Rechtssache C‑388/09

Joao Filipe da Silva Martins

gegen

Bank Betriebskrankenkasse – Pflegekasse

(Vorabentscheidungsersuchen des Bundessozialgerichts)

„Vorabentscheidungsersuchen – Soziale Sicherheit – Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 – Art. 15, 27 und 28 – Art. 39 EG und 42 EG – Ehemaliger Wanderarbeitnehmer – Berufliche Tätigkeit im Herkunftsmitgliedstaat und in einem anderen Mitgliedstaat – Ruhestand im Herkunftsmitgliedstaat – Von beiden Mitgliedstaaten gezahlte Rente – Eigenständiges System der sozialen Sicherheit zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit – Vorhandensein im früheren Beschäftigungsmitgliedstaat – Freiwillige Weiterversicherung in diesem System – Fortbestand des Anspruchs auf Pflegegeld nach Rückkehr in den Herkunftsmitgliedstaat“

Leitsätze des Urteils

1.        Soziale Sicherheit der Wandererwerbstätigen – Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit – Grenzen – Einhaltung des Unionsrechts – Bestimmungen des Vertrages über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer – Auswirkung auf die Vergünstigungen, die allein nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gewährt werden

(Art. 45 und 48 AEUV; Verordnung Nr. 1408/71 des Rates)

2.        Soziale Sicherheit der Wandererwerbstätigen – Krankenversicherung – Person, die eine Rente in ihrem Herkunftsmitgliedstaat und eine andere in einem anderen Mitgliedstaat bezieht – Rückkehr in den Herkunftsmitgliedstaat bei Eintritt in den Ruhestand

(Verordnung Nr. 1408/07 des Rates, Art. 15 und 27)

1.        Der Zweck der Art. 45 AEUV und 48 AEUV würde verfehlt, wenn die Arbeitnehmer, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben, die Vergünstigungen der sozialen Sicherheit verlieren würden, die ihnen allein die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats sichern, insbesondere wenn diese Vergünstigungen die Gegenleistung für von ihnen gezahlte Beiträge darstellen. Die unionsrechtlichen Vorschriften zur Koordinierung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit sind nämlich insbesondere in Anbetracht der mit ihnen verfolgten Ziele – vorbehaltlich ausdrücklich vorgesehener, diesen Zielen entsprechender Ausnahmen – so anzuwenden, dass sie dem Wandererwerbstätigen oder den ihm gegenüber Berechtigten nicht Leistungen aberkennen, die allein nach dem Recht eines Mitgliedstaats gewährt werden. Mit diesen Artikeln ebenso wie mit der zu ihrer Durchführung erlassenen Verordnung Nr. 1408/71 soll insbesondere verhindert werden, dass ein Arbeitnehmer, der von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat und in mehr als einem Mitgliedstaat beschäftigt war, ohne objektiven Grund schlechter gestellt wird als ein Arbeitnehmer, der seine gesamte berufliche Laufbahn in einem einzigen Mitgliedstaat zurückgelegt hat.

(vgl. Randnrn. 74-76)

2.        Die Art. 15 und 27 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung und geändert durch die Verordnung Nr. 1386/2001 stehen nicht dem entgegen, dass eine Person, die Altersrente aus den Rentenkassen sowohl ihres Herkunftsmitgliedstaats als auch des Mitgliedstaats bezieht, in dem sie den größten Teil ihres Berufslebens verbracht hat, und die aus dem letztgenannten Mitgliedstaat in ihren Herkunftsmitgliedstaat umgezogen ist, aufgrund einer freiwilligen Weiterversicherung in einem eigenständigen System der Pflegeversicherung des Mitgliedstaats, in dem sie den größten Teil ihres Berufslebens verbracht hat, weiterhin eine dieser Versicherung entsprechende Geldleistung in Anspruch nehmen kann, insbesondere falls – was das vorlegende Gericht zu prüfen hat – im Wohnsitzmitgliedstaat keine Geldleistungen gewährt werden, die das spezifische Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen.

Wenn hingegen in den Rechtsvorschriften des Wohnsitzmitgliedstaats Geldleistungen, die das Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen, vorgesehen sind, dies aber nur in einer Höhe, die unter dem Betrag der Leistungen liegt, die sich auf dieses beziehen und von dem anderen Mitgliedstaat gewährt werden, der eine Rente schuldet, ist Art. 27 der Verordnung Nr. 1408/71 in geänderter Fassung dahin auszulegen, dass eine solche Person gegenüber dem zuständigen Träger des letztgenannten Staates einen Anspruch auf eine Zusatzleistung in Höhe des Unterschieds zwischen den beiden Beträgen hat.

(vgl. Randnr. 88 und Tenor)







URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

30. Juni 2011(*)

„Vorabentscheidungsersuchen – Soziale Sicherheit – Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 – Art. 15, 27 und 28 – Art. 39 EG und 42 EG – Ehemaliger Wanderarbeitnehmer – Berufliche Tätigkeit im Herkunftsmitgliedstaat und in einem anderen Mitgliedstaat – Ruhestand im Herkunftsmitgliedstaat – Von beiden Mitgliedstaaten gezahlte Rente – Eigenständiges System der sozialen Sicherheit zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit – Vorhandensein im früheren Beschäftigungsmitgliedstaat – Freiwillige Weiterversicherung in diesem System – Fortbestand des Anspruchs auf Pflegegeld nach Rückkehr in den Herkunftsmitgliedstaat“

In der Rechtssache C‑388/09

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Bundessozialgericht (Deutschland) mit Entscheidung vom 22. April 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 2. Oktober 2009, in dem Verfahren

Joao Filipe da Silva Martins

gegen

Bank Betriebskrankenkasse – Pflegekasse

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues, der Richter A. Arabadjiev, U. Lõhmus und A. Ó Caoimh (Berichterstatter) sowie der Richterin P. Lindh,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Oktober 2010,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von Herrn da Silva Martins, vertreten durch Rechtsanwalt G. Krutzki,

–        der Bank Betriebskrankenkasse – Pflegekasse, vertreten durch Rechtsanwalt T. Henz und S. Klein,

–        der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller und C. Blaschke als Bevollmächtigte,

–        der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,

–        der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes und E. Silveira als Bevollmächtigte,

–        der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch H. Walker als Bevollmächtigte im Beistand von T. Ward, Barrister,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch V. Kreuschitz als Bevollmächtigten,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. Januar 2011

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 27 und 28 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu‑ und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung und geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1386/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2001 (ABl. L 187, S. 1) (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) sowie der Art. 39 EG und 42 EG.

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn da Silva Martins und der Bank Betriebskrankenkasse – Pflegekasse (im Folgenden: Bank BKK) über die freiwillige Weiterversicherung von Herrn da Silva Martins in der deutschen Pflegeversicherung und über den Anspruch auf deutsches Pflegegeld.

 Rechtlicher Rahmen

 Gemeinschaftsrecht

3        Die Verordnung Nr. 1408/71 ist gemäß Art. 51 EWG‑Vertrag erlassen worden (später Art. 51 EG-Vertrag, nach Änderung Art. 42 EG, jetzt Art. 48 AEUV).

4        Mit der Verordnung Nr. 1408/71 soll nach ihren Erwägungsgründen 2 und 4 die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und Selbständigen in der Europäischen Union gewährleistet werden, und zwar unter Berücksichtigung der Eigenheiten der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit.

5        Wie sich aus ihren Erwägungsgründen 5, 6 und 10 ergibt, stellt die Verordnung Nr. 1408/71 zu diesem Zweck den Grundsatz der Gleichbehandlung der Arbeitnehmer und Selbständigen nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten auf und zielt darauf ab, die Gleichbehandlung aller im Gebiet eines Mitgliedstaats erwerbstätigen Arbeitnehmer und Selbständigen bestmöglich zu gewährleisten und Nachteile für diejenigen von ihnen, die ihr Recht auf Freizügigkeit wahrnehmen, abzuwenden.

6        Gemäß dem achten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1408/71 soll nach deren Bestimmungen für die Betroffenen grundsätzlich jeweils das System der sozialen Sicherheit nur eines Mitgliedstaats gelten, so dass eine Kumulierung anzuwendender innerstaatlicher Rechtsvorschriften und die sich daraus möglicherweise ergebenden Komplikationen vermieden werden.

7        Die allgemeinen Vorschriften der Verordnung Nr. 1408/71 bestehen in den Art. 1 bis 12 ihres Titels I.

8        Art. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 definiert für deren Anwendung die nachstehenden Begriffe wie folgt:

„a) ‚Arbeitnehmer‘ oder ‚Selbständiger‘: jede Person

i)      die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von den Zweigen eines Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer oder Selbständige oder einem Sondersystem für Beamte erfasst werden, pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert ist.

h)      ‚Wohnort‘: der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts;

o)      ‚Zuständige Träger‘:

i)      der Träger, bei dem die in Betracht kommende Person im Zeitpunkt des Antrags auf Leistungen versichert ist, oder

ii)      der Träger, gegen den eine Person einen Anspruch auf Leistungen hat oder hätte, wenn sie selbst oder ihr Familienangehöriger beziehungsweise ihre Familienangehörigen im Gebiet des Mitgliedstaats wohnten, in dem dieser Träger seinen Sitz hat …

p)      ‚Träger des Wohnorts‘ und ‚Träger des Aufenthaltsorts‘: der Träger, der nach den Rechtsvorschriften, die für diesen Träger gelten, für die Gewährung der Leistungen an dem Ort zuständig ist, in dem der Betreffenden wohnt oder sich aufhält, oder, wenn ein solcher Träger nicht vorhanden ist, der von der zuständigen Behörde des betreffenden Mitgliedstaats bezeichnete Träger;

q)      ‚Zuständiger Staat‘: der Mitgliedstaat, in dessen Gebiet der zuständige Träger seinen Sitz hat;

t)      ‚Leistungen‘ und ‚Renten‘: sämtliche Leistungen und Renten einschließlich aller ihrer Teile aus öffentlichen Mitteln, aller Zuschläge, Anpassungsbeträge und Zulagen, soweit Titel III nichts anderes vorsieht; ferner die Kapitalabfindungen, die an die Stelle der Renten treten können, sowie Beitragserstattungen;

…“

9        Nach ihrem Art. 2 Abs. 1 gilt diese Verordnung insbesondere für Arbeitnehmer und Selbständige, die im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen.

10      Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmt:

„Diese Verordnung gilt für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die folgende Leistungsarten betreffen:

a)      Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft,

b)      Leistungen bei Invalidität …

c)      Leistungen bei Alter,

h)      Familienleistungen.“

11      Art. 9 („Zulassung zur freiwilligen Versicherung oder freiwilligen Weiterversicherung“) dieser Verordnung sieht in Abs. 1 vor:

„Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, durch welche die freiwillige Versicherung oder freiwillige Weiterversicherung davon abhängig gemacht wird, dass der Berechtigte im Gebiet dieses Staates wohnt, gelten nicht für Personen, die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnen, wenn für diese Personen zu irgendeiner Zeit ihrer früheren Laufbahn als Arbeitnehmer oder Selbständige die Rechtsvorschriften des ersten Staates gegolten haben.“

12      Art. 12 („Verbot des Zusammentreffens von Leistungen“) der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmt in Abs. 1:

„Ein Anspruch auf mehrere Leistungen gleicher Art aus derselben Pflichtversicherungszeit kann aufgrund dieser Verordnung weder erworben noch aufrechterhalten werden. Dies gilt jedoch nicht für Leistungen bei Invalidität, Alter, Tod (Renten) oder Berufskrankheit, die von den Träger von zwei oder mehr Mitgliedstaaten gemäß Artikel 41, Artikel 43 Absätze 2 und 3, Artikel 46, 50 und 51 oder Artikel 60 Absatz 1 Buchstabe b) festgestellt werden.“

13      In Titel II („Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften“) dieser Verordnung heißt es in Art. 13 („Allgemeine Regelung“):

„(1) Vorbehaltlich der Artikel 14c und 14f unterliegen Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften diese sind, bestimmt sich nach diesem Titel.

(2)      Soweit nicht die Artikel 14 bis 17 etwas anderes bestimmen, gilt Folgendes:

a)      eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats eine selbständige Tätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Staates …

f)      eine Person, die den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats nicht weiterhin unterliegt, ohne dass die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats gemäß einer der Vorschriften in den vorhergehenden Buchstaben oder einer der Ausnahmen bzw. Sonderregelungen der Artikel 14 bis 17 auf sie anwendbar würden, unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet sie wohnt, nach Maßgabe allein dieser Rechtsvorschriften.“

14      Im selben Titel bestimmt Art. 15 („Freiwillige Versicherung und freiwillige Weiterversicherung“) dieser Verordnung:

„(1)      Artikel 13 und 14d gelten nicht für die freiwillige Versicherung und die freiwillige Weiterversicherung, es sei denn, es gibt in einem Mitgliedstaat für einen der in Artikel 4 genannten Zweige nur ein System freiwilliger Versicherung.

(2)      Führt die Anwendung der Rechtsvorschriften von zwei oder mehr Mitgliedstaaten zu

–        einem Zusammentreffen einer Pflichtversicherung und einer freiwilligen Versicherung oder freiwilligen Weiterversicherung bei einem oder mehreren Systemen, so unterliegt der Versicherte ausschließlich der Pflichtversicherung;

–        …

(3)      Der Versicherte kann in den Zweigen Invalidität, Alter und Tod (Renten) jedoch auch dann der freiwilligen Versicherung oder freiwilligen Weiterversicherung eines Mitgliedstaats angehören, wenn er nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats pflichtversichert ist, sofern ein solches Zusammentreffen im ersten Mitgliedstaats ausdrücklich oder stillschweigend zugelassen ist.“

15      Wie sich aus seiner Überschrift ergibt, betrifft Titel III der Verordnung Nr. 1408/71 besondere Vorschriften für die einzelnen Leistungsarten. Kapitel 1 dieses Titels ist mit „Krankheit und Mutterschaft“ überschrieben.

16      In Abschnitt 2 („Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige“) dieses Kapitels 1 bestimmt Art. 19 („Wohnort in einem anderen Mitgliedstaat als dem zuständigen Staat – Allgemeine Regelung“) der Verordnung in Abs. 1:

„Ein Arbeitnehmer oder Selbständiger, der im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des zuständigen Staates wohnt und die nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates für den Leistungsanspruch erforderlichen Voraussetzungen … erfüllt, erhält in dem Staat, in dem er wohnt,

a)      Sachleistungen für Rechnung des zuständigen Trägers vom Träger des Wohnorts nach den für diesen Träger geltenden Rechtsvorschriften, als ob er bei diesem versichert wäre;

b)      Geldleistungen vom zuständigen Träger nach den für diesen Träger geltenden Rechtsvorschriften. …“

17      In Abschnitt 5 („Rentenberechtigte und deren Familienangehörige“) des Kapitels 1 ist Art. 27 („Rentenanspruch aufgrund der Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten, falls ein Anspruch auf Leistungen im Wohnland besteht“) der Verordnung wie folgt formuliert:

„Ein Rentner, der nach den Rechtsvorschriften von zwei oder mehr Mitgliedstaaten, darunter den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet er wohnt, zum Bezug von Renten berechtigt ist und … nach den Rechtsvorschriften dieses letztgenannten Mitgliedstaats Anspruch auf Leistungen hat, … erh[ält] diese Leistungen vom Träger des Wohnortes und zu dessen Lasten, als ob der Rentner nach den Rechtsvorschriften nur dieses Mitgliedstaats zum Bezug einer Rente berechtigt wäre.“

18      Art. 28 („Rentenanspruch aufgrund der Rechtsvorschriften eines einzigen oder mehrerer Staaten, falls ein Anspruch auf Sachleistungen im Wohnland nicht besteht“) dieser Verordnung, ebenfalls in Abschnitt 5, sieht in Abs. 1 vor:

„Ein Rentner, der nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats zum Bezug einer Rente oder nach den Rechtsvorschriften von zwei oder mehr Mitgliedstaaten zum Bezug von Renten berechtigt ist und keinen Anspruch auf Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats hat, in dessen Gebiet er wohnt, erhält dennoch diese Leistungen …, sofern … nach den Rechtsvorschriften des Staates, aufgrund deren die Renten geschuldet wird, oder zumindest eines der Mitgliedstaaten, nach deren Rechtsvorschriften eine Rente geschuldet wird, Anspruch auf Leistungen bestünde, wenn er im Gebiet des betreffenden Staates wohnte. Diese Leistungen werden wie folgt gewährt:

a)      Die Sachleistungen gewährt der Träger des Wohnorts für Rechnung des in Absatz 2 bezeichneten Trägers, als ob der Rentner nach den Rechtsvorschriften des Staates, in dessen Gebiet er wohnt, zum Bezug einer Rente berechtigt wäre und Anspruch auf Sachleistungen hätte;

b)      die Geldleistungen gewährt gegebenenfalls der gemäß Absatz 2 bestimmte zuständige Träger nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften. Im Einvernehmen zwischen dem zuständigen Träger und dem Träger des Wohnorts können diese Leistungen jedoch auch von diesem Träger nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates für die Rechnung des zuständigen Trägers gewährt werden.“

 Deutsches Recht

19      § 3 Abs. 1 des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuchs (im Folgenden: SGB IV) lautet:

„(1)      Die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung gelten,

1.      soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, für alle Personen, die im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs beschäftigt oder selbständig tätig sind,

2.      soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit nicht voraussetzen, für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs haben.“

20      § 26 („Weiterversicherung“) SGB XI lautet:

„(1)      Personen, die aus der Versicherungspflicht … ausgeschieden sind und in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden mindestens 24 Monate oder unmittelbar vor dem Ausscheiden mindestens zwölf Monate versichert waren, können sich auf Antrag in der sozialen Pflegeversicherung weiterversichern, sofern für sie keine Versicherungspflicht nach § 23 Abs. 1 eintritt. … Der Antrag ist in den Fällen des Satzes 1 innerhalb von drei Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft … zu stellen.

(2)      Personen, die wegen der Verlegung ihres Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes ins Ausland aus der Versicherungspflicht ausscheiden, können sich auf Antrag weiterversichern. Der Antrag ist bis spätestens einen Monat nach Ausscheiden aus der Versicherungspflicht bei der Pflegekasse zu stellen, bei der die Versicherung zuletzt bestand. …“

21      § 34 Abs. 1 SGB XI sieht vorbehaltlich bestimmter, den vorübergehenden Aufenthalt betreffender Ausnahmen vor, dass der Anspruch auf Leistungen ruht, solange sich der Versicherte im Ausland aufhält.

 Portugiesisches Recht

22      Der Vorlageentscheidung zufolge hat ein Rentner in Portugal im Pflegefall grundsätzlich Anspruch auf Gewährung von Sozialleistungen, insbesondere auf Leistungen der Krankenversicherung, im Rahmen eines Systems, das durch Sozialversicherungsbeiträge auf den Bruttoverdienst finanziert werde. Jedoch habe er in Portugal keinen Anspruch auf Pflegegeld, da das portugiesische Sozialversicherungssystem keine speziellen Leistungen zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit vorsehe. Die Hilfeleistungen für Pflegebedürftige würden allenfalls als Sachleistungen im Rahmen sozialer Aktionen und der Krankenversicherung gewährt. Bei dauernder Pflegebedürftigkeit sei nach dem portugiesischen System eine Erhöhung der Invaliditätsrente möglich.

23      In ihren schriftlichen Erklärungen führt die portugiesische Regierung aus, das portugiesische Recht sehe keine speziellen Leistungen für Fälle der Pflegebedürftigkeit vor. Der staatliche Gesundheitsdienst sei nicht von Versicherungsbedingungen abhängig, und die von ihm erbrachten Geldleistungen seien nicht für solche Fälle der Pflegebedürftigkeit konzipiert. Allerdings könnten Personen, die Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenrente bezögen, im Fall der Pflegebedürftigkeit nach portugiesischem Recht eine vom Grad der Pflegebedürftigkeit abhängige Zusatzrente erhalten.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

24      Herr da Silva Martins, geboren 1935, ist portugiesischer Staatsangehöriger. Nachdem er kurze Zeit in Portugal beschäftigt gewesen war, ließ er sich in Deutschland nieder und arbeitete dort. Ab 1974 war er bei der Bank BKK krankenversichert und, nach Einführung der Pflegeversicherung in Deutschland im Januar 1995, pflegeversichert. Seit September 1996 bezieht er eine deutsche Altersrente in Höhe von etwa 700 Euro, zu der seit Mai 2000 eine portugiesische Altersrente in Höhe von etwa 150 Euro hinzukommt.

25      Seitdem Herr da Silva Martins in Deutschland eine Altersrente bezog, war er bei der Krankenversicherung der Rentner versichert. Ab August 2001 gewährte ihm die Bank BKK Pflegesachleistungen. Aufgrund seines zunächst nur als vorübergehend bezeichneten Aufenthalts in Portugal ab Mitte Dezember 2001 bewilligte ihm die Bank BKK mit Bescheid vom 8. Mai 2002 Pflegegeld in Höhe von 205 Euro für die Zeit seit 1. Januar 2002, das auch bis zum 31. Dezember 2002 ausgezahlt wurde.

26      Als die Bank BKK erfuhr, dass sich Herr da Silva Martins zum 31. Juli 2002 endgültig aus Deutschland abgemeldet hatte, stellte sie mit Bescheid vom 5. Februar 2003 das Ende seiner Mitgliedschaft in der Pflegeversicherung zum 31. Juli 2002 fest. Mit weiterem Bescheid vom 12. Februar 2003 forderte sie ihn zur Rückzahlung des für die Monate August bis Dezember 2002 bereits gezahlten Pflegegelds in Höhe von 1 025 Euro auf. Mit Bescheid vom 4. Februar 2004 wies sie den ihr am 21. Februar 2003 zugegangenen Widerspruch von Herrn da Silva Martins als unbegründet zurück.

27      Der dagegen erhobenen Klage gab das Sozialgericht Frankfurt am Main statt. Es hob die angefochtenen Bescheide auf und stellte fest, dass Herr da Silva Martins freiwillig weiterversichertes Mitglied der Bank BKK sei und diese ihm deshalb auch ab dem 1. Januar 2003 Pflegegeld im gesetzlich vorgesehenen Umfang weiterzubewilligen habe.

28      Die gegen diese Entscheidung eingelegte Berufung der Bank BKK wies das Hessische Landessozialgericht mit Urteil vom 13. September 2007 zurück, soweit es um die Rückforderung des Pflegegelds ging. Im Übrigen änderte das Landessozialgericht das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main ab und wies die Klage mit der Begründung ab, dass eine freiwillige Weiterversicherung des Klägers nach § 26 Abs. 1 SGB XI ausscheide, weil der hierfür erforderliche Antrag nicht fristgerecht gestellt worden sei.

29      Mit der Revision zum Bundessozialgericht rügt Herr da Silva Martins eine Verletzung der Art. 18 EG, 39 EG und 42 EG sowie einen Verstoß gegen die Art. 19, 27 und 28 der Verordnung Nr. 1408/71. Er macht geltend, es müsse möglich sein, Leistungen der Pflegeversicherung in ein anderes Land der Europäischen Union zu exportieren, und zwar insbesondere dann, wenn – wie hier – der Versicherungsschutz durch eigene Beiträge finanziert worden sei und in seinem Heimatland Portugal keine vergleichbaren Leistungen gewährt würden.

30      Das Bundessozialgericht führt u. a. aus, entgegen der Auffassung des Hessischen Landessozialgerichts hätte sich Herr da Silva Martins nach deutschem Recht grundsätzlich freiwillig in der Pflegeversicherung bei der Bank BKK für die Zeit ab dem 1. August 2002 weiterversichern können.

31      Es vertritt jedoch im Wesentlichen die Ansicht, in Anbetracht der Tatsache, dass Pflegeleistungen nach der „Molenaar“‑Rechtsprechung des Gerichtshofs (Urteil vom 5. März 1998, Molenaar, C‑160/96, Slg. 1998, I‑843, Randnrn. 22 bis 25) dem Bereich der Krankenversicherung zuzuordnen seien, stünden die Kollisionsnormen der Verordnung Nr. 1408/71 einer Weiterversicherung von Herrn da Silva Martins in der deutschen Pflegeversicherung a priori entgegen. Zum einen schlössen ihn nämlich die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1408/71 als Pflichtmitglied aus der Pflegeversicherung ab dem Zeitpunkt der endgültigen Verlegung seines Wohnsitzes nach Portugal aus. Zum anderen scheitere, ungeachtet des Standpunkts des deutschen Gesetzgebers, die freiwillige Weiterversicherung in der Pflegeversicherung an Art. 15 Abs. 2 der Verordnung.

32      Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob Art. 28 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1408/71 unter Berücksichtigung insbesondere von Art. 42 EG dahin ausgelegt werden könne, dass er auf Fälle wie den des Ausgangsverfahrens Anwendung finde, so dass Herr da Silva Martins in Portugal deutsches Pflegegeld erhalten könne, oder ob er, wie die Bank BKK geltend mache, gemäß Art. 27 der Verordnung lediglich Anspruch auf die im portugiesischen Recht vorgesehenen Leistungen der Krankenversicherung habe, weil das deutsche Pflegegeld nach der Molenaar-Rechtsprechung der „Krankenversicherung“ im Sinne dieser Verordnung zuzuordnen sei.

33      Es sei fraglich, wie bei der Auslegung der Verordnung Nr. 1408/71, insbesondere ihrer Art. 27 und 28, der eigenständige Versicherungsschutz für den Bereich der Pflege zu berücksichtigen sei, der in einigen Mitgliedstaaten, z. B. in Deutschland, bestehe, in anderen, wie in Portugal, dagegen nicht.

34      Das Bundessozialgericht hat daher beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist es mit den Regelungen des primären und/oder sekundären Rechts der Europäischen Gemeinschaft zur Freizügigkeit und sozialen Sicherheit von Wanderarbeitnehmern (insbesondere den Art. 39 EG und 42 EG sowie den Art. 27 und 28 der Verordnung Nr. 1408/71) vereinbar, dass ein ehemaliger Arbeitnehmer, der Renten sowohl des ehemaligen Beschäftigungsstaats als auch des Heimatstaats bezieht und im ehemaligen Beschäftigungsstaat einen Anspruch auf Pflegegeld wegen Pflegebedürftigkeit erworben hat, nach der Rückkehr in seinen Heimatstaat den Anspruch auf Pflegegeld verliert?

 Zur Vorlagefrage

35      Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Verordnung Nr. 1408/71, insbesondere ihre Art. 27 und 28, oder gegebenenfalls die Art. 45 AEUV und 48 AEUV dem entgegenstehen, dass eine Person in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens, die Altersrente aus den Rentenkassen sowohl ihres Herkunftsmitgliedstaats als auch des Mitgliedstaats bezieht, in dem sie den größten Teil ihres Berufslebens verbracht hat, und aus dem zuletzt genannten Mitgliedstaat in ihren Herkunftsmitgliedstaat umgezogen ist, aufgrund einer freiwilligen Weiterversicherung in einem System der Pflegeversicherung des Mitgliedstaats, in dem sie den größten Teil ihres Berufslebens verbracht hat, weiterhin eine dieser Versicherung entsprechende Geldleistung in Anspruch nehmen kann, insbesondere falls im Wohnsitzmitgliedstaat keine Leistungen gewährt werden, die das spezifische Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen.

36      Die portugiesische Regierung und die Kommission schließen sich im Wesentlichen dem von Herrn da Silva Martins vertretenen Ergebnis an, dass in seinem Herkunftsmitgliedstaat, wo er nunmehr wieder wohnt, Pflegegeld nach dem System der sozialen Sicherheit des anderen betroffenen Mitgliedstaats zu zahlen ist. Die Bank BKK, die deutsche und die tschechische Regierung sowie die Regierung des Vereinigten Königreichs vertreten den entgegengesetzten Standpunkt.

 Vorbemerkungen

37      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Rentner, die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten zum Bezug von Rente berechtigt sind, auch dann, wenn sie keine Erwerbstätigkeit ausüben, aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einem System der sozialen Sicherheit unter die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1408/71 über die Arbeitnehmer fallen, soweit auf sie keine besonderen Bestimmungen anzuwenden sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. März 1998, Kulzer, C‑194/96, Slg. 1998, I‑895, Randnr. 24, und vom 18. Dezember 2007, Habelt u. a., C‑396/05, C‑419/05 und C‑450/05, Slg. 2007, I‑11895, Randnr. 57).

38      Nach ständiger Rechtsprechung kann eine Leistung dann als eine Leistung der sozialen Sicherheit betrachtet werden, wenn sie ohne jede im Ermessen liegende individuelle Prüfung der persönlichen Bedürftigkeit den Begünstigten aufgrund eines gesetzlich umschriebenen Tatbestands gewährt wird und wenn sie sich auf eines der in Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 ausdrücklich aufgezählten Risiken bezieht (vgl. u. a. Urteile vom 27. März 1985, Hoeckx, 249/83, Slg. 1985, 973, Randnrn. 12 bis 14, Scrivner und Cole, 122/84, Slg. 1985, 1027, Randnrn. 19 bis 21, vom 20. Juni 1991, Newton, C‑356/89, Slg. 1991, I‑3017, und vom 16. Juli 1992, Hughes, C‑78/91, Slg. 1992, I‑4839, Randnr. 15).

39      Bekanntlich sind in der Union immer mehr Personen infolge verminderter Selbständigkeit – oft aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters – bei elementaren Verrichtungen des täglichen Lebens auf fremde Hilfe angewiesen.

40      Erst seit vergleichsweise kurzer Zeit wird das Risiko einer solchen Hilfsbedürftigkeit (im Folgenden: Risiko der Pflegebedürftigkeit) durch die Systeme der sozialen Sicherheit mehrerer Mitgliedstaaten spezifisch abgesichert. Dieses Risiko wird in der Aufzählung in Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 nicht ausdrücklich unter den Leistungsarten erwähnt, die in den Anwendungsbereich der betreffenden Verordnung fallen.

41      Wie jedoch aus Randnr. 38 des vorliegenden Urteils hervorgeht, ist diese Aufzählung erschöpfend, so dass ein Zweig der sozialen Sicherheit, der dort nicht aufgeführt ist, nicht als solcher qualifiziert werden kann, auch wenn er den Begünstigten einen Rechtsanspruch auf eine Leistung einräumt (vgl. u. a. Urteile Hoeckx, Randnr. 12, vom 11. Juli 1996, Otte, C‑25/95, Slg. 1996, I‑3745, Randnr. 22, und Molenaar, Randnr. 20).

42      Daher hat der Gerichtshof in Anwendung der in Randnr. 38 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung und unter Berücksichtigung der Wesensmerkmale der Leistungen der deutschen Pflegeversicherung in den Randnrn. 22 bis 25 des Urteils Molenaar sinngemäß entschieden, dass Leistungen, wie sie im Rahmen des deutschen Pflegeversicherungssystems erbracht werden, ungeachtet gewisser Besonderheiten den „Leistungen bei Krankheit“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1408/71 gleichzustellen sind.

43      Der Gerichtshof hat insoweit insbesondere hervorgehoben, dass Leistungen wie das deutsche Pflegegeld im Wesentlichen eine Ergänzung der Leistungen der Krankenversicherung, mit der sie auch organisatorisch verknüpft sind, bezwecken, um den Gesundheitszustand und die Lebensbedingungen der Pflegebedürftigen zu verbessern (Urteil Molenaar, Randnr. 24). Außerdem hat der Gerichtshof entschieden, dass das deutsche Pflegegeld, das sich als eine finanzielle Unterstützung darstellt, die es ermöglicht, den Lebensstandard der Pflegebedürftigen insgesamt durch einen Ausgleich der durch ihren Zustand verursachten Mehrkosten zu verbessern, zu den u. a. in Art. 28 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1408/71 genannten „Geldleistungen“ zu zählen ist (vgl. Urteil Molenaar, Randnrn. 35 und 36).

44      Dieser Betrachtungsweise ist in anderen Rechtssachen, die die deutsche Pflegeversicherung betrafen, gefolgt worden (vgl. Urteile vom 8. Juli 2004, Gaumain-Cerri und Barth, C‑502/01 und C‑31/02, Slg. 2004, I‑6483, Randnrn. 19 bis 23 sowie 25 und 26, und vom 16. Juli 2009, von Chamier-Glisczinski, C‑208/07, Slg. 2009, I‑6095, Randnr. 40).

45      Desgleichen hat der Gerichtshof in Bezug auf bestimmte Leistungen der sozialen Sicherheit, die unter andere nationale Systeme fielen als das der deutschen Pflegeversicherung, sinngemäß entschieden, dass Leistungen, die objektiv aufgrund eines gesetzlich umschriebenen Tatbestands gewährt werden und die darauf abzielen, den Gesundheitszustand und die Lebensbedingungen der Pflegebedürftigen zu verbessern, als „Leistungen bei Krankheit“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1408/71 zu betrachten sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. März 2001, Jauch, C‑215/99, Slg. 2001, I‑1901, Randnr. 28, vom 21. Februar 2006, Hosse, C‑286/03, Slg. 2006, I‑1771, Randnrn. 38 bis 44, und vom 18. Oktober 2007, Kommission/Parlament und Rat, C‑299/05, Slg. 2007, I‑8695, Randnrn. 10, 61 und 70).

46      Der Gerichtshof hat es in dieser Hinsicht ferner als unbeachtlich bezeichnet, dass die fragliche Leistung eine Rente, die aus anderen Gründen als Krankheit gewährt wird, im Hinblick auf die Pflegebedürftigkeit des Betroffenen finanziell ergänzen soll (vgl. Urteil Jauch, Randnr. 28) oder dass die Gewährung dieser Leistung nicht notwendig mit der Zahlung einer Leistung der Krankenversicherung verbunden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Hosse, Randnr. 43). Ebenso wenig wirkt sich insoweit die Tatsache aus, dass eine bestimmte Leistung im Gegensatz zu Leistungen, um die es in einigen der oben genannten Urteile in diesem Bereich ging, nicht hauptsächlich bezweckt, die Leistungen der Krankenversicherung zu ergänzen (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Parlament und Rat, Randnr. 70).

47      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Gerichtshof zwar in Ermangelung von Vorschriften in der Verordnung Nr. 1408/71, die sich speziell auf das Risiko der Pflegebedürftigkeit beziehen, bestimmte Leistungen, die dieses Risiko betreffen, den „Leistungen bei Krankheit“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung gleichgestellt hat, gleichwohl aber stets anerkannt hat, dass Leistungen, die das Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen, allenfalls ergänzenden Charakter gegenüber „klassischen“ Leistungen bei Krankheit haben, die im eigentlichen Sinne unter die betreffende Bestimmung fallen (im Folgenden: Leistungen bei Krankheit im eigentlichen Sinne), und nicht zwingend ein integraler Bestandteil dieser Leistungen sind.

48      Insoweit ist nämlich festzustellen, dass im Unterschied zu den Leistungen bei Krankheit im eigentlichen Sinne Leistungen, die das Risiko der – in der Regel lange andauernden – Pflegebedürftigkeit betreffen, grundsätzlich nicht darauf angelegt sind, für kurze Zeit gezahlt zu werden. Wie u. a. aus den Fällen hervorgeht, die der in den Randnrn. 45 und 46 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung zugrunde liegen, lässt sich zudem nicht ausschließen, dass Leistungen, die das Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen, obwohl sie „Leistungen bei Krankheit“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1408/71 gleichzustellen sind, insbesondere durch ihre Anwendungsmodalitäten Merkmale aufweisen können, die in der Sache in einem gewissem Maß auch den in den Buchst. b und c dieses Art. 4 Abs. 1 genannten Zweigen Invalidität und Alter nahekommen, ohne dass sie einem von ihnen eindeutig zugeordnet werden könnten.

49      Die Frage des vorlegenden Gerichts ist im Licht dieser Erwägungen zu beantworten.

 Zur Möglichkeit, sich in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens freiwillig in der deutschen Pflegeversicherung weiterzuversichern

50      Wie u. a. aus Randnr. 30 des vorliegenden Urteils hervorgeht, ist das Bundessozialgericht im vorliegenden Fall der Ansicht, dass sich eine Person in einer Situation wie der von Herrn da Silva Martins nach deutschem Recht grundsätzlich freiwillig in der deutschen Pflegeversicherung für die Zeit ab dem 1. August 2002 weiterversichern könnte, obwohl sie aus der Versicherungspflicht in der deutschen Krankenversicherung mit ihrer Abmeldung aus Deutschland ausgeschieden sei.

51      Das vorlegende Gericht scheint gleichwohl anzunehmen, dass die Verordnung Nr. 1408/71 zumindest auf den ersten Blick einer freiwilligen Weiterversicherung einer Person in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens in der Pflegeversicherung entgegensteht.

52      Daher ist zunächst zu prüfen, ob, wie das nationale Gericht offenbar meint, die Kollisionsnormen in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1408/71 der freiwilligen Weiterversicherung einer Person in einer Situation wie der von Herrn da Silva Martins in der deutschen Pflegeversicherung entgegenstehen, weil für eine solche Person nach einem Wechsel des Wohnsitzstaats gemäß Art. 13 Abs. 2 Buchst. f der betreffenden Verordnung grundsätzlich das System der sozialen Sicherheit dieses neuen Wohnsitzmitgliedstaats gilt (vgl. zu diesem letzten Punkt Urteil vom 20. Januar 2005, Laurin Effing, C‑302/02, Slg. 2005, I‑553, Randnr. 41).

53      Insoweit bezwecken die Vorschriften der Verordnung Nr. 1408/71, nach denen sich die auf innerhalb der Union zu- und abwandernde Arbeitnehmer und Selbständige anzuwendenden Rechtsvorschriften bestimmen, zwar u. a., dass die Betroffenen grundsätzlich dem System der sozialen Sicherheit eines einzigen Mitgliedstaats unterliegen, so dass die Kumulierung anwendbarer nationaler Rechtsvorschriften und die Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben können, vermieden werden (vgl. u. a. Urteile vom 12. Juni 1986, Ten Holder, 302/84, Slg. 1986, 1821, Randnrn. 19 und 20, sowie vom 14. Oktober 2010, Schwemmer, C‑16/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 40). Dieser Grundsatz der Einheitlichkeit des Systems der sozialen Sicherheit kommt insbesondere in Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 zum Ausdruck (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Juli 2005, van Pommeren-Bourgondiën, C‑227/03, Slg. 2005, I‑6101, Randnr. 38, und vom 20. Mai 2008, Bosmann, C‑352/06, Slg. 2008, I‑3827, Randnr. 16).

54      Dieser Grundsatz der Einheitlichkeit des Systems der sozialen Sicherheit wird auch in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1408/71 zum Ausdruck gebracht. Führt die Anwendung der Rechtsvorschriften von zwei oder mehr Mitgliedstaaten zu einem Zusammentreffen einer Pflichtversicherung und einer freiwilligen Versicherung oder freiwilligen Weiterversicherung bei einem oder mehreren Systemen, so unterliegt nach dem ersten Gedankenstrich dieser Bestimmung der Versicherte ausschließlich der Pflichtversicherung.

55      Diese Vorschrift findet jedoch in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens keine Anwendung.

56      Nach Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 gelten die dort aufgeführten Bestimmungen, darunter insbesondere Art. 13, der den in Randnr. 53 des vorliegenden Urteils dargestellten Grundsatz zum Ausdruck bringt, nämlich nicht für die freiwillige Versicherung und die freiwillige Weiterversicherung, es sei denn, es gibt in einem Mitgliedstaat für einen der in Art. 4 dieser Verordnung genannten Zweige nur ein System freiwilliger Versicherung. Wie insbesondere aus den Randnrn. 19 bis 23 des vorliegenden Urteils hervorgeht, ist aber der letztgenannte Vorbehalt in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens nicht einschlägig, da es sich bei der deutschen Pflegeversicherung grundsätzlich um eine Pflichtversicherung handelt. Folglich ist nach Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 der erwähnte Grundsatz der Einheitlichkeit des Systems der sozialen Sicherheit auf einen Fall wie den des Ausgangsverfahrens nicht anwendbar.

57      Außerdem ist in Anbetracht des achten Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 1408/71 deren Art. 15 Abs. 2 dahin auszulegen, dass damit verhindert werden soll, dass jemand veranlasst wird, für ein und dasselbe Risiko Beiträge bei zwei verschiedenen Systemen der sozialen Sicherheit, einer Pflichtversicherung und einer freiwilligen Versicherung, zu zahlen, mit allen Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben können. Dagegen ist diese Bestimmung nicht dafür gedacht, Anwendung auf einen Fall wie den des Ausgangsverfahrens zu finden, in dem die fraglichen Beiträge zur freiwilligen Weiterversicherung und zur Pflichtversicherung Risiken betreffen, die, auch wenn sie in Anwendung der in den Randnrn. 42 bis 46 des vorliegenden Urteils dargelegten Rechtsprechung für die Zwecke der Verordnung Nr. 1408/71 einander gleichzustellen sind, gleichwohl, wie aus den Randnrn. 39, 40, 47 und 48 des vorliegenden Urteils hervorgeht, nicht identisch sind, nämlich das Risiko der Pflegebedürftigkeit einerseits und das Risiko der Krankheit im eigentlichen Sinne nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung andererseits.

58      Aus dem Vorstehenden ist zu schließen, dass die Verordnung Nr. 1408/71 unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens der freiwilligen Weiterversicherung in der deutschen Pflegeversicherung nicht entgegensteht.

59      Folglich steht die Verordnung Nr. 1408/71 dem nicht entgegen, dass sich eine Person in einer Situation wie der von Herrn da Silva Martins nach deutschem Recht grundsätzlich freiwillig in der deutschen Pflegeversicherung weiterversichern kann, selbst wenn sie außerdem nach Art. 13 Abs. 2 Buchst. f dieser Verordnung im selben Zeitraum im portugiesischen System der sozialen Sicherheit pflichtversichert ist.

 Zur Auslegung der Art. 27 und 28 der Verordnung Nr. 1408/71

60      Das vorlegende Gericht führt aus, dass es in Portugal im Unterschied zu Deutschland kein separates System der sozialen Sicherheit gebe, das speziell das Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffe. Das Gericht stellt sich die Frage, ob Art. 28 der Verordnung Nr. 1408/71 somit nicht dahin ausgelegt werden müsse, dass er und nicht Art. 27 dieser Verordnung auf einen Fall wie den des Ausgangsverfahrens anwendbar sei, wenn auch nur in Bezug auf Leistungen, die im Unterschied zu den Leistungen bei Krankheit im eigentlichen Sinne das Risiko der Pflegebedürftigkeit beträfen.

61      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass Art. 28 der Verordnung Nr. 1408/71 insbesondere Fälle betrifft, in denen ein Rentner, der nach den Rechtsvorschriften von zwei oder mehr Mitgliedstaaten zum Bezug von Renten berechtigt ist, keinen Anspruch auf Leistungen bei Krankheit nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats hat, in dessen Gebiet er wohnt.

62      Das vorlegende Gericht scheint demnach anzunehmen, dass nach den portugiesischen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit Personen, die sich in einer Situation wie der von Herrn da Silva Martins befinden, keine Geldleistungen in Anspruch nehmen können, die das Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen.

63      Wie insbesondere den Randnrn. 22 und 23 des vorliegenden Urteils zu entnehmen ist, kann jedoch nicht ohne Weiteres ausgeschlossen werden, dass das portugiesische System der sozialen Sicherheit, obwohl es im Unterschied zum deutschen System kein eigenständiges System bereitstellt, das speziell das Risiko der Pflegebedürftigkeit betrifft, bestimmte Geldleistungen vorsieht, die das Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen, wie insbesondere eine vom Grad der Pflegebedürftigkeit abhängige Zusatzrente.

64      Unter diesen Umständen hat das nationale Gericht unter Berücksichtigung der in den Randnrn. 42 bis 46 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung zu prüfen, ob die Annahme zutrifft, dass es in Portugal keinerlei Leistung der sozialen Sicherheit gibt, die das Risiko der Pflegebedürftigkeit betrifft (vgl. auch entsprechend Urteil Jauch, Randnr. 26).

65      In Anbetracht der erwähnten Rechtsprechung, wonach Leistungen der sozialen Sicherheit vorbehaltlich der mit dieser Rechtsprechung aufgestellten Kriterien mit „Leistungen bei Krankheit“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1408/71 gleichzustellen sind, ist auf jeden Fall festzustellen, dass Art. 28 dieser Verordnung nicht auf einen Fall wie den des Ausgangsverfahrens anwendbar ist, in dem der Betroffene, ein Rentner, der nach den Rechtsvorschriften seines Wohnsitzmitgliedstaats eine Altersrente bezieht, Anspruch auf Leistungen bei Krankheit im eigentlichen Sinne nach diesen Rechtsvorschriften hat.

66      Nach Art. 27 der Verordnung Nr. 1408/71 erhält nämlich ein Rentner, der nach den Rechtsvorschriften von zwei oder mehr Mitgliedstaaten, darunter den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet er wohnt, zum Bezug von Renten berechtigt ist und nach den Rechtsvorschriften des letztgenannten Mitgliedstaats Anspruch auf Leistungen bei Krankheit hat, diese Leistungen vom Träger des Wohnorts und zu dessen Lasten, als ob der Betroffene nach den Rechtsvorschriften nur dieses Mitgliedstaats zum Bezug einer Rente berechtigt wäre.

67      Somit hat im Fall des Ausgangsverfahrens die Portugiesische Republik, einer der Staaten, die Herrn da Silva Martins eine Altersrente schulden, als dessen Wohnsitzmitgliedstaat für die Zahlung der Leistungen bei Krankheit im eigentlichen Sinne aufzukommen (vgl. entsprechend Urteil vom 18. Juli 2006, Nikula, C‑50/05, Slg. 2006, I‑7029, Randnrn. 22 und 23).

68      Wie den Randnrn. 39 bis 46 des vorliegenden Urteils zu entnehmen ist, sind Leistungen, die das Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen, „Leistungen bei Krankheit“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1408/71 gleichzustellen. Ist ein ehemaliger Wanderarbeitnehmer nach den Rechtsvorschriften von zwei oder mehr Mitgliedstaaten, darunter den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet er wohnt, zum Bezug von Renten berechtigt, ist demnach grundsätzlich der letztgenannte Mitgliedstaat gemäß Art. 27 der Verordnung Nr. 1408/71 verpflichtet, gegebenenfalls Leistungen zu erbringen, die das Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen.

69      Aufgrund der oben in den Randnrn. 40 bis 48 des vorliegenden Urteils dargelegten Erwägungen ist in Ermangelung von Vorschriften in der Verordnung Nr. 1408/71, die sich speziell auf das Risiko der Pflegebedürftigkeit beziehen, unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens Art. 27 dieser Verordnung im Licht der mit der Verordnung Nr. 1408/71 verfolgten Zwecke unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Leistungen, die das Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen, gegenüber Leistungen bei Krankheit im eigentlichen Sinne auszulegen (vgl. entsprechend u. a. Urteile vom 6. März 1979, Rossi, 100/78, Slg. 1979, 831, Randnr. 12, und vom 14. Dezember 1989, Dammer, C‑168/88, Slg. 1989, 4553, Randnr. 20).

70      Insoweit ist zu beachten, dass die aufgrund von Art. 48 AEUV ergangenen Bestimmungen der Verordnung Nr. 1408/71 im Licht des Zwecks dieses Artikels auszulegen sind, der in der Herstellung größtmöglicher Freizügigkeit für die Wanderarbeitnehmer besteht (vgl. u. a. Urteile vom 12. Oktober 1978, Belbouab, 10/78, Slg. 1978, 1915, Randnr. 5, Jauch, Randnr. 20, Hosse, Randnr. 24, und vom 11. September 2007, Hendrix, C‑287/05, Slg. 2007, I‑6909, Randnr. 52).

71      Da Art. 48 AEUV eine Koordinierung und keine Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten vorsieht (vgl. u. a. Urteil vom 5. Juli 1988, Borowitz, 21/87, Slg. 1988, 3715, Randnr. 23), werden die materiellen und formellen Unterschiede zwischen den Systemen der sozialen Sicherheit der einzelnen Mitgliedstaaten und folglich zwischen den Ansprüchen der dort Versicherten durch diese Bestimmung nicht berührt, so dass jeder Mitgliedstaat dafür zuständig bleibt, im Einklang mit dem Unionsrecht in seinen Rechtsvorschriften festzulegen, unter welchen Voraussetzungen die Leistungen eines Systems der sozialen Sicherheit gewährt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil von Chamier‑Glisczinski, Randnr. 84, und vom 14. Oktober 2010, van Delft u. a., C‑345/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 99).

72      In diesem Rahmen kann das Primärrecht der Union einem Versicherten nicht garantieren, dass ein Umzug in einen anderen Mitgliedstaat hinsichtlich der sozialen Sicherheit, insbesondere in Bezug auf Leistungen bei Krankheit, neutral ist. Somit kann die Anwendung – gegebenenfalls aufgrund der Bestimmungen der Verordnung Nr. 1408/71 – einer nationalen Regelung, die in Bezug auf Leistungen der sozialen Sicherheit weniger günstig ist, infolge eines Wechsels des Wohnsitzmitgliedstaats grundsätzlich mit den Anforderungen des Primärrechts der Union auf dem Gebiet der Personenfreizügigkeit vereinbar sein (vgl. entsprechend u. a. Urteil von Chamier-Glisczinski, Randnrn. 85 und 87).

73      Nach ständiger Rechtsprechung wäre eine solche Vereinbarkeit aber nur gegeben, soweit u. a. die fragliche nationale Regelung den betreffenden Erwerbstätigen im Vergleich zu Personen, die ihre gesamten Tätigkeiten in dem Mitgliedstaat ausüben, in dem diese Regelung gilt, nicht benachteiligt und nicht nur dazu führt, dass Beitragsleistungen erbracht werden, denen kein Anspruch auf Gegenleistungen gegenübersteht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. März 2002, Hervein u. a., C‑393/99 und C‑394/99, Slg. 2002, I‑2829, Randnr. 51, vom 9. März 2006, Piatkowski, C‑493/04, Slg. 2006, I‑2369, Randnr. 34, vom 1. Oktober 2009, Leyman, C‑3/08, Slg. 2009, I‑9085, Randnr. 45, sowie van Delft u. a., Randnr. 101).

74      Wie der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, würde der Zweck der Art. 45 AEUV und 48 AEUV verfehlt, wenn die Arbeitnehmer, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben, die Vergünstigungen der sozialen Sicherheit verlieren würden, die ihnen allein die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats sichern, insbesondere wenn diese Vergünstigungen die Gegenleistung für von ihnen gezahlte Beiträge darstellen (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 21. Oktober 1975, Petroni, 24/75, Slg. 1975, 1149, Randnr. 13, vom 25. Februar 1986, Spruyt, 284/84, Slg. 1986, 685, Randnr. 19, vom 27. Februar 1997, Bastos Moriana u. a., C‑59/95, Slg. 1997, I‑1071, Randnr. 17, Jauch, Randnr. 20, und Bosmann, Randnr. 29).

75      Die unionsrechtlichen Vorschriften zur Koordinierung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit sind nämlich insbesondere in Anbetracht der mit ihnen verfolgten Ziele – vorbehaltlich ausdrücklich vorgesehener, diesen Zielen entsprechender Ausnahmen – so anzuwenden, dass sie dem Wandererwerbstätigen oder den ihm gegenüber Berechtigten nicht Leistungen aberkennen, die allein nach dem Recht eines Mitgliedstaats gewährt werden (vgl. u. a. Urteile vom 5. Juli 1967, Colditz, 9/67, Slg. 1967, 308, 315, Rossi, Randnr. 14, und Schwemmer, Randnr. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

76      Ferner ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass mit den Art. 45 AEUV bis 48 AEUV ebenso wie mit der zu ihrer Durchführung erlassenen Verordnung Nr. 1408/71 insbesondere verhindert werden soll, dass ein Arbeitnehmer, der von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat und in mehr als einem Mitgliedstaat beschäftigt war, ohne objektiven Grund schlechter gestellt wird als ein Arbeitnehmer, der seine gesamte berufliche Laufbahn in einem einzigen Mitgliedstaat zurückgelegt hat (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 5. Mai 1977, Jansen, 104/76, Slg. 1977, 829, Randnr. 12, vom 7. März 1991, Masgio, C‑10/90, Slg. 1991, I‑1119, Randnrn. 17, 19 und 23, vom 22. November 1995, Vougioukas, C‑443/93, Slg. 1995, I‑4033, Randnrn. 41 und 42, vom 17. September 1997, Iurlaro, C‑322/95, Slg. 1997, I‑4881, Randnrn. 23 und 30, sowie Leyman, Randnr. 45).

77      Gestattet in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens allein das nationale Recht – ohne dass die Verordnung Nr. 1408/71 dem entgegensteht – die freiwillige Weiterversicherung einer Person in einer Situation wie der von Herrn da Silva Martins in einem eigenständigen System der sozialen Sicherheit, das das Risiko der Pflegebedürftigkeit betrifft, und hat diese Person die Mindestbeitragszeit zurückgelegt, die für die Inanspruchnahme von Leistungen im Pflegefall erforderlich ist, so kann der Umstand, dass die Gewährung sämtlicher mit diesem System verbundener Leistungen ohne Weiteres ausgesetzt wird, wenn der Betroffene seinen Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat der Union verlegt, dazu führen, wie das vorlegende Gericht sinngemäß ausführt und entgegen der Ansicht der deutschen Regierung und der Regierung des Vereinigten Königreichs, dass Beitragsleistungen erbracht werden, denen kein Anspruch auf Gegenleistungen gegenübersteht, zumindest soweit es um Beiträge geht, die aufgrund einer freiwilligen Weiterversicherung nach der fraglichen Verlegung des Wohnsitzes gezahlt werden.

78      Es wäre daher schwerlich mit dem Zweck von Art. 48 AEUV, wie er insbesondere aus den Randnrn. 70, 71 und 74 des vorliegenden Urteils hervorgeht, zu vereinbaren, wenn ein ehemaliger Wanderarbeitnehmer in einer Lage wie der von Herrn da Silva Martins nur deswegen, weil er gemäß Art. 27 der Verordnung Nr. 1408/71 nach den Rechtsvorschriften seines Wohnsitzmitgliedstaats Anspruch auf Leistungen bei Krankheit im eigentlichen Sinne hat, alle Vergünstigungen verlöre, die die Gegenleistung für die Beiträge darstellen, die er in einem früheren Beschäftigungsmitgliedstaat aufgrund eines eigenständigen Versicherungssystems gezahlt hat, das nicht das Risiko der Krankheit im eigentlichen Sinne des Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1408/71 betrifft, sondern das der Pflegebedürftigkeit. Das gälte umso mehr in dem in Randnr. 64 des vorliegenden Urteils genannten Fall – dessen Vorliegen das vorlegende Gericht zu prüfen hat –, dass es in dem betreffenden Wohnsitzmitgliedstaat keine Geldleistungen der sozialen Sicherheit gibt, die das Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen.

79      Außerdem würde in einem solchen Fall ein ehemaliger Wanderarbeitnehmer, der nach Abschluss seiner beruflichen Laufbahn wieder in seinem Herkunftsmitgliedstaat wohnt, gegenüber Rentnern benachteiligt, die eine Altersrente nur eines Mitgliedstaats beziehen und ihre gesamte berufliche Laufbahn in nur einem Mitgliedstaat zurückgelegt haben, bevor sie während ihres Ruhestands ihren Wohnort in einen anderen Mitgliedstaat verlegen.

80      Für die letztgenannte Kategorie von Personen hätten die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung Nr. 1408/71, insbesondere Art. 28 Abs. 1 Buchst. a, in Verbindung mit der in den Randnrn. 42 bis 46 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung nämlich zur Folge, dass vom früheren Beschäftigungsmitgliedstaat gegebenenfalls vorgesehene, das Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffende Geldleistungen, da sie Leistungen bei Krankheit im eigentlichen Sinne gleichgestellt werden, grundsätzlich auch außerhalb des zuständigen Staates zu erbringen wären (vgl. entsprechend u. a. Urteile Molenaar, Randnr. 43, und Jauch, Randnrn. 10, 11 und 35).

81      Unter Berücksichtigung insbesondere der in den Randnrn. 73 bis 76 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung ist in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens in Bezug auf Geldleistungen, die das Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen, Art. 27 der Verordnung Nr. 1408/71 somit dahin auszulegen, dass ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit im eigentlichen Sinne im Wohnsitzmitgliedstaat nicht zum Verlust eines Anspruchs führt, der zuvor zulasten eines anderen Mitgliedstaats allein Kraft dessen Rechtsvorschriften betreffend das Risiko der Pflegebedürftigkeit ausschließlich aufgrund von Versicherungszeiten eröffnet worden ist, die unter diesen Rechtsvorschriften zurückgelegt wurden (vgl. entsprechend u. a. Urteile Dammer, Randnrn. 21 bis 23 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Bastos Moriana u. a., Randnr. 17).

82      Insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen, die sich aus Art. 12 der Verordnung Nr. 1408/71 ergeben, muss eine solche Auslegung hier jedoch der Möglichkeit Rechnung tragen, dass das vorlegende Gericht nach der Prüfung, die es im Einklang mit den Randnrn. 63 und 64 des vorliegenden Urteils vornimmt, feststellt, dass es in Portugal unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens in den portugiesischen Rechtsvorschriften vorgesehene Geldleistungen gibt, die das Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen.

83      In diesem Fall wäre Art. 27 der Verordnung Nr. 1408/71 dahin auszulegen, dass, wenn im Wohnsitzmitgliedstaat Geldleistungen, die das Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen, nur in einer Höhe vorgesehen sind, die unter dem Betrag der Leistungen liegt, die sich auf dieses Risiko beziehen und von dem anderen Mitgliedstaat gewährt werden, der eine Rente schuldet, nach den die Verordnung Nr. 1408/71 leitenden Grundsätzen einer Person in einer Situation wie der von Herrn da Silva Martins gegenüber dem zuständigen Träger des zuletzt genannten Staates ein Anspruch auf eine Zusatzleistung in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen den beiden Leistungen gewährt werden muss (vgl. entsprechend u. a. Urteile vom 12. Juni 1980, Laterza, 733/79, Slg. 1980, 1915, Randnr. 9, vom 9. Juli 1980, Gravina, 807/79, Slg. 1980, 2205, Randnr. 8, vom 24. November 1983, D’Amario, 320/82, Slg. 1983, 3811, Randnr. 7, Dammer, Randnrn. 23 und 24, vom 11. Juni 1991, Athanasopoulos u. a., C‑251/89, Slg. 1991, I‑2797, Randnr. 17, und Bastos Moriana u. a., Randnr. 16).

84      Eine solche Lösung wird nicht durch den von der deutschen Regierung hervorgehobenen Umstand ausgeschlossen, dass nach § 34 SGB XI der Anspruch eines Pflegebedürftigen aufgrund der freiwilligen Weiterversicherung gemäß § 26 SGB XI auf das im Ausgangsverfahren streitige Pflegegeld grundsätzlich ruht, solange sich der Versicherte im Ausland aufhält.

85      Der Gerichtshof hat nämlich sinngemäß bereits entschieden, dass die Entrichtung von Beiträgen zu einem System der sozialen Sicherheit dem versicherten Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf die entsprechenden Leistungen eröffnet, wenn er die sich aus dem Recht des zuständigen Staates ergebenden Voraussetzungen erfüllt, soweit diese mit dem im Bereich der sozialen Sicherheit anwendbaren Gemeinschaftsrecht im Einklang stehen (vgl. in diesem Sinne Urteil Molenaar, Randnr. 43).

86      Wie sich aus der in den Randnrn. 73 bis 76 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung ergibt, würde aber das mit Art. 48 AEUV verfolgte Ziel nicht erreicht, wenn das Recht eines Mitgliedstaats über die Fälle hinaus, die die Regelung der Union im Einklang mit den Zielen des AEUV ausdrücklich vorsieht, die Gewährung der Vergünstigungen der sozialen Sicherheit, die nach diesem Recht geschuldet werden, von der Voraussetzung abhängig machen würde, dass der Arbeitnehmer im betreffenden Mitgliedstaat wohnt (vgl. in diesem Sinne auch Urteil Athanasopoulos u. a., Randnr. 20).

87      Auch wenn, wie die deutsche Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs geltend machen, die konkurrierende Gewährung von Leistungen verschiedener Mitgliedstaaten im Fall von Geldleistungen, die das Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen, zu praktischen Schwierigkeiten führen kann, die beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts in den Unionsvorschriften über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit noch nicht umfassend behandelt werden, kann dieser Umstand allein keine Auslegung der Verordnung Nr. 1408/71 rechtfertigen, der zufolge ein ehemaliger Wanderarbeitnehmer, der sich allein nach den Vorschriften eines früheren Beschäftigungsmitgliedstaats freiwillig in einer Pflegeversicherung weiterversichern darf, Beitragsleistungen zu dieser Versicherung erbringen würde, denen kein Anspruch auf Gegenleistungen gegenübersteht, und somit schlechter gestellt wäre als ein Arbeitnehmer, der seine gesamte berufliche Laufbahn in einem einzigen Mitgliedstaat zurückgelegt hat (vgl. entsprechend Urteil D’Amario, Randnr. 8).

88      Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass die Art. 15 und 27 der Verordnung Nr. 1408/71 nicht dem entgegenstehen, dass eine Person in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens, die Altersrente aus den Rentenkassen sowohl ihres Herkunftsmitgliedstaats als auch des Mitgliedstaats bezieht, in dem sie den größten Teil ihres Berufslebens verbracht hat, und die aus dem letztgenannten Mitgliedstaat in ihren Herkunftsmitgliedstaat umgezogen ist, aufgrund einer freiwilligen Weiterversicherung in einem eigenständigen System der Pflegeversicherung des Mitgliedstaats, in dem sie den größten Teil ihres Berufslebens verbracht hat, weiterhin eine dieser Versicherung entsprechende Geldleistung in Anspruch nehmen kann, insbesondere falls – was das vorlegende Gericht zu prüfen hat – im Wohnsitzmitgliedstaat keine Geldleistungen gewährt werden, die das spezifische Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen. Wenn hingegen in den Rechtsvorschriften des Wohnsitzmitgliedstaats Geldleistungen, die das Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen, vorgesehen sind, dies aber nur in einer Höhe, die unter dem Betrag der Leistungen liegt, die sich auf dieses Risiko beziehen und von dem anderen Mitgliedstaat gewährt werden, der eine Rente schuldet, ist Art. 27 der Verordnung Nr. 1408/71 dahin auszulegen, dass eine solche Person gegenüber dem zuständigen Träger des letztgenannten Staates einen Anspruch auf eine Zusatzleistung in Höhe des Unterschieds zwischen den beiden Beträgen hat.

 Kosten

89      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

Die Art. 15 und 27 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu‑ und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung und geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1386/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2001 stehen nicht dem entgegen, dass eine Person in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens, die Altersrente aus den Rentenkassen sowohl ihres Herkunftsmitgliedstaats als auch des Mitgliedstaats bezieht, in dem sie den größten Teil ihres Berufslebens verbracht hat, und die aus dem letztgenannten Mitgliedstaat in ihren Herkunftsmitgliedstaat umgezogen ist, aufgrund einer freiwilligen Weiterversicherung in einem eigenständigen System der Pflegeversicherung des Mitgliedstaats, in dem sie den größten Teil ihres Berufslebens verbracht hat, weiterhin eine dieser Versicherung entsprechende Geldleistung in Anspruch nehmen kann, insbesondere falls – was das vorlegende Gericht zu prüfen hat – im Wohnsitzmitgliedstaat keine Geldleistungen gewährt werden, die das spezifische Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen.

Wenn hingegen in den Rechtsvorschriften des Wohnsitzmitgliedstaats Geldleistungen, die das Risiko der Pflegebedürftigkeit betreffen, vorgesehen sind, dies aber nur in einer Höhe, die unter dem Betrag der Leistungen liegt, die sich auf dieses beziehen und von dem anderen Mitgliedstaat gewährt werden, der eine Rente schuldet, ist Art. 27 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung und geändert durch die Verordnung Nr. 1386/2001 dahin auszulegen, dass eine solche Person gegenüber dem zuständigen Träger des letztgenannten Staates einen Anspruch auf eine Zusatzleistung in Höhe des Unterschieds zwischen den beiden Beträgen hat.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.