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Document 52020DC0494

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Erster Bericht über die Umsetzung des Mehrjahresplans für die Bestände von Dorsch, Hering und Sprotte in der Ostsee und die Fischereien, die diese Bestände befischen

COM/2020/494 final

Brüssel, den 14.9.2020

COM(2020) 494 final

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

Erster Bericht über die Umsetzung des Mehrjahresplans für die Bestände von Dorsch, Hering und Sprotte in der Ostsee und die Fischereien, die diese Bestände befischen

{SWD(2020) 171 final}


SCHLUSSFOLGERUNGEN

Die Entwicklung der Meeresumwelt der Ostsee und des Fischbestands in der Ostsee ist durch langfristige Tendenzen geprägt, die bis in eine Zeit lange vor Inkrafttreten des Mehrjahresplans 2016 zurückreichen. Die Wurzeln und Ursachen dafür, wie sich Fischereien in der Ostsee entwickelt haben, reichen viele Jahre zurück. Ihre Entwicklung verlief jahrelang verhalten positiv. Doch heute droht bestimmten Beständen, in erster Linie dem Dorsch in der östlichen Ostsee, der Zusammenbruch, was durch Einflüsse aus einer Zeit lange vor 2016 bedingt ist. Zwar hat sich der Befischungsdruck mit der Umsetzung des Mehrjahresplans seit 2016 verringert, doch überwiegen für bestimmte Bestände jetzt andere Mortalitätsfaktoren. Im Fall des Dorsches in der östlichen Ostsee beispielsweise sind Wissenschaftler der Auffassung, dass aufgrund von Umweltbelastungen dreimal mehr Fische sterben als durch die eigentliche Fangtätigkeit.

Die konsultierten Interessenträger und Mitgliedstaaten vertreten unterschiedliche Standpunkte in Bezug auf den Mehrjahresplan. Die Mitgliedstaaten halten eine Bewertung der Auswirkungen des Mehrjahresplans für verfrüht, sehen jedoch ein Potenzial dafür, dass der Mehrjahresplan zu einem wichtigeren Instrument für die Bestandsbewirtschaftung wird, denn er umfasst alles, was für die Erreichung der entsprechenden Ziele notwendig ist. Der Beirat für die Ostsee (Baltic Sea Advisory Council, BSAC) und seine Mitglieder stehen ihm jedoch weitgehend negativ gegenüber. Die Fischwirtschaft würde unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine breitere Anwendung der oberen FMSY-Spannen befürworten. Die bisherigen Erfahrungen zeigen allerdings, dass ein überhöhter fischereilicher Druck auf Bestände, die nicht gesund sind, kurzsichtig ist und zu Überfischung und erschöpften Fischgründen führt. Hingegen stehen nach Auffassung von Nichtregierungsorganisationen (NRO) die oberen Spannen nicht in Einklang mit dem höchstmöglichen Dauerertrag (maximum sustainable yield, MSY). Die Kommission stimmt dieser Auffassung nicht zu, da die gesamte Spanne dem MSY entspricht; dabei handelt es sich um ein nachhaltiges wirtschaftliches Konzept, auf das sich die Mitgesetzgeber 2014 verständigten.

Die Kommission ist der Auffassung, dass sich der Mehrjahresplan für die Ostsee 1 als ein nützliches Instrument für die Umsetzung der Gemeinsamen Fischereipolitik, 2 insbesondere für die Festsetzung von Fangmöglichkeiten, erwiesen hat. Er enthält transparente Vorschriften für eine regional angepasste Bestandsbewirtschaftung. Für Fischbestände, bei denen eine Bewertung anhand einer guten Datengrundlage (bzw. eine Bewertung des MSY) vorgenommen wurde, werden im Plan Obergrenzen für jährliche zulässige Gesamtfangmengen (total allowable catches, TAC) festgesetzt, während zugleich ein gewisses Maß an Flexibilität für gesunde Bestände ermöglicht wird. Für Bestände, die unter Druck geraten sind und so wenig Fische im Meer haben, dass sie unter gefährliche Mindestgrenzen absinken, wird im Rahmen des Plans ein Sicherheitsnetz geschaffen. Das Sicherheitsnetz sorgt dafür, dass die Quoten für Bestände, die unter Druck stehen, auf ein Minimum reduziert und zusätzliche Abhilfemaßnahmen für ihre Wiederauffüllung ergriffen werden.

Die Kommission ist der Auffassung, dass die nachhaltigen und bisweilen schwierigen Entscheidungen des Rates in Bezug auf die Bestände in der Ostsee aufgrund des Rahmens des Mehrjahresplans, mit dem ein Sicherheitsnetz und Flexibilität geschaffen werden, ermöglicht wurden. Ohne einen Mehrjahresplan wäre es äußerst schwierig gewesen, sich auf Abhilfemaßnahmen für eine Erholung für Bestände, die unter den Grenzwert abgefallen waren, zu verständigen, und die Quoten wären vermutlich auf einem höheren Niveau festgesetzt worden. Andererseits wurde im Mehrjahresplan auch eine gewisse Flexibilität für gesunde Bestände zugestanden, indem auf die obere FMSY-Spanne als Puffer gegen erhebliche Reduzierungen von Fangquoten zurückgegriffen werden darf. Mit dem Mehrjahresplan wurde sichergestellt, dass heute alle Fischereien entweder in Einklang mit dem MSY bewirtschaftet oder aber Maßnahmen ergriffen werden, mit denen sie wieder auf MSY-Niveau angehoben werden; damit wurde die Grundlage für eine langfristige Rentabilität des Fischereiwesens und damit zusammenhängenden Bereichen gelegt.

Daher gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass der Mehrjahresplan ein stabiles, langfristiges Instrument zur Umsetzung der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) in der Ostsee darstellt, das mit weniger Unsicherheit bei der Festlegung von Fangquoten behaftet ist, Abhilfemaßnahmen für unter Druck geratene Bestände bereitstellt, den Prozess der Festlegung von Quoten für Interessenträger und Mitgliedstaaten transparenter macht und dem Fischereigewerbe die Möglichkeit bietet, seine Fischereien besser zu planen.

1.Einleitung

Die 2014 in der interinstitutionellen Taskforce getroffene Vereinbarung über Mehrjahrespläne zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat 3 hat den Weg für die Annahme des ersten Mehrjahresplans für die Ostsee im Jahr 2016 bereitet. Darin ist vorgesehen, dass die Kommission den Mitgesetzgebern über die Ergebnisse und Auswirkungen des Mehrjahresplans auf die Bestände und auf die Fischereien, die diese Bestände befischen, insbesondere in Bezug auf die Verwirklichung der Ziele des Mehrjahresplans, Bericht erstatten. Der vorliegende Bericht ist der erste Bericht dieser Art.

Die Ziele des Mehrjahresplans lauten wie folgt: Beitrag zur Verwirklichung der Ziele der GFP; Gewährleistung, dass Fischbestände so bewirtschaftet werden, dass sie wieder ein Niveau erreichen bzw. auf diesem verbleiben, das über dem Niveau liegt, auf dem der MSY erzielt werden kann; Beitrag zur Einstellung der Rückwürfe, indem unerwünschte Beifänge vermieden und minimiert werden, sowie zur Umsetzung der Pflicht zur Anlandung der betreffenden Arten und Anwendung eines ökosystembasierten Ansatzes, damit die negativen Auswirkungen der Fischerei auf die Umwelt auf ein Mindestmaß reduziert werden. Die Taskforce hat sich darauf verständigt und die Mitgesetzgeber haben in der Folge beschlossen, dass der Zielwert für die fischereiliche Sterblichkeit in Form eines Wertebereichs (mit Ober- und Untergrenzen) angegeben werden sollte, der mit dem Ziel des MSY vereinbar ist. Dabei ist zu beachten, dass die gesamte Spanne dem MSY entspricht, bei dem es sich um ein langfristiges wirtschaftliches Konzept handelt. Der Mehrjahresplan umfasst transparente Vorschriften für die Festlegung von Fangmöglichkeiten für Fischbestände zusammen mit einer Bewertung für die Erreichung des MSY. Er enthält darüber hinaus konkrete Vorschriften über die Kontrolle und die Übertragung der Befugnis an die Kommission, delegierte Rechtsakte zu Beifängen bestimmter Bestände, Ausnahmen von der Pflicht zur Anlandung und technischen Maßnahmen zu erlassen.

Der Mehrjahresplan erstreckt sich auf die Zielarten Dorsch, Hering und Sprotte sowie auf Beifänge von Scholle, Flunder, Steinbutt und Glattbutt 4 . Die Zielarten machen rund 95 % der Gesamtfangmengen in der Ostsee aus. 5 In den Verordnungen des Rates zur Festsetzung der jährlichen Fangmöglichkeiten in der Ostsee wurden jährliche TAC und nationale Quoten für die Zielbestände sowie für Scholle und Lachs festgelegt.

Der Mehrjahresplan wurde erstmals für die am 1. Januar 2017 beginnende Fangzeit angewendet. Als erster seiner Art diente der Mehrjahresplan für die Ostsee als Vorbild für die späteren Mehrjahrespläne für die Nordsee, die westlichen Gewässer und das westliche Mittelmeer. Dank der bei der Umsetzung des Mehrjahresplans für die Ostsee gewonnenen Erfahrungen konnten dieser Mehrjahresplan verbessert und die daran anknüpfenden Mehrjahrespläne erstellt werden.

Der vorliegende Bericht beruht auf dem jüngsten ICES-Gutachten für die entsprechenden Bestände in der Ostsee 6 , auf einem Ad-hoc-Sondergutachten, um das der ICES ersucht wurde 7 , auf der vom Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschusses für die Fischerei (Scientific, Technical and Economic Committee for Fisheries, STECF) 8 der Kommission erstellten Auswertung der nationalen Berichte aus dem Jahr 2018 über die Pflicht zur Anlandung 9 sowie auf Informationen der Kommission. Darüber hinaus wurden auch die Gruppe der Ostseeanrainer-Mitgliedstaaten (BALTFISH), der BSAC und seine Mitglieder konsultiert 10 . Daher werden in diesem Bericht die Entwicklungen in den entsprechenden Bereichen der Umsetzung des Mehrjahresplans dargestellt, und es wird versucht, Schlussfolgerungen nach drei vollen Jahren der Umsetzung (2017-2019) sowie über die im Rahmen des Mehrjahresplans für vier aufeinanderfolgende Jahre (2017-2020) festgelegten Fangmöglichkeiten zu ziehen.

2.Entwicklungen in einschlägigen Bereichen

Im Vordergrund des Berichts stehen die Entwicklungen seit 2016 in fünf Schwerpunktbereichen: Fangmengen, Rückwürfe, ökosystembasierter Ansatz, regionale Zusammenarbeit und sozioökonomische Aspekte.

2.1.Seit 2017 festgelegte Fangmöglichkeiten

Bis 2019 wurden sieben von acht Beständen einer MSY-Bewertung unterzogen – für den Dorsch in der östlichen Ostsee wurde eine solche Bewertung nicht durchgeführt. Im Jahr 2020 wurde auch der Hering im Bottnischen Meerbusen nicht mehr einer solchen Bewertung unterzogen.

In den vier Fällen, in denen seit Inkrafttreten des Mehrjahresplans im Juli 2016 TAC festgesetzt wurden, mussten insgesamt 32 TAC festgesetzt werden, die im Mehrjahresplan vorgesehen sind und von denen 24 einfache Fälle waren, während für acht TAC zusätzliche Kontextelemente erforderlich waren 11 .

Unter den 24 einfachen Fällen schlug die Kommission TAC in Höhe des Wertes des FMSY-Punktes bzw. in 23 Fällen innerhalb der unteren FMSY-Spanne vor. In einem Fall (Hering in der mittleren Ostsee für 2019) schlug die Kommission in Einklang mit dem Mehrjahresplan eine TAC vor, die dem Wert des oberen FMSY-Punktes entsprach; diesem Vorschlag schloss sich der Rat an. In den vorstehend genannten 24 Fällen schloss sich der Rat in 16 Fällen dem Vorschlag der Kommission an; in zwei Fällen beschloss er, TAC unterhalb des Kommissionsvorschlags (Sprotte für 2017 und Hering in der mittleren Ostsee für 2018) festzusetzen und in fünf Fällen hob er die TAC innerhalb der maßgeblichen FMSY-Spannen des Mehrjahresplans an (Hering im Rigaischen Meerbusen für 2017, Hering in der westlichen Ostsee und im Bottnischen Meerbusen für 2018, Dorsch in der westlichen Ostsee für 2019 und Sprotte für 2020). In einem Fall, der eine Beifangart betraf, hob er die TAC über die Empfehlung nach dem Vorsorgeansatz hinaus an (Scholle für 2018), während die TAC für alle anderen Jahre gemäß einer Kombination aus MSY-Gutachten und Empfehlungen im Rahmen des Vorsorgeansatzes festgelegt wurde.

Die acht Fälle, die einen besonderen Kontext aufwiesen, waren Dorsch in der westlichen Ostsee für 2017 und 2018, Hering in der westlichen Ostsee für 2019 und 2020 und Dorsch in der östlichen Ostsee über den gesamten Zeitraum. Darauf wird nachstehend näher eingegangen.

2.1.1.Dorsch in der westlichen Ostsee

Seit Jahren war bekannt, dass erhebliche Mengen Ostseedorsch in Gebiet 24 vorkamen, welches Teil des Dorschbewirtschaftungsgebiets in der westlichen Ostsee ist. Im Jahr 2015 konnte der ICES dieses Phänomen beziffern und legte verschiedene Optionen für die Bewirtschaftung vor. Diese Optionen wirkten sich unmittelbar auf die relative Stabilität aus, doch die Mitgliedstaaten des Ostseeraums konnten sich nicht auf eine Lösung einigen. In beiden Fällen schlug die Kommission anschließend auf der Grundlage des Vorkommens von Dorsch sowohl in der östlichen als auch der westlichen Ostsee im Bewirtschaftungsgebiet eine TAC in Höhe des Wertes des FMSY-Punktes vor (was einer Reduzierung um 35 % bzw. um 88 % gegenüber der TAC des Vorjahres entsprach). Der Rat setzte die TAC für 2017 fest, indem er sie gegenüber der TAC 2016 um 56 % senkte. Für 2018 trug die Kommission erneut dem Vorkommen von zwei Dorschbeständen Rechnung und schlug die Beibehaltung der TAC 2017 vor; diesem Vorschlag schloss sich der Rat an. Da die Fischmenge in der Ostsee jahrelang unter Btrigger lag, schlug die Kommission Fangverbote während der Laichzeit und eine Tagesfangbegrenzung für die Freizeitfischerei vor, was vom Rat angenommen wurde. Im Hinblick auf die TAC für 2019 ist zu beachten, dass in den wissenschaftlichen Gutachten eine sehr breite Spanne (von +30 % bis nahezu +400 %) vorgeschlagen wurde. Die Kommission schlug den unteren Punktwert vor, weil aus den wissenschaftlichen Gutachten hervorging, dass der Bestand nur auf einen einzigen guten Nachwuchsjahrgang angewiesen war; der Rat setzte die TAC in der unteren Spanne fest und hob sie um 70 % an. Für 2020 schlug die Kommission gemäß dem ICES-Gutachten, wonach die Fischmenge in einem guten Nachwuchsjahrgang um 54 % nach unten korrigiert werden musste, vor, die TAC in Höhe des untersten Punktwertes festzusetzen, was einer Senkung um 68 % im Vergleich zur TAC 2019 entsprach. Der Rat setzte die TAC in der unteren Spanne fest und kürzte sie um 60 %.

2.1.2.Dorsch in der östlichen Ostsee

Im Berichtszeitraum wurde Dorsch in der östlichen Ostsee keiner MSY-Bewertung unterzogen, und bis 2019 empfahl der ICES jedes Jahr, die TAC für Dorsch in der östlichen Ostsee aufgrund einer Empfehlung im Rahmen des Vorsorgeansatzes zu verringern. Für 2017 schlug die Kommission in Anlehnung an das ICES-Gutachten über das Vorkommen von Dorsch in der östlichen Ostsee im Verbreitungsgebiet eine TAC von -39 % vor. Der Rat setzte eine TAC von -25 % im Vergleich zur TAC 2016 fest. Für 2018 trug die Kommission dem Vorkommen des Bestands im Verbreitungsgebiet Rechnung und schlug eine Reduzierung der TAC um 28 % vor, womit sie sie geringfügig über der Empfehlung im ICES-Gutachten festsetzte. Daher schlug die Kommission vor, die TAC für den Dorschbestand in der westlichen Ostsee beizubehalten, und setzte sie somit unterhalb des Wertes des FMSY-Punkts fest. Der Rat senkte die TAC für den östlichen Bestand um 8 % im Vergleich zur TAC 2017. Für 2019 schlug die Kommission eine TAC vor, die einer Reduzierung um 15 % gegenüber der TAC 2018 entsprach, was vom Rat angenommen wurde. Die vom Rat für die drei Jahre festgesetzten TAC lagen alle über dem vom ICES in seiner Empfehlung im Rahmen des Vorsorgeansatzes genannten Niveau.

Für 2020 fiel die Empfehlung des ICES erheblich strenger aus, denn erstmals wurde eine Null-Quote empfohlen. Daher versuchte die Kommission, einen Vorschlag vorzulegen, der den tatsächlichen Gegebenheiten von gemischten Fischereien in der Ostsee Rechnung trug, wo Dorsch in der östlichen Ostsee einen unvermeidbaren Beifang in den meisten anderen Fischereien darstellt. Sie schlug daher vor, die gezielte Fischerei auf Dorsch in der östlichen Ostsee zu untersagen und lediglich eine restriktive TAC für Beifänge von 2 000 t zu gestatten (d. h. -92 % gegenüber der TAC 2019). Mit dieser restriktiven TAC für Beifänge sollten unvermeidbare Beifänge von Ostseedorsch in anderen Fischereien abgedeckt werden, damit diese weiter ihrer Tätigkeit nachgehen konnten. Dies wurde mit den im Mehrjahresplan vorgegebenen Abhilfemaßnahmen verknüpft, etwa der Schließung von Laichgebieten für alle Flotten, die Dorsch in der östlichen Ostsee befischen. Der Rat nahm den Vorschlag der Kommission an. Angesichts des kritischen Zustands dieses Bestands schlug die Kommission vor, den Mehrjahresplan für die Ostsee zu ändern, um bestimmte Bewirtschaftungsmaßnahmen zu stärken und den Betreibern anzubieten, ihre Schiffe stillzulegen und die Branche für immer zu verlassen 12 .

2.1.3.Hering in der westlichen Ostsee

Die TAC für Hering in der westlichen Ostsee wurde bis 2018 viele Jahre lang entsprechend dem MSY festgesetzt. Im Jahr 2018 unterzog der ICES den Bestand einer erneuten Bewertung und gelangte zu dem Schluss, dass die Biomasse des Bestands unter dem gefährlichen Schwellenwert Blim lag. Da keine positive TAC eine Wiederauffüllung des Bestands auf ein Niveau über Blim im nächsten Jahr würde ermöglichen können, empfahl er für 2019 eine Null-Quote. Die Kommission suchte nach einer ausgewogenen Lösung und schlug eine TAC vor, die niedrig genug war, um eine Wiederauffüllung des Bestands zu ermöglichen. Nach den Vorschriften des Mehrjahresplans schlug die Kommission für 2019 eine Herabsetzung der TAC um 44 % vor (d. h. der untere FMSY-Punkt), zusammen mit einer im Mehrjahresplan vorgegebenen Abhilfemaßnahme in Form einer weiteren Verringerung um 19 % Punkte. Der Rat setzte die TAC gemäß dem Mehrjahresplan fest, indem er sie um 48 % gegenüber der TAC 2018 senkte. Für 2020 schlug die Kommission eine Herabsetzung der TAC um 42 % vor (d. h. der untere FMSY-Punkt), zusammen mit einer Abhilfemaßnahme in Form einer weiteren Verringerung um 29 % Punkte. Dem ICES zufolge sollte dadurch der Bestand spätestens 2022 auf über Blim wiederaufgebaut werden. Der Rat setzte die TAC gemäß dem Mehrjahresplan auf einen Wert fest, der einer Verringerung um 65 % gegenüber der TAC 2019 entsprach. Diese Entscheidungen machen deutlich, dass der Rat schwierige, wenngleich notwendige Entscheidungen traf, die aufgrund des längerfristigen Maßnahmenpakets für die Bestandserholung im Mehrjahresplan möglich wurden, bei dem restriktive TAC mit zusätzlichen Abhilfemaßnahmen verknüpft werden.

2.1.4.Zusammenfassung

Im Jahr 2016 wurden drei von insgesamt sieben TAC für Bestände mit einer MSY-Bewertung gemäß einem MSY-Gutachten festgesetzt – Hering in der westlichen und mittleren Ostsee und Scholle. Im Zeitraum 2017 bis 2019 wurden jedes Jahr sechs TAC in Einklang mit dem MSY festgesetzt – dies war nicht der Fall für Dorsch in der westlichen Ostsee 2017, für Scholle 2018 und für Hering in der westlichen Ostsee 2019, da für Letzteren eine Null-Quote empfohlen wurde, weil die Biomasse des Bestands auf weniger als die biologisch sicheren Grenzwerte dezimiert worden war. Eine Fischerei, für die eine Null-Quote empfohlen wird, steht grundsätzlich nicht in Einklang mit dem MSY; hier hat die Wiederauffüllung des Bestands Vorrang. Erst wenn der Bestand wieder aufgefüllt ist, stellt sich erneut die Frage, welche TAC gemäß dem MSY-Gutachten des ICES und dem Mehrjahresplan festgesetzt werden kann. Für 2020 wurden fünf von insgesamt sechs TAC für Bestände mit einer MSY-Bewertung gemäß dem MSY festgesetzt – dies war nicht der Fall für Hering in der westlichen Ostsee, da hierfür erneut eine Null-Quote empfohlen wurde.

Die konsultierten Interessenträger vertraten im Hinblick auf die Rolle, die der Mehrjahresplan für die Festsetzung von TAC spielt, unterschiedliche Standpunkte. Den nationalen Verwaltungsbehörden zufolge erleichterte der Mehrjahresplan den Prozess, während zugleich die Bedeutung analytischer Bestandsabschätzungen und die Auswirkungen von Schwankungen bei den empfohlenen TAC-Werten von Jahr zu Jahr sowie von nichtfischereilichen Aspekten hervorgehoben wurden. Dem BSAC zufolge hat der Mehrjahresplan niemanden überzeugt, und einige Mitglieder halten ihn sogar für kontraproduktiv. Es gibt zwei Argumentationslinien zur Begründung dieser Einschätzung – für einige ist der Mehrjahresplan zu starr, weil er in bestimmten Situationen keine ausreichende Anhebung der TAC ermöglicht, während andere Mitglieder einwenden, der Mehrjahresplan sei zu flexibel und gewährleiste somit nicht, dass alle TAC bis spätestens 2020 auf MSY-Niveau festgesetzt würden.

Die Kommission kann sich der vom BSAC geäußerten Auffassung nicht anschließen. Angesichts der vorstehenden Ausführungen ist es offensichtlich, dass es dank des Mehrjahresplans einfacher ist, sich auf Fangmöglichkeiten und Abhilfemaßnahmen zu einigen, da damit ein klares Regelwerk geschaffen wird, an dem sich die Kommission bei ihren Vorschlägen orientieren und den auch der Rat bei der Entscheidungsfindung einhalten kann. Durch die Befolgung der ausführlichen Vorschriften im Mehrjahresplan stehen die Entscheidungen mit den Zielen der GFP in Einklang und sind darauf abgestimmt und führen zu Ergebnissen; es wird etwa davon ausgegangen, dass sich der Dorschbestand in der westlichen Ostsee 2020 erholt haben wird und Hering in der westlichen Ostsee auf dem Weg zur Erholung ist.

2.2.Pflicht zur Anlandung und Rückwürfe

Eines der zentralen Ziele der reformierten GFP sind die Umsetzung der Pflicht zur Anlandung und die schrittweise Einstellung der Rückwürfe durch die Vermeidung und Minimierung unerwünschter Beifänge. Die Pflicht zur Anlandung gilt für Arten, die gemäß einer TAC befischt werden. In der Ostsee trat die Pflicht zur Anlandung am 1. Januar 2015 für Dorsch, Hering, Sprotte und Lachs und am 1. Januar 2017 für Scholle in Kraft.

Der Mehrjahresplan enthält in Artikel 7 ausführlichere Bestimmungen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Pflicht zur Anlandung. Der Kommission wird die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte zu Ausnahmen von der Anwendung der Pflicht zur Anlandung für Arten mit hohen Überlebensraten, zu Ausnahmen wegen Geringfügigkeit, zu spezifischen Bestimmungen für die Dokumentierung der Fänge sowie zur Festlegung von Mindestreferenzgrößen für die Bestandserhaltung zu erlassen 13 . Außerdem ist im Mehrjahresplan festgelegt, dass die Pflicht zur Anlandung nicht für die Freizeitfischerei gilt.

Der ICES geht davon aus, 14 dass sich die Praxis der Rückwürfe seit Inkrafttreten der Pflicht zur Anlandung kaum geändert hat: Rückwürfe von pelagischen Arten sind weiterhin marginal; für die übrigen Fischereien konnten die offiziell gemeldeten Rückwürfe nahezu auf null reduziert werden, allerdings besteht die Praxis der illegalen Rückwürfe weiter fort. Der STEFC wies in seiner Bewertung der Jahresberichte der Mitgliedstaaten über die Pflicht zur Anlandung für das Jahr 2018 15 darauf hin, dass die für die Ostsee zuständigen regionalen Stellen proaktiv Konzepte zur Verbesserung der Umsetzung der Pflicht zur Anlandung entwickelt haben. Der STECF erklärte jedoch auch, dass nach wie vor zu wenig quantitative Daten über die Meeresbecken vorliegen, als dass er die Veränderungen der Rückwurfmengen abschätzen könnte. Außerdem gab es Anhaltspunkte dafür, dass sich die betriebliche Praxis der Fischwirtschaft auf See nicht geändert hatte, was bedeutete, dass eine Verringerung der Rückwürfe eher unwahrscheinlich sein dürfte.

Die konsultierten Interessenträger teilen die Auffassung des ICES in Bezug auf die andauernden Rückwürfe. Sie sind der Auffassung, dass die Kontrollen verbessert werden sollten. Die Interessenträger weisen zu Recht darauf hin, dass solche Kontrollen in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1224/2009 16 über die Kontrolle der GFP und nicht in denjenigen des Mehrjahresplans fallen. Einige Interessenträger machen geltend, dass ein häufigerer Rückgriff auf die obere FMSY-Spanne bei der Festsetzung von TAC zu einer Verringerung der Rückwürfe beigetragen hätte, während NRO die oberen Spannen überhaupt nicht in Anspruch nehmen wollen. Alle Befragten stimmen in ihrer Einschätzung darin überein, dass die derzeitigen Rückwurfmengen seit Inkrafttreten der Pflicht zur Anlandung ziemlich stabil geblieben sind.

Die Kommission ist der Auffassung, dass das anhaltende Problem der Rückwürfe in erster Linie durch die mangelnde Kontrolle und Durchsetzung durch die Behörden der Mitgliedstaaten verursacht wird und im Rahmen der Fischereikontrollregelung der Europäischen Union (EU) angegangen werden muss. Der Mehrjahresplan für die Ostsee war nicht auf die Lösung dieses Problems ausgelegt.

2.3.Ökosystembasierter Ansatz

In Artikel 2 Absatz 3 der GFP-Grundverordnung heißt es, dass mit der GFP durch Anwendung des ökosystembasierten Ansatzes im Fischereimanagement sichergestellt werden muss, dass die negativen Auswirkungen der Fischerei auf das Meeresökosystem auf ein Mindestmaß reduziert werden. In Artikel 3 Absatz 3 des Mehrjahresplans ist geregelt, dass dieser im Einklang mit den Rechtsvorschriften der EU im Umweltbereich stehen muss, insbesondere mit dem Ziel, spätestens 2020 einen guten ökologischen Zustand zu erreichen, das in der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie 2008/56/EG (Marine Strategy Framework Directive, im Folgenden „MSRL“) vorgegeben ist 17 . Die MSRL enthält elf qualitative Deskriptoren für die Beschreibung eines guten Umweltzustands. Mit dem Mehrjahresplan wird das Ziel verfolgt sicherzustellen, dass die im Deskriptor 3 (der für die Bestandsbewirtschaftung am wichtigsten ist) beschriebenen Bedingungen erfüllt sind, und zur Erfüllung weiterer relevanter Deskriptoren im Verhältnis zu der jeweiligen Rolle, die die Fischereien für ihre Erfüllung spielen, beizutragen.

Deskriptor 3 steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Festlegung von Fangmöglichkeiten. Dieser Deskriptor besagt Folgendes: „Alle kommerziell befischten Fisch- und Schalentierbestände befinden sich innerhalb sicherer biologischer Grenzen und weisen eine Alters- und Größenverteilung der Population auf, die von guter Gesundheit des Bestandes zeugt.“ Fischereitätigkeiten wirken sich auf die Deskriptoren in Bezug auf die biologische Vielfalt (1), das Nahrungsnetz (4), den Meeresgrund (6) und Abfälle im Meer (11) aus. Der Beitrag der Fischerei zu den anderen Deskriptoren ist bestenfalls indirekter Natur und/oder nicht erheblich 18 . 

Die Auswirkungen der Fischereitätigkeit auf die Schweinswalpopulation in der Ostsee geben Anlass zu größter Besorgnis. Das Ertrinken in Fanggeräten gilt als Hauptursache für die anthropogene Mortalität dieser Säugetiere. Mit einer Population von schätzungsweise nur 447 Tieren ist diese Population heute als stark gefährdet eingestuft 19 . Die Kommission ist der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten des Ostseeraums nicht genug zum Schutz dieser Tiere unternommen haben, und sie wird Sofortmaßnahmen in Erwägung ziehen, die gerechtfertigt und wissenschaftlich begründet werden können.

Der ICES bestätigt, dass sich das Ökosystem Ostsee in einem tiefgreifenden Wandel und nicht im Gleichgewicht befindet. Aufgrund des menschlichen Einflusses auf die Meeresumwelt befinden sich viele Arten und Lebensräume der Ostsee nicht in einem guten ökologischen Zustand 20 . Die fünf größten Belastungen für die Ostsee sind die Anreicherung mit Nährstoffen und organischem Material, die Fischerei, der Eintrag von verunreinigenden Verbindungen, die Ansiedlung nicht einheimischer Arten sowie Abschürfung und Substratverlust.

2.4.Regionale Zusammenarbeit

Um den Unterschieden zwischen den verschiedenen Meeresbecken besser Rechnung zu tragen und die Interessenträger stärker in die Bestandsbewirtschaftung einzubeziehen, hat die EU 2004 regionale Beiräte eingeführt 21 . Der BSAC wurde im März 2006 eingerichtet. Seine Hauptfunktion ist die Beratung in Fragen der Bewirtschaftung der Fischereien in der Ostsee. Ihm gehören Organisationen an, die Fischereien und andere Interessengruppen vertreten, die von der GFP betroffen sind (z. B. Umweltorganisationen oder Sport- und Freizeitfischereiorganisationen) 22 .

Mit der Reform der GFP im Jahr 2013 wurden diese regionale Dimension und die Eigenverantwortung für die Bestandsbewirtschaftung weiter gestärkt. Die Rolle und die Aufgabe der Beiräte wurden in die GFP-Grundverordnung aufgenommen. 23 Beiräte sind zu bestimmten Fragen zu konsultieren, insbesondere zu den gemeinsamen Empfehlungen der Mitgliedstaaten, und ihre Empfehlungen müssen berücksichtigt werden. Für Abweichungen zwischen den erlassenen Maßnahmen und den Stellungnahmen, Empfehlungen und Anregungen der Beiräte muss eine Erklärung geliefert werden. Die Kommission und die Mitgliedstaaten können die Beiräte zu jeder beliebigen Maßnahme konsultieren, und die Beiräte können Empfehlungen zu Problemen im Zusammenhang mit dem Management und den sozioökonomischen und bestandserhaltungsrelevanten Aspekten der Fischerei vorlegen und über diese Probleme unterrichten.

Ein weiterer Aspekt der gestärkten Regionalisierung ist, dass die betreffenden Mitgliedstaaten gemeinsame Empfehlungen zu Fragen aussprechen können, für die die Kommission befugt ist, delegierte Rechtsakte zu erlassen, d. h. für erforderliche Erhaltungsmaßnahmen, technische Maßnahmen und Rückwurfpläne. Hierzu haben die Ostseeanrainer-Mitgliedstaaten Ende 2013 das Forum für die Fischerei in der Ostsee (Baltic Sea Fisheries Forum, BALTFISH) eingerichtet. 24 Vorrangiges Ziel des Forums BALTFISH sind die Verbesserung der Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen den teilnehmenden Mitgliedstaaten im Bereich Bestandsbewirtschaftung und der Aufbau einer Zusammenarbeit mit anderen wichtigen Interessenträgern in der Region. Das Forum verfügt über zwei Arbeitsebenen – eine hochrangige Gruppe, der Fischereiverantwortliche der Mitgliedstaaten und die entsprechend zuständigen Beamten der Kommission angehören, und das Forum Seminar, das sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten, der Kommission, des BSAC und einschlägigen zwischenstaatlichen Organisationen und anderen Interessenträgern zusammensetzt.

Die konsultierten Interessenträger sind vom Mehrwert des Mehrjahresplans für die regionale Zusammenarbeit nicht überzeugt. Die Mitgliedstaaten sind der Auffassung, dass sich die regionale Zusammenarbeit positiv entwickelt hat, weisen jedoch zugleich darauf hin, dass insbesondere die Erarbeitung gemeinsamer Empfehlungen verbessert werden könnte. Die Idee gemeinsamer Empfehlungen als ein regional maßgeschneidertes Instrument ist gut verstanden, doch erfordert die Erarbeitung solcher Empfehlungen eine oft zeitaufwändige Vorlaufforschung. Des Weiteren braucht der Erlass delegierter Rechtsakte aufgrund der vielen verschiedenen wissenschaftlichen und verwaltungstechnischen Schritte ebenfalls Zeit. Und schließlich sind die Prüfungen durch den Rat und das Europäische Parlament wichtige Schritte bei diesem Vorgang. Die Mitgliedstaaten weisen darauf hin, dass für die regionalen Gruppen formellere Strukturen erforderlich wären, die im Mehrjahresplan nicht vorgesehen sind. Dies würde erklären, weshalb die Interessenträger der Auffassung sind, dass sich der Mehrjahresplan für die Förderung der Regionalisierung als ungeeignet erwiesen hat.

Der BSAC teilt die Ansicht, dass sich die regionale Zusammenarbeit durch den Mehrjahresplan nicht verbessert hat. Er bedauert insbesondere, dass im Forum BALTFISH nicht genügend Zeit dafür aufgebracht wird, sich mit anderen Fragen als den jährlichen Fangmöglichkeiten zu befassen.

Die Kommission ist der Auffassung, dass der Mehrjahresplan den notwendigen rechtlichen Rahmen bietet und dass die Mitgliedstaaten mehr Gebrauch von der Regionalisierung hätten machen sollen, indem sie mehr gemeinsame Vorschläge erarbeiten und sich mit den Beiräten und anderen Interessenträgern zu Fragestellungen hätten beraten sollen, die in den letzten Jahren für die Ostsee von Belang waren. Schlüsselthemen wie beispielsweise eine nachhaltigere Bewirtschaftung für Dorsch in der östlichen Ostsee oder das Ergreifen echter Maßnahmen zum Schutz der vom Aussterben bedrohten Schweinswale wurden nicht gemeinsam angegangen.

2.5.Sozioökonomische Entwicklungen

Alles in allem hat die Ostseefischerei trotz der Rückgänge bei den Anlandungen und deren rückläufigen Wertes Gewinne erwirtschaftet, vor allem aufgrund der sinkenden Preise für Dorsch. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegen keine Daten über die Entwicklung seit 2018 vor, doch die Umweltsituation, die erschöpften Dorschbestände in der östlichen Ostsee und die aktuelle öffentliche Gesundheitslage hatten sicherlich negative Auswirkungen.

Den konsultierten Interessenträgern zufolge besteht aufgrund der negativen Entwicklung der Bestände eine negative Korrelation zwischen der Umsetzung des Mehrjahresplans und der sozioökonomischen Entwicklung. Der Fischereisektor macht geltend, das größte Manko des Mehrjahresplans seien das Fehlen sozioökonomischer Erwägungen und die Starrheit bei der Festsetzung der TAC. Der Sektor ist der Auffassung, dass die Bedingungen für die Anwendung der oberen Spannen weniger streng sein sollten, damit darauf häufiger Rückgriff genommen werden kann. NRO wiederum machen geltend, dass die Berücksichtigung sozioökonomischer Erwägungen bei der Festsetzung der TAC nicht ausreichend dokumentiert sei und dass die Anwendung der oberen FMSY-Spannen einer „Überfischung“ gleichkomme. Sie sind außerdem der Ansicht, dass „Überfischung“ zu negativen sozioökonomischen Entwicklungen geführt habe. Die Mitgliedstaaten heben hervor, dass die obere Spanne aus sozioökonomischen Gründen angewendet werden könne.

Die Kommission vertritt die Auffassung, dass sich der Mehrjahresplan als nützlich erwiesen hat. Die uneinheitliche Entwicklung der Fischbestände und der Fischereien ist weniger auf die Umsetzung des Mehrjahresplans als vielmehr auf Ursachen zurückzuführen, die bereits lange vor Inkrafttreten des Mehrjahresplans zu beobachten waren, d. h. Umweltfaktoren und insbesondere eine nicht nachhaltige Fischerei, die im Laufe der Zeit echten sozioökonomischen Schaden mit erheblichen Kosten für Fischerinnen und Fischer verursacht haben, für die Fischereien die Existenzgrundlage darstellen. Nur nachhaltige Fischfangmethoden und ein angemessener Umweltschutz können auf Dauer lebendige Fischergemeinden gewährleisten. Und genau dafür soll der rechtliche Rahmen des Mehrjahresplans sorgen.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die Verordnung über den Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) 25 einen Beitrag zu den Zielen der GFP und somit auch zur Umsetzung des Mehrjahresplans leistet. In diesem Zusammenhang nehmen die Mitgliedstaaten den EMFF insbesondere zur Förderung der Entwicklung selektiverer Fangmethoden, zur Kofinanzierung der Fischereiüberwachung und von Durchsetzungsmaßnahmen sowie zur Verringerung der sozioökonomischen Auswirkungen bestimmter Bestandserhaltungsmaßnahmen auf Fischer in Anspruch. Die Kommission legt aufgrund der Berichterstattung der Mitgliedstaaten jedes Jahr einen Bericht über die Durchführung des EMFF vor 26 .

(1)

     Verordnung (EU) 2016/1139 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 zur Festlegung eines Mehrjahresplans für die Bestände von Dorsch, Hering und Sprotte in der Ostsee und für die Fischereien, die diese Bestände befischen (ABl. L 191 vom 15.7.2016, S. 1). Im Folgenden „Mehrjahresplan“.

(2)

     Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik (ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 22). Im Folgenden „GFP-Grundverordnung“.    

(3)

   Dokument 8529/14 Limité Pêche 117, Codec 1004 vom 3. April 2014, Rat der Europäischen Union.

(4)

     Für Ostseelachs hat die Kommission in KOM/2011/0470 endgültig vom 12.8.2011 einen Mehrjahresplan vorgeschlagen.

(5)

     Gutachten des Internationalen Rates für Meeresforschung (International Council for the Exploration of the Sea, ICES) 2019 – Baltic Sea Ecoregion Fisheries Overview vom 2. September 2019, S. 5.

(6)

     Abrufbar unter: http://www.ices.dk/community/advisory-process/Pages/Latest-advice.aspx.

(7)

     ICES-Gutachten 2019 – sr.2019.15 (Gutachten auf besondere Anfrage) vom 27. Juni 2019.

(8)

     Beschluss der Kommission 2016/C 74/05 vom 25. Februar 2016 zur Einsetzung eines Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschusses für die Fischerei (ABl. C 74 vom 26.2.2016, S. 4).

(9)

     Bericht über die 60. Plenartagung des Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschuss für die Fischerei (PLEN-19-01), Punkt 6.2, S. 18-33; Ad-hoc-Vertragsbericht – Evaluation of Member States’ Annual Reports on the Landing Obligation (for 2018), March 2019, Hintergrunddokument zum Bericht über die Plenartagung.

(10)

     Der Fragebogen und die Antworten sind in der diesem Bericht beigefügten Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen SWD(2020)XXX enthalten.

(11)

     Der Anhang der diesem Bericht beigefügten Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen enthält eine ausführliche Tabelle. 

(12)

     Vorschlag der Kommission COM(2019) 564 vom 31. Oktober 2019 für eine Verordnung des Europäisches Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/1139 in Bezug auf die Einführung von Kapazitätsobergrenzen für Dorsch in der östlichen Ostsee, die Datenerhebung und die Kontrollmaßnahmen in der Ostsee, und der Verordnung (EU) Nr. 508/2014 in Bezug auf die endgültige Einstellung der Fangtätigkeit von Flotten, die Dorsch in der östlichen Ostsee befischen. 

(13)

     Artikel 15 der Verordnung (EU) 2019/1241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 mit technischen Maßnahmen für die Erhaltung der Fischereiressourcen und den Schutz von Meeresökosystemen, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1967/2006, (EG) Nr. 1224/2009 des Rates und (EU) Nr. 1380/2013, (EU) 2016/1139, (EU) 2018/973, (EU) 2019/472 und (EU) 2019/1022 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 894/97, (EG) Nr. 850/98, (EG) Nr. 2549/2000, (EG) Nr. 254/2002, (EG) Nr. 812/2004 und (EG) Nr. 2187/2005 des Rates (ABl. L 198 vom 25.7.2019, S. 105) werden der Kommission ebenfalls Befugnisse übertragen.

(14)

     Vgl. Fußnote 5, S. 7-8; ICES-Gutachten 2019 – Baltic Sea Ecoregion Fisheries Overview vom 12. Dezember 2019, S. 8.

(15)

     Vgl. Fußnote 9.

(16)

     Verordnung des Rates (EG) Nr. 1224/2009 vom 20. November 2009 zur Einführung einer Kontrollregelung der Union zur Sicherstellung der Einhaltung der Vorschriften der gemeinsamen Fischereipolitik (ABl. L 343 vom 22.12.2009, S. 1).

(17)

     Richtlinie 2008/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt (ABl. L 164 vom 25.6.2008, S. 19).

(18)

     Ansiedlung nicht einheimischer Arten (2), vom Menschen verursachte Eutrophierung (5), hydrografische Bedingungen (7), Konzentrationen an Schadstoffen im Meer (8), Schadstoffe in Fisch und anderen Meeresfrüchten (9), Einleitung von Energie, einschließlich Unterwasserlärm (11).

(19)

     Vgl, Fußnote 14 (Baltic Sea Ecoregion Ecosystem overview), S. 18.

(20)

     Vgl. Fußnote 7, S. 1 und Fußnote 14 – (Baltic Sea Ecoregion Ecosystem overview), S. 3.

(21)

     Beschluss des Rates 2004/585/EG vom 19. Juli 2004 zur Einsetzung regionaler Beiräte für die Gemeinsame Fischereipolitik (ABl. L 256 vom 3.8.2004, S. 17).

(22)

     http://www.bsac.dk/BSAC/About-the-BSAC.

(23)

     Artikel 43 bis 45 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013. Darüber hinaus wurden präzisere Regelungen über die Arbeitsweise der Beiräte mit der Delegierten Verordnung (EU) 2015/242 der Kommission vom 9. Oktober 2014 mit Durchführungsbestimmungen für die Arbeitsweise der Beiräte im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik festgesetzt (ABl. L 41 vom 17.2.2015, S. 1).

(24)

     Memorandum of Understanding on the Principles and working methods of the Baltic Sea Fisheries Forum (BaltFish) vom 13. Dezember 2013, abrufbar unter: http://www.bsac.dk/BSAC-Resources/Documents-section/BALTFISH.

(25)

     Verordnung (EU) Nr. 508/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 2328/2003, (EG) Nr. 861/2006, (EG) Nr. 1198/2006 und (EG) Nr. 791/2007 des Rates und der Verordnung (EU) Nr. 1255/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 149 vom 20.5.2014, S. 1).

(26)

     Der aktuelle Berichtsentwurf ist abrufbar unter: https://ec.europa.eu/fisheries/sites/fisheries/files/2019-11-26-emff-implementation-report_en.pdf.

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