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Document 52010PC0375

Vorschlag für eine VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG betreffend die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, den Anbau von GVO auf ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen

/* KOM/2010/0375 endg. */

52010PC0375




[pic] | EUROPÄISCHE KOMMISSION |

Brüssel, den 13.7.2010

KOM(2010) 375 endgültig

2010/0208 (COD)

Vorschlag für eine

VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG betreffend die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, den Anbau von GVO auf ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen

{KOM(2010) 380 endgültig}

BEGRÜNDUNG

1. Kontext des Vorschlags

Die Europäische Union (EU) hat einen umfangreichen Rechtsrahmen für die Zulassung von Erzeugnissen erlassen, die aus genetisch veränderten Organismen (GVO) bestehen oder aus diesen hergestellt werden. Das Zulassungsverfahren erstreckt sich auf die Verwendung von GVO als Lebensmittel oder Futtermittel, die industrielle Verarbeitung und den Anbau sowie auf die aus GVO hergestellten Lebensmittel und Futtermittel.

Das Zulassungssystem der EU zielt darauf ab, schädliche Auswirkungen von GVO auf die Gesundheit von Mensch und Tier und die Umwelt auszuschließen und gleichzeitig einen Binnenmarkt für diese Erzeugnisse zu schaffen. Zwei Rechtsakte, und zwar die Richtlinie 2001/18/EG über die Freisetzung von GVO[1] und die Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel[2] regeln die Zulassung von GVO vor dem Inverkehrbringen. In beiden Rechtsakten sind wissenschaftlich begründete Normen für die Bewertung der potenziellen Risiken für die Gesundheit von Mensch und Tier und die Umwelt sowie Kennzeichnungsvorschriften festgelegt. Darüber hinaus enthält die Verordnung (EG) Nr. 1830/2003[3] Vorschriften für die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von GVO und die Rückverfolgbarkeit von aus GVO hergestellten Lebensmitteln und Futtermitteln.

Der Rat erachtete den bestehenden Rechtsrahmen für GVO in seinen Schlussfolgerungen vom Dezember 2008 als umfassend und unterstrich, dass die bestehenden Vorschriften besser umgesetzt werden müssten, insbesondere im Hinblick auf den Anbau. Er hielt es auch für notwendig, dass Anträge weiterhin ohne ungebührliche Verzögerung bearbeitet werden. Im März 2009 lehnte der Rat die Vorschläge der Kommission ab, in denen Österreich und Ungarn ersucht wurden, ihre nationalen Schutzmaßnahmen aufzuheben, weil diese nach Aussage der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nicht durch wissenschaftliche Erkenntnisse untermauert wurden, wie dies im EU-Recht vorgeschrieben ist. Daraufhin ersuchte eine Gruppe aus 13 Mitgliedstaaten[4] die Kommission, Vorschläge auszuarbeiten, denen zufolge die Mitgliedstaaten frei über den Anbau von GVO entscheiden können sollten[5].

In den von Präsident Barroso ausgearbeiteten politischen Leitlinien für die neue Kommission wurde im September 2009 das Subsidiaritätsprinzip im Bereich der GVO als Beispiel dafür angeführt, dass das Verhältnis zwischen dem EU-Rechtsrahmen und der Notwendigkeit, den Unterschieden innerhalb der EU mit ihren 27 Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen, möglicherweise nicht immer ausgewogen ist. Laut den genannten Leitlinien müsste es möglich sein, ein auf wissenschaftlicher Grundlage beruhendes EU-weites Zulassungssystem für GVO mit der Freiheit der Mitgliedstaaten in Einklang zu bringen, selbst darüber zu entscheiden, ob sie genetisch veränderte Kulturen auf ihrem Hoheitsgebiet anbauen möchten.

Mit der vorgeschlagenen Verordnung sollen diese Leitlinien umgesetzt werden; hierzu wird innerhalb des EU-weiten Rechtsrahmens für GVO eine Rechtsgrundlage geschaffen, die den Mitgliedstaaten das Recht einräumt, den Anbau von auf EU-Ebene zugelassenen GVO auf ihrem Hoheitsgebiet oder in Teilen desselben zu beschränken oder zu untersagen. Diese Verbote oder Beschränkungen sind auf andere Gründe zu stützen als diejenigen, die bei der Bewertung des Risikos für Gesundheit und Umwelt im Rahmen des EU-weiten Zulassungssystems herangezogen werden.

2. Bevorzugte Option und Bewertung ihrer Auswirkungen

2.1. Gründe für die Änderung des EU-Rechtsrahmens im Vergleich zu anderen Lösungen

A. Der bestehende Rechtsrahmen trägt nicht in vollem Umfang der Notwendigkeit Rechnung, den Mitgliedstaaten bezüglich des Anbaus von GVO mehr Entscheidungsfreiheit einzuräumen, da er ihnen nicht genug Flexibilität bietet, um über den Anbau von GVO zu entscheiden, die bereits auf EU-Ebene zugelassen worden sind.

Die an die Stelle der Empfehlung zur Koexistenz[6] getretene Empfehlung mit Leitlinien für die Ausarbeitung einzelstaatlicher Maßnahmen mit dem Ziel, auszuschließen, dass GVO versehentlich in konventionelle und ökologische Kulturen gelangen, ist ein weiterer Schritt zur Anerkennung des Bedürfnisses der Mitgliedstaaten nach Flexibilität, um den besonderen landwirtschaftlichen Gegebenheiten auf ihrem Hoheitsgebiet Rechnung tragen zu können. Die neue Empfehlung, die Artikel 26a der Richtlinie 2001/18/EG[7] widerspiegelt, kann dagegen nur für Maßnahmen gelten, mit denen ausgeschlossen werden soll, dass GVO versehentlich in andere Kulturen gelangen, was den Mitgliedstaaten weniger Entscheidungsfreiheit lässt als eine umfassende Rechtsänderung.

Einige weitere Aspekte in Verbindung mit dem EU-Rahmen für die Zulassung von GVO könnten Spielraum für die Berücksichtigung besonderer Anbaubedingungen in den Mitgliedstaaten schaffen. Diese Aspekte könnten sein: i) die Berücksichtigung regionaler Aspekte im Rahmen der Risikobewertung und der Zulassungsbedingungen oder ii) die Berücksichtigung anderer gerechtfertigter Faktoren nach Maßgabe der Verordnung. Diese Optionen würden sich jedoch nur auf die Art und Weise auswirken, wie auf EU-Ebene Zulassungen erteilt werden. Darüber hinaus wird der Rahmen, innerhalb dessen die genannten Aspekte zum Tragen kommen könnten, als zu restriktiv erachtet. Damit würden sie nicht in das grundlegende Konzept passen, wonach den Mitgliedstaaten gestattet werden soll, unter Berücksichtigung der ihrem Land eigenen besonderen Gegebenheiten über den Anbau von GVO zu entscheiden.

Die Tatsache, dass die Mitgliedstaaten beim Anbau zugelassener GVO derzeit keinen Ermessenspielraum haben, hat dazu geführt, dass Mitgliedstaaten in mehreren Fällen ihr Votum auf nichtwissenschaftliche Überlegungen gestützt haben. Einige von ihnen haben sich ferner auf die bestehenden Schutzklauseln berufen oder die im Vertrag vorgesehenen besonderen Notifizierungsverfahren im Rahmen des Binnenmarkts in Anspruch genommen, um den Anbau von GVO auf nationaler Ebene zu untersagen.

B. Der bestehende Rechtsrahmen der EU wäre daher anzupassen, um die Entscheidungsfindung vereinfachen und alle maßgeblichen Faktoren berücksichtigen zu können. In der Folge dürften die Mitgliedstaaten ferner weniger auf Schutzmaßnahmen zurückgreifen, die gemäß den Rechtsvorschriften an neue oder zusätzliche wissenschaftliche Nachweise betreffend die Sicherheit von GVO für Gesundheit und Umwelt gebunden sind. Damit würde auch die institutionelle Belastung der Kommission und der EFSA abnehmen. Auch würden sich die Mitgliedstaaten nicht auf das Verfahren gemäß Artikel 114 Absatz 5 des Vertrags über die Funktionsweise der Europäischen Union (AEUV) stützen, um den Anbau von GVO aus anderen Überlegungen als dem Schutz von Gesundheit und Umwelt auf ihrem Hoheitsgebiet zu untersagen oder zu beschränken. Ferner dürfte die vorgeschlagene Änderung denjenigen Mitgliedstaaten Rechtssicherheit bieten, die den Anbau von GVO beschränken oder untersagen möchten. Schließlich verschafft sie allen Beteiligten (wie Erzeugern von GVO, ökologischen und konventionellen Landwirten, Saatgutherstellern/-exporteuren/-importeuren, Viehzüchtern, Futtermittelverarbeitungsbetrieben, Verbrauchern und Biotechnologiefirmen) mehr Klarheit über den Anbau von GVO in der EU, wodurch der Entscheidungsprozess möglicherweise an Berechenbarkeit gewinnt.

2.2. Die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Folgen des Vorschlags

Bisher wurden in der EU nur in stark eingeschränktem Maße GVO angebaut. Daher lässt sich vorab nur schwer genau beziffern, wie sich die den Mitgliedstaaten gewährte Entscheidungsfreiheit bezüglich des Verbots/der Beschränkung des Anbaus möglicherweise auf Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt auswirkt.

2.2.1. Wirtschaftliche Auswirkungen

Der Vorschlag berührt nicht das EU-weite Zulassungsverfahren für GVO, und die Kommission wird die Anbauanträge weiterhin gemäß den bestehenden Vorschriften bearbeiten. Daher hat der Vorschlag für die Antragsteller keine unmittelbaren Folgen. Betroffen sind 17 Anträge auf Zulassung bzw. erneute Zulassung (hauptsächlich für Mais[8]), die derzeit anhängig sind.

A. Fortsetzen bestehender Entwicklungen – Herstellung von GVO-Kulturen und –Saatgut in der EU

Angesichts der bisherigen begrenzten Erfahrungen mit dem Anbau in der EU ist davon auszugehen, dass die Erzeugung von genetisch verändertem Saatgut und der Anbau von GVO in der EU hauptsächlich in denjenigen Mitgliedstaaten stattfinden wird, die bereits Erfahrungen mit dem Anbau auf ihrem Hoheitsgebiet gewonnen haben. Das Tempo, mit dem der Anbau von GVO in der EU voranschreiten könnte, ist in verschiedenen, sich auf den bestehenden Rechtsrahmen stützenden Szenarien bereits als unklar bewertet worden[9]. Die Annahme durch die Landwirte erfolgt nach Abwägen der erwarteten Produktivitätszuwächse bzw. Marktchancen einerseits und möglichen Nachteilen andererseits, zu denen höhere Preise für genetisch verändertes Saatgut, Prämien für nicht genetisch veränderte Erzeugnisse, mögliche Ablehnungsreaktionen auf dem Markt[10] und die Kosten der nationalen Koexistenz- und Haftungsmaßnahmen zählen. Der Prozess des Getrennthaltens gestaltet sich aufwändiger in Gebieten, in denen sich die Erzeugung konventionellen Saatguts mit einem hohen Anteil an genetisch verändertem Saatgut und angebauten GVO-Kulturen überschneidet.

B. Inverkehrbringen von genetisch verändertem Saatgut

Der vorliegende Vorschlag erstreckt sich ausschließlich auf die Entscheidungsfreiheit der Mitgliedstaaten, den Anbau von GVO-Sorten zu untersagen/beschränken, nicht aber auf den freien Handel mit bereits auf EU-Ebene zugelassenem genetisch verändertem Saatgut innerhalb der EU oder den Import solchen Saatguts aus Drittländern.

C. Auswirkungen auf andere Erzeugungsarten und nachgeschaltete Akteure/Nutzer

Im Hinblick auf andere Erzeugungsarten wirken sich die Möglichkeit, GVO aus bestimmten Gebieten auszuschließen, und die Bündelung verschiedener Produktionsketten möglicherweise positiv auf die Akteure und die Verbraucher konventioneller oder ökologischer Erzeugnisse aus, und die Kosten für die Getrennthaltung sinken. Die Auswirkungen auf den Endverbraucherpreis lassen sich schwer abschätzen. Verbrauchern und Akteuren dürfte jedoch eine größere Auswahl der drei Erzeugnisarten – ökologisch, konventionell und genetisch verändert – zur Verfügung stehen.

D. Auswirkungen auf die Verwaltungskosten

Bei der genannten Option dürften die nationalen Schutzmaßnahmen zahlenmäßig sinken, wodurch sich der administrative Aufwand für die Mitgliedstaaten, die EFSA bzw. die Kommission und für die einschlägigen Verfahren reduzieren würde. Andererseits könnten den Mitgliedstaaten höhere Verwaltungskosten durch ihre Maßnahmen zur Durchsetzung einer potenziellen Beschränkung des GVO-Anbaus bzw. eines Anbauverbots entstehen. Wie bereits jetzt werden in den Mitgliedstaaten, in denen dann GVO angebaut würden, Ressourcen für Inspektionsbesuche, Kontrollen und Überwachung benötigt, insbesondere auf den Feldern, um zu gewährleisten, dass die nach dem Inverkehrbringen vorgeschriebenen Maßnahmen ordnungsgemäß umgesetzt werden.

2.2.2. Soziale Auswirkungen

Da die Anbaufläche im Rahmen des derzeitigen Vorschlags insgesamt nicht zu- oder abnehmen dürfte, wird davon ausgegangen, dass sich der Vorschlag nicht maßgeblich auf die Zahl der Arbeitsplätze auswirken wird.

Im Rahmen einer stärker national bzw. regional ausgerichteten Regelung für den Anbau von GVO dürfte die Öffentlichkeit stärker in die Entscheidungsfindung auf nationaler und regionaler Ebene einbezogen werden, und die Mitgliedstaaten dürften mehr Ressourcen und Zeit aufwenden, um die Bürger an ihren Entscheidungen teilhaben zu lassen. Es ist davon auszugehen, dass soziale, wirtschaftliche und ethische Fragen aufgeworfen werden und die Grundlage für die Entscheidungsfindung auf nationaler, regionaler bzw. lokaler Ebene bilden.

2.2.3. Folgen für die Umwelt

Für jeden GVO führt die EFSA weiterhin auf EU-Ebene und auf Einzelfallbasis eine Bewertung der potenziellen Risiken für Gesundheit und Umwelt durch. Die EFSA trägt jeweils den von den nationalen Behörden gelieferten wissenschaftlichen Informationen Rechnung, insbesondere im Hinblick auf regionale Aspekte, und gibt auf dieser Grundlage ihre jeweilige Stellungnahme ab.

Wie bereits jetzt können sich in Gebieten, in denen dann GVO angebaut werden, unter Berücksichtigung der jeweiligen Risikobewertung ein Risikomanagement und die Überwachung der potenziellen Auswirkungen auf die Umwelt als notwendig erweisen. Um hierbei das bestmögliche Ergebnis erzielen zu können, sind möglicherweise die nationalen/regionalen Behörden und sonstige Netze (z. B. bestehend aus Landwirten oder Wissenschaftlern) einzubeziehen.

2.3. Schlussfolgerung

Die Kommission hält die Änderung der Rechtsvorschriften für erforderlich, um auf ausgewogene Art und Weise einerseits das auf der wissenschaftlichen Bewertung von Gesundheits- und Umweltrisiken beruhende EU-weite Zulassungssystem beizubehalten und andererseits den Mitgliedstaaten die Freiheit einzuräumen, selbst über bestimmte den Anbau von GVO betreffende nationale oder lokale Aspekte zu entscheiden. Mit der geplanten Herangehensweise, die sowohl das für GVO geltende Zulassungssystem in der EU als auch den freien Verkehr mit bzw. den Import von genetisch veränderten Lebensmitteln, Futtermitteln und GVO-Saatgut unangetastet lässt, soll den Forderungen mehrerer Mitgliedstaaten entsprochen werden, wofür mit öffentlicher Unterstützung zu rechnen ist. Ferner dürften die potenziellen wirtschaftlichen und sozialen Vorteile des vorliegenden Vorschlags mögliche Nachteile wohl überwiegen.

Die Mitgliedstaaten sind möglicherweise besser in der Lage, eine eigene Folgenabschätzung vorzunehmen, die dazu dient, ihre auf nationaler/regionaler/lokaler Ebene getroffenen Entscheidungen über den Anbau von GVO auf ihrem Hoheitsgebiet zu begründen.

3. Rechtliche Aspekte

3.1. Inhalt des Vorschlags

Mit dem Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG wird ein neuer Artikel aufgenommen, nach dem es den Mitgliedstaaten gestattet wird, den Anbau zugelassener GVO auf ihrem Hoheitsgebiet oder in Teilen desselben aus anderen Gründen zu beschränken oder zu untersagen als denjenigen, die unter die Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen des EU-weiten Zulassungssystems fallen, sowie denjenigen, mit denen ausgeschlossen werden soll, dass GVO versehentlich in andere Erzeugnisse gelangen.

Die Änderung gilt für GVO, die gemäß der Richtlinie 2001/18/EG oder der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 für den Anbau zugelassen wurden, wobei letztere sich auch auf Anträge auf den Anbau von GVO erstreckt, die als Ausgangsmaterial für die Herstellung von Lebensmitteln oder Futtermitteln verwendet werden sollen. Sie findet weiterhin Anwendung auf den Anbau aller Arten von Saatgut und Pflanzenvermehrungsmaterial, die gemäß den einschlägigen EU-Vorschriften[11] in Verkehr gebracht werden.

Die den Mitgliedstaaten gewährte Entscheidungsfreiheit bezieht sich lediglich auf die Tätigkeit des Anbaus von GVO, nicht aber auf das Inverkehrbringen und den Import zugelassenen GVO-Saatguts, die im Rahmen des Binnenmarktes und der betreffenden internationalen Verpflichtungen der Union weiterhin ungehindert stattfinden können müssen. Der Vorschlag schreibt zwei Bedingungen vor, unter denen die Mitgliedstaaten Maßnahmen erlassen können:

1. Da die Risikobewertung für GVO in Bezug auf die Gesundheit von Mensch und die Tier sowie auf die Umwelt auf EU-Ebene erfolgt, haben die Mitgliedstaaten bei der bestehenden Rechtslage die Möglichkeit, sich auf die Sonderverfahren im Zusammenhang mit der Schutzklausel in der Richtlinie 2001/18/EG (Artikel 23) bzw. der in der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 (Artikel 34) vorgesehenen Sofortmaßnahme zu berufen, sofern sie ernsthaften Grund zu der Annahme haben, dass das zugelassene Erzeugnis wahrscheinlich eine schwerwiegende Gefahr für Gesundheit und Umwelt darstellt. Demnach regelt der Vorschlag, dass die Mitgliedstaaten sich nicht auf den Schutz von Gesundheit und Umwelt berufen können, um außerhalb dieser Sonderverfahren ein nationales Anbauverbot für GVO zu rechtfertigen. Mit dieser Bedingung soll das im EU-Recht verankerte wissenschaftlich fundierte Zulassungssystem bewahrt werden.

2. Damit können sich die Mitgliedstaaten auf (andere als die für die Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen des EU-Zulassungssystems herangezogenen) Gründe stützen, um den Anbau von GVO auf ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen. Die von den Mitgliedstaaten erlassenen Maßnahmen müssen mit dem Vertrag über die Europäische Union (EUV) und dem Vertrag über die Funktionsweise der Europäischen Union (AEUV) vereinbar sein, insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz der Nichtdiskriminierung in Bezug auf inländische und ausländische Erzeugnisse sowie die Bestimmungen über mengenmäßige Beschränkungen im Handel zwischen den Mitgliedstaaten (Artikel 34 und 36 AEUV). Schließlich müssen sie im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen der EU stehen, insbesondere denjenigen auf der Ebene der Welthandelsorganisation.

3.2. Wahl des Instruments

Der Vorschlag liegt in Form einer Verordnung vor, obwohl mit ihm eine Richtlinie geändert wird.

Dies ist dadurch begründet, dass der Vorschlag damit allgemeine Geltung hat, in allen seinen Teilen verbindlich ist und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gilt. Darüber hinaus enthält der Vorschlag im Wesentlichen keine Bestimmungen, die der Umsetzung bedürfen, da er den Mitgliedstaaten lediglich eine rechtliche Grundlage zum Erlass von Maßnahmen verschafft.

3.3. Subsidiaritätsprinzip und Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

3.3.1. Vereinbarkeit des Vorschlags mit dem Subsidiaritätsprinzip

Gemäß Artikel 5 Absatz 3 EUV wird die Union nach dem Subsidiaritätsprinzip in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind.

Übertragen die Verträge der Union für einen bestimmten Bereich eine mit den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit, so können die Union und die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 2 Absatz 2 AEUV in diesem Bereich gesetzgeberisch tätig werden und verbindliche Rechtsakte erlassen. Gemäß dem letzten Satz dieser Bestimmung nehmen die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeit erneut wahr, sofern und soweit die Union entschieden hat, ihre Zuständigkeit nicht mehr auszuüben.

Nach dem bestehenden Rechtsrahmen der EU ist der Anbau von GVO vollständig harmonisiert. Danach ist es den Mitgliedstaaten gestattet, ausschließlich unter den in diesem Rechtsrahmen festgelegten Bedingungen (insbesondere der Schutzklauseln und der Bestimmungen über Notfallmaßnahmen bei Feststellung einer ernsthaften Gefahr für Gesundheit und Umwelt sowie in Anwendung von Artikel 26a der Richtlinie 2001/18/EG, um auszuschließen, dass GVO in andere Erzeugnisse gelangen) begründete Maßnahmen zur Beschränkung oder zum Verbot des Anbaus von GVO zu erlassen.

Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass der Anbau von GVO ein Thema ist, mit dem sich die Mitgliedstaaten – auf zentraler oder regionaler und lokaler Ebene – intensiver auseinandersetzen. Das Thema ist eng verknüpft mit der Bodennutzung und den Bedürfnissen lokaler landwirtschaftlicher Strukturen, getrennten Produktionsketten und der Verbrauchernachfrage. Im Gegensatz zur Sicherheitsbewertung für GVO, deren Grundsätze EU-weit einheitlich sind, oder Angelegenheiten im Zusammenhang mit Import und Inverkehrbringen von GVO, die weiterhin auf EU-Ebene geregelt werden sollten, wurde der Anbau von GVO als Thema mit ausgeprägter lokaler/regionaler Bedeutung anerkannt. Demzufolge gilt eine Entscheidungsfindung auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene als am besten geeignet, um den mit dem Anbau von GVO verbundenen Besonderheiten Rechnung zu tragen.

Im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip und in Anwendung von Artikel 5 Absatz 3 letzter Satz EUV sollten sich die Mitgliedstaaten daher die Möglichkeit vorbehalten dürfen, Vorschriften über den Anbau von GVO auf ihrem Hoheitsgebiet zu erlassen, die in der EU rechtskräftig in Verkehr gebracht worden sind, unter der Voraussetzung, dass diese Maßnahmen Inverkehrbringen und Import dieser GVO nicht beeinträchtigen und in Einklang mit den Verträgen und den internationalen Verpflichtungen der EU stehen, insbesondere denjenigen auf der Ebene der Welthandelsorganisation.

3.3.2. Vereinbarkeit des Vorschlags mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Gemäß Artikel 5 Absatz 4 EUV gehen die Maßnahmen der Union nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit inhaltlich wie formal nicht über das zur Erreichung der Ziele der Verträge erforderliche Maß hinaus.

Inhaltlich beschränkt sich die im Vorschlag vorgesehene Maßnahme der Union darauf, den Mitgliedstaaten zu gestatten, begründete Maßnahmen betreffend den Anbau von GVO zu erlassen. Innerhalb der im Vorschlag festgelegten Beschränkungen (denen zufolge die von den Mitgliedstaaten erlassenen nationalen Maßnahmen nicht auf Umweltverträglichkeitsprüfungen im Rahmen des EU-Zulassungssystems gestützt werden dürfen und die Verträge sowie die einschlägigen internationalen Verpflichtungen einzuhalten sind) dürfte sie der Fähigkeit der EU, die Ziele der Verträge zu erreichen, nicht entgegenstehen. Die Mitgliedstaaten könnten sich beim Erlass der Maßnahmen ausschließlich auf den Anbau von GVO beziehen, nicht aber auf den freien Handel mit bzw. den Import von genetisch verändertem Saatgut und Pflanzenvermehrungsmaterial als Erzeugnis oder in Erzeugnissen bzw. deren Ernteprodukten.

Beteiligten (wie Biotechnologiefirmen oder Landwirten) und Verbrauchern dürften gegenüber der jetzigen Situation ferner keine zusätzlichen Kosten entstehen. Einige Mitgliedstaaten müssen möglicherweise einige zusätzliche administrative Ressourcen bereitstellen, um den potenziell höheren Bedarf an Inspektionsbesuchen und Kontrollen abdecken zu können. Diese Kosten dürften jedoch nicht übermäßig hoch oder ungerechtfertigt sein. Die obige Analyse der sonstigen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen lässt den Schluss zu, dass Akteuren, Verbrauchern bzw. allen sonstigen Beteiligten weder ein übermäßiger Aufwand noch unzumutbare Kosten oder Nachteile gegenüber der jetzigen Situation entstehen.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Der vorliegende Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates hat keine finanziellen Auswirkungen auf den Haushalt der Union.

Der Vorschlag hat keine anderen Auswirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen als die Auswirkungen der jetzigen Situation.

2010/0208 (COD)

Vorschlag für eine

VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG betreffend die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, den Anbau von GVO auf ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114 […],

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses[12],

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen[13],

nach Übermittlung des Vorschlags an die nationalen Parlamente,

nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren[14],

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Mit der Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates[15] und der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel[16] wurde ein umfassender rechtlicher Rahmen für die Zulassung genetisch veränderter Organismen (GVO) geschaffen, der in vollem Umfang auf GVO Anwendung findet, die als Saatgut oder sonstiges Pflanzenvermehrungsmaterial zu Anbauzwecken in der EU verwendet werden sollen (nachstehend „für den Anbau bestimmte GVO“ genannt).

(2) Im Rahmen dieser Rechtsvorschriften werden für den Anbau bestimmte GVO einer individuellen Risikobewertung unterzogen, bevor sie für das Inverkehrbringen auf dem Markt der Union zugelassen werden. Dieses Zulassungsverfahren soll sicherstellen, dass das Leben und die Gesundheit des Menschen, die Gesundheit und das Wohlergehen der Tiere, die Belange der Umwelt und die Interessen der Verbraucher in hohem Maße geschützt werden, und gleichzeitig das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes gewährleisten.

(3) Neben dem Zulassungsverfahren im Hinblick auf das Inverkehrbringen müssen genetisch veränderte Sorten auch den Anforderungen der EU-Rechtsvorschriften für das Inverkehrbringen von Saatgut und Pflanzenvermehrungsmaterial genügen, die insbesondere festgelegt sind in der Richtlinie 66/401/EWG des Rates vom 14. Juni 1966 über den Verkehr mit Futterpflanzensaatgut[17], der Richtlinie 66/402/EWG des Rates vom 14. Juni 1966 über den Verkehr mit Getreidesaatgut, der Richtlinie 2002/53/EG des Rates vom 13. Juni 2002 über einen gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten[18], der Richtlinie 2002/54/EG des Rates vom 13. Juni 2002 über den Verkehr mit Betarübensaatgut[19], der Richtlinie 2002/55/EG des Rates vom 13. Juni 2002 über den Verkehr mit Gemüsesaatgut[20], die Richtlinie 2002/56/EG des Rates vom 13. Juni 2002 über den Verkehr mit Pflanzkartoffeln[21], der Richtlinie 2002/57/EG des Rates vom 13. Juni 2002 über den Verkehr mit Saatgut von Öl- und Faserpflanzen[22], der Richtlinie 68/193/EWG vom 9. April 1968 über den Verkehr mit vegetativem Vermehrungsgut von Reben[23], der Richtlinie 98/56/EG vom 20. Juli 1998 über das Inverkehrbringen von Vermehrungsmaterial von Zierpflanzen[24], der Richtlinie 99/105/EG vom 22. Dezember 1999 über den Verkehr mit forstlichem Vermehrungsgut[25] und der Richtlinie 2008/90/EG des Rates vom 29. September 2008 über das Inverkehrbringen von Vermehrungsmaterial und Pflanzen von Obstarten zur Fruchterzeugung[26]. Innerhalb dieser Gruppe enthalten die Richtlinien 2002/53/EG und 2002/55/EG Bestimmungen, nach denen es den Mitgliedstaaten gestattet ist, unter bestimmten, genau festgelegten Bedingungen die Verwendung einer Sorte in der Gesamtheit oder in einem Teil ihres Gebiets zu untersagen oder geeignete Bedingungen für den Anbau einer Sorte vorzuschreiben.

(4) Sobald ein GVO gemäß dem Rechtsrahmen der EU für GVO für den Anbau zugelassen ist und in Bezug auf die Sorte, die in Verkehr gebracht werden soll, den Anforderungen der EU-Rechtsvorschriften über das Inverkehrbringen von Saatgut und Pflanzenvermehrungsmaterial genügt, dürfen die Mitgliedstaaten den freien Verkehr damit auf ihrem Hoheitsgebiet außer unter den in den EU-Rechtsvorschriften festgelegten Bedingungen nicht untersagen, beschränken oder behindern.

(5) Die Erfahrung hat gezeigt, dass der Anbau von GVO ein Thema ist, mit dem sich die Mitgliedstaaten – auf zentraler oder regionaler und lokaler Ebene – intensiver auseinandersetzen. Im Gegensatz zu Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem Inverkehrbringen und Import von GVO, die weiterhin auf EU-Ebene geregelt werden sollten, wurde der Anbau von GVO als Thema mit ausgeprägter lokaler/regionaler Bedeutung anerkannt. Gemäß Artikel 2 Absatz 2 AEUV sollte den Mitgliedstaaten daher die Möglichkeit eingeräumt werden, nach der rechtmäßigen Zulassung eines GVO auf dem Markt der EU Vorschriften für den tatsächlichen Anbau von GVO auf ihrem Hoheitsgebiet zu erlassen.

(6) Vor diesem Hintergrund erscheint es angemessen, die EU-Rechtsvorschriften zu präzisieren, um den Mitgliedstaaten entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip mehr Freiheit bei der Entscheidung darüber zu gewähren, ob sie genetisch veränderte Kulturen auf ihrem Hoheitsgebiet anbauen möchten, ohne das System der Union für die Zulassung von GVO zu ändern und unbeschadet der Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten in Anwendung von Artikel 26a der Richtlinie 2001/18/EG erlassen dürfen, um auszuschließen, dass GVO versehentlich in andere Erzeugnisse gelangen.

(7) Den Mitgliedstaaten sollte daher gestattet werden, Maßnahmen zu erlassen, um den Anbau aller oder bestimmter GVO auf ihrem Hoheitsgebiet oder Teilen desselben zu beschränken oder zu untersagen, und diese Maßnahmen in allen Phasen der Zulassung bzw. Wiederzulassung der betreffenden GVO auf dem Markt bzw. ihrer Zurücknahme zu ändern, wie es ihnen zweckdienlich erscheint. Dasselbe sollte für genetisch veränderte Saatgutsorten und Arten von Pflanzenvermehrungsmaterial gelten, die gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften über das Inverkehrbringen von Saatgut und Pflanzenvermehrungsmaterial, insbesondere den Richtlinien 2002/53/EG und 2002/55/EG, in Verkehr gebracht werden. Die Maßnahmen sollten ausschließlich auf den Anbau von GVO Bezug nehmen, nicht aber auf den freien Verkehr mit und den Import von genetisch verändertem Saatgut und Pflanzenvermehrungsmaterial als Erzeugnis oder in Erzeugnissen sowie deren Ernteprodukten. Auch sollten sie nicht den Anbau nichtgenetisch veränderter Saatgutsorten und Arten von Pflanzenvermehrungsmaterial berühren, in denen zufällige oder technisch nicht zu vermeidende Spuren von in der EU zugelassenen GVO festgestellt werden.

(8) Gemäß dem Rechtsrahmen für die Zulassung von GVO kann das für die EU festgelegte Schutzniveau betreffend die Gesundheit von Mensch und Tier sowie die Umwelt nicht von einem Mitgliedstaat geändert werden, und dies muss auch so bleiben. Die Mitgliedstaaten dürfen aber Maßnahmen erlassen, um den Anbau aller oder bestimmter GVO auf ihrem Hoheitsgebiet oder in Teilen desselben zu beschränken oder zu untersagen, indem sie sich auf andere Gründe stützen als diejenigen, die bereits von den harmonisierten EU-Vorschriften geregelt werden, die schon Verfahren vorschreiben, um den Risiken Rechnung zu tragen, die der Anbau von GVO für Gesundheit und Umwelt mit sich bringen könnte. Diese Maßnahmen sollten zudem mit den Verträgern vereinbar sein, insbesondere im Hinblick auf das Nichtdiskriminierungsprinzip betreffend inländische und ausländische Erzeugnisse und Artikel 34 und 36 des Vertrags über die Funktionsweise der Europäischen Union sowie die einschlägigen internationalen Verpflichtungen der Union, insbesondere diejenigen auf der Ebene der Welthandelsorganisation.

(9) Der Zweck der vorliegenden Verordnung besteht nicht darin, auf der Grundlage des Subsidiaritätsprinzips die Anbaubedingungen in den Mitgliedstaaten zu harmonisieren, sondern ihnen die Freiheit zu gewähren, sich auf andere Gründe als die wissenschaftliche Bewertung von Gesundheits- und Umweltrisiken zu stützen, um den Anbau von GVO auf ihrem Hoheitsgebiet zu untersagen. Darüber hinaus würde einem der Zwecke der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften[27], derzufolge die Kommission erwägen kann, auf EU-Ebene verbindliche Rechtsakte zu erlassen, mit der systematischen Notifizierung der von den Mitgliedstaaten gemäß dieser Richtlinie erlassenen Maßnahmen nicht genügt. Da sich die gemäß der vorliegenden Verordnung zulässigen Maßnahmen der Mitgliedstaaten ferner nicht auf das Inverkehrbringen von GVO beziehen dürfen und damit die Bedingungen für das Inverkehrbringen von gemäß den bestehenden Rechtsvorschriften zugelassenen GVO unverändert bleiben, ist das Notifizierungssystem gemäß der Richtlinie 98/34/EG nicht als der am besten geeignete Informationskanal für die Kommission anzusehen. Daher sollte abweichend die Richtlinie 98/34/EG nicht zur Anwendung kommen. Ein einfacheres System für die Notifizierung nationaler Maßnahmen vor deren Erlass erweist sich als besser geeignetes Instrument für die Kommission, um Kenntnis von diesen Maßnahmen zu erlangen. Von den Mitgliedstaaten geplante Maßnahmen sollten daher der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten mit einer entsprechenden Begründung einen Monat vor ihrem Erlass zu Informationszwecken zugeleitet werden.

(10) In Artikel 7 Absatz 8 und Artikel 19 Absatz 8 der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 ist festgelegt, dass Bezugnahmen auf nach Teil C der genannten Richtlinie zugelassene GVO in den Teilen A und D der Richtlinie 2001/18/EG auch als Bezugnahmen auf nach der genannten Richtlinie zugelassene GVO gelten. Demnach sollten Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten gemäß der vorliegenden Verordnung erlassen werden, auch GVO umfassen, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 zugelassen werden.

(11) Die Richtlinie 2001/18/EG sollte daher entsprechend geändert werden –

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1 Änderung der Richtlinie 2001/18/EG

In die Richtlinie 2001/18/EG wird mit Wirkung vom Datum des Inkrafttretens der vorliegenden Verordnung folgender Artikel eingefügt:

„Artikel 26b Anbau

Die Mitgliedstaaten können Maßnahmen erlassen, um den Anbau aller oder bestimmter GVO, die gemäß Teil C der genannten Richtlinie oder der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 zugelassen wurden und die aus gemäß den einschlägigen EU-Rechtsvorschriften über das Inverkehrbringen von Saatgut und Pflanzenvermehrungsmaterial auf den Markt gebrachten genetisch veränderten Sorten bestehen, auf ihrem Hoheitsgebiet oder in Teilen desselben zu beschränken oder zu untersagen, sofern

a) sich diese Maßnahmen auf andere Gründe stützen als diejenigen, die auf der Bewertung der schädlichen Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt beruhen, die sich aus der absichtlichen Freisetzung oder dem Inverkehrbringen von GVO ergeben könnten;

und

b) sie im Einklang mit den Verträgen stehen.

Abweichend von der Richtlinie 98/34/EG setzen die Mitgliedstaaten, die beabsichtigen, nach diesem Artikel begründete Maßnahmen zu erlassen, die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission einen Monat vor Erlass dieser Maßnahmen zu Informationszwecken hiervon in Kenntnis.“

Artikel 2 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am […] Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am

Im Namen des Europäischen Parlaments Im Namen des Rates

Der Präsident Der Präsident

[1] ABl. L 106 vom 17.4.2001, S. 1.

[2] ABl. L 268 vom 18.10.2003, S. 1.

[3] ABl. L 268 vom 18.10.2003, S. 24.

[4] AT, BG, IE, EL, CY, LV, LT, HU, LU, MT, NL, PL und SI.

[5] Entsprechende Erörterungen fanden auf den Ratstagungen vom 2. März, 23. März und 25. Juni 2009 statt.

[6] Empfehlung der Kommission vom 23. Juli 2003 mit Leitlinien für die Erarbeitung einzelstaatlicher Strategien und geeigneter Verfahren für die Koexistenz gentechnisch veränderter, konventioneller und ökologischer Kulturen.

[7] In Artikel 26a Absatz 1 der Richtlinie 2001/18/EG heißt es hierzu wie folgt: „Die Mitgliedstaaten können die geeigneten Maßnahmen ergreifen, um das unbeabsichtigte Vorhandensein von GVO in anderen Produkten zu verhindern“.

[8] 14 Anträge für Mais, einer für Sojabohnen, einer für Zuckerrüben und einer für Kartoffeln.

[9] „The economics of adventitious presence thresholds in the EU seed market“, Kalaitzandonakes, Magnier; Arbeitspapier, Juni 2007.

[10] Gemäß dem Bericht der Kommission über die Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 gibt es bezüglich der Marktanteile gekennzeichneter genetisch veränderter Lebensmittel und Futtermittel wohl deutliche Unterschiede. Gekennzeichnete genetisch veränderte Futtermittelerzeugnisse werden sehr viel häufiger in Verkehr gebracht als genetisch veränderte Lebensmittel. Dem liegen hauptsächlich Faktoren zugrunde, die nichts mit dem Rechtsrahmen als solches zu tun haben, sondern durch andere Aspekte motiviert sind, wie die Verbrauchernachfrage, die relative Verfügbarkeit und die Kosten verschiedener Güter auf dem Weltmarkt sowie die Konzepte der Lebensmittelerzeuger und Einzelhändler.

[11] Richtlinien 2002/53/EG und 2002/55/EG.

[12] ABl. C […] vom […], S. […].

[13] ABl. C […] vom […], S. […].

[14] ABl. C […] vom […], S. […].

[15] ABl. L 106 vom 17.04.2001, S. 1.

[16] ABl. L 268 vom 18.10.2003, S. 1.

[17] ABl. L 125 vom 11.7.1966, S. 2298.

[18] ABl. L 268 vom 18.10.2003, S. 1.

[19] ABl. L 193 vom 20.7.2002, S. 12.

[20] ABl. L 193 vom 20.7.2002, S. 33.

[21] ABl. L 193 vom 20.7.2002, S. 60.

[22] ABl. L 193 vom 20.7.2002, S. 74.

[23] ABl. L 93 vom 17.4.1968, S. 15.

[24] ABl. L 226 vom 13.8.1998, S. 16.

[25] ABl. L 11 vom 15.1.2000, S. 17.

[26] ABl. L 267 vom 8.1.2008, S. 8.

[27] ABl. L 204 vom 21.7.1998, S. 37.

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