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Document 52021PC0413

Vorschlag für einen DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DES RATES über die Aussetzung einiger Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf Gambia

COM/2021/413 final

Brüssel, den 15.7.2021

COM(2021) 413 final

2021/0233(NLE)

Vorschlag für einen

DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DES RATES

über die Aussetzung einiger Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf Gambia


BEGRÜNDUNG

1.KONTEXT DES VORSCHLAGS

Gründe und Ziele des Vorschlags

Gemäß Artikel 25a Absatz 2 des Visakodexes 1 bewertet die Kommission regelmäßig die Kooperation von Drittstaaten bei der Rückübernahme und erstattet dem Rat mindestens einmal pro Jahr Bericht.

Gemäß Artikel 25a Absatz 3 des Visakodexes können die Mitgliedstaaten der Kommission ferner melden, dass sie bei der Zusammenarbeit mit einem Drittstaat bei der Rückübernahme erheblichen und anhaltenden praktischen Problemen gegenüberstehen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Rückübernahme eigener Staatsangehöriger eine völkerrechtliche Verpflichtung ist.

Am 10. Februar 2021 nahm die Kommission ihre Bewertung an, die auf den von EU-Mitgliedstaaten und assoziierten Schengen-Ländern übermittelten Daten und Informationen aus dem Jahr 2019 basiert, und übermittelte ihren Bericht 2 an den Rat.

Nach einer Meldung Deutschlands und im Einklang mit dem Verfahren nach Artikel 25a Absatz 4 des Visakodexes schloss die Kommission ihre Prüfung ab und unterrichtete das Europäische Parlament und den Rat am 7. Mai 2021 über die Ergebnisse; dabei war sie zu dem Schluss gelangt, dass Deutschland bei der Zusammenarbeit mit Gambia auf dem Gebiet der Rückübernahme irregulärer Migranten mit erheblichen und anhaltenden praktischen Problemen konfrontiert ist.

Auf der Grundlage der vorstehenden Analyse und unter Berücksichtigung der allgemeinen Beziehungen der Union zu dem betreffenden Drittstaat kann die Kommission zu der Auffassung gelangen, dass der Drittstaat nicht ausreichend kooperiert und daher Maßnahmen erforderlich sind. Ist dies der Fall, so unterbreitet die Kommission gemäß Artikel 25a Absatz 5 Buchstabe a des Visakodexes einen Vorschlag für einen Durchführungsbeschluss des Rates, mit dem die Anwendung gewisser Bestimmungen des Visakodexes auf Staatsangehörige des betreffenden Drittstaats ausgesetzt wird. Die Kommission setzt ihre Bemühungen um eine Verbesserung der Kooperation mit dem betreffenden Drittstaat jederzeit fort.

·Der Fall Gambia

Die Kommission stellte in dem oben genannten Bericht fest, dass die gambischen Behörden Ende Februar 2019 einseitig ein Moratorium zur Aussetzung aller Rückführungsaktionen beschlossen hatten, weshalb fast das gesamte Jahr 2019 über effektiv keine Rückführungen (per Charter- und Linienflug) stattfanden. Darüber hinaus sahen sich die Mitgliedstaaten mit einer sehr schwankenden Kooperationsbereitschaft konfrontiert, die sich auf alle Phasen des Rückführungsprozesses negativ auswirkte, auch im Hinblick auf die Anwendung der im Jahr 2018 mit Gambia vereinbarten bewährten Verfahren für die Identifizierung und Rückkehr. Die EU-Rückübernahmevereinbarung sowie die von drei Mitgliedstaaten geschlossenen gleichwertigen bilateralen Vereinbarungen werden selten eingehalten. Zwei Dritteln der Mitgliedstaaten zufolge, in denen fast die Hälfte der Rückkehrentscheidungen ergangen sind, waren die Identifizierungsverfahren (auch mittels Befragungen) nicht zufriedenstellend, und die Reisedokumente wurden nicht rechtzeitig ausgestellt.

Die Entwicklungen nach 2019 untermauern diese Bewertung, vor allem die Tatsache, dass Gambia nach der offiziellen Aufhebung des Moratoriums im Januar 2020 und trotz der im Februar 2020 vereinbarten Modalitäten für Rückführungsflüge die Organisation und Durchführung von Rückführungsaktionen immer wieder behindert hat. Diese Rückschläge spiegeln sich in der jüngsten Mitteilung Gambias vom 6. April 2021 wider, in der das Land darauf hinwies, bis auf Weiteres keine Rückkehrer aufnehmen zu können. Die von der Kommission vorgenommene Prüfung der Meldung Deutschlands hat ebenfalls bestätigt, dass dieser Mitgliedstaat bei der Zusammenarbeit mit Gambia mit erheblichen und anhaltenden praktischen Problemen konfrontiert ist.

In den letzten beiden Jahren haben die EU und die Mitgliedstaaten kontinuierlich und proaktiv Anstrengungen unternommen, um mit Gambia eine vorhersehbarere und zuverlässigere Zusammenarbeit bei der Rückübernahme zu etablieren. Insbesondere stehen die Kommission und die Mitgliedstaaten seit 2019 in Kontakt mit den gambischen Behörden, um eine Wiederaufnahme der Rückführungsflüge zu erreichen und die Kooperation bei der Rückübernahme zu verbessern, wobei sowohl den Bedenken Gambias hinsichtlich der Kapazitäten als auch der Notwendigkeit seitens der Mitgliedstaaten, illegal in der EU aufhältige gambische Staatsangehörige rückzuführen, Rechnung getragen wurde.

Die EU hat wiederholt ihren Willen bekräftigt, für beide Seiten annehmbare Lösungen zu finden und Gambia weiterhin beim Thema der Migration, einschließlich in den Bereichen Rückkehr und Rückübernahme, durch verschiedene Maßnahmen zu unterstützen: Schulungen und Projekte zu Überstellungsverfahren für Mitarbeiter der Einwanderungsbehörden und der Polizei; Aufbau von Kapazitäten der gambischen Behörden bezüglich Rückübernahmeverfahren; Intensivierung der Kommunikation zu den Themen Migrationsmanagement und Rückkehr/Rückführungen; Unterstützung der Behörden der EU und Gambias bei der Koordinierung von Rückführungsaktionen aus der EU; Entsendung eines EU-Verbindungsbeamten für Rückkehrfragen (EURLO); Stärkung der operativen Kapazitäten der gambischen Polizei und anderer Strafverfolgungsbehörden bei der Bekämpfung von Migrantenschleusung und Menschenhandel (gemeinsame operative Partnerschaft).

Ferner hat die EU hat mit Blick auf die zwischen der EU und Gambia vereinbarten Modalitäten bei zahlreichen Gelegenheiten auf die zunehmende Unzufriedenheit mit der Situation hingewiesen, sowie auf mögliche Folgen, falls keine Fortschritte erzielt würden. Die Kommission und die Mitgliedstaaten haben mehrere gemeinsame bzw. getrennte Besuche in Gambia durchgeführt und gezielte Gespräche sowohl auf fachlicher als auch auf politischer Ebene geführt. Ferner wurden regelmäßig Verbalnoten ausgetauscht. Zudem fanden ein Austausch auf hoher Ebene zwischen den Kommissionsdienststellen und dem Leiter der Mission Gambias bei der EU sowie dedizierte Treffen zwischen der EU-Delegation und den zuständigen gambischen Behörden in Banjul statt – zuletzt am 14. April 2021 in Brüssel und am 22. April 2021 in Banjul. Im Nachgang zu diesen Treffen und als Reaktion auf die (am 6. April erhaltene) Verbalnote Gambias informierte der EAD die gambischen Behörden per Verbalnote (11. Juni 2021) formell über die mit dem überarbeiteten Visakodex verbundenen Auswirkungen.

Die Antworten und Zusicherungen Gambias haben – unter Berücksichtigung der in Artikel 25a Absatz 2 genannten Indikatoren – bisher nicht zu nachhaltigen Veränderungen oder einer besseren Kooperation geführt, u. a. was die zügige Identifizierung illegal im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aufhältiger Personen, die Ausstellung von Reisedokumenten und die Organisation von Rückführungsaktionen anbelangt. Im Rahmen eines Austauschs mit einem Mitgliedstaat bestätigte die Mission Gambias bei der EU im Juni, dass „bis nach den Wahlen im Dezember ein Moratorium für Rückführungen bzw. Repatriierungen“ gelte.

Angesichts der bisherigen Schritte der Kommission zur Verbesserung der Kooperation und unter Berücksichtigung der allgemeinen Beziehungen der EU zu Gambia (siehe unten) besteht daher die Auffassung, dass die Zusammenarbeit Gambias mit der EU in Rückübernahmefragen unzulänglich ist und Maßnahmen erforderlich sind.

·Die allgemeinen Beziehungen der Union zu Gambia

Die allgemeinen Beziehungen der EU zu Gambia orientieren sich an dem Ziel, einen friedlichen Übergang zu einem demokratischen, pluralistischen und inklusiven politischen System zu unterstützen. Seit 2016 konzentriert sich die EU gezielt auf die Förderung der demokratischen Regierungsführung, der regionalen Stabilität und Sicherheit sowie der wirtschaftlichen Erholung und Entwicklung. Auch künftig wird die EU die Aspekte verantwortungsvolle Staatsführung, menschliche Entwicklung sowie grüne Wirtschaft für nachhaltiges Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen fördern.

Richtschnur für die Partnerschaft mit Gambia sind das Cotonou-Abkommen und das Nationale Richtprogramm 2017-2020. Seit 2017 sind die EU und ihre Mitgliedstaaten die wichtigsten Geber des Landes. Die EU ist der zweitgrößte Handelspartner. Die Zusammenarbeit im Bereich Migration ist umfassend und konzentriert sich insbesondere auf folgende Themen: Schaffung von Arbeitsplätzen, Schutz, Wiedereingliederung von Rückkehrern, Grenzmanagement, Bekämpfung von Migrantenschleusung und Menschenhandel.

·Die Visamaßnahmen

Anwendungsbereich der Maßnahmen

Mit dem Durchführungsbeschluss des Rates sollte die Anwendung einiger Bestimmungen des Visakodexes in Bezug auf gambische Staatsangehörige vorübergehend ausgesetzt werden. Die Aussetzung gilt jedoch nicht für Familienangehörige von (mobilen) EU-Bürgern, die unter die Richtlinie 2004/38/EG 3 fallen, und für Familienangehörige von Drittstaatsangehörigen, die auf der Grundlage eines Abkommens zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den betreffenden Drittstaaten andererseits ein dem Recht von Unionsbürgern gleichwertiges Recht auf Freizügigkeit genießen.

Inhalt der Visamaßnahmen

Die mangelnde Kooperation Gambias bei der Rückübernahme rechtfertigt die Einleitung aller Maßnahmen nach Artikel 25a Absatz 5 Buchstabe a des Visakodexes: Aussetzung der Möglichkeit, von den Erfordernissen in Bezug auf die von den Visumantragstellern gemäß Artikel 14 Absatz 6 vorzulegenden Belege abzusehen; Aussetzung der allgemeinen 15-tägigen Bearbeitungsfrist gemäß Artikel 23 Absatz 1 (die folglich auch die Anwendung der Regel über die Verlängerung dieses Zeitraums auf höchstens 45 Tage im Einzelfall ausschließt); Aussetzung der Erteilung von Visa für die mehrfache Einreise gemäß Artikel 24 Absatz 2 und Absatz 2c sowie Aussetzung der fakultativen Befreiung von der Visumgebühr für Inhaber von Diplomaten- und Dienstpässen gemäß Artikel 16 Absatz 5 Buchstabe b.

Geltungsdauer der Visamaßnahmen

Gemäß dem Visakodex gelten die Visamaßnahmen vorübergehend, es besteht jedoch keine Verpflichtung, im Durchführungsbeschluss eine bestimmte Geltungsdauer dieser Maßnahmen anzugeben. Nach Artikel 25a Absatz 6 prüft die Kommission kontinuierlich anhand der in Artikel 25a Absatz 2 genannten Indikatoren, ob sich die Kooperation bei der Rückübernahme verbessert hat, u. a. was die zügige Identifizierung illegal im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aufhältiger Personen, die Ausstellung von Reisedokumenten und die Organisation von Rückführungsaktionen anbelangt. Sie erstattet darüber Bericht, ob sich die Kooperation mit dem betreffenden Drittstaat bei der Rückübernahme erheblich und nachhaltig verbessert hat, und kann unter Berücksichtigung der allgemeinen Beziehungen der Union zu diesem Drittstaat dem Rat einen Vorschlag vorlegen, den Durchführungsbeschluss aufzuheben oder zu ändern. Wenn die gemäß dem Durchführungsbeschluss angewandten Visamaßnahmen als wirkungslos erachtet werden, sollte in Erwägung gezogen werden, die zweite Stufe des Mechanismus auszulösen (Artikel 25a Absatz 5 Buchstabe b).

Zudem erstattet die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat gemäß Artikel 25a Absatz 7 spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten des Durchführungsbeschlusses Bericht über die Fortschritte, die bei der Kooperation des betreffenden Drittstaats bei der Rückübernahme erzielt wurden.

Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich

Der vorgeschlagene Beschluss steht im Einklang mit den harmonisierten Vorschriften der gemeinsamen Visumpolitik über die Verfahren und Voraussetzungen für die Erteilung von Visa für geplante Aufenthalte im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von höchstens 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen.

Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

Die EU verfolgt in Bezug auf die Themen Migration und Vertreibung einen umfassenden Ansatz, der auf gemeinsamen Werten und gemeinsamer Verantwortung beruht. Das neue Migrations- und Asylpaket sieht die Entwicklung und Vertiefung maßgeschneiderter, umfassender und ausgewogener Partnerschaften vor, um die Zusammenarbeit bezüglich aller relevanten Aspekte zu fördern:

Schutz von Schutzbedürftigen und Unterstützung von Aufnahmeländern und ‑gemeinschaften;

Schaffung wirtschaftlicher Möglichkeiten und Bekämpfung der Ursachen von irregulärer Migration und Vertreibung;

Unterstützung der Partner zur Stärkung von Migrationssteuerung und -management;

Förderung der Kooperation bei Rückkehr/Rückführung und Rückübernahme;

Schaffung legaler Wege nach Europa.

Die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten bei der Rückübernahme illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger ist ein wichtiger Bestandteil dieser Politik. Um solche umfassenden Partnerschaften zu stärken und die uneingeschränkte Zusammenarbeit seitens der Drittstaaten sicherzustellen, muss die EU alle verfügbaren Instrumente, einschließlich Entwicklungszusammenarbeit, Handel oder Visa, mobilisieren.

2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT

Rechtsgrundlage

Artikel 25a Absatz 5 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex)

Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)

entfällt

Verhältnismäßigkeit

Die vorgeschlagenen Maßnahmen, mit denen Gambia dazu angehalten werden soll, seine Kooperation bei der Rückübernahme illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger zu verbessern, stehen in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Ziel. Diese Maßnahmen berühren nicht die Möglichkeit von Antragstellern, Visa zu beantragen und zu erhalten, an sich, sondern betreffen bestimmte Aspekte des Verfahrens für die Visumerteilung oder die Höhe der Visumgebühr.

3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG

Ex-post-Bewertung/Eignungsprüfungen bestehender Rechtsvorschriften

entfällt

Konsultation der Interessenträger

entfällt

Einholung und Nutzung von Expertenwissen

entfällt

Folgenabschätzung

entfällt

Effizienz der Rechtsetzung und Vereinfachung

entfällt

Grundrechte

Die vorgeschlagenen Maßnahmen berühren nicht die Möglichkeit, Visa zu beantragen und zu erhalten, und wahren die Grundrechte der Antragsteller, insbesondere das Recht auf Achtung des Familienlebens.

4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT

entfällt

5.WEITERE ANGABEN

Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten

entfällt

Erläuternde Dokumente (bei Richtlinien)

entfällt

Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags

entfällt

2021/0233 (NLE)

Vorschlag für einen

DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DES RATES

über die Aussetzung einiger Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf Gambia

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex) 4 , insbesondere auf Artikel 25a Absatz 5 Buchstabe a,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)Ende Februar 2019 beschlossen die gambischen Behörden einseitig ein Moratorium zur Aussetzung aller Rückführungsaktionen, weshalb fast das gesamte Jahr 2019 über effektiv keine Rückführung stattfanden. Nach der Aufhebung des Moratoriums im Januar 2020 sahen sich die Mitgliedstaaten mit dem Problem konfrontiert, dass Gambia die Organisation und Durchführung von Rückführungsaktionen immer wieder behinderte und die Kooperationsbereitschaft sehr schwankte, was sich auf alle Phasen des Rückführungsprozesses negativ auswirkte, auch im Hinblick auf die Anwendung der zwischen der Union und Gambia vereinbarten bewährten Verfahren sowie anderer operativer Vereinbarungen. Diese Rückschläge spiegeln sich in der jüngsten Mitteilung Gambias vom 6. April 2021 wider, in der das Land darauf hinwies, bis auf Weiteres keine Rückkehrer aufnehmen zu können. Wie von den gambischen Behörden im Juni bestätigt, gilt seither „bis nach den Wahlen im Dezember ein Moratorium für Rückführungen bzw. Repatriierungen“.

(2)Seit 2019 hat die Kommission Schritte unternommen, um die Kooperation Gambias bei der Rückübernahme illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger zu verbessern. In diesem Rahmen fanden mehrere Treffen statt, um mit den gambischen Behörden sowohl auf fachlicher als auch auf politischer Ebene für beide Seiten annehmbare Lösungen zu finden und sich auf weitere Unterstützungsprojekte zugunsten Gambias zu einigen. Parallel dazu fand zwischen der Kommission und den gambischen Dialogpartnern ein Austausch auf hoher Ebene statt. Die Problematik wurde auch im Rahmen einer anderen, vom EAD veranstalteten Sitzung angesprochen.

(3)Angesichts der bisherigen Schritte der Kommission zur Verbesserung der Kooperation und unter Berücksichtigung der allgemeinen Beziehungen der Union zu Gambia (siehe unten) besteht die Auffassung, dass die Zusammenarbeit Gambias mit der Union in Rückübernahmefragen unzulänglich ist und daher Maßnahmen erforderlich sind.

(4)Die Anwendung einiger Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 sollte daher für gambische Staatsangehörige, die gemäß der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates 5 der Visumpflicht unterliegen, vorübergehend ausgesetzt werden. Dies gilt als die wirksamste Maßnahme, um die gambischen Behörden dazu anzuhalten, die notwendigen Maßnahmen für eine bessere Kooperation in Rückübernahmefragen zu ergreifen. Die vorübergehende Aussetzung findet nicht Anwendung auf gambische Staatsangehörige, die einen Visumantrag stellen und Familienangehörige eines unter die Richtlinie 2004/38/EG fallenden Unionsbürgers oder eines Drittstaatsangehörigen, der auf der Grundlage eines Abkommens zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und einem Drittstaat andererseits ein dem Recht von Unionsbürgern gleichwertiges Recht auf Freizügigkeit genießt, sind. 

(5)Die vorübergehend ausgesetzten Maßnahmen sind in Artikel 25a Absatz 5 Buchstabe a des Visakodexes dargelegt: Aussetzung der Möglichkeit, von den Erfordernissen in Bezug auf die von den Visumantragstellern gemäß Artikel 14 Absatz 6 vorzulegenden Belege abzusehen; Aussetzung der allgemeinen 15-tägigen Bearbeitungsfrist gemäß Artikel 23 Absatz 1 (die folglich auch die Anwendung der Regel über die Verlängerung dieses Zeitraums auf höchstens 45 Tage im Einzelfall ausschließt); Aussetzung der Erteilung von Visa für die mehrfache Einreise gemäß Artikel 24 Absatz 2 und Absatz 2c sowie Aussetzung der fakultativen Befreiung von der Visumgebühr für Inhaber von Diplomaten- und Dienstpässen gemäß Artikel 16 Absatz 5 Buchstabe b.

(6)Nach Artikel 21 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union hat jeder Unionsbürger das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in den Verträgen und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten. Mit der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates 6 werden diese Beschränkungen und Bedingungen umgesetzt. Dieser Beschluss berührt nicht die Anwendung der genannten Richtlinie, mit der das Recht auf Freizügigkeit auf Familienangehörige unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit ausgeweitet wird, wenn sie einem Unionsbürger nachziehen oder ihn begleiten. Dieser Beschluss findet somit nicht Anwendung auf Familienangehörige eines unter die Richtlinie 2004/38/EG fallenden Unionsbürgers oder Familienangehörige eines Drittstaatsangehörigen, der auf der Grundlage eines Abkommens zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und einem Drittstaat andererseits ein dem Recht von Unionsbürgern gleichwertiges Recht auf Freizügigkeit genießt.

(7)Da Dänemark gemäß Artikel 5 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks und Artikel 4 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beschlossen hat, die Verordnung (EG) Nr. 810/2009, die den Schengen-Besitzstand ergänzt, in nationales Recht umzusetzen, ist Dänemark völkerrechtlich zur Umsetzung dieses Beschlusses verpflichtet.

(8)Dieser Beschluss stellt eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, an denen sich Irland gemäß dem Beschluss 2002/192/EG des Rates 7 nicht beteiligt; Irland beteiligt sich daher nicht an der Annahme dieses Beschlusses und ist weder durch diesen Beschluss gebunden noch zu seiner Anwendung verpflichtet.

(9)Für Island und Norwegen stellt dieser Beschluss eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Übereinkommens zwischen dem Rat der Europäischen Union sowie der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung der beiden letztgenannten Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands dar, die zu dem in Artikel 1 Buchstabe B des Beschlusses 1999/437/EG des Rates 8 genannten Bereich gehören.

(10)Für die Schweiz stellt dieser Beschluss eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands 9 dar, die zu dem in Artikel 1 Buchstabe B des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 3 des Beschlusses 2008/146/EG des Rates 10 genannten Bereich gehören.

(11)Für Liechtenstein stellt dieser Beschluss eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Protokolls zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands 11 dar, die zu dem in Artikel 1 Buchstabe B des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 3 des Beschlusses 2011/350/EU des Rates 12 genannten Bereich gehören.

(12)Dieser Beschluss stellt einen auf dem Schengen-Besitzstand aufbauenden oder anderweitig damit zusammenhängenden Rechtsakt jeweils im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2003, des Artikels 4 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2005 und des Artikels 4 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2011 dar —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1
Anwendungsbereich

(1)Dieser Beschluss findet Anwendung auf gambische Staatsangehörige, die gemäß der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates 13 der Visumpflicht unterliegen.

(2)Er findet nicht Anwendung auf gambische Staatsangehörige, die gemäß Artikel 4 oder Artikel 6 der genannten Verordnung von der Visumpflicht befreit sind.

(3)Dieser Beschluss findet nicht Anwendung auf gambische Staatsangehörige, die einen Visumantrag stellen und Familienangehörige eines unter die Richtlinie 2004/38/EG fallenden Unionsbürgers oder eines Drittstaatsangehörigen, der auf der Grundlage eines Abkommens zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und einem Drittstaat andererseits ein dem Recht von Unionsbürgern gleichwertiges Recht auf Freizügigkeit genießt, sind.

Artikel 2
Vorübergehende Aussetzung der Anwendung einiger Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 810/2009

Die Anwendung der folgenden Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 wird vorübergehend ausgesetzt:

a)Artikel 14 Absatz 6;

b)Artikel 16 Absatz 5 Buchstabe b;

c)Artikel 23 Absatz 1;

d)Artikel 24 Absätze 2 und 2c.

Artikel 3

Adressaten

Dieser Beschluss ist an das Königreich Belgien, die Republik Bulgarien, die Tschechische Republik, die Bundesrepublik Deutschland, die Republik Estland, die Hellenische Republik, das Königreich Spanien, die Französische Republik, die Republik Kroatien, die Italienische Republik, die Republik Zypern, die Republik Lettland, die Republik Litauen, das Großherzogtum Luxemburg, Ungarn, die Republik Malta, das Königreich der Niederlande, die Republik Österreich, die Republik Polen, die Portugiesische Republik, Rumänien, die Republik Slowenien, die Slowakische Republik, die Republik Finnland und das Königreich Schweden gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am […]

   Im Namen des Rates

   Der Präsident

(1)    Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex) (ABl. L 243 vom 15.9.2009, S. 1).
(2)    COM(2021) 55 final (EU Restricted).
(3)    Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. L 158 vom 30.4.2004, S. 77).
(4)    ABl. L 243 vom 15.9.2009, S. 1.
(5)    Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (kodifizierter Text) (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39).
(6)    Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. L 158 vom 30.4.2004, S. 77).
(7)    Beschluss 2002/192/EG des Rates vom 28. Februar 2002 zum Antrag Irlands auf Anwendung einzelner Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf Irland (ABl. L 64 vom 7.3.2002, S. 20).
(8)    Beschluss 1999/437/EG des Rates vom 17. Mai 1999 zum Erlass bestimmter Durchführungsvorschriften zu dem Übereinkommen zwischen dem Rat der Europäischen Union und der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung dieser beiden Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 31).
(9)    ABl. L 53 vom 27.2.2008, S. 52.
(10)    Beschluss 2008/146/EG des Rates vom 28. Januar 2008 über den Abschluss — im Namen der Europäischen Gemeinschaft — des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (ABl. L 53 vom 27.2.2008, S. 1).
(11)    ABl. L 160 vom 18.6.2011, S. 21.
(12)    Beschluss 2011/350/EU des Rates vom 7. März 2011 über den Abschluss — im Namen der Europäischen Union — des Protokolls zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands in Bezug auf die Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen und den freien Personenverkehr (ABl. L 160 vom 18.6.2011, S. 19).
(13)    Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (kodifizierter Text) (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39).
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