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Document 52021DC0110

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT über humanitäre Maßnahmen der EU: neue Herausforderungen, unveränderte Grundsätze

COM/2021/110 final

Brüssel, den 10.3.2021

COM(2021) 110 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

über humanitäre Maßnahmen der EU: neue Herausforderungen, unveränderte Grundsätze


1.Einführung: Neue und alte Herausforderungen für die humanitäre Hilfe der EU 

Die Europäische Union ist zusammen mit ihren Mitgliedstaaten der weltweit größte Geber humanitärer Hilfe, mit einem Anteil von rund 36 % an der weltweiten humanitären Hilfe 1 . In einer Welt, in der Konflikte und Katastrophen stetig zunehmen, ist die humanitäre Hilfe ein zentraler Pfeiler des auswärtigen Handelns der EU und von großer Bedeutung für ihre Fähigkeit, ihre Werte weltweit zu verbreiten.

Die humanitäre Hilfe steht jedoch derzeit vor einer beispiellosen Reihe von Herausforderungen, die durch die COVID-19-Pandemie noch verschärft wurden. Der Bedarf an humanitärer Hilfe ist so groß wie nie zuvor, was vor allem auf das Wiederaufflammen der von Staaten ausgehenden Konflikte 2 in Verbindung mit den Auswirkungen des Klimawandels, der Umweltzerstörung, des weltweiten Bevölkerungswachstums und von Regierungsversagen zurückzuführen ist. Doch auch die Kluft zwischen dem humanitären Bedarf und den weltweit zur Verfügung gestellten Ressourcen nimmt zu. Grundlegende Normen und Grundsätze werden wie selten zuvor in Frage gestellt, was die Bereitstellung von Hilfe schwieriger und gefährlicher macht.

In dieser Mitteilung wird dargelegt, wie die EU in Zusammenarbeit mit ihren verschiedenen humanitären Partnern und anderen Gebern diese Herausforderung meistern kann.

Humanitärer Bedarf: eine ansteigende Kurve, die aufgrund der COVID-19-Pandemie und der Klimaauswirkungen einen immer steileren Verlauf nimmt.

Nie zeigte sich die globale Verantwortung der EU als humanitärer Akteur deutlicher als nach dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie. 2021 dürften 150 Millionen Menschen infolge der Pandemie in extreme Armut geraten sein 3 . COVID-19 hat die bestehenden Schwachstellen und Ungleichheiten noch klarer hervortreten lassen und den humanitären Bedarf weiter verstärkt. Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge werden im Jahr 2021 fast 235 Millionen Menschen – 1 von 33 Menschen weltweit humanitäre Hilfe benötigen. Dies entspricht einem Anstieg um 40 % gegenüber dem geschätzten Bedarf aus dem Jahr 2020 (vor COVID-19) und nahezu einer Verdreifachung seit 2014. Die Zahl der Vertriebenen hat sich seit 2010 verdoppelt und belief sich Ende 2019 auf 79,5 Millionen Menschen 4 . Humanitäre Krisen dauern mittlerweile im Durchschnitt länger als 9 Jahre, und viele, auch in der Nachbarschaft Europas, dauern erheblich länger. Infolgedessen werden zu viele humanitäre Krisen einfach „vergessen“ 5 .

Als Reaktion darauf haben die EU und ihre Mitgliedstaaten im April 2020 das Maßnahmenpaket Team Europa 6 in Höhe von 38,5 Mrd. EUR aufgelegt, von denen 3,49 Mrd. EUR für die Soforthilfe und den humanitären Bedarf aufgrund der Pandemie bestimmt sind.

Der Klimawandel verstärkt die Umweltzerstörung und die Folgen einer nicht nachhaltigen Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen und führt gleichzeitig zu einem Anstieg des humanitären Bedarfs. Neben immer häufiger auftretenden und schwerwiegenden Naturgefahren, die Katastrophen auslösen, gehören der Klimawandel und die Umweltzerstörung zu den Ursachen von Konflikten, Ernährungsunsicherheit und Vertreibung. 2018 benötigten rund 108 Millionen Menschen internationale humanitäre Hilfe infolge von Stürmen, Überschwemmungen, Dürren und Waldbränden 7 . Bis 2050 werden jährlich mehr als 200 Millionen Menschen infolge klimabedingter Katastrophen und der sozioökonomischen Auswirkungen des Klimawandel auf humanitäre Hilfe angewiesen sein 8 .

Eine wachsende Finanzierungslücke – bei unverändert schmaler Geberbasis

Im Jahr 2020 stiegen die humanitären Appelle der Vereinten Nationen sprunghaft auf fast 32,5 Mrd. EUR – eine Rekordsumme, die auch auf die Auswirkungen von COVID-19 zurückzuführen ist. Zudem besteht eine Finanzierungslücke in Höhe von 17,5 Mrd. EUR – mehr als die Hälfte der Gesamtsumme. Nach Angaben der Vereinten Nationen werden für 2021 zunächst 29 Mrd. EUR benötigt, um die humanitären Appelle der Vereinten Nationen abzudecken 9 . Obwohl die EU und einige andere Geber ihre Anstrengungen in den letzten Jahren erheblich verstärkt haben, und die für humanitäre Appelle der Vereinten Nationen bereitgestellten Mittel von 4,1 Mrd. EUR im Jahr 2012 auf 15 Mrd. EUR im Jahr 2020 gestiegen sind, hat sich die weltweite Finanzierungslücke bei der humanitären Hilfe rasch vergrößert. Diese Lücke dürfte sogar noch zunehmen, da die Geberländer aufgrund der wirtschaftlichen und sozialen Folgen von COVID-19 weiterhin unter Druck stehen. Einige wichtige Geber haben bereits Kürzungen ihrer Hilfebudgets oder Finanzbeiträge für die Bewältigung größerer Krisen angekündigt. Besorgniserregend ist, dass die weltweite humanitäre Hilfe nach wie vor stark von einer sehr begrenzten Zahl von Gebern abhängt: so entfielen 2020 auf die zehn größten Geber weltweit 83 % der gemeldeten Mittel 10 . Das Gleiche gilt innerhalb der EU, wo der überwiegende Teil der von der EU geleisteten humanitären Hilfe aus dem Haushalt einer nur sehr kleinen Zahl von Mitgliedstaaten sowie dem EU-Haushalt stammt 11 . Diese Finanzierung ist nicht nachhaltig.

Behinderung des Zugangs und der Bereitstellung von humanitärer Hilfe

In vielen Konflikten nehmen direkte und oft vorsätzliche Angriffe der kriegführenden Parteien auf Zivilisten, Krankenhäuser und Schulen und damit die Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht zu. Im Jahr 2019 wurden 277 Angriffe auf humanitäre Helfer gemeldet, von denen 125 getötet wurden 12 . In vielen Krisen müssen sich die Hilfsorganisationen auch mit administrativen Hürden und anderen Hindernissen auseinandersetzen, die ihren Zugang zu den betroffenen Menschen einschränken können. Die Lockdown-Maßnahmen im Rahmen von COVID-19 und die damit einhergehende Einschränkung der Bewegungsfreiheit haben die Bereitstellung von Hilfe für die betroffenen Bevölkerungsgruppen zusätzlich erschwert.

Angesichts dieser Trends und Herausforderungen muss die EU ihrer Politik im Bereich der humanitären Hilfe neue Impulse geben, damit sie dem wachsenden humanitären Bedarf besser gerecht werden und ein günstigeres Umfeld für die Bereitstellung einer auf klaren Grundsätzen beruhenden humanitären Hilfe fördern kann. Gleichzeitig wird die EU weiterhin eng mit den Akteuren in den Bereichen Entwicklung und Friedenskonsolidierung zusammenarbeiten, um langfristige Lösungen zu fördern.

2. Eine solide Grundlage: die bewährten Grundsätze der humanitären Hilfe

Die humanitäre Hilfe der EU beruht auf einer soliden Rechtsgrundlage und einer Reihe von Grundprinzipien und gemeinsamen Zielen. Die universellen humanitären Grundsätze der Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit, wie sie im Völkerrecht verankert sind, werden dabei auch weiterhin strikt befolgt werden. Die Gewährleistung der Achtung des humanitären Völkerrechts durch staatliche und nichtstaatliche Akteure bleibt ein wesentliches Ziel der EU-Politik im Bereich der humanitären Hilfe.

Der Europäische Konsens über die humanitäre Hilfe 13 ist nach wie vor der Bezugsrahmen für die humanitären Maßnahmen der EU. Gemeinsam mit der Verordnung über die humanitäre Hilfe 14 legt der Konsens die spezifische Art und das spezifische Mandat der humanitären Hilfe fest: Die humanitäre Hilfe der EU wird ausschließlich auf der Grundlage des Bedarfs und im Einklang mit den Grundsätzen einer guten humanitären Geberpraxis geleistet 15 . Wie auch im integrierten Ansatz der EU zur Bewältigung externer Konflikte und Krisen 16 dargelegt, wird die humanitäre Hilfe der EU nicht durch politische, strategische, militärische oder wirtschaftliche Ziele beeinflusst. Dies ist auch von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass Opfern von Krisen in einem oftmals komplexen politischen und sicherheitspolitischen Umfeld Hilfe geleistet werden kann.

Obwohl die humanitäre Hilfe auch ein wesentlicher Bestandteil der allgemeinen Krisenreaktion der EU ist, bewahrt die EU ihren besonderen Charakter und vertieft gleichzeitig die Verbindung zu ihren Initiativen in den Bereichen Entwicklungshilfe, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung.

Die humanitäre Hilfe der EU wird nach dem Grundsatz der Schadensvermeidung für die betroffene Bevölkerung und die Umwelt 17 und nach Möglichkeit konfliktsensibel geleistet, damit ein Konflikt nicht versehentlich verschärft wird. Sie wird weiterhin eine wirksame humanitäre zivil-militärische Koordinierung unterstützen und verstärken, um den humanitären Raum zu schützen.

Humanitäre Hilfe ist häufig die wichtigste Form der Hilfe für die von einer Krise betroffenen Menschen. Bei steigendem Bedarf besteht angesichts der Hilfebudgets, die an ihre Grenzen stoßen, die reale Gefahr, dass einige Menschen und Gemeinschaften zurückgelassen werden. Die EU wird weiterhin für eine ausgewogene Reaktion auf den Bedarf sorgen und auch künftig 15 % der ursprünglich veranschlagten Mittel für humanitäre Hilfe für „vergessene Krisen“ bereitstellen.

Die kontinuierliche Integration des Schutzes von Menschen, die in Krisensituationen geraten sind, unter anderem durch Prävention, Eindämmung und Reaktion auf sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt und sexuelle Ausbeutung, Missbrauch und Belästigung, wird im Einklang mit dem EU-Aktionsplan für die Gleichstellung 18 (GAPIII) nach wie vor ein wichtiges Element der humanitären Hilfe der EU bleiben. Die EU wird sich auch künftig für die weltweite Initiative „Aufruf zum Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt in Notsituation“ 19 einsetzen. Sie wird auch an ihren Verpflichtungen festhalten, alle Arten von Fehlverhalten im Bereich der internationalen Hilfe rasch zu bekämpfen und die Rechenschaftspflicht zu erhöhen 20 .

Die Menschen werden weiterhin fest im Mittelpunkt der humanitären Hilfe der EU stehen, wobei Möglichkeiten für eine sinnvolle Beteiligung der Hilfeempfänger an Entscheidungen, die sie betreffen, geschaffen werden. Die EU hat sich außerdem verpflichtet, den Bedürfnissen und Rechten bestimmter Gruppen, darunter Frauen, Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen, gerecht zu werden. Damit wird ein Beitrag zur allgemeinen Gleichstellungsagenda der EU 21 , eine der obersten Prioritäten der Europäischen Kommission, geleistet.

Der Zugang von Kindern in Krisensituationen zu einer sicheren und kontinuierlichen Schulbildung ist von entscheidender Bedeutung, doch bei weitem nicht überall Realität. Bildungseinrichtungen – und die Lernenden selbst – sind zunehmend zu einem bewusst gewählten Ziel gewaltsamer Angriffe geworden, insbesondere in der Sahelzone. Obwohl digitale und Fernlösungen während der COVID-19-Pandemie dazu beigetragen haben, ein hohes Maß an Kontinuität für Schüler an vielen Orten zu gewährleisten, hat sich der Zugang zu diesen Lernangeboten für viele Empfänger humanitärer Hilfe als schwierig erwiesen und stellt gerade für binnenvertriebene und geflüchtete Kinder ein besonderes Problem dar. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen 22 könnten möglicherweise fast 24 Millionen Kinder und Jugendliche in humanitären Krisensituationen aufgrund von COVID-19 nicht in die Schule zurückkehren. Für Mädchen stellt dies sogar ein noch größeres Risiko dar, da ihnen ohne Schulbesuch Früh- und Zwangsehen drohen 23 . Die EU wird weiterhin der Unterstützung des Schutzes und der Bildung von Kindern in Notsituationen, insbesondere des Zugangs von Mädchen zu Bildung, Vorrang einräumen. Sie wird weiterhin mindestens 10 % ihres jährlichen Budgets für humanitäre Hilfe für diese Priorität bereitstellen (gegenüber nur 1 % im Jahr 2015) und sich uneingeschränkt für die „Safe Schools Declaration“ 24 einsetzen.

Ein wirksamer Multilateralismus 25 und eine von den Vereinten Nationen geleitete Koordinierung werden als Schlüsselfaktoren einer grundsatzorientierten und kohärenten humanitären Reaktion nach wie vor von zentraler Bedeutung für die humanitären Maßnahmen der EU sein. Darüber hinaus wird sich die EU weiterhin auf ein starkes Netz unterschiedlicher Partner stützen, darunter Nichtregierungsorganisationen, VN-Agenturen, Fonds und Programme und andere internationale Organisationen sowie spezialisierte Agenturen der EU-Mitgliedstaaten. Die Zusammenarbeit mit diesen verschiedenen Partnern ist von entscheidender Bedeutung, um konkret etwas zu bewirken und hochwertige Ergebnisse vor Ort zu erzielen.



3. Bewältigung des wachsenden Bedarfs, Verringerung der Finanzierungslücke

3.1 Bessere Ergebnisse: Steigerung von Wirksamkeit und Effizienz, verstärkter Einsatz von Innovationen und Kapazitäten

Bereits 2016 haben die wichtigsten Geber und humanitären Hilfsorganisationen auf dem Weltgipfel für humanitäre Hilfe die Kluft zwischen dem wachsenden Bedarf und einer begrenzten Ressourcenbasis als strukturelle Herausforderung anerkannt. Sie einigten sich in einer umfassenden Vereinbarung („Grand Bargain“) darauf, die Arbeitsmethoden von Gebern und Hilfsorganisationen so anzupassen, dass Effizienz und Wirkung maximiert werden 26 . Die zentralen Ideen hinter dem Grand Bargain sind aktueller und dringlicher denn je: Flexibilität seitens der Geber, um den humanitären Partnern eine rechtzeitige und maßgeschneiderte Reaktion zu ermöglichen und gleichzeitig eine Harmonisierung der häufig belastenden Berichterstattungsanforderungen der verschiedenen Geber vorzusehen. Im Gegenzug bekräftigten die Hilfsorganisationen ihr Engagement für koordinierte Bedarfsermittlungen, die Rechenschaftspflicht gegenüber den Empfängern und Steuerzahlern sowie die Transparenz und Sichtbarkeit der Geberhilfe, wobei sie sicherstellen wollen, dass der größtmögliche Anteil der Mittel Menschen erreicht, die Hilfe benötigen. Gleichzeitig ist es von entscheidender Bedeutung, dass Finanzmittel rasch mobilisiert werden können, um auf unvorhergesehene Notsituationen (wie COVID-19) und immer häufiger plötzlich eintretende Naturkatastrophen, wie sie durch den Klimawandel verursacht werden, reagieren zu können. Die EU wird sich für die weitere Modernisierung ihrer Finanzierungsmechanismen einsetzen, um ihren humanitären Partnern größere operative Flexibilität zu bieten und gleichzeitig den Mehrwert und die Sichtbarkeit der EU-Hilfe zu erhöhen.

Während der Großteil der humanitären Hilfe der EU auf jährlich bereitgestellt wird, hat die Europäische Kommission nun erstmals mehrjährige und länderübergreifende Partnerschaften mit einem stärker programmatischen Ansatz, unter anderem mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz, eingeführt 27 . Ziel dieser Partnerschaften ist es, den humanitären Partnern mehr Flexibilität zu bieten und den Verwaltungsaufwand sowohl für die humanitären Partner als auch für die Kommission zu verringern und gleichzeitig die Wirkung der EU-Finanzierung zu maximieren und die Sichtbarkeit der EU zu erhöhen. Dieses Pilotkonzept wird auf VN-Einrichtungen, -Agenturen und andere internationale Organisationen ausgeweitet werden.

Generell wird die EU weiter die Entwicklung und Übernahme innovativer Lösungen fördern, die eine effizientere, kostenwirksamere, umweltfreundlichere und klimaverträglichere Hilfe ermöglichen 28 .

Bargeldtransfers sind ist inzwischen weithin als effizienteste und effektivste Form der Unterstützung von Menschen, die von Konflikten oder Katastrophen betroffen sind, anerkannt. Die EU setzt sich seit langem dafür ein, Bargeldhilfe in humanitären Notsituationen zu leisten, wann immer dies möglich und angemessen ist 29 . Sie hat zudem mit den wichtigsten Partnern zusammengearbeitet, um sicherzustellen, dass der höchstmögliche Anteil der für ein Bargeldprogramm bereitgestellten Mittel die Endbegünstigten erreicht.

Digitale Mittel sind für die Sicherheit von Bargeldtransfers von entscheidender Bedeutung. Sie können auch eine wichtige Rolle bei der Einführung von Fernunterricht in Notsituationen im Einklang mit dem Aktionsplan für digitale Bildung 30 sowie bei der Einrichtung von Frühwarnsystemen für Katastrophen zur Beobachtung von Vertreibungen und Ermittlung von humanitärem Bedarf aus der Ferne, spielen. Die EU wird den Einsatz sicherer und effizienter digitaler Instrumente im Rahmen ihrer humanitären Maßnahmen weiter ausweiten, insbesondere auf Programme für schockresistente soziale Sicherheitsnetze wie das soziale Sicherheitsnetz für Notsituationen in der Türkei 31 (das größte humanitäre Programm der Geschichte der EU) und um die Vernetzung der Hilfeempfänger unter uneingeschränkter Achtung der Datenschutzanforderungen zu ermöglichen 32 .

Unterstützung der lokalen Helfer

Lokale Gemeinschaften und Organisationen sind in der Regel die Ersthelfer im Krisenfall und spielen eine Schlüsselrolle bei der Bereitstellung schneller, hochwertiger und kosteneffizienter Hilfe für Menschen in Notsituationen. Während des COVID-19-Ausbruchs waren lokale Akteure oft die ersten, die reagierten und das Vakuum füllten, das durch das Ausscheiden internationaler Akteure hinterlassen wurde. Die Pandemie hat auch deutlich gemacht, wie wichtig Kenntnisse der Gegebenheiten vor Ort und das Verständnis des lokalen Kontextes sind, um zu gewährleisten, dass die Hilfe leichter akzeptiert wird, und um die Interventionsfähigkeit zu erhöhen.

Der Grand Bargain beruht auf einer starken Bereitschaft von Gebern und internationalen Hilfsorganisationen, mehr Ressourcen direkt zu lokalen Helfer zu lenken. Allerdings ist die Mittelbereitstellung an lokale Akteure und nationale Nichtregierungsorganisationen dadurch behindert worden, dass viele Geber diese Verpflichtung mit den Anforderungen hinsichtlich Regulierung, Transparenz und Rechenschaft vereinbaren müssen, insbesondere in Konfliktsituationen, in denen sich die Finanzüberwachung als schwierig erweisen kann.

Die Kommission strebt eine stärkere EU-Unterstützung für die lokale Abwicklung der Hilfe an, unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Landes und des Kontexts sowie mittels der Mobilisierung verschiedener Instrumente im Einklang mit dem Nexus von humanitärer Hilfe, Entwicklung und Frieden, die entlang von vier Handlungsachsen eingesetzt werden:

a)Investitionen in die Stärkung der lokalen Kapazitäten, aufbauend auf den Erfahrungen mit Initiativen wie dem Fonds für lokale Initiativen in der Türkei (LIFT), mit dem lokale Helfer technisch und finanziell unterstützt werden, damit die Hilfe die Flüchtlinge und Aufnahmegemeinschaften erreicht;

b)Förderung der umweltfreundlichen und lokalen Beschaffung humanitärer Hilfsgüter;

c)Unterstützung lokaler Finanzierungsmodelle, z. B. multilateraler gebündelter Finanzierungen mit klarem Schwerpunkt auf lokalen Helfern;

d)Förderung von Konsortien auf der Grundlage gleichberechtigter Partnerschaften, gemeinsamer Verantwortung und Finanzierung zwischen internationalen und lokalen Akteuren.

Im Einklang mit den im Grand Bargain verankerten Zusagen leistet die EU im Rahmen eines Pilotprojekts einen Beitrag zu den länderbasierten Finanzierungspools der VN 33 in Südsudan und in der Ukraine. Diese Mittel ermöglichen es internationalen Gebern indirekt lokale und nationale Nichtregierungsorganisationen zu unterstützen, unter anderem durch die Förderung ihrer Beteiligung an den Koordinierungsmechanismen für humanitäre Hilfe auf Länderebene.

Ziel: Förderung flexibler und effizienter humanitärer Maßnahmen und Finanzierungsmechanismen.

Wichtigste Maßnahmen:

·Ausweitung der mehrjährigen und flexiblen Finanzierungsregelungen mit humanitären Partnern – in Verbindung mit den Entwicklungsinstrumenten in allen Fällen, in denen ein Nexus-Ansatz möglich ist – und Vereinfachung/Vereinheitlichung der Berichterstattungsanforderungen im Einklang mit dem Grand Bargain, wobei sichergestellt wird, dass die Bedarfsermittlungen zwischen den Agenturen koordiniert werden und die Effizienz und Sichtbarkeit der EU-Unterstützung sowie die damit verbundene Rechenschaftspflicht gestärkt werden.

·Verstärkung der EU-Unterstützung für lokale Helfer, unter anderem durch effizientere Nutzung länderbasierter Finanzierungspools und anderer Finanzierungsmechanismen, die lokalen Akteuren Vorrang einräumen.

·Ausarbeitung von Leitlinien für die Förderung gleichberechtigter Partnerschaften mit lokalen Helfern.

·Förderung der verstärkten Nutzung digitaler Instrumente durch humanitäre Partnerorganisationen, unter anderem durch gemeinsame Arbeiten zur Schaffung günstiger Rahmenbedingungen.

·Entwicklung spezifischer Leitlinien für die Ausweitung der Verwendung von digitalem Bargeld und Gewährleistung des Zugangs der Hilfeempfänger zu digitalen Lösungen im Rahmen der Überarbeitung des thematischen Konzepts der EU für Bargeldtransfers.

·Unterstützung, Ausweitung und Förderung von Investitionen in bewährte, kostenwirksame und technologiegestützte Lösungen für humanitäre Hilfe, unter anderem nach dem Vorbild der Projekte, die 2020 Auszeichnungen des Europäischen Innovationsrats erhalten haben 34 .



3.2 Schließung der Lücken: Eine europäische Kapazität für humanitäre Hilfe 

Auch wenn die humanitäre Hilfe der EU weiterhin von den humanitären Partnern der EU geleistet wird, kann es Situationen geben, in denen ein direktes Eingreifen der EU einen eindeutigen Mehrwert mit sich bringt, beispielsweise um eine temporäre Lücke zu schließen, wenn sich die üblichen Bereitstellungsmechanismen oder verfügbaren Kapazitäten humanitärer Organisationen oder nationaler Behörden möglicherweise als unzureichend erweisen oder ganz fehlen 35 . In solchen Fällen würde eine europäische Kapazität für humanitäre Hilfe, die im Einklang mit der Verordnung über die humanitäre Hilfe der EU steht und aus dem Budget der EU für humanitäre Hilfe finanziert wird, es der EU ermöglichen, die Mitgliedstaaten und die humanitären Partner der EU bei der raschen Bereitstellung von Hilfe zu unterstützen.

Bei dieser Kapazität könnte auf den während der COVID-19-Pandemie gewonnenen Erfahrungen aufgebaut werden, dazu gehören auch die Nutzung von Rückholflügen zum Transport von humanitärer Fracht und die Einrichtung der humanitären Luftbrücke der EU 36 im Rahmen eines „Team-Europa“ -Konzepts, um die Bereitstellung essenzieller humanitärer Hilfe zu unterstützen.

Von Mai bis Oktober 2020 hat die EU 67 Operationen der humanitären Luftbrücke in 20 Ländern auf vier Kontinenten erfolgreich abgeschlossen. Im Rahmen dieser aus dem Haushalt der EU für humanitäre Hilfe finanzierten Initiative wurden 1150 Tonnen medizinische und humanitäre Güter und 1700 medizinische und humanitäre Mitarbeiter sowie weitere Passagiere befördert.

Diese Kapazität wird ergänzend zum Katastrophenschutzverfahren der Union bereitstehen und sich dabei auf die Einsatzbereitschaft des EU-Zentrums für die Koordination von Notfallmaßnahmen 37 stützen. So sollen humanitäre Maßnahmen der EU-Partner und der Mitgliedstaaten weiterhin ermöglicht und in enger Abstimmung mit den Mitgliedstaaten durchgeführt werden. Bei Bedarf soll die Kapazität auch dazu eingesetzt werden, die Logistik einschließlich des Transports zu vereinfachen, die Bündelung von Ressourcen zu ermöglichen und deren erste Einsätze vor Ort zu erleichtern. Über sie könnten beispielsweise logistische Bewertungen, Unterstützung bei der Bereitstellung, Beschaffung, Lagerung, Beförderung und/oder Verteilung von Hilfsgütern, einschließlich COVID-19-Impfstoffen und deren Auslieferung in fragilen Ländern, angeboten werden 38 . Sie könnte auch zur Verbesserung der medizinischen Reaktionsfähigkeit der EU bei künftigen gesundheitlichen Notlagen eingesetzt werden und sich dabei auf das bestehende Medizinische Korps der EU stützen, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit der künftigen EU-Task Force „Gesundheit“ 39 , deren Einrichtung vom Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) koordiniert wird, und mit der die lokale Reaktion auf Ausbrüche übertragbarer Krankheiten in Synergie mit dem Katastrophenschutzverfahren der Union unterstützt und die Vorsorge in den Mitgliedstaaten und in Drittländern verbessert werden soll. Darüber hinaus werden diese Bemühungen auch andere EU-Initiativen ergänzen, die zur Unterstützung der humanitären Maßnahmen der EU beitragen können, beispielsweise der von Freiwilligen geleistete Beitrag im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps, das einen zentralen Zugang zu solidarischen Tätigkeiten in der gesamten Union und darüber hinaus bietet 40 .

Ziel: Gewährleistung der raschen und effizienten Bereitstellung der humanitären Hilfe der EU für die Bedürftigen

Wichtigste Maßnahme:

·Entwicklung einer europäischen Kapazität für humanitäre Hilfe, um Lücken zu schließen und es den EU-Mitgliedstaaten und humanitären Partnern so zu ermöglichen, in Abstimmung und Komplementarität mit dem Katastrophenschutzverfahren der Union rasch humanitäre Hilfe zu leisten.

3.3. Stärkere Ausrichtung auf Klimafolgen und Umweltfaktoren: Sensibilisierung, Vorsorge und proaktives Handeln

Die Katastrophenvorsorge ist bereits ein fester Bestandteil der humanitären Hilfe der EU mit einem eigenen Budget und ein zentrales Element der Agenda der EU für die langfristige Katastrophenvorsorge. Die immer drastischeren Auswirkungen des Klimawandels und der Umweltzerstörung gefährden jedoch den Erfolg der humanitären Maßnahmen 41 . Der Klimawandel verstärkt nicht nur Naturkatastrophen, sondern ist auch ein Bedrohungsmultiplikator 42 , der Konfliktsituationen zusätzlich erschwert und verlängert und somit den humanitären Bedarf erhöht. Daher ist es wichtig sicherzustellen, dass bei humanitären Maßnahmen, wo immer und wann immer sie bereitgestellt werden, Klimaschutz- und Umweltaspekte (einschließlich Sensibilisierungsmaßnahmen) berücksichtigt werden, und der Schwerpunkt bei der Programmplanung für humanitäre Hilfe in den am stärksten katastrophengefährdeten Ländern und Regionen auf der Unterstützung der Anpassung an den Klimawandel und der ökologischen Resilienz liegt.

Insbesondere proaktive Ansätze für humanitäre Maßnahmen 43 können dazu beitragen, die Resilienz von Gemeinschaften, einschließlich gewaltsam vertriebener Gruppen, in gefährdeten und katastrophenanfälligen Regionen zu stärken. Die Wirksamkeit solcher Ansätze hängt von hinreichend zuverlässigen Informationen durch Frühwarnsysteme 44 ab, einschließlich Indikatoren oder anderer Kriterien, die Maßnahmen auslösen. Die EU wird eine umfassendere Nutzung solcher Ansätze fördern und dabei auf mehr Partnerschaften mit Gemeinschaften in den Bereichen Klimaschutz und Wissenschaft aufbauen. Die EU wird auch den Vorsitz der Plattform für Flucht und Vertreibung, den sie im Jahr 2022 übernimmt, nutzen, um die weltweiten Bemühungen zum Schutz von Menschen, die durch Katastrophen und den Klimawandel vertrieben wurden, voranzubringen.

Im Juli 2020 konnten dank der Prognosen des Globalen Hochwasserwarnsystems im Rahmen des Copernicus-Dienstes für Katastrophen- und Krisenmanagement der EU (ein Instrument für das Katastrophenschutzverfahren der Union) die humanitären Partner in Bangladesch 45 rasch auf schwere Überschwemmungen reagieren und 3 300 Familien in den am stärksten betroffenen Gebieten mit Bargeldhilfe unterstützen.

Trotz der zunehmenden humanitären Auswirkungen des Klimawandels erhalten die am stärksten gefährdeten Länder nur einen viel zu geringen Anteil der auf globaler Ebene bereitgestellten Klimaschutzmittel 46 . Es besteht dringender Bedarf an zusätzlichen internationalen Finanzmitteln für die Anpassung an den Klimawandel, sowohl aus öffentlichen als auch aus privaten Quellen. Um eine noch größere Belastung des humanitären Systems zu vermeiden, wird die EU nachdrücklich darauf drängen, mehr der Mittel für den Klimaschutz dort für die Stärkung der Resilienz und der Anpassung einzusetzen, wo dies am dringendsten erforderlich ist. Dies kann nur durch einen integrierten Ansatz für die Stärkung der Klima- und Umweltresilienz erreicht werden, bei dem Akteure aus den Bereichen humanitäre Hilfe, Entwicklung und Friedenskonsolidierung gemeinsam agieren, wobei der Schwerpunkt auf Prävention und Vorsorge liegt und das Fachwissen der klima- und umweltpolitischen und wissenschaftlichen Kreise genutzt wird 47 .

Auch wenn die humanitäre Hilfe nicht unter das im mehrjährigen Finanzrahmen der EU für den Zeitraum 2021-2027 festgelegte Klimaschutz-Mainstreaming-Ziel von 30 % fällt, trägt sie dennoch zum Klimaschutz bei. Als Beitrag zu den generellen Anstrengungen, die klimabezogenen Ausgaben der EU zurückzuverfolgen, wird die Kommission diese Rückverfolgung freiwillig auf die humanitäre Hilfe der EU anwenden.

Humanitäre Geber und Akteure sollten hier mit gutem Beispiel vorangehen. Die EU wird daher die humanitären Partner auch bei der Verringerung ihres ökologischen Fußabdrucks unterstützen. Gleichzeitig wird die Kommission die Ökologisierung ihres für humanitäre Hilfe zuständigen Außenstellennetzes (ECHOField) und ihrer Zentrale fortsetzen 48 , um den europäischen Grünen Deal 49 zu unterstützen.

Ziel: Konsequentere Einbeziehung der Auswirkungen des Klimawandels und der Umweltfaktoren in die Politik und Praxis der humanitären Hilfe und Stärkung der Koordinierung mit den Akteuren in den Bereichen Entwicklung, Sicherheit und Klima/Umwelt, um die Resilienz vulnerabler Gemeinschaften zu stärken.

Wichtigste Maßnahmen:

·Deutliche Erhöhung des Anteils der Klimaschutzmittel für die Stärkung der Resilienz und der Anpassung an den Klimawandel in den am stärksten katastrophengefährdeten Ländern und Regionen entsprechend der neuen EU-Strategie zur Anpassung an den Klimawandel sowie im Rahmen des Konzepts des Nexus von humanitärer Hilfe, Entwicklung und Frieden.

·Stärkung der Klima- und Umweltresilienz vulnerabler Bevölkerungsgruppen durch den Nexus-Ansatz für humanitäre Hilfe, Entwicklung und Frieden sowie Gewährleistung der Bereitstellung neuer Leitlinien zur Katastrophenvorsorge für die humanitären Partner der EU und Umsetzung dieser Leitlinien in enger Abstimmung mit den Akteuren der Bereiche Entwicklung und Klimaschutz.

·Weiterentwicklung und Anwendung risikobewusster Ansätze, einschließlich Risikofinanzierung, und Verstärkung proaktiver Maßnahmen in verschiedenen humanitären Situationen und Regionen.

·Ausarbeitung von Leitlinien und Vorbereitung von Schulungen für die humanitären Partner der EU zur umweltgerechten Gestaltung der humanitären Hilfe, um deren Klima- und Umwelt-Fußabdruck zu reduzieren.

·Rückverfolgung klimabezogener Ausgaben gemäß der EU-Verordnung über die humanitäre Hilfe.

3.4Ganzheitliches Vorgehen: Erweiterung der Ressourcenbasis, Bekämpfung der Ursachen von Krisen und letztlich Verringerung des Bedarfs

Bekämpfung der Ursachen und Stärkung des Nexus von humanitärer Hilfe, Entwicklung und Frieden

Ziel der humanitären Hilfe ist die Bereitstellung von Soforthilfe für die von Krisen betroffenen Menschen. Humanitäre Hilfe an sich hat weder den Zweck noch die Möglichkeit, die komplexen Ursachen von Konflikten und anderen Krisen – gleich ob sozioökonomisch oder im Zusammenhang mit Governance oder Umwelt – zu bewältigen. All diese Faktoren erfordern weiterhin ein ganzheitliches Vorgehen, mit dem Probleme der Regierungsführung angegangen, die Grundrechte der Bevölkerung geachtet, Ungleichheiten berücksichtigt, der Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen, der Justiz, wirtschaftlichen Chancen und Sicherheit gewährleistet sowie klima- und umweltpolitische Herausforderungen bewältigt werden. Internationale Unterstützung in Krisensituationen wird nur dann dauerhafte Auswirkungen haben, wenn sie mit einem starken Engagement der nationalen und lokalen Behörden einhergeht, das Menschen in den Mittelpunkt dieser Maßnahmen stellt, die darauf abzielen, Ausgrenzung zu bekämpfen, die Rechte zu schützen und die Rechenschaftspflicht zu gewährleisten. Dies sollte das Kernstück des EU-Ansatzes für die Bewältigung von Konflikten und Krisen bilden.

In diesem Kontext wird sich die EU verstärkt für die Verknüpfung von humanitärer Hilfe mit Entwicklung und Friedenskonsolidierung einsetzen. Humanitäre Hilfe ist nicht als langfristige Lösung für die Deckung der Bedürfnisse von Krisen betroffener Menschen konzipiert. Durch den Nexus von humanitärer Hilfe, Entwicklung und Frieden wird die EU alle erforderlichen Instrumente einsetzen, um nicht nur kurzfristigem Bedarf zu decken, sondern auch langfristige Lösungen zu bieten und in Konflikten zur Schaffung eines dauerhaften Friedens beizutragen. Dies schließt gemeinsame Analysen und operative Reaktionsrahmen sowie einen konfliktsensitiven Ansatz ein, damit die Außenhilfe einen Konflikt nicht versehentlich verstärkt.

Der Nexus-Ansatz ist heute in vielen fragilen und konfliktanfälligen Ländern Bestandteil der Außenhilfe der EU. Dies gilt für die sechs im Jahr 2017 ausgewählten EU-Nexus-Pilotländer (Tschad, Irak, Myanmar, Nigeria, Sudan und Uganda) wie auch für andere Kontexte (z. B. gemeinsame Rahmen für humanitäre Hilfe, Entwicklung und Frieden als Reaktion auf die Syrien-Krise in Libanon und Jordanien). Beispiele hierfür sind:

·Unterstützung von Netzen der sozialen Sicherheit, die in enger Abstimmung zwischen den Akteuren der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit konzipiert wurden;

·Einbeziehung der koordinierten Unterstützung der Katastrophenvorsorge und ‑resilienz in die gesamte Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe (insbesondere in Regionen, die stark von Bodendegradation, Wasserknappheit und Klimawandel betroffen sind, wie etwa die Sahelzone);

·verstärkte Aufmerksamkeit für den Schutz der Zivilbevölkerung;

·Voranbringen von Strukturreformen, um die der Gewalt zugrunde liegenden Ursachen zu bekämpfen;

·Förderung langfristiger Lösungen im Zusammenhang mit Vertreibung, wie in der Mitteilung der EU von 2016 mit dem Titel „Leben in Würde“ 50 und dem Globalen Pakt für Flüchtlinge 51 vorgesehen.

Die anhaltenden Konflikte und die sozioökonomischen Auswirkungen von COVID-19 haben die Notwendigkeit einer Ausweitung dieser Anstrengungen noch deutlicher hervortreten lassen – dies sollte vorrangig durch eine weitere Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen der EU, ihren Mitgliedstaaten, ihrem diplomatischen Netzwerk, Finanzinstitutionen, einschließlich nationaler Entwicklungsbanken und Durchführungsstellen, sowie der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung auf der Grundlage des „Team Europa“-Konzepts erfolgen 52 . Angesichts der dramatischen Auswirkungen der Pandemie in diesen Bereichen werden besondere Anstrengungen zur Stärkung von Ernährungssicherheit, Gesundheit und Bildung unternommen. Ausgehend von den positiven Erfahrungen aus dem Programmplanungszeitraum 2014-2020 wird die EU unter Wahrung der humanitären Grundsätze weiterhin Synergien und Komplementarität zwischen den verschiedenen Akteuren und den EU-Diensten stärken. 

Ziel: Sicherstellung des Zusammenwirkens der Politik in den Bereichen humanitäre Hilfe, Entwicklung, Friedenskonsolidierung und anderen Bereichen mit dem Ziel, Soforthilfe und längerfristige Lösungen besser miteinander zu verknüpfen, um den Bedarf zu verringern und die Ursachen von Konflikten und Krisen zu bekämpfen.

Wichtigste Maßnahmen:

·Durchführung systematischer gemeinsamer EU-Analysen der mit Krisen verbundenen Risiken, Bedürfnisse, Anfälligkeiten und strukturellen Faktoren sowie gegebenenfalls gemeinsame Programmierung und Planung der EU-Politik mit Blick auf den Nexus von humanitärer Hilfe, Entwicklung und Frieden.

·Stärkung der Koordinierungsmechanismen für EU-Maßnahmen der humanitären Hilfe, Entwicklung und Friedenskonsolidierung vor Ort, um mit Unterstützung der EU-Delegationen und der ECHO-Außenstellen für gemeinsame und kohärente Ergebnisse zu sorgen. Enge Zusammenarbeit mit den EU-Mitgliedstaaten in diesem Kontext entsprechend dem „Team-Europa“-Konzept.

·Schaffung wirksamer Verknüpfungen zwischen den verschiedenen Maßnahmen in den Bereichen humanitäre Hilfe, Entwicklung und Frieden und Nutzung bestehender Instrumente, einschließlich des Politikdialogs, um die nationalen und lokalen Kapazitäten – darunter die Kapazitäten nichtstaatlicher Stellen – zu stärken, sodass grundlegende Dienstleistungen erbracht werden können und der Aufbau von Resilienz unterstützt wird.

·Ausweitung der Unterstützung für bargeldbasierte soziale Sicherungsnetze, die Schocks abfedern können.

·Nutzung des politischen und diplomatischen Engagements der EU und aller verfügbaren Instrumente für die Verhinderung von Krisen, die Lösung von Konflikten und die Friedenskonsolidierung und gleichzeitige Stärkung der Advocacy-Arbeit zur Unterstützung humanitärer Maßnahmen, um die Anwendung und Achtung der humanitären Grundsätze, des Schutzes der Zivilbevölkerung und des humanitären Völkerrechts zu erleichtern.

·Förderung einer wirksamen zivil-militärischen Koordinierung der humanitären Hilfe in allen relevanten Zusammenhängen als Rahmen für den Schutz des humanitären Raums, die Vermeidung von Doppelarbeit, die Minimierung von Unstimmigkeiten und die Maximierung potenzieller Synergien mit den Sicherheits- und Verteidigungsakteuren.

·Schaffung von Synergien mit den Bemühungen der EU um Friedensvermittlung und Konfliktverhütung unter uneingeschränkter Achtung der humanitären Grundsätze, um die Anstrengungen zur Linderung von Leid zu verstärken.

·Neben Bereichen wie Gesundheit, Ernährungssicherheit, Katastrophenvorsorge und Klimaresilienz auch Einbeziehung der Bildung in die Prioritäten für den Nexus von humanitärer Hilfe, Entwicklung und Frieden, um zur Überbrückung der weltweiten Kluft bei der Bildung beizutragen.

Erweiterung der Ressourcenbasis, innerhalb und außerhalb von Europa

Die dramatische Zunahme des Ausmaßes und der Schwere humanitärer Krisen in den letzten Jahren stellt eine Herausforderung für die Menschheit insgesamt dar. COVID-19 hat einmal mehr deutlich gemacht, dass niemand zurückgelassen werden darf. Die wichtigsten Empfehlungen der Hochrangigen Gruppe für die Finanzierung humanitärer Hilfe, die 2015 vom Generalsekretär der Vereinten Nationen einberufen wurde, haben im Jahr 2021 sogar noch größere Relevanz 53 : Es besteht dringender Bedarf an mehr Ressourcen, um den erheblich gestiegenen humanitären Bedarf decken zu können. 

Allerdings ist die Ressourcenbasis für humanitäre Hilfe nach wie vor äußerst schmal. So stellten im Jahr 2020 die drei größten Geber (die Vereinigten Staaten, Deutschland und die Europäische Kommission) weltweit 62 % der gemeldeten humanitären Hilfe bereit. Innerhalb der EU entfallen etwa 90 % der humanitären Mittel auf nur vier Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission 54 . Zwar haben eine Reihe von Ländern ihre humanitäre Hilfe in den letzten Jahren aufgestockt, darunter auch einige EU-Mitgliedstaaten, doch im Hinblick auf die dringend benötigte globale gemeinsame Anstrengung könnte die Liste der Geber noch erheblich erweitert und ein höherer Beitrag von den bestehenden Gebern geleistet werden,

Vor diesem Hintergrund sollte sich die EU energischer für eine massive Verstärkung der Anstrengungen zur Finanzierung humanitärer Hilfe und eine bessere Aufteilung der Verantwortung unter den Gebern, einschließlich der EU-Mitgliedstaaten, einsetzen. Die EU sollte – in Zusammenarbeit mit ihren Mitgliedstaaten sowie mit anderen engagierten humanitären Gebern wie den Vereinigten Staaten – ihr bilaterales, regionales und multilaterales Engagement sowohl mit traditionellen als auch mit neuen Gebern (insbesondere denjenigen, deren Gewicht in der Weltwirtschaft in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat, wie China und die Golfstaaten) verstärken, um ein höheres Finanzierungsniveau und eine systematischere Unterstützung des globalen humanitären Systems zu fördern. Dieses Engagement sollte die Zusage der EU, 0,7 % des Bruttonationaleinkommens (BNE) als öffentliche Entwicklungshilfe bereitzustellen 55 , als Grundlage und als Maßstab nutzen und Anreize für eine Aufstockung der Mittelzusagen für humanitäre Hilfe bieten, um der drastischen Zunahme des humanitären Bedarfs und der humanitären Anforderungen in den letzten Jahren zu entsprechen. Diese Bemühungen sollten mit einer verstärkten Unterstützung der Achtung der humanitären Grundsätze, einer beispielhaften Geberpraxis im Rahmen der humanitären Hilfe und des humanitären Völkerrechts einhergehen.

Die EU und die USA verbindet eine stärke Partnerschaft im Bereich der humanitären Hilfe, die sich auf einen strategischen Dialog und die Zusammenarbeit bei spezifischen Krisen und thematischen Fragen stützt. Auf der Grundlage dieser engen Beziehung können die EU und die USA im Einklang mit der neuen transatlantischen Agenda für den globalen Wandel auch gemeinsam auf eine bessere Aufteilung der Verantwortung unter den Gebern bei der Unterstützung des globalen humanitären Systems hinarbeiten 56 .

Die EU sollte auch prüfen, wie der Privatsektor gegebenenfalls besser gefördert und in die Erbringung von Dienstleistungen für von humanitären Krisen betroffene Menschen einbezogen werden kann. In den letzten Jahren gab es eine Reihe innovativer Initiativen von Akteuren der humanitären Hilfe, die mit Instrumenten wie humanitäre Anleihen eine Vorreiterrolle übernehmen. Beim Einsatz von Versicherungen und Rückversicherungen für Katastrophenrisiken wurden erhebliche Fortschritte erzielt. Die EU könnte jedoch noch mehr tun, um zusätzliche Finanzmittel zu mobilisieren, indem sie stärker mit dem Privatsektor zusammenarbeitet, um die humanitäre Hilfe zu unterstützen.

Aufbauend auf den umfangreichen Sondierungsarbeiten, zu denen sie im multilateralen Kontext beigetragen hat 57 , wird die Kommission die Einbindung innovativer Finanzierungsmethoden in ihr Instrumentarium für humanitäre Hilfe anstreben und die Beteiligung des Privatsektors an der Finanzierung humanitärer Hilfe aktiv fördern.

Ziel: Erhebliche Stärkung der Ressourcengrundlage für humanitäre Maßnahmen

Wichtigste Maßnahmen:

·Erinnerung an die Zusage der EU, 0,7 % des Bruttonationaleinkommens (BNE) als öffentliche Entwicklungshilfe bereitzustellen, und mit den Mitgliedstaaten auf eine Aufstockung der Mittelzusagen für humanitäre Hilfe hinzuarbeiten, die der in den letzten Jahren verzeichneten starken Zunahme des Bedarfs und der Anforderungen im Bereich der humanitären Hilfe entspricht.

·Intensivierung der Zusammenarbeit der EU mit traditionellen und aufstrebenden Geberländern, um die gemeinsame Verantwortung für die Unterstützung humanitärer Maßnahmen in Erinnerung zu rufen und dies systematischer in den politischen Dialog der EU mit den betreffenden Drittländern einzubeziehen. Stärkung oder Bildung von Allianzen auf globaler Ebene mit gleich gesinnten Ländern zur Förderung der globalen humanitären Agenda.

·Einleitung einer Pilotinitiative für Mischfinanzierung im Rahmen des EU-Budgets für humanitäre Hilfe, um 2021 zusätzliche Mittel aus dem Privatsektor im humanitären Kontext zu mobilisieren.

4. Förderung besserer Rahmenbedingungen für die humanitäre Hilfe

4.1. Eintreten für die Achtung des humanitären Völkerrechts

Das humanitäre Völkerrecht besteht aus einer Reihe international vereinbarter und allgemein anerkannter Regeln zur Begrenzung der Auswirkungen von bewaffneten Konflikten und zum Schutz von Zivilisten und anderen Personen, die nicht an Kampfhandlungen teilnehmen. Die Achtung des humanitären Völkerrechts ist ein wichtiges Ziel an sich; sie stellt jedoch auch eine Voraussetzung für wirksame humanitäre Hilfe dar und kann vor allem verhindern, dass eine solche Hilfe überhaupt notwendig wird. Verstöße gegen dieses Recht sind in der heutigen Welt ein wiederkehrendes Phänomen. Zivilisten, darunter auch humanitäre Helfer oder medizinisches Personal, werden allzu oft gezielt von Konfliktparteien angegriffen.  

Die EU hat Leitlinien zur Förderung der Einhaltung des humanitären Völkerrechts aufgestellt 58  und unterstützt die Ausbildung von Streitkräften, Sicherheitskräften und diplomatischem Personal. Dies wird im Rahmen der neuen Außenhilfeinstrumente der EU (für den Zeitraum 2021-2027) fortgesetzt. Die EU sollte die Förderung und Anwendung des humanitären Völkerrechts weiterhin konsequent in den Mittelpunkt ihres auswärtigen Handelns stellen. In diesem Zusammenhang wird die EU das Internationale Komitee vom Roten Kreuz bei der Wahrnehmung seines Mandats für die wirksame Anwendung des humanitären Völkerrechts weiterhin nachdrücklich unterstützen.

Schwere Verletzungen des humanitären Völkerrechts sollten im Rahmen eines koordinierten Vorgehens der EU konsequent geahndet werden. Die Achtung des humanitären Völkerrechts sollte als Bestandteil der Außenhilfeinstrumente der EU gestärkt werden, auch durch die Gewährleistung der Sorgfaltspflicht. Die EU sollte außerdem ihr politisches und wirtschaftliches Gewicht nutzen, um die Einhaltung des humanitären Völkerrechts durch Partnerländer zu fördern, beispielsweise durch ihre politischen Dialoge und Menschenrechtsdialoge sowie gegebenenfalls im Rahmen der Handels- und Entwicklungshilfebeziehungen zu ihren Partnerländern.

Die zunehmende Anwendung von Sanktionen – insbesondere unilateralen Sanktionen von Nicht-EU-Ländern, von denen einige extraterritoriale Reichweite haben – erschwert ebenfalls die Bereitstellung humanitärer Hilfe und behindert grundsatzorientierte humanitäre Maßnahmen. Da Banken und andere Finanzinstitute bestrebt sind, ihr Risiko zu verringern, indem sie ihre Tätigkeiten in Ländern, die mit Sanktionen belegt sind, einschränken oder einstellen, werden humanitäre Transaktionen schwieriger - wenn nicht gar unmöglich. Die restriktiven Maßnahmen der EU sind zwar zielgerichtet und sollen die Bereitstellung humanitärer Hilfe nicht behindern, beinhalten jedoch eine Reihe von Verpflichtungen, deren Verletzung zu rechtlichen Schritten, einschließlich strafrechtlicher Sanktionen auf nationaler Ebene, führen kann.

Um die Bereitstellung humanitärer Hilfe in einem Umfeld, in dem Sanktionen gelten, zu erleichtern, hat die EU Outreach-Maßnahmen ergriffen, darunter die Orientierungshilfen der Kommission im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie 59 . Die EU sollte ihre Unterstützung für die humanitären Partner in Bezug auf deren Rechte und Pflichten im Rahmen der verschiedenen Sanktionsregelungen der EU fortsetzen und weiter ausbauen 60 . Gleichzeitig sollte die EU die konsequente Einbeziehung von Ausnahmen für humanitäre Hilfe in ihre Sanktionsregelungen anstreben 61 . Gemäß dem „Humanitarian Call for Action“ 62 zur Stärkung der Achtung des humanitären Völkerrechts und grundsatzorientierter humanitärer Maßnahmen, dem sich die EU kürzlich angeschlossen hat, sollten humanitäre Helfer und medizinisches Personal, die im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht und den humanitären Grundsätzen tätig sind, nicht strafrechtlich verfolgt werden. Die EU sollte darüber hinaus in Erwägung ziehen, Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht als Kriterium für die Aufnahme von Einzelpersonen oder Organisationen in die einschlägigen Sanktionsregelungen der EU festzulegen.

Ziel: Priorisierung der Einhaltung des humanitären Völkerrechts im Rahmen des auswärtigen Handelns der EU, um Zivilbevölkerungen zu schützen, grundsatzorientierte humanitäre Maßnahmen zu unterstützen und die Sicherheit humanitärer Helfer und des medizinischen Personals zu gewährleisten.

Wichtigste Maßnahmen:

·Einrichtung eines Koordinierungsmechanismus für humanitäres Völkerrecht auf EU-Ebene, um eine bessere Überwachung von Verstößen weltweit sicherzustellen, die Koordinierung zwischen den einschlägigen EU-Akteuren zu erleichtern und die Stärkung der humanitären Diplomatie der EU zu unterstützen.

·Weiterer Ausbau des Rahmens für die Einhaltung des humanitären Völkerrechts einschließlich als Bestandteil der Außenhilfeinstrumente der EU, unter anderem durch die Gewährleistung der gebührenden Sorgfaltspflicht und gegebenenfalls durch ihre politischen Dialoge, Sicherheitsdialoge und Menschenrechtsdialoge sowie ihre Handelsabkommen mit Partnerländern.

·Erwägung der Einbeziehung schwerwiegender Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht als Grund für die Aufnahme in die Sanktionsregelungen der EU, wann immer dies angemessen erscheint und gewährleistet ist, dass dabei mögliche negative Auswirkungen auf humanitäre Maßnahmen vermieden werden.

·Weitere Gewährleistung der umfassenden Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts in der Sanktionspolitik der EU, unter anderem durch die konsequente Einbeziehung von Ausnahmen für humanitäre Hilfe in die Sanktionsregelungen der EU. Ausarbeitung eines wirksamen Rahmens für die Inanspruchnahme solcher Ausnahmen durch humanitäre Organisationen, die EU-Mittel erhalten. Weitere Bereitstellung praxisbezogener Unterstützung für die humanitären Organisationen in Bezug auf ihre Rechte und Pflichten im Rahmen der verschiedenen Sanktionsregelungen der EU.

·Weitere Förderung des Dialogs zwischen allen an der humanitären Hilfe beteiligten Parteien (Geber, Regulierungsbehörden, NRO und Banken), um die Bereitstellung humanitärer Hilfe für alle Bedürftigen zu erleichtern.

4.2 Stärkung des Engagements und der Führungsrolle der EU

Arbeit als „Team Europa“

Die humanitäre Hilfe der EU wird von der Öffentlichkeit als einer der sichtbarsten Aspekte des auswärtigen Handelns der EU nachdrücklich unterstützt 63 . Gemäß den EU-Verträgen erfüllen sowohl die Mitgliedstaaten als auch die EU bei der humanitären Hilfe wichtige und ganz unterschiedliche Funktionen. Die sich daraus ergebende kollektive Wirkung könnte durch die Koordinierung der Bemühungen und die Gewährleistung von Komplementarität sowie durch die Förderung des Nexus von humanitärer Hilfe, Entwicklung und Frieden noch verstärkt werden.

Insbesondere können gemeinsame Stellungnahmen der EU zu größeren humanitären Krisen die Initiativen der „humanitären Diplomatie“ auf bilateraler, regionaler und internationaler Ebene untermauern. Konsolidierte Mittelzusagen der EU (neben nationalen Zusagen der Mitgliedstaaten) können das Engagement der EU bei internationalen Geberveranstaltungen besser sichtbar machen.

Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten und die Kommission im Rahmen eines „Team-Europa“-Konzepts von einer noch intensiveren gemeinsamen Nutzung und Bündelung von Analysen in Krisensituationen profitieren. Die Kommission wird daher weiterhin die Sachkenntnis ihres Außenstellennetzes für humanitäre Hilfe 64 sowie der EU-Delegationen zum Nutzen der Mitgliedstaaten zur Verfügung stellen. Dazu gehört auch, dass systematischer die Möglichkeit angeboten wird, in bestimmten Krisen einen Teil der Mittel durch direkte Beitragszahlung zu EU-Haushaltsinstrumenten als externe zweckgebundene Einnahmen einzusetzen.

Die Bündelung von Ressourcen kann außerdem dazu beitragen, die Wirkung der Maßnahmen der EU und der Mitgliedstaaten zu maximieren und den Mitgliedstaaten gleichzeitig die Möglichkeit zu geben, die Reichweite ihrer humanitären Hilfe auszudehnen. Selbstverständlich werden diese Bemühungen die bestehenden Mechanismen für gebündelte Finanzierungen ergänzen und nicht mit ihnen konkurrieren.

Auf operativer Ebene wird die Kommission, sowohl im Bereich der humanitären Hilfe als auch im Bereich des Katastrophenschutzes, ihr eigenes Fachwissen und ihre eigenen Ressourcen einbringen, einschließlich ihres Netzes von Experten für humanitäre Hilfe in den Einsatzgebieten und des EU-Wissensnetzes für Katastrophenschutz 65 . Parallel dazu wird die EU weiterhin Politikkonzepte und Leitlinien in einschlägigen Bereichen der humanitären Hilfe entwickeln und dabei auf der Wirkung aufbauen, die sie mit ihren thematischen Strategien in Bereichen wie Schutzmaßnahmen, Geschlechtergleichstellung, Behinderungen, Ernährung, Gesundheit – einschließlich psychischer Gesundheit und psychosozialer Unterstützung – Unterkünfte, Wasser- und Sanitärversorgung und Hygiene, Bildung in Notsituationen, Umweltschutz und Hilfemodalitäten (z. B. Bargeldhilfe) erzielt hat.

Die Kommission leistet einen aktiven Beitrag zum Dialog über humanitäre Fragen auf multilateraler Ebene, wird aber zudem 2021 ein Europäisches Forum für humanitäre Hilfe veranstalten, um eine nachhaltigere Diskussion und einen ebensolchen Dialog, u. a. über die in dieser Mitteilung angesprochenen humanitären Fragen, im Geiste eines „Team Europa“ zu fördern. Daran werden die wichtigsten Interessenträger aus den Mitgliedstaaten, den EU-Institutionen einschließlich des Europäischen Parlaments und operative Akteure aus dem Bereich der humanitären Hilfe teilnehmen.

Darüber hinaus wird die Kommission ihre Bemühungen zur Förderung der Sichtbarkeit der humanitären Hilfe der EU fortsetzen. Die Kommission wird die Leitlinien und die Überwachung der Sichtbarkeitsverpflichtungen aktualisieren und ihre humanitären Partner in die Lage versetzen, stärker zur Sensibilisierung für die humanitäre Hilfe der EU beizutragen. Die Kommunikationsmaßnahmen der Kommission werden die allgemeinen Grundsätze der Transparenz, der Rechenschaftspflicht und des Dialogs mit den Bürgern unterstützen.

Stärkung des humanitären Engagements der EU auf multilateraler Ebene

Angesichts eines schwierigen geopolitischen Umfelds ist die EU entschlossen, die zentrale Koordinierungsrolle der VN bei der Reaktion auf humanitäre Krisen und bei der Schaffung und Aufrechterhaltung internationaler normativer und rechtlicher Rahmen zu unterstützen. Mit Blick auf die Wirksamkeit der Unterstützung für die Vereinten Nationen ist es von entscheidender Bedeutung, dass sich die EU und ihre Mitgliedstaaten systematisch um eine Konsolidierung der Standpunkte in internationalen und multilateralen Foren bemühen, auch an den VN-Drehkreuzen in New York, Genf und Rom. Die EU wird außerdem in internationalen Dialogen über humanitäre Fragen, unter anderem in der VN-Generalversammlung und im VN-Wirtschafts- und Sozialrat, weiterhin eine aktive Rolle spielen. Sie wird ihr Engagement in den Leitungsorganen der Agenturen, Fonds und Programme der Vereinten Nationen weiter verstärken 66 .

Ziel: Stärkung des Engagements und der Führungsrolle der EU im Bereich der humanitären Hilfe, um deren Wirkung zu maximieren

Wichtigste Maßnahmen:

·Förderung gemeinsamer Stellungnahmen der EU und ihrer Mitgliedstaaten zu wichtigen humanitären Krisen und Anregung konsolidierter Mittelzusagen der EU-Mitgliedstaaten auf internationalen Geberveranstaltungen für humanitäre Hilfe (neben nationalen Zusagen) im Rahmen eines „Team-Europa“-Konzepts. Hinwirken auf eine Konsolidierung der Standpunkte der EU und der Mitgliedstaaten in einschlägigen internationalen und multilateralen Foren.

·Entwicklung der Möglichkeit der Verwendung externer zweckgebundener Einnahmen für die EU-Mitgliedstaaten, damit sie die humanitäre Präsenz der EU vor Ort und ihr entsprechendes Fachwissen nutzen können.

·Veranstaltung eines Europäischen Forums für humanitäre Hilfe im Jahr 2021 zur Förderung des Dialogs über Fragen der humanitären Politik.

·Förderung und Aufnahme eines weitergehenden Dialogs mit den wichtigsten Interessenträgern über die Umsetzung der wichtigsten in dieser Mitteilung vorgeschlagenen Maßnahmen. 

5.Schlussfolgerungen

Humanitäre Hilfe ist ein konkreter Ausdruck der Solidarität der EU und somit ein grundlegender und unverzichtbarer Wert in diesen schwierigen Zeiten. Vor dem Hintergrund des wachsenden Bedarfs an humanitärer Hilfe bei gleichzeitig begrenzten Ressourcen muss die EU in diesem Bereich entsprechend ihren Grundprinzipien und Werten weiterhin mit gutem Beispiel vorangehen. Die in dieser Mitteilung dargelegte ehrgeizige Agenda kann nur in enger Abstimmung mit den EU-Mitgliedstaaten und den humanitären Partnern der EU verwirklicht werden. Die Kommission fordert das Europäische Parlament und den Rat auf, die in dieser Mitteilung vorgeschlagenen Maßnahmen gemeinsam zu unterstützen und voranzubringen.



Anlage: Überblick über die wichtigsten Maßnahmen

Prioritäre Maßnahmen für die EU

Ziel: Förderung flexibler und effizienter humanitärer Maßnahmen und Finanzierungsmechanismen.

·Ausweitung der mehrjährigen und flexiblen Finanzierungsregelungen mit humanitären Partnern – in Verbindung mit den Entwicklungsinstrumenten in allen Fällen, in denen ein Nexus-Ansatz möglich ist – und Vereinfachung/Vereinheitlichung der Berichterstattungsanforderungen im Einklang mit dem Grand Bargain, wobei sichergestellt wird, dass die Bedarfsermittlungen zwischen den Agenturen koordiniert und die Effizienz und Sichtbarkeit der EU-Unterstützung sowie die damit verbundene Rechenschaftspflicht gestärkt werden.

·Verstärkung der EU-Unterstützung für lokale Helfer, unter anderem durch effizientere Nutzung länderbasierter Finanzierungspools und anderer Finanzierungsmechanismen, die lokalen Akteuren Vorrang einräumen.

·Ausarbeitung von Leitlinien für die Förderung gleichberechtigter Partnerschaften mit lokalen Helfern.

·Förderung der verstärkten Nutzung digitaler Instrumente durch humanitäre Partnerorganisationen, unter anderem durch gemeinsame Arbeiten zur Schaffung günstiger Rahmenbedingungen.

·Entwicklung spezifischer Leitlinien für die Ausweitung der Verwendung von digitalem Bargeld und Gewährleistung des Zugangs der Hilfeempfänger zu digitalen Lösungen im Rahmen der Überarbeitung des thematischen Konzepts der EU für Bargeldtransfers.

·Unterstützung, Ausweitung und Förderung von Investitionen in bewährte, kostenwirksame und technologiegestützte Lösungen für humanitäre Hilfe, unter anderem nach dem Vorbild der Projekte, die 2020 Auszeichnungen des Europäischen Innovationsrats erhalten haben.

Ziel: Gewährleistung der raschen und effizienten Bereitstellung der humanitären Hilfe der EU für die Bedürftigen

·Entwicklung einer europäischen Kapazität für humanitäre Hilfe, um Lücken zu schließen und es den EU-Mitgliedstaaten und humanitären Partnern so zu ermöglichen, in Abstimmung und Komplementarität mit dem Katastrophenschutzverfahren der Union rasch humanitäre Hilfe zu leisten.

Ziel: Konsequentere Einbeziehung der Auswirkungen des Klimawandels und der Umweltfaktoren in die Politik und Praxis der humanitären Hilfe und Stärkung der Koordinierung mit den Akteuren in den Bereichen Entwicklung, Sicherheit und Klima/Umwelt, um die Resilienz vulnerabler Gemeinschaften zu stärken

·Ausarbeitung von Leitlinien und Vorbereitung von Schulungen für die humanitären Partner der EU zur umweltgerechten Gestaltung der humanitären Hilfe, um deren Klima- und Umwelt-Fußabdruck zu reduzieren.

·Verfolgung klimaschutzbezogener Ausgaben im Rahmen der EU-Verordnung über die humanitäre Hilfe.

Ziel: Sicherstellung des Zusammenwirkens der Politik in den Bereichen humanitäre Hilfe, Entwicklung, Frieden und anderen Bereichen mit dem Ziel, Soforthilfe und längerfristige Lösungen besser miteinander zu verknüpfen, um den Bedarf zu verringern und die Ursachen von Konflikten und Krisen zu bekämpfen

·Durchführung systematischer gemeinsamer EU-Analysen der mit Krisen verbundenen Risiken, Bedürfnisse, Anfälligkeiten und strukturellen Faktoren sowie gegebenenfalls gemeinsame Programmierung und Planung der EU-Politik mit Blick auf den Nexus von humanitärer Hilfe, Entwicklung und Frieden.

·Schaffung wirksamer Verknüpfungen zwischen den verschiedenen Maßnahmen in den Bereichen humanitäre Hilfe, Entwicklung und Frieden und Nutzung bestehender Instrumente, einschließlich des Politikdialogs, um die nationalen und lokalen Kapazitäten – darunter die Kapazitäten nichtstaatlicher Stellen – zu stärken, sodass grundlegende Dienstleistungen erbracht werden können und der Aufbau von Resilienz unterstützt wird.

·Ausweitung der Unterstützung für bargeldbasierte soziale Sicherungsnetze, die Schocks abfedern können.

·Förderung einer wirksamen zivil-militärischen Koordinierung der humanitären Hilfe in allen relevanten Zusammenhängen als Rahmen für den Schutz des humanitären Raums, die Vermeidung von Doppelarbeit, die Minimierung von Unstimmigkeiten und die Maximierung potenzieller Synergien mit den Sicherheits- und Verteidigungsakteuren.

·Schaffung von Synergien mit den Bemühungen der EU um Friedensvermittlung und Konfliktverhütung unter uneingeschränkter Achtung der humanitären Grundsätze, um die Anstrengungen zur Linderung von Leid zu verstärken.

·Neben Bereichen wie Gesundheit, Ernährungssicherheit, Katastrophenvorsorge und Klimaresilienz auch Einbeziehung der Bildung in die Prioritäten für den Nexus von humanitärer Hilfe, Entwicklung und Frieden, um zur Überbrückung der weltweiten Kluft bei der Bildung beizutragen.

Ziel: Erhebliche Erweiterung der Ressourcengrundlage für humanitäre Maßnahmen

·Einleitung einer Pilot-Mischfinanzierungsinitiative im Rahmen des EU-Budgets für humanitäre Hilfe, um 2021 zusätzliche Mittel aus dem Privatsektor in einem humanitären Kontext zu mobilisieren.

Ziel: Priorisierung der Einhaltung des humanitären Völkerrechts im Rahmen des auswärtigen Handelns der EU, um Zivilbevölkerungen zu schützen, grundsatzorientierte humanitäre Maßnahmen zu unterstützen und die Sicherheit humanitärer Helfer und des medizinischen Personals zu gewährleisten.

·Einrichtung eines Koordinierungsmechanismus für humanitäres Völkerrecht auf EU-Ebene, um eine bessere Überwachung von Verstößen weltweit sicherzustellen, die Koordinierung zwischen den einschlägigen EU-Akteuren zu erleichtern und die Stärkung der humanitären Diplomatie der EU zu unterstützen.

·Weiterer Ausbau des Rahmens für die Einhaltung des humanitären Völkerrechts einschließlich als Bestandteil der Außenhilfeinstrumente der EU, unter anderem durch die Gewährleistung der gebührenden Sorgfaltspflicht und gegebenenfalls durch ihre politischen Dialoge, Sicherheitsdialoge und Menschenrechtsdialoge sowie ihre Handelsabkommen mit Partnerländern.

·Weitere Förderung des Dialogs zwischen allen an der humanitären Hilfe beteiligten Parteien (Geber, Regulierungsbehörden, NRO und Banken), um die Bereitstellung humanitärer Hilfe für alle Bedürftigen zu erleichtern.

Ziel: Stärkung des Engagements und der Führungsrolle der EU im Bereich der humanitären Hilfe, um deren Wirkung zu maximieren

·Veranstaltung eines Europäischen Forums für humanitäre Hilfe im Jahr 2021 zur Förderung des Dialogs über Themen der Politik im Bereich der humanitären Hilfe.

·Förderung und Aufnahme eines weitergehenden Dialogs mit den wichtigsten Interessenträgern über die Umsetzung der wichtigsten in dieser Mitteilung vorgeschlagenen Maßnahmen.

Wichtigste Maßnahmen für die EU und die Mitgliedstaaten

 
Ziel: Konsequentere Einbeziehung der Auswirkungen des Klimawandels und der Umweltfaktoren in die Politik und Praxis der humanitären Hilfe und Stärkung der Koordinierung mit den Akteuren in den Bereichen Entwicklung, Sicherheit und Klima/Umwelt, um die Resilienz vulnerabler Gemeinschaften zu stärken.

·Deutliche Erhöhung des Anteils der Klimaschutzmittel für die Stärkung der Resilienz und der Anpassung an den Klimawandel in den am stärksten katastrophengefährdeten Ländern und Regionen entsprechend der neuen EU-Strategie zur Anpassung an den Klimawandel sowie im Rahmen des Konzepts des Nexus von humanitärer Hilfe, Entwicklung und Frieden.

·Stärkung der Klima- und Umweltresilienz vulnerabler Bevölkerungsgruppen durch den Nexus-Ansatz für humanitäre Hilfe, Entwicklung und Frieden sowie Gewährleistung der Bereitstellung neuer Leitlinien zur Katastrophenvorsorge für die humanitären Partner der EU und Umsetzung dieser Leitlinien in enger Abstimmung mit den Akteuren der Bereiche Entwicklung und Klimaschutz.

·Weiterentwicklung und Anwendung risikobewusster Ansätze, einschließlich Risikofinanzierung, und Verstärkung proaktiver Maßnahmen in verschiedenen humanitären Situationen und Regionen.

Ziel: Sicherstellung des Zusammenwirkens der Politik in den Bereichen humanitäre Hilfe, Entwicklung, Friedenskonsolidierung und anderen Bereichen mit dem Ziel, Soforthilfe und längerfristige Lösungen besser miteinander zu verknüpfen, um den Bedarf zu verringern und die Ursachen von Konflikten und Krisen zu bekämpfen.

·Stärkung der Koordinierungsmechanismen für EU-Maßnahmen der humanitären Hilfe, Entwicklung und Friedenskonsolidierung vor Ort, um mit Unterstützung der EU-Delegationen und der ECHO-Außenstellen für gemeinsame und kohärente Ergebnisse zu sorgen. Enge Zusammenarbeit mit den EU-Mitgliedstaaten in diesem Kontext entsprechend dem „Team-Europa“-Konzept.

·Nutzung des politischen und diplomatischen Engagements der EU und aller verfügbaren Instrumente für die Verhinderung von Krisen, die Lösung von Konflikten und die Friedenskonsolidierung und gleichzeitige Stärkung der Advocacy-Arbeit zur Unterstützung humanitärer Maßnahmen, um die Anwendung und Achtung der humanitären Grundsätze, des Schutzes der Zivilbevölkerung und des humanitären Völkerrechts zu erleichtern.

Ziel: Erhebliche Erweiterung der Ressourcengrundlage für humanitäre Maßnahmen

·Erinnerung an die Zusage der EU, 0,7 % des Bruttonationaleinkommens (BNE) als öffentliche Entwicklungshilfe bereitzustellen, und mit den Mitgliedstaaten auf eine Aufstockung der Mittelzusagen für humanitäre Hilfe hinzuarbeiten, die der in den letzten Jahren verzeichneten starken Zunahme des Bedarfs und der Anforderungen im Bereich der humanitären Hilfe entspricht.

·Intensivierung der Zusammenarbeit der EU mit traditionellen und aufstrebenden Geberländern, um die gemeinsame Verantwortung für die Unterstützung humanitärer Maßnahmen in Erinnerung zu rufen und dies systematischer in den politischen Dialog der EU mit den betreffenden Drittländern einzubeziehen. Stärkung oder Bildung von Allianzen auf globaler Ebene mit gleich gesinnten Ländern zur Förderung der globalen humanitären Agenda.

Ziel: Priorisierung der Einhaltung des humanitären Völkerrechts im Rahmen des auswärtigen Handelns der EU, um Zivilbevölkerungen zu schützen, grundsatzorientierte humanitäre Maßnahmen zu unterstützen und die Sicherheit humanitärer Helfer und des medizinischen Personals zu gewährleisten.

·Erwägung der Einbeziehung schwerwiegender Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht als Grund für die Aufnahme in die Sanktionsregelungen der EU, wann immer dies angemessen erscheint und gewährleistet ist, dass dabei mögliche negative Auswirkungen auf humanitäre Maßnahmen vermieden werden.

·Weitere Gewährleistung der umfassenden Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts in der Sanktionspolitik der EU, unter anderem durch die konsequente Einbeziehung von Ausnahmen für humanitäre Hilfe in die Sanktionsregelungen der EU. Ausarbeitung eines wirksamen Rahmens für die Inanspruchnahme solcher Ausnahmen durch humanitäre Organisationen, die EU-Mittel erhalten. Weitere Bereitstellung praxisbezogener Unterstützung für die humanitären Organisationen in Bezug auf ihre Rechte und Pflichten im Rahmen der verschiedenen Sanktionsregelungen der EU.

Ziel: Stärkung des Engagements und der Führungsrolle der EU im Bereich der humanitären Hilfe, um deren Wirkung zu maximieren.

·Förderung gemeinsamer Stellungnahmen der EU und ihrer Mitgliedstaaten zu wichtigen humanitären Krisen und Anregung konsolidierter Mittelzusagen der EU-Mitgliedstaaten auf internationalen Geberveranstaltungen für humanitäre Hilfe (neben nationalen Zusagen) im Rahmen eines „Team-Europa“-Konzepts. Hinwirken auf eine Konsolidierung der Standpunkte der EU und der Mitgliedstaaten in einschlägigen internationalen und multilateralen Foren.

·Entwicklung der Möglichkeit der Verwendung externer zweckgebundener Einnahmen für die EU-Mitgliedstaaten, damit sie die humanitäre Präsenz der EU vor Ort und ihr entsprechendes Fachwissen nutzen können.

 

(1)

Im Jahr 2020 beliefen sich die von der EU und den Mitgliedstaaten bereitgestellten Mittel insgesamt auf 7 577 Mrd. EUR ( https://fts.unocha.org/ )

(2)

Friedensforschungsinstitut Oslo, Conflict Trends: A Global Overview, 1946-2019.

(3)

Weltbank, Global Economic Prospects, Januar 2021.

(4)

UNHCR, Global Trends, Forced Displacement in 2019, https://www.unhcr.org/globaltrends2019/

(5)

Humanitäre Krisen, die durch begrenzte Gebermaßnahmen, allgemeine Mittelknappheit und eine geringe Aufmerksamkeit in den Medien gekennzeichnet sind.

(6)

Am Team Europa sind die EU, ihre Mitgliedstaaten, ihr diplomatisches Netzwerk, Finanzinstituten einschließlich nationaler Entwicklungsbanken und Durchführungsstellen sowie die Europäische Investitionsbank (EIB) und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) beteiligt. Nähere Informationen unter: https://ec.europa.eu/international-partnerships/topics/eu-global-response-covid-19_en#header-2844

(7)

Weltorganisation für Meteorologie, State of Climate Services 2020 Report. 

(8)

International Federation of Red Cross and Red Crescent Societies, (Internationaler Verband der Gesellschaften des Roten Kreuzes und des Roten Halbmonds), The Cost of Doing Nothing, September 2019.

(9)

Vereinte Nationen, Global Humanitarian Overview 2021.

(10)

UN OCHA, Financial Tracking Service, https://fts.unocha.org/

(11)

  https://fts.unocha.org/

(12)

Humanitarian Outcomes, Aid Workers Security Database, https://aidworkersecurity.org/incidents/report

(13)

  http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1431445468547&uri=CELEX:42008X0130 (01) .

(14)

In der Verordnung (EG) Nr. 1257/96 des Rates ist festgelegt, wie die humanitäre Hilfe der EU geleistet wird; so sollte die humanitäre Hilfe der EU Menschen erreichen, die von Katastrophen oder Konflikten betroffen sind, unabhängig von ihrer Rasse, ethnischen Gruppe, Religion, Geschlecht, Alter, Nationalität oder politischen Zugehörigkeit, und darf sich nicht an politischen Erwägungen orientieren oder von ihnen abhängig gemacht werden.

(15)

  https://www.ghdinitiative.org/ghd/gns/principles-good-practice-of-ghd/principles-good-practice-ghd.html

(16)

  https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-5413-2018-INIT/de/pdf

(17)

Im Europäischen Konsens über die humanitäre Hilfe wird die Einbeziehung von Umweltaspekten in die sektorpolitischen Strategien und Maßnahmen der humanitären Hilfe gefordert.

(18)

  https://ec.europa.eu/international-partnerships/news/gender-action-plan-putting-women-and-girls-rights-heart-global-recovery-gender-equal-world_de

(19)

Die EU hatte bei dem Handlungsaufruf (https://www.calltoactiongbv.com/ ) von Juni 2017 bis Dezember 2018 die Führung übernommen und veröffentlichte einen operativen Leitfaden für die Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen in von der EU finanzierte humanitäre Maßnahmen: https://ec.europa.eu/echo/sites/echo-site/files/2019-01_disability_inclusion_guidance_note.pdf

(20)

Die EU hat sowohl die „Zusagen der Geber zur Bekämpfung von sexueller Ausbeutung, sexuellem Missbrauch und sexueller Belästigung im Bereich der internationalen Hilfe“ als auch die Empfehlung des Entwicklungshilfeausschusses von 2019 zur Beendigung der sexuellen Ausbeutung, des sexuellen Missbrauchs und der Belästigung in der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe unterstützt.

(21)

„Gleichheit für alle, und zwar Gleichheit in allen Bedeutungen“ gehört zu den wichtigsten politischen Prioritäten der Europäischen Kommission. Um dieses Ziel in die Tat umzusetzen, hat die Kommission seit März 2020 eine Reihe spezifischer Gleichstellungsinitiativen und -strategien vorgelegt, die sich insbesondere auf die Gleichstellung der Geschlechter, Behinderungen und die Bekämpfung verschiedener Formen der Diskriminierung beziehen. Dazu gehören insbesondere der Aktionsplan III der EU für die Gleichstellung der Geschlechter in den Außenbeziehungen, die Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025; die EU-Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen; die EU-Strategie für die Gleichstellung von LGBTIQ 2020-2025; der EU-Aktionsplan gegen Rassismus 2020-2025; der strategische Rahmen der EU für Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma 2020-2030. ( https://ec.europa.eu/commission/commissioners/2019-2024/dalli/announcements/union-equality-first-year-actions-and-achievements_de ). Siehe auch EU-Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie 2020-2024 ( https://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/10101/2020/EN/JOIN-2020-5-F1-EN-ANNEX-1-PART-1.PDF )

(22)

Vereinte Nationen, Global Humanitarian Overview 2021.

(23)

Siehe den Kurzbericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen „Impact of COVID-19 on women“ (Die Auswirkungen von COVID-19 auf Frauen): https://www.unwomen.org/en/digital-library/publications/2020/04/policy-brief-the-impact-of-covid-19-on-women ; Siehe auch die Website des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen zu den geschlechtsspezifischen Auswirkungen von COVID-19: https://eige.europa.eu/topics/health/covid-19-and-gender-equality

(24)

Die „Safe Schools Declaration“ (2015) ist eine zwischenstaatliche Initiative Norwegens und Argentiniens, die darauf abzielt, den Schutz von Bildung vor Angriffen zu stärken und die Kontinuität einer sicheren Bildung während bewaffneter Konflikte zu gewährleisten.

(25)

Gemeinsame Mitteilung über die Stärkung des Beitrags der EU zum regelbasierten Multilateralismus https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/de_strategy_on_strengthening_the_eus_contribution_to_rules-based_multilateralism.pdf

(26)

Siehe Bericht der Hochrangigen Gruppe für die Finanzierung humanitärer Hilfe: Too important to fail - addressing the humanitarian financing gap, und https://agendaforhumanity.org/initiatives/3861

(27)

Dazu gehören ACTED-FR, Save The Children-DK, Concern-IRL und International Rescue Committee-DE.

(28)

Beispielsweise mit dem Preis des Europäischen Innovationsrats für erschwingliche High-Tech für humanitäre Hilfe, mit dem Projekte unterstützt werden, die unter anderem intelligente Lösungen für Gemeinschaften und Flüchtlinge für erschwingliche Energie, Gesundheit und medizinische Versorgung bieten. Im Einzelnen: https://ec.europa.eu/research/eic/index.cfm?pg=prizes_aid

(29)

Schlussfolgerungen des Rates zu Bargeldtransfers: http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-10184-2015-INIT/de/pdf .

(30)

  https://ec.europa.eu/education/sites/default/files/document-library-docs/deap-communication-sept2020_en.pdf

(31)

  https://ec.europa.eu/echo/essn_en    

(32)

  https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32016R0679 .

(33)

  https://www.unocha.org/our-work/humanitarian-financing/country-based-pooled-funds-cbpf

(34)

  https://ec.europa.eu/research/eic/index.cfm?pg=prizes_aid

(35)

Die Leistung humanitärer Hilfe wurde durch Störungen der Transport- und Lieferkette sowie durch die in den Anfangsphasen der COVID-19-Pandemie weltweit verhängten Reisebeschränkungen und Lockdown-Maßnahmen erheblich beeinträchtigt.

(36)

  https://ec.europa.eu/echo/what/humanitarian-aid/humanitarian-air-bridge_en

(37)

  https://ec.europa.eu/echo/what/civil-protection/emergency-response-coordination-centre-ercc_en

(38)

  https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/communication-united-front-beat-covid-19_en.pdf

(39)

  https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/proposal-mandate-european-centre-disease-prevention-control_en.pdf

(40)

  https://europa.eu/youth/solidarity_de

(41)

Im ersten Halbjahr 2020 wurden rund 10 Millionen Menschen hauptsächlich aufgrund wetterbedingter Gefahren und Katastrophen vertrieben, vor allem in Süd- und Südostasien und am Horn von Afrika – Weltorganisation für Meteorologie, 2020.

(42)

Schlussfolgerungen des Rates zur Klima- und Energiediplomatie – https://www.consilium.europa.eu/media/48057/st05263-en21.pdf , Climate Change and Defence Roadmap - https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-12741-2020-INIT/en/pdf

(43)

Zu den proaktiven Maßnahmen gehört die Planung frühzeitiger Aktionen im Vorfeld einer Naturkatastrophe oder einer vom Menschen verursachten Katastrophe, die schon vor ihrem Eintreten oder dem Erreichen eines anderen kritischen Wertes eine rasche Mittelauszahlung ermöglichen. Dies gilt auch für andere Arten von vorhersehbaren Notfällen, nicht nur für solche, die mit dem Klimawandel in Zusammenhang stehen.

(44)

  https://www.undrr.org/terminology/early-warning-system  

(45)

Maßnahmen der IFRC, der Rot-Halbmond-Gesellschaft von Bangladesch und des Welternährungsprogramms

(46)

Laut dem IFRC-Weltkatastrophenbericht 2020 zählte keines der 20 Länder, die am stärksten vom Klimawandel und von klimabedingten Katastrophen betroffen sind, zu den 20 Ländern, die pro Kopf am meisten Mittel zur Anpassung an den Klimawandel erhalten.

(47)

Beispielsweise im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit der Weltorganisation für Meteorologie.

(48)

Teil der Verpflichtungen der Kommission zur Klimaneutralität.

(49)

https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/european-green-deal_de

(50)

„Leben in Würde“ https://ec.europa.eu/echo/files/policies/refugeesidp/Communication_Forced_Displacement_Development_2016.pdf

(51)

  https://www.unhcr.org/the-global-compact-on-refugees.html

(52)

  https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/joint_communication_global_eu_covid-19_response_en.pdf

(53)

  https://reliefweb.int/report/world/high-level-panel-humanitarian-financing-report-secretary-general-too-important-fail

(54)

  https://fts.unocha.org/global-funding/overview/2020

(55)

  https://ec.europa.eu/international-partnerships/system/files/european-consensus-on-development-final-20170626_en.pdf

(56)

  https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/joint-communication-eu-us-agenda_en.pdf

(57)

Beispielsweise im Kontext ihres gemeinsamen Vorsitzes der Initiative „Good Humanitarian Donorship“ (Verantwortliche Geberpraxis) (2018-2021) oder im Rahmen der Initiative für Investitionen in humanitäre Hilfe und Resilienz, der die Kommission angehört (https://www.weforum.org/projects/humanitarian-investing-initiative?emailType=Newsletter ) .

(58)

  https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=LEGISSUM:ah0004

(59)

Leitfaden der Kommission für die Bereitstellung von humanitärer Hilfe zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie in einem Umfeld, in dem restriktive Maßnahmen der EU gelten:

https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/business_economy_euro/banking_and_finance/documents/201116-humanitarian-aid-guidance-note_de.pdf

(60)

So sieht um Beispiel die Mitteilung „Das europäische Wirtschafts- und Finanzsystem: Mehr Offenheit, Stärke und Resilienz“ eine Überprüfung bestehender Regelungen vor, um unter anderem deren Auswirkungen auf die Bereitstellung humanitärer Hilfe zu bewerten.

https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A52021DC0032&qid=1611728656387

(61)

Von den derzeit geltenden 42 Sanktionsregelungen der EU enthalten sieben Ausnahmen für humanitäre Hilfe.

(62)

Von den französischen und deutschen Außenministern am 26. September 2019 in New York ins Leben gerufen und von der EU im Dezember 2020 gebilligt. ( https://onu.delegfrance.org/Strengthening-respect-for-international-humanitarian-law )

(63)

Laut Eurobarometer-Umfragen vom Dezember 2020 halten 91 % der befragten EU-Bürger es für wichtig oder sehr wichtig, dass die EU humanitäre Hilfsmaßnahmen finanziert.

https://ec.europa.eu/commfrontoffice/publicopinion/index.cfm/survey/getsurveydetail/instruments/special/surveyky/2265

(64)

Das Außenstellennetz der Kommission für humanitäre Hilfe (ECHOField) besteht aus 49 Büros in 41 Ländern mit rund 450 Experten, die technische Hilfe leisten und die humanitäre Hilfe der EU überwachen.

(65)

  https://ec.europa.eu/echo/what/civil-protection/knowledge-network_en

(66)

Gemeinsame Mitteilung über die Stärkung des Beitrags der EU zum regelbasierten Multilateralismus https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/de_strategy_on_strengthening_the_eus_contribution_to_rules-based_multilateralism.pdf

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