24.9.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 250/23


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 23. Juni 2010

über die von Frankreich gewährten steuerlichen Beihilfen für den „Fonds de prévention des aléas de pêche et aux entreprises de pêche“ (Fonds für die Prävention von Risiken im Zusammenhang mit den Tätigkeiten des Fischereisektors) (staatliche Beihilfe C 24/08, ex NN 38/2007)

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2010) 3938)

(Nur der französische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2010/569/EU)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1 (1),

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (2), insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung (3) gemäß den genannten Artikeln,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Im Rahmen der Untersuchung zu den für den Fonds für die Prävention von Risiken im Zusammenhang mit den Tätigkeiten des Fischereisektors („Fonds de prévention des aléas pêche“, im Folgenden „FPAP“) und die Fischereiunternehmen gewährten Beihilfen, die zur Entscheidung 2008/936/EG der Kommission vom 20. Mai 2008 (4) geführt hatte, hatte die Kommission von der Existenz einer besonderen Steuerregelung zugunsten des FPAP und von dessen Mitgliedern erfahren.

(2)

Diese Steuerregelung war im Verfahren, das zur Entscheidung vom 20. Mai 2008 geführt hatte, nicht untersucht worden, denn es handelte sich um einen neuen Tatbestand, welcher der Kommission zum Zeitpunkt der Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens nicht bekannt war (5).

(3)

Da die Kommission aber der Auffassung war, dass sie über genügend greifbare Hinweise verfügte, die auf das Vorliegen rechtswidriger Beihilfen schließen ließen, beschloss sie, diese steuerlichen Beihilfen in einer Voruntersuchung zu prüfen (6). Im Anschluss an diese Analyse leitete sie ebenfalls per Entscheidung vom 20. Mai 2008 (7) das förmliche Prüfverfahren gegen die besagten Beihilfen ein.

(4)

Die Kommission forderte die Beteiligten auf, sich innerhalb eines Monats nach dem Zeitpunkt der Veröffentlichung zu äußern. Es ist keine Stellungnahme von beteiligten Dritten eingegangen.

(5)

Frankreich nahm mit Schreiben vom 8. September 2008 zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens Stellung.

(6)

Im Zuge des Rückforderungsverfahrens für die Beihilfen, gegen welche die Entscheidung 2008/936/EG ergangen war, teilte Frankreich im Übrigen per Schreiben vom 29. November 2008 mit, dass der FPAP am 27. Februar 2008 aufgelöst und die verbliebenen staatlichen Vorauszahlungen an den Staat zurückgezahlt worden seien.

2.   BESCHREIBUNG DER BEIHILFEN

(7)

Die Kommission verweist hierzu auf die Entscheidung 2008/936/EG, in der sich eine ausführliche Beschreibung der Funktionsweise der Maßnahmen des FPAP findet.

(8)

Die besondere Steuerregelung zugunsten des FPAP und von dessen Mitgliedern wird in zwei Briefen des französischen Haushaltsministeriums beschrieben, die der Kommission nach Bekanntgabe der Einleitung des Prüfverfahrens, das zur Entscheidung 2008/936/EG geführt hatte, übermittelt worden waren (8).

(9)

Das erste Schreiben vom 5. Februar 2004 ist vor dem Hintergrund der FPAP-Gründung zu sehen, ein entsprechender Satzungsentwurf wurde von der Gründungsversammlung am 10. Februar 2004 gebilligt. In diesem Schreiben heißt es:

„—

der Fonds in Form einer Berufsgenossenschaft (‚syndicat professionnel‘) unterliegt bei den Beitragszahlungen der Fischereiunternehmer und den Zinserlösen, die durch die Anlage des Liquiditätsbestands erwirtschaftet werden, nicht der Körperschaftssteuer;

die Beitragszahlungen können vom versteuerbaren Gewinn der Fischereiunternehmer im Jahr der Zahlung abgesetzt werden. Ausnahmsweise ist der Abzug der ersten Beiträge bei Zahlung bis spätestens 30. März 2004 von den Betriebsergebnissen 2003 zulässig.“

(10)

Hier finden sich ebenfalls Angaben, für welche Beträge der erwähnte Abzug gelten könnte: Der Jahresbeitrag der angeschlossenen Fischereiunternehmer, der vom versteuerbaren Einkommen absetzbar sein soll, soll zwischen 1 000 und 15 000 EUR liegen.

(11)

In dem zweiten Schreiben vom 28. November 2004 geht es hauptsächlich um die Absetzbarkeit der Erträge durch die Beitragszahlungen der Mitglieder. Es ist vor dem Hintergrund der veränderten Absicherungsvereinbarung für die FPAP-Mitglieder zu sehen, wonach eingezahlte, aber nicht ausgeschöpfte Beiträge nunmehr an die Mitglieder zurückfließen könnten.

(12)

In dem Schreiben heißt es:

„—

die gemäß dieser neuen Vereinbarung von den Mitgliedern gezahlten Beiträge sind im Jahr der Zahlung sehr wohl bis zu einer Höhe von 10 000 EUR jährlich und pro Mitglied abzugsfähig, wobei sich dieser Höchstbetrag um 25 % des Gewinnanteils zwischen 40 000 und 80 000 EUR erhöht;

Beitragszahlungen über die vorgenannten Grenzen hinaus, die für ein vom Fonds eingerichtetes Absicherungsprojekt geleistet werden, sind in voller Höhe vom versteuerbaren Einkommen der Mitglieder im Jahr ihrer Zahlung absetzbar.“

(13)

In diesem Schreiben heißt es, dass Ende 2006 Bilanz zu diesem Versuch gezogen und eventuell erforderliche Umstellungen geprüft werden sollen. Es handelt sich also nicht um eine unbefristete Steuerregelung.

(14)

Auch wenn die Beitragszahlungen eben laut Schreiben vom 28. November 2004 vom versteuerbaren Einkommen im Jahr ihrer Zahlung absetzbar sind, ist im Übrigen nicht erkennbar, dass die Abzugsfähigkeit für Anfang 2004 (bis Ende März) gezahlte Beiträge in Bezug auf das Einkommen 2003, wie im Schreiben vom 5. Februar 2004 vorgesehen, in Frage gestellt wird.

(15)

Aus den beiden genannten Schreiben geht hervor, das die vom Finanzministerium gewährte Steuerregelung für den FPAP und dessen Mitglieder zwei Aspekte umfasst:

zum Einen eine Befreiung von der Körperschaftssteuer für den FPAP,

zum Anderen die Möglichkeit für die FPAP-Mitglieder, ihre Beitragszahlungen an den Fonds von den versteuerbaren Betriebsergebnissen abzusetzen.

3.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS

(16)

Die Kommission war der Ansicht, dass die von den französischen Behörden für den FPAP und dessen Mitglieder gewährte Steuerregelung — wie im Fall C-9/06 — in Bezug auf staatliche Beihilferegelungen unter dem Blickwinkel der dadurch entstehenden Vorteile einerseits für den FPAP selbst und andererseits für die angeschlossenen Fischereiunternehmen analysiert werden müsste.

3.1.   Vorliegen einer staatlichen Beihilfe

3.1.1.   Staatliche Beihilfe zugunsten des FPAP

(17)

Wie in der Entscheidung 2008/936/EG ausgeführt wurde, ist der FPAP als Unternehmen im Sinne des EU-Wettbewerbsrechts zu betrachten. Dabei ist der Umstand, dass der FPAP keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgte oder eine Berufsgenossenschaft war, nicht von Bedeutung.

(18)

Demzufolge ging die Kommission davon aus, dass die von den französischen Behörden gewährte Steuerregelung dem FPAP gegenüber anderen privaten Investoren auf dem Terminmarkt für Erdölprodukte zwei Vorteile verschaffte:

Erstens stellt die unter Randnummer 9 beschriebene Befreiung von der Körperschaftssteuer für den FPAP eine Entlastung von den Aufwendungen dar, die normalerweise in diesem Bereich tätige Unternehmen aufbringen müssen;

zweitens bildet der Steuervorteil, der den FPAP-Mitgliedern gewährt wurde, unabhängig von seiner Art einen Anreiz, zu den Einnahmen des FPAP beizutragen; dadurch kann der FPAP seinen Liquiditätsbestand verbessern, während andere in diesem Bereich tätige Unternehmen ohne einen derartigen Mechanismus auskommen müssen.

(19)

Mit Abschluss ihrer Voruntersuchung gelangte die Kommission zu der Ansicht, dass der Vorteil gemäß Randnummer 17 vom Staat gewährt wurde und somit einem Verzicht auf staatliche Ressourcen gleichkam.

(20)

Und schließlich kam dem FPAP durch die steuerlichen Maßnahmen gemäß Randnummer 17 ein finanzieller Vorteil gegenüber den anderen Unternehmen an den Terminmärkten sowohl in Frankreich als auch in den übrigen Mitgliedstaaten zugute.

(21)

In der Entscheidung, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten, gab die Kommission auch an, sie gehe davon aus, dass die Rechtsgrundlage für die Freistellung des FPAP von der Gewinnbesteuerung in Artikel 206 Absatz 1a des allgemeinen Steuergesetzbuchs (9) liege, wonach Berufsgenossenschaften unter bestimmten Bedingungen freigestellt werden können. Unter dieser Umständen kam der FPAP möglicherweise auch in den Genuss einer Freistellung von der Gewerbesteuer, wie dies laut Artikel 1447 des allgemeinen Steuergesetzbuchs zugunsten von Organisationen vorgesehen ist, die gemäß Artikel 206 Absatz 1a des gleichen Steuergesetzbuchs befreit sind.

3.1.2.   Staatliche Beihilfe zugunsten von Fischereiunternehmen

(22)

Der finanzielle Vorteil gemäß Randnummer 17 ermöglichte es den angeschlossenen Fischereiunternehmen, durch die Betätigung des FPAP an den Terminmärkten für Erdölprodukte Kraftstoff zu günstigeren Preisen einzukaufen.

(23)

Die Möglichkeit, die Beitragszahlungen an den FPAP von ihrem Einkommen abzusetzen, führte für die Fischereiunternehmen zu einer Entlastung von den normalerweise für sie anfallenden Ausgaben. Diese Abzugsfähigkeit war vom Haushaltsministerium beschlossen worden; sie ist somit dem Staat zuzurechnen.

(24)

Die Unternehmen, die Abzüge gemäß Randnummer 22 vornehmen konnten, kamen gegenüber den anderen Fischereiunternehmen der Europäischen Union in den Genuss eines finanziellen Vorteils. Ebenso beeinträchtigte dieser finanzielle Vorteil den Handel zwischen den Mitgliedstaaten und verfälschte den Wettbewerb bzw. drohte ihn zu verfälschen. Aus diesem Grund bildet er eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV.

(25)

Anhand der Informationen in der ausführlichen Gebrauchsanweisung zum Fonds für die Prävention von Risiken im Zusammenhang mit den Tätigkeiten des Fischereisektors („Mode d’emploi détaillé du Fonds de prévention des aléas pêche“), einem Dokument, das ebenfalls im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens zur Beihilfe C-9/06 vorgelegt wurde, hatte die Kommission aber festgestellt, dass der vorgenommene Steuerabzug in voller Höhe dem Reeder zugute kam, wenn die Beitragszahlungen an den FPAP, die anhand von Erklärungen über den angenommenen Kraftstoffverbrauch für das kommende Jahr ermittelt wurden, nach einer höheren Grundlage berechnet wurden, als es dem tatsächlichen Verbrauch entsprach. Dieses System bildete offenbar einen Anreiz für die Reeder, ihren Deckungsbedarf höher anzusetzen, nur um in den Genuss des Steuerabzugs zu kommen.

(26)

Auf Grundlage desselben Dokuments hatte die Kommission ferner festgestellt, dass bestimmte Mitglieder, deren Tätigkeit keinen Bezug zur Fischerei aufwies, die aber zu einer moralischen Unterstützung der Genossenschaft bereit sind, ebenfalls die Möglichkeit hatten, ihre Beitragszahlungen an den FPAP von der Steuer abzusetzen, auch wenn diese nicht für ein Absicherungsrisiko verwendet wurden.

3.2.   Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt

(27)

In dieser Frage verwies die Kommission auf ihre Analyse in der Entscheidung 2008/936/EG. Die Kommission war nämlich davon ausgegangen, dass es sich um Betriebsbeihilfen zugunsten des FPAP und der Fischereiunternehmen handelte, und keine Bestimmung im AEUV oder kein von der Kommission im Bereich staatlicher Beihilfen erlassenes Instrument ließ die Annahme zu, dass diese Beihilfen mit dem Binnenmarkt vereinbar sind.

(28)

Folglich teilte die Kommission Frankreich mit, dass sie ernsthafte Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Beihilfemaßnahmen mit dem Binnenmarkt habe.

4.   STELLUNGNAHMEN FRANKREICHS

4.1.   Steuerliche Maßnahme zugunsten der Fischereiunternehmen

(29)

Nach Ansicht Frankreichs sind die steuerlichen Maßnahmen zugunsten der Fischereiunternehmen keine staatlichen Beihilfen, da die Beitragszahlungen der Fischereiunternehmen an den FPAP zu den Gemeinkosten dieser Unternehmen im Rahmen ihrer Gewerbeausübung gehören. Nun sind aber gemäß Artikel 39 des allgemeinen Steuergesetzbuchs entsprechende Aufwendungen vom versteuerbaren Einkommen abziehbar. Der Abzug dieser Beitragszahlungen entspricht somit der Anwendung einer allgemeinen Maßnahme und stellt daher keine staatliche Beihilfe dar.

(30)

Frankreich räumt ein, dass die unter Randnummer 7 erwähnten Schreiben keine Angaben zur Beitragserstattungsregelung enthielten. Trotzdem bedeute dies nicht, wie Frankreich erläutert, dass diese Erstattung steuerlich unerheblich war. Gemäß den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zur Ermittlung des versteuerbaren Betriebsergebnisses bildete diese Beitragserstattung an die dem FPAP angeschlossenen Fischereiunternehmen nämlich einen Erlös, der der betrieblichen Gewinnbesteuerung unterlag. Wie Frankreich ferner angibt, stellte der Ausgleich für die dem FPAP angeschlossenen Unternehmen einen der Gewinnbesteuerung unterliegenden Ertrag dar, sobald der Kraftstoffpreis den in der Absicherungsvereinbarung festgelegten Grenzwert überschritt. Folglich hatten die Mitgliedsunternehmen kein Interesse daran, ihren Deckungsbedarf überhöht anzusetzen, denn das hätte zu einer zusätzlichen Besteuerung geführt.

(31)

Andererseits weist Frankreich darauf hin, dass der selektive Charakter einer Beihilfemaßnahme durch die Natur oder den inneren Aufbau des Systems gerechtfertigt sein kann. So kann es legitime Gründe geben, die eine differenzierte Behandlung und somit gegebenenfalls die Gewährung der damit verbundenen Vorteile rechtfertigen. Frankreich macht jedoch keine Angaben, wodurch eine differenzierte Behandlung zugunsten der Fischereiunternehmen im vorliegenden Fall gerechtfertigt sein könnte.

4.2.   Steuerliche Maßnahme zugunsten des FPAP

(32)

Nach Auffassung Frankreichs ist die dem FPAP gewährte Freistellung von der Körperschaftssteuer durch den gemeinnützigen Charakter des Fonds und durch seine Eigenschaft als Berufsgenossenschaft gerechtfertigt.

(33)

Frankreich verweist darauf, dass dies dem Recht der Europäischen Union entspricht. Der eigentliche Zweck der Körperschaftssteuer bestehe nämlich darin, Tätigkeiten mit Erwerbscharakter zu besteuern. Wie Frankreich anführt, ist die Kommission selbst in ihrer Mitteilung über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung (10) (im Folgenden „Mitteilung über direkte Unternehmensbesteuerung“) der Auffassung, dass es sich gemäß diesem Grundsatz aus der Natur des Steuersystems erklären kann, dass Unternehmen ohne Erwerbscharakter von der Gewinnbesteuerung befreit sind.

5.   WÜRDIGUNG

(34)

Die in der Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens ausgeführte Würdigung muss im Lichte der Stellungnahmen Frankreichs vom 8. September und 29. November 2008 (siehe Randnummern 5 und 6) überarbeitet und ergänzt werden.

(35)

Für die Analyse sind die zweifache Zielsetzung des FPAP ausschlaggebend, d.h. einerseits Finanzoptionen auf den Terminmärkten für Erdöl und Erdölderivate zu erwerben und andererseits an die angeschlossenen Fischereiunternehmen den Differenzbetrag zwischen dem mittleren monatlichen Referenzpreis und dem „abgesicherten Höchstpreis“ bzw. 0,30 EUR pro Liter je nach Zeitraum auszuzahlen.

5.1.   Steuerliche Maßnahme zugunsten der Fischereiunternehmen

(36)

Die betreffende steuerliche Maßnahme besteht für die Fischereiunternehmen aus der Möglichkeit, ihre Beitragszahlungen an den FPAP vom versteuerbaren Einkommen abzuziehen.

(37)

Nach Auffassung Frankreichs stellt diese Abzugsmöglichkeit keine staatliche Beihilfe dar, da derartige Beitragszahlungen in die Gruppe der betrieblichen Gemeinkosten fallen und der Abzug dieser Kosten vom versteuerbaren Einkommen gemäß französischem Steuersystem vorgesehen ist. Daher handle es sich um die Anwendung einer allgemeinen Maßnahme, und die Abzugsmöglichkeit stelle keine staatliche Beihilfe dar.

(38)

Die Kommission stellt fest, dass Gemeinkosten tatsächlich gemäß Artikel 39 des allgemeinen Steuergesetzbuchs vom Betriebsergebnis abgezogen werden können. Es handelt sich um eine allgemeine Maßnahme, die für alle Unternehmen unabhängig von ihrem Tätigkeitsbereich gilt. Diese Abzugsmöglichkeit gehört demnach zur Gruppe der steuerlichen Maßnahmen, die gemäß Ziffer 13 der „Mitteilung über direkte Unternehmensbesteuerung“ allen Wirtschaftsbeteiligten offen steht. Folglich stelle eine derartige Maßnahme keine staatliche Beihilfe dar, da sie für alle Unternehmen und Produktionszweige gleichermaßen gilt.

(39)

Wie Frankreich ausführt, ist für die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen als Gemeinkosten ausschlaggebend, für welchen Zweck sie getätigt werden. Aufwendungen im Sinne des Unternehmens seien grundsätzlich abzugsfähig. So sind Beitragszahlungen an berufsständische Einrichtungen (Berufsverbände, Handelskammern usw.) definitionsgemäß Ausgaben, die im betrieblichen Interesse getätigt werden, und werden immer als Abzugsbeträge vom versteuerbaren Betriebsergebnis anerkannt. Da der FPAP eine Berufsgenossenschaft ist, ist die Abzugsmöglichkeit für die Beiträge nur folgerichtig.

(40)

Wie die Kommission unter Randnummer 20 der Entscheidung 2008/936/EG zudem angab, ist „der FPAP somit als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit konzipiert, der seinen Mitgliedern als Gegenleistung für ihre Beiträge eine gewisse Zahl von Leistungen bietet.“

(41)

Nun gehören aber Versicherungsbeiträge zu den Ausgaben, die Unternehmen zur Absicherung gegen verschiedene Risiken aufwenden. Auch das Risiko von Schwankungen des Erdölpreises kann als ein solches Risiko gelten. Diese Aufwendungen sind unmittelbar durch die Ausübung der gewerblichen Tätigkeit bedingt und tragen nicht zur Erhöhung des Betriebsvermögens bei; sie sind ferner als Gemeinkosten vom versteuerbaren Einkommen abziehbar. Es ist somit davon auszugehen, dass die FPAP-Beiträge zur Absicherung gegen mögliche Ölpreisschwankungen gemäß Artikel 39 des allgemeinen französischen Steuergesetzbuchs vom Betriebsergebnis abgezogen werden können. Unter diesen Umständen handelt es sich sehr wohl um die Anwendung einer allgemeinen Maßnahme. Diese Abzugsmöglichkeit bildet somit keine staatliche Beihilfe.

5.2.   Steuerliche Maßnahme zugunsten des FPAP

(42)

Die Kommission stellt fest, dass der FPAP am 27. Februar 2008 aufgelöst wurde. Die steuerlichen Bestimmungen zugunsten des FPAP liefen zum selben Zeitpunkt aus.

(43)

Wie die Kommission ferner festhält, hat der FPAP nach Abschluss des Auflösungsverfahrens jegliche Wirtschaftstätigkeit endgültig eingestellt. Die Tätigkeit und das Vermögen des FPAP wurden nicht auf ein anderes Unternehmen übertragen. Darüber hinaus flossen Gelder, die dem FPAP zum Zeitpunkt seiner Auflösung evtl. noch verblieben waren, über OFIMER, eine staatlich finanzierte öffentliche Einrichtung, zurück an den Staat.

(44)

Daher ist die Kommission der Auffassung, dass auch bei der Annahme, die steuerlichen Maßnahmen zugunsten des FPAP hätten einen Vorteil für den FPAP und eine Wettbewerbsverzerrung dargestellt, eine derartige Wettbewerbsverzerrung in dem Augenblick zu Ende ging, in dem der FPAP seine Tätigkeit einstellte und die Maßnahmen zu seinem Gunsten ausliefen. Unter diesen Umständen sei ein Beschluss der Kommission über das Bestehen derartiger steuerlicher Beihilfen und ihre eventuelle Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt in der Praxis grundsätzlich wirkungslos.

(45)

Folglich ist das förmliche Prüfverfahren, das gemäß Artikel 108 Absatz 2 AEUV gegen den FPAP eingeleitet worden war, gegenstandslos geworden.

6.   SCHLUSSFOLGERUNG

(46)

Auf Grundlage der in Abschnitt 5.1. ausgeführten Analyse stellt die Kommission fest, dass die den FPAP-Mitgliedern gewährten steuerlichen Vorteile keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellen.

(47)

Auf Grundlage der in Abschnitt 5.2. ausgeführten Erwägungen stellt die Kommission fest, dass das Verfahren gegen den FPAP gegenstandslos ist —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die von Frankreich gewährten steuerlichen Maßnahmen zugunsten der Fischereiunternehmen stellen keine staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar.

Artikel 2

Das förmliche Prüfverfahren, das gemäß Artikel 108 Absatz 2 AEUV gegen die steuerlichen Maßnahmen zugunsten des FPAP eingeleitet wurde, ist abgeschlossen.

Artikel 3

Dieser Beschluss ist an Frankreich gerichtet.

Brüssel, den 23. Juni 2010

Für die Kommission

Maria DAMANAKI

Mitglied der Kommission


(1)  Am 1. Dezember 2009 wurden die Artikel 87 und 88 EG-Vertrag zu den Artikeln 107 bzw. 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). In beiden Fällen sind die Bestimmungen im Wesentlichen gleichlautend. Für die Zwecke dieses Beschlusses sind die Verweise auf die Artikel 107 und 108 AEUV gegebenenfalls als Verweis auf die Artikel 87 bzw. 88 EG-Vertrag zu verstehen.

(2)  ABl. L 1 vom 3.1.1994, S. 3.

(3)  ABl. C 161 vom 25.8.2008, S. 19.

(4)  ABl. L 334 vom 12.12.2008, S. 62.

(5)  ABl. C 91 vom 19.4.2006, S. 30.

(6)  NN 38/07.

(7)  Siehe Fußnote 3.

(8)  Die Anwaltskanzlei Ménard, Quimbert et associés aus Nantes als Rechtsbeistand des FPAP hatte nämlich einem der Schreiben, die sie nach der Bekanntgabe der Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens im Amtsblatt der Europäischen Union an die Kommission gerichtet hatte, die Kopie von zwei Schreiben des Haushaltsministeriums beigefügt, in denen auf eine besondere Steuerregelung zugunsten des FPAP und von dessen Mitgliedern hingewiesen wird. Dabei handelt es sich einerseits um ein mit Alain Lambert unterzeichnetes Schreiben des Ministers für den Haushalt und die Haushaltsreform und andererseits um ein mit Dominique Bussereau unterzeichnetes Schreiben des Staatssekretärs für den Haushalt und die Haushaltsreform. Beide Schreiben sind an den FPAP-Vorsitzenden, Herrn Merabet, gerichtet.

(9)  Unter folgender Internetadresse abrufbar: http://www.legifrance.gouv.fr/initRechCodeArticle.do

(10)  ABl. C 384 vom 10.12.1998, S. 3; Ziffer 25.