32003Q1231(01)

Interinstitutionelle Vereinbarung — "Bessere Rechtsetzung"

Amtsblatt Nr. C 321 vom 31/12/2003 S. 0001 - 0005


Interinstitutionelle Vereinbarung

"Bessere Rechtsetzung"

(2003/C 321/01)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION UND DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 5, und auf das diesem Vertrag beigefügte Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit,

gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union,

unter Hinweis auf die der Schlussakte von Maastricht beigefügten Erklärungen Nr. 18 zu den geschätzten Folgekosten der Vorschläge der Kommission und Nr. 19 zur Anwendung des Gemeinschaftsrechts,

unter Hinweis auf die Interinstitutionellen Vereinbarungen vom 25. Oktober 1993 über die Verfahren zur Anwendung des Subsidiaritätsprinzips(1), vom 20. Dezember 1994 über ein beschleunigtes Arbeitsverfahren für die amtliche Kodifizierung von Rechtstexten(2), vom 22. Dezember 1998 über gemeinsame Leitlinien für die redaktionelle Qualität der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften(3) und vom 28. November 2001 über die systematischere Neufassung von Rechtsakten(4),

in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Vorsitzes über die Tagung des Europäischen Rates vom 21. und 22. Juni 2002 in Sevilla und vom 20. und 21. März 2003 in Brüssel,

unter Hinweis darauf, dass diese Vereinbarung unbeschadet der Ergebnisse der Regierungskonferenz geschlossen wird, die im Anschluss an den Konvent zur Zukunft Europas stattfindet -

NEHMEN FOLGENDE VEREINBARUNG AN:

Gemeinsame Verpflichtungen und Ziele

1. Das Europäische Parlament, der Rat der Europäischen Union und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften kommen überein, die Qualität der Rechtsvorschriften durch eine Reihe von Initiativen und Verfahren, die in dieser Interinstitutionellen Vereinbarung enthalten sind, zu verbessern.

2. Die drei Organe kommen überein, bei der Wahrnehmung der in den Verträgen vorgesehenen Zuständigkeiten und unter Einhaltung der in den Verträgen vorgesehenen Verfahren sowie unter Hinweis auf die Bedeutung, die sie der Gemeinschaftsmethode beimessen, allgemeine Grundsätze zu beachten, wie die Grundsätze der demokratischen Legitimität, der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit sowie der Rechtssicherheit. Sie kommen ferner überein, die Einfachheit, Klarheit und Kohärenz der Formulierung von Gesetzestexten sowie ein Hoechstmaß an Transparenz im Rechtsetzungsverfahren zu fördern.

Sie fordern die Mitgliedstaaten auf, für eine korrekte und rasche Umsetzung des Gemeinschaftsrechts in nationales Recht innerhalb der vorgeschriebenen Fristen gemäß den Schlussfolgerungen des Vorsitzes über die Tagungen des Europäischen Rates von Stockholm, Barcelona und Sevilla zu sorgen.

Bessere Koordinierung des Rechtsetzungsverfahrens

3. Die drei Organe kommen überein, die allgemeine Koordinierung ihrer Rechtsetzungstätigkeit als wesentliche Grundlage besserer Rechtsvorschriften für die Europäische Union zu verbessern.

4. Die drei Organe kommen überein, ihre vorbereitenden Arbeiten und ihre Rechtsetzungsarbeiten im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens besser zu koordinieren und eine geeignete Veröffentlichung dieser Arbeiten zu gewährleisten.

Der Rat unterrichtet das Europäische Parlament rechtzeitig über den Entwurf des mehrjährigen Strategieprogramms, das er dem Europäischen Rat zur Annahme empfiehlt. Die drei Organe teilen einander ihre jeweiligen jährlichen Rechtsetzungsprogramme mit, um sich auf eine gemeinsame Jahresplanung zu einigen.

Insbesondere bemühen sich das Europäische Parlament und der Rat darum, für jeden Rechtsetzungsvorschlag einen indikativen Zeitplan für die verschiedenen Phasen bis zur endgültigen Annahme dieses Vorschlags zu erstellen.

Sofern die Mehrjahresplanung interinstitutionelle Auswirkungen hat, arbeiten die drei Organe auf geeignetem Weg zusammen.

Das jährliche Rechtsetzungs- und Arbeitsprogramm der Kommission enthält, so weit wie möglich, Hinweise auf die Wahl der Rechtsetzungsinstrumente und die für jeden Vorschlag vorgesehene Rechtsgrundlage.

5. Die drei Organe gewährleisten im Bemühen um Effizienz so weit wie irgend möglich eine bessere Abstimmung bei der Behandlung der gemeinsamen Dossiers auf der Ebene der Vorbereitungsgremien(5) jedes Teils der Rechtsetzungsbehörde(6).

6. Die drei Organe unterrichten sich gegenseitig während des gesamten Rechtsetzungsverfahrens laufend über ihre Arbeiten. Diese Unterrichtung erfolgt unter Anwendung der geeigneten Verfahren, insbesondere mittels eines Dialogs der Ausschüsse und des Plenums des Europäischen Parlaments mit dem Vorsitz des Rates und der Kommission.

7. Die Kommission berichtet jährlich über den Stand ihrer Rechtsetzungsvorschläge.

8. Die Kommission stellt sicher, dass ihre Mitglieder in der Regel an den Aussprachen in den Parlamentsausschüssen und an den Plenardebatten über Rechtsetzungsvorschläge teilnehmen, die in ihre Zuständigkeit fallen.

Der Rat wird seine Praxis fortsetzen, durch eine regelmäßige Teilnahme - wenn möglich der betreffenden Minister - an den Plenardebatten intensive Kontakte mit dem Europäischen Parlament zu unterhalten. Der Rat bemüht sich ferner, sich regelmäßig an den Arbeiten der Parlamentsausschüsse und sonstigen Sitzungen, vorzugsweise auf Ministerebene oder einer geeigneten Ebene, zu beteiligen.

9. Die Kommission berücksichtigt auf der Grundlage von Artikel 192 oder Artikel 208 EG-Vertrag formulierte Aufforderungen des Europäischen Parlaments oder des Rates zur Vorlage von Rechtsetzungsvorschlägen. Sie nimmt gegenüber den zuständigen Parlamentsausschüssen und den Vorbereitungsgremien des Rates rasch und in geeigneter Weise Stellung.

Ein höheres Maß an Transparenz und Zugänglichkeit

10. Die drei Organe bestätigen die Bedeutung, die sie der Verbesserung der Transparenz und der Unterrichtung der Bürger während des gesamten Ablaufs ihrer Rechtsetzungsarbeiten unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Geschäftsordnungen beimessen. Sie gewährleisten insbesondere eine größtmögliche Verbreitung der öffentlichen Debatten auf politischer Ebene durch systematische Nutzung der neuen Kommunikationstechnologien, wie unter anderem der Satellitenübertragung sowie der Video-Beiträge im Internet. Die drei Organe tragen ferner für eine Ausweitung des Zugangs der Öffentlichkeit zu EUR-Lex Sorge.

11. Die drei Organe halten eine gemeinsame Pressekonferenz ab, um in Fällen der Mitentscheidung den erfolgreichen Abschluss des Rechtsetzungsverfahrens bekannt zu geben, sobald sie entweder in erster Lesung, in zweiter Lesung oder nach der Vermittlung eine Einigung erzielt haben.

Wahl des Rechtsetzungsinstruments und Rechtsgrundlage

12. Die Kommission erklärt und begründet vor dem Europäischen Parlament und dem Rat, nach Möglichkeit im Rahmen ihres Jahresarbeitsprogramms oder der üblichen Dialogverfahren, in jedem Falle aber in den Begründungen ihrer Initiativen, die Wahl eines bestimmten Rechtsetzungsinstruments. Sie prüft ebenfalls jeden diesbezüglichen Antrag der Rechtsetzungsbehörde und berücksichtigt dabei das Ergebnis der Konsultationen, die sie gegebenenfalls vor der Vorlage ihrer Vorschläge durchgeführt hat.

Sie stellt sicher, dass die Form der von ihr vorgeschlagenen Maßnahme möglichst einfach ist, wobei sie darauf achtet, dass das Ziel der Maßnahme in zufrieden stellender Weise erreicht wird und die Maßnahme tatsächlich zur Anwendung gelangt.

13. Die drei Organe verweisen auf die Definition der Richtlinie (Artikel 249 EG-Vertrag) sowie auf die einschlägigen Bestimmungen des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit. Bei ihren Richtlinienvorschlägen achtet die Kommission auf eine angemessene Ausgewogenheit zwischen den allgemeinen Grundsätzen und den detaillierten Bestimmungen, um einen übermäßigen Rückgriff auf gemeinschaftliche Durchführungsmaßnahmen zu vermeiden.

14. Die Kommission legt für die vorgesehene Rechtsgrundlage eines jeden Vorschlags eine klare und umfassende Begründung vor. Im Falle einer Änderung der Rechtsgrundlage nach Vorlage des Vorschlags der Kommission wird unter uneingeschränkter Beachtung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften das Europäische Parlament von dem betreffenden Organ erneut ordnungsgemäß konsultiert.

15. Die Kommission legt in der Begründung ihrer Vorschläge in allen Fällen dar, welche Rechtsvorschriften auf Gemeinschaftsebene in dem betreffenden Bereich bestehen. Die Kommission rechtfertigt in ihren Begründungen die vorgeschlagenen Maßnahmen auch im Hinblick auf die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit. Ebenso legt sie den Umfang und die Ergebnisse der von ihr durchgeführten vorherigen Konsultationen und Folgenabschätzungen dar.

Anwendung alternativer Regulierungsverfahren

16. Die drei Organe erinnern an die Verpflichtung der Gemeinschaft, gemäß dem Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit Rechtsvorschriften nur soweit erforderlich zu erlassen. Sie erkennen an, dass es zweckmäßig ist, in geeigneten Fällen und sofern der EG-Vertrag nicht die Verwendung eines bestimmten Rechtsinstruments vorschreibt, auf alternative Regulierungsmechanismen zurückzugreifen.

17. Die Kommission stellt sicher, dass die Anwendung von Koregulierungs- oder Selbstregulierungsmechanismen stets dem Gemeinschaftsrecht entspricht und dass dabei Kriterien der Transparenz (insbesondere öffentlicher Zugang zu den Vereinbarungen) und der Repräsentativität der betroffenen Parteien beachtet werden. Die Anwendung eines solchen Mechanismus muss darüber hinaus einen Mehrwert von allgemeinem Interesse darstellen. Diese Mechanismen sind nicht anwendbar, wenn es um Grundrechte oder wichtige politische Entscheidungen geht oder in Situationen, in denen die Bestimmungen einheitlich in sämtlichen Mitgliedstaaten angewendet werden müssen. Sie müssen eine rasche und flexible Regulierung gewährleisten, die weder die Grundsätze des Wettbewerbs noch die Einheitlichkeit des Binnenmarkts gefährdet.

- Die Koregulierung

18. Unter Koregulierung ist der Mechanismus zu verstehen, durch den ein gemeinschaftlicher Rechtsakt die Verwirklichung der von der Rechtsetzungsbehörde festgelegten Ziele den in dem betreffenden Bereich anerkannten Parteien überträgt (insbesondere den Wirtschaftsteilnehmern, den Sozialpartnern, den Nichtregierungsorganisationen oder den Verbänden).

Ein solcher Mechanismus kann auf der Grundlage von im Rechtsakt festgelegten Kriterien angewendet werden, um die Anpassung der Rechtsvorschriften an die Probleme und die betreffenden Sektoren zu gewährleisten, um die Rechtsetzung durch eine Konzentration auf die wesentlichen Aspekte zu erleichtern und um die Erfahrung der betroffenen Parteien zu nutzen.

19. Der Rechtsakt muss den im EG-Vertrag definierten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. Bei Vereinbarungen zwischen Sozialpartnern müssen die Bestimmungen der Artikel 138 und 139 EG-Vertrag beachtet werden. Die Kommission legt der zuständigen Rechtsetzungsbehörde in der Begründung ihrer Vorschläge dar, aus welchen Gründen sie die Anwendung eines solchen Mechanismus vorschlägt.

20. In dem vom Basisrechtsakt festgelegten Rahmen können die von dem Rechtsakt betroffenen Parteien freiwillige Vereinbarungen zur Festlegung der entsprechenden Modalitäten treffen.

Die Entwürfe von Vereinbarungen werden der Rechtsetzungsbehörde von der Kommission übermittelt. Entsprechend ihren Verantwortlichkeiten überprüft die Kommission die Übereinstimmung dieser Vereinbarungsentwürfe mit dem Gemeinschaftsrecht (und insbesondere mit dem Basisrechtsakt).

Der Basisrechtsakt kann, insbesondere auf Antrag des Europäischen Parlaments oder des Rates, im Einzelfall mit Rücksicht auf seinen Gegenstand vorsehen, dass diesen beiden Organen eine Frist von zwei Monaten nach Übermittlung des Vereinbarungsentwurfs eingeräumt wird. Innerhalb dieser Frist kann jedes der Organe entweder Änderungen vorschlagen, falls die Auffassung vertreten wird, dass der Vereinbarungsentwurf den von der Rechtsetzungsbehörde festgelegten Zielen nicht entspricht, oder dem Wirksamwerden der Vereinbarung widersprechen und, falls dies angebracht ist, die Kommission auffordern, einen Vorschlag für einen Rechtsakt vorzulegen.

21. In dem Rechtsakt, der die Grundlage für einen Koregulierungsmechanismus darstellt, wird der mögliche Umfang der Koregulierung in dem betreffenden Bereich angegeben. Die zuständige Rechtsetzungsbehörde legt in diesem Rechtsakt die einschlägigen Maßnahmen fest, die im Zuge der Kontrolle der Anwendung zu ergreifen sind, falls die Vereinbarung von einer oder mehreren der betroffenen Parteien nicht eingehalten wird oder wenn die Vereinbarung scheitert. Diese Maßnahmen können etwa darin bestehen, dass eine regelmäßige Unterrichtung der Rechtsetzungsbehörde durch die Kommission in Bezug auf die Kontrolle der Anwendung oder eine Revisionsklausel vorgesehen wird, der zufolge die Kommission nach Ablauf einer bestimmten Frist Bericht erstattet und gegebenenfalls eine Änderung des Rechtsakts oder andere geeignete Rechtsetzungsmaßnahmen vorschlägt.

- Die Selbstregulierung

22. Unter Selbstregulierung ist die Möglichkeit zu verstehen, dass Wirtschaftsteilnehmer, Sozialpartner, Nichtregierungsorganisationen oder Verbände untereinander und für sich gemeinsame Leitlinien auf europäischer Ebene (unter anderem Verhaltenskodizes oder sektorale Vereinbarungen) annehmen.

Generell implizieren solche auf Freiwilligkeit beruhenden Initiativen keine Stellungnahme der Organe, insbesondere dann nicht, wenn sie sich auf Bereiche beziehen, die von den Verträgen nicht abgedeckt sind oder in denen die Union noch keine Rechtsvorschriften erlassen hat. Im Rahmen ihrer Verantwortlichkeiten prüft die Kommission die Praktiken der Selbstregulierung, um ihre Übereinstimmung mit den Bestimmungen des EG-Vertrags zu prüfen.

23. Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament und den Rat über die Praktiken der Selbstregulierung, die sie zum einen der Verwirklichung der Ziele des EG-Vertrags für dienlich und für mit den Bestimmungen des EG-Vertrags vereinbar hält und zum anderen im Hinblick auf die Repräsentativität der betroffenen Parteien, die sektorale und geografische Abdeckung und den Mehrwert der eingegangenen Verpflichtungen für zufrieden stellend hält. Sie prüft gleichwohl die Möglichkeit, einen Vorschlag für einen Rechtsakt zu unterbreiten, insbesondere auf Antrag der zuständigen Rechtsetzungsbehörde oder im Falle der Nichteinhaltung dieser Praktiken.

Durchführungsmaßnahmen (Ausschussverfahren)

24. Die drei Organe unterstreichen die wichtige Rolle, die die Durchführungsmaßnahmen in der Rechtsetzung spielen. Sie verweisen auf die Ergebnisse des Konvents zur Zukunft Europas bezüglich der Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse.

Das Europäische Parlament und der Rat betonen, dass sie im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten mit der Prüfung des von der Kommission am 11. Dezember 2002 angenommenen Vorschlags zur Änderung des Beschlusses 1999/468/EG des Rates(7) begonnen haben.

Verbesserte Qualität der Rechtsetzung

25. Die drei Organe stellen bei der Ausübung ihrer jeweiligen Zuständigkeiten die Qualität der Rechtsetzung sicher, d.h. ihre Klarheit, Einfachheit und Effizienz. Sie sind der Auffassung, dass eine Verbesserung des Konsultationsprozesses zur Vorbereitung der Rechtsetzung und eine stärkere Inanspruchnahme sowohl vorheriger als auch nachträglicher Folgenabschätzungen zu diesem Ziel beitragen. Sie sind entschlossen, die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 22. Dezember 1998 über gemeinsame Leitlinien für die redaktionelle Qualität der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften uneingeschränkt anzuwenden.

a) Konsultation zur Vorbereitung der Rechtsetzung

26. In der Phase vor der Vorlage von Rechtsetzungsvorschlägen nimmt die Kommission unter Unterrichtung des Europäischen Parlaments und des Rates möglichst umfassende Konsultationen vor, deren Ergebnisse öffentlich zugänglich gemacht werden. In Einzelfällen, in denen die Kommission dies für angebracht hält, kann sie ein Konsultationsdokument zur Vorbereitung der Rechtsetzung vorlegen, zu dem das Europäische Parlament und der Rat eine Stellungnahme abgeben können.

b) Folgenabschätzungen

27. Gemäß dem Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit trägt die Kommission in ihren Rechtsetzungsvorschlägen deren finanziellen oder administrativen Auswirkungen, insbesondere für die Union und die Mitgliedstaaten, in gebührender Weise Rechnung. Darüber hinaus tragen die drei Organe, soweit es sie jeweils betrifft, der Zielsetzung Rechnung, eine angemessene und wirksame Anwendung in den Mitgliedstaaten zu gewährleisten.

28. Die drei Organe sind sich über den positiven Beitrag der Folgenabschätzungen zur Verbesserung der Qualität der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften im Hinblick sowohl auf ihren Anwendungsbereich und als auch auf ihren Inhalt einig.

29. Die Kommission setzt die Durchführung des integrierten Verfahrens zur vorherigen Abschätzung der Folgen wichtiger Rechtsetzungsvorhaben fort, wobei die Folgenabschätzungen unter anderem zu den wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Aspekten in einer einzigen Beurteilung zusammengeführt werden. Die Ergebnisse dieser Abschätzungen werden dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Öffentlichkeit umfassend und frei zugänglich gemacht. Die Kommission legt in der Begründung ihrer Vorschläge dar, inwiefern die Folgenabschätzungen diese beeinflusst haben.

30. Sofern das Verfahren der Mitentscheidung Anwendung findet, können das Europäische Parlament und der Rat auf der Grundlage gemeinsam festgelegter Kriterien und Verfahren vor der Annahme einer wesentlichen Abänderung im Rahmen der ersten Lesung oder im Stadium der Vermittlung ebenfalls Folgenabschätzungen vornehmen lassen. Im Anschluss an die Annahme dieser Vereinbarung stellen die drei Organe so bald wie möglich eine Bilanz ihrer jeweiligen Erfahrungen auf und prüfen die Möglichkeit, ein gemeinsames methodisches Vorgehen festzulegen.

c) Kohärenz der Texte

31. Das Europäische Parlament und der Rat ergreifen alle geeigneten Maßnahmen, um eine eingehende Überprüfung der Formulierung von im Mitentscheidungsverfahren erlassenen Texten durch ihre jeweiligen Dienststellen zu verstärken und auf diese Weise jegliche Ungenauigkeit oder Inkohärenz zu verhindern. Dazu können die Organe eine kurze Frist vereinbaren, die derartige juristische Überprüfungen vor der endgültigen Annahme eines Rechtsakts ermöglicht.

Verbesserte Umsetzung und Anwendung

32. Die drei Organe betonen, wie wichtig es ist, dass die Mitgliedstaaten Artikel 10 EG-Vertrag beachten, fordern die Mitgliedstaaten auf, für eine korrekte und rasche Umsetzung des Gemeinschaftsrechts in nationales Recht innerhalb der vorgeschriebenen Fristen zu sorgen, und sind der Auffassung, dass eine solche Umsetzung für eine kohärente und effiziente Anwendung dieser Rechtsvorschriften durch die Gerichte, Verwaltungen, Bürger, Wirtschaftsteilnehmer und durch die Sozialpartner unerlässlich ist.

33. Die drei Organe stellen sicher, dass alle Richtlinien eine bindende Frist für die Umsetzung ihrer Bestimmungen in nationales Recht enthalten. Sie sehen in den Richtlinien eine möglichst kurze Umsetzungsfrist vor, die in der Regel zwei Jahre nicht überschreitet. Die drei Organe wünschen, dass die Mitgliedstaaten ihre Anstrengungen zur Umsetzung der Richtlinien innerhalb der darin angegebenen Fristen verstärken. In diesem Zusammenhang nehmen das Europäische Parlament und der Rat zur Kenntnis, dass die Kommission beabsichtigt, die Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten zu verstärken.

Die drei Organe verweisen darauf, dass die Kommission nach dem EG-Vertrag die Möglichkeit hat, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, wenn ein Mitgliedstaat die Umsetzungsfrist nicht einhält; das Europäische Parlament und der Rat nehmen die von der Kommission in diesem Bereich eingegangenen Verpflichtungen zur Kenntnis(8).

34. Die Kommission erstellt Jahresberichte über die Umsetzung der Richtlinien in den einzelnen Mitgliedstaaten, verbunden mit Aufstellungen, in denen die Umsetzungsquoten angegeben sind. Diese Berichte werden dem Europäischen Parlament und dem Rat übermittelt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Der Rat wirkt darauf hin, dass die Mitgliedstaaten für ihre eigenen Zwecke und im Interesse der Gemeinschaft eigene Aufstellungen vornehmen, aus denen im Rahmen des Möglichen die Entsprechungen von Richtlinien und Umsetzungsmaßnahmen zu entnehmen sind, und diese zu veröffentlichen. Er ersucht die Mitgliedstaaten, möglichst rasch einen Koordinator für die Umsetzung zu benennen, sofern sie dies noch nicht getan haben.

Vereinfachung und Verringerung des Umfangs der Rechtsvorschriften

35. Um die Anwendung des Gemeinschaftsrechts zu erleichtern und dessen Verständlichkeit zu verbessern, kommen die drei Organe überein, die geltenden Rechtsvorschriften zum einen zu aktualisieren und ihren Umfang zu verringern und sie zum anderen erheblich zu vereinfachen. Sie stützen sich zu diesem Zweck auf das Mehrjahresprogramm der Kommission.

Die Aktualisierung und Verringerung des Umfangs der Rechtsvorschriften erfolgen unter anderem durch die Aufhebung von Rechtsakten, die nicht mehr angewendet werden, und die Kodifizierung oder Neufassung der übrigen Rechtsakte.

Die Vereinfachung der Rechtsakte zielt auf eine Verbesserung und Anpassung der Rechtsvorschriften durch eine Änderung oder Ersetzung der für ihre Anwendung zu schwerfälligen und zu komplexen Rechtsakte und Vorschriften ab. Dies erfolgt durch die Neufassung bestehender Rechtsakte oder durch neue Rechtsetzungsvorschläge, wobei der Wesensgehalt der Gemeinschaftspolitiken gewahrt wird. In diesem Rahmen wählt die Kommission auf der Grundlage von nach Konsultation der Rechtsetzungsbehörde festgelegten Kriterien die Bereiche des geltenden Rechts aus, die vereinfacht werden sollen.

36. Binnen sechs Monaten nach dem Wirksamwerden dieser Vereinbarung werden das Europäische Parlament und der Rat, die als Rechtsetzungsbehörde für die abschließende Annahme der Vorschläge für vereinfachte Rechtsakte zuständig sind, ihre Arbeitsmethoden ändern und beispielsweise Ad-hoc-Strukturen schaffen, die speziell für die Vereinfachung von Rechtsakten zuständig sind.

Durchführung und Begleitung der Vereinbarung

37. Die Durchführung dieser Vereinbarung wird von der Hochrangigen Technischen Arbeitsgruppe für die interinstitutionelle Zusammenarbeit begleitet.

38. Die drei Organe ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um ihren zuständigen Dienststellen geeignete Mittel und Ressourcen für eine ordnungsgemäße Durchführung dieser Vereinbarung zur Verfügung zu stellen.

Hecho en Estrasburgo, el dieciseis de diciembre de dos mil tres.

Udfærdiget i Strasbourg den sekstende december to tusind og tre.

Geschehen zu Straßburg am sechzehnten Dezember zweitausendunddrei.

Έγινε στις Στρασβούργο, στις δέκα έξι Δεκεμβρίου δύο χιλιάδες τρία.

Done at Strasbourg on the sixteenth day of December in the year two thousand and three.

Fait à Strasbourg, le seize décembre deux mille trois.

Fatto a Strasburgo, addi' sedici dicembre duemilatre.

Gedaan te Straatsburg, de zestiende december tweeduizenddrie.

Feito em Estrasburgo, em dezasseis de Dezembro de dois mil e três.

Tehty Strasbourgissa kuudentenatoista päivänä joulukuuta vuonna kaksituhattakolme.

Som skedde i Strasbourg den sextonde december tjugohundratre.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

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Im Namen des Rates

Der Präsident

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i. V.

Im Namen der Kommission

Der Präsident

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(1) ABl. C 329 vom 6.12.1993, S. 135.

(2) ABl. C 102 vom 4.4.1996, S. 2.

(3) ABl. C 73 vom 17.3.1999, S. 1.

(4) ABl. C 77 vom 28.3.2002, S. 1.

(5) Ausschuss im Europäischen Parlament, Arbeitsgruppe und Ausschuss der Ständigen Vertreter innerhalb des Rates.

(6) Im Rahmen der vorliegenden Vereinbarung bezeichnet der Begriff "Rechtsetzungsbehörde" nur das Europäische Parlament und den Rat.

(7) ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.

(8) Mitteilung der Kommission vom 12. Dezember 2002 über die bessere Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts, KOM(2002) 725 endgültig, S. 20 und 21.