10.4.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 98/19


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 7. April 2008

über harmonisierte Frequenznutzungsbedingungen für den Betrieb von Mobilfunkdiensten an Bord von Flugzeugen (MCA-Diensten) in der Europäischen Gemeinschaft

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2008) 1256)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2008/294/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Entscheidung Nr. 676/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen Rechtsrahmen für die Funkfrequenzpolitik in der Europäischen Gemeinschaft (Frequenzentscheidung) (1), insbesondere auf Artikel 4 Absatz 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der strategische Rahmen „i2010“ für eine europäische Informationsgesellschaft (2) fördert eine offene und wettbewerbsfähige digitale Wirtschaft in der Europäischen Union und hebt die IKT als treibende Kraft für die Einbeziehung aller Bürger und die Verbesserung ihrer Lebensqualität hervor. Die Entwicklung zusätzlicher Kommunikationsmittel könnte sich vorteilhaft auf die Arbeitsproduktivität und das Wachstum des Mobiltelefoniemarktes auswirken.

(2)

Anwendungen zur Netzanbindung während des Flugs sind von Natur aus europaweit ausgelegt, weil sie hauptsächlich auf grenzüberschreitenden Flügen inner- und außerhalb der Gemeinschaft genutzt werden. Ein koordiniertes Herangehen an die Regulierung der Mobilfunkdienste an Bord von Flugzeugen (Mobile Communication Services on Aircraft, MCA-Dienste) dient der Erfüllung der Ziele des Binnenmarktes.

(3)

Durch die gemeinschaftsweite Harmonisierung der Frequenznutzungsvorschriften werden der rechtzeitige Aufbau und die Einführung von MCA-Diensten innerhalb der Gemeinschaft erleichtert.

(4)

Entsprechend den ETSI-Normen EN 301 502 und EN 301 511 kommt ein kommerzieller Betrieb von MCA-Diensten gegenwärtig nur für GSM-Systeme im Frequenzband 1 710—1 785 MHz für den Uplink (Endgerät sendet an Basisstation) und im Frequenzband 1 805—1 880 MHz für den Downlink (Basisstation sendet an Endgerät) in Betracht. Künftig könnten aber weitere terrestrische öffentliche Mobilfunksysteme in Frage kommen, die nach anderen Normen oder in anderen Frequenzbändern arbeiten.

(5)

Gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Entscheidung Nr. 676/2002/EG erteilte die Kommission der Europäischen Konferenz der Verwaltungen für Post und Fernmeldewesen (nachstehend „CEPT“) ein Mandat (3) für die Durchführung aller erforderlichen Arbeiten zur Abschätzung der Probleme in Bezug auf die technische Kompatibilität des Betriebs von GSM-1800-Systemen in Flugzeugen mit einer Reihe anderer möglicherweise davon betroffener Funkdienste. Diese Entscheidung beruht auf den technischen Untersuchungen, die aufgrund des Mandats der Kommission von der CEPT durchgeführt und im CEPT-Bericht 016 (4) dargelegt wurden.

(6)

Das im CEPT-Bericht behandelte MCA-System besteht aus einer Netzsteuerungseinheit (Network Control Unit, NCU) und einer Flugzeug-Basisstation (Aircraft Base Transceiver Station). Es soll sicherstellen, dass von Mobilfunksystemen am Boden ausgehende Signale innerhalb der Flugzeugkabine nicht empfangen werden können und dass die Endgeräte der Nutzer im Flugzeug nur mit minimaler Leistung senden. Die technischen Parameter für die Netzsteuerungseinheit (NCU) und die Flugzeug-Basisstation (Flugzeug-BTS) wurden aus theoretischen Modellen abgeleitet.

(7)

Die Nutzung von Funkfrequenzen durch terrestrische mobile elektronische Kommunikationsnetze bleibt von dieser Entscheidung unberührt. Dieser Aspekt wird u. a. in einer Entscheidung der Kommission zur Harmonisierung der Frequenzbänder um 900 MHz und 1 800 MHz für terrestrische Systeme, die europaweite elektronische Kommunikationsdienste erbringen können, geregelt werden.

(8)

Diese Entscheidung betrifft auch nicht die Genehmigungsbedingungen für MCA-Dienste. Die Koordinierung der nationalen Genehmigungsbedingungen für MCA-Dienste ist Gegenstand der Empfehlung 2008/295/EG der Kommission (5) gemäß der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie) (6).

(9)

Ausrüstungen für MCA-Dienste, die von dieser Entscheidung betroffen sind, müssen den Anforderungen der Richtlinie 1999/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 1999 über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen und die gegenseitige Anerkennung ihrer Konformität (7) genügen. Die Einhaltung der wesentlichen Anforderungen der Richtlinie 1999/5/EG kann bezüglich der für MCA-Dienste in der Europäischen Union genutzten Ausrüstungen durch die Einhaltung der vom ETSI herausgegebenen harmonisierten Norm EN 302 480 oder durch ein anderes Konformitätsbewertungsverfahren gemäß der Richtlinie 1999/5/EG nachgewiesen werden.

(10)

Da die Sicherheit des Flugverkehrs von überragender Bedeutung ist, sollte keine Bestimmung dieser Entscheidung der Aufrechterhaltung optimaler Flugsicherheitsbedingungen entgegenstehen.

(11)

MCA-Dienste dürfen nur unter der Voraussetzung erbracht werden, dass sie die Flugsicherheitsanforderungen erfüllen, was anhand geeigneter Lufttüchtigkeitszeugnisse oder aufgrund anderer einschlägiger Luftfahrtbestimmungen nachzuweisen ist, sowie dass sie den Anforderungen der elektronischen Kommunikation genügen. Lufttüchtigkeitszeugnisse, die für die gesamte Gemeinschaft gelten, werden von der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1702/2003 der Kommission vom 24. September 2003 zur Festlegung der Durchführungsbestimmungen für die Erteilung von Lufttüchtigkeits- und Umweltzeugnissen für Luftfahrzeuge und zugehörige Erzeugnisse, Teile und Ausrüstungen sowie für die Zulassung von Entwicklungs- und Herstellungsbetrieben (8) ausgestellt.

(12)

Diese Entscheidung regelt keine Frequenzfragen in Bezug auf die Kommunikationsverbindungen zwischen dem Flugzeug, der Satellitenstation im Weltraum und dem Boden, die für die Erbringung von MCA-Diensten ebenfalls erforderlich sind.

(13)

Um die fortdauernde Anwendbarkeit der in dieser Entscheidung festgelegten Bestimmungen zu gewährleisten, sollten die nationalen Behörden angesichts der schnellen Veränderungen in diesem Bereich die Nutzung von Funkfrequenzen durch Ausrüstungen für MCA-Dienste soweit möglich beobachten, damit diese Entscheidung aktiv überprüft werden kann. Bei dieser Beobachtung sollte dem technischen Fortschritt Rechnung getragen und überprüft werden, ob die ursprünglichen Annahmen für den Betrieb von MCA-Diensten noch zutreffen.

(14)

Die in dieser Entscheidung vorgesehenen Maßnahmen stimmen mit der Stellungnahme des Funkfrequenzausschusses überein —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Zweck dieser Entscheidung ist die Vereinheitlichung der technischen Bedingungen für die Verfügbarkeit und effiziente Nutzung von Funkfrequenzen für Mobilfunkdienste an Bord von Flugzeugen in der Gemeinschaft.

Diese Entscheidung lässt andere einschlägige Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts unberührt, insbesondere die Verordnung (EG) Nr. 1702/2003 und die Empfehlung 2008/295/EG.

Artikel 2

Für die Zwecke dieser Entscheidung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1.

„Mobilfunkdienste an Bord von Flugzeugen (MCA-Dienste)“ sind elektronische Kommunikationsdienste im Sinne von Artikel 2 Buchstabe c der Richtlinie 2002/21/EG, die von einem Unternehmen erbracht werden, um Fluggästen die Nutzung öffentlicher Kommunikationsnetze während des Flugs ohne Herstellung direkter Verbindungen mit terrestrischen Mobilfunknetzen zu ermöglichen;

2.

„störungsfrei und ungeschützt“ bedeutet, dass keine funktechnische Störung bei anderen Funkdiensten verursacht werden darf und kein Anspruch auf Schutz gegen funktechnische Störungen dieser Geräte durch andere Funkdienste besteht;

3.

„Flugzeug-Basisstation (Flugzeug-BTS)“ bedeutet eine oder mehrere Mobilfunk-Sende- und Empfangsstationen innerhalb des Flugzeugs, die in den Frequenzbändern und mit den Systemen arbeiten, die in Tabelle 1 des Anhangs aufgeführt sind;

4.

„Netzsteuerungseinheit (NCU)“ ist die Ausrüstung an Bord des Flugzeugs, die sicherstellt, dass Signale, die von den in Tabelle 2 des Anhangs aufgeführten bodengestützten mobilen elektronischen Kommunikationssystemen ausgehen, innerhalb der Flugzeugkabine nicht empfangen werden können, indem sie das Grundrauschen in den Mobilfunk-Empfangsbändern innerhalb der Kabine erhöhen.

Artikel 3

So bald wie möglich, spätestens aber sechs Monate nach Inkrafttreten dieser Entscheidung, stellen die Mitgliedstaaten die in Tabelle 1 des Anhangs genannten Frequenzbänder für eine störungsfreie und ungeschützte Nutzung durch MCA-Dienste bereit, sofern diese Dienste die Bedingungen des Anhangs erfüllen.

Artikel 4

Die Mitgliedstaaten legen für den Sendebetrieb von MCA-Systemen die Mindesthöhe über dem Boden gemäß Abschnitt 3 des Anhangs fest.

Die Mitgliedstaaten können eine größere Mindesthöhe für den MCA-Betrieb festlegen, wenn dies durch topografische Gegebenheiten oder die Netzausbaubedingungen am Boden in ihrem Staatsgebiet gerechtfertigt ist. Diese Informationen werden der Kommission zusammen mit der entsprechenden Begründung innerhalb von vier Monaten nach Erlass dieser Entscheidung übermittelt und im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 5

Die Mitgliedstaaten beobachten die Funkfrequenznutzung durch MCA-Dienste, insbesondere im Hinblick auf tatsächliche oder mögliche funktechnische Störungen und die weitere Anwendbarkeit aller Bestimmungen des Artikels 3, und teilen der Kommission ihre Erkenntnisse mit, um gegebenenfalls eine rechtzeitige Überprüfung der Entscheidung zu ermöglichen.

Artikel 6

Diese Entscheidung ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den 7. April 2008

Für die Kommission

Viviane REDING

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 1.

(2)  KOM(2005) 229 endg. vom 1.6.2005.

(3)  Mandat an die CEPT zu Mobilfunkdiensten an Bord von Flugzeugen, 12.10.2006.

(4)  Bericht der CEPT an die Europäische Kommission aufgrund des Mandats zu Mobilfunkdiensten an Bord von Flugzeugen (MCA), 30.3.2007.

(5)  Siehe Seite 24 dieses Amtsblatts.

(6)  ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 33. Richtlinie geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 717/2007 (ABl. L 171 vom 29.6.2007, S. 32).

(7)  ABl. L 91 vom 7.4.1999, S. 10. Richtlinie geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1).

(8)  ABl. L 243 vom 27.9.2003, S. 6. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 287/2008 (ABl. L 87 vom 29.3.2008, S. 3).


ANHANG

1.   ZULÄSSIGE FREQUENZBÄNDER UND SYSTEME FÜR MCA-DIENSTE

Tabelle 1

Typ

Frequenz

System

GSM 1800

1 710-1 785 MHz und 1 805-1 880 MHz (das „1 800 MHz band“)

Gemäß den vom ETSI veröffentlichten Normen, insbesondere EN 301 502, EN 301 511 und EN 302 480, oder gleichwertigen Spezifikationen

2.   VERHINDERUNG VON VERBINDUNGEN DER MOBILFUNKENDGERÄTE ZU MOBILFUNKNETZEN AM BODEN

Für den Zeitraum, in dem der Betrieb von MCA-Diensten an Bord eines Flugzeuges gestattet ist, muss verhindert werden, dass Mobilfunkendgeräte, die in den in Tabelle 1 aufgeführten Frequenzen empfangen, versuchen können, sich bei Mobilfunknetzen am Boden anzumelden.

Tabelle 2

Frequenzbänder

(MHz)

Systeme am Boden

460-470

CDMA2000, FLASH OFDM

921-960

GSM, WCDMA

1 805-1 880

GSM, WCDMA

2 110-2 170

WCDMA

3.   TECHNISCHE PARAMETER

3.1.   GSM-1800-MCA-Systeme

a)   Von der NCU/Flugzeug-BTS ausgehende äquivalente isotrope Strahlungsleistung (EIRP) außerhalb des Flugzeugs

Die gesamte, von der NCU/Flugzeug-BTS ausgehende EIRP darf außerhalb des Flugzeugs folgende Höchstwerte nicht übersteigen:

Tabelle 3

Höhe über dem Boden

(m)

Maximale EIRP-Dichte, die von der NCU/Flugzeug-BTS außerhalb des Flugzeugs erzeugt wird

460-470 MHz

921-960 MHz

1 805-1 880 MHz

2 110-2 170 MHz

dBm/1,25 MHz

dBm/200 kHz

dBm/200 kHz

dBm/3,84 MHz

3 000

–17,0

–19,0

–13,0

1,0

4 000

–14,5

–16,5

–10,5

3,5

5 000

–12,6

–14,5

–8,5

5,4

6 000

–11,0

–12,9

–6,9

7,0

7 000

–9,6

–11,6

–5,6

8,3

8 000

–8,5

–10,5

–4,4

9,5

b)   Vom Endgerät an Bord ausgehende äquivalente isotrope Strahlungsleistung (EIRP) außerhalb des Flugzeugs

Die vom mit 0 dBm sendenden GSM-Mobilfunkendgerät ausgehende EIRP darf außerhalb des Flugzeugs folgende Höchstwerte nicht übersteigen:

Tabelle 4

Höhe über dem Boden

(m)

Vom GSM-Mobilfunkendgerät ausgehende maximale EIRP außerhalb des Flugzeugs, in dBm/Kanal

1 800 MHz

3 000

–3,3

4 000

–1,1

5 000

0,5

6 000

1,8

7 000

2,9

8 000

3,8

c)   Betriebsvoraussetzungen

I.

Die Mindesthöhe über dem Boden für jeglichen Sendebetrieb eines GSM 1800-MCA-Systems beträgt 3 000 m.

II.

Die Flugzeug-BTS muss während des Betriebs die Sendeleistung aller im 1 800-MHz-Band sendenden GSM-Mobilfunk-Endgeräte in allen Phasen der Kommunikation einschließlich des Erstzugangs auf einen Nennwert von 0 dBm begrenzen.