02018R1860 — DE — 03.08.2021 — 001.001


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VERORDNUNG (EU) 2018/1860 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 28. November 2018

über die Nutzung des Schengener Informationssystems für die Rückkehr illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger

(ABl. L 312 vom 7.12.2018, S. 1)

Geändert durch:

 

 

Amtsblatt

  Nr.

Seite

Datum

►M1

VERORDNUNG (EU) 2021/1152 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 7. Juli 2021

  L 249

15

14.7.2021




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VERORDNUNG (EU) 2018/1860 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 28. November 2018

über die Nutzung des Schengener Informationssystems für die Rückkehr illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger



Artikel 1

Gegenstand und Geltungsbereich

Mit dieser Verordnung werden die Voraussetzungen und Verfahren für die Eingabe und Bearbeitung von Ausschreibungen in Bezug auf Drittstaatsangehörige, gegen die die Mitgliedstaaten eine Rückkehrentscheidung erlassen haben, in dem mit der Verordnung (EU) 2018/1861 eingerichteten Schengener Informationssystem (im Folgenden „SIS“) sowie für den Austausch von Zusatzinformationen zu diesen Ausschreibungen festgelegt.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1. 

„Rückkehr“ die Rückkehr im Sinne des Artikels 3 Nummer 3 der Richtlinie 2008/115/EG;

2. 

„Drittstaatsangehöriger“ einen Drittstaatsangehörigen im Sinne des Artikels 3 Nummer 1 der Richtlinie 2008/115/EG;

3. 

„Rückkehrentscheidung“ eine die Richtlinie 2008/115/EG achtende behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird;

4. 

„Ausschreibung“ eine Ausschreibung im Sinne des Artikels 3 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2018/1861;

5. 

„Zusatzinformationen“ die Zusatzinformationen im Sinne des Artikels 3 Nummer 2 der Verordnung (EU) 2018/1861;

6. 

„Abschiebung“ die Abschiebung im Sinne des Artikels 3 Nummer 5 der Richtlinie 2008/115/EG;

7. 

„freiwillige Ausreise“ eine freiwillige Ausreise im Sinne des Artikels 3 Nummer 8 der Richtlinie 2008/115/EG;

8. 

„ausschreibender Mitgliedstaat“ einen ausschreibenden Mitgliedstaat im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Verordnung (EU) 2018/1861;

9. 

„erteilender Mitgliedstaat“ einen erteilenden Mitgliedstaat im Sinne des Artikels 3 Nummer 11 der Verordnung (EU) 2018/1861;

10. 

„vollziehender Mitgliedstaat“ einen vollziehenden Mitgliedstaat im Sinne des Artikels 3 Nummer 12 der Verordnung (EU) 2018/1861;

11. 

„personenbezogene Daten“ personenbezogene Daten im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679;

12. 

„CS-SIS“ die technische Unterstützungseinheit des zentralen SIS nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2018/1861;

13. 

„Aufenthaltstitel“ einen Aufenthaltstitel im Sinne des Artikels 2 Nummer 16 der Verordnung (EU) 2016/399;

14. 

„Visum für den längerfristigen Aufenthalt“ ein Visum für den längerfristigen Aufenthalt gemäß Artikel 18 Absatz 1 des Übereinkommens vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen ( 1 );

15. 

„Treffer“ einen Treffer im Sinne des Artikels 3 Nummer 8 der Verordnung (EU) 2018/1861;

16. 

„Gefahr für die öffentliche Gesundheit“ eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit im Sinne des Artikels 2 Nummer 21 der Verordnung (EU) 2016/399;

17. 

„Außengrenzen“ die Außengrenzen im Sinne des Artikels 2 Nummer 2 der Verordnung (EU) 2016/399.

Artikel 3

Eingabe von Ausschreibungen zur Rückkehr in das SIS

(1)  
Die Mitgliedstaaten geben Ausschreibungen von Drittstaatsangehörigen, gegen die eine Rückkehrentscheidung ergangen ist, in das SIS ein, um überprüfen zu können, ob der Rückkehrverpflichtung nachgekommen wurde, und um die Vollstreckung der Rückkehrentscheidungen zu unterstützen. Nach dem Erlass der Rückkehrentscheidung wird unverzüglich eine Ausschreibung zur Rückkehr in das SIS eingegeben.
(2)  
Die Mitgliedstaaten können davon absehen, Ausschreibungen zur Rückkehr in das SIS einzugeben, wenn die Rückkehrentscheidungen Drittstaatsangehörige betreffen, die bis zur Abschiebung in Haft genommen wurden. Wenn die betreffenden Drittstaatsangehörigen aus der Haft entlassen, aber nicht abgeschoben werden, wird unverzüglich eine Ausschreibung zur Rückkehr in das SIS eingegeben.
(3)  
Die Mitgliedstaaten können auch davon absehen, Ausschreibungen zur Rückkehr einzugeben, wenn die Rückkehrentscheidung an der Außengrenze eines Mitgliedstaats erlassen und umgehend vollstreckt wird.
(4)  
Die Frist für die freiwillige Ausreise, die gemäß Artikel 7 der Richtlinie 2008/115/EG gewährt wurde, wird umgehend in der Ausschreibung zur Rückkehr vermerkt. Jegliche Verlängerung dieser Frist wird unverzüglich in der Ausschreibung vermerkt.
(5)  
Jede Aussetzung und jeder Aufschub der Vollstreckung der Rückkehrentscheidung, einschließlich infolge der Einlegung eines Rechtsmittels, werden umgehend in der Ausschreibung zur Rückkehr vermerkt.

Artikel 4

Kategorien von Daten

(1)  

Eine im Einklang mit Artikel 3 in das SIS eingegebene Ausschreibung zur Rückkehr darf nur folgende Daten umfassen:

a) 

Nachnamen;

b) 

Vornamen;

c) 

Geburtsnamen;

d) 

früher verwendete Namen und Aliasnamen;

e) 

Geburtsort;

f) 

Geburtsdatum;

g) 

Geschlecht;

h) 

sämtliche Staatsangehörigkeiten;

i) 

Angabe, ob die betreffende Person

i) 

bewaffnet ist,

ii) 

gewalttätig ist,

iii) 

flüchtig oder entflohen ist,

iv) 

selbstmordgefährdet ist,

v) 

eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellt oder

vi) 

an einer Aktivität im Sinne der Artikel 3 bis 14 der Richtlinie (EU) 2017/541 beteiligt ist;

j) 

den Ausschreibungsgrund;

k) 

die Behörde, die die Ausschreibung erstellt hat;

l) 

eine Bezugnahme auf die Entscheidung, die der Ausschreibung zugrunde liegt;

m) 

die im Falle eines Treffers zu ergreifende Maßnahme;

n) 

Verknüpfungen mit anderen Ausschreibungen gemäß Artikel 48 der Verordnung (EU) 2018/1861;

o) 

Angabe, ob die Rückkehrentscheidung gegen einen Drittstaatsangehörigen ergeht, der eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstellt;

p) 

die Art der Straftat;

q) 

die Art der Identifizierungsdokumente der Person;

r) 

das Ausstellungsland der Identifizierungsdokumente der Person;

s) 

die Nummer(n) der Identifizierungsdokumente der Person;

t) 

das Ausstellungsdatum der Identifizierungsdokumente der Person;

u) 

Lichtbilder und Gesichtsbilder;

v) 

daktyloskopische Daten;

w) 

eine Kopie der Identifizierungsdokumente, möglichst in Farbe;

x) 

letzter Tag der Frist für die freiwillige Ausreise, sofern eine solche Frist gewährt wurde;

y) 

Angabe, ob die Rückkehrentscheidung ausgesetzt wurde oder ob die Vollstreckung der Entscheidung aufgeschoben wurde, einschließlich infolge der Einlegung eines Rechtsmittels;

z) 

Angabe, ob die Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot verbunden ist, das die Grundlage für eine Ausschreibung zur Einreise- und Aufenthaltsverweigerung gemäß Artikel 24 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2018/1861 bildet.

(2)  
Der zur Eingabe einer Ausschreibung in das SIS erforderliche Mindestdatensatz besteht aus den Daten nach Maßgabe des Absatzes 1 Buchstaben a, f, j, l, m, x und z. Die übrigen Daten nach dem genannten Absatz werden, sofern vorhanden, ebenfalls in das SIS eingegeben.
(3)  

Die daktyloskopischen Daten nach Absatz 1 Buchstabe v können aus:

a) 

ein bis zehn flachen Fingerabdrücken und ein bis zehn abgerollten Fingerabdrücken des betroffenen Drittstaatsangehörigen bestehen;

b) 

bei Drittstaatsangehörigen, bei denen die Erfassung von Fingerabdrücken nicht möglich ist, aus bis zu zwei Handabdrücken bestehen;

c) 

bei Drittstaatsangehörigen, die aufgrund einer strafrechtlichen Sanktion rückkehrpflichtig sind oder die eine Straftat in dem Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats begangen haben, der die Rückkehrentscheidung erlassen hat, bis zu zwei Handabdrücken bestehen.

Artikel 5

Für den Austausch von Zusatzinformationen zuständige Behörde

Das gemäß Artikel 7 der Verordnung (EU) 2018/1861 benannte SIRENE-Büro sorgt für den Austausch sämtlicher Zusatzinformationen über zur Rückkehr ausgeschriebene Drittstaatsangehörige gemäß den Artikeln 7 und 8 jener Verordnung.

Artikel 6

Treffer an den Außengrenzen bei der Ausreise — Rückkehrbestätigung

(1)  

Im Falle eines Treffers zu einer Ausschreibung zur Rückkehr in Bezug auf einen Drittstaatsangehörigen, der über die Außengrenzen eines Mitgliedstaats aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ausreist, teilt der vollziehende Mitgliedstaat dem ausschreibenden Mitgliedstaat im Wege des Austauschs von Zusatzinformationen mit,

a) 

dass der Drittstaatsangehörige identifiziert wurde;

b) 

wo und wann die Überprüfung stattgefunden hat;

c) 

dass der Drittstaatsangehörige das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten verlassen hat;

d) 

dass der Drittstaatsangehörige Gegenstand einer Abschiebung war, sofern dies der Fall ist.

Reist ein zur Rückkehr ausgeschriebener Drittstaatsangehöriger über die Außengrenze des ausschreibenden Mitgliedstaats aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aus, so wird die Rückkehrbestätigung im Einklang mit den nationalen Verfahren der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaats übermittelt.

(2)  
Nach Eingang der Rückkehrbestätigung löscht der ausschreibende Mitgliedstaat die Ausschreibung zur Rückkehr unverzüglich. Gegebenenfalls wird unverzüglich eine Ausschreibung zur Verweigerung der Einreise und des Aufenthalts gemäß Artikel 24 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2018/1861 eingegeben.
(3)  
Die Mitgliedstaaten übermitteln der Agentur der Europäischen Union für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (im Folgenden „eu-LISA“) vierteljährlich Statistiken darüber, in wie vielen Fällen eine bestätigte Rückkehr verzeichnet wurde und in wie vielen dieser Fälle einer bestätigten Rückkehr der Drittstaatsangehörige Gegenstand einer Abschiebung war. Die eu-LISA stellt die vierteljährlichen Statistiken in dem statistischen Jahresbericht nach Artikel 16 der vorliegenden Verordnung zusammen. Diese Statistiken dürfen keine personenbezogenen Daten enthalten.

Artikel 7

Nichtbefolgung von Rückkehrentscheidungen

(1)  
Nach Ablauf der in der Ausschreibung zur Rückkehr vermerkten Frist für die freiwillige Ausreise, einschließlich jeglicher möglicher Verlängerungen, benachrichtigt die CS-SIS benachrichtigt automatisch den ausschreibenden Mitgliedstaat.
(2)  
Unbeschadet der Verfahren gemäß Artikel 6 Absatz 1, Artikel 8 und Artikel 12 kontaktiert der vollziehende Mitgliedstaat im Fall eines Treffers zu einer Ausschreibung zur Rückkehr den ausschreibenden Mitgliedstaat umgehend im Wege des Austauschs von Zusatzinformationen, um die zu treffenden Maßnahmen festzulegen.

Artikel 8

Treffer an den Außengrenzen bei der Einreise

Im Fall eines Treffers zu einer Ausschreibung zur Rückkehr in Bezug auf einen Drittstaatsangehörigen, der über die Außengrenzen in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreist, kommt Folgendes zur Anwendung:

a) 

Wenn die Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot verbunden ist, unterrichtet der vollziehende Mitgliedstaat den ausschreibenden Mitgliedstaat umgehend im Wege des Austauschs von Zusatzinformationen. Der ausschreibende Mitgliedstaat löscht die Ausschreibung zur Rückkehr umgehend und gibt eine Ausschreibung zur Einreise- und Aufenthaltsverweigerung gemäß Artikel 24 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2018/1861 ein;

b) 

wenn die Rückkehrentscheidung nicht mit einem Einreiseverbot verbunden ist, unterrichtet der vollziehende Mitgliedstaat im Wege des Austauschs von Zusatzinformationen den ausschreibenden Mitgliedstaat umgehend, damit der ausschreibende Mitgliedstaat die Ausschreibung zur Rückkehr unverzüglich löscht.

Die Entscheidung über die Einreise des Drittstaatsangehörigen wird vom vollziehenden Mitgliedstaat im Einklang mit der Verordnung (EU) 2016/399 getroffen.

Artikel 9

Vorabkonsultation vor der Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels oder eines Visums für den längerfristigen Aufenthalt

(1)  

Erwägt ein Mitgliedstaat, einem Drittstaatsangehörigen, zu dem ein anderer Mitgliedstaat eine mit einem Einreiseverbot verbundene Ausschreibung zur Rückkehr eingegeben hat, einen Aufenthaltstitel oder ein Visum für den längerfristigen Aufenthalt zu erteilen oder zu verlängern, so konsultieren die beteiligten Mitgliedstaaten einander im Wege des Austauschs von Zusatzinformationen gemäß folgenden Regeln:

a) 

Der erteilende Mitgliedstaat konsultiert den ausschreibenden Mitgliedstaat vor der Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels oder des Visums für den längerfristigen Aufenthalt;

b) 

der ausschreibende Mitgliedstaat antwortet auf das Konsultationsersuchen binnen zehn Kalendertagen;

c) 

geht innerhalb der Frist nach Buchstabe b keine Antwort ein, so gilt, dass der ausschreibende Mitgliedstaat keine Einwände gegen die Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels oder des Visums für den längerfristigen Aufenthalt erhebt;

d) 

der erteilende Mitgliedstaat berücksichtigt bei seiner Entscheidung die Gründe für die Entscheidung des ausschreibenden Mitgliedstaats und prüft im Einklang mit dem nationalen Recht, ob die Anwesenheit des betreffenden Drittstaatsangehörigen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die öffentliche Sicherheit darstellen könnte;

e) 

der erteilende Mitgliedstaat unterrichtet den ausschreibenden Mitgliedstaat über seine Entscheidung, und

f) 

wenn der erteilende Mitgliedstaat den ausschreibenden Mitgliedstaat über seine Absicht oder seine Entscheidung unterrichtet, den Aufenthaltstitel oder das Visum für den längerfristigen Aufenthalt zu erteilen oder zu verlängern, löscht der ausschreibende Mitgliedstaat die Ausschreibung zur Rückkehr.

Die endgültige Entscheidung, ob einem Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltstitel oder ein Visum für den längerfristigen Aufenthalt erteilt wird, obliegt dem erteilenden Mitgliedstaat.

(2)  
Erwägt ein Mitgliedstaat, einem Drittstaatsangehörigen, zu dem ein anderer Mitgliedstaat eine nicht mit einem Einreiseverbot verbundene Ausschreibung zur Rückkehr eingegeben hat, einen Aufenthaltstitel oder ein Visum für den längerfristigen Aufenthalt zu erteilen oder zu verlängern, so unterrichtet der erteilende Mitgliedstaat den ausschreibenden Mitgliedstaat unverzüglich von der beabsichtigten bzw. erfolgten Erteilung eines Aufenthaltstitels oder eines Visums für den längerfristigen Aufenthalt. Der ausschreibende Mitgliedstaat löscht unverzüglich die Ausschreibung zur Rückkehr.

Artikel 10

Vorabkonsultation vor Eingabe einer Ausschreibung zur Rückkehr

Wenn ein Mitgliedstaat, der eine Rückkehrentscheidung nach Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 2008/115/EG erlassen hat, die Eingabe einer Ausschreibung zur Rückkehr in Bezug auf einen Drittstaatsangehörigen, der einen von einem anderen Mitgliedstaat erteilten gültigen Aufenthaltstitel oder ein gültiges Visum für den längerfristigen Aufenthalt besitzt, erwägt, so konsultieren die beteiligten Mitgliedstaaten einander im Wege des Austauschs von Zusatzinformationen gemäß folgenden Regeln:

a) 

Der Mitgliedstaat, der die Rückkehrentscheidung erlassen hat, unterrichtet den erteilenden Mitgliedstaat über diese Entscheidung;

b) 

die Informationen, die gemäß Buchstabe a ausgetauscht wurden, umfassen ausreichende Einzelheiten zu den Gründen für die Rückkehrentscheidung;

c) 

auf der Grundlage der Informationen, die von dem Mitgliedstaat, der die Rückkehrentscheidung erlassen hat, bereitgestellt wurden, prüft der erteilende Mitgliedstaat, ob es Gründe für den Entzug des Aufenthaltstitels oder des Visums für den längerfristigen Aufenthalt gibt;

d) 

der erteilende Mitgliedstaat berücksichtigt bei seiner Entscheidung die Gründe für die Entscheidung des Mitgliedstaats, der die Rückkehrentscheidung erlassen hat, und prüft im Einklang mit dem nationalen Recht, ob die Anwesenheit des betreffenden Drittstaatsangehörigen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die öffentliche Sicherheit darstellen könnte;

e) 

binnen 14 Kalendertagen nach Eingang des Konsultationsersuchens unterrichtet der erteilende Mitgliedstaat den Mitgliedstaat, der die Rückkehrentscheidung erlassen hat, über seine Entscheidung; wenn es dem erteilenden Mitgliedstaat innerhalb dieses Zeitraums nicht möglich war, zu einer Entscheidung zu gelangen, stellt er einen begründeten Antrag auf ausnahmsweise Verlängerung der Antwortfrist um höchstens 12 weitere Kalendertage;

f) 

wenn der erteilende Mitgliedstaat den Mitgliedstaat, der die Rückkehrentscheidung erlassen hat, darüber unterrichtet, dass er den Aufenthaltstitel oder das Visum für den längerfristigen Aufenthalt aufrechterhält, gibt der Mitgliedstaat, der die Rückkehrentscheidung erlassen hat, die Ausschreibung zur Rückkehr nicht ein.

Artikel 11

Nachträgliche Konsultation nach der Eingabe einer Ausschreibung zur Rückkehr

Stellt sich heraus, dass ein Mitgliedstaat eine Ausschreibung zur Rückkehr in Bezug auf einen Drittstaatsangehörigen, der einen von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitel oder ein von einem anderen Mitgliedstaat ausgestelltes gültiges Visum für einen längerfristigen Aufenthalt besitzt, eingegeben hat, kann der ausschreibende Mitgliedstaat beschließen, die Rückkehrentscheidung aufzuheben. Im Falle einer solchen Aufhebung löscht er umgehend die Ausschreibung zur Rückkehr. Wenn der ausschreibende Mitgliedstaat jedoch beschließt, die gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 2008/115/EG erlassene Rückkehrentscheidung aufrechtzuerhalten, so konsultieren die beteiligten Mitgliedstaaten einander im Wege des Austauschs von Zusatzinformationen gemäß folgenden Regeln:

a) 

Der ausschreibende Mitgliedstaat unterrichtet den erteilenden Mitgliedstaat über seine Rückkehrentscheidung;

b) 

die gemäß Buchstabe a ausgetauschten Informationen enthalten ausreichende Angaben zu den Gründen für die Ausschreibung zur Rückkehr;

c) 

der erteilende Mitgliedstaat prüft auf der Grundlage der durch den ausschreibenden Mitgliedstaat bereitgestellten Informationen, ob es Gründe für den Entzug des Aufenthaltstitels oder des Visums für den längerfristigen Aufenthalt gibt;

d) 

der erteilende Mitgliedstaat berücksichtigt bei seiner Entscheidung die Gründe für die Entscheidung des ausschreibenden Mitgliedstaats und prüft im Einklang mit dem nationalen Recht, ob die Anwesenheit des betreffenden Drittstaatsangehörigen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die öffentliche Sicherheit darstellen könnte;

e) 

binnen 14 Kalendertagen nach Eingang des Konsultationsersuchens unterrichtet der erteilende Mitgliedstaat den ausschreibenden Mitgliedstaat über seine Entscheidung; wenn es dem erteilenden Mitgliedstaat innerhalb dieses Zeitraums nicht möglich war, zu einer Entscheidung zu gelangen, stellt er einen begründeten Antrag auf ausnahmsweise Verlängerung der Antwortfrist um höchstens 12 weitere Kalendertage;

f) 

wenn der erteilende Mitgliedstaat den ausschreibenden Mitgliedstaat darüber unterrichtet, dass er den Aufenthaltstitel oder das Visum für den längerfristigen Aufenthalt aufrechterhält, löscht der ausschreibende Mitgliedstaat umgehend die Ausschreibung zur Rückkehr.

Artikel 12

Konsultation bei einem Treffer zu einem Drittstaatsangehörigen mit einem gültigen Aufenthaltstitel oder einem gültigem Visum für den längerfristigen Aufenthalt

Erhält ein Mitgliedstaat einen Treffer, der durch eine Ausschreibung zur Rückkehr ausgelöst wird, die von einem Mitgliedstaat in Bezug auf einen Drittstaatsangehörigen eingegeben worden ist, der Inhaber eines gültigen, von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Aufenthaltstitels oder eines gültigen Visums für den längerfristigen Aufenthalt ist, so konsultieren die beteiligten Mitgliedstaaten einander im Wege des Austauschs von Zusatzinformationen gemäß folgenden Regeln:

a) 

Der vollziehende Mitgliedstaat unterrichtet den ausschreibenden Mitgliedstaat über die Situation;

b) 

der ausschreibende Mitgliedstaat leitet das Verfahren nach Artikel 11 ein;

c) 

der ausschreibende Mitgliedstaat unterrichtet den vollziehenden Mitgliedstaat im Anschluss an die Konsultation über die Ergebnisse.

Artikel 13

Statistiken zum Informationsaustausch

Die Mitgliedstaaten übermitteln der eu-LISA jährlich Statistiken über den Austausch von Informationen nach den Artikeln 8 bis 12 sowie über die Fälle, in denen die Fristen gemäß den genannten Artikeln nicht eingehalten wurden.

Artikel 14

Löschung von Ausschreibungen

(1)  
Zusätzlich zu den Bestimmungen der Artikel 6 und 8 bis 12 werden Ausschreibungen zur Rückkehr gelöscht, wenn die zuständige Behörde die Entscheidung, aufgrund deren die Ausschreibung eingegeben wurde, zurückgenommen oder für nichtig erklärt hat. Ausschreibungen zur Rückkehr werden auch gelöscht, wenn der betroffene Drittstaatsangehörige nachweisen kann, dass er das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gemäß der entsprechenden Rückkehrentscheidung verlassen hat.
(2)  
Ausschreibungen zur Rückkehr in Bezug auf eine Person, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats oder eines anderen Staates erworben hat, dessen Staatsangehörige nach dem Unionsrecht das Recht auf Freizügigkeit genießen, werden gelöscht, sobald der ausschreibende Mitgliedstaat Kenntnis davon erlangt oder nach Artikel 44 der Verordnung (EU) 2018/1861 darüber informiert wird, dass die betreffende Person eine solche Staatsangehörigkeit erworben hat.

Artikel 15

Übermittlung personenbezogener Daten an Drittländer für die Zwecke der Rückkehr

(1)  
Abweichend von Artikel 50 der Verordnung (EU) 2018/1861 dürfen die in Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben a, b, c, d, e, f, g, h, q, r, s, t, u, v und w der vorliegenden Verordnung genannten Daten und die damit verbundenen Zusatzinformationen mit Genehmigung des ausschreibenden Mitgliedstaats einem Drittland übermittelt oder zur Verfügung gestellt werden.
(2)  
Die Übermittlung der Daten an ein Drittland erfolgt gemäß den einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts, insbesondere den Bestimmungen in Bezug auf den Schutz personenbezogener Daten, einschließlich des Kapitels V der Verordnung (EU) 2016/679, und gegebenenfalls gemäß den Rückübernahmeabkommen sowie dem nationalen Recht des Mitgliedstaats, der die Daten übermittelt.
(3)  

Die Übermittlung von Daten an ein Drittland erfolgt nur, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a) 

Die Daten werden ausschließlich für den Zweck, einen illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen im Hinblick auf seine Rückkehr zu identifizieren und ihm ein Identifizierungs- oder Reisedokument auszustellen, übermittelt oder zur Verfügung gestellt;

b) 

dem betreffenden Drittstaatsangehörigen wurde mitgeteilt, dass seine personenbezogenen Daten und Zusatzinformationen den Behörden eines Drittlandes mitgeteilt werden können.

(4)  
Die Übermittlungen personenbezogener Daten an Drittländer nach diesem Artikel berühren weder die Rechte von Personen, die internationalen Schutz beantragt haben oder genießen, insbesondere hinsichtlich der Nichtzurückweisung, noch das Verbot der Weitergabe oder Einholung von Informationen nach Artikel 30 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates ( 2 ).
(5)  
Nach dieser Verordnung im SIS verarbeitete Daten und damit verbundene ausgetauschte Zusatzinformationen dürfen einem Drittland nicht zur Verfügung gestellt werden, wenn die Vollstreckung der Rückkehrentscheidung ausgesetzt oder aufgeschoben wurde, einschließlich infolge der Einlegung eines Rechtsmittels aus dem Grunde, dass eine solche Rückkehr gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung verstoßen würde.
(6)  
Die Anwendung der Verordnung (EU) 2016/679 — auch im Hinblick auf die Übermittlung personenbezogener Daten an Drittländer gemäß diesem Artikel und insbesondere auf die Nutzung, die Verhältnismäßigkeit und die Notwendigkeit von Übermittlungen auf der Grundlage des Artikels 49 Absatz 1 Buchstabe d der genannten Verordnung — wird von den gemäß Artikel 51 Absatz 1 jener Verordnung eingerichteten unabhängigen Aufsichtsbehörden überwacht.

Artikel 16

Statistiken

eu-LISA erstellt tägliche, monatliche und jährliche Statistiken, sowohl nach Mitgliedstaaten aufgeschlüsselt als auch insgesamt, über die Zahl der in das SIS eingegebenen Ausschreibungen zur Rückkehr. Diese Statistiken umfassen Daten gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe y, über die Zahl der in Artikel 7 Absatz 1 genannten Benachrichtigungen und über die Zahl der gelöschten Ausschreibungen zur Rückkehr. eu-LISA erstellt Statistiken über die von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 6 Absatz 3 und Artikel 13 übermittelten Daten. Die Statistiken dürfen keine personenbezogenen Daten enthalten.

Diese Statistiken werden in den in Artikel 60 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2018/1861 vorgesehenen statistischen Jahresbericht aufgenommen.

Artikel 17

Zum Zugriff auf die Daten im SIS berechtigte Behörden

(1)  
Der Zugriff auf die Daten im SIS und das Recht, diese Daten abzufragen, ist den in Artikel 34 Absätze 1, 2 und 3 der Verordnung (EU) 2018/1861 genannten nationalen zuständigen Behörden vorbehalten.
(2)  
Europol hat im Rahmen seines Auftrags das Recht, gemäß Artikel 35 der Verordnung (EU) 2018/1861 auf die in das SIS eingegebenen Daten zuzugreifen und sie abzufragen, um die Tätigkeit der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und ihre gegenseitige Zusammenarbeit bei der Verhütung und Bekämpfung der Migrantenschleusung und der Erleichterung irregulärer Migration zu unterstützen und zu verstärken.
(3)  
Die Mitglieder der in Artikel 2 Nummern 8 und 9 der Verordnung (EU) 2016/1624 genannten Teams haben im Rahmen ihres Auftrags das Recht, gemäß Artikel 36 der Verordnung (EU) 2018/1861 für die Zwecke von Grenzkontrollen, Grenzüberwachung und Rückkehraktionen über die von der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache eingerichtete und gewartete technische Schnittstelle auf die in das SIS eingegebenen Daten zuzugreifen und sie abzufragen.

Artikel 18

Bewertung

Die Kommission bewertet die Anwendung dieser Verordnung innerhalb von zwei Jahren ab dem Beginn ihrer Anwendung. Im Zuge dieser Bewertung werden die potenziellen Synergien zwischen dieser Verordnung und der Verordnung (EU) 2017/2226 des Europäischen Parlaments und des Rates ( 3 ) beurteilt.

▼M1

Artikel 19

Anwendbarkeit der Verordnung (EU) 2018/1861

Sofern in der vorliegenden Verordnung nichts anderes festgelegt ist, gelten für die im Einklang mit der vorliegenden Verordnung in das SIS eingegebenen und dort verarbeiteten Daten die in Artikel 6 bis 19, Artikel 20 Absätze 3 und 4, Artikel 21, 23, 32 und 33, Artikel 34 Absatz 5 und Artikel 36a, 36b, 36c sowie 38 bis 60 der Verordnung (EU) 2018/1861 festgelegten Bedingungen für die Eingabe, Bearbeitung und Aktualisierung von Ausschreibungen, die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und von eu-LISA, die Voraussetzungen für den Zugriff auf Ausschreibungen und die Prüffristen für Ausschreibungen, die Datenverarbeitung, den Datenschutz, die Haftung und Überwachung sowie die Statistiken.

▼B

Artikel 20

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem Tag, der von der Kommission nach Artikel 66 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2018/1861 festgelegt wird.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in den Mitgliedstaaten.



( 1 ) ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19.

( 2 ) Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 60).

( 3 ) Verordnung (EU) 2017/2226 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2017 über ein Einreise-/Ausreisesystem (EES) zur Erfassung der Ein- und Ausreisedaten sowie der Einreiseverweigerungsdaten von Drittstaatsangehörigen an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und zur Festlegung der Bedingungen für den Zugang zum EES zu Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecken und zur Änderung des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen sowie der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008 und (EU) Nr. 1077/2011 (ABl. L 327 vom 9.12.2017, S. 20).