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Document 52011DC0343

BERICHT DER KOMMISSION Jahresbericht über die Strategien der Europäischen Union für humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz und deren Umsetzung im Jahr 2010

/* KOM/2011/0343 endgültig */

52011DC0343

BERICHT DER KOMMISSION Jahresbericht über die Strategien der Europäischen Union für humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz und deren Umsetzung im Jahr 2010 /* KOM/2011/0343 endgültig */


Die Europäische Union ist einer der größten Geber humanitärer Hilfe weltweit und ein zentraler Akteur, wenn es darum geht, Opfer von vom Menschen verursachten Katastrophen und von Naturkatastrophen durch Soforthilfe zu unterstützen. Sie setzt sich zudem für die Wahrung und Achtung des humanitären Völkerrechts ein.

Ziel der Europäischen Kommission – und insbesondere der Generaldirektion für humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz (GD ECHO) – ist es, Menschenleben, Umwelt und Sachwerte zu retten und zu erhalten, menschliches Leid zu lindern oder zu verhindern und die Integrität und Menschenwürde der Opfer von Naturkatastrophen und von Menschen verursachten Katastrophen innerhalb und außerhalb der EU zu wahren. Das Mandat der Kommission erstreckt sich sowohl auf die humanitäre Hilfe als auch auf den Katastrophenschutz und damit auf die beiden wichtigsten Instrumente, die der Europäischen Union zur Verfügung stehen, um Menschen unmittelbar nach Katastrophen schnell und wirksam Soforthilfe zu leisten.

Die humanitäre Hilfe der EU, die ein eigener Bereich neben der längerfristigen Entwicklungshilfe und den außenpolitischen Instrumenten ist, stützt sich auf die humanitären Grundprinzipien Humanität, Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Neutralität. Das Engagement für eine auf diesen Grundsätzen basierende humanitäre Hilfe ist im Vertrag von Lissabon verankert. Durch ihre Politik in den Bereichen humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz kann die Europäische Union konkret unter Beweis stellen, dass sie denjenigen Menschen innerhalb und außerhalb der Union helfen will, die Unterstützung ganz besonders nötig haben. Diese Politik trägt, wie im EU-Vertrag dargelegt, zur Verwirklichung eines strategischen Ziels der EU-Außenbeziehungen bei.

Der Bedeutung der Politik der humanitären Hilfe wurde auch dadurch Rechnung getragen, dass in der neuen Kommission das Ressort eines Kommissars für humanitäre Hilfe und Krisenreaktion eingerichtet wurde. Seit Februar 2010 sind das Katastrophenschutzverfahren und die humanitäre Hilfe unter dem Dach einer Generaldirektion vereint. Ziel des Katastrophenschutzverfahrens ist die Förderung der Zusammenarbeit bei Katastrophenschutzeinsätzen in schweren Notfällen, die eine sofortige Reaktion erfordern.

Globaler Kontext der Hilfeleistungen

Viele der heutigen globalen Probleme haben Auswirkungen sowohl auf den Umfang als auch auf die Art der Herausforderungen, die sich in den Bereichen humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz stellen.

Neue Gefahren für die Sicherheit : Die Zahl der zwischenstaatlichen Konflikte ist zwar seit Ende des Kalten Krieges gesunken, doch haben andere Formen von Konflikten, die noch schwieriger zu lösen sind, zugenommen. Die wachsende Zahl schwacher und zerfallender Staaten ist ein Nährboden für dauerhafte Instabilität, gewaltsame Auseinandersetzungen und Bürgerkriege, wie sowohl in Süd- und Zentralasien als auch im Nahen Osten und in Afrika festzustellen ist.

Klimawandel : Nie zuvor wurden Umwelt und Klima unseres Planeten durch menschliches Handeln so stark belastet wie heute. Extreme Wetterereignisse – Dürreperioden, Überschwemmungen, Stürme – treten häufiger denn je auf. Der Klimawandel wird sich voraussichtlich nicht nur auf die Häufigkeit von Naturkatastrophen und das Ausmaß ihrer Folgen auswirken, sondern auch die geografische Verteilung der Notsituationen beeinflussen. In vielen Teilen der Welt wird der Zugang zu grundlegenden natürlichen Ressourcen, Wasser und Agrarland immer schwieriger. Zusätzliche Spannungen und eine „klimabedingte Migration“ sind die Folge.

Weltwirtschaftliche Veränderungen : Motoren des weltweiten Wachstums sind mittlerweile die Schwellen- und Entwicklungsländer. Schätzungen zufolge wird das aggregierte BIP der acht wichtigsten aufstrebenden Volkswirtschaften bis 2020-2025 dasjenige der derzeitigen G-8-Staaten übersteigen. Auch wenn dieses Wachstum Millionen von Menschen aus der Armut befreien wird, ist von einer sehr ungleichen Entwicklung auszugehen, bei der die Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele für breite Bevölkerungsschichten in weiter Ferne bleibt.

Wachsende Bedeutung nichtstaatlicher Akteure : NRO haben sich weltweit als wichtige soziale und politische Kräfte etabliert, und der Privatsektor gewinnt nicht nur in der internationalen Wirtschafts- und Finanzwelt, sondern auch in gesellschaftlichen Fragen immer mehr Macht. Die globalen Medien schließlich beeinflussen Diplomatie und Politik durch die unmittelbare und emotionale Wirkung ihrer Schlagzeilen.

Die Finanzkrise könnte Auswirkungen auf die Ressourcen haben, die zur Bewältigung von Notsituationen zur Verfügung stehen. Dadurch könnte die Solidarität Europas noch wichtiger werden und auch das Kosten/Nutzen-Verhältnis und die effiziente Abwicklung der Hilfeleistungen dürften einen noch höheren Stellwert erhalten.

Daher ist die Durchführung von humanitärer Maßnahmen und Katastrophenschutzmaßnahmen eine zunehmend komplexe und schwierige Aufgabe . Mit der wachsenden Häufigkeit und Intensität von Naturkatastrophen müssen auch immer mehr plötzlich eintretende humanitäre Krisen bewältigt werden, darunter auch Großkatastrophen wie jene in Haiti und Pakistan im Jahr 2010. Im Laufe des Jahres kamen bei 373 Naturkatastrophen weltweit nahezu 300 000 Menschen ums Leben und 207 Mio. Menschen haben durch sie ihr Hab und Gut verloren[1]. Mit 89% aller Opfer war Asien die am stärksten betroffene Region. 2010 war eines der verheerendsten Katastrophenjahre der letzten beiden Jahrzehnte. Vom Menschen verursachte humanitäre Katastrophen sind nach wie vor meist die Folge von Bürgerkriegen, bei denen die Zivilbevölkerung stärker denn je Gewalt und Leid ausgesetzt ist. Diese Art von Konflikten ist meist dadurch gekennzeichnet, dass die kriegführenden Parteien das humanitäre Völkerrecht und die humanitären Grundsätze missachten und den „humanitären Raum“ einengen. Der Zugang zu den Hilfeempfängern sowie der Schutz der Zivilbevölkerung und der humanitären Helfer gestalten sich daher immer schwieriger.

Ein weiteres hervorstechendes Merkmal ist die Multiplikation der Akteure im Bereich der humanitären Hilfe. Neben den traditionellen humanitären NRO und den internationalen humanitären Organisationen sind private Stiftungen und Unternehmen immer stärker präsent. In einigen Ländern führen zudem Streitkräfte quasi-humanitäre Maßnahmen durch, und einige Friedenstruppen haben Schutzmandate, die unter Umständen Auswirkungen auf humanitäre Maßnahmen haben können. In einigen Regionen gewinnen zudem die zwischenstaatliche Hilfe und der Einsatz militärischer Mittel zunehmend an Bedeutung. Aus dieser Vielzahl von Akteuren ergibt sich ein breites Spektrum von Motivationen, Interessen und Praktiken. Die Bekräftigung der humanitären Grundsätze der Neutralität und Nichtdiskriminierung ist angesichts dieser Sachlage wichtiger denn je.

Humanitäre Maßnahmen und Katastrophenschutzmaßnahmen der EU im Jahr 2010

Der EU leistete über die Kommission (GD ECHO) bedarfsorientierte humanitäre Hilfe und erleichterte die Bereitstellung von Material für von europäischer Seite durchgeführte Katastrophenschutzeinsätze.

Die GD ECHO interveniert bei Naturkatastrophen und Krisen unmittelbar und hat auf diese Weise bereits Millionen von Menschen in aller Welt geholfen. Im Jahr 2010 stellte die EU zur Bewältigung neu eingetretener oder bereits länger andauernder Krisen insgesamt 1 115 Mio. EUR zur Verfügung. Dieser Betrag wurde für Folgendes eingesetzt:

- Bereitstellung von humanitärer Hilfe für rund 151 Mio. Menschen[2] in 80 Drittländern; davon waren 39 Länder und Gebiete in der Vorausplanung der GD ECHO bereits als Krisengebiete ausgewiesen.

- Aktivierung des Katastrophenschutzverfahrens in 28 Krisenfällen innerhalb und außerhalb der EU.

Das ursprünglich für 2010 veranschlagte Budget für humanitäre Hilfe in Höhe von 835 Mio. EUR wurde im Laufe des Jahres angesichts neuer Krise und Naturkatastrophen mehrfach aufgestockt; besonders ins Gewicht fielen die beiden Großkatastrophen in Haiti und Pakistan.

Zur Aufstockung des Budgets für humanitäre Hilfe wurde auf die Reserve für Soforthilfe sowie auf Mittel aus dem Europäischen Entwicklungsfonds, die für humanitäre Hilfe in den AKP-Staaten vorgesehen waren, zurückgegriffen. Hinzu kamen noch Mittelübertragungen aus Haushaltslinien anderer Außenhilfeinstrumente.

Rund 44 % der 2010 insgesamt geleisteten Hilfe entfielen auf Naturkatastrophen, 41 % auf Langzeitkrisen und 15 % auf plötzlich eingetretene Krisen und Ad-hoc-Einsätze.

Naturkatastrophen verursachten weltweit erneut enorme Schäden. Die GD ECHO verfolgt bei dieser Art von Katastrophen eine zweigleisige Strategie:

- Soforthilfe, durch Bereitstellung von humanitärer Hilfe sowie durch Erleichterung und Koordinierung der Katastrophenhilfe, die auf freiwilliger Basis von EU-Mitgliedstaaten und anderen Teilnehmerstaaten des Katastrophenschutzverfahrens in EU-Ländern und Drittstaaten geleistet wird;

- Vorbereitung auf den Katastrophenfall, durch Ermittlung geografischer Gebiete und Bevölkerungsgruppen, die durch Naturkatastrophen besonders gefährdet sind und für die spezifische Katastrophenvorsorgeprogramme ausgearbeitet werden.

Die GD ECHO stellte humanitäre Hilfe zur Bewältigung folgender Katastrophen bereit:

- Überschwemmungen in Benin, Burkina Faso, Bangladesch, Kolumbien und Pakistan;

- Erdbeben in Chile, Indonesien und Haiti;

- Zyklone in Südasien, Zentralamerika und Laos;

- Dürrekatastrophen am Horn von Afrika, in der Sahelzone, in Bolivien und Dschibuti;

- Epidemien in der Republik Kongo, in Haiti, Malawi, Simbabwe und Südostasien.

- Spezifische Hilfe erhielten zudem die Mongolei, die unter dem Dzud[3] zu leiden hatte, Bangladesch (Rattenplage), die Philippinen (EL Niño), Guatamela, wo sich eine Reihe von Naturkatastrophen ereignete (Vulkanausbruch, tropischer Sturm, tropisches Tiefdruckgebiet im Anschluss an eine schwere Dürre im Jahr 2009) sowie Tadschikistan, das mit einem Erdbeben sowie mit Überschwemmungen und einer Polioepidemie konfrontiert war.

Unter “ vom Menschen verursachte Krisen ” fallen die interethnischen Zusammenstöße im Süden Kirgisistans im Juni 2010, die einen breit angelegten Nothilfeeinsatz erforderlich machten (Unterkünfte, Nahrungsmittel, medizinische Versorgung, Rechtsberatung und Schutzmaßnahmen). In Jemen , wo es in verschiedenen Landesteilen zu offenen gewaltsamen Auseinandersetzungen kam, verschlechterte sich die politische und humanitäre Lage. Die Instabilität am Horn von Afrika, insbesondere in Somalia, hat zudem zu einem wachsenden Ansturm auf die Küste Jemens und zu einem Anstieg der Flüchtlings- und Asylbewerberzahlen geführt. In Pakistan lösten die Militäroperationen im Anschluss an die Binnenvertriebenen-Krise des Jahres 2009 weitere Flüchtlingsbewegungen aus, sodass die GD ECHO sich bemühte, rund 3 Mio. Menschen dringend benötigte humanitäre Hilfe zukommen zu lassen. Gegen Ende des Jahres spitzte sich in Côte d'Ivoir e die Krise nach den Wahlen zu, was auch Auswirkungen auf die Nachbarländer hatte.

Neben diesen Krisensituationen sah sich die Kommission zudem mit mehreren komplexen Langzeitkrisen konfrontiert. Einige Beispiele:

- In Sudan hat die zunehmende Unsicherheit, die sich auch durch zahlreiche gezielte Entführungen von Mitarbeitern humanitärer Organisationen und gegen sie gerichtete Drohungen bemerkbar machte, dazu geführt, dass der „humanitäre Raum“ in der Region Dafur kaum noch gegeben ist. Maßnahmen können überwiegend nur noch in den Lagern durchgeführt werden, wo die Partner unter extrem prekären Bedingungen arbeiten.

- In den besetzten palästinensischen Gebieten, wo sich die Menschen aufgrund der kombinierten Auswirkungen der Blockade, der Zutrittsbeschränkungen und der Einschränkung der Bewegungsfreiheit sowie der Besetzung des Gazastreifens, der Area C im Westjordanland und Ostjerusalems weiterhin in großer Not befinden und von externer Hilfe abhängig sind.

- In der Demokratischen Republik Kongo kam es während des gesamten Jahres zu Kämpfen, sexueller Gewalt und Vertreibungen, auch wenn in einigen Landesteilen eine gewisse Stabilisierung festzustellen war.

Trotz der Zunahme der Naturkatastrophen und der vom Menschen verursachten Katastrophen und der verstärkten Belastung durch komplexe Notlagen in den letzten Jahren und trotz der mangelnden Wahrung und Achtung der humanitären Grundsätze und der Sicherheit der humanitären Helfer konnte in einigen Fällen eine Verbesserung der humanitäre Lage verzeichnet werden. Es gibt durchaus Anlass zur Hoffnung, dass humanitäre Interventionen erfolgreich sein und Entwicklungsprozesse in Gang setzen können. Im Jahr 2010 war dies in Sri Lanka und auf den Philippinen der Fall. In Sri Lanka hat sich die humanitäre Lage positiv entwickelt. Bislang sind 75% der Binnenvertriebenen in ihre Heimatorte zurückgekehrt; der Rest lebt weiter in Aufnahmefamilien oder Lagern. Nach wie vor ist die EU in Sri Lanka einer der sich am stärksten engagierenden Geber humanitärer Hilfe. So finanzierte die EU u. a. humanitäre Minenräumaktionen, die Binnenvertriebenen eine sichere Rückkehr in ihre Heimatorte ermöglichte. Zudem wurde mehr Gewicht auf sektorübergreifende Maßnahmen gelegt, die die Aspekte Wohnraum, Existenzgrundlagen und Nahrungsmittelhilfe einschließen. Sicherheitsbedenken spielten allerdings weiterhin eine Rolle, da bei einem großen Teil der zurückkehrenden Familien Frauen der Haushaltsvorstand sind. Insgesamt gesehen ist die Sicherheitslage seit Ende des Konfliktes stabil geblieben und trotz des weiterhin eingeschränkten Zugangs für die ECHO-Partner macht sich doch eine allgemeine Wende zum Besseren bemerkbar. Auf den Philippinen sind aufgrund der Fortschritte bei den Friedensgesprächen zwischen den Konfliktparteien und der Überwachung des Waffenstillstands durch das gemeinsame Koordinierungskomitee zur Einstellung der Feindseligkeiten und ein von Malaysia geführtes internationales Monitoringteam erste Verbesserungen der Sicherheitslage festzustellen. Die GD ECHO setzte ihre Hilfe für die weiterhin in Auffanglagern untergebrachten Personen fort und unterstützte die Rückkehr von Binnenvertriebenen. Ende des Jahres 2010 belief sich die Zahl der Vertriebenen auf nicht mehr als 25 000, sodass jetzt die Ablösung der humanitären Hilfe durch langfristige Entwicklungsmaßnahmen in den Vordergrund rückt.

Zum Bereich Katastrophenschutz ist anzumerken, dass das Katastrophenschutzverfahren der EU im Laufe des Jahres insgesamt achtundzwanzigmal aktiviert wurde (elfmal innerhalb und siebenzehnmal außerhalb der EU). Zu bewältigen waren u. a folgende Katastrophen: Überschwemmungen in Pakistan, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Ungarn, Polen, Rumänien, Benin, Tadschikistan und Kolumbien, das Erdbeben und die Cholera-Epidemie in Haiti, das Erdbeben in Chile, die Ölpest im Golf von Mexiko, ein Orkantief (Xynthia) in Westeuropa, Waldbrände in Frankreich, Portugal und Israel, heftige Schneefälle im Vereinigen Königreich und in den Niederlanden, Hurrikane und Tropenstürme in Guatemala und Haiti sowie der Chemieunfall in Ungarn, bei dem sich eine rote Giftschlammlawine aus einer nahegelegenen Aluminiumfabrik über mehrere Dörfer ergoss. 48 Experten nahmen innerhalb und außerhalb der EU an insgesamt 12 Bewertungs- und Koordinierungsmissionen teil.

Die Vorbereitende Maßnahme für einen Krisenreaktionsmechanismus der EU (eine 2008 eingeleitete Initiative des Europäischen Parlaments, die 2009 verlängert und 2010 letztmals durchgeführt wurde) führte zu guten Projekten und brachte die Entwicklung von Modulen voran. 2010 wurden vier Krisenreaktionseinheiten, die im Rahmen des Programms aufgestellt wurden und stets abrufbereit sind, erstmals eingesetzt. So kamen bei dem Erdbeben in Haiti ein vorgeschobener Behandlungsplatz mit OP und eine Wasseraufbereitungseinheit und bei den Überschwemmungen in Polen und Moldau ein Hochleistungspumpmodul zum Einsatz, während bei der Cholera-Epidemie in Haiti ein TH- und Unterstützungsteam Hilfe leistete.

Die Zahl der Transportmaßnahmen ist 2010 massiv angestiegen (auf 55, davon wurden 50 über Direktzuschüsse und 5 über einen Rahmenvertrag mit einem Transportmakler abgewickelt).

Die 2010 eingeleitete Überprüfung der derzeitigen Katastrophenschutzpolitik ist noch nicht abgeschlossen.

Die nachstehende Tabelle gibt einen Überblick über die bedarfsbasierte regionale Verteilung der EU- Finanzmittel für humanitäre Hilfe und der Katastrophenschutzmaßnahmen im Jahr 2010 (in Tausend Euro).

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Anders als beim Katastrophenschutz wird die GD ECHO bei der humanitären Hilfe im Allgemeinen nicht direkt vor Ort tätig, sondern erfüllt ihr Mandat durch Bereitstellung von Mitteln für rund 200 Partner , darunter Nichtregierungsorganisationen, Sonderorganisationen der Vereinten Nationen und weitere internationale Organisationen wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, die internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften und Fachorganisationen aus EU-Mitgliedstaaten.

Die GD ECHO ist auf eine solche Vielzahl von Partnern angewiesen, um auf eine wachsende Anzahl von Bedürfnissen in verschiedenen Teilen der Welt in immer komplexeren Situationen reagieren zu können . Die von der GD ECHO verwalteten Zuschüsse und Beiträge werden im Rahmen eines Auswahlverfahren an jene Projektvorschläge vergeben, die am besten geeignet sind, den Bedarf der besonders Notleidenden zu decken. 2010 verteilten sich die Mittel auf die Partner der GD ECHO wie folgt: Nichtregierungsorganisationen 50 %, UN-Sonderorganisationen 39 %, internationale Organisationen 11 %.

Deutlich erschwert wird die Arbeit der humanitären Organisationen durch die zunehmende Beschränkung des Zugangs zu den Hilfeempfängern , zum einen infolge der Einengung des humanitären Raums durch Regierungen und nichtstaatliche Akteure, die selbst die allergrundlegendsten Bestimmungen des humanitären Völkerrechts missachten, und zum anderen wegen der Sicherheitszwänge. Immer mehr Regierungen beschränken die Durchführung humanitärer Hilfe (z. B. Sri Lanka). In vielen Konfliktgebieten (z. B. in der Demokratische Republik Kongo sowie in Somalia und Sudan) werden humanitäre Helfer Zeuge besonders brutaler Methoden der Kriegsführung einschließlich gezielter Angriffe auf Zivilisten und häufigem Einsatz sexueller Gewalt als Mittel der Kriegsführung. Angriffe auf die humanitären Helfer selbst, von der Ausweisung bis hin zur Ermordung, scheinen zuzunehmen. Die Geber müssen sich damit auseinandersetzen, dass nicht nur die Sicherheit der humanitären Mitarbeiter gefährdet ist, sondern auch die von ihnen bereitgestellten Mittel und Infrastrukturen. Einige Regierungen sind bereit, bis zum Äußersten zu gehen und Mittel bzw. von den Gebern finanziertes Eigentum zu enteignen oder „auszuleihen“ bzw. humanitäre Hilfeorganisationen des Landes zu verweisen, sobald ihnen ihre Ressourcen abgenommen wurden.

Strategischer Rahmen der humanitären Hilfe und der Katastrophenschutzpolitik

Viele Querschnittsfragen der humanitären Hilfe werden in dem 2007 verabschiedeten Europäischen Konsens zur humanitären Hilfe und im dazugehörigen Aktionsplan behandelt. Im Herbst 2010 wurde die Halbzeitüberprüfung[4] des Aktionsplans abgeschlossen; dabei bestätigte sich, dass in allen Aktionsbereichen solide Umsetzungsfortschritte erzielt wurden. Die Ergebnisse der Halbzeitüberprüfung sind auf folgender Webseite aufrufbar: http://ec.europa.eu/echo/policies/consensus_en.htm.

Viele der besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen sind weiterhin von akuter Unter- und Mangelernährung betroffen: Angehörige dieser Gruppen machen 10% der weltweit nahezu einer Milliarde Menschen aus, deren Ernährungslage als unsicher gilt. Im März nahm die Kommission eine Mitteilung zum Thema „ Humanitäre Hilfe im Ernährungsbereich“ an [5] . Darin wird ein neuer Politikrahmen für die humanitäre Hilfe der EU vorgestellt, der die Bemühungen um die Bekämpfung der Ernährungsunsicherheit in humanitären Krisen stärken soll und auf eine Kombination der am besten geeigneten Instrumente für eine effiziente und wirksame Ernährungshilfe in dem jeweiligen humanitären Kontext abzielt.

Darüber hinaus legte die Kommission Vorschläge für eine Stärkung der Katastrophenabwehrkapazitäten der EU vor. In der Mitteilung[6] wird dargelegt, wie gestützt auf die Hauptkomponenten der EU-Katastrophenabwehr – humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz – und, sofern erforderlich und angemessen, unter Rückgriff auf geeignete militärische Unterstützung Effektivität, Kohärenz und Sichtbarkeit der EU-Reaktion verbessert werden können. Bei der Ausgestaltung künftiger Vorschläge werden die in Haiti und Pakistan sowie die mit den jüngsten Naturkatastrophen in Europa gesammelten Erfahrungen eine wichtige Rolle spielen.

Seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon arbeitet die Kommission in enger Abstimmung mit den Mitgliedstaaten und anderen Akteuren auf die Schaffung eines Europäischen Freiwilligenkorps für humanitäre Hilfe (EVHAC) [7] hin, das in Artikel 214 Absatz 5 des Vertrags von Lissabon vorgesehen ist. Im November wurde eine diesbezügliche Mitteilung angenommen, um europäischen Bürgern die Möglichkeit zu eröffnen, einen Beitrag zu den Hilfeanstrengungen zu leisten und europäischen Werten, wie z. B. der Solidarität mit Menschen in Not, Ausdruck zu verleihen. Infolge der Mitteilung werden im Jahr 2011, das zum Europäischen Jahr der Freiwilligentätigkeit erklärt wurde, Pilotmaßnahmen durchgeführt und ein Vorschlag für einen Rechtsakt zur Schaffung des EVHAC ausgearbeitet.

Eine spezielle Eurobarometer-Umfrage zum Thema humanitäre Hilfe ergab 2010, dass unter den EU-Bürgern ein starkes Gefühl der Solidarität mit den Opfern von Konflikten und Naturkatastrophen außerhalb der EU vorherrscht. Acht von zehn EU-Bürgern halten die Finanzierung humanitärer Hilfe durch die EU außerhalb ihrer Grenzen für wichtig.

Durch die Finanzierung von Maßnahmen zur Vorbereitung auf den Katastrophenfall in durch Naturkatastrophen gefährdeten Regionen will die Kommission dazu beitragen, dass die lokale Bevölkerung im Katastrophenfall rasch und wirksam reagiert und so viele Menschenleben wie möglich gerettet werden können. Die Kommission unterstützte weiterhin die 2009 angelaufenen DIPECHO-Programme sowie die neuen Programme, die im südlichen Afrika, in Zentralsasien, Südostasien und Zentralamerika durchgeführt werden. Aber der ECHO-Beitrag zur Vorbereitung auf den Katastrophenfall geht weit über die DIPECHO-Aktionspläne hinaus, da die Vorbereitung auf Katastrophen und die Reduzierung ihrer Auswirkungen auch in vielen wichtigen Finanzierungsbeschlüssen über humanitäre Hilfe als Ziele genannt sind. Sie sind fester Bestandteil der Maßnahmen in folgenden Bereichen: Unterstützung der Infrastruktur, Aufklärung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit, kleinere Risikominimierungsmaßnahmen, Kartierung und elektronische Datenerfassung, Frühwarnsysteme, Bildung und Stärkung der Institutionen sowie Bekämpfung des Klimawandels.

Im Rahmen ihrer Katastrophenschutzaufgaben setzt sich die GD ECHO für die Stärkung und Erleichterung der Zusammenarbeit zwischen den 31 Teilnehmerstaaten[8] des Katastrophenschutzverfahrens und des dazugehörigen Finanzierungsinstruments ein. Sie will dabei insbesondere die Wirksamkeit der Systeme zur Katastrophenvorbeugung und zum Schutz vor natürlichen, technologischen oder vom Menschen verursachten Katatstrophen in Europa stärken. So veröffentlichte die Kommission 2010 Leitlinien für die Risikobewertung und Risikokartierung im Bereich des Katastrophenschutzes, die gemeinsam mit den Mitgliedstaaten erarbeitet wurden. Es ist nun Aufgabe der Mitgliedstaaten, ihre nationalen Risikomanagementverfahren anhand dieser Leitlinien weiterzuentwickeln. Dies wäre ein wichtiger Fortschritt auf dem Weg zu einem System des Katastrophenrisikomanagements in der EU. Mit dem Verfahren und dem Finanzierungsinstrument für den Katastrophenschutz wird ein besserer Schutz von Menschen, Umwelt, Sachwerten und kulturellem Erbe im Fall von Katastrophen gewährleistet. Im Bereich der Vorbereitung auf den Katastrophenfall konzentriert sich die Unterstützung der EU auf die Förderung von Frühwarnsystemen und –modulen sowie von Schulungsprogrammen im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens (2010 nahmen 870 Experten an diesen Schulungen teil, finanziert wurden vier vollmaßstäbliche Übungen). Außerdem leistete die Kommission finanzielle Unterstützung für eine Reihe von Projekten, die die Zusammenarbeit bei der Vorbereitung auf den Katastrophenfall erleichtern sollen (z.B. durch eine Verbesserung des Frühwarnsystems für 30 europäische Länder durch die Ausweitung des Prognosezeitraums auf fünf Tage und die Einbeziehung von Regen- und Flutwarnungen).

Die Hilfeleistungen im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens basieren auf den Ressourcen der Mitgliedstaaten, die auf Antrag der Regierung eines betroffenen EU- oder Drittlandes zur Verfügung gestellt werden.

[1] Quelle: CRED (www.cred.be).

[2] Von diesen 151 Millionen Menschen erhielten 101 Millionen humanitäre Hilfe und 22 Millionen Nahrungsmittelhilfe, während 28 Millionen an Maßnahmen zur Vorbereitung auf den Katastrophenfall teilnahmen.

[3] Naturereignis mit kontinuierlichem starken Schneefall und extremer Kälte im Anschluss an einen trockenen Sommer.

[4] KOM(2010) 722, SEK(2010) 1505.

[5] KOM(2010) 126 (http://ec.europa.eu/echo/policies/food_assistance_en.htm).

[6] KOM(2010) 600 endgültig und SEK(2010) 1243/1242.

(http://ec.europa.eu/commission_2010-2014/georgieva/hot_topics/european_disaster_response_capacity_en.htm).

[7] KOM(2010) 683.(http://ec.europa.eu/commission_2010-2014/georgieva/hot_topics/voluntary_humanitarian_en.htm).

[8] Die 27 EU-Mitgliedstaaten, sowie Norwegen, Island, Liechtenstein und Kroatien.

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