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Document 52012DC0322

Empfehlung für eine EMPFEHLUNG DES RATES zum Nationalen Reformprogramm der Niederlande 2012 und Stellungnahme zum Stabilitätsprogramm der Niederlande für die Jahre 2012-2015

/* COM/2012/0322 final */

52012DC0322

Empfehlung für eine EMPFEHLUNG DES RATES zum Nationalen Reformprogramm der Niederlande 2012 und Stellungnahme zum Stabilitätsprogramm der Niederlande für die Jahre 2012-2015 /* COM/2012/0322 final */


Empfehlung für eine

EMPFEHLUNG DES RATES

zum Nationalen Reformprogramm der Niederlande 2012 und Stellungnahme zum Stabilitätsprogramm der Niederlande für die Jahre 2012-2015

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken[1], insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission[2],

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments[3],

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)       Am 26. März 2010 nahm der Europäische Rat den Vorschlag der Europäischen Kommission für eine neue Wachstums- und Beschäftigungsstrategie („Europa 2020“) an, deren Kernpunkt eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik in den Bereichen ist, in denen Handlungsbedarf besteht, wenn Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit erhöht werden soll.

(2)       Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten[4] an, die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, ihre nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitiken in Anlehnung an die integrierten Leitlinien auszugestalten.

(3)       Am 12. Juli 2011 nahm der Rat eine Empfehlung zum Nationalen Reformprogramm der Niederlande für 2011 an und nahm Stellung zum aktualisierten Stabilitäts­programm der Niederlande für 2011-2014.

(4)       Am 23. November 2011 nahm die Kommission den zweiten Jahreswachstumsbericht an, mit dem das zweite Europäische Semester, d. h. die in der Strategie Europa 2020 verankerte, integrierte Ex-ante-Politikkoordinierung, eingeleitet wurde. Am 14. Februar 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht[5] an, in dem die Niederlande nicht als einer der Mitgliedstaaten genannt wurden, für die eine eingehende Prüfung angestellt werden sollte.

(5)       Am 2. März 2012 erklärte der Europäische Rat die Stabilität des Finanzsystems, die Haushaltskonsolidierung und Maßnahmen zur Wachstumsankurbelung zu Prioritäten. Er betonte, dass es notwendig sei, weiterhin eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung zu verfolgen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft sicherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, die sozialen Folgen der Krise abzufedern sowie die öffentliche Verwaltung zu modernisieren.

(6)       Am 2. März 2012 ersuchte der Europäische Rat die am Euro-Plus-Pakt teilnehmenden Mitgliedstaaten außerdem, die von ihnen eingegangenen Verpflichtungen so zeitig mitzuteilen, dass sie in ihren Stabilitäts- bzw. Konvergenzprogrammen und Nationalen Reformprogrammen Berücksichtigung finden können.

(7)       Am 27. April 2012 übermittelten die Niederlande ihr Stabilitätsprogramm für den Zeitraum 2012-2015 und ihr Nationales Reformprogramm 2012. Um Überschnei­dungen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)(8)   Auf der Grundlage der Bewertung des Stabilitätsprogramms 2012 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vertritt Rat die Auffassung, dass das makroökonomische Szenario, das den im Programm dargelegten Haushaltsprojek­tionen zugrunde liegt, als optimistisch anzusehen ist. Für 2013 wird im Stabilitätsprogramm, ohne die negativen Auswirkungen auf das Wachstum infolge der zusätzlichen Konsolidierungsmaßnahmen zu berücksichtigen, ein Wirtschafts­wachstum von 1¼ % prognostiziert, wohingegen bei derselben Annahme einer unveränderten Politik nach der Prognose der Kommission eine niedrigere Wachstumsrate von 0,7 % erwartet wird. Erklärtes Ziel des Programms ist es, den Empfehlungen des Rates zur Korrektur des übermäßigen Defizits nachzukommen und durch eine strukturelle Konsolidierungsanstrengung, die mindestens 0,5 % pro Jahr betragen soll, auf eine weitere Verbesserung der Haushaltslage in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel hinzuarbeiten. In dem Programm wird ein gesamt­staatliches Defizit von 3 % des BIP für 2013 angestrebt und das zuvorige mittelfristige Ziel eines strukturellen Defizits von 0,5 % des BIP bestätigt, womit den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes angemessen entsprochen wird. Die jährliche Konsolidierungsanstrengung von durchschnittlich 0,75 % des GDP im Zeitraum 2010-2013, wie sie sich aus dem (neuberechneten) strukturellen Haushaltssaldo[6] ergibt, stimmt mit der vom Rat empfohlenen strukturellen Anstrengung von ¾ % des GDP überein. Da das Programm keine Haushaltsziele über 2013 hinaus enthält, kann die Nachhaltigkeit der 2013 vorgenommenen Haushaltskorrektur und der Fortschritt in Richtung auf das mittelfristige Ziel in den nachfolgenden Jahren, einschließlich der Einhaltung des Richtwerts für die Ausgaben gemäß dem Stabilitäts- und Wachstumspakt, nicht bewertet werden. Die Haushalts­prognosen für den Programmzeitraum unterliegen Umsetzungsrisiken. Diese sind nicht nur auf die neu angekündigten Konsolidierungsmaßnahmen beschränkt, sondern erstrecken sich auch auf die Umsetzung einiger der Maßnahmen, auf die sich die noch amtierende Regierung bereits früher geeinigt hat. Darüber hinaus sind die von der Regierung im April 2012 vorgeschlagenen zusätzlichen Maßnahmen und ihre Haushaltsauswirkungen nicht hinreichend präzisiert und quantifiziert. Die Haushalts­konsolidierung beruhte bisher hauptsächlich auf Ausgabenkürzungen, von denen auch wachstumsfördernde Ausgaben betroffen sind. Laut dem Stabilitätsprogramm 2012 dürfte der Schuldenstand im Jahr 2012 relativ deutlich auf 70,2 % des BIP und im Jahr 2013 dann leicht auf 70,7 % des BIP weiter ansteigen, wobei die Auswirkungen der zusätzlichen Konsolidierungsmaßnahmen berücksichtigt sind. Der Prognose zufolge bleibt damit der Schuldenstand erheblich über dem Referenzwert von 60 %. Für 2014 und 2015 sind im Programm keine Schuldenstandsziele festgelegt, so dass für die Zeit nach 2013 eine Bewertung der Einhaltung des Richtwerts für die Schulden­verringerung gemäß dem Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht möglich ist.

(9)       Die Sozialpartner und die niederländische Regierung haben im September 2011 eine umfassende Einigung über eine Rentenreform erzielt, und die Regierung hat Pläne zur Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf 66 Jahre bis 2019 und 67 Jahre bis 2024 ausgearbeitet. Anschließend wird das gesetzliche Renteneintritts­alter an die Entwicklung der Lebenserwartung gekoppelt. Ein entsprechender Anstieg des tatsäch­lichen Renten­eintrittsalters soll durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen unterstützt werden. Gemäß der Regierungsvereinbarung wird bei der Rentenreform für die zweite Säule des Rentensystems eine angemessene und dauerhaft tragfähige generationen­interne und -übergreifende Kosten- und Risikoaufteilung angestrebt. In Bezug auf die Langzeitpflege hat die niederländische Regierung ein Reformmodell vorgelegt. Notwendig sind aber noch weitere konkrete Maßnahmen, um die finanzielle Belastung infolge der Alterung der Gesellschaft in den Niederlanden zu verringern.

(10)     Steuerliche Hemmnisse für Zweitverdiener wurden abgebaut, allerdings noch nicht in hinreichendem Maße. Die Beseitigung verbleibender Hemmnisse würde zu einer weiteren Erhöhung des Arbeitskräfteangebots beitragen und für eine effizientere Allokation des Humankapitals sorgen. Die Eingliederung gefährdeter Gruppen in den Arbeitsmarkt sollte verbessert werden.

(11)     Auf dem Gebiet der Unternehmenspolitik wurden die Agenden für die Spitzensektoren der Wirtschaft beschlossen und sektorale „Innovationsverträge“ zwischen der Regierung und Industrievertretern unterzeichnet. Die privatfinanzierte Forschung wird durch die Einführung der RDA+-Steuerabzugsregelung stärker unterstützt, die Teil der Anreize zur noch intensiveren Förderung von Innovation, privater FuE und engeren Verbindungen zwischen Wissenschaft und Unternehmen ist. Die Schwerpunktsetzung bei den „Spitzensektoren“ sollte jedoch weder auf Kosten der Grundlagenforschung gehen noch innovative Unternehmen ausschließen, die nicht einem dieser „Spitzensektoren“ angehören.

(12)     In den letzten vier Jahrzehnten haben sich auf dem niederländischen Wohnungsmarkt strukturelle Verzerrungen herausgebildet. Auf dem Eigentumsmarkt haben eine grundsätzliche Angebotsknappheit sowie steuerliche Anreize für den Erwerb von Wohnungseigentum (insbesondere die Abzugsfähigkeit von Hypothekenzinsen, wodurch Haushalte mit höherem Einkommen begünstigt werden) eine ineffiziente Kapitalallokation bewirkt. Auf dem Vermietungsmarkt mit seinem ausgedehnten Sozialwohnungssegment haben sozialpolitische Maßnahmen, wie die Deckelung von Miethöhe und -steigerungen, zu einem sehr unflexiblen Mietwohnungsangebot geführt. Durch eine Änderung der Steuerbegünstigung von Wohneigentum könnte ein Beitrag dazu geleistet werden, die strukturellen Verzerrungen auf dem niederlän­dischen Wohnungsmarkt zu mindern.

(13)     Die Niederlande sind im Rahmen des Euro-Plus-Pakts eine Reihe von Verpflich­tungen eingegangen. Diese Verpflichtungen und die Durchführung der 2011 übernommenen Verpflichtungen erstrecken sich auf die Beschäftigungsförderung, die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, die Stärkung der Finanzstabilität und die Erhöhung der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen. Die Kommission hat geprüft, inwiefern die Euro-Plus-Pakt-Verpflichtungen umgesetzt wurden. Die Ergebnisse dieser Bewertung sind in die Empfehlungen eingeflossen.

(14)     Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik der Niederlande eingehend analysiert. Sie hat das Stabilitätsprogramm und das Nationale Reformprogramm bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in den Niederlanden, sondern auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Richtungsvorgaben berücksichtigt, um durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen die wirtschaftspolitische Steuerung der Europäischen Union insgesamt zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters sind in die Empfehlungen 1 bis 5 eingeflossen.

(15)     Hiervon ausgehend hat der Rat das Stabilitätsprogramm der Niederlande geprüft; die Empfehlung 1 spiegelt seine Stellungnahme[7] hierzu wider —

EMPFIEHLT, dass die Niederlande im Zeitraum 2012-2013 folgende Maßnahmen ergreifen. Die Niederlande sollten

1.           den Fortschritt in Richtung auf die fristgerechte und dauerhafte Korrektur des übermäßigen Defizits sicherstellen; zu diesem Zweck, wie geplant, die Haushalts­strategie für 2012 vollständig umsetzen; die notwendigen Maßnahmen für die Ausführung des Haushalts 2013 festlegen, damit die strukturelle Konsolidierungs­anstrengung entsprechend den Empfehlungen des Rates im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit gewährleistet ist; danach für eine angemessene strukturelle Konsolidierungsanstrengung sorgen, um hinreichende Fortschritte in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel, einschließlich der Einhaltung des Richtwerts für die Ausgaben, und ferner hinreichende Fortschritte in Richtung auf die Einhaltung des Richtwerts für die Schuldenverringerung zu machen, wobei die Ausgaben in unmittelbar wachstumsrelevanten Bereichen, wie Forschung und Innovation sowie allgemeine und berufliche Bildung, beizubehalten sind; zu diesem Zweck nach dem Antritt einer neuen Regierung eine Aktualisierung des Stabilitäts­programms 2012 mit fundierten Zielen und Maßnahmen für den Zeitraum nach 2013 vorlegen;

2.           Maßnahmen zur Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters, einschließlich von dessen Koppelung an die Lebenserwartung, und unterstützende arbeitsmarktpoli­tische Maßnahmen ergreifen und zugleich die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen verbessern; die zweite Säule des Rentensystems entsprechend der Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters anpassen, wobei für eine angemessene generationeninterne und -übergreifende Kosten- und Risikoaufteilung zu sorgen ist; die geplante Reform der Langzeitpflege umsetzen und diese angesichts der Alterung der Bevölkerung durch weitere Maßnahmen ergänzen;

3.           die Beteiligung am Arbeitsmarkt, insbesondere von älteren Menschen, Frauen, Behinderten und Migranten, erhöhen, indem u. a. steuerliche Hemmnisse für Zweit­verdiener weiter abgebaut, Arbeitsmarktübergänge erleichtert und allzu starre Rege­lungen gelockert werden;

4.           die Innovation, private FuE-Investitionen und engere Verbindungen zwischen Wissenschaft und Unternehmen fördern sowie die industrielle Erneuerung durch Schaffung geeigneter Anreize im Rahmen der Unternehmenspolitik unterstützen, wobei jedoch der Zugang zur Förderung auch über die förmlich festgelegten Spitzensektoren hinaus offenstehen und die Grundlagenforschung weiterhin gewährleistet sein sollte;

5.           Schritte zur stufenweisen Reform des Wohnungsmarktes einleiten, u.a. dergestalt, dass (i) die Steuerbegünstigung von Wohneigentum geändert wird, besonders durch das Auslaufen der Abzugsfähigkeit von Hypotheken­zinsen und/oder durch das System der unterstellten Mieten, dass (ii) auf dem Vermietungsmarkt ein stärker marktorien­tierter Preisbildungsmechanismus ermöglicht wird und dass schließlich noch (iii) die Mieten für Sozialwohnungen an das Haushaltseinkommen angepasst werden.

Geschehen zu Brüssel am

                                                                       Im Namen des Rates

                                                                       Der Präsident/Die Präsidentin

[1]               ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

[2]               COM(2012) 322 final.

[3]               P7_TA(2012)0048 und P7_TA(2012)0047.

[4]               Beschluss 2012/238/EU des Rates vom 26. April 2012.

[5]               COM(2012) 68 final.

[6]               Konjunkturbereinigter Saldo ohne einmalige und sonstige befristete Maßnahmen nach Neuberech­nungen der Kommissionsdienststellen anhand der Programmdaten unter Anwendung der gemeinsamen Methodik.

[7]               Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates.

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