EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 6.5.2021
COM(2021) 224 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
nach Artikel 85 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister, geändert durch die Verordnung (EU) 2019/834, zur Bewertung, ob gangbare technische Lösungen für die Übertragung barer und unbarer Sicherheiten als Nachschussleistungen durch Altersversorgungssysteme entwickelt wurden und ob Maßnahmen zur Erleichterung solcher gangbaren technischen Lösungen erforderlich sind
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
nach Artikel 85 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister, geändert durch die Verordnung (EU) 2019/834, zur Bewertung, ob gangbare technische Lösungen für die Übertragung barer und unbarer Sicherheiten als Nachschussleistungen durch Altersversorgungssysteme entwickelt wurden und ob Maßnahmen zur Erleichterung solcher gangbaren technischen Lösungen erforderlich sind
1.EINLEITUNG
Nach der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (Verordnung über europäische Marktinfrastrukturen, EMIR) sind Einrichtungen, die Altersversorgungssysteme betreiben, bei bestimmten Kategorien von OTC-Derivaten vorübergehend von der Pflicht zum zentralen Clearing befreit. Mit dieser befristeten Befreiung soll den besonderen Merkmalen des Geschäftsmodells dieser Einrichtungen und den möglichen Auswirkungen einer Clearingpflicht auf die Altersversorgung Rechnung getragen werden: Einrichtungen, die Altersversorgungssysteme betreiben, halten ihre Barmittel in der Regel so niedrig wie möglich, um ihren Versicherungsnehmern den höchstmöglichen Ertrag zu verschaffen. Würde diesen Einrichtungen ein zentrales Clearing ihrer OTC-Derivatekontrakte vorgeschrieben, bestünde daher die Gefahr, dass sie einen erheblichen Teil ihrer Vermögenswerte in bar vorhalten müssten, um die Einschussanforderungen von zentralen Gegenparteien (CCPs) erfüllen zu können. Dies könnte sich nachteilig auf das Alterseinkommen von Rentenempfängern auswirken. Mit der befristeten Befreiung soll den Altersversorgungssystemen, CCPs und Clearingmitgliedern Aufschub für die Entwicklung einer angemessenen technischen Lösung gewährt werden, die Altersversorgungssystemen ein zentrales Clearing bei CCPs ermöglicht und gleichzeitig spürbar nachteilige Auswirkungen auf die Einkünfte von Rentenempfängern verhindert.
In der im Juni 2019 in Kraft getretenen Verordnung zur Überarbeitung der europäischen Marktinfrastrukturverordnung (EMIR-Refit) wird diese Ausnahme bis Juni 2021 verlängert, wobei die Kommission zwei Mal einen delegierten Rechtsakt erlassen kann, um die Frist um jeweils ein weiteres Jahr zu verlängern. Die Verordnung zielt jedoch letztendlich darauf ab, das zentrale Clearing für Altersversorgungssysteme so rasch wie möglich auf den Weg zu bringen. CCPs, Clearingmitglieder und Altersversorgungssysteme müssen sich nach Kräften bemühen, einen Beitrag zur Entwicklung gangbarer Lösungen zu leisten.
Nach Maßgabe der EMIR-Refit richtete die Europäische Kommission zudem eine Sachverständigengruppe ein, die aus Vertretern von CCPs, Clearingmitgliedern, Altersversorgungssystemen und anderen einschlägigen Interessenträgern besteht, die die Bemühungen überwacht und die Fortschritte bei der Entwicklung gangbarer technischer Lösungen bewertet. Die Sachverständigengruppe, der auch Vertreter von Zentralbanken, der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) und der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) angehören, trat im Oktober 2019 sowie im April und November 2020 zusammen.
Nach Artikel 85 EMIR-Refit erstellt die Kommission bis zum Auslaufen der letzten Verlängerung alle zwölf Monate einen Bericht, in dem bewertet wird, ob gangbare technische Lösungen für die Übertragung barer und unbarer Sicherheiten als Nachschussleistungen durch Altersversorgungssysteme entwickelt wurden und ob Maßnahmen zur Erleichterung solcher gangbaren technischen Lösungen erforderlich sind. In der Verordnung wird ebenfalls festgelegt, dass die ESMA in Zusammenarbeit mit der europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA), der EIOPA und dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) der Kommission alle zwölf Monate einen Bericht vorlegt, in dem die Sachlage bewertet wird.
Die ESMA legte der Kommission ihren ersten Bericht im April 2020 vor. Der erste Bericht der Kommission wurde im September 2020 herausgegeben und umfasste eine ausführliche Analyse der Probleme in Bezug auf das zentrale Clearing von Altersversorgungssystemen.
Die ESMA führte von April bis Juni 2020 eine öffentliche Konsultation durch, um ein breites Spektrum von Meinungen und Daten zu diesem Thema einzuholen. Die Ergebnisse der öffentlichen Konsultation sind in den zweiten Bericht der ESMA an die Kommission vom Dezember 2020 eingeflossen, der in Zusammenarbeit mit der EBA, der EIOPA und dem ESRB erstellt wurde.
Beim vorliegenden Bericht handelt es sich um den zweiten Bericht der Kommission gemäß Artikel 85 EMIR-Refit. Gestützt auf die Gespräche in der Sachverständigengruppe der Kommission und die Berichte der Europäischen Aufsichtsbehörden (ESAs) und des ESRB an die Europäische Kommission wird beschrieben, welche Fortschritte erzielt wurden.
2.HINTERGRUND
Die Landschaft der Altersversorgungssysteme in der EU ist vielfältig. Die größten Märkte für Altersversorgungssysteme befinden sich in den Niederlanden mit einem durchschnittlichen Verhältnis von Aktiva zu BIP von 173,3 % sowie in Dänemark mit einem Verhältnis von 198,6 % laut den Daten von Ende 2018. Auch in Irland bestehen ähnliche Systeme. Nach Angaben der ESMA entfielen Ende März 2020 70-80 % des Nominalbetrags der Derivate, die von allen EU-Pensionsfonds genutzt werden, auf niederländische Altersversorgungssysteme. Altersversorgungssysteme verwenden weitgehend Derivate, um ihre Verbindlichkeiten gegen eine Reihe von Risiken abzusichern.
Der erste Bericht der Kommission enthielt eine Bestandsaufnahme in Bezug auf das zentrale Clearing von Altersversorgungssystemen. Diesem Bericht zufolge zeigte sich bei den Erörterungen im Rahmen der von der Kommission eingerichteten Sachverständigengruppe, dass die Notwendigkeit für Barnachschüsse vor allem bei angespannten Marktbedingungen, wenn die von CCPs geforderten Barnachschüsse erheblich sein können, für Altersversorgungssysteme ein Problem darstellen kann. In jüngster Zeit haben einige Pensionsfonds freiwillig mit dem zentralen Clearing eines Teils ihres Derivateportfolios begonnen, in der Regel als Kunden von Clearingmitgliedern. Zudem nutzen einige von ihnen bereits von bestimmten CCPs
entwickelte Lösungen zur Vereinfachung des zentralen Clearings von Altersversorgungssystemen, insbesondere Modelle für einen „erleichterten“ Zugang zu ihren Plattformen für geclearte Repo-Produkte. Solche Modelle sollten Altersversorgungssysteme besser in die Lage versetzen, zur Deckung ihres Liquiditätsbedarfs Märkte für geclearte Repo-Produkte zu nutzen. Außerdem zeichnete sich im Laufe der Zeit eine verstärkte Hinwendung zum zentralen Clearing ab. Grund dafür ist die Erwartung, dass infolge der für bilaterale Geschäfte geltenden Anforderungen ein System mit zentralem Clearing mehr Liquidität bieten dürfte als das bilaterale Clearing
.
In dem Bericht wurde auch darauf hingewiesen, wie schwierig es für Altersversorgungssysteme sein kann, sich Zugang zum Repo-Markt zu verschaffen, um in Stressphasen Liquidität zu beschaffen. Dies kann auch darauf zurückzuführen sein, dass Clearingmitglieder nicht immer willens oder in der Lage sind, den Altersversorgungssystemen bei angespannter Marktlage Dienste zur Umwandlung von Sicherheiten anzubieten.
3.WICHTIGSTE ERGEBNISSE DER ÖFFENTLICHEN KONSULTATION DER ESMA UND WEITERE GESPRÄCHE MIT INTERESSENTRÄGERN
3.1Ergebnisse der öffentlichen Konsultation der ESMA
Die Ergebnisse der öffentlichen Konsultation der ESMA bestätigten im Großen und Ganzen die Gesamtanalyse aus dem ersten Bericht der Kommission und boten die zusätzliche Möglichkeit, die Ergebnisse durch weitere quantitative Daten zu ergänzen. Die ESMA erhielt Stellungnahmen von einem breiten Spektrum von Interessenträgern, darunter unter anderem Vermögensverwalter (die Altersversorgungssysteme als Kunden haben), Berufsverbände und zentrale Gegenparteien. Das Spektrum der Interessenträger, die an der Konsultation teilnahmen, war so vielfältig, dass ganz unterschiedliche Sichtweisen auf die verschiedenen Aspekte der Lösungsmöglichkeiten eingeholt werden konnten. Der Analyse der ESMA zufolge bestätigen die Rückmeldungen aus der Konsultation, dass die überwiegende Mehrheit der Interessenträger ein zentrales Clearing von Altersversorgungssystemen anstrebt und dass die meisten Altersversorgungssysteme Clearings vornehmen möchten.
Die Konsultation bestätigte, dass einige Altersversorgungssysteme bereits einen Teil ihres Portfolios freiwillig clearen, um unter anderem zu vermeiden, dass sie bei bilateralen Geschäften unter die Vorschriften für Einschusszahlungen fallen. Sie tun dies als Kunden von Clearingmitgliedern. In bestimmten Fällen nutzen Altersversorgungssysteme auch den erleichterten Zugang zu den Märkten für geclearte Repo-Produkte, der von bestimmten CCPs angeboten wird. Gemäß Daten, die die niederländische Nationalbank der ESMA gemeldet hat, beliefen sich die Clearingkurse für Euribor- und Libor-Zinsswaps für niederländische Pensionsfonds im dritten Quartal 2020 auf durchschnittlich 22 % für große Pensionsfonds (zwischen 3 und 26 %), 25 % für mittlere Pensionsfonds (zwischen 0 und 46 %) und 37 % für kleine Pensionsfonds (zwischen 0 und 100 %). Die Daten zeigen große Unterschiede zwischen den Unternehmen. Einer Analyse der dänischen Nationalbank zufolge clearen Altersversorgungssysteme in Dänemark rund 42 % ihrer Zinsderivate bei einer CCP, wobei auch hier erhebliche Unterschiede zwischen den Unternehmen bestehen.
Unabhängig von der bevorstehenden Pflicht zum zentralen Clearing halten Altersversorgungssysteme das zentrale Clearing für vorteilhaft. Als Hauptvorteile nennen sie der ESMA zufolge die für geclearte Produkte charakteristische Liquidität, Effizienzgewinne bei der Ausführung und andere Kostenvorteile. Einige Teilnehmer der öffentlichen Konsultation gaben an, dass die Altersversorgungssysteme bereits jetzt einen Kostenunterschied zwischen bilateral und zentral geclearten Kontrakten feststellen. Laut ihren Angaben können bei der Ausführung eines bilateralen Zinsswaps mit einer Laufzeit von 30 Jahren und einem Nominalbetrag von 50 Mio. EUR geringfügig höhere Kosten anfallen als bei der Ausführung eines zentral geclearten Zinsswaps mit gleicher Laufzeit. Außerdem könne die Auflösung eines bilateralen Zinsswaps teurer sein.
Die Konsultation bestätigte auch, dass beim zentralen Clearing vor allem Barnachschüsse für Altersversorgungssysteme ein Problem darstellen können. Des Weiteren wurden folgende Herausforderungen genannt: die Clearingkosten, die an die Eigenkapitalausstattung geknüpft sind, die Banken gemäß den Eigenkapitalvorschriften für Banken gegenüber Kundenpositionen vorhalten müssen; die Möglichkeit für Clearingmitglieder, die Kontrakte mit ihren Kunden kurzfristig zu kündigen, und die Probleme, die auftreten können, wenn Altersversorgungssysteme ihre großen Positionen auf ein anderes Clearingmitglied übertragen müssen. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass Altersversorgungssysteme auch im System mit bilateralem Clearing einem Gegenparteiausfallrisiko ausgesetzt sind.
Insgesamt sind sich die Teilnehmer der Konsultation einig, dass für die Frage des zentralen Clearings von Altersversorgungssystemen eine ausgewogene Lösung gefunden werden muss, die den Zielen der Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems Rechnung trägt, ohne den Rentenempfängern unverhältnismäßige Kosten aufzubürden, und die sowohl unter normalen als auch unter angespannten Marktbedingungen funktioniert.
3.2Potenzielle Auswirkungen der Umstellung auf eine Pflicht zum zentralen Clearing
Die von der ESMA im Rahmen der öffentlichen Konsultation erhobenen quantitativen Informationen geben einen Überblick über die potenziellen Auswirkungen des zentralen Clearings für Altersversorgungssysteme in Bezug auf: i) Einschusszahlungen; ii) Höhe der Barmittel; iii) Rückgang der Rendite; iv) Auswirkungen auf die Liquidität bei angespannten Marktbedingungen.
I)Auswirkungen auf die Einschusszahlungen
Einer Studie von ISDA und PensionsEurope aus dem Jahr 2018 zufolge würde ein Clearingmandat für niederländische und dänische Pensionsfonds die geclearten Ersteinschusszahlungen um rund 7,4 Mrd. EUR erhöhen, wenn nur neue Geschäfte gecleart werden müssten, um 26 Mrd. EUR, wenn 50 % des Altbestands gecleart werden müssten, und um 44 Mrd. EUR, wenn der gesamte Altbestand gecleart werden müsste.
Darüber hinaus könnten große Altersversorgungssysteme von CCPs als große Risikofaktoren eingestuft werden, da sie häufig einseitige Swap-Positionen umfassen. Ein Altersversorgungssystem teilte der ESMA mit, dass seine zusätzlichen Liquiditätsaufschläge auf Ersteinschusszahlungen so bedeutend sein könnten, dass gegebenenfalls eine Obergrenze für die Anzahl der zu clearenden Swaps festgelegt werden könnte.
II)Auswirkungen auf die Höhe der Barmittel
Wenn die Frist für die Befreiung von der Pflicht zum zentralen Clearing ausläuft, könnten Altersversorgungssysteme gezwungen sein, Barmittel für potenzielle Nachschussforderungen bereitzustellen. Im Falle von Risikopositionen aus Derivaten verringert sich dadurch das Gegenparteiausfallrisiko, gleichzeitig erhöht sich jedoch das Liquiditätsrisiko. In dem vorherrschenden Niedrigzinsumfeld sind Bestände an Barmitteln und anderen liquiden Mitteln immer teurer geworden. Im Falle von Investmentfonds hat dies Anreize geschaffen, solche Bestände zu reduzieren. Die öffentliche Konsultation ergab, dass einige Pensionsfonds etwa 2 % der Vermögenswerte in bar halten, während andere die Strategie verfolgen, gar keine Barmittel zu halten. Aus dem Bericht der ESMA, in dem die Rückmeldungen aus der öffentlichen Konsultation berücksichtigt sind, geht hervor, dass ein Altersversorgungssystem 7,8 % seiner Vermögenswerte in einem liquiden Portfolio halten müsste, um 99,8 % der Nachschussforderungen nachkommen zu können, wobei von der Annahme ausgegangen wird, dass 30 % seiner Barmittel innerhalb eines Tages verfügbar sind. Dieser Anteil würde auf 10,9 % ansteigen, wenn ein Altersversorgungssystem in der Lage sein möchte, 99,95 % der Nachschussforderungen nachzukommen, und auf 5,3 % sinken, wenn es in der Lage sein möchte, 99 % der Forderungen zu erfüllen.
III)Potenzieller Rückgang der Rendite
Wenn Altersversorgungssysteme zusätzliche Barmittel für potenzielle Nachschussforderungen bereitstellen, würde dies zu einer Verringerung der jährlichen Renditen führen. Dem ESMA-Bericht zufolge könnte sich die jährliche Rendite im derzeitigen Niedrigzinsumfeld um etwa 0,17 % bis 0,33 % jährlich verringern (bei einer Rendite von rund 3,17 %), wenn ein Altersversorgungssystem 5 % bis 10 % seines Anlageportfolios in bar vorhalten müsste. Legt man stattdessen historische Renditen zugrunde (etwa 6 % für die niederländische Altersversorgungsbranche in den letzten 15 Jahren auf der Basis von Daten der OECD), läge der Rückgang bei 0,3 bis 0,6 %.
Andere Vermögensverwalter, die an der Konsultation teilnahmen, gaben an, dass ihre Kunden aus der Altersversorgung bereits über einen beträchtlichen Liquiditätspuffer verfügten, sodass die Kosten für die Finanzierung eines vorübergehend hohen Liquiditätsbedarfs für sie sehr gering wären.
In diesem Zusammenhang sollte auch berücksichtigt werden, dass die Pensionsfonds mit einer lang anhaltenden Niedrigzinsphase rechnen müssen und kaum in der Lage sein werden, die historischen Renditen zu erreichen. Auch wenn die jüngsten geldpolitischen Maßnahmen der Zentralbanken die deutlichen Kursrückgänge umgekehrt haben, so müssen sich die Pensionsfonds mittel- bis langfristig auf ein niedrigeres Zinsniveau einstellen. Die Herausforderung wird darin bestehen, die historischen Renditen in einem potenziell volatilen Niedrigzinsumfeld zu erreichen. In einem solchen Szenario könnte sich selbst ein moderater Rückgang der Rendite ungünstig auf die Erträge für Rentenempfänger auswirken. So zeigt die Analyse der EZB beispielsweise, dass bei Fortbestehen des derzeitigen Zinsumfelds im Falle von Versicherern die durchschnittlichen Kuponeinnahmen voraussichtlich von 2,8 % im Jahr 2019 auf 1,7 % im Jahr 2030 sinken werden, da Wertpapiere mit höheren Renditen fällig werden. Zudem wird davon ausgegangen, dass die garantierten Zinssätze sinken werden.
IV)Auswirkungen auf die Liquidität bei angespannten Marktbedingungen
Der Liquiditätsbedarf der Altersversorgungssysteme für Nachschussleistungen unter einem Stressszenario auf der Grundlage einer Zinssatzänderung von 1 % wurde im ersten Bericht der Kommission erörtert, in dem Daten aus einer Studie, die im Jahr 2014 von Europe Economics and Bourse Consult vorgelegt wurde, und jüngsten Analysen vom Eurosystem zu diesem Thema zusammengefasst wurden. Eine Erhöhung der Zinssätze würde zu Nachschussforderungen der CCPs auf Zinsswap-Portfolios von Pensionsfonds führen. Am Beispiel niederländischer Pensionsfonds (die dem Eurosystem vorliegenden Daten zufolge etwa 89 % der Zinsswaps der Pensionsfonds des Euro-Währungsgebiets halten) simulierte das Eurosystem die Auswirkungen einer eintägigen Parallelverschiebung der Zinskurve um mehr als 100 Basispunkte. Unter dem simulierten Stressszenario könnten die Nachschussforderungen auf Zinsswaps niederländischer Pensionsfonds zwischen 36 Mrd. EUR und 47 Mrd. EUR liegen, was zu einem aggregierten Barmitteldefizit von 6 Mrd. EUR bis 15 Mrd. EUR führen würde (für alle Pensionsfonds im Euro-Währungsgebiet könnte es sich auf bis zu 17 Mrd. EUR belaufen). Wird der obere Schätzwert zugrunde gelegt, würden 55 % der niederländischen Pensionsfonds nicht über ausreichende Barmittel verfügen, um ihren Nachschussforderungen nachzukommen. Das Defizit würde sich auf eine kleine Anzahl von Fonds mit relativ niedrigen Nachschussleistungen konzentrieren.
Diesbezügliche Rückmeldungen aus der öffentlichen Konsultation der ESMA zeigen, dass bei einer Verschiebung der Zinskurve um 100 Basispunkte die Anforderung in Bezug auf Barnachschüsse für alle niederländischen, dänischen und irischen Altersversorgungssysteme, die Swaps verwenden, etwa 95 Mrd. EUR betragen würde.
Während der jüngsten COVID-19-bedingten Turbulenzen an den Finanzmärkten stiegen die täglichen Nachschussforderungen auf Derivatpositionen der Fonds um das Fünffache. Am Beispiel von Investmentfonds und auf der Grundlage der teilweisen Meldung von Nachschussleistungen gemäß der EMIR stiegen die täglichen Nachschussforderungen gegenüber Fonds des Euro-Währungsgebiets von etwa 2 Mrd. EUR in der ersten Februarhälfte 2020 auf über 10 Mrd. EUR in der Woche ab dem 16. März 2020 an. Der höchste Anstieg (etwa um das 6,5fache) wurde für Portfolios gemeldet, die sich aus Eigenkapitalderivaten zusammensetzen, gefolgt von Zinsderivaten (Anstieg um das Fünffache) – die von Altersversorgungssystemen besonders häufig gehalten werden – und Währungsportfolios (Anstieg um das Vierfache). Es gibt Hinweise darauf, dass einige Versicherer und Pensionsfonds im Euro-Währungsgebiet Anteile an Geldmarktfonds liquidiert haben, um Nachschussforderungen nachzukommen.
Offenbar war eine beträchtliche Anzahl von Investmentfonds im Euro-Währungsgebiet von Liquiditätsengpässen aufgrund der hohen Nachschussforderungen betroffen, denen sie jedoch im Allgemeinen nachkommen konnten. Die Zinssenkungen und die Anleihekaufprogramme der Zentralbanken trugen dazu bei, die Marktteilnehmer, einschließlich Pensionsfonds, von einigen der schlimmsten potenziellen Auswirkungen der Krise abzuschirmen. Darüber hinaus konnten Fonds während der Turbulenzen offenbar durch Repo-Geschäfte, den Verkauf von Vermögenswerten (z. B. Anteile an Geldmarktfonds) oder die Inanspruchnahme von Kreditlinien Barmittel beschaffen. Wie aus dem ersten Bericht der Kommission hervorgeht, hatten Pensionsfonds jedoch Probleme, sich mit Liquidität zu versorgen.
Nach der vorstehenden Analyse würde unter der Annahme, dass Altersversorgungssysteme ihren zusätzlichen Barmittelbedarf unter dem dargestellten Stressszenario über den Repo-Markt decken könnten, der Liquiditätsbedarf der Altersversorgungssysteme im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zu den ausstehenden Beträgen für Reverse-Repo-Geschäfte (anhand der Gesamtgröße des europäischen Repo-Markts annähernd geschätzt) gering bleiben. Die ausstehenden Beträge der Reverse-Repo-Geschäfte beliefen sich im Dezember 2019 auf etwa 1,9 Bio. EUR. Unter der Annahme, dass andere Altersversorgungssysteme im Euro-Währungsgebiet einen ähnlichen Liquiditätsbedarf haben wie niederländische Altersversorgungssysteme, würde der Liquiditätsbedarf für alle Altersversorgungssysteme im Euro-Währungsgebiet voraussichtlich unter 2 % der insgesamt ausstehenden Beträge für Reverse-Repo-Geschäfte bleiben.
Der ESMA und Angaben der ICMA zufolge hat sich der europäische Repo-Markt während der COVID-19-bedingten Marktturbulenzen insgesamt bewährt. Dennoch standen die Repo-Märkte auf dem Höhepunkt der Krise im Februar/März vor widrigen Marktbedingungen, als die Nachfrage nach dem Zugang zum Repo-Markt stieg und die Händler, die diesen Zugang vermitteln, Mühe hatten, mit der Kundennachfrage Schritt zu halten. Dadurch wurde der Zugang zum Repo-Markt, der für die Verwaltung der Innertagesliquidität und der Sicherheiten erforderlich war, für viele Unternehmen möglicherweise eingeschränkt. Einigen Quellen zufolge beeinträchtigte ein illiquider Geldmarkt die Liquiditätsvermittlung von Banken an Nichtbanken. Der ESMA zufolge funktionierten die Märkte für geclearte Repo-Produkte während der Krise effizient und effektiv und boten einen fortgesetzten Zugang zu Derivaten – wenn auch nicht ohne einen deutlichen Anstieg der Nachschussforderungen.
In Zukunft dürften die Repo-Märkte weiterhin eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Herausforderung des zentralen Clearings spielen; die Beteiligung von Pensionsfonds an den Repo-Märkten in Europa bleibt jedoch verhalten, insbesondere im Vergleich zu den USA.
3.3 Im Rahmen der öffentlichen Konsultation vorgeschlagene Initiativen
Um Fortschritte beim zentralen Clearing für Altersversorgungssysteme zu erzielen, schlugen die Teilnehmer der öffentlichen Konsultation einige Initiativen vor, wie aus dem Bericht der ESMA hervorgeht. Diese Initiativen zielen vor allem darauf ab, die derzeit von Altersversorgungssystemen verwendeten Lösungen für das zentrale Clearing, d. h. das Kunden-Clearing und die Modelle der CCPs für einen erleichterten Zugang, zu verbessern. Die nächsten Schritte dieser Initiativen sollten sich auf diese beiden Lösungen konzentrieren.
Was das Kunden-Clearing betrifft, so zeigen die im Bericht der ESMA enthaltenen Informationen und die Erörterungen in der von der Kommission eingerichteten Sachverständigengruppe, dass eine Verbesserung der Fähigkeit der Clearingmitglieder, ihren direkten Kunden Dienstleistungen zur Umwandlung von Sicherheiten anzubieten, im Bedarfsfall den Zugang der Altersversorgungssysteme zu Liquidität verbessern würde. Die Banken sind gut aufgestellt, die Umwandlung von Sicherheiten durchzuführen, und tun dies seit Langem.
Wie aus dem Bericht der ESMA hervorgeht, wiesen die Banken auf einige Beschränkungen hin, die es ihnen und Altersversorgungssystemen erschweren, die Clearingpflicht für Altersversorgungssysteme zu unterstützen. Diese Beschränkungen beziehen sich vor allem auf die Verschuldungsquote, die risikogewichteten Aktiva und die Finanzierung. Der auf der öffentlichen Konsultation basierende Bericht der ESMA zeigt insbesondere, dass eine günstigere Eigenmittelbehandlung für Repo-Geschäfte/Reverse-Repo-Geschäfte dazu beitragen würde, das Repo-Geschäft anzukurbeln.
Einige große Altersversorgungssysteme verwenden bereits von CCPs angebotene Modelle für einen erleichterten Zugang, um sich Zugang zum Markt für geclearte Repo-Produkte zu verschaffen. Nach Ansicht der an der öffentlichen Konsultation teilnehmenden CCPs wäre ein klares Signal der Regulierungsbehörden in Form regulatorischer Anpassungen und eines eindeutigen Ablaufens der Frist für die Befreiung von der Pflicht zum zentralen Clearing erforderlich, damit eine solche Lösung breitere Verwendung findet. Einige Vermögensverwalter, die große Altersversorgungssysteme zu ihren Kunden zählen, bezeichneten diese Arten von Modellen als erfreuliche Entwicklung, und einige Teilnehmer wiesen darauf hin, dass sich die EU-Märkte für geclearte Repo-Produkte im Laufe der Jahre auch in Stressphasen in Bezug auf die verfügbare Liquidität als verlässlich erwiesen hätten. Um den Bedürfnissen der Altersversorgungssysteme besser gerecht zu werden, könnten weitere operative Verbesserungen an solchen CCP-Lösungen vorgenommen werden: Aus Stellungnahmen der CCP zu der Konsultation ging hervor, dass weitere Verbesserungen in Betracht gezogen werden könnten.
Die Teilnehmer der Konsultation schlugen daher eine Reihe von Regulierungsmaßnahmen vor. Im Bericht der ESMA werden insbesondere die folgenden Vorschläge von Interessenträgern genannt:
-eine günstigere Behandlung von Repo-Geschäften/Reverse-Repo-Geschäften im Zusammenhang mit der Verschuldungsquote;
-eine neu kalibrierte Methode für die Berechnung der Verschuldungsquote, um zu vermeiden, dass die Banken zu bestimmten Meldefristen im Laufe des Jahres kosmetische Korrekturen vornehmen;
-Erwägung der Einführung einer speziellen Kategorie von Risikopositionen für Pensionsfonds mit geringeren Risikogewichten (die ihrer hohen Bonität besser Rechnung tragen);
-besondere Berücksichtigung der Rolle der Clearingstellen (Banken, die Altersversorgungssystemen den Zugang zu CCPs im Rahmen der Modelle für einen erleichterten Zugang ermöglichen) in der Bankenaufsicht;
-Erwägung nach Solvabilität II, Altersversorgungssystemen und Versicherungsunternehmen, die direkte Mitglieder einer CCP sind, im Zusammenhang mit Modellen für einen erleichterten Zugang dieselbe günstigere Behandlung zu gewähren, wie sie Clearingmitglieder gemäß der CRR erhalten;
-weitere regulatorische Änderungen in Bezug auf OGAW und AIF mit dem Ziel, ein zentrales Clearing für die Käuferseite zu fördern.
Darüber hinaus unterbreitete der ESRB Vorschläge zur Verbesserung des Liquiditätsrisikorahmens unter anderem für Altersversorgungssysteme, auch durch die Einrichtung eines spezifischen Liquiditätspuffers in bestimmten Fällen.