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Document 52011PC0302

BESCHLUSS DES RATES zur Ermächtigung Deutschlands, auf direkt an Schiffe am Liegeplatz im Hafen gelieferten elektrischen Strom („landseitige Elektrizität“) im Einklang mit Artikel 19 der Richtlinie 2003/96/EG einen ermäßigten Satz der Stromsteuer anzuwenden Vorschlag für BESCHLUSS DES RATES zur Ermächtigung Deutschlands, auf direkt an Schiffe am Liegeplatz im Hafen gelieferten elektrischen Strom („landseitige Elektrizität“) im Einklang mit Artikel 19 der Richtlinie 2003/96/EG einen ermäßigten Satz der Stromsteuer anzuwenden

/* KOM/2011/0302 endg. - NLE 2011/0133 */

52011PC0302

/* KOM/2011/0302 endg. - NLE 2011/0133 */ BESCHLUSS DES RATES zur Ermächtigung Deutschlands, auf direkt an Schiffe am Liegeplatz im Hafen gelieferten elektrischen Strom („landseitige Elektrizität“) im Einklang mit Artikel 19 der Richtlinie 2003/96/EG einen ermäßigten Satz der Stromsteuer anzuwenden Vorschlag für BESCHLUSS DES RATES zur Ermächtigung Deutschlands, auf direkt an Schiffe am Liegeplatz im Hafen gelieferten elektrischen Strom („landseitige Elektrizität“) im Einklang mit Artikel 19 der Richtlinie 2003/96/EG einen ermäßigten Satz der Stromsteuer anzuwenden


BEGRÜNDUNG

1. HINTERGRUND DES VORGESCHLAGENEN RECHTSAKTS

Die Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom in der Union ist in der Richtlinie 2003/96/EG des Rates[1] (nachstehend die „Energiebesteuerungsrichtlinie“ oder „die Richtlinie“) geregelt.

Gemäß Artikel 19 Absatz 1 der Richtlinie kann der Rat zusätzlich zu den Bestimmungen insbesondere der Artikel 5, 15 und 17 einstimmig auf Vorschlag der Kommission einen Mitgliedstaat ermächtigen, aufgrund besonderer politischer Erwägungen weitere Steuerbefreiungen oder -ermäßigungen einzuführen.

Dieser Vorschlag zielt darauf ab, Deutschland zu ermächtigen, auf elektrischen Strom, der direkt an Schiffe an ihrem Liegeplatz in einem Hafen geliefert wird (nachstehend „landseitige Elektrizität“) einen ermäßigten Satz der Stromsteuer anzuwenden. Diese Ausnahmeregelung soll einen wirtschaftlichen Anreiz zur Verwendung von landseitiger Elektrizität schaffen, um die Luftverschmutzung in Hafenstädten zu verringern.

Allgemeiner Kontext des Antrags

Mit Schreiben vom 27. Dezember 2010 haben die deutschen Behörden die Kommission von ihrer Absicht unterrichtet, auf landseitige Elektrizität die Stromsteuer zu einem ermäßigten Satz in Höhe des EU-Mindestsatzes von 0,50 EUR/MWh anzuwenden. Am 11. Januar 2011 hat die Kommission zusätzliche Angaben Deutschlands in dieser Angelegenheit erhalten.

Deutschland hat eine unbefristete Ermächtigung zur Anwendung der Steuerermäßigung beantragt.

Mit der beantragten Maßnahme möchte Deutschland einen Anreiz zur Verwendung von landseitiger Elektrizität schaffen, die als weniger umweltbelastende Alternative zur Erzeugung von elektrischem Strom an Bord von Schiffen an ihrem Liegeplatz im Hafen angesehen wird. Derzeit unterliegt landseitige Elektrizität der Stromsteuer zum Normalsatz von 20,50 EUR/MWh. Die Mitgliedstaaten müssen jedoch gemäß Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe c der Energiebesteuerungsrichtlinie elektrischen Strom, der an Bord von Schiffen für die Schifffahrt in Meeresgewässern der EU erzeugt wird, von der Steuer befreien. Gemäß Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe f können sie auch elektrischen Strom von der Steuer befreien, der an Bord von Schiffen für die Schifffahrt in Binnengewässern der EU erzeugt wird.

Deutschland möchte unter Beachtung des in der Richtlinie 2003/96/EG festgelegten Mindeststeuersatzes für elektrischen Strom auf landseitige Elektrizität einen ermäßigten Steuersatz von 0,50 EUR/MWh anwenden. Der ermäßigte Satz der Stromsteuer soll für alle Lieferungen von landseitiger Elektrizität sowohl in Meeresgewässern als auch in Binnengewässern der EU mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Schifffahrt gelten.

Mit der Steuerermäßigung will Deutschland einen Anreiz für Schiffsbetreiber zur Verwendung von landseitiger Elektrizität schaffen, um die aerogenen Emissionen und den Lärm von Schiffen am Liegeplatz sowie die CO2-Emissionen zu verringern. Die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes würde die wettbewerbliche Stellung der landseitigen Elektrizität gegenüber der vollständig von der Steuer befreiten Verbrennung von Bunkerölen an Bord verbessern.

Nach Auffassung Deutschlands steht diese Maßnahme im Einklang mit der Empfehlung der Kommission 2006/339/EG[2] über die Förderung der Landstromversorgung von Schiffen an Liegeplätzen in den Häfen der EU und der Mitteilung der Kommission „Strategische Ziele und Empfehlungen für die Seeverkehrspolitik der EU bis 2018“ (KOM(2009)8)[3].

Argumente der deutschen Behörden hinsichtlich der Auswirkung der Regelung auf den Binnenmarkt

Nach Meinung der deutschen Behörden würde die Maßnahme das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes nicht beeinträchtigen und nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Sie argumentieren, dass die Begünstigten – Schiffsbetreiber, die landseitige Elektrizität erhalten, welche mit dem in der Richtlinie 2003/96/EG vorgesehenen Mindestsatz besteuert wird – keinen tatsächlichen wirtschaftlichen Vorteil erlangen, da sie derzeit ihren eigenen Strom an Bord erzeugen, der von der Steuer befreit ist. Den deutschen Behörden zufolge würde der Ersatz von an Bord selbst erzeugtem Strom durch landseitige Elektrizität, die zum geltenden Mindestsatz besteuert wird, insgesamt nicht zu einem Kostenvorteil führen.

Bestehende Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet

Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom, insbesondere Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe c und Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe f.

Bewertung der Maßnahme gemäß Artikel 19 der Richtlinie 2003/96/EG

Besondere politische Erwägungen

Artikel 19 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie lautet:

„Zusätzlich zu den Bestimmungen der vorstehenden Artikel, insbesondere der Artikel 5, 15 und 17, kann der Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission einen Mitgliedstaat ermächtigen, auf Grund besonderer politischer Erwägungen weitere Befreiungen oder Ermäßigungen einzuführen.“

Die deutschen Behörden möchten mit der beabsichtigten Steuerermäßigung ein Angebot fördern, das es Schiffen erlaubt, während ihrer Liegezeit im Hafen ihren Bedarf an elektrischem Strom in einer weniger umweltschädlichen Weise zu decken, um so die Luftqualität vor Ort verbessern. Deutschland hat darauf hingewiesen, dass die Kommission als Alternative zur Erzeugung von elektrischem Strom an Bord von im Hafen liegenden Schiffen bereits die Nutzung von landseitiger Elektrizität empfohlen und damit deren Vorteile für die Umwelt anerkannt hat.[4] Die Lieferung von elektrischem Strom an Schiffe an Liegeplätzen in Häfen wird in Deutschland derzeit mit 20,50 EUR/MWh besteuert. Die beantragte Ermäßigung würde also einen zusätzlichen Anreiz für die Nutzung von landseitiger Elektrizität im Umfang von 20 EUR/MWh bewirken und damit zum Erreichen des postulierten Ziels beitragen.

Die Kommission stellt außerdem fest, dass ein wesentliches Hindernis für eine stärkere Nutzung von landseitiger Elektrizität derzeit in dem fast völligen Fehlen der erforderlichen landseitigen Infrastruktur in den Häfen besteht und deshalb wahrscheinlich zusätzliche Initiativen, insbesondere zum Aufbau dieser Infrastruktur, notwendig sind, um das mit der beabsichtigten Steuerbefreiung angestrebte Ziel zu erreichen. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die Mitgliedstaaten ab Juni 2011 uneingeschränkt verpflichtet sind, Luftqualitätsstandards für relevante Schadstoffe wie Feinstaub einzuhalten.[5] Sie müssen aufgrund dieser Verpflichtung gegebenenfalls Lösungen für Probleme wie Emissionen von Schiffen an Liegeplätzen in Häfen finden und es ist denkbar, dass in Häfen, in denen derartige Probleme bestehen, die Nutzung von landseitiger Elektrizität als Teil der Gesamtstrategie zur Luftqualität gefördert wird.

Hinsichtlich des angestrebten Ziels weist die Kommission darauf hin, dass es sich bei der Förderung der landseitigen Elektrizität um ein gemeinsames politisches Ziel handelt, das von der gesamten Union verfolgt werden sollte. Dies ist in der Mitteilung der Kommission KOM(2007)575 über eine integrierte Meerespolitik und der zugehörigen Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen[6] festgehalten, wonach dieses Ziel im Rahmen einer Überarbeitung der Richtlinie 2003/96/EG aufgegriffen werden soll. Mit Artikel 19 soll hingegen den spezifischen Umständen in einzelnen Mitgliedstaaten Rechnung getragen werden, die sich in der Richtlinie selbst nicht widerspiegeln. Eine Ausnahmeregelung auf der Grundlage von Artikel 19 zur Förderung der landseitigen Elektrizität kann daher nur übergangsweise gewährt werden, bis dieses Ziel im Rahmen einer Überarbeitung der Richtlinie 2003/96/EG aufgegriffen wird.

Kohärenz mit anderen Politikbereichen und Zielen der Europäischen Union

Die beantragte Maßnahme betrifft hauptsächlich die Umweltpolitik der EU. Die Regelung trägt dazu bei, die Verbrennung von Bunkeröl an Bord von im Hafen liegenden Schiffen zu verringern, und leistet somit einen Beitrag zur Verbesserung der örtlichen Luftqualität. Die Maßnahme könnte auch in begrenztem Maße zu einer Reduzierung der CO2-Emissionen führen, wenngleich das Ausmaß dieser Wirkung davon abhängt, aus welcher Quelle der über das Festlandsnetz an die Schiffe gelieferte Strom stammt.[7]

An dieser Stelle muss daran erinnert werden, dass ein wichtiger Grund für die ungünstige Stellung der landseitigen Elektrizität im Wettbewerb darin liegt, dass die Alternative, d. h. elektrischer Strom, den in Seehäfen liegende Schiffe an Bord erzeugen, derzeit völlig steuerfrei ist, denn nicht nur das zur Stromerzeugung eingesetzte Bunkeröl ist steuerfrei, was der normalen Regelung gemäß Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2003/96/EG entspricht, sondern auch die an Bord der Schiffe erzeugte Elektrizität selbst ist von der Steuer befreit (Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 2003/96/EG). Letztere Befreiung könnte zwar hinsichtlich der Umweltziele der Union als problematisch angesehen werden, beruht aber auf praktischen Erwägungen. Um an Bord erzeugten Strom zu besteuern, wäre eine Erklärung des Schiffseigners – der oft in einem Drittland ansässig ist – oder des Schiffsbetreibers über die Menge des verbrauchten Stroms erforderlich. In der Erklärung müsste außerdem angegeben werden, wie hoch der Anteil des in den Hoheitsgewässern des Mitgliedstaats, in dem die Steuer geschuldet wird, jeweils verbrauchten Stroms ist. Für die Schiffseigner wäre es ein großer Verwaltungsaufwand, für jeden Mitgliedstaat, dessen Hoheitsgewässer befahren werden, derartige Erklärungen abzugeben. Unter diesen Umständen ist es zu rechtfertigen, die weniger umweltbelastende Alternative der landseitigen Elektrizität nicht zu benachteiligen und Deutschland zur Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes zu ermächtigen.

Was die von Schiffen an Liegeplätzen in Binnenhäfen verbrauchte Elektrizität anbelangt, so ist es den Mitgliedstaaten im Gegensatz zu der Regelung für Seehäfen überlassen, ob sie an Bord erzeugten Strom von der Steuer befreien (Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe f). Es besteht also kein rechtliches Hindernis, das die Mitgliedstaaten davon abhält, in Binnenhäfen landseitige Elektrizität und an Bord erzeugten Strom steuerlich gleich zu behandeln. Die in Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe f der Richtlinie vorgesehene Möglichkeit, für die Nichtbesteuerung von an Bord erzeugtem Strom zu optieren, beruht ebenfalls auf praktischen Erwägungen des Gesetzgebers, ist zugleich aber eng mit fakultativen Steuervorteilen für Zwecke der Binnenschifffahrt verknüpft. Die meisten Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, befreien für derartige Zwecke eingesetzte Brennstoffe von der Steuer. Was den Rhein und seine Nebenflüsse angeht, so ist diese Steuerbefreiung darüber hinaus in einem von Deutschland ratifizierten internationalen Abkommen[8] verankert. Ferner wird es nicht als praktikabel angesehen, die zur Stromerzeugung an Bord eingesetzten Brennstoffe gesondert zu besteuern (vgl. Artikel 21 Absatz 5 Unterabsatz 3 der Richtlinie 2003/96/EG), weil dies zumindest eine Unterscheidung zwischen den zur Stromerzeugung und den zur Schifffahrt eingesetzten Brennstoffen voraussetzen würde. Schließlich berücksichtigen die Mitgliedstaaten bei ihrer Entscheidung über eine etwaige Ausweitung der Steuerbefreiung für Brennstoffe, die in der Seeschifffahrt verwendet werden, auf Brennstoffe, die in der Binnenschifffahrt verwendet werden, eine Reihe von Aspekten, darunter auch übergeordnete Ziele der nationalen Verkehrspolitik und umweltpolitische Erwägungen, die sie veranlassen können, für diese Zwecke verwendete Brennstoffe nicht zu besteuern.

In der derzeitigen Phase erscheint es daher gerechtfertigt, die Möglichkeit der Befreiung von landseitiger Elektrizität auf Binnenhäfen auszudehnen.

Binnenmarkt und Wettbewerb

Unter den Gesichtspunkten des Binnenmarkts und des Wettbewerbs hätte die beantragte Regelung zur Folge, dass die bestehende, durch die Steuerbefreiung für Bunkeröl hervorgerufene Verzerrung zwischen zwei konkurrierenden Stromquellen für Schiffe an Liegeplätzen in Häfen, d. h. Stromerzeugung an Bord und landseitige Elektrizität, beseitigt wird.

Was den Wettbewerb der Schiffsbetreiber anbelangt, so ist zunächst noch einmal darauf hinzuweisen, dass derzeit nur sehr wenige Schiffe landseitige Elektrizität gewerblich nutzen. Und selbst wenn Reedereien aufgrund dieser Maßnahme insofern einen Vorteil erlangen, dass sie in der Lage sind, Strom im Vergleich zu Unternehmen in anderen Wirtschaftszweigen zu niedrigeren Kosten zu kaufen, wird die geprüfte Maßnahme die Wettbewerbssituation innerhalb des Schifffahrtssektors voraussichtlich nicht wesentlich verändern. Genaue Kostenvorausschätzungen hängen zwar entscheidend von der Entwicklung des Ölpreises ab und sind dementsprechend sehr schwierig, jedoch bestätigen die verfügbaren Belege die Angaben Deutschlands, dass insgesamt selbst bei einer völligen Steuerbefreiung in den meisten Fällen die Betriebskosten der landseitigen Elektrizität nicht unter die Kosten der Stromerzeugung an Bord sinken würden[9], sodass Schiffsbetreiber, die landseitige Elektrizität nutzen, gegenüber denjenigen, die den Strom an Bord erzeugen, in keinem Fall einen erheblichen Wettbewerbsvorteil erlangen würden. Im vorliegenden Fall ist umso weniger mit einer erheblichen derartigen Wettbewerbsverzerrung zu rechnen, als Deutschland den in der Richtlinie 2003/96/EG vorgeschriebenen Mindeststeuerbetrag einhalten will.

Was den Wettbewerb zwischen Häfen anbelangt, so dürfte – wie oben beschrieben – die Nutzung von landseitiger Elektrizität zumindest auf kurze Sicht trotz Steuerermäßigung kaum wirtschaftlicher sein als die Stromerzeugung an Bord, und es steht auch nicht zu erwarten, dass durch die Steuerermäßigung für landseitige Elektrizität der Wettbewerb zwischen den Häfen erheblich verzerrt wird, etwa weil die Routen der Schiffe entsprechend der Verfügbarkeit günstiger landseitiger Elektrizität geändert würden.

Schließlich ist auch der Zeitraum, für den die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes genehmigt werden soll, so kurz, dass nicht damit zu rechnen ist, dass die in den beiden vorherigen Absätzen dargelegte Analyse vor Ablauf des Genehmigungszeitraums geändert werden müsste.

Dauer der Anwendung der Regelung und Entwicklung der EU-Rechtsvorschriften zur Energiebesteuerung

Grundsätzlich sollte die Dauer der Anwendung der Ausnahmeregelung lang genug sein, damit die Hafenbetreiber nicht vor den erforderlichen Investitionen zurückschrecken. Dieses Ziel darf jedoch nicht mit der zu gegebener Zeit erforderlichen Überprüfung der Situation in Deutschland oder der notwendigen künftigen Weiterentwicklung des bestehenden Rechtsrahmens kollidieren. In Zusammenhang mit letzterem Aspekt ist zu bedenken, dass die Kommission am 13. April 2011 eine Überarbeitung der Richtlinie 2003/96/EG vorgeschlagen hat[10], um sie besser mit energie- und umweltpolitischen Zielen und insbesondere den Zielen in Bezug auf den Klimawandel für die Zeit nach 2013 in Einklang zu bringen. Dieser Vorschlag enthält auch eine Bestimmung, wonach die Mitgliedstaaten landseitige Elektrizität bis zum 31. Dezember 2020 von der Steuer befreien (Artikels 14 Absatz 1 Buchstabe e des Entwurfs). Es erscheint daher angebracht, die beantragte Genehmigung für einen Zeitraum von drei Jahren zu erteilen, allerdings unter dem Vorbehalt, dass nicht schon vor Ablauf dieses Zeitraums allgemeine einschlägige Regelungen anzuwenden sind.

Staatliche Beihilfen

Der von den deutschen Behörden vorgesehene Steuersatz von 0,50 EUR/MWh steht im Einklang mit dem Mindeststeuerbetrag nach Artikel 10 der Richtlinie 2003/96/EG. Die Regelung fällt somit unter die so genannte allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EG) Nr. 800/2008)[11] und bedarf daher keiner vorherigen Anmeldung.

2. ERGEBNISSE DER ANHÖRUNGEN INTERESSIERTER KREISE UND DER FOLGENABSCHÄTZUNGEN

Anhörung von interessierten Kreisen

Der Vorschlag stützt sich auf einen Antrag Deutschlands und betrifft nur diesen Mitgliedstaat.

Einholung und Nutzung von Expertenwissen

Externes Expertenwissen war nicht erforderlich.

Folgenabschätzung

Dieser Vorschlag betrifft eine von einem einzelnen Mitgliedstaat beantragte Ermächtigung.

3. RECHTLICHE ASPEKTE

Der Vorschlag zielt auf eine Ermächtigung Deutschlands zur Abweichung von den allgemeinen Bestimmungen der Richtlinie 2003/96/EG des Rates und zur Anwendung eines ermäßigten Satzes der Stromsteuer in Höhe von 0,50 EUR/MWh auf elektrischen Strom ab, der direkt an Schiffe am Liegeplatz in einem Hafen geliefert wird.

Rechtsgrundlage

Artikel 19 der Richtlinie 2003/96/EG.

Subsidiaritätsprinzip

Der Bereich der indirekten Steuern gemäß Artikel 113 AEUV fällt an sich nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union im Sinne von Artikel 3 AEUV.

Die konkurrierenden Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten in diesem Bereich sind jedoch von dem geltenden EU-Recht genau geregelt und begrenzt. Gemäß Artikel 19 der Richtlinie 2003/96 ist ausschließlich der Rat befugt, einen Mitgliedstaat zu ermächtigen, weitere Befreiungen oder Ermäßigungen im Sinne dieser Vorschrift einzuführen. Dabei können die Mitgliedstaaten nicht an die Stelle des Rates treten.

Folglich steht der Vorschlag mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang.

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Der Vorschlag steht im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Steuerermäßigung geht nicht über das zum Erreichen des Ziels erforderliche Maß hinaus (vgl. die vorstehenden Erwägungen zu Binnenmarkt und Wettbewerb).

Wahl des Instruments

Vorgeschlagenes Instrument: Beschluss des Rates

Nach Artikel 19 der Richtlinie 2003/96 ist nur diese Art von Maßnahme möglich.

4. AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT

Die Maßnahme beinhaltet keine finanziellen oder administrativen Belastungen für die Union. Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den EU-Haushalt.

2011/0133 (NLE)

Vorschlag für

BESCHLUSS DES RATES

zur Ermächtigung Deutschlands, auf direkt an Schiffe am Liegeplatz im Hafen gelieferten elektrischen Strom („landseitige Elektrizität“) im Einklang mit Artikel 19 der Richtlinie 2003/96/EG einen ermäßigten Satz der Stromsteuer anzuwenden

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom[12], insbesondere auf Artikel 19,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1. Mit Schreiben vom 27. Dezember 2010 ersuchte Deutschland um die Ermächtigung, auf direkt an Schiffe am Liegeplatz im Hafen gelieferten elektrischen Strom („landseitige Elektrizität“) gemäß Artikel 19 der Richtlinie 2003/96/EG einen ermäßigten Satz der Stromsteuer anzuwenden.

2. Mit der beabsichtigten Steuerermäßigung strebt Deutschland eine Förderung der breiteren Nutzung der landseitigen Elektrizität an, damit am Liegeplatz im Hafen liegende Schiffe ihren Bedarf an elektrischem Strom in einer gegenüber der Verbrennung von Bunkeröl an Bord weniger umweltschädlichen Weise decken können.

3. Da durch die Nutzung von landseitiger Elektrizität die mit der Verbrennung von Bunkeröl an Bord von Schiffen an Liegeplätzen verbundenen Emissionen von Luftschadstoffen vermieden werden, trägt sie zur Verbesserung der Luftqualität in Hafenstädten bei. Daher dürfte die Maßnahme zum Erreichen der umwelt-, gesundheits- und klimapolitischen Ziele der EU beitragen.

4. Die Ermächtigung Deutschlands zur Anwendung eines ermäßigten Satzes der Stromsteuer auf landseitige Elektrizität geht nicht über das zum Erreichen des erwähnten Ziels erforderliche Maß hinaus, da die Stromerzeugung an Bord in den meisten Fällen weiterhin die wettbewerbsfähigere Alternative bleiben wird. Aus diesem Grund und wegen der gegenwärtig relativ geringen Marktdurchdringung der Technologie dürfte die Regelung während ihrer Laufzeit kaum zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen führen und damit auch nicht das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigen.

5. Gemäß Artikel 19 Absatz 2 der Richtlinie 2003/96/EG ist jede aufgrund dieser Bestimmung gewährte Ermächtigung zu befristeten. Da der Zeitraum der Anwendung der Regelung lang genug sein muss, um die Hafenbetreiber nicht von den erforderlichen Investitionen abzuhalten, und die Situation in Deutschland zu gegebener Zeit überprüft werden muss, zugleich aber auch die künftige Entwicklung des bestehenden Rechtsrahmens nicht untergraben werden darf, ist es angebracht, die beantragte Ermächtigung für einen Zeitraum von drei Jahren zu gewähren, allerdings unter dem Vorbehalt, dass nicht schon vor dem Ablauf dieses Zeitraums allgemeine einschlägige Regelungen anzuwenden sind –

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Deutschland wird hiermit ermächtigt, auf direkt an Schiffe am Liegeplatz im Hafen gelieferten elektrischen Strom einen ermäßigten Satz der Stromsteuer anzuwenden, sofern es sich nicht um Wasserfahrzeuge der privaten nichtgewerblichen Schifffahrt handelt und die Mindeststeuerbeträge nach Artikel 10 der Richtlinie 2003/96/EG eingehalten werden.

Artikel 2

Dieser Beschluss gilt ab dem zwanzigsten Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union. Er tritt drei Jahre danach außer Kraft.

Sollte der Rat allerdings auf der Grundlage von Artikel 113 AEUV allgemeine Regelungen über Steuervergünstigungen für landseitige Elektrizität erlassen, tritt dieser Beschluss an dem Tag außer Kraft, ab dem diese allgemeinen Regelungen anzuwenden sind.

Artikel 3

Dieser Beschluss ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am

In Namen des Rates

Der Präsident

[1] Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. L 283 vom 31.10.2003, S. 51).

[2] Empfehlung 2006/339/EG der Kommission vom 8. Mai 2006 über die Förderung der Landstromversorgung von Schiffen an Liegeplätzen in den Häfen der Gemeinschaft (ABl. L 125 vom 12.5.2006).

[3] Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Strategische Ziele und Empfehlungen für die Seeverkehrspolitik der EU bis 2018, KOM(2009)8 endgültig.

[4] Siehe Fußnote 2.

[5] Vgl. Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl. L 152 vom 11.6.2008).

[6] Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Eine integrierte Meerespolitik für die Europäische Union (KOM(2007)575 endg. vom 10.10.2007) samt Begleitdokument der Kommissionsdienststellen (SEK(2007)1278).

[7] Bei einer früheren Gelegenheit hat die Kommission die durchschnittliche Senkung der CO2-Emissionen durch Umstellung auf landseitige Elektrizität auf 50 % geschätzt, vgl. Fußnote 2. Jedoch können die Auswirkungen der vorgesehenen Maßnahme erheblich von diesem Durchschnittswert abweichen, hängen sie doch entscheidend davon ab, wie kohlenstoffintensiv der jeweilige Markt ist und zu welchem Zeitpunkt der zusätzliche Strombedarf auftritt.

[8] Vgl. Artikel 1 des Abkommens zwischen den Rheinuferstaaten und Belgien vom 16. Mai 1952 über die zoll- und abgabenrechtliche Behandlung des Gasöls, das als Schiffsbedarf in der Rheinschifffahrt verwendet wird (Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil II, S. 531).

[9] Siehe Europäische Kommission, Generaldirektion Umwelt, Dienstleistungsauftrag in Bezug auf Emissionen von Schiffen: Zuschreibung, Minderung und marktgestützte Instrumente: landseitige Stromversorgung, August 2005, http://ec.europa.eu/environment/air/pdf/task2_shoreside.pdf. Die Kostenanalyse bezieht sich auf die drei Häfen Göteborg (Schweden), Juneau und Long Beach (USA).

[10] Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2003/96/EG zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom, KOM(2011)169/3.

[11] Verordnung (EG) Nr. 800/2008 der Kommission vom 6. August 2008 zur Erklärung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt in Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag (allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung), ABl. L 214 vom 9.8.2008, S. 3.

[12] ABl. L 283 vom 31.10.2003, S. 51.

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