EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 25.10.2019
COM(2019) 550 final
2019/0242(NLE)
Vorschlag für einen
BESCHLUSS DES RATES
über den Standpunkt der Europäischen Union im AKP-EU-Botschafterausschuss zur Annahme eines Beschlusses über den Erlass von Übergangsmaßnahmen gemäß Artikel 95 Absatz 4 des AKP-EU-Partnerschaftsabkommens
BEGRÜNDUNG
1.Gegenstand des Vorschlags
Der vorliegende Beschluss der Kommission enthält einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Standpunkt der Union im AKP-EU-Botschafterausschuss über den Erlass von Übergangsmaßnahmen gemäß Artikel 95 Absatz 4 des am 23. Juni 2000 in Cotonou unterzeichneten Partnerschaftsabkommens zwischen der EU und den Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean (AKP) (im Folgenden „Partnerschaftsabkommen von Cotonou“ oder „ CPA“). Die Kommission schlägt vor, die Geltungsdauer der Bestimmungen des Partnerschaftsabkommens von Cotonou in ihrer Gesamtheit bis zum 31. Dezember 2020 oder bis zum Inkrafttreten des neuen Partnerschaftsabkommens zwischen der Union und den AKP-Staaten, je nachdem, was früher eintritt, zu verlängern.
2.Kontext des Vorschlags
2.1.Das Partnerschaftsabkommen von Cotonou
Das Partnerschaftsabkommen von Cotonou gibt seit 2000 den Rahmen für die Beziehungen zwischen der EU und 79 AKP-Staaten vor. Das Abkommen wurde für einen Zeitraum von 20 Jahren vom 1. März 2000 bis zum 29. Februar 2020 geschlossen. In der Folge wurde es zwei Mal (2005 und 2010) überarbeitet.
Das Partnerschaftsabkommen von Cotonou läuft am 29. Februar 2020 aus. Die Verhandlungen über ein neues AKP-EU-Partnerschaftsabkommen wurden im September 2018 aufgenommen und laufen derzeit. Es ist jedoch klargeworden, dass diese Verhandlungen nicht zum Abschluss eines neuen Abkommens führen werden, das bei Ablauf der oben genannten Frist in Kraft treten kann. Dadurch würde ein Vakuum in den Beziehungen zwischen der EU und den AKP-Staaten entstehen, das es zu vermeiden gilt.
2.2.Der AKP-EU-Ministerrat
Der AKP-EU-Ministerrat ist ein durch das Abkommen geschaffenes Gremium auf Ministerebene (Artikel 15 des CPA). Er setzt sich aus den Mitgliedern des Rates der Europäischen Union und Mitgliedern der Kommission einerseits und je einem Mitglied der Regierungen der AKP-Staaten andererseits zusammen. Der Ministerrat hat unter anderem die Aufgabe, die für die Umsetzung und Durchführung des CPA erforderlichen Beschlüsse zu fassen. Der Ministerrat fasst seine Beschlüsse im gegenseitigen Einvernehmen der Vertragsparteien. Damit die Beschlüsse gültig sind, müssen i) die Hälfte der Mitglieder des Rates der Europäischen Union (d. h. 14 Minister aus EU-Mitgliedstaaten), ii) ein Mitglied der Kommission und iii) zwei Drittel der Mitglieder der Regierungen der AKP-Staaten (d. h. Regierungsvertreter aus 55 verschiedenen AKP-Staaten) anwesend sein.
2.3.Übergangsmaßnahmen
In Artikel 95 Absatz 4 Unterabsatz 2 des Abkommen heißt es: „Der Ministerrat trifft gegebenenfalls die bis zum Inkrafttreten des neuen Abkommens erforderlichen Übergangsmaßnahmen.“ Nach Artikel 95 Absatz 4 Unterabsatz 2 des Abkommens können Übergangsmaßnahmen zur Anwendung gebracht werden, um die Geltungsdauer des CPA in seiner Gesamtheit oder in Teilen bis zum Geltungsbeginn des neuen Abkommens (vorläufige Anwendung oder Inkrafttreten) zu verlängern. Diese Übergangsmaßnahmen müssen daher in Kraft sein, um ein politisches, institutionelles und rechtliches Vakuum in den Beziehungen zwischen der EU und den AKP-Staaten zu vermeiden.
Um in den Beziehungen zu den AKP-Staaten auch für den Fall, dass das neue Abkommen nicht vor Ablauf des derzeitigen Rechtsrahmens anwendungsreif ist, in rechtlicher, politischer und institutioneller Hinsicht für Kontinuität zu sorgen, müssen Übergangsmaßnahmen erlassen werden, um die Geltungsdauer des derzeitigen Abkommens zu verlängern.
2.4.Erlass von Übergangsmaßnahmen durch den AKP-EU-Botschafterausschuss
Nach Artikel 95 Absatz 4 des CPA werden Beschlüsse über Übergangsmaßnahmen vom AKP-EU-Ministerrat gefasst. Nach Artikel 15 Absatz 4 des Abkommens kann der Ministerrat allerdings seine Befugnisse dem Botschafterausschuss übertragen. Zu diesem Zweck übertrug der Ministerrat am 23. Mai 2019 dem Botschafterausschuss die Befugnis, den Beschluss über die Übergangsmaßnahmen zu fassen. Gemäß Artikel 16 Absatz 2 des CPA kann der Botschafterausschuss im Rahmen der ihm vom Ministerrat erteilten Aufträge für die Vertragsparteien verbindliche Beschlüsse fassen.
Gemäß der Geschäftsordnung des Botschafterausschusses tritt dieser regelmäßig, insbesondere zur Vorbereitung der Tagung des Ministerrates, auf Antrag einer der Vertragsparteien zusammen. Aufgrund dieser Flexibilität kann der Botschafterausschuss sicherstellen, dass der Beschluss über Übergangsmaßnahmen rechtzeitig und spätesten im Januar 2020 gefasst wird.
Daher wird der AKP-EU-Botschafterausschuss auf einer seiner Sitzungen den Beschluss über die Übergangsmaßnahmen annehmen. Mit diesem Beschluss soll, wie in Artikel 95 Absatz 4 des CPA vorgesehen, die Anwendbarkeit der Bestimmungen des Partnerschaftsabkommens von Cotonou (im Folgenden „vorgesehener Rechtsakt „) verlängert werden.
Zweck des vorgesehenen Rechtsakts ist die Verlängerung der Laufzeit des Partnerschaftsabkommens von Cotonou in seiner Gesamtheit bis zum 31. Dezember 2020 oder bis zum Inkrafttreten oder der vorläufigen Anwendung des neuen Partnerschaftsabkommens zwischen der Union und den AKP-Staaten, je nachdem, was früher eintritt.
3.Im Namen der Union zu vertretender Standpunkt
In dem Beschluss über die Übergangsmaßnahmen muss festgelegt werden, i) welche Teile des Abkommens übergangsweise anzuwenden sind und ii) bis wann die Übergangsmaßnahmen anzuwenden sind. Die Kommission schlägt vor, die Geltungsdauer des derzeitigen CPA bis zum 31. Dezember 2020 zu verlängern‚ sofern das neue Abkommen nicht vor diesem Datum in Kraft tritt oder angewandt wird. Der vorgeschlagene Termin, der 31. Dezember 2020, fällt zusammen mit dem Auslaufen des derzeitigen mehrjährigen Finanzrahmens sowie mit dem Auslaufen des 11. Europäischen Entwicklungsfonds.
Der Standpunkt der Union soll daher auf einer Tagung des AKP-EU-Botschafterausschusses angenommen werden.
4.Rechtsgrundlage
4.1.Verfahrensrechtliche Grundlage
4.1.1.Grundsätze
Nach Artikel 218 Absatz 9 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sollen die „Standpunkte, die im Namen der Union in einem durch eine Übereinkunft eingesetzten Gremium zu vertreten sind, sofern dieses Gremium rechtswirksame Akte, mit Ausnahme von Rechtsakten zur Ergänzung oder Änderung des institutionellen Rahmens der betreffenden Übereinkunft, zu erlassen hat“, mit Beschlüssen festgelegt werden.
Der Begriff „rechtswirksame Akte“ umfasst auch Akte, die kraft völkerrechtlicher Regelungen, denen das jeweilige Gremium unterliegt, Rechtswirkung entfalten. Darunter fallen auch Instrumente, die völkerrechtlich nicht bindend, aber geeignet sind, „den Inhalt der vom Unionsgesetzgeber … erlassenen Regelung maßgeblich zu beeinflussen“.
4.1.2.Anwendung auf den vorliegenden Fall
Nach Artikel 95 Absatz 4 Unterabsatz 2 des am 23. Juni 2000 in Cotonou unterzeichneten AKP-EU-Partnerschaftsabkommens können Übergangsmaßnahmen zur Anwendung gebracht werden, um die Geltungsdauer des Abkommens in seiner Gesamtheit oder in Teilen bis zum Geltungsbeginn des neuen Abkommens (vorläufige Anwendung oder Inkrafttreten nach Ratifizierung durch sämtliche Vertragsparteien) zu verlängern. Dazu heißt es im Abkommen insbesondere: „Der Ministerrat trifft gegebenenfalls die bis zum Inkrafttreten des neuen Abkommens erforderlichen Übergangsmaßnahmen.“
Damit wird deutlich, dass es sich bei dem Rechtsakt, den der AKP-EU-Ministerrat annehmen soll, um einen Akt mit Rechtswirkung handelt. Der vorgesehene Beschluss des Botschafterausschusses ist nach den Artikeln 15 und 16 des Abkommens völkerrechtlich verbindlich.
Der Botschafterausschuss ist ein nach Artikel 16 des Partnerschaftsabkommens von Cotonou eingesetztes Gremium.
Die Europäische Union ist neben ihren Mitgliedstaaten Vertragspartei des Partnerschaftsabkommens von Cotonou und wird daher an den geplanten Beschluss des Botschafterausschusses gebunden sein.
Verfahrensrechtliche Grundlage für den vorgeschlagenen Beschluss ist somit Artikel 218 Absatz 9 AEUV.
4.2.Materielle Rechtsgrundlage
4.2.1.Grundsätze
Die materielle Rechtsgrundlage für einen Beschluss nach Artikel 218 Absatz 9 AEUV hängt in erster Linie von Zweck und Inhalt des vorgesehenen Rechtsakts ab, zu dem ein im Namen der Union zu vertretender Standpunkt festgelegt wird. Liegt dem vorgesehenen Rechtsakt ein doppelter Zweck oder Gegenstand zugrunde und lässt sich einer davon als der wichtigste ermitteln, während der andere von untergeordneter Bedeutung ist, so muss der Beschluss nach Artikel 218 Absatz 9 AEUV auf eine einzige materielle Rechtsgrundlage gestützt werden, nämlich auf diejenige, die der wichtigste oder vorrangige Zweck oder Gegenstand verlangt.
4.2.2.Anwendung auf den vorliegenden Fall
Hauptziel und Inhalt des vorgesehenen Rechtsakts betreffen die Funktionsweise der CPA als Ganzes, insbesondere die Verlängerung seiner Geltungsdauer über das vorgesehene Ablaufdatum hinaus. Die materielle Rechtsgrundlage für den Beschluss des Rates muss daher im Lichte des Partnerschaftsabkommens von Cotonou in seiner Gesamtheit ermittelt werden.
Das CPA wurde als Assoziierungsabkommen und damit auf der Grundlage von Artikel 310 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft geschlossen, der dem heutigen Artikel 217 AEUV entspricht. Materielle Rechtsgrundlage für den vorgeschlagenen Beschluss ist folglich Artikel 217 AEUV.
4.3.Schlussfolgerung
Rechtsgrundlage für den vorgeschlagenen Beschluss sollte Artikel 217 AEUV in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 9 AEUV sein.
2019/0242 (NLE)
Vorschlag für einen
BESCHLUSS DES RATES
über den Standpunkt der Europäischen Union im AKP-EU-Botschafterausschuss zur Annahme eines Beschlusses über den Erlass von Übergangsmaßnahmen gemäß Artikel 95 Absatz 4 des AKP-EU-Partnerschaftsabkommens
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 217 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 9,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)Das Partnerschaftsabkommen zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean („AKP“) einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits („AKP-EU-Partnerschaftsabkommen“) wurde am 23. Juni 2000 in Cotonou unterzeichnet. Das AKP-EU-Partnerschaftsabkommen trat am 1. April 2003 in Kraft und gilt bis zum 29. Februar 2020.
(2)Gemäß Artikel 95 Absatz 4 Unterabsatz 1 des AKP-EU-Partnerschaftsabkommens wurden im September 2018 Verhandlungen über ein neues AKP-EU-Partnerschaftsabkommen aufgenommen. Das neue Abkommen wird nicht vor Ablauf der Geltungsdauer des derzeitigen Partnerschaftsabkommens anwendungsreif sein. Es wird daher für notwendig erachtet, Übergangsmaßnahmen zu erlassen, um die Geltungsdauer der Bestimmungen des bestehenden Abkommens zu verlängern.
(3)Nach Artikel 95 Absatz 4 des AKP-EU-Partnerschaftsabkommens kann der Ministerrat Übergangsmaßnahmen treffen, um die Geltungsdauer des AKP-EU-Partnerschaftsabkommens in seiner Gesamtheit oder in Teilen bis zur vorläufigen Anwendung oder bis zum Inkrafttreten des neuen Abkommens zu verlängern.
(4)Der AKP-EU-Ministerrat hat am 23. Mai 2019 gemäß Artikel 15 Absatz 4 des CPA dem AKP-EU-Botschafterausschuss die Befugnis zum Erlass der Übergangsmaßnahmen übertragen. Der AKP-EU-Botschafterausschuss wird vor Januar 2020 eine ordentliche Sitzung abzuhalten, auf der er Übergangsmaßnahmen nach Artikel 95 Absatz 4 des AKP-EU-Partnerschaftsabkommens beschließen wird.
(5)Da der vorgesehene Rechtsakt für die Union verbindlich sein wird, ist es angemessen, den im Namen der Union im AKP-EU-Botschafterausschuss zu vertretenden Standpunkt festzulegen.
(6)Der Standpunkt der Union, wonach der vorgesehene Rechtsakt im AKP-EU-Botschafterausschuss gebilligt werden soll, sollte in diesem Beschluss ausgeführt werden –
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
Der Standpunkt, der im Namen der Union im AKP-EU-Botschafterausschuss nach Artikel 95 Absatz 4 des AKP-EU-Partnerschaftsabkommens zu vertreten ist, besteht darin, die Geltungsdauer der Bestimmungen des am 23. Juni 2000 in Cotonou unterzeichneten AKP-EU-Partnerschaftsabkommens in ihrer Gesamtheit bis zum 31. Dezember 2020 oder bis zum Inkrafttreten oder der vorläufigen Anwendung des neuen Partnerschaftsabkommens zwischen der Union und den AKP-Staaten, je nachdem, was früher eintritt, zu verlängern.
Artikel 2
Dieser Beschluss ist an die Kommission gerichtet.
Geschehen zu Brüssel am […]
Im Namen des Rates
Der Präsident