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Verwaltungszusammenarbeit im Verbrauchsteuerbereich

Zur Bekämpfung von Verbrauchsteuerbetrug ist eine enge Zusammenarbeit der in den einzelnen Mitgliedstaaten für die Durchführung der in diesem Bereich geltenden Bestimmungen zuständigen Verwaltungsbehörden erforderlich. Deshalb hat die Europäische Union (EU) eine Verordnung erlassen, mit der die Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten intensiviert werden soll, um die Hinterziehung von Verbrauchsteuern auf Alkohol, Tabakwaren und Energieerzeugnisse zu bekämpfen.

RECHTSAKT

Verordnung (EG) Nr. 2073/2004 des Rates vom 16. November 2004 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Verbrauchsteuern

ZUSAMMENFASSUNG

Die Verordnung stärkt die Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen auf dem Gebiet der Verbrauchsteuern. Sie sorgt für direktere Kontakte zwischen den Verbrauchsteuererhebungsstellen der Mitgliedstaaten und damit einen schnelleren Informationsfluss, regelt die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten klarer und verbindlicher und sieht neben dem Austausch von Informationen auf Ersuchen ein größeres Ausmaß an automatischem und spontanem Informationsaustausch vor.

Somit legt die Verordnung die Bedingungen für die Zusammenarbeit der in den Mitgliedstaaten mit der Durchführung der Verbrauchsteuervorschriften beauftragten Verwaltungsdienststellen untereinander sowie mit der Kommission fest, um die Einhaltung dieser Vorschriften zu gewährleisten.

Zu diesem Zweck werden in der Verordnung die Regeln und Verfahren festgelegt, nach denen die zuständigen mitgliedstaatlichen Behörden zusammenarbeiten und sich insbesondere auf elektronischem Weg gegenseitig alle Auskünfte erteilen sollen, die ihnen bei einer ordnungsgemäßen Verbrauchsteuerfestsetzung helfen können.

Akteure der Zusammenarbeit

Konkret bedeutet das, dass jeder Mitgliedstaat den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission mitteilt, welcher „zuständigen Behörde" er die Anwendung der Verordnung überantwortet hat. Ferner benennt er ein „zentrales Verbindungsbüro", das für die anderen Mitgliedstaaten die bevorzugte Anlaufstelle für die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden ist.

Das zentrale Verbindungsbüro ist in erster Linie für den Austausch von Informationen über die Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren zuständig, d. h.:

  • den Austausch der Daten in der EDV-gestützten Datenbank über zugelassene Lagerinhaber, registrierte Wirtschaftsbeteiligte und er als Steuerlager zugelassene Lagerstätten
  • das EDV-gestützte Frühwarnsystem *;
  • Kontrollersuchen von anderen oder an andere Mitgliedstaaten.

Ferner kann die zuständige Behörde jedes Mitgliedstaats neben dem zentralen Verbindungsbüro „Verbindungsstellen" oder „zuständige Beamte" benennen, die befugt sind, unmittelbar Informationen auszutauschen.

Zusammenarbeit auf Ersuchen

Auf Ersuchen der ersuchenden Behörde * erteilt die ersuchte Behörde * alle Auskünfte, die einer ordnungsgemäßen Verbrauchsteuerfestsetzung dienlich sein können. Dazu lässt die ersuchte Behörde gegebenenfalls die zur Erlangung dieser Auskünfte notwendigen behördlichen Ermittlungen durchführen. Die Informationsersuchen und behördlichen Ermittlungen werden mittels eines Musterformblatts übermittelt, das auch in vereinfachter Form vorliegt.

Ersuchen sind sobald wie möglich, spätestens aber vor Ablauf von drei Monaten nach Eingang zu beantworten. Die ersuchte Behörde und die ersuchende Behörde können einvernehmlich unterschiedliche Fristen festlegen. Kann die ersuchte Behörde nicht binnen der vorgesehenen Frist antworten, hat sie der ersuchenden Behörde unverzüglich die Gründe für die Nichteinhaltung der Frist mitzuteilen und anzugeben, wann sie antworten kann.

Im Einvernehmen zwischen der ersuchenden und der ersuchten Behörde dürfen befugte Beamte der ersuchenden Behörde in den Amtsräumen der ersuchten Behörde zugegen sein, wo diese die Aufgaben im Hinblick auf den Informationsaustausch festlegt. Sie können ebenfalls während der behördlichen Ermittlungen zugegen sein.

Im Hinblick auf die gegenseitige Erteilung von Auskünften können zwei oder mehrere Mitgliedstaaten jeweils in ihrem Hoheitsgebiet gleichzeitig Prüfungen einer oder mehrerer Personen vereinbaren. Diese Kontrollen werden häufig als wirksamer erachtet.

Informationsaustausch ohne vorheriges Ersuchen

Die zuständige Behörde jedes Mitgliedstaats übermittelt den zuständigen Behörden aller anderen Mitgliedstaaten im Wege eines gelegentlichen oder regelmäßigen automatischen Austauschs Informationen, die dieser helfen können, die Verbrauchsteuern ordnungsgemäß festzusetzen, wenn

  • in dem anderen Mitgliedstaat ein Verstoß gegen die Verbrauchsteuervorschriften begangen wurde oder vermutlich begangen wurde,
  • ein im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats begangener oder vermutlich begangener Verstoß gegen die Verbrauchsteuervorschriften Auswirkungen in einem anderen Mitgliedstaat haben könnte,
  • in einem anderen Mitgliedstaat die Gefahr der Hinterziehung oder des Verlusts von Verbrauchsteuern besteht.

Darüber hinaus können sich die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten jederzeit gegenseitig im Wege des spontanen Austauschs die notwendigen Informationen übermitteln.

Gemäß der Verordnung sind die Mitgliedstaaten nicht gehalten, den Steuerpflichtigen zur Erhebung der von ihnen verlangten Auskünfte neue Verpflichtungen aufzuerlegen.

Speicherung und Austausch von Informationen über innergemeinschaftliche Umsätze

Die zuständigen Behörden jedes Mitgliedstaats unterhalten gemäß der Verordnung eine EDV-gestützte Datenbank, in der

  • ein Verzeichnis der für Verbrauchsteuerzwecke zugelassenen Lagerinhaber oder registrierten Wirtschaftsbeteiligten und
  • ein Verzeichnis der als Steuerlager zugelassenen Lagerstätten gespeichert sind.

Diese Verzeichnisse enthalten zahlreiche Angaben wie etwa die von der zuständigen Behörde erteilte Identifikationsnummer, den Namen und die Anschrift der Person und der Lagerstätte, die Art und die KN-Codes der Waren, die gelagert oder empfangen werden können, die Nennung des zentralen Verbindungsbüros oder der Verbrauchsteuerstelle sowie den Zeitpunkt der Erteilung, Änderung und gegebenenfalls des Ablaufs der Geltungsdauer der Genehmigung, die Nennung der Personen, die für die Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren zuständig oder gelegentlich an ihr beteiligt sind.

Jedes nationale Verzeichnis wird den zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten ausschließlich zur Verwendung zu Verbrauchsteuerzwecken zur Verfügung gestellt. Die Informationen werden mindestens drei Jahre lang nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beförderung begonnen hat, gespeichert.

Bewertung der Kooperationsregelungen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerflucht

Die Mitgliedstaaten und die Kommission prüfen und bewerten das reibungslose Funktionieren der in der Verordnung vorgesehenen Kooperationsregelungen. Aufgabe der Kommission ist es, im Interesse der Verbesserung der Regelungen die Erfahrungen der Mitgliedstaaten zentral zu bündeln. Dabei wird sie von dem gemäß der Richtlinie 92/12/EWG eingerichteten Verbrauchsteuerausschuss unterstützt.

Zu diesem Zweck erteilen die Mitgliedstaaten der Kommission alle Auskünfte über die Durchführung der Verordnung einschließlich die verfügbaren statistischen Angaben, die zur Umgehung der Verbrauchsteuervorschriften angewandten Methoden und Verfahren und gegebenenfalls die Lücken bzw. Unzulänglichkeiten der Regelung, wenn diese Informationen für die anderen Mitgliedstaaten von besonderem Interesse sind. Die Auskünfte in diesem Zusammenhang dürfen keinesfalls personenbezogene oder persönliche Angaben enthalten.

Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat alle fünf Jahre ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung Bericht über den Stand der Anwendung dieser Verordnung.

Beziehungen zu Drittländern

Werden der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats von einem Drittland Informationen übermittelt, kann sie diese Informationen an die zuständigen Behörden der möglicherweise interessierten Mitgliedstaaten und auf jeden Fall an die Mitgliedstaaten, die diese Informationen anfordern, weiterleiten, sofern Amtshilferegelungen des betreffenden Landes dies zulassen. Diese Informationen können außerdem an die Kommission weitergeleitet werden, wenn sie auf Gemeinschaftsebene von Interesse sind.

Im Gegenzug können die nach Maßgabe der vorliegenden Verordnung eingeholten Informationen an ein Drittland weitergegeben werden, sofern es sich rechtlich verpflichtet hat, die für den Nachweis der Rechtswidrigkeit von mutmaßlich gegen die Verbrauchsteuervorschriften verstoßenden Geschäften erforderliche Unterstützung zu leisten.

Voraussetzungen für den Informationsaustausch

Die ersuchte Behörde eines Mitgliedstaats erteilt der ersuchenden Behörde eines anderen Mitgliedstaats die Auskünfte gemäß der Verordnung unter der Voraussetzung, dass

  • Anzahl und Art der Auskunftsersuchen der ersuchenden Behörde innerhalb eines bestimmten Zeitraums der ersuchten Behörde keinen unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand verursachen,
  • die ersuchende Behörde die üblichen Informationsquellen ausgeschöpft hat, die sie unter den gegebenen Umständen zur Erlangung der erbetenen Informationen genutzt haben könnte, ohne die Erreichung des angestrebten Ergebnisses zu gefährden.

Die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats kann die Auskunftsübermittlung ablehnen, wenn der ersuchende Mitgliedstaat zur Übermittlung entsprechender Auskünfte aus rechtlichen Gründen nicht in der Lage ist. Ferner kann die Übermittlung von Informationen abgelehnt werden, wenn sie zur Preisgabe eines Geschäfts-, Industrie- oder Berufsgeheimnisses führen oder wenn die Verbreitung der betreffenden Information gegen die öffentliche Ordnung verstoßen würde.

Die Übermittlung der gemäß dieser Verordnung bereitgestellten Informationen erfolgt möglichst auf elektronischem Weg.

Hintergrund

Um die Hinterziehung von Verbrauchsteuern bekämpfen zu können, müssen die mit der Durchführung der im entsprechenden Bereich geltenden Vorschriften betrauten Verwaltungsbehörden eng zusammenarbeiten.

Um die ordnungsgemäße Anwendung der Regeln für die Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren und die Erhebung der Verbrauchsteuer zu gewährleisten, müssen daher Regeln für die gegenseitige Amtshilfe der Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und ihre Zusammenarbeit mit der Kommission aufgestellt werden.

Da die Europäische Union noch über keinen besonderen Rechtsakt über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Verbrauchsteuern verfügt, hat der Rat die vorliegende Verordnung erlassen, um die Bestimmungen der Richtlinie 77/799/EWG und 92/12/EWG über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Verbrauchsteuern zu stärken, zu vereinfachen und zu ersetzen. Außerdem ergänzt diese Verordnung die Entscheidung 2003/1152/EG über die Einführung eines EDV-gestützten Systems zur Beförderung und Kontrolle der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren.

Schlüsselwörter des Rechtsakts

  • „EDV-gestütztes Frühwarnsystem": Die Mitgliedstaaten führen ein EDV-gestütztes Frühwarnsystem ein, durch das das zentrale Verbindungsbüro oder eine Verbindungsstelle des Abgangsmitgliedstaats der verbrauchsteuerpflichtigen Waren dem Verbindungsbüro des Bestimmungsmitgliedstaats sobald die Informationen des begleitenden Verwaltungsdokuments vorliegen, spätestens aber beim Versand der Waren eine Nachricht oder Warnung übermitteln kann.
  • „Ersuchende Behörde": die zentrale Verbindungsbehörde eines Mitgliedstaats oder jeder zuständige Beamte dieses Mitgliedstaats, die/der im Namen der zuständigen Behörde ein Amtshilfeersuchen stellt.
  • „Ersuchte Behörde": die zentrale Verbindungsbehörde eines Mitgliedstaats oder jeder zuständige Beamte dieses Mitgliedstaats, die/der im Namen der zuständigen Behörde ein Amtshilfeersuchen entgegennimmt.

Bezug

Rechtsakt

Datum des Inkrafttretens

Termin für die Umsetzung in den Mitgliedstaaten

Amtsblatt

Verordnung (EWG) Nr. 2073/2004 [Annahme: Mitentscheidung COD/2003/0309]

1.7.2005

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ABl. L 359 vom 4.12.2004

Letzte Änderung: 02.03.2005

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