EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 14.12.2020
COM(2020) 793 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION
über die Überprüfung der Europäischen Union im Rahmen des Mechanismus für die Überprüfung der Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption (UNCAC)
I. Kontext und Hintergrundinformationen
Die Europäische Union stützt sich auf gemeinsame Werte, zu denen die Achtung der Menschenrechte, Demokratie, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit gehören. Korruption untergräbt das Funktionieren des Staates und der Behörden auf allen Ebenen und ist ein entscheidender Faktor für organisierte Kriminalität. Wirksame Rahmen für die Korruptionsbekämpfung sowie Transparenz und Integrität bei der Ausübung staatlicher Befugnisse können die Rechtssysteme und das Vertrauen in die Behörden stärken. Diese Mitteilung stärkt und ergänzt andere EU-Instrumente und die Bemühungen der Kommission zur Korruptionsbekämpfung. Wie die Kommission in ihrem ersten Bericht über die Rechtsstaatlichkeit, der in diesem Jahr angenommen wurde, darlegt, ist die Korruptionsbekämpfung von wesentlicher Bedeutung für die Aufrechterhaltung der Rechtsstaatlichkeit. Angesichts ihrer Bedeutung ist sie zudem eine der vier Säulen des Berichts. Eine starke Rechtsstaatlichkeits- und Korruptionsbekämpfungskultur ist das Ergebnis des Vertrauens der Bürger, dass Integrität die Norm ist und dass die Einhaltung der Gesetze gewährleistet ist.
Die EU hat bei zahlreichen Gelegenheiten ihr Engagement für die Überprüfung betont. Sowohl das Europäische Parlament als auch der Rat haben die Notwendigkeit betont, die führende Rolle der EU im weltweiten Kampf gegen Korruption zu stärken und die Überprüfung im Rahmen des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption (UNCAC, im Folgenden „Übereinkommen“) voranzutreiben. Das Europäische Parlament und der Rat haben ausdrücklich in Erinnerung gerufen, wie wichtig es ist, dass die EU ihrer Überprüfungspflicht nachkommt.
Die EU ist dem Übereinkommen im Jahr 2008 beigetreten. Dieses ist der umfassendste internationale Vertrag zur Korruptionsbekämpfung sowohl hinsichtlich des geografischen Geltungsbereichs (187 Vertragsparteien) als auch der abgedeckten Aspekte. Alle EU-Mitgliedstaaten sind Vertragsparteien des Übereinkommens. Die EU hat auch maßgeblich an der am 1. Juni 2020 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedeten Resolution zur Bekämpfung der Korruption mitgewirkt. Diese Resolution eröffnete den Weg für eine Sondertagung der VN-Generalversammlung, die für Juni 2021 geplant ist und in deren Rahmen Herausforderungen und Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Korruption und Stärkung der internationalen Zusammenarbeit behandelt werden sollen.
Das Übereinkommen ist zudem das einzige rechtsverbindliche, universelle und internationale Instrument zur Korruptionsbekämpfung. Es umfasst fünf Bereiche: vorbeugende Maßnahmen (Kapitel II), Kriminalisierung und Strafverfolgung (Kapitel III), internationale Zusammenarbeit (Kapitel IV), Wiedererlangung von Vermögenswerten (Kapitel V) sowie technische Hilfe und Informationsaustausch (Kapitel VI). Im Übereinkommen wird die Korruptionsbekämpfung im weiteren Sinne behandelt, und die darin enthaltenen Bestimmungen decken verschiedene Formen der Korruption wie etwa Bestechung, missbräuchliche Einflussnahme, missbräuchliche Wahrnehmung von Aufgaben sowie andere Korruptionsdelikte sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor ab. Durch das Übereinkommen wird eine Reihe von Normen, Maßnahmen und Vorschriften eingeführt, die Länder anwenden können, um ihre Rechts- und Regulierungsrahmen im Hinblick auf die Bekämpfung von Korruption zu stärken. Zu den Hauptzielen im Übereinkommen zählen: die Verstärkung von Maßnahmen zur effizienteren und wirksameren Prävention und Bekämpfung von Korruption, die Förderung der Integrität, der Rechenschaftspflicht und der ordnungsgemäßen Verwaltung öffentlicher Angelegenheiten und öffentlicher Vermögensgegenstände, sowie die Erleichterung und Unterstützung der internationalen Zusammenarbeit und technischen Hilfe bei der Bekämpfung von Korruption.
Es ist von entscheidender Bedeutung die Autorität der EU im Kampf gegen die Korruption zu stärken und dementsprechend sicherzustellen, dass die noch ausstehenden Verpflichtungen der EU aus dem Übereinkommen bis zum Zeitpunkt der Sondertagung der VN-Generalversammlung (UNGASS) angegangen werden. Das erfordert die Teilnahme an der Überprüfung der Umsetzung.
Im November 2009 nahm die Konferenz der Vertragsstaaten, das beschlussfassende Organ des Übereinkommens, die Resolution 3/1 an, mit der ein Mechanismus für die Überprüfung der Umsetzung des Übereinkommens eingerichtet wurde. Die EU unterstützte die Einrichtung dieses Mechanismus für die Überprüfung der Umsetzung. Gemäß Resolution 3/1 müssen sich die Vertragsstaaten einer Überprüfung der Umsetzung des Übereinkommens unterziehen. Der auf einem Peer-Review basierende Mechanismus mündet in eine Bewertung, in deren Rahmen abgeschätzt wird, inwiefern die Vorschriften und Praktiken jedes Vertragsstaats mit den Grundsätzen, Zielen und Anforderungen des Übereinkommens übereinstimmen. Diese Bewertungen tragen dazu bei, Mängel in nationalen Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung zu ermitteln und die notwendigen legislativen, institutionellen und praktischen Reformen in die Wege zu leiten.
Von der Union geschlossene internationale Übereinkünfte binden die Organe der Union und die Mitgliedstaaten, und der im Rahmen dieses Übereinkommens eingerichtete Überprüfungsmechanismus ist für alle Vertragsparteien verbindlich. Daher gilt die Überprüfungsverpflichtung auch für die Europäische Union. Die einzigartige Stellung der Europäischen Union als einzige Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration, die Vertragspartei des Übereinkommens ist, macht die Modalitäten für die Teilnahme der EU an der Überprüfung jedoch etwas komplizierter.
Gemäß Artikel 17 des Vertrags über die Europäische Union übt die Kommission im Zusammenhang mit der Umsetzung internationaler Übereinkünfte, deren Vertragspartei die Union ist, Koordinierungs-, Exekutiv- und Verwaltungsfunktionen aus und nimmt die Vertretung der Union nach außen wahr. Sie ist daher dafür verantwortlich, den Überprüfungsprozesses im Rahmen des Übereinkommens so zu steuern, dass sichergestellt wird, dass die Union ihren Pflichten aus dem Übereinkommen nachkommt
In dieser Mitteilung wird daher der Ansatz der Kommission in Bezug auf die Überprüfung dargelegt. Die Union in ihrer Gesamtheit ist verpflichtet, das Übereinkommen umzusetzen und sich somit der im Rahmen des Übereinkommens festgelegten Überprüfung zu unterziehen. Dieses von der Kommission zu koordinierende Verfahren erfordert die Einbeziehung aller einschlägigen Organe der Union sowie gegebenenfalls bestimmter Agenturen oder Einrichtungen, je nach den Aufgaben, die ihnen durch die Verträge oder Rechtsvorschriften der Union in dem für das Übereinkommen relevanten Bereich übertragen wurden. Ihre Einbeziehung sollte in Fragen, die das Funktionieren der einzelnen Organe betreffen, im Einklang mit dem Grundsatz der Verwaltungsautonomie jedes Organs erfolgen.
Die Kommission hat die Auswirkungen analysiert, die sich aus dem einzigartigen Status der EU als Vertragspartei des Übereinkommens, die eine Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration ist, ergeben. Zur Durchführung der Überprüfung muss zunächst die Zuständigkeitserklärung aktualisiert werden, um den rechtlichen Folgen des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon Rechnung zu tragen (siehe Abschnitt II). Hinsichtlich der praktischen Modalitäten der Überprüfung müssten einige notwendige Anpassungen vorgenommen werden, um der Europäischen Union die Beteiligung an der Überprüfung zu ermöglichen (siehe Abschnitte III, IV und V).
II. Aktualisierung der Zuständigkeitserklärung
Im Übereinkommen ist vorgesehen, dass die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde einer Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration eine Erklärung über den Umfang ihrer Zuständigkeiten enthält. Die Erklärung betreffend die Zuständigkeiten der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die durch das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption erfassten Angelegenheiten wurde dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zum Zeitpunkt des Abschlusses des Übereinkommens durch die Union ordnungsgemäß übermittelt. Artikel 67 Absatz 3 des Übereinkommens sieht außerdem vor, dass die betreffende regionale Organisation jede maßgebliche Änderung des Umfangs ihrer Zuständigkeiten dem Verwahrer mitteilt.
Mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon haben sich Umfang und Ausübung der Zuständigkeiten der Union zu einem gewissen Grad verändert. Zum Beispiel hat die EU im Rahmen von Titel V AEUV neue Zuständigkeiten erhalten (Artikel 82 und 83 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union). Der Generalsekretär der Vereinten Nationen muss daher über diese Entwicklungen in Kenntnis gesetzt werden.
Maßnahme 1: Die Kommission unternimmt die erforderlichen Schritte, um den Generalsekretär der Vereinten Nationen vor der Einleitung der Überprüfung über relevante Änderungen des Umfangs der Zuständigkeiten der Union in Kenntnis zu setzen
III. Einleitung der Überprüfung der EU im Rahmen des Übereinkommens
Jede Vertragspartei wird von zwei anderen Vertragsstaaten des Übereinkommens überprüft, und die Auswahl der Vertragsparteien, die die Überprüfung durchführen, erfolgt nach dem Losverfahren. Jede Vertragspartei muss auch Überprüfungen durchführen. Die Auswahl der überprüfenden Vertragsparteien im Losverfahren kann bei jeder Tagung der Gruppe zur Umsetzungsüberprüfung erfolgen. Die Überprüfung wird förmlich eingeleitet, wenn das Sekretariat des Übereinkommens (UNODC) die zu überprüfende Vertragspartei über den Beginn der Durchführung der Länderüberprüfung informiert. Die Vertragsparteien müssen auch eine Kontaktstelle angeben, die ihre Teilnahme an der Überprüfung koordiniert und darüber hinaus eine Liste der Regierungssachverständigen für die Überprüfung mitteilen (wenn die Vertragspartei die Überprüfung anderer Vertragsparteien durchführt).
Maßnahme 2: Die Kommission ist der Ansicht, dass die EU ihre Bereitschaft zur Einleitung der Überprüfung der Umsetzung so bald wie möglich vor der Sondertagung der VN-Generalversammlung im Jahr 2021 bekannt geben sollte, und wird nach Anhörung des Rates die diesbezügliche Erklärung der EU vorbereiten.
Die Kommission wird als EU-Kontaktstelle für die Umsetzungsüberprüfung der EU fungieren.
Die Kommission wird die anderen Organe ersuchen, Sachverständige für die Überprüfung anderer Vertragsparteien zu benennen.
IV. Modalitäten und Organisation der Überprüfung der EU
Die Konferenz der Vertragsstaaten nahm im Jahr 2009 die Eckwerte des Mechanismus für die Überprüfung der Umsetzung des Übereinkommens an und richtete die Gruppe zur Umsetzungsüberprüfung ein, die die Überprüfung unter der Aufsicht der Konferenz überwacht. Die Vertragsparteien werden gemäß den Eckwerten des Mechanismus für die Überprüfung der Umsetzung des Übereinkommens bewertet. Das Sekretariat hat einen Musterzeitplan für den Abschluss der Überprüfung ausgearbeitet.
Für jeden Zyklus wird die überprüfte Vertragspartei aufgefordert, eine Selbstbewertung auszuarbeiten und zu übermitteln, die als Grundlage für die Durchführung der Überprüfung dient.
Die Umsetzungsüberprüfung im Rahmen des Übereinkommens erfolgt in zwei Zyklen:
·In Zyklus 1 wird der Schwerpunkt auf Kriminalisierung und Strafverfolgung (Kapitel III) und internationale Zusammenarbeit (Kapitel IV) gelegt und Berichterstattung über a) Straftaten und Strafverfolgung, b) Zeugen-, Sachverständigen-, Opfer- und Hinweisgeberschutz, c) Folgen von Korruptionshandlungen, d) Zusammenarbeit innerhalb und zwischen internationalen Organisationen, e) Zusammenarbeit internationaler Organisationen mit der EU und den Mitgliedstaaten und f) gemeinsame Ermittlungen umfassen.
·Der Zyklus 2 deckt die Bereiche Wiedererlangung von Vermögenswerten (Kapitel V) und vorbeugende Maßnahmen (Kapitel II), einschließlich Strafverfolgung und Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Vergabewesens, ab.
Demzufolge beginnt die Überprüfung mit Zyklus 1, gefolgt von Zyklus 2.
Der Umfang der Selbstbewertung deckt, abhängig vom jeweiligen Zyklus, jene Bereiche ab, die in Bezug auf die vom Übereinkommen erfassten Angelegenheiten unmittelbare Bedeutung für die EU und ihre Organe (und Personal) haben, wie etwa vorbeugende Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung, internationale Zusammenarbeit und Wiedererlangung von Vermögenswerten.
Die Selbstbewertung der EU wird sich nicht mit Fragen bezüglich der Umsetzung des EU-Rechts durch die Mitgliedstaaten befassen, die Gegenstand eigener Überprüfungsverfahren sind, sondern vielmehr die Verpflichtungen der EU-Organe darlegen, die sich aus den Verträgen und den einschlägigen EU-Rechtsvorschriften ergeben.
Maßnahme 3: Die Kommission bereitet die Selbstbewertung der EU für jeden Zyklus in enger Abstimmung mit allen betroffenen EU-Organen vor. Alle betroffenen Organe müssen rechtzeitig Beiträge zur Selbstbewertung liefern und bestimmen die Inhalte in Bezug auf sich selbst.
2. Aktenprüfung und Vor-Ort-Besuch
Sobald die Selbstbewertung übermittelt wurde, führen die begutachtenden Sachverständigen eine Aktenprüfung der abgeschlossenen Selbstbewertung durch. Sofern die überprüfte Vertragspartei zustimmt, kann die Aktenprüfung im Geiste eines konstruktiven Dialogs durch verschiedene Formen des direkten Dialogs wie Länderbesuche oder gemeinsame Treffen im Büro der Vereinten Nationen in Wien ergänzt werden. Im Rahmen des mit Unterstützung des Sekretariats durchgeführten Vor-Ort-Besuchs werden Treffen der Sachverständigen der Vertragsparteien, die die Überprüfung vornehmen, mit denen der überprüften Vertragspartei abgehalten. Interessenträger werden ermutigt, an diesen Besuchen auf Sachverständigenebene teilzunehmen. Bei diesen Treffen sollen bestimmte Aspekte der übermittelten Antwort geklärt und gegebenenfalls zusätzliche Informationen gesammelt werden. Wie im Dokument zu den Eckwerten des Mechanismus für die Überprüfung vorgesehen, wahren die Vertragsstaaten, die die Überprüfung durchführen, und das Sekretariat die Vertraulichkeit aller Informationen, die sie im Verlauf der Länderüberprüfung erlangt oder in diesen Rahmen genutzt haben.
3. Veröffentlichung des Bewertungsberichts und allgemeine Transparenzverpflichtungen
Maßnahme 5: Die Kommission wird zu gegebener Zeit die anderen Organe in Bezug auf die Veröffentlichung des vollständigen Überprüfungsberichts und des Selbstbewertungsberichts konsultieren.
Die UNCAC-Koalition führte im Jahr 2014 eine Transparenzverpflichtung ein. Die Verpflichtung umfasst sechs Transparenzgrundsätze. Mehrere EU-Mitgliedstaaten sind Unterzeichner. Die Kommission wird die EU bei der Einhaltung der Transparenzverpflichtung unterstützen. Gemäß dieser Transparenzverpflichtung sollte der vollständige Bericht veröffentlicht werden.