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Gemeinsame Maßnahme gegen den Menschenhandel und die sexuelle Ausbeutung von Kindern

1) ZIEL

Festlegung gemeinsamer Regeln für die Bekämpfung des Menschenhandels und der sexuellen Ausbeutung von Kindern im Hinblick auf ein effizienteres Vorgehen gegen bestimmte Formen der illegalen Einwanderung und eine intensivere Zusammenarbeit der Justizbehörden in Strafsachen.

2) RECHTSAKT

Gemeinsame Maßnahme 97/154/JI vom 24. Februar 1997 - vom Rat aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union angenommen - betreffend die Bekämpfung des Menschenhandels und der sexuellen Ausbeutung von Kindern [Amtsblatt L 63 vom 4.3.1997].

Geändert durch den Rahmenbeschluss 2002/629/JAI des Rates vom 19. Juli 2002 bezüglich der Bekämpfung des Menschenhandels.

3) ZUSAMMENFASSUNG

Im Rahmen der Gemeinsamen Maßnahme gelten folgende Definitionen:

  • Unter "Menschenhandel" wird jegliche Handlung verstanden, die Menschen die Einreise in und die Durchreise durch das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, den Aufenthalt dort oder die Ausreise aus diesem Hoheitsgebiet zu Gewinnzwecken mit dem Ziel ihrer sexuellen Ausbeutung oder ihres sexuellen Mißbrauchs erleichtert;
  • unter "sexueller Ausbeutung" im Fall von Kindern werden folgende Handlungen verstanden: die Verleitung oder die Nötigung von Kindern zur Beteiligung an rechtswidrigen sexuellen Handlungen, die Ausbeutung von Kindern für die Prostitution oder andere rechtswidrige sexuelle Praktiken, die Ausbeutung von Kindern für pornographische Darbietungen und Darstellungen, einschließlich der Herstellung, des Verkaufs und der Verbreitung oder sonstiger Formen des Handels mit solchem Material und des Besitzes solchen Materials;
  • unter "sexueller Ausbeutung" im Fall von Erwachsenen wird zumindest die Ausbeutung von Erwachsenen für die Prostitution verstanden.

In der Gemeinsamen Maßnahme werden die vorsätzlichen Handlungen aufgezählt, hinsichtlich deren sich die Mitgliedstaaten - unter Einhaltung der jeweiligen verfassungsrechtlichen Bestimmungen und Rechtstraditionen - verpflichten, ihre einschlägigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu überprüfen:

  • sexuelle Ausbeutung von Personen, die keine Kinder sind, zu Gewinnzwecken unter Ausübung von Zwang, insbesondere Gewalt oder Drohungen, durch arglistige Täuschung, durch den Mißbrauch einer Machtstellung oder durch sonstigen Druck, so daß die betroffene Person keine andere Wahl hat, als sich diesem Druck oder Mißbrauch zu beugen;
  • Handel mit Personen, die keine Kinder sind, zu Gewinnzwecken mit dem Ziel ihrer sexuellen Ausbeutung unter den obengenannten Bedingungen;
  • sexuelle Ausbeutung oder sexueller Mißbrauch von Kindern;
  • Handel mit Kindern mit dem Ziel ihrer sexuellen Ausbeutung oder ihres sexuellen Mißbrauchs.

Jeder Mitgliedstaat überprüft hinsichtlich der unter Ziff. 2 genannten vorsätzlichen Handlungen die bestehenden Rechtsvorschriften und Praktiken, um auf nationaler Ebene sicherzustellen, daß:

  • diese Handlungen einen Straftatbestand erfüllen;
  • diese Straftaten sowie die Beteiligung daran oder der Versuch, eine solche Straftat zu begehen, mit wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Strafen bedroht sind;
  • eine juristische Person gegebenenfalls verwaltungsrechtlich in Zusammenhang mit den unter Ziff. 2 genannten Straftaten haftbar gemacht oder strafrechtlich für Straftaten zur Verantwortung gezogen werden kann, welche im Auftrag der betreffenden juristischen Person begangen werden, und zwar nach im nationalen Recht des Mitgliedstaats festzulegenden Modalitäten. Diese Verantwortung der juristischen Person gilt unbeschadet der strafrechtlichen Verantwortlichkeit natürlicher Personen für die Mittäterschaft, die Beihilfe oder die Anstiftung im Fall dieser Straftaten;
  • die Strafen und gegebenenfalls die Verwaltungsmaßnahmen folgendes umfassen: Freiheitsstrafen, die zur Auslieferung führen können, die Einziehung der Instrumente und der Erträge von Straftaten sowie die vorübergehende oder endgültige Schließung von Einrichtungen, die der Begehung dieser Straftaten gedient haben oder dazu bestimmt waren.

Die durch die Gemeinsame Maßnahme erfaßten Straftaten fallen normalerweise in den Anwendungsbereich des Übereinkommens des Europarates von 1990 über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten. Ein Mitgliedstaat kann jedoch, sofern es anderenfalls den hergebrachten Grundsätzen seines Strafrechts bezüglich der Gerichtsbarkeit widerspräche, vorsehen, daß bei der Begründung oder Ausübung der Gerichtsbarkeit die Tat auch nach dem Recht des Tatorts mit Strafe bedroht sein muß.

Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, daß in seinem Land - abgesehen von den üblichen Zwangsmaßnahmen wie Durchsuchung und Beschlagnahme - angemessene Untersuchungskompetenzen und -techniken bestehen, damit unter Wahrung des Rechts auf Verteidigung und des Schutzes der Privatsphäre der Personen, die diesen Maßnahmen unterzogen werden, wirksame Ermittlungen und eine wirksame Strafverfolgung möglich sind.

Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um

  • einen angemessenen Schutz von Informationen liefernden Zeugen sowie
  • einen angemessenen Beistand für die Opfer und ihre Familienangehörigen

sicherzustellen.

Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, daß die für Einwanderungsfragen sowie für sozial- und steuerrechtliche Fragen zuständigen Stellen den Problemen im Zusammenhang mit dem Menschenhandel und der sexuellen Ausbeutung von Kindern besondere Aufmerksamkeit widmen und nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts mit den für die Straftaten zuständigen Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten.

Um die uneingeschränkte Wirksamkeit der Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sicherzustellen, trägt jeder Mitgliedstaat dafür Sorge, daß die Tätigkeiten der für die Bekämpfung dieser Straftaten zuständigen Behörden koordiniert werden, so daß ein multidisziplinärer Ansatz ermöglicht wird.

Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, daß bei Ermittlungen und Strafverfahren ein Höchstmaß an justitieller Zusammenarbeit stattfindet und Rechtshilfeersuchen direkt übermittelt werden können.

Sie sorgen - im Einklang mit den geltenden Vereinbarungen und Übereinkünften - für eine möglichst rasche Bearbeitung von Rechtshilfeersuchen und für eine umfassende Unterrichtung des ersuchenden Staates über den Stand des Verfahrens.

Sie benennen die Behörden, die im Fall von Schwierigkeiten bei der Erledigung von Rechtshilfeersuchen kontaktiert werden können.

Jeder Mitgliedstaat trägt dafür Sorge, daß Informationen über vermißte Minderjährige und über Personen, die wegen der in dieser Gemeinsamen Maßnahme genannten Straftaten verurteilt wurden, sowie Informationen, die für die entsprechenden Ermittlungen und die Strafverfolgung nützlich sein könnten, so zusammengestellt werden, daß sie leicht zugänglich sind, wirksam genutzt und mit anderen Mitgliedstaaten ausgetauscht werden können.

Neben den Maßnahmen zur Verbesserung der Strafvorschriften und zur Intensivierung der justitiellen Zusammenarbeit hat die Europäische Union in diesem Bereich noch andere Schritte eingeleitet.

So hat sie im September 1996 das Mandat der Europol-Drogenstelle (EDU), des Vorläufers von Europol, auf die Bekämpfung des Menschenhandels ausgedehnt und die EDU mit der Erstellung eines Verzeichnisses einschlägig spezialisierter Stellen beauftragt. Seit kurzem werden über die Verbindungsbeamten der Mitgliedstaaten in Den Haag einschlägige Informationen ausgetauscht. Derzeit arbeitet die EDU einen allgemeinen Bericht über die Lage in der EU aus.

Außerdem hat die EU am 29. November 1996 die Gemeinsame Maßnahme zur Aufstellung des Mehrjahresprogramms STOP angenommen, in dessen Rahmen Informations-, Fortbildungs- und Austauschmaßnahmen sowie Studien und Forschungsarbeiten finanziert werden können. Dieses Programm zielt darauf ab, die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Personen (Mitarbeiter von für die Einwanderung zuständigen Dienststellen, Richter, Polizeibeamte, Sozialarbeiter) zu intensivieren, die für die Bekämpfung des Menschenhandels und der sexuellen Ausbeutung von Kindern zuständig sind.

Darüber hinaus hat die Kommission vor zwei Jahren die Initiative DAPHNE ins Leben gerufen, um verstärkt Maßnahmen nichtstaatlicher Organisationen zur Bekämpfung der verschiedenen Formen von Gewalt, einschließlich des Handels mit Kindern und deren sexueller Ausbeutung, zu fördern, da diese Organisationen eine entscheidende Rolle bei der Betreuung der Opfer spielen. Im Mai 1998 hat die Kommission einen Vorschlag für ein mittelfristiges Aktionsprogramm der Gemeinschaft (2000-2004) vorgelegt.

4) durchführungsmassmahmen

5) weitere arbeiten

Letzte Änderung: 02.08.2002

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