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Document 52013DC0832

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Vierter Halbjahresbericht über das Funktionieren des Schengen-Raums 1. Mai 2013 – 31. Oktober 2013

/* COM/2013/0832 final */

52013DC0832

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Vierter Halbjahresbericht über das Funktionieren des Schengen-Raums 1. Mai 2013 – 31. Oktober 2013 /* COM/2013/0832 final */


BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

Vierter Halbjahresbericht über das Funktionieren des Schengen-Raums 1. Mai 2013 – 31. Oktober 2013

1. Einleitung

Wie von der Kommission am 16. September 2011 in ihrer Mitteilung über die Stärkung des Schengen-Systems[1] angekündigt und vom Rat am 8. März 2012 bekräftigt, legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat halbjährlich einen Bericht über das Funktionieren des Schengen-Raums vor. Der vorliegende vierte Bericht deckt den Zeitraum vom 1. Mai 2013 bis 31. Oktober 2013 ab.

2. Lagebild 2.1. Lage an den Außengrenzen des Schengen-Raums[2]

Im Zeitraum April-Juni 2013 wurden 24 805 irreguläre Grenzübertritte festgestellt, was einer Zunahme um 7,4 % gegenüber demselben Zeitraum im Vorjahr entspricht und einer Zunahme um 155 % im Vergleich zum ersten Quartal 2013. Das ist der stärkste Anstieg zwischen zwei aufeinanderfolgenden Quartalen seit 2008, der höchstwahrscheinlich mit den besseren Witterungsbedingungen im Mittelmeerraum einerseits und Veränderungen in der Asylpolitik Ungarns andererseits zusammenhängt.

Seit Januar 2013 werden Asylbewerber in Ungarn in offenen und nicht in geschlossenen Einrichtungen untergebracht, die viele von ihnen schon nach kurzer Zeit unrechtmäßig verließen, um in andere Mitgliedstaaten weiterzureisen. Die Zahl der irregulären Grenzübertritte stieg von 911 Personen im letzten Quartal 2012 und 2 405 Personen im ersten Quartal 2013 auf 8 775 Personen im zweiten Quartal 2013. Zwischen April und Juni 2013 stellte Ungarn mehr irreguläre Grenzübertritte als jeder andere Mitgliedstaat fest (35 % der Gesamtzahl in der EU), gefolgt von Italien und Griechenland, auf die je 26 % der Gesamtzahl in der EU entfielen. Im Juli 2013 änderte Ungarn jedoch seine Vorschriften wieder und nutzt seither verstärkt geschlossene Einrichtungen. Seitdem ist die Anzahl der festgestellten irregulären Grenzübertritte rückläufig. Den ungarischen Behörden zufolge könnte dieser Rückgang auch etwas mit ihrer verstärkten Zusammenarbeit mit dem Kosovo zu tun haben[3].

In Bezug auf die Nationalität bildeten Migranten aus dem Kosovo mit 4 456 Personen im Zeitraum April-Juni 2013 die größte Gruppe bei den festgestellten irregulären Grenzübertritten. Die Zahl der Migranten aus Albanien belief sich auf 3 098 Personen; sie wurden hauptsächlich in Griechenland festgestellt.

Die Zahl der nach einem irregulären Grenzübertritt aufgegriffenen Syrer stieg von 2 024 Personen im zweiten Quartal 2012 auf 2 784 Personen im zweiten Quartal 2013 an, von denen die meisten im Ägäischen Meer aufgegriffen wurden (1 322 Personen). Nach Anlaufen der griechischen Operation Aspida nahm auch die Zahl der Aufgriffe an der türkisch-bulgarischen Grenze zu und stieg von 159 im zweiten Quartal 2012 auf 1 059 im selben Quartal 2013. Im Sommer 2013 nahm die Zahl der vor allem an der italienischen Seegrenze und an der türkisch-bulgarischen Grenze aufgegriffenen Syrer weiter zu (von 1 840 im Juli 2013 auf 3 413 im August 2013). Doch viele der Syrer, die beispielsweise in Griechenland in den Schengen-Raum einreisen, wollen in Schweden oder Deutschland Asyl beantragen. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die schwedische Einwanderungsbehörde am 2. September 2013 einen neuen juristischen Standpunkt veröffentlicht hat, demzufolge Personen aus Syrien, denen bereits ein dreijähriger Aufenthaltstitel gewährt wurde, nunmehr ein Daueraufenthaltsrecht eingeräumt wird. Personen mit Daueraufenthaltsrecht können dann die Familienzusammenführung beantragen.[4]

In Anbetracht der seit Sommer 2013 deutlich steigenden Migrantenzahlen im Mittelmeerraum sowie des tragischen Bootsunfalls, der sich vor der Küste der italienischen Insel Lampedusa ereignete, beschloss der Rat (Justiz und Inneres) am 7./8. Oktober 2013, eine Taskforce einzurichten, um solche Tragödien künftig zu verhindern. Die Kommission hat die Leitung dieser Taskforce übernommen, die ermitteln soll, über welche Instrumente die EU verfügt und wie diese effizienter eingesetzt werden können. Dazu zählt u. a. die Verstärkung der gemeinsamen Frontex-Einsätze im Mittelmeer.

2.2. Lage im Schengen-Raum

Im Zeitraum April-Juni 2013 wurden über 80 000 Personen aufgegriffen, die sich irregulär in der EU aufhielten, die meisten von ihnen innerhalb des EU-Hoheitsgebiets und nicht an der Außengrenze. Die meisten irregulären Aufenthalte (11 683) wurden in Deutschland gemeldet, gefolgt von Frankreich (8 563) und Spanien (8 156)[5].

Vom 30. September bis 13. Oktober 2013 fand in 23 Mitgliedstaaten[6] sowie in Norwegen und der Schweiz eine zweiwöchige Maßnahme (Operation Perkunas) zur Erhebung von Informationen über Migrationsströme in der EU/im Schengen-Raum statt. Es sollte u. a. untersucht werden, welche Verbindungen zwischen irregulären Grenzübertritten und Sekundärbewegungen innerhalb der EU/des Schengen-Raums bestehen. Nach Informationen der litauischen Präsidentschaft wurden 10 459 irreguläre Migranten aufgegriffen, davon 4 800 in Italien und 1 606 in Deutschland.

In einem Zeitraum von drei Wochen zwischen März und Mai 2013 koordinierte AIRPOL (ein Netzwerk von Polizeibehörden, Grenzschutzbeamten und anderen für die Sicherheit von Flughäfen zuständigen Strafverfolgungsbehörden) eine Maßnahme mit dem Ziel, Menschenhandel oder ‑schmuggel, Verwendung gefälschter Dokumente, Identitätsdiebstahl, organisierte Kriminalität und Terrorismus zu bekämpfen. 17 teilnehmende Flughäfen in 14 Ländern führten in einem Zeitraum von 24 Stunden gezielte Maßnahmen im Hinblick auf Flüge auf gefährdeten Strecken innerhalb der EU durch und legten ihre Ergebnisse AIRPOL zur weiteren Analyse vor. Es wurden 122 Flüge kontrolliert und 26 Personen aufgegriffen, hauptsächlich auf der Strecke Budapest-Berlin.

Obwohl die vorstehenden Informationen nützlich sind, werden eine verbesserte Erhebung und eine bessere Analyse von Daten über irreguläre Migrationsbewegungen innerhalb der EU benötigt. Zu diesem Zweck wird Frontex auf Initiative der Kommission und auf der Grundlage der von den Mitgliedstaaten vorgelegten Informationen bis Mitte November 2013 eine genaue Risikoanalyse über Migrationsbewegungen innerhalb der EU erarbeiten. Ferner wird das Frontex-Netzwerk für Risikoanalyse Mitte Dezember 2013 Indikatoren für diese Bewegungen beschließen, die ab Januar 2014 regelmäßig zu erfassen sind.

3. Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands 3.1. Vorübergehende Wiedereinführung der Kontrollen an den Binnengrenzen in Einzelfällen

Gemäß Artikel 23 des Schengener Grenzkodex[7] kann ein Mitgliedstaat bei einer schwerwiegenden Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit ausnahmsweise an seinen Binnengrenzen wieder Grenzkontrollen einführen. Im Zeitraum vom 1. Mai 2013 bis 31. Oktober 2013 hat kein Mitgliedstaat an seinen Binnengrenzen Kontrollen wiedereingeführt.

3.2. Wahrung der Kontrollfreiheit an den Binnengrenzen

Bei zwei Bereichen des Schengen-Besitzstands, die häufig von mutmaßlichen Verstößen betroffen sind, geht es um die Frage, ob die Durchführung polizeilicher Kontrollen in der Nähe einer Binnengrenze die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen hat (Artikel 21 des Schengener Grenzkodex), sowie die Verpflichtung, alle Hindernisse für den flüssigen Verkehr an den Straßenübergängen der Binnengrenzen beseitigen, z. B. Geschwindigkeitsbeschränkungen (Artikel 22 des Schengener Grenzkodex). Im Zeitraum 1. Mai 2013 bis 31. Oktober 2013 ersuchte die Kommission in einem neuen Fall (Spanien) um Informationen zu möglichen Verstößen gegen Artikel 21 und/oder Artikel 22 des Schengener Grenzkodex, während sie zwei Verfahren (u. a. Lettland und Litauen) einstellte und die Untersuchung von sechs offenen Fällen (Deutschland, Österreich, Schweden, Slowakei und Tschechische Republik) fortsetzte.

3.3. Mutmaßliche Verstöße gegen andere Bereiche des Schengen-Besitzstands

Umsetzung der Rückführungsrichtlinie (2008/115/EG) in nationales Recht

Die Frist für die Umsetzung der Rückführungsrichtlinie (2008/115/EG) endete am 24. Dezember 2010. Alle an die Richtlinie gebundenen EU-Mitgliedstaaten und alle assoziierten Länder bis auf Island haben der Kommission die vollständige Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht mitgeteilt. Die Kommission prüft die rechtliche Umsetzung und die praktische Anwendung in den Mitgliedstaaten im Detail und wird bis Ende 2013 im Rahmen einer Mitteilung über die Rückführungspolitik der EU ihren ersten Anwendungsbericht vorlegen.

Durchführung der Verordnung über den kleinen Grenzverkehr (EG Nr. 1931/2006)

Die Kommission überwacht die Durchführung der Regelung zum kleinen Grenzverkehr seit ihrem Inkrafttreten im Jahr 2006. Im Zusammenhang mit dem vorausgegangenen Bericht hat die Kommission von zwei Mitgliedstaaten (Slowakei und Ungarn) Auskünfte angefordert und ihre Untersuchungen zu den bilateralen Abkommen, die drei Mitgliedstaaten (Lettland, Polen und Slowenien) mit den angrenzenden Drittländern geschlossen haben, fortgesetzt.

Bei ihrem Vorgehen in diesen Fällen beruft sich die Kommission z. T. auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 21. März 2013 in der Rechtssache C-254/11 (Shomodi). Der Rechtsprechung des Gerichtshofs zufolge kann sich der Inhaber einer Grenzübertrittsgenehmigung für den kleinen Grenzverkehr im Grenzgebiet bis zu drei Monate lang frei bewegen, wenn sein Aufenthalt dort nicht unterbrochen wird, und kann nach jeder Unterbrechung seines Aufenthalts ein neues dreimonatiges Aufenthaltsrecht beanspruchen. Ferner gilt der Aufenthalt eines Inhabers einer Grenzübertrittsgenehmigung für den kleinen Grenzverkehr als unterbrochen, sobald die Person in den Staat zurückgekehrt ist, in dem sie ansässig ist, und zwar unabhängig von der Anzahl und der Häufigkeit der Grenzübertritte.

3.4. Im Rahmen des Schengen-Evaluierungsmechanismus ermittelte Schwachstellen

Im Rahmen des bestehenden Schengen-Evaluierungsmechanismus[8] wird die Anwendung des Schengen-Besitzstands durch die Mitgliedstaaten regelmäßig von Sachverständigen der Mitgliedstaaten, des Generalsekretariats des Rates und der Kommission evaluiert.

Im Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2013 wurden Schengen-Evaluierungen zu den Landgrenzen in Polen, der Slowakei, Slowenien und Ungarn sowie zu SIS/Sirene in Malta, der Slowakei, Slowenien und der Tschechischen Republik durchgeführt. Die Berichte befinden sich im Abschlussstadium und werden voraussichtlich positive und negative Anmerkungen und Empfehlungen zu verschiedenen Themen enthalten (z. B. Schulungen, Nutzung von Risikoanalysen, Informationsaustausch und internationale Zusammenarbeit sowie Infrastruktur an den Grenzübergangsstellen). Wie bereits in den vorangegangenen sechs Monaten besteht grundsätzlich noch Spielraum für Verbesserungen, doch traten bei keiner dieser Evaluierungen Mängel zutage, die umgehende Maßnahmen der Kommission erforderlich machen würden.

Nach einem erneuten Besuch in Griechenland im Oktober 2013 stellt die Kommission Fortschritte beim Schutz der Außengrenzen des Landes fest, fordert Griechenland auf, die Durchführung des Schengen-Aktionsplans fortzusetzen, und bekräftigt ihre Zusicherung, die Bemühungen Griechenlands zu unterstützen, unter anderem durch den Außengrenzenfonds, den künftigen Fonds für die innere Sicherheit und die Unterstützung durch Frontex.

Ein vorläufiger Zeitplan für die Schengen-Evaluierungen im Zeitraum November 2013 – April 2014 findet sich in Anhang I.

Hinsichtlich des eigentlichen Schengen-Evaluierungsmechanismus beschloss der Rat am 7. Oktober 2013 einen neuen Mechanismus, mit dem Mängel frühzeitig festgestellt und geeignete Abhilfe- und Folgemaßnahmen sowie Maßnahmen zur Sicherung der Transparenz eingeleitet werden können. Im neuen Mechanismus wird der Kommission eine koordinierende Rolle zufallen, in deren Rahmen sie die Evaluierungen gemeinsam mit Sachverständigen der Mitgliedstaaten durchführen und für die Annahme von Berichten und die Unterbreitung von Empfehlungen für mögliche Verbesserungen zuständig sein wird. Ferner wird die Kommission unangekündigte Besuche vor Ort planen, beispielsweise an den Schengener Binnengrenzen.

Dennoch kann es in sehr seltenen Ausnahmesituationen möglich sein, dass die empfohlenen Abhilfemaßnahmen nicht ausreichen, um mögliche schwerwiegende und anhaltende Mängel eines Mitgliedstaats beim Schutz seiner Außengrenzen angemessen oder ausreichend rasch zu beheben. Daher sieht der neue Mechanismus vor, dass die Kommission die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen eines Mitgliedstaats auslösen kann, dessen Schutz seiner Außengrenzen Mängel aufweist. Dies ist eine außerordentliche Maßnahme, die als letztes Mittel in wirklich kritischen Situationen ergriffen wird, damit die Probleme bei minimaler Beeinträchtigung der Freizügigkeit behoben werden können.

Die Verordnung über den neuen Schengen-Evaluierungsmechanismus tritt 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt am 6. November 2013 in Kraft. Für die derzeitigen Schengen-Staaten beginnt die praktische Umsetzung jedoch erst ein Jahr später. Für andere Mitgliedstaaten der EU, die dem Schengen-Raum beitreten wollen, tritt die Verordnung spätestens am 1. Januar 2016 in Kraft. Dabei ist anzumerken, dass die Schengen-Evaluierungen für Bulgarien und Rumänien bereits abgeschlossen sind und daher keine erneute Evaluierung nach dem neuen Mechanismus stattfinden wird. Sobald Kroatien, das am 1. Juli 2013 der EU beigetreten ist, seine Bereitschaft meldet, werden die Vorbereitungen für die Durchführung der Schengen-Evaluierung im Einklang mit dem neuen Verfahren getroffen.

3.5. Aufhebung der Kontrollen an den Binnengrenzen mit Bulgarien und Rumänien

Entsprechend der Schlussfolgerung des Rates vom Juni 2011, dass Rumänien und Bulgarien die Kriterien für die vollständige Anwendung des Schengen-Besitzstands erfüllen, wurden weitere Maßnahmen durchgeführt, die zum Beitritt dieser Länder beitragen. Der Rat sah sich jedoch nicht in der Lage, über die Aufhebung der Kontrollen an den Binnengrenzen mit diesen beiden Ländern zu entscheiden, plant aber, sich auf seiner Tagung am 7./8. Dezember 2013 erneut mit dieser Problematik zu befassen. Die Kommission unterstützt weiterhin vollständig den Beitritt Bulgariens und Rumäniens zum Schengen-Raum.

3.6. Technische Änderungen des Schengener Grenzkodex usw.

Nach einer Einigung über das Maßnahmenpaket zur Verwaltung des Schengensystems im Mai 2013 wurden die Änderungen zum Schengener Grenzkodex im Juni 2013[9] vom Europäischen Parlament gebilligt und vom Rat angenommen; sie traten am 19. Juli 2013 in Kraft. Ziel dieser Änderungen war es, die unterschiedlichen Auslegungen des Schengener Grenzkodex zu unterbinden und Lösungen für die praktischen Probleme zu finden, die seit Inkrafttreten des Kodex aufgetreten sind. Zu den wichtigsten Änderungen zählen eine eindeutige Definition der Berechnungsmethode für einen Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Schengen-Raum, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet (Kurzaufenthalte), sowie eine Präzisierung der Gültigkeitsanforderungen an Reisedokumente Drittstaatsangehöriger.

4. Flankierende Massnahmen 4.1. Nutzung des Schengen-Informationssystems

Das Schengen-Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) wurde am 9. April 2013 in Betrieb genommen. Nach Ablauf des zwischenfallfreien einmonatigen intensiven Beobachtungszeitraums, der sich daran anschloss, wurde das Betriebsmanagement an die Europäische Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht (eu-LISA) übergeben. SIS II funktioniert seit seiner Inbetriebnahme reibungslos. Dank verbesserter Funktionalitäten und einer besseren Gesamtleistung trägt das System maßgeblich zum Schutz der Sicherheit und des freien Personenverkehrs im Schengen-Raum bei. Die Anzahl der im SIS II gespeicherten Personenausschreibungen nimmt ständig zu.

Die erste informelle Bewertung der Umsetzung von SIS II durch die Kommission im Juli 2013 ergab, dass die neuen Ausschreibungskategorien und –funktionalitäten von den Mitgliedstaaten genutzt werden und bei vielen Mitgliedstaaten einen deutlichen Anstieg der Trefferquote zur Folge haben. Das trifft insbesondere auf Mitgliedstaaten zu, die direkte Anfragen an das zentrale System richten. Andere Mitgliedstaaten wiederum verzeichneten in den ersten beiden Monaten, in denen das SIS II in Betrieb war, einen Rückgang der Trefferquote im Vergleich zum selben Vorjahreszeitraum. Das vorhandene Datenmaterial deutet darauf hin, dass dies auf die noch andauernde Anpassung der internen Organisation der Mitgliedstaaten an die SIS-II-Umgebung, die unzureichende Schulung der Endnutzer oder eine unvollständige Umsetzung von SIS II zurückzuführen ist. Tatsächlich haben noch nicht alle Mitgliedstaaten die neuen Datenkategorien und –funktionalitäten von SIS II vollständig übernommen. Ausgehend davon, dass das SIS II für das Funktionieren des Schengen-Raums von entscheidender Bedeutung ist, kommen seiner vollständigen Umsetzung und seinem reibungslosen Betrieb nach wie vor oberste Priorität zu. Um den aktuellen Stand und die bei der Umsetzung von SIS II erzielten Fortschritte zu bewerten, plant die Kommission, neben den laufenden Schengen-Evaluierungen im letzten Quartal 2013 zusätzlich eine Erhebung durchzuführen und dabei u. a. die Trefferstatistiken der Mitgliedstaaten zu bewerten.

4.2. Nutzung des Visa-Informationssystems

Das Visa-Informationssystem (VIS)[10] ist ein System zum Datenaustausch über Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt. Seit dem Ende des letzten Berichtszeitraums (30. April 2013) wurde das VIS am 6. Juni 2013 in der sechsten Region (Ostafrika) und in der siebten Region (Südafrika) in Betrieb genommen. Die Inbetriebnahme in der achten Region (Südamerika)[11] erfolgte am 5. September 2013. Ferner soll das VIS am 14. November 2013 in der neunten Region (Zentralasien), der zehnten Region (Südostasien) und der elften Region (Palästina) in Betrieb genommen werden. Die Diskussion zur Festlegung der dritten und letzten Gruppe von Regionen, in denen das VIS zum Einsatz kommen soll, wurde abgeschlossen und der entsprechende Durchführungsbeschluss am 30. September 2013 gefasst.

Das VIS funktioniert gut, und bis zum 31. Oktober 2013 wurden 5,0 Mio. Schengen-Visumanträge verarbeitet, wobei 4,2 Mio. Visa erteilt wurden. Trotz fortgesetzter Anstrengungen der Mitgliedstaaten bestehen die größten Bedenken nach wie vor in Bezug auf die mittel- bis langfristigen Auswirkungen einer nicht optimalen Qualität der Daten (sowohl der biometrischen als auch der alphanumerischen Daten), die von den Konsularbehörden der Mitgliedstaaten in das VIS eingegeben werden.

4.3. Visumpolitik und Rückübernahmeabkommen

Kontrollmechanismus für die Zeit nach der Visaliberalisierung für die westlichen Balkanstaaten

Den Angaben von Frontex zufolge ging die Zahl der Asylanträge aus den visabefreiten Ländern des westlichen Balkans für die am stärksten betroffenen EU-/Schengen-Länder zwischen Januar 2013 und September 2013 um 5,6 % im Vergleich zum selben Vorjahreszeitraum zurück. Angesichts der seit Mai 2013 kontinuierlich steigenden Zahl eingereichter Anträge zeichnet sich auch in diesem Jahr eine fast identische saisonale Entwicklung ab. Die Protagonisten dieser Entwicklung sind Staatsangehörige Serbiens und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien. Hauptbestimmungsland ist nach wie vor Deutschland, gefolgt von Schweden, Belgien, der Schweiz und Luxemburg.

Rückübernahmeabkommen

Um die Rückübernahme von Personen, die sich ohne Genehmigung in einem Mitgliedstaat aufhalten, in das Herkunftsland zu erleichtern, wurde am 18. April 2013 ein Rückübernahmeabkommen mit Kap Verde unterzeichnet. Das Europäische Parlament stimmte am 11. September zu, und der für den Abschluss des Abkommens notwendige Ratsbeschluss wurde am 9. Oktober 2013 angenommen. Nun müssen noch die Ratifizierungs-Notifikationen zwischen der EU und Kap Verde ausgetauscht werden; damit kann das Abkommen (zusammen mit dem Abkommen über Visa-Erleichterungen) demnächst in Kraft treten. Das Rückübernahmeabkommen mit der Türkei wurde im Juni 2012 paraphiert, und es wird davon ausgegangen, dass das Abkommen unterzeichnet und ein Dialog über eine Visaliberalisierung aufgenommen wird. Im Oktober 2012 wurde ein Rückübernahmeabkommen mit Armenien paraphiert, das am 19. April 2013 unterzeichnet wurde und schon bald in Kraft treten dürfte. Zudem wurden die Verhandlungen über ein Visa-Erleichterungs- und ein Rückübernahmeabkommen mit Aserbaidschan mit der Paraphierung beider Abkommen am 29. Juli 2013 abgeschlossen; die Vorschläge für die Beschlüsse des Rates über die Unterzeichnung und den Abschluss dieser Abkommen werden demnächst im Rat und im Europäischen Parlament erörtert.

[1]               KOM(2011) 561 endg.

[2]               Frontex-Risikoanalyse 2. Quartal 2013.

[3]               Diese Bezeichnung berührt nicht die Standpunkte zum Status und steht im Einklang mit der Resolution 1244/99 des VN-Sicherheitsrates und dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs zur Unabhängigkeitserklärung des Kosovos.

[4]               Website der schwedischen Einwanderungsbehörde vom 5. September 2013.

[5]               Frontex-Risikoanalyse 2. Quartal 2013.

[6]               Kroatien, Griechenland, Irland, Luxemburg und Schweden nahmen nicht teil.

[7]               Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex), geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 610/2013.

[8]               SCH/Com-ex (98) 26 def.

[9]               Verordnung (EU) Nr. 610/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex), des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen, der Verordnungen (EG) Nr. 1683/95 und (EG) Nr. 539/2001 des Rates sowie der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008 und (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates.

[10]           Entscheidung des Rates vom 8. Juni 2004 zur Einrichtung des Visa-Informationssystems (VIS) (2004/512/EG).

[11]           Durchführungsbeschluss der Kommission vom 21. September 2011 zur Festlegung des Zeitpunkts der Inbetriebnahme des Visa-Informationssystems (VIS) in einer ersten Region (2011/636/EU), Durchführungsbeschluss der Kommission vom 21. September 2012 zur Festlegung des Zeitpunkts der Inbetriebnahme des Visa-Informationssystems (VIS) in einer dritten Region (2012/512/EU), Durchführungsbeschluss der Kommission vom 7. März 2013 zur Festlegung des Zeitpunkts der Inbetriebnahme des Visa-Informationssystems (VIS) in einer vierten und fünften Region (2013/122/EU), Durchführungsbeschluss der Kommission vom 5. Juni 2013 zur Festlegung des Zeitpunkts der Inbetriebnahme des Visa-Informationssystems (VIS) in einer sechsten und siebten Region (2013/266/EU), Durchführungsbeschluss der Kommission vom 20. August 2013 zur Festlegung des Zeitpunkts der Inbetriebnahme des Visa-Informationssystems (VIS) in einer achten Region (2013/441/EU).

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