31996R2232

Verordnung (EG) Nr. 2232/96 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Oktober 1996 zur Festlegung eines Gemeinschaftsverfahrens für Aromastoffe, die in oder auf Lebensmitteln verwendet werden oder verwendet werden sollen

Amtsblatt Nr. L 299 vom 23/11/1996 S. 0001 - 0004


VERORDNUNG (EG) Nr. 2232/96 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 28. Oktober 1996 zur Festlegung eines Gemeinschaftsverfahrens für Aromastoffe, die in oder auf Lebensmitteln verwendet werden oder verwendet werden sollen

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 100a,

auf Vorschlag der Kommission (1),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),

nach Anhörung des wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses,

gemäß dem Verfahren des Artikels 189b des Vertrags (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Die Richtlinie 88/388/EWG des Rates vom 22. Juni 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Aromen zur Verwendung in Lebensmitteln und über Ausgangsstoffe für ihre Herstellung (4) sieht die Annahme geeigneter Bestimmungen über Aromastoffe durch den Rat vor.

(2) Diese geeigneten Bestimmungen gelten unbeschadet des durch die Richtlinie 88/388/EWG festgelegten allgemeinen Rahmens.

(3) Die Unterschiede zwischen den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über Aromen behindern den freien Verkehr von Lebensmitteln. Sie können zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen führen und wirken sich daher unmittelbar auf das Funktionieren des Binnenmarktes aus.

(4) Die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über Aromen, die in oder auf Lebensmitteln verwendet werden sollen, müssen in erster Linie den Erfordernissen des Schutzes der menschlichen Gesundheit sowie innerhalb der Grenzen des Gesundheitsschutzes auch wirtschaftlichen und technischen Anforderungen Rechnung tragen.

(5) Um den freien Verkehr von Lebensmitteln zu ermöglichen, ist die Angleichung dieser Rechtsvorschriften erforderlich.

(6) Die mit dieser Verordnung geplanten Gemeinschaftsmaßnahmen sind nicht nur nötig, sondern auch unerläßlich, um die gesteckten Ziele zu verwirklichen. Diese Ziele können nicht von den einzelnen Mitgliedstaaten allein erreicht werden.

(7) Für die Verwendung von Aromastoffen müssen allgemeine Kriterien festgelegt werden.

(8) Aufgrund der neuesten wissenschaftlichen Gutachten ist eine Liste von Aromastoffen festzulegen, die in oder auf Lebensmitteln verwendet werden dürfen.

(9) Diese Liste muß offen sein und entsprechend den wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen geändert werden können.

(10) Bereits zugelassene Aromastoffe, die in Verfahren oder mit Ausgangsstoffen hergestellt werden, die nicht Grundlage der Beurteilung des wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses waren, werden dem wissenschaftlichen Lebensmittelausschuß erneut zur vollständigen Beurteilung vorgelegt.

(11) Aus Gründen des Gesundheitsschutzes kann es notwendig sein, für die Verwendung bestimmter Aromastoffe Bedingungen festzulegen.

(12) Zunächst sind in ein Verzeichnis die in den Mitgliedstaaten tatsächlich verwendeten Aromastoffe aufzunehmen, gegen deren Verwendung kein Mitgliedstaat gemäß den allgemeinen Vorschriften des Vertrags Einwände erheben darf. Die Aufstellung dieses Verzeichnisses fällt nicht unter Artikel 7 der Richtlinie 88/388/EWG und erfordert daher in diesem Stadium kein Tätigwerden des wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses.

(13) Aufgrund einer Schutzklausel muß es einem Mitgliedstaat jedoch möglich sein, die Maßnahmen zu ergreifen, die geboten sind, wenn ein Aromastoff gegebenenfalls eine Gefahr für die Volksgesundheit darstellt.

(14) Nach Artikel 214 des Vertrags ist es erforderlich, den Schutz des geistigen Eigentums im Zusammenhang mit der Entwicklung und der Herstellung eines Aromastoffes sicherzustellen -

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

(1) In dieser Verordnung wird das Verfahren festgelegt, nach dem Regeln für Aromastoffe gemäß Artikel 5 Nummer 1 dritter, vierter, fünfter und sechster Gedankenstrich der Richtlinie 88/388/EWG aufgestellt werden. Diese Verordnung gilt unbeschadet der übrigen Bestimmungen der Richtlinie 88/388/EWG.

(2) Diese Verordnung betrifft Aromastoffe gemäß der Begriffsbestimmung dieser Stoffe in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe b) der Richtlinie 88/388/EWG, die in oder auf Lebensmitteln verwendet werden oder verwendet werden sollen, um ihnen einen besonderen Geruch und/oder Geschmack zu verleihen.

(3) Diese Verordnung gilt unbeschadet der Einzelrichtlinien, nach denen Aromastoffe, die in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen, für andere als die in Absatz 2 genannten Zwecke verwendet werden dürfen.

Artikel 2

(1) Die Aromastoffe müssen den im Anhang genannten allgemeinen Verwendungskriterien entsprechen.

(2) Die Liste der Aromastoffe, deren Verwendung unter Ausschluß aller anderen Aromastoffe zulässig ist, wird gemäß den Artikeln 3, 4 und 5 erstellt.

Artikel 3

(1) Innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung teilen die Mitgliedstaaten der Kommission die Liste der Aromastoffe mit, die gemäß der Richtlinie 88/388/EWG in oder auf Lebensmitteln verwendet werden dürfen, die auf ihrem Hoheitsgebiet vermarktet werden. Diese Mitteilungen enthalten alle zweckdienlichen Informationen betreffend

a) die Art dieser Aromastoffe, wie die chemische Formel, die CAS-Nummer, die EINECS-Nummer, die IUPAC-Nomenklatur, ihren Ursprung und gegebenenfalls die Bedingungen für ihre Verwendung;

b) die Lebensmittel, in oder auf denen diese Aromastoffe hauptsächlich verwendet werden;

c) die Einhaltung der Kriterien gemäß Artikel 4 der Richtlinie 88/388/EWG in jedem einzelnen Mitgliedstaat und die entsprechende Begründung.

(2) Auf der Grundlage der Mitteilungen gemäß Absatz 1 und nach Prüfung dieser Mitteilungen durch die Kommission unter Berücksichtigung des Absatzes 1 Buchstabe c) werden die Aromastoffe, deren rechtmäßige Verwendung in einem Mitgliedstaat von den übrigen Mitgliedstaaten anzuerkennen ist, in ein Verzeichnis aufgenommen, das nach dem Verfahren des Artikels 7 binnen eines Jahres nach Ablauf der Mitteilungsfrist gemäß Absatz 1 erstellt wird. Erforderlichenfalls kann dieses Verzeichnis Verwendungsbedingungen enthalten.

Diese Aromastoffe sind so zu bezeichnen, daß das geistige Eigentum ihres Herstellers geschützt ist.

(3) Stellt ein Mitgliedstaat auf der Grundlage einer ausführlichen Mitteilung, aufgrund neuer Daten oder einer nach der Erstellung des Verzeichnisses nach Absatz 2 erforderlich gewordenen Neubewertung der vorhandenen Daten fest, daß ein Aromastoff eine Gefahr für die Volksgesundheit darstellen kann, so kann er die Verwendung dieses Stoffes in seinem Hoheitsgebiet aussetzen oder einschränken. Er setzt die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten unter Angabe der Gründe für seine Entscheidung unverzüglich davon in Kenntnis.

Die Kommission prüft möglichst bald die von dem betroffenen Mitgliedstaat angeführten Gründe und konsultiert den durch den Beschluß 69/414/EWG (5) eingesetzten Ständigen Lebensmittelausschuß. Anschließend gibt die Kommission ihre Stellungnahme ab.

Vertritt die Kommission die Auffassung, daß das Verzeichnis der Aromastoffe zu ändern ist, um den Schutz der Volksgesundheit sicherzustellen, so leitet sie das Verfahren gemäß Artikel 7 ein, um diese Änderungen zu erlassen. Der Staat, der die Schutzmaßnahmen ergriffen hat, kann sie bis zum Inkrafttreten dieser Änderungen beibehalten.

Artikel 4

(1) Zur Überprüfung der Übereinstimmung der in das Verzeichnis gemäß Artikel 3 aufgenommenen Aromastoffe mit den im Anhang genannten allgemeinen Verwendungskriterien wird binnen zehn Monaten nach der Annahme des Verzeichnisses nach dem Verfahren des Artikels 7 ein Programm zur Bewertung dieser Aromastoffe beschlossen.

In diesem Programm wird insbesondere folgendes bestimmt:

- die Reihenfolge der Prioritäten, die für die Prüfung der Aromastoffe unter Berücksichtigung ihrer Verwendungen gelten;

- die Zeitpunkte, bis zu denen diese Prüfung vorgenommen werden kann;

- die Aromastoffe, die Gegenstand wissenschaftlicher Zusammenarbeit sein müssen.

(2) Die für die Vermarktung der Aromastoffe verantwortlichen Personen übermitteln der Kommission - gegebenenfalls auf deren Anfrage hin - die für die Bewertung erforderlichen Daten.

(3) Wird aufgrund der Bewertung eines Aromastoffes deutlich, daß dieser Stoff den im Anhang dargelegten allgemeinen Verwendungskriterien nicht entspricht, so wird er nach dem Verfahren des Artikels 7 aus dem Verzeichnis gestrichen.

Artikel 5

(1) Im Anschluß an die Durchführung des in Artikel 4 vorgesehenen Bewertungsprogramms wird binnen fünf Jahren nach der Annahme dieses Programms die Liste der Aromastoffe gemäß Artikel 2 Absatz 2 nach dem Verfahren des Artikels 8 beschlossen.

(2) Die Verwendung eines nicht in dem Verzeichnis des Artikels 3 Absatz 2 genannten neuen Aromastoffes kann nach dem Verfahren des Artikels 7 zugelassen werden. Zu diesem Zweck ist dieser Stoff zunächst nach dem Verfahren des Artikels 7 in das Bewertungsprogramm gemäß Artikel 4 Absatz 1 aufzunehmen. Er wird entsprechend der Bedeutung beurteilt, die ihm in diesem Programm zugewiesen wird.

Artikel 6

(1) Diese Verordnung gilt unbeschadet der Gemeinschaftsvorschriften, in denen die Verwendung bestimmter Kategorien von Aromastoffen gemäß den Begriffsbestimmungen in Artikel 1 der Richtlinie 88/388/EWG in oder auf bestimmten Lebensmitteln genehmigt wird.

(2) Die Aromastoffe dieser Kategorien müssen jedoch den allgemeinen Verwendungskriterien im Anhang entsprechen.

Artikel 7

(1) Die Kommission wird von dem Ständigen Lebensmittelausschuß, nachfolgend "Ausschuß" genannt, unterstützt.

(2) Der Vorsitzende des Ausschusses befaßt diesen von sich aus oder auf Antrag des Vertreters eines Mitgliedstaats.

(3) Der Vertreter der Kommission unterbreitet dem Ausschuß einen Entwurf der zu treffenden Maßnahmen. Der Ausschuß gibt seine Stellungnahme zu diesem Entwurf innerhalb einer Frist ab, die der Vorsitzende unter Berücksichtigung der Dringlichkeit der betreffenden Frage festsetzen kann. Die Stellungnahme wird mit der Mehrheit abgegeben, die in Artikel 148 Absatz 2 des Vertrags für die Annahme der vom Rat auf Vorschlag der Kommission zu fassenden Beschlüsse vorgesehen ist. Bei der Abstimmung im Ausschuß werden die Stimmen der Vertreter der Mitgliedstaaten gemäß dem vorgenannten Artikel gewogen. Der Vorsitzende nimmt an der Abstimmung nicht teil.

Die Kommission erläßt die beabsichtigten Maßnahmen, wenn sie mit der Stellungnahme des Ausschusses übereinstimmen.

Stimmen die beabsichtigten Maßnahmen mit der Stellungnahme des Ausschusses nicht überein oder liegt keine Stellungnahme vor, so unterbreitet die Kommission dem Rat unverzüglich einen Vorschlag für die zu treffenden Maßnahmen. Der Rat beschließt mit qualifizierter Mehrheit.

Hat der Rat nach Ablauf einer Frist von drei Monaten nach seiner Befassung keinen Beschluß gefaßt, so werden die vorgeschlagenen Maßnahmen von der Kommission erlassen.

Artikel 8

Im Fall des Artikels 5 Absatz 1 gilt das Verfahren des Artikels 7; hat jedoch der Rat nach Ablauf einer Frist von drei Monaten nach seiner Befassung keinen Beschluß gefaßt, so werden die vorgeschlagenen Maßnahmen von der Kommission erlassen, es sei denn, der Rat hat sich mit einfacher Mehrheit gegen die genannten Maßnahmen ausgesprochen.

Artikel 9

Die Mitgliedstaaten dürfen das Inverkehrbringen oder die Verwendung von Aromastoffen in oder auf Lebensmitteln nicht verbieten, beschränken oder behindern, wenn diese Aromastoffe dieser Verordnung entsprechen.

Artikel 10

Die Vorschriften zur Anpassung der bestehenden Gemeinschaftsrechtsakte an diese Verordnung werden nach dem Verfahren des Artikels 7 erlassen.

Artikel 11

Diese Verordnung tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Luxemburg am 28. Oktober 1996.

Im Namen des Parlaments

Der Präsident

K. HÄNSCH

Im Namen des Rates

Der Präsident

I. YATES

(1) ABl. Nr. C 1 vom 4. 1. 1994, S. 22, und ABl. Nr. C 171 vom 24. 6. 1994, S. 6.

(2) ABl. Nr. C 195 vom 18. 7. 1994, S. 4.

(3) Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 1994 (ABl. Nr. C 205 vom 25. 7. 1994, S. 398), gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 22. Dezember 1995 (ABl. Nr. C 59 vom 28. 2. 1996, S. 37), Beschluß des Europäischen Parlaments vom 22. Mai 1996 (ABl. Nr. C 166 vom 10. 6. 1996, S. 62) und Beschluß des Rates vom 25. Juni 1996.

(4) ABl. Nr. L 184 vom 15. 7. 1988, S. 61. Richtlinie geändert durch die Richtlinie 91/71/EWG (ABl. Nr. L 42 vom 15. 2. 1991, S. 25).

(5) ABl. Nr. L 291 vom 19. 11. 1969, S. 9.

ANHANG

ALLGEMEINE KRITERIEN FÜR DIE VERWENDUNG DER AROMASTOFFE GEMÄSS ARTIKEL 2 ABSATZ 1

1. Die Verwendung von Aromastoffen darf zugelassen werden, wenn

- sie nach der wissenschaftlichen Bewertung gemäß Artikel 7 der Richtlinie 88/388/EWG die Gesundheit des Verbrauchers nicht gefährdet,

- der Verbraucher durch sie nicht irregeführt wird.

2. Zur Bewertung möglicher schädlicher Auswirkungen eines Aromastoffes ist dieser einer geeigneten toxikologischen Bewertung zu unterziehen. Enthält ein Aromastoff einen genetisch veränderten Organismus gemäß Artikel 2 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 90/220/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt (1) oder besteht er aus einem solchen Organismus, finden die Artikel 11 bis 18 der Richtlinie 90/220/EWG keine Anwendung. Bei der Sicherheitsbewertung dieses Aromastoffes ist jedoch die in der Richtlinie 90/220/EWG geforderte Umweltsicherheit zu berücksichtigen.

3. Alle Aromastoffe müssen ständig überwacht und erforderlichenfalls neu bewertet werden.

(1) ABl. Nr. L 117 vom 8. 5. 1990, S. 15. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 94/15/EG der Kommission (ABl. Nr. L 103 vom 22. 4. 1994, S. 20).