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Weißbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse

Das als Fortsetzung des Grünbuchs zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse vorgelegte Weißbuch der Europäischen Kommission beinhaltet das Konzept der Europäischen Union zur Förderung der Entwicklung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse von hoher Qualität. Dargelegt werden die wichtigsten Elemente einer Strategie, mit der alle Bürger und Unternehmen der Union Zugang zu hochwertigen und erschwinglichen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse erhalten sollen.

RECHTSAKT

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Weißbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse» [KOM(2004) 374 endg. - noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht]

ZUSAMMENFASSUNG

Das Weißbuch enthält die Schlussfolgerungen, die die Kommission aus einer umfangreichen Konsultation der Öffentlichkeit auf der Grundlage des Grünbuchs gezogen hat. Die Konsultation hat deutlich gemacht, dass die Meinungen und Perspektiven erheblich differieren. Dennoch scheint sich in der Frage der Notwendigkeit, ein harmonisches Miteinander von Marktmechanismen und Gemeinwohlaufgaben sicherzustellen, ein Konsens gebildet zu haben. In dem Weißbuch wird die Vorgehensweise der Kommission bei der Erarbeitung einer konstruktiven Rolle dargelegt, die der Europäischen Union bei der Förderung der Entwicklung hochwertiger Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zukommt. Vorgestellt werden die zentralen Elemente einer Strategie, die darauf ausgerichtet ist, sicherzustellen, dass jeder Bürger und jedes Unternehmen in der Union effektiv Zugang zu hochwertigen Dienstleistungen zu erschwinglichen Preisen hat.

Mit dem nunmehr vorgelegten Weißbuch möchte die Kommission keineswegs einen Schlusspunkt unter die auf europäischer Ebene geführte Debatte setzen. Vielmehr möchte sie einen Beitrag zum laufenden Diskurs leisten und diesen dadurch voranbringen, dass sie die Rolle der Union präzise absteckt und Rahmenbedingungen als Voraussetzung dafür schafft, dass die Dienste ordnungsgemäß funktionieren.

DIENSTLEISTUNGEN VON ALLGEMEINEM INTERESSE: EINE WESENTLICHE KOMPONENTE DES EUROPÄISCHEN MODELLS UND EINE GEMEINSAME VERANTWORTUNG DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG IN DER UNION

Das Weißbuch hat nachhaltig bekräftigt, wie wichtig Dienstleistungen von allgemeinem Interesse als eine der Grundsäulen sind, auf denen das europäische Gesellschaftsmodell gründet, und hat die Notwendigkeit betont, hochwertige Dienste von allgemeinem Interesse zu erschwinglichen Kosten, zu denen jeder Bürger und jedes Unternehmen in der Europäischen Union Zugang hat, bereitzustellen. In der Union sind Dienstleistungen von allgemeinem Interesse nach wie vor unerlässlich für die Erhaltung sozialer und territorialer Kohäsion und für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft.

Während die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse in Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft organisiert oder privaten oder öffentlichen Unternehmen übertragen werden kann, obliegt die Festlegung der Gemeinwohlaufgaben nach wie vor den öffentlichen Instanzen auf der jeweiligen Ebene. Letztere sind auch zuständig für Marktregulierung und dafür verantwortlich, sicherzustellen, dass die betreffenden Akteure die ihnen übertragenen Gemeinwohlverpflichtungen wahrnehmen.

In diesem Zusammenhang macht das Weißbuch die gemeinsame Verantwortung der Union und ihrer Mitgliedstaaten deutlich. Diese Teilung der Verantwortung entspricht jenem Konzept, das der Bestimmung in Artikel 16 EG-Vertrag zugrunde liegt, wonach der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten die Verantwortung dafür übertragen wird, dass sie im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse dafür Sorge tragen, dass ihre Politik so gestaltet ist, dass die Anbieter von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse ihren Aufgaben gerecht werden können. Das Recht der Mitgliedstaaten, den Wirtschaftsakteuren spezifische Gemeinwohlverpflichtungen auferlegen zu können und für deren ordnungsgemäße Erbringung Sorge zu tragen, ist im Übrigen ausdrücklich in Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag anerkannt.

Mit dem EG-Vertrag wird der Gemeinschaft ein breites Spektrum von Möglichkeiten eingeräumt, um sicherzustellen, dass die Nutzer in der Europäischen Union Zugang zu hochwertigen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu erschwinglichen Preisen haben. Nach Auffassung der Kommission sind nämlich die Befugnisse, über die sie in Sachen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse verfügt, angemessen und ausreichend, damit EU-weit ordnungsgemäß funktionierende Dienste beibehalten bzw. entwickelt werden können. Dennoch ist es in erster Linie Sache der zuständigen nationalen, regionalen und lokalen Behörden, Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu definieren, zu organisieren, zu finanzieren und zu kontrollieren.

LEITPRINZIPIEN DES KOMMISSIONSANSATZES

Der Ansatz der Kommission beruht auf mehreren Prinzipien, die in der jeweiligen sektoralen Politik der Gemeinschaft zum Ausdruck kommen und sich auf der Grundlage der Ergebnisse aus der Debatte zum Grünbuch näher umreißen lassen:

  • Voraussetzungen für bürgernahe öffentliche Regulierung schaffen: Die Kommission erkennt die essenzielle Rolle an, die den Mitgliedstaaten und ihren regionalen und lokalen Behörden auf dem Gebiet der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zukommt. Die Politik der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse gründet auf unterschiedlichen Aktionsebenen und in der Nutzung vielfältiger Instrumente im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip.
  • Die Ziele öffentlicher Dienste in wettbewerbsfähigen, offenen Märkten erreichen: Ein offener, wettbewerbsfähiger Binnenmarkt und die Entwicklung allgemein zugänglicher, hochwertiger Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu erschwinglichen Preise sind miteinander vereinbare Ziele.
  • Kohäsion und universellen Zugang sicherstellen: Dass jeder Bürger und jedes Unternehmen im gesamten Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu erschwinglichen Preisen Zugang zu hochwertigen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse hat, gilt als wesentliche Voraussetzung für eine Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts in der Europäischen Union; dazu gehört auch der Abbau der Benachteiligungen, die auf den Mangel an Zugangsmöglichkeiten der Regionen in äußerster Randlage zurückzuführen sind.
  • Ein hohes Qualitäts-, Versorgungssicherheits- und Schutzniveau aufrechterhalten: Über die Versorgungssicherheit hinaus muss die körperliche Unversehrtheit der Verbraucher und Nutzer sowie sämtlicher an der Produktion und Erbringung dieser Leistungen Beteiligter wie auch der Öffentlichkeit schlechthin gewährleistet werden; dazu gehört auch der Schutz vor Gefahren wie Terroranschlägen und Umweltkatastrophen.
  • Die Rechte der Verbraucher und Nutzer sichern: Zu diesen Rechten gehören insbesondere: der Zugang zu Dienstleistungen, einschließlich grenzübergreifenden Dienstleistungen, auf dem gesamten Gebiet der Union, und zwar für alle Bevölkerungsschichten, die Erschwinglichkeit der Kosten für Dienstleistungen, einschließlich Sonderregelungen für Einkommensschwache, die physische Sicherheit, die Versorgungssicherheit und Zuverlässigkeit, Kontinuität, hohe Qualität, Angebotsvielfalt, Transparenz und Zugang zur Information der Dienstleistungserbringer und Regulierungsbehörden.
  • Monitoring und Leistungsevaluierung: Nach Ansicht der Kommission sind eine systematische Evaluierung und laufende Überwachung unerlässlich für die Beibehaltung und Weiterentwicklung allgemein zugänglicher, hochwertiger, effizienter Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu erschwinglichen Preisen in der Europäischen Union. Die Evaluierung müsste mehrdimensional ausgerichtet sein und sämtliche in Frage kommenden rechtlichen, ökonomischen, sozialen und umweltbezogenen Aspekte abdecken. Auch sollte die Evaluierung den spezifischen Merkmalen des Sektors, der der Evaluierung unterzogen wird, wie auch den unterschiedlichen Gegebenheiten der einzelnen Mitgliedstaaten und ihrer Regionen gebührend Rechnung tragen.
  • Die Verschiedenheit von Dienstleistungen und Situationen berücksichtigen: Da es Unterschiede zwischen den Bedürfnissen und Präferenzen der Nutzer und Verbraucher je nach den wirtschaftlichen, sozialen, geografischen und kulturellen Gegebenheiten gibt, muss die Vielfalt der Dienstleistung gewahrt bleiben. Dies gilt insbesondere für den Sozial- und Gesundheitsbereich sowie für den Rundfunk.
  • Mehr Transparenz schaffen: Bei der Ausgestaltung und Durchführung staatlicher Politik im Zusammenhang mit Dienstleistungen von allgemeinem Interesse kommt dem Transparenzprinzip eine Schlüsselrolle zu. Mit diesem Prinzip wird sichergestellt, dass die Einrichtungen der öffentlichen Hand ihre Verantwortungen wahrnehmen können und dass Entscheidungen nach demokratischen Grundsätzen getroffen und eingehalten werden. Das Transparenzprinzip sollte für sämtliche Aspekte der Erbringung von Dienstleistungen gelten und sowohl für die Festlegung von Gemeinwohlaufgaben als für auch die organisatorische Abwicklung, die Finanzierung, die Regulierung der entsprechenden Dienstleistungen, deren Erbringung und ihre Evaluierung sowie für Systeme zur Behandlung von Beschwerden als Richtschnur dienen.
  • Rechtssicherheit gewährleisten: Die Kommission ist sich dessen bewusst, dass die Anwendung des Gemeinschaftsrechts bei Dienstleistungen von allgemeinem Interesse mitunter Anlass zu komplexen Fragestellungen gibt. Deshalb wird sie beharrlich darauf hinarbeiten, die Rechtssicherheit bei der Anwendung des Gemeinschaftsrechts in dem Bereich der Bereitstellung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu verbessern. Die Kommission hat bereits die bisherigen Regeln des öffentlichen Beschaffungswesens modernisiert und Initiativen auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen wie auch im Zusammenhang mit Partnerschaften zwischen öffentlichem und privatem Sektor in Gang gesetzt.

NEUE AUSRICHTUNGEN FÜR EINE KOHÄRENTE POLITIK

Eine der zentralen Fragen, die das Grünbuch aufgeworfen hat, war die nach der Notwendigkeit einer Rahmenrichtlinie für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse. Hierzu gingen in der öffentlichen Konsultation die Meinung auseinander. Verschiedene Mitgliedstaaten und das Europäischen Parlament waren in dieser Angelegenheit skeptisch.

Von daher blieb die Frage im Raum stehen, ob in dieser Phase eine Rahmenrichtlinie das optimale Mittel wäre, um in der Sache voranzukommen und ausreichenden Nutzen zu erzielen. Deshalb hält es die Kommission für sinnvoll, davon abzusehen, zum jetzigen Zeitpunkt einen Vorschlag vorzulegen. Einstweilen wird die Kommission generell den von ihr verfolgten sektoralen Ansatz dahingehend weiter verfolgen und ausbauen, dass sie dort, wo dies nötig und angezeigt erscheint, sektorspezifische Regeln in Vorschlag bringt, mit denen besondere Bedürfnisse und Umstände in jedem einzelnen Sektor berücksichtigt werden können.

Die Kommission wird sich mit der Frage der Machbarkeit und der Notwendigkeit eines Rahmengesetzes für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse bei Inkrafttreten des Verfassungsvertrags und insbesondere der neuen Rechtsgrundlage befassen, die mit Artikel III-6 eingeführt wird, der Folgendes vorsieht : „Unbeschadet der Artikel III-55, III-56 und III-136 und in Anbetracht des von allen in der Union anerkannten Stellenwerts der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse sowie ihrer Bedeutung bei der Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts tragen die Union und ihre Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse im Anwendungsbereich der Verfassung dafür Sorge, dass die Grundsätze und Bedingungen, insbesondere jene wirtschaftlicher und finanzieller Art, für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, dass diese ihren Aufgaben nachkommen können. Diese Grundsätze und Bedingungen werden durch Europäische Gesetze festgelegt". Außerdem wird die Kommission im Jahr 2005 die Sachlage bei Dienstleistungen von allgemeinem Interesse in der Europäischen Union und den Bedarf an horizontalen Maßnahmen überprüfen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sollen dann vor Ende 2005 in Form eines Berichts vorgelegt werden.

Angesichts der Ergebnisse der Konsultation der Öffentlichkeit hält die Kommission es außerdem für erforderlich, die rechtlichen Rahmenbedingungen bei Ausgleichszahlungen für Gemeinwohlverpflichtungen weiter zu präzisieren und zu vereinfachen. Sie wird bis Juli 2004 eine ganze Reihe von Maßnahmen in diesem Bereich treffen. Die meisten Elemente des Maßnahmenpakets sind bereits in Form von Projekten zur Konsultation vorgelegt.

Außerdem hat die öffentliche Debatte die Notwendigkeit aufgezeigt, einen präzisen, transparenten Rahmen für die Auswahl von Unternehmen vorzugeben, denen die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse auferlegt wird. Die Kommission wird die Gemeinschaftsvorschriften prüfen, die eine transparente Vergabe von Dienstleistungsaufträgen gewährleisten. Sie hat daher eine Konsultation zu den Aspekten des öffentlichen Beschaffungswesens bei öffentlich-privaten Partnerschaften eingeleitet.

Das Grünbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse hat bei den in Frage kommenden Kreisen reges Interesse für Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen ausgelöst, die zum Ausdruck gebracht haben, dass mehr Präzision und Vorhersehbarkeit vonnöten seien, damit sich die Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen reibungslos weiterentwickeln können. Nach Auffassung der Kommission wäre es sinnvoll, einen systematischen Ansatz zu entwickeln, um den Besonderheiten von Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen von allgemeinem Interesse Rechnung tragen zu können, und den Rahmen genau zu umreißen, in dem diese Dienste funktionieren und modernisiert werden können. Dieser Ansatz wird Gegenstand einer Mitteilung über Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse unter Einbeziehung der Gesundheitsdienstleistungen sein, die 2005 angenommen werden soll.

Die Evaluierung des Leistungsstandes auf gemeinschaftlicher wie auch auf nationaler Ebene ist unabdingbar für die Weiterentwicklung allgemein zugänglicher, hochwertiger Dienste von allgemeinem Interesse zu erschwinglichen Preise in einem sich permanent wandelnden Umfeld. Die Kommission verpflichtet sich, ihre Evaluierungstätigkeit im Bereich der Dienstleistungen von öffentlichem Interesse zu intensivieren und zu verbessern.

Auf interner Ebene gelten sektorspezifische Regelungen auf Gemeinschaftsebene derzeit in erster Linie für die großen netzgebundenen Wirtschaftszweige. Nach Auffassung der Kommission hat diese sektorale Regelungsweise in der öffentlichen Konsultation eine Bestätigung erfahren. Sie wird die Ergebnisse dieser Konsultation bei den geplanten Prüfungen der einzelnen Bereiche berücksichtigen.

Auf internationaler Ebene ist die Kommission entschlossen, die Vereinbarkeit der internen EU-Regulierungsmaßnahmen mit den von der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten im Rahmen internationaler Handelsabkommen eingegangenen Verpflichtungen auf Dauer zu gewährleisten. Sie möchte auch die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse bei der Entwicklungszusammenarbeit fördern.

VERWANDTE RECHTSAKTE

Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Grünbuch der Kommission zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse [A5-0484/2003] Das Parlament begrüßt die Initiative der Kommission zur Vorlage des Grünbuchs zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und die anschließende umfangreiche Konsultation und fordert die Kommission auf, bis spätestens April 2004 ein Folgedokument vorzulegen. Es weist ferner darauf hin, dass im Falle von wirtschaftlichen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse Ausnahmen von den allgemeinen Wettbewerbsregeln vorzusehen sind, wie bei Bildung und Volksgesundheit, öffentlichem und sozialem Wohnen, sozialen Dienstleistungen von allgemeinem gesellschaftlichen Interesse, die den Erhalt und die Steigerung von Informationsvielfalt und kultureller Vielfalt betreffen. Zudem fordert das Parlament die Kommission auf, diesen Standpunkt auf WTO- und GATS-Verhandlungen zu verteidigen. Es vertritt die Auffassung, dass es weder möglich noch sinnvoll ist, gemeinsame Definitionen für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und daraus ableitbare Verpflichtungen der öffentlichen Hand auszuarbeiten, sondern dass die Union gemeinsame Grundsätze festlegen muss, die u. a. Universalität und gleiche Zugangsmöglichkeiten, Kontinuität, Sicherheit und Anpassungsfähigkeit, Qualität, Wirksamkeit und Erschwinglichkeit, Transparenz, Schutz der schlechter gestellten Gesellschaftsgruppen, Schutz der Benutzer, Verbraucher und der Umwelt sowie Beteiligung der Bürger einschließen, wobei sektorspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen sind. Das Parlament betont außerdem die Vereinbarkeit der Wettbewerbsvorschriften mit den Verpflichtungen der öffentlichen Hand und spricht sich eindeutig gegen die Liberalisierung der Wasserversorgung aus. Das Parlament vertritt die Auffassung, dass Dienstleistungen der Wasser- und Abfallwirtschaft nicht sektoralen EU-Richtlinien unterliegen sollten, betont jedoch, dass die Union die volle Zuständigkeit für diese Sektoren hinsichtlich der Qualität und der Umweltschutzstandards behalten sollte.

Grünbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse [KOM (2003) 270 endg. - Amtsblatt C 76 vom 25.03.2004] Mit diesem Grünbuch verpflichtet sich die Kommission zu einer vollständigen Überprüfung ihrer Politik im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse. Ihr Ziel ist die Ausrichtung einer öffentlichen Debatte über die allgemeine Rolle der Union bei der Festlegung der Zielsetzungen von öffentlichem Interesse, die von diesen Dienstleistungen verfolgt werden, sowie über die Modalitäten der Organisation, Finanzierung und Evaluierung der Dienstleistungen. Zugleich bekräftigt das Grünbuch den wichtigen Beitrag des Binnenmarktes und der Wettbewerbsvorschriften zur Modernisierung und zur Verbesserung der Qualität und der Wirksamkeit zahlreicher öffentlicher Dienstleistungen zum Wohle der Bürger und der Unternehmen in Europa. In diesem Zusammenhang berücksichtigt das Grünbuch auch die Globalisierung und die Liberalisierung und spricht die Frage an, ob ein Rechtsrahmen auf Gemeinschaftsebene für die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse geschaffen werden sollte. Diese Fragen werden anhand der folgenden Aspekte untersucht: Reichweite möglicher zusätzlicher Gemeinschaftsinitiativen zur Durchführung des Vertrags unter vollständiger Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips; mögliche Grundsätze für eine eventuelle Rahmengesetzgebung über Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und konkreter Mehrwert einer solchen Gesetzgebung; Definition des guten Regierens im Zusammenhang mit der Organisation, der Reglementierung, der Finanzierung und der Evaluierung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse; Prüfung aller neuen Maßnahmen, die zur Verbesserung der Rechtssicherheit und zur Gewährleistung einer kohärenten und harmonischen Koordinierung der angestrebten Aufrechterhaltung der hochwertigen Dienstleistungen von öffentlichem Interesse und der rigorosen Anwendung der Vorschriften für Wettbewerb und Binnenmarkt getroffen werden können.

Letzte Änderung: 21.03.2007

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