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Zweiter Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt: Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1) ZIEL

Analyse der Entwicklungen hinsichtlich des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts und deren Bestimmungsfaktoren in einer Europäischen Union mit 27 Mitgliedstaaten und Eröffnung der Debatte über die Zukunft der Kohäsionspolitik

2) RECHTSAKT

„Einheit Europas, Solidarität der Völker, Vielfalt der Regionen", Zweiter Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt vom 31. Januar 2001 [KOM(2001)24 endg. - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht]

3) ZUSAMMENFASSUNG

1. Die Kommission erstattet alle drei Jahre einen "Bericht über die Fortschritte bei der Verwirklichung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts und über die Art und Weise, in der die vorgesehenen Mittel (einschließlich der verschiedenen Gemeinschaftspolitiken) hierzu beigetragen haben" (Artikel 159 des Vertrages). Diesem Bericht werden erforderlichenfalls "entsprechende Vorschläge beigefügt".

2. Dieser Bericht wurde auf dem Kohäsionsforum am 21./22. Mai 2001 in Brüssel vorgestellt. Der erste Kohäsionsbericht wurde Ende 1996 veröffentlicht. Diese Berichte bieten einen regelmäßigen Überblick über aktuelle regionale und nationale Statistiken und ermöglichen es so, die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in der Union zu verfolgen.

3. Da inzwischen für fast alle Bereiche Daten zu den Bewerberländern vorliegen, wird in diesem Bericht eine erste Analyse (link) der Situation in den Mitgliedstaaten und Regionen hinsichtlich des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts in einer auf 27 Mitgliedstaaten erweiterten Union vorgenommen. Ohne dem Zeitplan und den Modalitäten für die künftigen Beitritte vorzugreifen, enthält der Bericht darüber hinaus eine Reihe von Schlussfolgerungen und Empfehlungen, um eine Debatte über die Zukunft der Kohäsionspolitik in einer erweiterten Union zu eröffnen. Diese Schlussfolgerungen werden im Folgenden dargestellt.

4. Aus der Analyse der Situation in den Mitgliedstaaten und Regionen der Europäischen Union hinsichtlich des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts geht hervor, dass die Kohäsionspolitik recht erfolgreich war, was am deutlichsten in den Regionen mit Entwicklungsrückstand zu erkennen ist. Mit Blick auf das Jahr 2006 sind bei der künftigen Reform der Regionalpolitik mehrere Aspekte zu berücksichtigen:

  • die im Zuge der Erweiterung eintretende beträchtliche Zunahme sozialer, wirtschaftlicher und räumlicher Disparitäten;
  • die Globalisierung des Handels, die Entwicklung der europäischen Wirtschaft in Richtung wissensbasierte Aktivitäten, die demografischen Veränderungen;
  • die notwendige Erhöhung des Mehrwertes und der Sichtbarkeit der Gemeinschaftspolitik sowie die Gewähr dafür, dass die anderen Gemeinschaftspolitiken zum wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt beitragen.

5. Die folgenden Fragestellungen und vorgeschlagenen Optionen sind als Ausgangspunkt für eine echte Debatte über die Zukunft des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts in einer erweiterten Europäischen Union gedacht und sollen dazu beitragen, dass sich die Diskussionen stärker auf die politischen Inhalte und nicht nur auf finanzielle Aspekte konzentrieren.

STÄRKUNG DER KONVERGENZFÖRDERNDEN FAKTOREN

6. Die gemeinschaftliche Kohäsionspolitik unterstützt diejenigen Maßnahmen, die am ehesten zur Verringerung der wirtschaftlichen, sozialen und räumlichen Disparitäten in der Europäischen Union beitragen. Da es jedoch nicht einfach ausreicht, nur Fiskaltransfers vorzunehmen, muss die Europäische Union ihre Maßnahmen auf die Wettbewerbsfaktoren konzentrieren, die zur Verringerung der beträchtlichen Ungleichgewichte in ihrem Territorium beitragen.

7. Die Produktivität, die insbesondere durch die Qualität der Humanressourcen, die Infrastrukturausstattung und die Innovationskapazität bestimmt wird, stellt einen entscheidenden Faktor für Wachstum und Konvergenz dar. So ist eine ausreichende Ausstattung mit baulicher Infrastruktur (Verkehr, Unternehmensdienstleistungen) eine Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung. Investitionen in Wissen und Kommunikationstechnologien und die Innovationskapazität bilden die Grundlage für langfristiges Wachstum in Europa. Die Kohäsionspolitik muss die Voraussetzungen schaffen, damit die Wirtschaften der Regionen mit Entwicklungsrückstand von den durch den Binnenmarkt gebotenen Möglichkeiten voll und ganz profitieren können. Darüber hinaus ist im Rahmen der Kohäsionsbemühungen der Grundsatz zu berücksichtigen, dass die Entwicklung einhergehen muss mit einer umsichtigen Nutzung der natürlichen Ressourcen.

PRIORITÄTEN FÜR DEN WIRTSCHAFTLICHEN UND SOZIALEN ZUSAMMENHALT

8. Auf der Grundlage der Herausforderungen für die Europäische Union lassen sich wirtschaftliche und räumliche Prioritäten angeben, denen bereits im Rahmen der derzeitigen Kohäsionspolitik Rechnung getragen wird:

  • Die Regionen mit dem größten Entwicklungsrückstand sind auf Grund des weiterhin bestehenden Einkommens- und Entwicklungsgefälles zwischen den Regionen nach wie vor das vorrangige Ziel der Kohäsionspolitik der Europäischen Union. Mit der Erweiterung werden sich diese Unterschiede noch vergrößern.
  • Die Städtefrage steht im Zentrum des wirtschaftlichen, sozialen und räumlichen Wandels. Die Städte sind der Hauptansatzpunkt für die Verfolgung einer Strategie für Zusammenhalt und nachhaltige Entwicklung. Folgende Faktoren müssen berücksichtigt werden: die Vielzahl der Disparitäten innerhalb der Städte, die durch die Städte verursachten Umweltbelastungen und die von ihnen ausgehenden Impulse für die Entwicklung des Umlands.
  • Die Diversifizierung des ländlichen Raums und die Beziehungen der ländlichen Gebiete zu den Stadtgebieten sind entscheidend für ihre Fähigkeit, sich an die heutigen Veränderungen anzupassen. Da die Landwirtschaft kein größeres Beschäftigungsreservoir mehr darstellt, besteht für die Revitalisierung der ländlichen Gebiete und den Erhalt der Bevölkerung keine andere Möglichkeit als eine Politik der ländlichen Entwicklung, die das Entstehen neuer, wettbewerbsfähiger Aktivitäten, besonders im Dienstleistungssektor, fördert.
  • Die grenzüberschreitende, transnationale und interregionale Zusammenarbeit ist für die Union eine Priorität hinsichtlich der Förderung der Integration und der Verringerung der Fragmentierung, die durch die nationalen Grenzen verursacht wird. Mit der Erweiterung entsteht ein neuer Bedarf an grenzüberschreitenden Maßnahmen zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen den alten und neuen Mitgliedstaaten.
  • Die Gebiete im industriellen Strukturwandel werden auch im Rahmen der künftigen Kohäsionspolitik Fördermittel erhalten. In Sektoren wie der Textilindustrie, der Automobilindustrie und der Schwerindustrie gehen Arbeitsplätze verloren, so dass flankierende Maßnahmen notwendig sind, um die Entwicklung neuer Aktivitäten zu fördern.
  • Die Gebiete mit schwerwiegenden geografischen oder natürlichen Nachteilen haben auf Grund der durch ihre Situation verursachten zusätzlichen Kosten große Schwierigkeiten, sich in die europäische Wirtschaft zu integrieren. Wegen mangelnder Entwicklungsmöglichkeiten haben (ultra)periphere Gebiete, Inselregionen und Gebirgsregionen darüber hinaus Schwierigkeiten, die Bevölkerung zu halten. Es sind daher Strukturinterventionen zu Gunsten dieser Gebiete erforderlich.

9. Bei den beschäftigungspolitischen Prioritäten der Politik für den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt sind sowohl die bestehenden Probleme als auch künftige Bedürfnisse zu berücksichtigen. Diese Prioritäten betreffen insbesondere folgende Aspekte:

  • Mehr und bessere Arbeitsplätze: eine strategischere Ausrichtung der Beschäftigungspolitik und die Schaffung der nötigen Voraussetzungen, um den industriellen Veränderungen vorgreifen zu können, ermöglichen es, das derzeit niedrige Beschäftigungswachstum in der Europäischen Union anzuheben;
  • Förderung der neuen Ökonomie und der Wissensgesellschaft: um einer möglichen digitalen Spaltung und somit den Risiken einer Ausgrenzung vorzubeugen, ist es äußerst wichtig, dass die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung, die Maßnahmen für lebenslanges Lernen und der Zugang zur Informationsgesellschaft verbessert werden;
  • Förderung der sozialen Integration und Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung, deren Ausmaß in der Europäischen Union inakzeptabel ist;
  • Förderung der Chancengleichheit und Kampf gegen sämtliche Formen der Diskriminierung, die eine Verschwendung von Talenten bedeuten.

10. Für die künftige Kohäsionspolitik ist ein umfassenderes, langfristigeres Konzept erforderlich. Entsprechend den für das Europäische Raumentwicklungskonzept (EUREK) unternommenen Bemühungen wird die Kommission eine ausgewogene räumliche Entwicklung in der Gemeinschaft fördern und könnte hierzu eine Strategie entwerfen, die als Basis für die künftige Politik in diesem Bereich verwendet werden könnte.

NEUGESTALTUNG DES FÖRDERVERFAHRENS DER KÜNFTIGEN POLITIK FÜR DEN WIRTSCHAFTLICHEN UND SOZIALEN ZUSAMMENHALT

11. Durch die Reform der Strukturfonds im Rahmen der Agenda 2000 konnte das Förderverfahren der europäischen Kohäsionspolitik verbessert werden. Die neuen Bedingungen durch die Erweiterung, die Umformulierung der Prioritäten und das nötige Streben nach mehr Effizienz erfordern weitere Überlegungen über die Mittel, durch die die Politik umgesetzt werden soll. In dieser Phase können nur die wichtigsten Themen behandelt und Optionen genannt werden. Im Jahr 2004 wird der dritte Kohäsionsbericht genauer darlegen, wie die künftige Kohäsionspolitik umgesetzt werden könnte.

12. In den nächsten Abschnitten werden folgende Hauptthemen behandelt: a) die effektive Ausrichtung bzw. Konzentration der begrenzt verfügbaren Mittel in einer erweiterten Europäischen Union, b) die besondere Herausforderung der Erweiterung in der laufenden Periode, c) die Kohäsionspolitik in einer erweiterten Europäischen Union nach 2006.

A - Effektive Ausrichtung der begrenzt verfügbaren Mittel in einer erweiterten Europäischen Union

13. Die künftige Kohäsionspolitik wird nicht nur die Regionen der neuen Mitgliedstaaten berücksichtigen, sondern auch die Regionen der bestehenden Union, in denen beträchtliche regionale und räumliche Unterschiede bestehen. Das Grundprinzip muss das gleiche wie bisher sein: die begrenzten Mittel müssen auf eine begrenzte Zahl von Themen von gemeinschaftlichem Interesse oder vorrangigen Gebieten konzentriert werden, damit die für eine tatsächliche Entwicklung notwendige kritische Masse erreicht wird. Die Maßnahmen müssen daher neu überdacht werden.

14. Die Regionen mit Entwicklungsrückstand sind weiterhin vorrangig. Die direkte Gebietsaufteilung ist wegen ihrer Objektivität und Transparenz am besten geeignet, um die Mittel auf diese Regionen zu konzentrieren. Als Kriterien werden bei dieser Methode das Pro-Kopf-BIP (gemessen in Kaufkraftstandards - KKS) und die Ebene, auf der die Maßnahme angewendet wird (gemessen in statistischen Gebietseinheiten - NUTS), zu Grunde gelegt.

15. Als Förderkriterium für diese Regionen gilt derzeit ein Pro-Kopf-BIP von weniger 75 % des Gemeinschaftsdurchschnitts. Künftig müssen zwei Faktoren berücksichtigt werden:

  • Durch die Anwendung dieses Kriteriums in einer erweiterten Union würde sich der Teil der Bevölkerung, der in der EU-15 im Rahmen von Ziel 1 für eine Förderung in Betracht kommt, automatisch um mehr als die Hälfte verringern. Wie also sollen die Regionen der EU-15 behandelt werden, in denen sich die Situation relativ gesehen verbessern wird, deren Probleme jedoch bestehen bleiben?
  • In der erweiterten Union werden die Disparitäten zwischen den einzelnen Regionen mit Entwicklungsrückstand größer sein als jetzt, da in einigen dieser Regionen das Pro-Kopf-BIP bei einem Viertel des Gemeinschaftsdurchschnitts liegen wird.

16. Es muss daher gründlich über die Vor- und Nachteile der für den laufenden Programmplanungszeitraum verwendeten Methoden zur Abgrenzung der im Rahmen der Strukturinterventionen förderfähigen Gebiete nachgedacht werden:

  • Die direkte Gebietsaufteilung wird für die Ziele 1 und 2 angewendet. Die Kommission erstellt zunächst eine erschöpfende Liste der förderfähigen Gebiete. Diese Methode ermöglicht eine objektive und transparente Konzentrierung der Interventionen auf die tatsächlich benachteiligten Regionen, allerdings ist sie nicht flexibel, wenn sich die sozioökonomische Lage in den Regionen verändert.
  • Die indirekte Gebietsaufteilung wird bei den Gemeinschaftsinitiativen URBAN und LEADER+ angewendet. Die förderfähigen Gebiete werden auf der Grundlage von Kriterien bestimmt, die von der Kommission zuvor festgelegt wurden. Diese Methode ist flexibler als die erste und könnte zur Lösung einiger Kompetenzprobleme der Kommission bei der Festlegung der Fördergebiete beitragen. Die Vorbedingung wäre in diesem Fall, dass die zur effizienten Nutzung der Ressourcen notwendige kritische Masse erreicht wird.
  • Die horizontale Ausrichtung wird bei Ziel 3 angewendet. Die Programmplanung für die Strukturinterventionen zur Entwicklung der Humanressourcen gilt für das gesamte nationale Hoheitsgebiet.

17. Vor dem Hintergrund der bisherigen Erläuterungen könnte die gemeinschaftliche Kohäsionspolitik für Regionen mit Entwicklungsrückstand eine der folgenden vier Formen annehmen:

  • die Anwendung des jetzigen Grenzwertes von 75 % des Pro-Kopf-BIP, unabhängig von der Zahl der beitretenden Länder. Bei dieser Option würden zahlreiche Regionen der EU-15 automatisch den Status der Förderfähigkeit verlieren, so dass ihre zukünftige Förderfähigkeit für EU-Hilfen von den Zielen und Kriterien für andere Fördermaßnahmen als die zur Unterstützung der rückständigen Regionen abhängen würde;
  • die Anwendung des jetzigen Grenzwertes von 75 % des Pro-Kopf-BIP, wobei die künftig nicht mehr förderfähigen Regionen der EU-15 eine Übergangsunterstützung ("Phasing-out") erhalten, die um so höher ausfällt, je näher ihr BIP am Fördergrenzwert liegt;
  • die Festlegung eines Grenzwertes für das Pro-Kopf-BIP, der über 75 % des Durchschnittswertes liegt, und zwar auf einem Niveau, bei dem der automatische Effekt des Ausschlusses der betreffenden Regionen in der EU-15 reduziert oder sogar beseitigt wird, ohne dass jedoch die Regionen, die in der EU-15 nicht länger einen Entwicklungsrückstand gehabt hätten, weiter als förderfähig eingestuft wären;
  • die Festlegung von zwei Grenzwerten für die Förderfähigkeit (einer für die Regionen in der EU-15 und einer für die Bewerberländer), was de facto zu zwei Kategorien von rückständigen Regionen führen würde. Die Intensität der Gemeinschaftshilfe würde sich nach dem regionalen Wohlstand richten.

18. Angesichts der Tatsache, dass die Einkommensunterschiede zwischen den am wenigsten entwickelten Regionen größer sein werden, könnte ein spezieller Kofinanzierungssatz festgelegt werden, wobei dem Wohlstand und den Haushaltskapazitäten der ärmsten Mitgliedstaaten Rechnung getragen werden sollte.

19. Auch andere Fragestellungen müssen näher betrachtet werden:

  • Sollten die derzeit angewandten Kriterien - Bevölkerung, regionaler und nationaler Wohlstand, Arbeitslosigkeit - um weitere Kriterien wie die Beschäftigungsquote ergänzt werden?
  • Könnte bei einem strukturell unzureichenden Grad an realer Konvergenz der förderfähigen Regionen dieser Grad an realer Konvergenz als weiteres Kriterium für die Verteilung der Mittel herangezogen werden?
  • Sollte die Verknüpfung von Mittelzuweisung und Ergebnissen der Interventionen durch einen größeren Anteil der Haushaltsmittel für die leistungsgebundene Reserve verstärkt werden?

20. Nicht nur in den rückständigen Regionen bestehen Entwicklungsprobleme. Im Rahmen der Kohäsionspolitik müssen auch in anderen Regionen der Union, die noch immer mit erheblichen strukturellen Veränderungen konfrontiert sind, Fördermaßnahmen durchgeführt werden. Angesichts der begrenzten Haushaltsmittel müssen die Interventionen so konzentriert werden, dass die aufgewendeten Mittel eine kritische Masse erreichen, die reale Auswirkungen auf die Entwicklung der betreffenden Gebiete ermöglicht.

21. Das Verfahren der indirekten Gebietsaufteilung hätte für diese anderen Regionen den Vorteil, die erforderliche Konzentration der Mittel zu fördern, wie die Erfahrung mit den Gemeinschaftsinitiativen URBAN und LEADER+ zeigt. Die Kommission würde lediglich einen Mindestgrenzwert für die Höhe der gemeinschaftlichen und nationalen öffentlichen Beihilfen vorgeben. Die Programmplanung für die verschiedenen Schwerpunktbereiche würde auf der Grundlage einer Mittelzuweisung je Mitgliedstaat erfolgen, die sich nach geeigneten sozioökonomischen Indikatoren richten würde.

22. Angesichts der ermutigenden Ergebnisse, die die Grenzregionen im Rahmen spezifischer Strukturinterventionen im Zeitraum 1995-1999 erreicht haben, und auf Grund ihrer strategischen Bedeutung im Hinblick auf die Erweiterung, könnten die Grenzregionen in die allgemeine Programmplanung der Strukturfonds („Mainstreaming") einbezogen werden.

B - Die besondere Herausforderung der Erweiterung in der laufenden Periode

23. Zur Vorbereitung ihres Beitritts zur Europäischen Union haben die Bewerberländer insbesondere im Rahmen des Programms Phare begonnen, sich mit der Verwaltung der Strukturfondsmittel vertraut zu machen. Ein Großteil der Mittel dieses Programms wird für mittelfristige Aktionen des Ziel-1-Typs verwendet, die den Weg bereiten für die Programmierung der EU-Förderung im Rahmen der Strukturfonds.

24. Die Aufstellung einer regionalen Entwicklungspolitik ist für die Behörden der Bewerberländer unbekanntes Terrain. Die dezentralisierte Verwaltung der Fördermaßnahmen ist für sie etwas Neues, so dass sich die Frage stellt, ob sie über die notwendige Verwaltungskapazität verfügen, um die Gemeinschaftsmittel absorbieren und verwalten zu können. Der Prozess des Verwaltungsaufbaus (oder "Institutionsaufbaus") ist daher von besonderer Bedeutung. Dabei werden mehrere Ziele angestrebt:

  • Zunächst soll durch die Schaffung von kompetenten Behörden und die Festlegung von geeigneten Verwaltungsverfahren eine Politik auf nationaler Ebene entstehen.
  • Zweitens geht es darum, die Dezentralisierung und somit die Konsolidierung der Demokratie, die Entwicklung der Partnerschaft und die Steigerung der ökonomischen Effizienz zu fördern.
  • Darüber hinaus soll eine Interventionsstrategie zur Förderung des Zusammenhalts festgelegt werden.

25. Es ist inzwischen sehr wahrscheinlich, dass einige Bewerberländer vor 2006 der Union beitreten werden. Im Rahmen der Agenda 2000 hatte der Europäische Rat 1999 in Berlin über eine finanzielle Vorausschau für den Zeitraum 2000-2006 beschlossen, bei der diese Möglichkeit nicht berücksichtigt wurde. Die Bewerberländer müssen ab ihrem Beitritt von den Strukturinterventionen profitieren können. Es könnte daher ein Übergangssystem ("Einstiegsphase") mit einer schrittweisen Aufstockung der Mittelzuweisungen eingeführt werden.

26. Wie müssten dann die Mittel zwischen dem Kohäsionsfonds und den Strukturfonds verteilt werden? Der Kohäsionsfonds wird das ISPA ablösen und die Strukturfonds treten an die Stelle des Programms Phare und des SAPARD -Instruments. Die Zuweisung von etwa einem Drittel der gesamten künftigen Kohäsionsmittel der Gemeinschaft an den Kohäsionsfonds scheint angesichts der Bedürfnisse der Bewerberländer in den Bereichen Verkehrsinfrastruktur und Umweltschutz durchaus gerechtfertigt. Anders als bei den Strukturfonds erfolgt darüber hinaus beim Kohäsionsfonds die Verwaltung auf Projektebene. Diese Vorgehensweise scheint für Behörden, denen es noch an Erfahrung bei der Programmierung und Verwaltung von Gemeinschaftsmitteln mangelt, geeigneter zu sein. Auch ist eine höhere Kofinanzierungsquote möglich, ohne dass dabei das Zusätzlichkeitsprinzip gilt.

C - Die Kohäsionspolitik in einer erweiterten Union nach 2006

27. Die Strukturreformen im Rahmen der Agenda 2000 haben dazu beigetragen, die Dezentralisierung zu verstärken, die Partnerschaft und die Bewertung zu fördern. Ferner wurden ein strikteres Finanzmanagement und eine intensivere Finanzkontrolle eingeführt, die auf einer klareren Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission basieren. Der nächste Kohäsionsbericht wird eine eingehende Untersuchung der Auswirkungen dieser Entwicklungen auf die Kohäsionspolitik enthalten, aber einige auffallende Fakten lassen sich bereits jetzt nennen:

  • Auf nationaler und EU-Ebene ist ein verstärkter Trend zur Dezentralisierung der Entscheidungsprozesse zu beobachten. Im Rahmen der Partnerschaft muss die Rolle der regionalen und lokalen Behörden sowie der Akteure vor Ort gestärkt werden, indem insbesondere Programme auf lokaler Ebene geplant werden, wenn dies zweckdienlich ist.
  • Die Programmplanung könnte in zwei Phasen stattfinden: Zunächst erarbeitet die Kommission eine Gesamtstrategie und legt die Prioritäten von besonderem Interesse für die Gemeinschaft fest. Danach wird die Programmierung der Maßnahmen auf der geeignetsten Ebene (transnationale, regionale, lokale oder städtische Ebene) vorgenommen.
  • Die Anwendung des Zusätzlichkeitsprinzips (nach dem die Gemeinschaftsmittel die nationalen Mittel nicht ersetzen, sondern ergänzen) könnte überprüft werden. Zwar braucht der Beitrag, den dieses Prinzip zur Steigerung des Mehrwerts der Kohäsionspolitik leistet, nicht mehr hervorgehoben werden, doch führt die Tatsache, dass das Zusätzlichkeitsprinzip auf nationaler Ebene für alle Programme angewendet wird, die unter dasselbe Ziel fallen, zu einem Mangel an Transparenz. Insbesondere bei den Regionen mit Entwicklungsrückstand wäre es denkbar, die Zusätzlichkeit auf Programmebene statt auf Ebene des Mitgliedstaats zu überprüfen.
  • Es müsste ein engerer Zusammenhang zwischen den Mittelzuweisungen und der Bewertung der erzielten Ergebnisse bestehen.

28. Zur Verstärkung der Kohärenz zwischen den Interventionen des Kohäsionsfonds und der Strukturfonds könnten diese in einem einzigen Rahmenkonzept zusammengefasst werden. Dabei wäre z.B. der Kohäsionsfonds - ungeachtet des geografischen Fördergebiets - das einzige Instrument zur Finanzierung von Umwelt- und Verkehrsinfrastrukturinvestitionen.

29. Welches sind die finanziellen Aussichten für die Kohäsionspolitik nach 2006? Der zweite Kohäsionsbericht zeigt, dass die Kohäsionspolitik in einer erweiterten Union von noch größerer Notwendigkeit ist. Der Großteil der Finanzmittel wird in die neuen Mitgliedstaaten fließen, doch dürfen die anhaltenden Probleme der jetzigen Mitgliedstaaten dabei nicht außer Acht gelassen werden.

30. Der ursprüngliche Kommissionsvorschlag im Rahmen der Agenda 2000 sah vor, das 1999 erreichte Niveau der finanziellen Unterstützung im Zeitraum 2000-2006 beizubehalten, womit die Kohäsionsmittel 0,46 % des BIP der Union betragen sollten. In Berlin beschloss der Europäische Rat, in diesem Siebenjahreszeitraum 213 Mrd. EUR für Strukturmaßnahmen bereitzustellen. Hinzu kommen die zur Vorbereitung auf den Beitritt gewährten Beihilfen in Höhe von 3 Mrd. EUR, die für die vor 2006 beitretenden Länder reservierten Beträge und die vorgesehenen Mittelzuweisungen für die neuen Mitgliedstaaten. Hieraus ergibt sich im Jahre 2006 ein Gesamtvolumen von 0,45 % des BIP in einer auf 21 Mitgliedstaaten erweiterten Union.

31. Nach den Finanzierungsvorschriften für den Zeitraum 2000-2006 dürfen die jährlichen Transfers aus den Strukturfonds und dem Kohäsionsfonds insgesamt nicht mehr als 4 % des BIP in den einzelnen Mitgliedstaaten betragen. Diese Höchstgrenze wird für die ärmsten Bewerberländer weit reichende Konsequenzen haben, wobei es einerseits darum geht, die erforderlichen Kohäsionsanstrengungen zu leisten und andererseits der finanziellen Absorptionsfähigkeit dieser Länder Rechnung zu tragen.

32. Die Beihilfen für die Vorbereitung auf den Beitritt sollten (gegebenenfalls in angepasster Form) für die Bewerberländer beibehalten werden, die am 1. Januar 2007 noch nicht beigetreten sein werden.

Weitere Informationen zum zweiten Kohäsionsbericht finden Sie unter folgenden Links:

  • vollständiger Bericht auf der INFOREGIO-Website der Europäischen Kommission;
  • Erster Zwischenbericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt (Januar 2002) und das entsprechende SCADPlus-Merkblatt;
  • Bericht über die Diskussion auf dem Kohäsionsforum;
  • SCADPlus-Seite über Lage und Entwicklungen hinsichtlich des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts im Zeitraum 1995-1999;
  • SCADplus-Seite über 10 Diskussionspunkte für die Debatte über die Zukunft der Regionalpolitik.

4) durchführungsmassnahmen

5) weitere arbeiten

Mitteilung der Kommission vom 18. Februar 2004 - Dritter Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt [KOM (2004) 107 endg. - nicht im Amtsblatt veröffentlicht] Dieser Bericht aktualisiert die Analyse der wirtschaftlichen und sozialen Kohäsion. Zum ersten Mal macht die Kommission für die Zukunft der Regionalpolitik bis 2006 konkrete Vorschläge.

Mitteilung der Kommission vom 30. Januar 2003 - Zweiter Zwischenbericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt [KOM (2003) 34 endg. - nicht im Amtsblatt veröffentlicht] Dieser Bericht aktualisiert die Analyse der wirtschaftlichen und sozialen Kohäsion, die im zweiten Bericht über die Kohäsion von Januar 2001 beschrieben wurde, und beschreibt den Stand der Dinge bezüglich der Diskussion über die Zukunft der Regionalpolitik bis 2006.

Mitteilung der Kommission vom 30. Januar 2002, Erster Zwischenbericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt [KOM(2002) 46 endg. - nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

Dieser Bericht aktualisiert die Analyse des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts im ersten Kohäsionsbericht vom Januar 2001 und beschreibt den Stand der Debatte über die künftige Kohäsionspolitik nach 2006.

Letzte Änderung: 20.04.2004

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