des Präsidenten des Ministerrats (Decreto del Presidente del Consiglio dei Ministri) vom 6. Februar 2004 sowie die Bestimmungen von Artikel 11 Absatz 11 des Gesetzesdekrets (Decreto-legge) Nr. 35/05 (umgewandelt in Gesetz Nr. 80/2005), in dem die Verlängerung des Alcoa gewährten Vorzugsstromtarifs festgelegt wurde, unter Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag unrechtmäßig in Kraft gesetzt hat. Nach dem Dafürhalten der Kommission kommt für diese Maßnahme, die eine reine Betriebsbeihilfe darstellt, keine der im EG-Vertrag vorgesehenen Ausnahmeregelungen vom allgemeinen Grundsatz des Verbots staatlicher Beihilfen in Betracht, und die Maßnahme ist daher mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar. Aus diesem Grund sind alle zukünftigen Zahlungen zu stornieren, und die bereits ausgezahlten Beihilfebeträge sind nach den im Folgenden beschriebenen Modalitäten zurückzufordern. Der zurückzufordernde Betrag entspricht der Summe aller von der Ausgleichskasse an Alcoa gezahlten Kompensationsbeiträge. Für die Anlage im Veneto bezieht sich die Rückforderung auf den Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2006 und dem Datum der vorliegenden Entscheidung. Für die Anlage auf Sardinien bezieht sich die Rückforderung auf den Zeitraum vor dem Schreiben von 2007, d. h. vom 1. Januar 2006 bis zum 18. Januar 2007 —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die staatliche Beihilfe, die Italien dem Unternehmen Alcoa Trasformazioni auf der Grundlage von Artikel 1 des Decreto del Presidente del Consiglio dei Ministri vom 6. Februar 2004 und auf der Grundlage von Artikel 11 Absatz 11 des Gesetzes Nr. 80/2005 unter Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag seit dem 1. Januar 2006 gewährt, ist rechtswidrig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar. Die Berechnung des Beihilfebetrags erfolgt nach der in Erwägungsgrund 285 der vorliegenden Entscheidung beschriebenen Methode.

Artikel 2

(1)   Italien fordert die in Artikel 1 genannte, dem Begünstigten ausgezahlte Beihilfe zurück. Für die Anlage im Veneto bezieht sich die Rückforderung auf den Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2006 und dem Datum der vorliegenden Entscheidung. Für die Anlage auf Sardinien bezieht sich die Rückforderung auf den Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2006 und dem 18. Januar 2007.

(2)   Der Rückforderungsbetrag umfasst Zinsen, die von dem Zeitpunkt, ab dem die Beihilfe dem Begünstigten zur Verfügung stand, bis zu deren tatsächlicher Rückzahlung berechnet werden.

(3)   Die Zinsen werden gemäß Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 und gemäß der Verordnung (EG) Nr. 271/2008 der Kommission (129) zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 nach der Zinseszinsformel berechnet.

(4)   Italien stellt mit dem Tag des Erlasses dieser Entscheidung alle ausstehenden Zahlungen für die in Artikel 1 genannte Beihilfe ein.

Artikel 3

(1)   Die in Artikel 1 genannte Beihilfe wird sofort und tatsächlich zurückgefordert.

(2)   Italien stellt sicher, dass diese Entscheidung binnen vier Monaten nach ihrer Notifikation umgesetzt wird.

Artikel 4

(1)   Italien übermittelt der Kommission binnen zwei Monaten nach Notifikation dieser Entscheidung die folgenden Informationen:

a)

Gesamtbetrag (Hauptforderung und Zinsen), der vom Begünstigten zurückzufordern ist;

b)

ausführliche Beschreibung der Maßnahmen, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um dieser Entscheidung nachzukommen;

c)

Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass an den Begünstigten eine Rückzahlungsanordnung ergangen ist.

(2)   Italien unterrichtet die Kommission über den Fortgang seiner Maßnahmen zur Umsetzung dieser Entscheidung, bis die Rückzahlung der in Artikel 1 genannten Beihilfe abgeschlossen ist. Auf Anfrage der Kommission legt Italien unverzüglich Informationen über die Maßnahmen vor, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um dieser Entscheidung nachzukommen. Ferner übermittelt Italien ausführliche Angaben über die Beihilfebeträge und die Zinsen, die vom Begünstigten bereits zurückgezahlt wurden.

Artikel 5

Diese Entscheidung ist an die Italienische Republik gerichtet.

Brüssel, den 19. November 2009

Für die Kommission

Neelie KROES

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 30 vom 5.2.2005, S. 7 und ABl. C 214 vom 6.9.2006, S. 5.

(2)  Zinkhersteller.

(3)  Hersteller von Aluminiumprodukten.

(4)  Hersteller von Aluminiumoxid (Zwischenstoff, der aus Bauxit abgeschieden und zur Erzeugung von Primäraluminium verwendet wird).

(5)  ABl. C 30 vom 5.2.2005, S. 7.

(6)  Staatliche Beihilfe N 587/05, Vorzugsstromtarif für energieintensive Industriezweige auf Sardinien (nachstehend C 13/06).

(7)  ThyssenKrupp (Stahl), Cementir (Zementherstellung) und Nuova Terni Industrie Chimiche (Chemieprodukte).

(8)  ABl. C 214 vom 6.9.2006, Seite 5.

(9)  Entscheidung 2008/408/EG (ABl. L 144 vom 4.6.2008, S. 37.

(10)  Vgl. 2.2.2.2.

(11)  Artikel 1 des Dekrets von 2004 lautet: „1. In Ergänzung der in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe c des Dekrets des Präsidenten des Ministerrats vom 31. Oktober 2002 angeführten Kriterien sorgt die Strom- und Gasregulierungsbehörde für die Ausweitung der Behandlung gemäß Punkt 2 des Dekrets des Ministeriums für Industrie, Handel und Handwerk vom 19. Dezember 1995 im Hinblick auf die Stromversorgung von Unternehmen, die Aluminium, Blei, Silber und Zink herstellen oder verarbeiten, begrenzt auf Betriebsstätten, die bei Inkrafttreten des vorliegenden Dekrets bereits bestehen und in Inselgebieten liegen, die unzureichend oder gar nicht an das nationale Strom- und Gasnetz angeschlossen sind. 2. Die in Absatz 1 vorgesehene tarifliche Behandlung gilt für einen Übergangszeitraum bis zur Fertigstellung bzw. zum Ausbau des nationalen Strom- und Gasnetzes, längstens jedoch bis zum 30. Juni 2007.“

(12)  In Artikel 11 Absatz 11 des Gesetzes Nr. 80/2005 heißt es: „Zum Zweck der Entwicklung und Umstrukturierung der Produktion der betreffenden Unternehmen wird die Anwendung von Vorzugstarifen für die Elektrizitätslieferung gemäß Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe c des Gesetzesdekrets Nr. 25 vom 18. Februar 2003, mit Änderungen umgewandelt in das Gesetz Nr. 83 vom 17. April 2003, unter Beibehaltung der am 31. Dezember 2004 gültigen Tarife bis Ende 2010 verlängert.“ Mit der zitierten Bestimmung des Gesetzesdekrets Nr. 25/03 wird die Einstufung des Alcoa-Tarifs als Gemeinkosten bestätigt.

(13)  Gesetz Nr. 481/1995.

(14)  Artikel 2 Absatz 12 Buchstabe e des Gesetzes Nr. 481/1995.

(15)  Artikel 2 Absatz 21 des Gesetzes Nr. 481/1995.

(16)  EFIM (Ente Partecipazioni e Finanziamento Industrie Manifatturiere) war eine öffentliche Holding mit Beteiligungen an Unternehmen in verschiedenen Industriesektoren. Die Privatisierung von EFIM erfolgte im Zeitraum 1992 — 1996.

(17)  Artikel 2 des Dekrets von 1995 hat den folgenden Wortlaut: Die durch Beschluss des Interministeriellen Preisausschusses CIP Nr. 13 vom 24. Juli 1992 und nachfolgende Änderungen vorgesehene, für die [Elektrizitäts]versorgung der bei Inkrafttreten dieses Dekrets bestehenden Anlagen zur Herstellung vom Primäraluminium geltende Behandlung der Aufpreise wird zum 31. Dezember 2005 aufgehoben. Ab diesem Datum wird die Behandlung an die für alle Stromverbraucher geltenden angeglichen.

(18)  ABl. C 288 vom 1.10.1996, S. 4.

(19)  Vgl. Entscheidung in der Sache Nr. IV.JV.2 — ENEL/FT/DT (ABl. C 178 vom 23.6.1999, S. 15).

(20)  In den Regionen Lombardei, Emilia Romagna und Piemont wurde der gesamte Strombedarf durch die direkte Erzeugung vor Ort und durch langfristige, bis 2003 geltende Lieferverträge gedeckt.

(21)  Eingeführt mit Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt (ABl. L 27 vom 30.1.1997, S. 20), die in Italien mit Gesetzesdekret Nr. 79 vom 16.3.1999 umgesetzt wurde.

(22)  Der Standardtarif spiegelt die Aufschlüsselung der Kosten des Stromnetzes und ihre Zuordnung zu den unterschiedlichen Kategorien von Verbrauchern wieder.

(23)  Der Standardtarif wurde in zwei Bestandteile (Teil A und Teil B) zerlegt und diese wiederum in verschiedene Komponenten untergliedert. Teil A spiegelte die fixen Kosten der Stromerzeugung einschließlich der Gemeinkosten der Stromerzeugung wieder, Teil B die variablen Kosten der Stromerzeugung (insbesondere die Brennstoffkosten). Die Gemeinkosten der Stromerzeugung umfassten zunächst nur die folgenden Komponenten: die in den Jahren 1994, 1995 und 1996 angefallenen außerordentlichen Kosten (Komponente A1), die Kosten für die Stilllegung von Kernkraftwerken (Komponente A2) und die Kosten für die Errichtung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen auf der Grundlage des CIP-Beschlusses 6/92 (Komponente A3). Später wurden weitere Kostenkategorien in die Gemeinkosten einbezogen: die ermäßigten Tarife (Komponente A4), bestimmte Forschungskosten (Komponente A5) und die verlorenen Kosten der Stromerzeuger (Komponente A6).

(24)  Vgl. Fußnote 21.

(25)  Mit Artikel 2 des Dekrets des Ministeriums für Industrie, Handel und Handwerk vom 26. Januar 2000 wurden die bestehenden Vorzugstarife, darunter auch der für Alcoa, als neue Kategorie der Gemeinkosten der Stromerzeugung eingestuft. Diese Klassifizierung wurde in später verabschiedeten gesetzlichen Bestimmungen bestätigt, zuletzt in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe c des Gesetzes Nr. 83 vom 17. April 2003.

(26)  Eingeführt mit Beschluss Nr. 204/99 der AEEG.

(27)  Auf der Grundlage des mit Beschluss Nr. 204/09 der AEEG eingeführten Systems wurde die Abwicklung der Vorzugstarife auf die lokalen Versorgungsunternehmen und die Ausgleichskasse übertragen. Die lokalen Versorgungsunternehmen zogen die Erträge aus der Komponente A4 ein und leiteten sie an die Ausgleichskasse weiter, die zu diesem Zweck ein Adhoc-Konto zum Ausgleich der durch Sondertarife entstehenden Lasten führte. Wenn das Versorgungsunternehmen einem seiner Kunden einen Vorzugstarif einräumen musste, konnte es als Ausgleich für den gewährten Rabatt die Erträge einbehalten, die ihm von seinen anderen Kunden aus Komponente A4 zuflossen. Reichten diese Erträge des Versorgungsunternehmens nicht aus, musste die Ausgleichskasse mit Hilfe der Mittel aus dem genannten Adhoc-Konto den Differenzbetrag auszahlen. Vgl. auch den Beschluss Nr. 228/01 der AEEG, insbesondere die Artikel 43 und 56 des Testo Integrato im Anhang (Kompendium der Regelungen für Stromlieferungen in Italien).

(28)  Anzumerken ist jedoch, dass ein Teil des Beschlusses Nr. 148/04 der AEEG auf Alcoa keine Anwendung mehr fand. Mit dem Beschluss war für die Begünstigten der Vorzugstarife ein neues Verfahren zur Berechnung der Ausgleichszahlung eingeführt worden. Für Alcoa hätte dies eine geringere Subventionierung bzw. eine Nettoerhöhung des Vorzugstarifs bedeutet. Alcoa erhob vor dem Verwaltungsgericht der Region Lombardei Klage gegen diese Bestimmung. Mit Urteil vom 10. Mai 2005 erklärte das Gericht den Beschluss im Hinblick auf die Anwendung auf Alcoa für unwirksam. Deshalb erfolgt die Ausgleichszahlung von Alcoa weiter nach dem früheren, in Beschluss Nr. 148/04 geregelten Verfahren, und Alcoa bezahlt nach wie vor den Alumix-Preis.

(29)  Dies ist der Wortlaut von Artikel 1 des Dekrets von 2004. Er gilt auch für das Werk von Alcoa in Fusina, auch wenn es nicht in einem Inselgebiet liegt und durchaus an das Strom- und Gasnetz angeschlossen ist.

(30)  Entscheidung der Kommission K(2004) 4329 vom 16. November 2004 (ABl. C 30 vom 5.2.2005, S. 7.

(31)  Schreiben vom 3. März 2006.

(32)  Zum vollständigen Wortlaut von Artikel 11 Absatz 11 des Gesetzes Nr. 80/2005 vgl. Fußnote 12.

(33)  Artikel 11 Absatz 13 des Gesetzes Nr. 80/2005.

(34)  ABl. C 74 vom 10.3.1998, S. 9. Ziffer 4.15-4.17.

(35)  ABl. L 283 vom 31.10.2003, S. 51.

(36)  Die Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens von 2006 betraf auch das Unternehmen Terni. Die Tarife für Terni und für Alcoa wurden jedoch getrennt geprüft.

(37)  ABl. C 74 vom 10.3.1998, S. 9. Ziffer 4.

(38)  Entscheidung der Kommission K(2002) 3715 vom 16.10.2002, Maßnahmen zur Senkung der Energiekosten von kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. L 91 vom 8.4.2003, S. 38).

(39)  ABl. C 54 vom 4.3.2006, S. 13.

(40)  Urteil des Gerichts erster Instanz vom 25. März 2009 in der Rechtssache T-332/06, Alcoa Trasformazioni, noch nicht veröffentlicht (im Rechtsmittelverfahren).

(41)  Diese von Alcoa vorgelegte Zahl beinhaltet nicht nur die Gewinnung von Primäraluminium, sondern auch die erheblich arbeitsintensivere Weiterverarbeitung.

(42)  In dieser Vereinbarung hat sich das isländische Stromversorgungsunternehmen dazu verpflichtet, ein neues Wasserkraftwerk zu errichten und Alcoa für seine Betriebsstätte Strom zu einem Preis zu liefern, der dem Versorgungsunternehmen eine Rendite von 5,5 % pro Jahr garantierte. Die EFTA-Überwachungsbehörde hat das Projekt mit Entscheidung Nr. 40/03/COL vom 14. März 2003 genehmigt.

(43)  Vgl. Untersuchung des Energiesektors — Mitteilung der Kommission — Untersuchung der europäischen Gas- und Elektrizitätssektoren gemäß Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (Abschlussbericht) SEK(2006) 1724/KOM(2006)0851 endgültig.

(44)  Erster Bericht der Hochrangigen Gruppe: „Contributing to an integrated approach on competitiveness, energy and environment policies“ (http://ec.europa.eu/enterprise/environment/hlg_en.htm). Der Hochrangigen Gruppe gehören Vertreter der Europäischen Kommission und leitende Angestellte der Unternehmen an.

(45)  Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13. März 2001 in der Rechtssache C-379/98 Preussen-Elektra, Slg. 2001, S. I-02099.

(46)  Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Juli 2004 in der Rechtssache C-345/02 Pearle u. a., Slg. 2004, S. I-7139.

(47)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

(48)  Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 22. Juni 2006 in den verbundenen Rechtssachen Belgien/Kommission C-182/03 und C-217/03, Slg. 2006, S. I-05479 Randnr. 77.

(49)  Artikel 1 Buchstabe b Ziffer v zweiter Satz der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 lautet: „Werden bestimmte Maßnahmen im Anschluss an die Liberalisierung einer Tätigkeit durch gemeinschaftliche Rechtsvorschriften zu Beihilfen, so gelten derartige Maßnahmen nach dem für die Liberalisierung festgelegten Termin nicht als bestehende Beihilfen.“

(50)  Urteil des Gerichts erster Instanz vom 15. Juni 2000 in den verbundenen Rechtssachen Alzetta u. a./Kommission T 298/97, T 312/97, T 313/97, T 315/97, T 600/97, T 1/98, T 3/98, T 6/98 und T 23/98, Slg. 2000, S. II-2319, bestätigt vom Gerichtshof mit Urteil vom 29. April 2004 in der Rechtssache C-298/00, Slg. 2004, S. I-04087 Randnrn. 142-143.

(51)  Entscheidung der Kommission 2002/347/EGKS (ABl. L 126 vom 13.5.2002, S. 27, Erwägungsgrund 33).

(52)  E 24/95 Programm für unmittelbare Bürgschaften des Bundes und der Länder in den neuen Bundesländern und Berlin Ost, Entscheidungen der Kommission SG (96) D/5500 vom 18. Juni 1996 und SG (98) D/54570 vom 11. November 1998.

(53)  ABl. C 54 vom 4.3.2006, S. 13.

(54)  Vgl. Fußnote 34.

(55)  Vor der Aufteilung betraf die Beihilfesache C 38/04 noch andere Begünstigte: Portovesme (Zink), ILA (Aluminiumerzeugnisse) und Euroallumina (Aluminium).

(56)  In der Beihilfesache C13/06 geht es um die Ausweitung des Alcoa-Tarifs kraft Artikel 11 Absatz 12 des Gesetzes Nr. 80/2005 auf Portovesme, ILA und Euroallumina.

(57)  Im Zuge des Zusammenschlusses von ENEL und ENDESA wurden die Vermögenswerte von ENDESA in Italien an E.ON abgetreten (siehe Entscheidung in der Sache COMP/M.5171 vom 13. Juni 2008), http://ec.europa.eu/enterprise/non_ferrous_metals/consultation.htm.

(58)  Die Einflussnahme von ENEL auf die Strompreise in verschiedenen Regionen Italiens wurde in der 2004 von der AEEG zusammen mit der italienischen Wettbewerbsbehörde Autorità Garante per la Concorrenza e il Mercato durchgeführten Studie „Indagine conoscitiva sullo stato della liberalizzazione dei settori dell’energia elettrica e del gas“ anerkannt.

(59)  Öffentliche Konsultation zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Metallindustrie in Abhängigkeit von der Rohstoff- und Energieversorgung:

http://ec.europa.eu/enterprise/non_ferrous_metals/consultation.htm

(60)  Gemäß dem Vorbringen von Italien wurde das Dekret von 2004 in der Praxis nie auf Alcoa angewendet, da dem Unternehmen auf der Grundlage des Dekrets von 1995 der Vorzugstarif bis zum 1. Dezember 2005 weiter gewährt wurde. Es ist nicht Sache der Kommission, durch eine Auslegung des italienischen Gesetzes festzustellen, ob dies korrekt war oder nicht, da in dieser Angelegenheit nur die italienischen Gerichte eine endgültige Aussage treffen können. Die Kommission stellt jedoch fest, dass das Dekret von 2004 nie außer Kraft gesetzt oder in einer Weise geändert wurde, dass nur andere Begünstigte als Alcoa in den Geltungsbereich fielen. De facto wurde der Alcoa-Tarif auf der Grundlage des (in der Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens von 2004 zitierten) Regelungsrahmens der AEEG weiter bezahlt.

(61)  Auf der Grundlage der vorliegenden Informationen bezweifelt die Kommission, dass die in Rede stehende Maßnahme mit der 1996 von ihr geprüften und genehmigten vergleichbar ist. 1996 war ENEL der einzige Stromerzeuger und -versorger in Italien, und der ermäßigte Tarif, den ENEL Alcoa gewährte, war zugunsten der Alumix Spa anhand der durchschnittlichen Grenzkosten der Stromerzeugung im relevanten Zeitraum festgelegt worden. Im nunmehr vorliegenden Fall greifen die italienischen Behörden jedoch selektiv zugunsten bestimmter Unternehmen in einen liberalisierten Markt ein, um den Unterschied zwischen einem mit einem beliebigen Energieversorger vereinbarten Marktpreis und dem 1996 festgelegten Vorzugstarif auszugleichen.

(62)  Umgesetzt mit den Beschlüssen Nr. 148/04 und 217/05 der AEEG.

(63)  Unabhängig von der Rechtsgrundlage bleibt der oben (insbesondere in Erwägungsgrund 42) dargestellte Sachverhalt der Änderung des Finanzierungsmechanismus bestehen; aus diesem Grund ist die Schlussfolgerung, dass ein Wechsel von einem realen Stromtarif zu einer Betriebsbeihilfe erfolgt ist und somit eine neue Beihilfe vorliegt, weiterhin gültig.

(64)  Entscheidung 85/215/EWG der Kommission vom 13. Februar 1985 über den Erdgasvorzugstarif für die niederländischen Gartenbaubetriebe (ABl. L 97 vom 4.4.1985, S. 49).

(65)  Vgl. zum Beispiel das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Sache Italien/Kommission, Rechtssache C-372/97, Slg. 2004, S. I-03679, Randnr. 67.

(66)  Die erste Liberalisierungsrichtlinie, Richtlinie 96/92/EG (vgl. Fußnote 21) wurde in Italien mit Dekret Nr. 79/1999 umgesetzt.

(67)  Die Spitzenzeiten umfassen gewöhnlich die Zeit von 8 Uhr bis 20 Uhr an den Werktagen.

(68)  Die Kraftwerke werden nach der Merit-Order eingestuft, d. h. beginnend von den Kraftwerken mit den günstigsten kurzfristigen Grenzkosten (variable Erzeugungskosten einschließlich Dieselöl und CO2-Kosten) bis zu den Kraftwerken mit den höchsten Kosten. Die Kraftwerke konkurrieren zu jedem gegebenen Zeitpunkt auf der Grundlage ihrer Grenzkosten miteinander und erhalten je nach ihrer Reihenfolge in dieser Rangordnung Aufträge zur Stromerzeugung: zuerst die Kohlekraftwerke, dann die Kernkraftwerke, die Gaskraftwerke und die Dieselkraftwerke, bis die Gesamterzeugung zur Deckung des Bedarfs ausreicht. Das letzte zur Stromerzeugung aufgeforderte Kraftwerk wird als Grenzkostenkraftwerk bezeichnet, und seine Grenzkosten bestimmen den Strompreis zum jeweiligen Zeitpunkt des Tages (Clearingpreis).

(69)  Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 26. September 1996 in der Sache Frankreich/Kommission, Rechtssache C-241/94, Slg. 1996, Teil I, S. 4551, Randnr. 34.

(70)  Vgl. u. a. Preussen-Elektra, Randnr. 58.

(71)  Vgl. u. a. das Urteil des Gerichtshofs vom 22. Mai 2002 in der Sache Frankreich/Kommission (Stardust Marine), Rechtssache C-482/99, Slg. 2002, S. I-4397, Randnr. 24.

(72)  Vgl. die Urteile des Gerichtshofs in den Rechtssachen C-78/76, Steinike & Weinlig, Slg. 1977, S. 595 und C-47/69, Französischer Textilsektor, Slg. 1970, S. 487.

(73)  Vgl. Fußnote 45.

(74)  Vgl. Fußnote 46.

(75)  Urteil des Gerichts erster Instanz vom 20. September 2007 in Earl Salvat/Kommission, Rechtssache T-136/05, noch nicht veröffentlicht, Randnrn. 137-165.

(76)  Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juni 1988 in der Sache Griechenland/Kommission, Rechtssache C-57/86, Slg. 1988, S. I-2855, Randnr. 12; Preussen-Elektra, a.a.O.; Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 20. November 2003 in Gemo SA, Rechtssache C 126/01, Slg. 2003, S. I-13769, Randnr. 23.

(77)  Urteil Stardust, a.a.O; Pearle, a.a.O. und Earl Salvat, a.a.O …

(78)  Alcoa macht geltend, auf der Grundlage des vor der Einführung von Artikel 11 Absatz 11 des Gesetzes Nr. 80/2005 geltenden Tarifmechanismus seien die zur Finanzierung des Tarifs erforderlichen Mittel von privaten Stromversorgern verwaltet worden und deshalb nicht als staatliche Mittel zu betrachten gewesen. Da dieser Tarifmechanismus im vorliegenden Fall nicht in Frage gestellt wird, erlauben die oben angestellten Überlegungen der Kommission, die von Alcoa angeführte Argumentation zurückzuweisen. Allein die Tatsache, dass es sich bei den Stromversorgern um Privatunternehmen handelt, ist nicht ausschlaggebend für die Feststellung, welcher Art die in Rede stehenden Finanzmittel sind.

(79)  Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 17. Juli 2008 in Essent Netwerk Noord/Aluminium Delfzijl, Rechtssache C-206/06, noch nicht veröffentlicht, Randnrn. 69 und 70.

(80)  Entscheidung der Kommission K(2004) 4333 vom 1.12.2004, Beihilfesache Nr. 490/2000 — Italien, „verlorene Kosten“ in der Stromwirtschaft.

(81)  Urteil des Gerichts erster Instanz vom 11. Februar 2009 in der Rechtssache T-25/07, Iride, noch nicht veröffentlicht, Randnr. 39.

(82)  ebd., Randnr. 28.

(83)  Vgl. die Urteile des Europäischen Gerichtshofs in den Sachen Italien/Kommission, Rechtssache C-303/88, Slg. 1988, S. I-1433 und Frankreich/Kommission, Rechtssache C 47/69, Slg. 1970, S. 4393 sowie das Urteil des Gerichts erster Instanz in Deutsche Bahn/Kommission, Rechtssache T-351/02, Slg. 2006, S. II-1047.

(84)  Vgl. zum Beispiel die Entscheidung M.2404 Elkem/Sapa vom 26. Juni 2001 und die Entscheidung M.1663 Alcan/Alusuisse vom 14. März 2000.

(85)  Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 14. Februar 1990, Frankreich/Kommission, Rechtssache C 301/87, Slg. 1990, S. I-307, Randnrn. 32 und 33; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 30. April 1998, Vlaamse Gewest/Kommission, Rechtssache T-214/95, Slg.1998, S. II-717, Randnr. 67; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 15. Juni 2000, Alzetta/Kommission (a.a.O.), Randnr. 79.

(86)  Vgl. das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13. Juli 1988 in der Sache Frankreich/Kommission, Rechtssache C-102/87, Slg. 1988, S. 04067, Randnr. 19; vgl. auch das Urteil des Gerichtshofs vom 21. März 1991 in der Sache Italien/Kommission, Rechtssache C-305/89, Slg. 1991, S. I-1603, Randnr. 26.

(87)  Vgl. Fußnote 64.

(88)  Vgl. zum Beispiel die Entscheidungen der Kommission zur Einleitung des Verfahrens in Bezug auf die regulierten Stromtarife in Frankreich (Rechtssache C 17/07, Entscheidung der Kommission Nr. C/2007/2392 vom 13. Juni 2007, ABl. C 164/2007) und in Spanien (Rechtssache C 3/07, Entscheidung der Kommission Nr. C/2007/123/3 vom 24. Januar 2007, ABl. C 43 vom 27.2.2007, S. 9).

(89)  Urteil des Europäischen Gerichtshofs in den verbundenen Rechtssachen 6/69 und 11/69, Kommission/Frankreich, Slg. 1969, S. 00523.

(90)  Vgl. u. a. das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Philip Morris/Kommission, (Rechtssache 730/79, Slg. 1980, S. 02671, Randnr. 11) und das Urteil des Gerichtshofs in Air Liquide Industries/Ville de Seraing et Province de Liège (verbundene Rechtssachen C 393/04 und C 41/05, Slg. 2006, S. I-05293).

(91)  Diese Definition dient in jedem Fall allein der Begrenzung des Zeitrahmens für die Rückforderung von mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfen und bringt somit in diesem Stadium der Beurteilung keinen Erkenntnisgewinn.

(92)  Somit braucht die Kommission die von Alcoa zur Untermauerung vorgebrachten juristischen Argumente nicht zu prüfen, vgl. Erwägungsgründe 95 und 96.

(93)  Urteil des Gerichtshofs in den verbundenen Rechtssachen Belgien/Kommission, C-182/03 und C-217/03, Slg. 2006, S. I-5479.

(94)  Vgl. Fußnote 47.

(95)  Es ist zu unterscheiden zwischen den in der Entscheidung Alumix formulierten allgemeinen Bewertungskriterien und der Anwendung dieser Kriterien in einem konkreten Fall. Auf der Grundlage der allgemeinen Kriterien im Fall Alumix hätte ein marktwirtschaftlich agierender Stromversorger in Ermangelung alternativer Absatzmöglichkeiten und zur Vermeidung weiterer Überkapazitäten den Strom an seine „besten Kunden“ zu einem Preis verkauft, der die Grenzkosten der Erzeugung deckt und einen kleinen Beitrag zur Deckung der Fixkosten leistet. Diese allgemeinen Kriterien behalten ihre Gültigkeit unabhängig vom Zeithorizont der Entscheidung, und die Kommission beabsichtigt nicht, sie hier in Frage zu stellen.

(96)  Vgl. Fußnote 40. In Randnr. 105 heißt es: ergibt sich zum einen aus der Klageschrift, derzufolge der von den Betriebsstätten der Rechtsmittelführerin zu entrichtende Tarif durch das Gesetzesdekret von 1995 genehmigt war, und zum anderen aus der Formulierung des Gesetzesdekrets selbst eindeutig, dass die Privatisierung von Alumix der Unterstützung durch die italienische Regierung bedürfe … mit dem Ziel, mit ENEL einen Stromtarif für die beiden Betriebsstätten festzulegen, möglichst durch einen zukünftigen langfristigen Vertrag (10 Jahre) mit europaweit wettbewerbsfähigen Preisen, und die Vereinbarung zu treffen, dass die Regelung in Bezug auf den Zuschlag gemäß CIP-Beschluss 13/1992 mit Wirkung vom 31. Dezember 2005 abgeschafft wird.

(97)  Urteil des Gerichts erster Instanz in Diputacion Foral de Alava u. a./Kommission, verbundene Rechtssachen T-127/99, T-129/99 und T-148/99, Slg. 2002, S. II-1275, Randnr. 175, zitiert in Randnr. 114 des Urteils des Gerichts.

(98)  Verbundene Rechtssachen C 15/98 und C 105/99, Italienische Republik und Sardegna Lines/Kommission, Slg. 2000, S. I-8855, Randnr. 74 der Schlussanträge.

(99)  Urteil des Gerichts erster Instanz vom 30. April 2002 in Regierung von Gibraltar/Kommission, verbundene Rechtssachen T-195/01 und T-207/01, Slg. 2002, II-2309, Randnr. 111: „Daher wird die ursprüngliche Regelung durch die Änderung nur dann in eine neue Beihilferegelung umgewandelt, wenn die Änderung sie in ihrem Kern betrifft. Um eine derartige wesentliche Änderung kann es sich jedoch nicht handeln, wenn sich das neue Element eindeutig von der ursprünglichen Regelung trennen lässt.“

(100)  Vgl. das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 6. November 1990 in der Sache Italien/Kommission, Rechtssache C-86/89, Slg. 1990, S. I-3891, und in der Sache Frankreich/Kommission, Rechtssache C 301/87, Slg. 1990, Randnr. 50.

(101)  Vgl. das Urteil des Gerichtshofs erster Instanz vom 8. Juni 1995 in der Sache Siemens/Kommission, Rechtssache T-459/93, Slg. 1995, S. II-1675, Randnr. 48.

(102)  ABl. C 37 vom 3.2.2001, S. 3 und ABl. C 82 vom 1.4.2008, S. 1.

(103)  Vgl. Fußnote 34.

(104)  Quelle: „Indagine conoscitiva sullo stato della liberalizzazione dei settori dell’energia elettrica e del gas naturale“, Mai 2005.

(105)  Zurzeit ist Sardinien über das Hochspannungs-Seekabel SACOI, das eine Übertragungskapazität von 270 MWh hat, mit dem italienischen Festland verbunden.

(106)  Vgl. Fußnote 43.

(107)  Der HHI-Index für Sardinien liegt zwischen 3 000 und 3 500. Im Süden ist er jedoch höher.

(108)  In Sardinien kann E.ON den Strompreis für 67 % der Stunden festlegen, ENEL für 29 %. Unter Einbeziehung auch der angrenzenden Gebiete legt ENEL in der Makroregion Macrosud-Sardegna den Strompreis für 63 % der Stunden fest. In der Region MacroSud hingegen bestimmt ENEL den Strompreis für 100 % der Stunden.

(109)  So lag der durchschnittliche Großhandelspreis für Grundlaststrom auf dem Day-ahead-Markt der italienischen Strombörse IPEX im Jahr 2007 bei 70,99 EUR pro MW/h gegenüber 37,97 EUR an der deutschen Strombörse EEX und 40,78 EUR an der französischen Strombörse Powernext.

(110)  Jahresbericht der Behörde für Strom und Gas AEEG für 2008, auf der Grundlage der Daten des Betreibers der italienischen Strombörse GME.

(111)  Vgl. Fußnote 38.

(112)  Selbst wenn die durchschnittlichen Preise in der EU einen Anstieg von unter 4 % verzeichneten, würde der Vorteil für Alcoa in absoluten Zahlen dennoch steigen. Bei einem als Rechenbeispiel verwendeten Tarif für Alcoa von 30 EUR gegenüber einem durchschnittlichen Strompreis in Europa bei 60 EUR (Vorteil für Alcoa: 30 EUR), würde sich bei einer Erhöhung um 3 % für Alcoa ein Preis von 30,90 EUR ergeben, gegenüber einem durchschnittlichen Strompreis in Europa von 61,80 EUR (neuer Vorteil: 30,90 EUR).

(113)  So kommt die Hochrangige Gruppe in ihrem Dritten Bericht vom Februar 2007 zu folgendem Schluss: „Vor diesem Hintergrund kann der Einsatz von Anreizen, darunter Zuschüsse mit allgemeiner Zielsetzung und staatliche Beihilfen, als politisches Instrument gerechtfertigt sein. [Diese Anreize] können der Beförderung eines verantwortlichen Umwelt- und Sozialverhaltens, dem sozialen Zusammenhalt, der nachhaltigen Entwicklung und der kulturellen Vielfalt dienen. Ihr Einsatz sollte jedoch nur bei einem klaren Marktversagen erfolgen, wenn die Zuschüsse nachweislich das geeignete Instrument darstellen, um ein klar definiertes Ziel von allgemeinem Interesse zu verfolgen, und wenn sichergestellt ist, dass sie weder die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen noch die Umwelt schädigen. […] Ein Eingreifen ist angezeigt, wenn solche Zuschüsse andere politische Zielsetzungen wie den Kampf gegen den Klimawandel, die Lissabon-Strategie für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung, das ordnungsgemäße Funktionieren der Energiemärkte oder den Zugang zu Rohstoffen gefährden, ohne dass die ursprünglichen Zielsetzungen erreicht werden.“

(http://ec.europa.eu/enterprise/environment/hlg/doc_07:third_report_27_02_2007.pdf).

(114)  Entscheidung der Kommission vom 20.11.2007 betreffend die von Italien zugunsten von ThyssenKrupp, Cementir und Nuova Terni Industrie Chimiche durchgeführte Beihilfe Nr. C 36/A/2006, Erwägungsgründe 144 und 145.

(115)  In diesem Schreiben hieß es: „Wir legen Wert auf die Klarstellung, dass die schrittweise Reduzierung in jedem Fall auf den (von uns mit ca. 2 Jahren veranschlagten) Zeitraum begrenzt sein muss, den die VPP zur Entfaltung ihrer Wirkung benötigt, und dass diese Maßnahme nach dem Grundsatz der einmaligen Gewährung erfolgt“.

(116)  Bei einem virtuellen Kraftwerk treten die etablierten Betreiber im Rahmen von Vergabeverfahren Erzeugungskapazitäten ab. Dieses Instrument wird in der Regel zur Förderung des Wettbewerbs auf dem Großkundenmarkt eingesetzt, da es dem Marktbeherrscher den Anreiz nimmt, seine Marktmacht auszunutzen und die Preise auf den Kassa- und Terminmärkten künstlich hochzuhalten. Der Preis, den die Erwerber von Erzeugungskapazität entrichten, setzt sich zusammen aus einem vertraglich festgesetzten Basispreis (strike price) der in der Regel die variablen Kosten der Erzeugungsanlagen widerspiegelt, sowie einer im Rahmen des Vergabeverfahrens festgesetzten Prämie.

(117)  Die Begründung lautete wie folgt: „Für Betriebe auf dem Festland scheinen die besonderen Marktbedingungen, wie sie auf Sardinien anzutreffen sind, nicht zu gelten. Die Generaldirektion Wettbewerb kann kein Motiv erkennen, von den Grundsätzen für die Gewährung staatlicher Beihilfen abzuweichen“.

(118)  Das VPP hat die Form eines Vertrags, der dem Erwerber von Erzeugungskapazität automatisch den Anspruch auf die Differenz (sofern positiv) zwischen dem den Erzeugern auf Sardinien am Day-ahead-Markt gezahlten Preis und dem Basispreis (strike price) zuerkennt. Der Erwerber von Erzeugungskapazität zahlt dem abtretenden Unternehmen die bei der Vergabe festgesetzte Prämie und erhält von diesem den Differenzbetrag (sofern positiv) zwischen dem am Day-ahead-Markt gezahlten Preis und dem strike price.

(119)  Die Kommission stützt sich dabei auf die Analyse der AEEG.

(120)  Urteil des Gerichtshofs in Alcan Deutschland, Rechtssache C-24/95, Slg. 1997, S. I-1591, Randnrn. 25, 30 und 31, sowie Urteil in Demesa und Territorio histórico de Álava/Kommission, verbundene Rechtssachen C-183/02 P und C-187/02, Slg. 2004, S. I-10609, Randnr. 45.

(121)  Urteil des Gerichtshofs in Kommission/Deutschland, Rechtssache C-5/89, Slg. 1990, S. I-3437, Randnr. 16.

(122)  Vgl. die Urteile in den Rechtssachen Lührs, C 78/77, Slg. 1978, S. 169, Randnr. 6; Van de Bergh en Jurgens/Kommission, C 265/85, Slg. 1987, S. 1155, Randnr. 44 sowie Unifruit Hellas/Kommission, T-489/93, Slg. 1994, S. II-1201, Randnr. 51.

(123)  Vgl. die Urteile in Van den Bergh en Jurgens/Kommission, Rechtssache C-265/85, ebd., Randnr. 44, Sofrimport/Kommission, Rechtssache C-152/88, Slg. 1990, S. I-2477, Randnr. 26; Mehibas Dordtselaan/Kommission, Rechtssache T-290/97, Slg. 2000, S. II-15, Randnr. 59 sowie Kyowa Hakko Kogyo/Kommission, Rechtssache T-223/00, Slg. 2003, S. II-2553, Randnr. 51.

(124)  Vgl. Fußnote 50.

(125)  ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1.

(126)  Die zur präzisen Berechnung dieses Betrags erforderlichen Daten liegen der Kommission nicht vor.

(127)  Vgl. Fußnote 9. Im Fall Terni erfolgte die Berechnung, Finanzierung und Bezahlung des ebenfalls gemäß Artikel 11 Absatz 11 des Gesetzes Nr. 80/2005 verlängerten Vorzugstarifs im Wesentlichen auf die gleiche Weise wie bei Alcoa (jedoch mit einem anderen Endpreis für den Begünstigten).

(128)  Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 15.12.2005 in Unicredito, Rechtssache C-148/04, Slg. 2005, S. I-11137.

(129)  ABl. L 82 vom 25.3.2008, S. 1.