EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52016DC0332

Empfehlung für eine EMPFEHLUNG DES RATES zum nationalen Reformprogramm Italiens 2016 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Italiens 2016

COM/2016/0332 final

Brüssel, den 18.5.2016

COM(2016) 332 final

Empfehlung für eine

EMPFEHLUNG DES RATES

zum nationalen Reformprogramm Italiens 2016

mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Italiens 2016


Empfehlung für eine

EMPFEHLUNG DES RATES

zum nationalen Reformprogramm Italiens 2016

mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Italiens 2016

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken 1 , insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte 2 , insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission 3 ,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments 4 ,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)Am 26. November 2015 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht 5 an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2016 eingeleitet wurde. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 17./18. März 2016 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 26. November 2015 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht 6 an, in dem sie Italien als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 7 an. Diese Empfehlung wurde am 18./19. Februar 2016 vom Europäischen Rat gebilligt und am 8. März 2016 vom Rat verabschiedet. Als Land, dessen Währung der Euro ist, und angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Italien die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung sicherstellen.

(2)Der Länderbericht 2016 für Italien 8 wurde am 26. Februar 2016 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Italiens bei der Umsetzung der vom Rat am 14. Juli 2015 verabschiedeten länderspezifischen Empfehlungen und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen von Europa 2020 bewertet. Der Länderbericht enthielt außerdem die eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Am 8. März 2016 legte die Kommission die Ergebnisse der eingehenden Überprüfung vor.  9 Die Kommission gelangt aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Italien übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte bestehen. Es ist insbesondere das schleppende Produktivitätswachstum, das die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit behindert und den Abbau des hohen öffentlichen Schuldenstands erschwert. Die Gefahr nachteiliger Auswirkungen auf die italienische Wirtschaft und – angesichts deren Größe – von negativen Spillover-Effekten auf die Wirtschafts- und Währungsunion ist erheblich.

(3)Am 28. April 2016 übermittelte Italien sein nationales Reformprogramm 2016 und sein Stabilitätsprogramm 2016. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(4)Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der europäischen Struktur- und Investitionsfonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung 10 hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(5)Italien unterliegt zurzeit der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts sowie der Übergangsregelung für den Schuldenabbau im Zeitraum 2013-2015. Dem Stabilitätsprogramm zufolge hat die öffentliche Schuldenquote im Jahr 2015 mit 132,7 % des BIP ihren Höchststand erreicht und wird bis 2019 allmählich auf 123,8 % des BIP zurückgehen. Laut Frühjahrsprognose 2016 der Kommission soll sich die Schuldenquote 2016 stabilisieren und erst ab 2017 geringfügig sinken. Die Umsetzung des umfangreichen Privatisierungsprogramms, das die italienischen Behörden vorgelegt haben, ist angesichts seines erwarteten Beitrags zum Schuldenabbau eine zentrale Herausforderung für Italien. Im Jahr 2015 wurden die Privatisierungen planmäßig umgesetzt, doch das Ziel, im Zeitraum 2016-2018 Privatisierungserlöse in Höhe von 0,5 % pro Jahr und im Jahr 2019 in Höhe von 0,3 % zu generieren, scheint unter anderem im Hinblick auf die bei einigen Privatisierungsprojekten aufgetretenen Verzögerungen sehr ehrgeizig. Das den Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel.

(6)Am 18. Mai 2016 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV, da Italien 2015 keine ausreichenden Fortschritte im Hinblick auf die Einhaltung der Schuldenregel erzielt hatte. Die Analyse berücksichtigte alle einschlägigen Faktoren und ergab, dass das Schuldenstandskriterium als eingehalten bewertet werden sollte. Die Kommission wird ihre Bewertung in einem neuen Bericht gemäß Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags auf der Grundlage ihrer Herbstprognose 2016 überprüfen, wenn Informationen zum weiteren Verlauf des Anpassungspfads in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel für 2017 zur Verfügung stehen.

(7)Im Frühjahr 2015 wurde Italien eine vorübergehende Abweichung vom erforderlichen Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel im Jahr 2016 um 0,4 Prozentpunkte des BIP gewährt, um umfangreichen Strukturreformen mit positiven Auswirkungen auf die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung zu tragen. In seiner Übersicht über die Haushaltsplanung 2016 ersuchte Italien um eine weitere vorübergehende Abweichung vom erforderlichen Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel im Jahr 2016 um 0,1 Prozentpunkte des BIP, um anderen Strukturreformen mit positiven Auswirkungen auf die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung zu tragen. Die Einzelheiten dieser Reformen sind dem nationalen Reformprogramm Italiens für 2016 zu entnehmen, das diese Reformagenda weitgehend bestätigt. Dem Programm zufolge werden in folgenden Bereichen Reformen mit Auswirkungen auf die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen durchgeführt: i) öffentliche Verwaltung und Vereinfachung, ii) Produkt- und Dienstleistungsmärkte, iii) Arbeitsmarkt, iv) Ziviljustiz, v) Bildungswesen, vi) Verlagerung der Steuerlast, vii) Maßnahmen zum Abbau des Bestands an notleidenden Krediten sowie Reformen beim Insolvenzrecht, und viii) Ausgabenüberprüfung als Finanzierungsmaßnahme. Die Schätzungen der Behörden, wonach sich die Auswirkungen sämtlicher Reformen auf das reale BIP auf 2,2 Prozentpunkte bis 2020 belaufen, erscheinen plausibel. Bei einer vollständigen und fristgerechten Umsetzung werden sich diese Reformen positiv auf die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen auswirken. Der aktuellen Bewertung zufolge kommt Italien für die gesamte beantragte vorübergehende Abweichung in Höhe von 0,5 Prozentpunkten des BIP im Jahr 2016 in Frage, sofern es die vereinbarten Reformen hinreichend umsetzt, was im Rahmen des Europäischen Semesters zu beobachten sein wird, und vorbehaltlich der in Erwägungsgrund 10 enthaltenen Bedingungen.

(8)In seiner Übersicht über die Haushaltsplanung 2016 ersuchte Italien um eine weitere vorübergehende Abweichung vom erforderlichen Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel im Jahr 2016 um 0,3 Prozentpunkte des BIP, um nationalen Investitionsausgaben im Rahmen von durch die EU kofinanzierten Projekten Rechnung zu tragen. Die Angaben des Stabilitätsprogramms 2016 scheinen zu bestätigen, dass Italiens Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel im Jahr 2016 tatsächlich für die Zwecke von Investitionssteigerungen genutzt wird. Dennoch bestehen nach wie vor gewisse Zweifel, ob der gesamte veranschlagte Betrag an kofinanzierten Investitionen im Laufe des Jahres 2016 tatsächlich aufgewendet werden kann. Der aktuellen Bewertung zufolge kommt Italien für eine vorübergehende Abweichung in Höhe von 0,25 Prozentpunkten des BIP im Jahr 2016 in Frage, sofern es die geplanten Investitionen durchführt, und vorbehaltlich der in Erwägungsgrund 10 enthaltenen Bedingungen. Die Kommission wird eine Ex-post-Bewertung durchführen, um zu prüfen, welchen Betrag das Land tatsächlich für kofinanzierte Investitionsprojekte aufgewendet hat und welche Abweichung Italien dafür im Rahmen der sogenannten „Investitionsklausel“ zugestanden werden kann.

(9)Im Stabilitätsprogramm 2016 wird darauf hingewiesen, dass die budgetären Auswirkungen des außergewöhnlichen Zustroms von Flüchtlingen und der außergewöhnlichen Sicherheitsmaßnahmen erheblich seien und dies als außergewöhnliches Ereignis, das sich der Kontrolle der Regierung entzieht, im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 und von Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 betrachtet werden sollte. Nach Ansicht der Kommission entsprechen die zusätzlichen Auswirkungen den Schätzungen im Stabilitätsprogramm und belaufen sich auf 0,03 % des BIP im Jahr 2015 und 0,04 % im Jahr 2016 für Ausgaben für Flüchtlinge und auf 0,06 % des BIP im Jahr 2016 für Sicherheitsmaßnahmen. In diesem Zusammenhang ersuchte Italien darum, vorübergehend vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel abweichen zu dürfen. Die Bestimmungen nach Artikel 5 Absatz 1 und Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ermöglichen eine Berücksichtigung dieser zusätzlichen Ausgaben, da der Flüchtlingszustrom und die akute terroristische Bedrohung außergewöhnliche Ereignisse darstellen, die erhebliche Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen Italiens haben, deren Tragfähigkeit durch die Gewährung einer Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Ziel nicht gefährdet würde. Um die zusätzlichen Kosten für Flüchtlinge zu berücksichtigen, wurde die erforderliche Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel für 2015 daher nach unten korrigiert. Was 2016 anbelangt, wird im Frühjahr 2017 auf der Grundlage der von den italienischen Behörden bereitgestellten beobachteten Daten eine endgültige Bewertung vorgenommen, die auch die berücksichtigungsfähigen Werte umfassen wird.

(10)In ihrer Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung Italiens für 2016 11 wies die Kommission darauf hin, dass sie im Rahmen der Gesamtbewertung der Möglichkeit einer Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Rates Erwägungen zur möglichen Gewährung einer Flexibilität im Rahmen des SWP für Italien berücksichtigen und dabei den Fragen, ob die Abweichung vom Anpassungspfad tatsächlich für die Zwecke von Investitionssteigerungen genutzt wird, ob glaubwürdige Pläne für den weiteren Verlauf des Anpassungspfads in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel vorliegen und welche Fortschritte bei der Umsetzung der Strukturreformagenda erzielt werden, besondere Aufmerksamkeit schenken werde. Die Kommission ist der Auffassung, dass Italien für 2016 in Anbetracht seiner Fortschritte bei der Strukturreformagenda, seiner Investitionsvorhaben und seiner Zusage, den Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel im Jahr 2017 einzuhalten ‒ was die Kommission im Herbst erneut prüfen wird ‒, eine weitere Abweichung in Höhe von 0,35 Prozentpunkten des BIP zugestanden werden kann.

(11)Laut Frühjahrsprognose 2016 der Kommission besteht unter Berücksichtigung der für Investitionen und die Umsetzung von Strukturreformen gewährten Abweichung angesichts der projizierten Verschlechterung des strukturellen Saldos um -0,7 % des BIP im Jahr 2016 das Risiko einer gewissen Abweichung von Italiens Verpflichtungen unter der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Unter der Annahme einer unveränderten Politik ergibt sich nach der Prognose der Kommission für 2017 eine strukturelle Anstrengung von Null, was auf ein Risiko einer signifikanten Abweichung von der erforderlichen strukturellen Anpassung in Höhe von 0,6 % des BIP deutet.

(12)Ausgehend von seiner Bewertung des Stabilitätsprogramms 2016 und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2016 der Kommission besteht nach Auffassung des Rates insgesamt die Gefahr, dass Italien gegen die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts verstößt. Wenn Informationen zum weiteren Verlauf des Anpassungspfads in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel für 2017 in Italien und unter anderem seine Übersicht über die Haushaltsplanung 2017 zur Verfügung stehen, wird die Kommission auf der Grundlage ihrer Herbstprognose 2016 die Einhaltung der erforderlichen Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel erneut prüfen.

(13)Zwar wird der haushaltspolitische Rahmen derzeit reformiert, doch wurden bisher nur wenige Schritte unternommen, um sicherzustellen, dass die Ausgabenüberprüfung zur Haushaltskonsolidierung beiträgt. So wurden die Zielwerte der Ausgabenüberprüfung weiter herabgesetzt, und die Tatsache, dass die Ausgabenüberprüfung nicht vollständig in das Haushaltsverfahren integriert ist, belastet die Wirksamkeit des Prozesses insgesamt. Mit der Vollendung der seit 2009 laufenden umfassenden Reform des Haushaltsverfahrens soll diesem Mangel abgeholfen und dem Haushaltsverfahren ein stärker leistungsorientierter Schwerpunkt gegeben werden. Um die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu verbessern, ist es außerdem wichtig, die Umsetzung des Privatisierungsplans zu beschleunigen. Das italienische Steuersystem belastet die Effizienz der Wirtschaft und hat weiterhin eine Reihe von Herausforderungen zu bewältigen. Dazu zählen die außerordentlich schwache Steuerdisziplin und die überfällige Reform der Steuervergünstigungen – insbesondere der ermäßigten Mehrwertsteuersätze – sowie des veralteten Katasterwertsystems. All diese Punkte sind Gegenstand des Ermächtigungsgesetzes für die Steuerreform, wurden aber nicht oder nur teilweise umgesetzt. Darüber hinaus scheinen jüngere Entwicklungen – wie etwa die Abschaffung der Immobiliensteuer für den Hauptwohnsitz – dem Ziel zuwider zu laufen, die Steuerbemessungsgrundlage zu erweitern und die Steuerlast von den Produktionsfaktoren auf Eigentum und Verbrauch zu verlagern.

(14)Die Reform der öffentlichen Verwaltung ist eine wichtige Maßnahme für Italien: Durch die Annahme und Umsetzung der erforderlichen Dekrete könnten unter anderem Effizienzsteigerungen und Qualitätsverbesserungen im öffentlichen Sektor möglich werden. Die italienische Regierung hat im Januar 2016 Dekrete zu staatlichen Unternehmen und lokalen öffentlichen Dienstleistungen vorgeschlagen und plant ein weiteres Dekret zu den Beschäftigungsverhältnissen im öffentlichen Dienst; diese Dekrete sind von besonderer Bedeutung, um die Ursachen der Ineffizienzen zu beheben. Zwar wurden vor Kurzem Maßnahmen zur Intensivierung der Korruptionsbekämpfung eingeführt, unter anderem höhere Strafen und längere Verjährungsfristen für bestimmte Korruptionsdelikte, doch steht die seit Langem empfohlene systematische Überarbeitung der Verjährungsvorschriften nach wie vor aus. Ein anderes ernstzunehmendes Problem ist der Buchhaltungsbetrug. Im Justizwesen stellen die langwierigen Gerichtsverfahren und die hohe Zahl der anhängigen zivil- und handelsrechtlichen Streitsachen weiterhin eine große Herausforderung dar. Inwieweit die von Italien in den letzten Jahren ergriffenen Maßnahmen zur Behebung dieser Probleme ausreichen oder durch zusätzliche Maßnahmen ergänzt werden müssen, ist weiterhin genau zu beobachten.

(15)Bei der Verbesserung der Aktiva-Qualität im Bankensektor sind einige Fortschritte zu verzeichnen. Obwohl sich die Zunahme neuer notleidender Kredite in den letzten Monaten verlangsamt hat, bleibt ihr Bestand sehr hoch und belastet weiterhin die Rentabilität und Liquidität der Banken. Auch tragen die italienischen Insolvenz- und Beitreibungsverfahren kaum zur zügigen Sanierung der notleidenden Kredite bei. Seit Mitte 2015 wurden mehrere Gesetze verabschiedet, die auf die Vereinfachung und Beschleunigung von Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsverfahren abzielen, und es wurde ein Entwurf für ein Ermächtigungsgesetz zur strukturellen Reformierung des Insolvenzrechts vorgelegt. Die Auswirkungen dieser Reformen auf die Dauer der Verfahren und die Rückgewinnung bleiben abzuwarten. Seit Anfang 2015 hat Italien verschiedene Maßnahmen beschlossen, um die Schwächen in der Leitungsstruktur seiner Banken zu beheben; dies gilt insbesondere für die großen genossenschaftlichen Banken, für stiftungsgeführte Banken und für kleinere Banken auf Gegenseitigkeit. Die vollständige Umsetzung dieser Reformen würde die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors verbessern und eine effektivere Kreditvergabe an die Realwirtschaft ermöglichen. Während der Bankensektor aufgrund seiner schwachen Kosteneffizienz mit Rentabilitätsproblemen und Schwierigkeiten bei der internen Kapitalbeschaffung zu kämpfen hat, stellt ihn das konjunkturelle Umfeld mit seinem geringen Wirtschaftswachstum und niedrigen Zinsniveau vor eine weitere Herausforderung. Der neue EU-Bankenabwicklungsrahmen hat sich auf das Risikoprofil von Bankanleihen ausgewirkt, von denen viele von italienischen Kleinanlegern gehalten werden; entsprechende Finanzkompetenzen der Bevölkerung sind daher sehr wichtig.

(16)Im Jahr 2015 hat Italien mittels des „Jobs Act“ seinen Arbeitsmarkt grundlegend reformiert. Für die Aktivierung der vom Arbeitsmarkt weiter entfernten Personen – insbesondere von Langzeitarbeitslosen und jungen Menschen – ist die Durchführung der Reform der aktiven Arbeitsmarktpolitik unabdingbar. In diesem Bereich stellen sich derzeit eine Reihe von administrativen, politischen und ressourcenbezogenen Herausforderungen. So sind insbesondere eine Stärkung der öffentlichen Arbeitsvermittlung und die genaue Überwachung der Vermittlungsleistungen vonnöten. Die betriebliche Ausbildung wurde reformiert und steht nunmehr auch Erwachsenen offen, die ihre Arbeitsstelle verloren haben, allerdings ist die Umsetzung des neuen Systems noch nicht abgeschlossen. Dezentrale Lohnverhandlungen, die innovative Lösungen innerhalb von Unternehmen ermöglichen und zur Verbesserung der Produktivität und zur Anpassung der Löhne an die Arbeitsmarktlage beitragen könnten, sind in Italien nicht ausreichend entwickelt. Die Maßnahmen in diesem Bereich sind in Abstimmung mit den Sozialpartnern und im Einklang mit nationalen Gepflogenheiten zu ergreifen. Für die Reform der Tarifverhandlungen haben die Sozialpartner noch keine Einigung erzielt; Gemäß dem nationalen Reformprogramm ist Ende 2016 mit einer Reform zu rechnen. Die Erwerbsbeteiligung der Frauen zählt zu den niedrigsten in der EU. Frauen sind überwiegend in atypischen und prekären Arbeitsverhältnissen beschäftigt, bilden die Mehrheit der Arbeitnehmer mit nicht regulärem Beschäftigungsvertrag und sind in besonderem Maße von der informellen Wirtschaft betroffen. Das Besteuerungs- und Sozialleistungssystem birgt abschreckende Nachteile für Zweitverdiener und das Beschäftigungsgesetz hat dieses Problem nicht wirksam gelöst. Die begrenzte Verfügbarkeit erschwinglicher Betreuungsmöglichkeiten behindert zusätzlich die Erwerbsbeteiligung von Frauen mit Kindern oder älteren Angehörigen. Die Armut ist hoch – mehr als ein Viertel der Italiener sind von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht – und Sozialhilfeleistungen sind nach wie vor schwer zugänglich und fragmentiert. Die Annahme und Umsetzung der nationalen Strategie zur Armutsbekämpfung und die Rationalisierung der Sozialausgaben könnten erste Maßnahmen zur schrittweisen Einführung eines landesweiten und insgesamt haushaltsneutralen Grundsicherungssystems sein. Bei der Reform des Bildungswesens wurden substanzielle Fortschritte erzielt. Die Schulreform wurde im Juli 2015 verabschiedet und die Dekrete zu ihrer Umsetzung sollen spätestens im Januar 2017 angenommen werden.

(17)Bei der Stärkung des Wettbewerbs im Dienstleistungssektor wurden begrenzte Fortschritte erzielt. Das Parlament berät noch immer über das jährliche Wettbewerbsgesetz von 2015. Eine Reihe von Bestimmungen (z. B. die Rechtsberufe betreffend) wurden im parlamentarischen Verfahren verwässert. Eine Reihe von Bereichen sind nach wie vor zu stark geschützt und reguliert, dies gilt vor allem für die reglementierten Berufe, das Gesundheitswesen, den öffentlichen Nahverkehr, Taxis, Häfen und Flughäfen. Der Einzelhandel wird durch verschiedene Ineffizienzen behindert, die auf die strenge Marktregulierung zurückzuführen sind. Das öffentliche Verfahren zur Vergabe von Rechten für wirtschaftliche Tätigkeiten im Bereich des Gemeinwohls ist nicht wettbewerbsfördernd, insbesondere was die Vergabe von Genehmigungen ohne öffentliche Ausschreibungen und in intransparenten Verfahren anbelangt. Marktöffnungsmaßnahmen müssen durch ein unternehmensfreundliches Umfeld unterstützt werden. Im Hinblick auf eine einfachere und effizientere Zusammenarbeit zwischen den nationalen und den regionalen Behörden wurden im Rahmen der Vereinfachungsagenda 2015-2017 einige Fortschritte erzielt. Das Unternehmensumfeld in Italien ist jedoch noch immer nicht ausreichend wachstums- und investitionsorientiert und leidet unter einem fragmentierten und mehrschichtigen System von auf verschiedenen Ebenen des Staates erlassenen Gesetzen und Vorschriften. Der Verwaltungs- und Regelungsaufwand stellt weiterhin eine Belastung für die Wirtschaftsbeteiligten dar. Die vorhandenen Stärken in Bezug auf Unternehmensgründungen und abwicklungen werden durch Mängel bei der Erteilung von Baugenehmigungen, bei der Vertragsdurchsetzung, der Steuererhebung und der Kreditaufnahme zunichte gemacht. Die Umsetzung der Anfang 2016 angenommenen nationalen Strategie für das öffentliche Auftragswesen könnte auch dazu beitragen, einige Systemrisiken und weit verbreitete Schwachstellen zu beheben.

(18)Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Italiens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2016 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Italien gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Italien berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der EU insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 5 wider.

(19)Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme 12 hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider. –

(20)Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 5 wider –

EMPFIEHLT, dass Italien 2016 und 2017

1.die vorübergehende Abweichung von der geforderten Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel in Höhe von 0,5 % des BIP im Jahr 2016 auf die für Investitionen und die Umsetzung von Strukturreformen zugestandene Abweichung von maximal 0,75 % des BIP beschränkt, vorausgesetzt, es kehrt 2017 zum Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel zurück; eine jährliche Haushaltskorrektur von mindestens 0,6 % des BIP in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel für 2017 erreicht; die Umsetzung des Privatisierungsprogramms beschleunigt und die daraus resultierenden Mehreinnahmen dazu nutzt, den Abbau des gesamtstaatlichen Schuldenstands voranzutreiben; die Steuerlast von den Produktionsfaktoren auf Verbrauch und Eigentum verlagert; die Zahl und den Umfang der Steuervergünstigungen verringert und die Reform des Katastersystems bis Mitte 2017 vollendet; Maßnahmen ergreift, um die Steuerdisziplin zu verbessern, unter anderem durch die Einführung elektronischer Rechnungsstellung und Zahlungen;

2.die Reform der öffentlichen Verwaltung durchführt, indem es sämtliche erforderlichen Dekrete erlässt und umsetzt, insbesondere diejenigen, die die Reform der lokalen öffentlichen Unternehmen, der lokalen öffentlichen Dienstleistungen und der Verwaltung der Humanressourcen betreffen; entschlossener gegen Korruption vorgeht, indem es bis Ende 2016 die Verjährungsvorschriften überarbeitet; die zivilrechtlichen Verfahren verkürzt, indem es Reformen durchsetzt und eine wirksame Fallbearbeitung ermöglicht;

3.den Abbau des Bestands an notleidenden Krediten beschleunigt, indem es unter anderem die Insolvenz- und Beitreibungsverfahren weiter verbessert; die Umsetzung der laufenden Reformen der Leitungsstrukturen im Bankensektor zügig zum Abschluss bringt;

4.die Reform der aktiven Arbeitsmarktpolitik umsetzt, indem es insbesondere die Wirksamkeit der Arbeitsvermittlung verbessert; die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit für Zweitverdiener erleichtert; die nationale Strategie zur Armutsbekämpfung annimmt und umsetzt und die Sozialausgaben überprüft und rationalisiert;

5.das ausstehende Wettbewerbsgesetz rasch annimmt und umsetzt; weitere Maßnahmen zur Stärkung des Wettbewerbs bei den reglementierten Berufen sowie in den Bereichen Verkehr, Gesundheitswesen, Einzelhandel und staatliche Konzessionen ergreift.

Geschehen zu Brüssel am

   Im Namen des Rates

   Der Präsident

(1) ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.
(2) ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.
(3) COM(2016) 332 final.
(4) P8_TA(2016)0058, P8_TA(2016)0059 und P8_TA(2016)0060.
(5) COM(2015) 690 final.
(6) COM(2015) 691 final.
(7) COM(2015) 692 final.
(8) SWD(2016) 81 final.
(9) COM(2016) 95 final.
(10) COM(2014) 494 final.
(11) C(2015) 8105 final.
(12) Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates.
Top